Die 9. Armee, der Kessel von Bobruisk

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Die 9. Armee, der Kessel von Bobruisk
Inhalt:
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Die 9. Armee im Juni 1944
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Der Kessel von Bobruisk
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Das Oberkommando der Wehrmacht
gab bekannt
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LESEPROBE AUS: Marsch aus
dem Untergang
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Die deutsche Seite der 9. Armee im Juni 1944:
23.6. Heftiges Artilleriefeuer ab 2.oo, tagsüber bataillonsstarke Angriffe. Alle Einbrüche wurden
bereinigt, z. T. wurden bereits örtliche Reserven eingesetzt. Je ein Regiment wird hinter der 129.
und 35. ID vorsorglich bereit gestellt.
24.6. Artilleriefeuer ab 3.oo beim XXXV. AK, ab 4.oo beim XXXXI. PK. An der Naht zur 4. Armee/57. ID beim nördlichen Schwerpunkt gelingt ein 10 km tiefer Einbruch, die Kräfte in der Lücke werden der 9. Armee unterstellt, die 707. ID wird aus der Reserve für den Einbruch freigegeben. Die 20. PD soll hinter den Einbruch geführt werden.
Die Lage an der südlichen Schwerpunktstelle verschärft sich im Laufe des Tages, ein Abfangen an
der Artillerieschutzstellung wird beim XXXXI. PK noch erhofft. AOK 9 hält nun die 20. PD für
notwendig an der südlichen Einbruchsstelle. Die gepanzerte Gruppe der Division soll zwar noch im
Norden eingesetzt werden, danach aber in den Süden verlegt werden. Die Lage am nördlichen
Schwerpunkt entschärft sich, zumal das erste Regiment der 707. ID dort eingreift. Um 20.oo wird
der entschluß gefasst, die 20. PD sofort zum südlichen Einbruch zu verlegen. Das nächtliche Vordringen gepanzerter Teile im Süden ist kaum noch aufzuhalten, der Einbruch beträgt mindestens 20
km Tiefe. Dort wurde die 35. ID mehrfach durchstoßen.
25.6. Beim nördlichen XXXV. AK konnten auch während der Nacht alle Angriffe abgewiesen werden, die Front hält noch zusammen. Bei der südlichen Gruppe ist die 35. ID zersplittert, die 36. ID
zieht sich zurück. OB äußert: „wahrscheinlich ist alles nicht so doll.“ Glussk wird durch Korück
532 zur Verteidigung vorbereitet. 20. PD trifft nachmittags bei 36. ID ein, zerschlägt Feindgruppen
im Vordringen auf Paritschi. Die Ausgangsstellung für den beabsichtigten Gegenangriff ist jedoch
verloren, der linke Flügel der 36. ID ist zerbrochen. Weiter im Süden ist die 129. ID mit noch 1/3
Stärke an 5 Stellen durchbrochen, die anschließende 292. ID wird zurück gebogen.
Auch beim XXXV. AK wird die Lage nun kritisch, eine 15 km breite Lücke ist nicht mehr zu
schließen. Russische Kräfte sind nachmittags über den Drut vorgebrochen. Die 20. PD meldet Erfolge von 60 abgeschossenen Panzern, der Angriff soll nachts fortgesetzt werden, um den russischen
Stoß auf Bobruisk abzulenken, die 20. PD kann jedoch unmöglich die Lücke schließen. Es wird
überlegt, die 383. ID herauszulösen und die inneren Flügel der 6. und 45. ID zusammen zu ziehen.
Die Gefahr einer Einschließung wird klar erkannt. Chef Generalstab AOK 9 schlägt sofortigen
Rückzug auf Bobruisk vor. Die 20. PD verfügt abends noch über 40 Panzer, die gegen 300 Panzer
und einem KavKorps in der Durchbruchsstelle stehen. Die Heeresgruppe lehnt den Rückzug der Divisionen im sich abzeichnenden Kessel ab und ordnet das Halten von Shlobin bis zur Genehmigung
durch OKH zum Rückzug an. OKH/Zeitzler hoffen auf eine morgige Angriffspause, XXXV. AK
soll ebenfalls stehen bleiben. Dort ist nach Lage der Nordflügel abends zerrissen, mit dem Durchbruch starker Panzerverbände auf Bobruisk am Folgetag wird gerechnet.
Am 26.6. stehen russische Panzerspitzen im angriff 20 km südwestlich Bobruisk. Dort ist vor der
Stadt ein schwacher riegel aufgebaut worden. 20. PD soll kehrtmachen und den Stoß südwestlich
Bobruisk abfangen. 383. ID soll mit LKW schnellstmöglich nach Bobruisk transportiert werden.
Der Grundfehler des zu frühen Einsatzes der 20. PD am Nordflügel wird nun voll erkannt.
Am Nordflügel kämpfen Teile der 707. ID um Buda ohne Anschluß links und rechts. Die 134. ID
ist so gut wie aufgerieben, Reste gehen fluchtartig zurück. Die Straße Rogatschew-Bobruisk ist
durch schwere russische Panzer besetzt, die 20. PD wird auf dem Marsch auseinander gerissen. Die
Masse staut sich auf dem Ostufer der Beresina. Hinter ihr stauen sich Masse der 4 sich zurückziehenden Divisionen. Die Absicht, auf Bobruisk zu gehen, wird erneut vom OKH abgelehnt.
Da am 26.6. keine Entscheidungen aus dem OKH bei HG Mitte eintreffen, fliegt OB Busch zum
Obersalzberg, um bei Hitler Entscheidungen einzuholen. Im Lagevortrag wird festgehalten: Konzentrischer Angriff auf Bobruisk mit gleichzeitigem Stoß von Teilkräften nach Westen Richtung
Sluzk. Hitler genehmigt ein schrittweises Ausweichen auf die Brückenkopfstellung Bobruisk.
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Nachts wird die Fernmeldestelle der 9. Armee bei heftigen Bombenangriffen auf Bobrusik und Osipovichi zerschlagen. Ebenfalls nachts sperren 40 russische Panzerbei titovka den Rückzugsverkehr
nach Bobruisk hinein. Weitere Panzer stehen nordwestlich Bobruisk, andere Teile stehen an der Beresina bei shatkovo und bei Yasen an der Eisenbahn. Damit ist der Kessel geschlossen.
Am 27.6. setzt die Armee morgens Teile der 383. ID sowie Teile der 20. PD auf Titovka angriffsweise an. Den Angriff leitet der kommandierende General des XXXXI. PK, Genlt. Hoffmeister,
persönlich. Ca. russische 20 Panzer werden abgeschossen, der zugang zur Beresina-Brücke bleibt
jedoch versperrt. 296., 6. und 45. ID kämpfen sich auf die Brückenkopfstellung 4 km östlich Bobruisk zurück, Reste der 134. ID wehren sich zwischen den Rollbahnen Bobruisk-Mogilew-Rogatschew. Die nördlich des Kessels stehenden Reste der 134. ID und die 707. ID werden weiter abgedrängt. Um 9.00 trifft Kurier der HG ein: Aufgabe sei es, die Lücke südöstlich Bobruisk zu schließen, 20. PD sei zum angriff anzusetzen. AOK 9 sieht die Befehle als überholt an und befiehlt, alle
Kräfte des XXXV. Und XXXXI. Korps zum Freikämpfen auf Osipovichi nach Westen anzusetzen.
Der Feste Platz Bobruisk sei durch die 383. ID zu halten. AOK unterrichtet Heeresgruppe, dass das
XXXV. AK tortenförmig aufgespalten sei. Im nochmaligen Angriff gelingt es der 383. ID und 20.
PD, die Eisenbahnbrücke freizukämpfen, ein Strom der zurückfließenden IDs geht nach Bobruisk
hinein. Um 16.05 kommt neuer Befehl aus OKH: Rückzug auf Linie Osipovichi-Stary Ostrov, dort
neue Abwehr aufbauen. General Hamann hat mit 383. ID Bobruisk zu halten. Das XXXV. AK meldet die Absicht, wegen der Sperrung bei Titovka zu den Resten der 707. ID und 134. ID nach Nordwesten durchzubrechen. In einem letzten Versuch, die Straßenbrücke über die Beresina zu öffnen,
geht die Masse der gepanzerten Teile der 20. PD unter. Westlich der Beresina ist es noch gelungen,
die Randstellung um Bobruisk schwach zu besetzen.
28.6. Eintrag im KTB des AOK 9: Die 9. Armee hat als Kampfverband praktisch zu bestehen aufgehört. Die Armee hat keinen einsatzfähigen Verband mehr.
Um 8.50 Bericht Busch an Zeitzler: 9. Armee in der Masse im Raum von Bobruisk zerschlagen, erbitte Freiheit für Bobruisk.
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Der Kessel von Bobruisk:
Die 9. Armee verteidigte einen 220-km-Sektor von Bykhov zum Pripjet mit 10 Divisionen. In einem Halbkreis um Bobruisk waren am 23.6.1944 das XXXV: AK (134., 296., 6., 383., 45. ID) sowie nach Süden anschließend das XXXXI. PK (36., 35., 129. ID) aufgestellt. Als Reserven standen
an der Naht zur 4. Armee im Norden hinter der dortigen 57. ID ein Regiment der 707. Sicherungsdivision, ein weiteres Regiment stand direkt südlich Bobruisk hinter der Beresina. Wenige Tage zuvor war die 20. PD direkt östlich Bobruisk um Titovka versammelt worden.
Die russischen Kräfte vor diesen beiden Korps setzten sich aus der 3. Armee (13 SD, 9. PzKorps 5
selbst. PzReg) , der 48. Armee (9 SD, 2 selbst. PzReg), der 65. Armee (9 SD, 1. GardePzKorps,
251. PzReg) und der 28. Armee (9 SD, 30. GardePzReg) zusammen. In den vorgesehenen Angriffsräumen nördlich Rogatschew (Durchbruchsbreite 13 km) und südlich Bobruisk (südlich Parichi,
Durchbruchsbreite 15 km) waren die gepanzerten Kräfte versammelt (bei Rogatschew: 9. PzKorps,
südlich Parichi 4. GardeKavKorps, 1. GardePzKorps, 1. MechKorps). Die Verbände verfügten über
315.346 Mann, rd. 896 Panzer und SFL, 2.647 Rohre Artillerie, 1.613 Pak und 3.048 Granatwerfer).
Die Luftunterstützung wurde durch 2.033 Flugzeuge der 16. Luftarmee dargestellt. Für die bevorstehenden Flussüberquerungen stand reichlich Bootsmaterial bereit.
Am 24.6. um 6.oo begann die Offensive im Nordsektor, nach mehrstündiger Artillerievorbereitung,
im Streifen der 3. Armee und des rechten Flügels der 48. Armee. Luftunterstützung fiel am Morgen
wegen schlechten Wetters aus. Der Angriff traf den Abschnitt der 134. ID und der 296. ID und kam
wegen starken Widerstands nur langsam vorwärts. Gegen Mittag wurde um die zweite deutsche
Verteidigungslinie hart gekämpft. Bis zum Abend hielten die beiden deutschen Divisionen noch die
vorbereitete 3. und 4. Verteidigungslinie besetzt. Hinter die Verteidigungslinie wurden Teile der 20.
PD vorgezogen.
Im Südabschnitt startete der Angriff eine Stunde später. Insbesondere im Bereich der 65. Armee gelang dem 18. Schützenkorps bereits um 7.00 der Durchbruch von Michailowka bis Korma, an der
Naht zwischen der deutschen 35. und 36. ID. Bis Mittag wurden hier alle fünf deutschen Linien
überwunden, ab Mittag setzte dann auch Luftunterstützung mit 2.465 Einsätzen ein. Gegen 13.oo
war der Angriff auf 6 km Tiefe vorgescshoben worden, die befestigten Plätze Rakovitschi und Petrovitschi waren gefallen. Daher wurde um 18.oo der Vormarsch des 1. GardePzKorps in den Durchbruch befohlen, die Panzer stießen noch bis Gomza und Sekiritschi durch. Der 28. Armee war indessen der Durchbruch noch nicht gelungen, jedoch wurde die Masse der 35. ID zurück gedrückt.
Damit war die südliche Front bei Bobruisk auf einer Länge von 30 km in einer Tiefe von 5-10 km
am ersten Tag aufgerissen worden, das 1. GardePzKrops war 20km in die Tiefe vorgestoßen, die
vordersten Einheiten erreichten Knyschewitschi.
Schon am 25.6. um 7.oo wurde die Mobile Gruppe (4. GardeKavKorps und 1. MechKorps) in den
südlichen Durchbruch eingeführt. Sie passierte um 16.30 die vordersten Linien der 28. und 65. Armee bei Sekiritschi-Moiseevka-Goduny. Ihr Ziel war die Umklammerung der deutschen Divisionen
westlich Bobruisk, um die Verbindungslinien nach Westen abzuschneiden. Die betroffenen deutschen Verbände der 36. ID zogen sich schnell in kleinen Gruppen nach Norden auf Bobruisk zurück, die der 35. ID nach Westen. Im Verlauf des 25.6. wurde die im Norden stehende 20. PD der
russischen Durchbruchsstelle südlich Bobruisk entgegen geworfen, um den Vormarsch der gepanzerten Verbände aufzuhalten. Dennoch war die Mobile Gruppe bereits 30 km durch die Südfront gestoßen, am folgenden 26.6. weitere 40 km. Nun direkt westlich Bobruisk wurde den Spitzen des 1.
GardePzKorps ein Regiment der 383. ID entgegen geworfen, die Verbindungsstraße nach Westen
Richtung Slutsk war jedoch bereits durchschnitten. Die Verbände der 20. PD wurden nach Osten in
den sich abzeichnenden Kessel abgedrängt.
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In der Mitte waren die Verbände der 45., 383., 6. und der rechte Flügel der 296. ID bislang nicht angegriffen worden, sie begannen sich am 26.6. auf Bobruisk zurückzuziehen.
Im Nordabschnitt direkt östlich Bobruisk hatten insbesondere die Verbände der 3. Armee ihre Angriffe am 25.6. unvermindert fortgesetzt, die nun auch durch 2 PzBrigaden des 9. PzKorps unterstützt wurden, um den Durchbruch endgültig zu erzielen. Die 3. Armee und auch der rechte Flügel
der 48. Armee erreichten auch an diesem Tag keinen entscheidenden Ergebnisse, obwohl sie die
Verbände der 134. und des rechten Flügels der 296. ID kontinuierlich zurückdrängen konnten. Am
26.6. wurde nun das gesamte 9. PzKorps in der Offensive verwendet. Gegen 9.oo gelang nun auch
hier am Westufer der Dobritsa der entscheidende Durchbruch mit Panzerunterstützung. Die deutschen Truppen begannen sich eilig auf Bobruisk zurückzuziehen. Die Straße Bobruisk-Mogilew
wurde noch am Abend des Tages durchschnitten, Shlobin wurde von Verbänden der 48. Armee eingenommen. Gegen 21.oo war das 9. PzKorps tief im Rücken der deutschen Verbände bereits an den
östlichen Rand von Bobruisk vorgestoßen und nahm Titovka ein. Da die Verbände des 1. GardePzKorps in diesem Zeitpunkt bereits westlich der Stadt standen, war der Kessel praktisch geschlossen, Gegenangriffe der 20. PD nach Westen, Süden und Norden konnten daran am Stadtrand von
Bobruisk nichts ändern. Im Kessel befanden sich nunmehr: 20. PD um Bobrusik, östlich davon im
Halbkreis Teile der 134. ID, 296., 6., 383., 45. ID, Reste der 36. ID.). Nördlich des Kessels waren
schwache Teile der 134. ID weggedrückt worden, südwestlich zogen sich die Reste der 35. ID nach
Westen zurück, ohne Verbindung zu 129. ID südlich davon zu haben. Die deutsche Front war auf
100 km Breite aufgerissen.
Am 27.6. wurde die Einschließung vollendet und westlich Bobruisk wesentlich verstärkt, die Stadt
selbst wurde von der 20. PD und einem Regiment der 383. ID noch gehalten, während sich die eingeschlossenen Divisionen von Süden und Osten auf die Stadt zurückzogen.
Quelle: Glantz/Orenstein, Belorussia 1944.
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Das Oberkommando der Wehrmacht gab bekannt
23. Juni 1944
………. Im mittleren Frontabschnitt haben die Bolschewisten mit den erwarteten Angriffen begonnen.
Die auf breiter Front mit Panzer- und Schlachtfliegerunterstützung geführten Angriffe wurden in
harten Kämpfen abgewiesen,
örtliche Einbrüche in sofortigen Gegenstößen bereinigt. Beiderseits Witebsk sind noch erbitterte
Kämpfe im Gange.………….
24. Juni 1944
………. Im mittleren Frontabschnitt nahm der sowjetische Großangriff an Wucht zu und dehnte
sich auf weitere Abschnitte aus.
Während zwischen dem Pripjet und Tschaussy alle Angriffe erfolglos blieben,
gelang es starken feindlichen Infanterie- und Panzerkräften östlich Mogilew, beiderseits der Smolensker Rollbahn und
beiderseits Witebsk in unsere vordersten Stellungen einzubrechen.
Die Abwehrschlacht geht hier mit steigender Heftigkeit weiter.
Die Bolschewisten verloren gestern im Mittelabschnitt der Ostfront 73 Panzer und 53 Flugzeuge.……….
25. Juni 1944
………. Im Osten stehen unsere Divisionen im gesamten Frontabschnitt im schweren Abwehrkampf gegen die mit starken
Infanterie-, Panzer- und Luftstreitkräften geführte Offensive der Sowjets.
Es gelang dem Feind nur östlich Mogilew, an der Smolensker Rollbahn und besonders im Raum
von Witebsk seine Einbrüche zu erweitern.
An allen anderen Stellen brach der feindliche Ansturm nach harten, wechselvollen Kämpfen blutig
zusammen.
252 feindliche Panzer wurden vernichtet.……
26. Juni 1944
………. Im mittleren Abschnitt der Ostfront dauert die Abwehrschlacht mit unverminderter Heftigkeit an.
Die Sowjets wurden in den Abschnitten abgewiesen.
Südlich und östlich von Bobruisk konnte der Feind jedoch einige Einbrüche erzielen.
Auch im Raum östlich Mogilew gewann der feindliche Angriff nach blutigen Kämpfen nach Westen Boden.
An der Düna sind ebenfalls erbitterte Kämpfe im Gange, während östlich Polozk und südöstlich
Pleskau von Panzern und
Schlachtfliegern unterstützte Angriffe der Sowjets scheiterten.
In diesen Kämpfen hat sich die sächsische 24. Infanteriedivision unter Führung von Generalleutnant
Versock hervorragend bewährt.
Schlachtflieger unterstützten den Abwehrkampf des Heeres, vernichteten zahlreiche Panzer sowie
eine große Anzahl
von Fahrzeugen und fügten dem Feind schwere Verluste zu.
Durch Jäger und Flakartillerie wurden 37 feindliche Flugzeuge abgeschossen.
In der Nacht griff ein starker Verband schwerer Kampfflugzeuge den Bahnhof von Smolensk an.
Zahlreiche Großbrände wurden beobachtet, große Mengen an Nachschubmaterial vernichtet………
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27. Juni 1944
………. Im Mittelabschnitt der Ostfront stehen unsere tapferen Divisionen in den Abschnitten von
Bobruisk,
Mogilew und Orscha in heftigem Abwehrkampf gegen die mit massierten Kräften angreifenden
Sowjets.
Westlich und südwestlich Witebsk kämpfen sie sich auf neue Stellungen zurück.
Östlich von Polozk brachen zahlreiche von Panzern unterstützte Angriffe der Bolschewisten zusammen.…………
28. Juni 1944
………. Im Mittelabschnitt der Ostfront dauern die erbitterten Kämpfe im Raum Bobruisk und Mogilew an.
Nach Räumung der Städte Orscha und Witebsk hat sich die schwere Abwehrschlacht in den Raum
östlich der
mittleren und oberen Beresina verlagert.
Südöstlich Polozk scheiterten wiederholte Durchbruchsversuche der Bolschewisten.
Schwere Kampfflugzeuge führten am Tage einen Angriff gegen den Bahnhof Kalinkowitschi.
Auch in der Nacht wurde der sowjetische Nachschubverkehr erfolgreich bekämpft.
Besonders in den Bahnhofsanlagen von Smolensk entstanden Brände und Explosionen.……..
29. Juni 1944
………. Im Mittelabschnitt der Ostfront gewannen die Sowjets im Verlauf der erbitterten Abwehrschlacht an einigen Stellen weiter Raum.
Die Besatzungen von Bobruisk und Mogilew setzten dem mit überlegenen Kräften anstürmenden
Feind harten Widerstand entgegen.
Östlich der mittleren und oberen Bresina sowie südlich Polozk scheiterten erneute feindliche Angriffe verlustreich für die Bolschewisten…………
30. Juni 1944
………. In der Mitte der Ostfront wird weiter erbittert gekämpft. Zwischen Ssluzk und Bobruisk
wurden feindliche Angriffsspitzen an einigen Stellen aufgefangen.
Bei Borissow und südwestlich Polozk kam es zu heftigen Kämpfen mit feindlichen Artilleriegruppen.
Schlachtfliegerverbände griffen wiederholt in die Erdkämpfe ein und zersprengten feindliche Infanterie- und Kraftwagenkolonnen.
Südöstlich Polozk brachen auch gestern alle Angriffe der Bolschewisten blutig zusammen.
Hier hat sich die norddeutsche 290. Infanteriedivision unter Führung von Generalmajor Henke besonders ausgezeichnet………..
Quelle: Die Wehrmachtsberichte 1939 – 1945, Band 3 1.Jan. 44 – 9.Mai 45
dtv Reprint ISBN: 3-423-05944-3
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LESEPROBE AUS: Marsch aus dem Untergang
Erlebnisbericht eines Rückkämpfers vom Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Sommer
1944 in Weißrußland
von Claus Neuber, Druffel-Verlag, Imming am Ammersee, 371 Seiten ISBN 3-8061-1182-0
29.Juni
(...)
Unvorstellbare Dinge spielten sich hier ab. In der Zitadelle der Stadt, in der man ein großes Lazarett
eingerichtet hat, mußten über 5000 Schwerverwundete mit ihrem Pflegepersonal zurückgelassen
werden. Als die Sowjets in Bobruisk und hier in die Zitadelle eindrangen, stürmten sie die Räume
des Lazaretts und schossen die Verwundeten der Reihe nach in ihren Betten mit ihren Maschinenpistolen zusammen. Nur zwei konnten dem Massaker entkommen, von denen der eine sich im Keller eines der Lazarettgebäude befand und später hiervon Bericht erstatte.
In einem anderen Lazarett mit 700 nicht transportfähigen Verwundeten haben nur etwa 100 überlebt, als plötzlich mehrere Rotarmisten in ölverschmierten Monturen hereinstürzten und die Magazine ihrer Maschinenpistolen wahllos in die Betten leerschossen. Vermutlich handelte es sich dabei
um Panzerbesatzungen, die hier eine Art Racheakt verübten, denn bei den Kämpfen um die Stadt
haben die Sowjets unerwartet hohe Panzerverluste hinnehmen müssen.
Aus gleichem Anlaß erfolgte wohl auch die grausige Tötung von über 200 Flak-Soldaten, deren 8,8
cm-Geschütze, die überaus wirksam auch zur Panzerabwehr eingesetzt werden, beim Gegner besonders gefürchtet sind. Diese Unglücklichen mußten sich nach ihrer Gefangennahme in zwei Reihen
Kopf an Kopf mit Panzerkettenabstand dicht nebeneinander legen, wonach ihre Köpfe mit Panzern
plattgewalzt wurden. Einer von ihnen konnte gerade noch mit viel Glück entfliehen und von diesem
unglaublichen Vorfall berichten.
Über die Massentötungen von mehr als 500 Schwerverwundeten durch Partisanen in einem Feldlazarett bei Swislotsch nahe Bobruisk berichtet ein überlebender Leutnant, der sich mit einem Lungenschuß im letzten Augenblick noch unter einer Tanne verbergen und dann entkommen konnte.
Ohne helfen zu können, mußte er zusehen, wie die Banden, teils in deutschen Uniformstücken, die
hilflosen Verwundeten zusammenschossen oder mit Spaten und sonstigen Werkzeugen erschlugen.
(7) (...)
2.Juli
(...)
Die Minsker Partisanen, gut organisiert und häufig verstärkt und geführt durch Angehörige der Roten Armee, sind ein gefährlicher und zugleich grausamer Gegner. Wer ihnen in die Hände fällt, muß
noch dankbar sein, wenn er ein schnelles und schmerzloses Ende durch eine Kugel findet und nicht
zuvor noch in schauerlichster Art und Weise massakriert wird. Da werden wirklich kaum zu beschreibende Scheußlichkeiten verübt, die dazu veranlassen, von der Schilderung nähere Einzelheiten Abstand zu nehmen, aber auch die Frage aufwerfen, wie es denn nur möglich sein kann, daß
Menschen, die ansonsten als ganz normal und friedlich zu betrachten sind, sich zu solchen in ihrer
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Art sicherlich einzig dastehenden Verbrechen hinreißen lassen. (8)
(...)
Es besteht Grund zu der Annahme, daß diese Art der Kriegführung von maßgeblicher Seite nicht
nur toleriert, sondern vielmehr bewußt gefördert wird mit dem Ziel, verschärfte Gegenmaßnahmen
zu provozieren und somit die Bevölkerung, die uns gegenüber im allgemeinen durchaus freundlich
und hilfsbereit zeigt, vermehrt in die Arme der Partisanen zu treiben, womit es dann zwangsläufig
zu einer Eskalation von Gewalt kommt.
Im höchsten Maße unterstützt werden diese Absichten und ihre Auswirkungen durch die volksverhetzenden Haßtriaden des einflußreichen und praktisch jedem russischen Soldaten bekannten
Schriftstellers und Journalisten Ilja Ehrenburg, der in der sowjetischen Kriegspropaganda eindeutig
die Hauptrolle spielt. In einem Flugblatt - mit befehlsgemäß vorzulesenden Textauszügen aus der
Frontzeitung "Krasnaja Swesda" - gibt er der Roten Armee und den Partisanenverbänden u.a. folgendes mit auf den Weg: "Die deutschen Soldaten sind keine Menschen... Die deutschen Soldaten
sind schlimmer als wilde Bestien... sein sind schlimmer als Raubtiere... sie schänden Frauen... foltern Kinder und vergewaltigen Mädchen. Von jetzt an bringt das Wort 'Deutscher' ein Gewehr zur
Entladung. Wir werden nicht sprechen, wir werden uns nicht aufregen, wir werden töten... Wenn du
nicht im Verlauf eines Tages wenigstens einen Deutschen getötet hast, dann ist es für dich ein verlorener Tag gewesen... Wenn du einen Deutschen getötet hast, dann töte einen zweiten. Für uns gibt
es nichts Lustigeres als deutsche Leichen. Zähle nicht die Tage, zähle nicht die Kilometer, zähle nur
eines: die von dir getöteten Deutschen" (9)
(...)
Wären auch nur ähnliche perfide Appelle an uns gerichtet worden, dann hätten wir sie als Beleidigung empört zurückgewiesen. So ist dann der von Hitler erlassene sogenannte "Kommissarbefehl"
wonach alle politischen Offiziere der Sowjets als Nichtkombattanten zu betrachten und bei ihrer
Gefangennahme sofort zu erschießen waren, wieder aufgehoben worden, weil er allgemein auf
schroffe Ablehnung gestoßen und daher auch nur ganz vereinzelt befolgt worden ist. Vielfach wurde er von den verantwortlichen Kommandeuren überhaupt nicht an die Truppe weitergegeben und
diese stattdessen um so nachdrücklicher daran erinnert, daß die Erschießung von Gefangenen gegen
die Ehrbegriffe des deutschen Soldaten verstoßen würde. Nur wenige sind hier aus der Tradition
ausgebrochen, die es bekanntlich immer und überall geben wird und sicher auch in Friedenszeiten
nicht gerade zur Elite der Nation gehört haben dürfte, und von diesen distanzieren wir uns mit aller
Entschiedenheit. Der Soldat an der Front wäre ja wohl der letzte, der wünschen könnte, daß auf irgendeine Weise auch noch Öl ins Feuer gegossen wird (...)
Fußnoten:
(7) Kein Einzelfall. Ähnliches hat sich an verschiedenen Stellen ereignet
(8) Ausführliche Berichte sind dem Aktenbestand der ehemaligen Wehrmachtsuntersuchungsstelle im Bundesarchiv/Militärachiv zu
entnehmen. Ferner wird auf das Buch "Die Wehrmachts-Untersuchungsstelle - Deutsche Ermittlungen über alliierte Völkerrechtsverletzungen" des amerikanischen Historikers Dr. Alfred de Zayas und seines niederländischen Kollegen Dr. Walter Rabus hingewiesen
(Universitas-Verlag Langen Müller, München)
(9) Ein Original des Flugblattes befindet sich im Archiv des Auswärtigen Amtes
Marsch aus dem Untergang
von Claus Neuber
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