Craftbeer oder nicht

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Craftbeer oder nicht
Internationaler Report | BRAUWELT
nAustralien
Lug und Trug
Was ist nun ein Craft-Bier und
was nicht? Die Australier wissen
es auch nicht mehr so genau.
In den USA bejammern CraftBeer-Brauer, die „Großen“ würden ihre Biere schamlos nach
dem Me-too-Motto kopieren.
Australische Verbraucher haben sich längst daran gewöhnt,
dass viele Craft-Biere aus Großunternehmen stammen. Dafür
meckern jetzt die Kleinen über
einen Kollegen: Byron Bay
Brewing habe sich in die Hände
von Foster’s/SABMiller bege-
ben, ohne dies der Öffentlichkeit
zu sagen. Eines der Byron BayBiere wird von Foster’s/SABMiller gebraut, abgefüllt, verpackt
und vermarktet. Das gab Anlass
für ein Mordstheater.
Wie so oft, wiederholt sich die
Geschichte. Mitte der 1990erJahre startete der „Big Brewer“
Anheuser-Busch einen Angriff
auf Boston Beer und Pete’s
Brewing Company, weil deren
Etiketten verschwiegen, dass
die Biere von anderen amerikanischen Großbrauereien ge-
braut wurden. Boston Beer
entgegnete damals, AnheuserBusch wolle bloß die Konsumenten verwirren. Wieso sei
denn der Eigentümer der Brauerei wichtiger als das Bier selbst,
wo doch Boston Beer völlige
Kontrolle darüber habe, wie das
Bier hergestellt werde?
Aber wenn dieses Detail
schon so unwichtig ist, warum
nicht offen Ross und Reiter nennen – „im Besitz von X und gebraut von Y“? Außer natürlich,
X und Y wollen den Verbrauchern weismachen, das Bier
werde nach wie vor in kleinen
Chargen in winzigen Brauereien von Männern im Blaumann hergestellt.
Um die Offenlegung – vielmehr die unterlassene – geht es
nun auch in Australien. Ende
Januar 2013 veröffentlichte
die PR-Agentur Liquid Ideas
der Brauerei CUB (Foster’s) eine
Pressemitteilung: Byron Bay
Brewing, eine kleine Brauerei
in New South Wales (Besitzer:
Barry Schadel), biete ihr Pale
Lager jetzt auch in Gebinden
an. Aufgemerkt! Wieso hat CUB
diese Information veröffentlicht? Wäre das nicht Sache von
Byron Bay gewesen?
Tatsächlich wird das Flaschenbier von CUBs Brauerei in
Warnervale nach einer neuen
Lizenzvereinbarung mit Byron
Bay Brewing hergestellt. Doch
weder die Verpackung noch
die Pressemeldung lassen auf
eine Verbindung zwischen Byron Bay und CUB schließen.
Dabei ist CUB nicht nur für die
Produktion zuständig. Nein,
die Nummer 2 auf dem australischen Biermarkt hat auch die
Vermarktung übernommen, so
z. B. in den großen Einzelhandelsketten Cole’s First Choice,
Liquorland und Vintage Cellars.
Eine Anzeige von „First
Choice“ vom Februar 2013 verstärkte den Eindruck, dass Byron Bay die Braustätte ist: „Wer
möchte nicht das Pale Lager von
der Byron Bay Brewing Co an
der idyllischen Byron Bay verkosten, an einem historischen
Ort, verknüpft mit dem Ruhm
und dem Geist von Byron Bay,
dem Ort, der seit den 70ern Musiker, Künstler und Querdenker
inspiriert …“
Wie in den USA werden
auch Down Under Eigentumsverhältnisse und Produktionsstandorte gerne ein wenig verschleiert. Der Historiker Brett
Stubbs, der die Geschichte der
australischen
Brauindustrie
erforscht, sagte bereits 2008,
als er die Betriebe auflistete und
in Kategorien einteilte: „Neben
den Großbrauereien gibt es viele
Quasi- und Pseudo-Brauereien,
wie ich sie nenne, ebenso wie
Dutzende von „Brew-on-Premises“ (BOP).“ Als Quasi-Brauerei
bezeichnete er die Betriebe, die
Brauer beschäftigen und eigene Rezepte pflegen, aber keine
eigene Braustätte haben und
deshalb die Sudkessel eines Geschäftspartners nutzen, vielleicht auch nur als Zwischenlösung. Eine Firma hingegen,
die Produktion per Vertrag
an ein anderes Unternehmen
delegiert, doch das Bier selbst
vermarkte, bezeichnete er als
„Pseudo-Brauerei“, vor allem
dann, wenn sie eine eigene Produktion vortäuscht.
Wie zu erwarten war, stürzte
sich die australische Fachpresse auf das Thema. Redakteur
Matt Kirkegaard von den Australian Brews News schrieb
einen Offenen Brief an Ari Mervis, den australischen CEO von
Foster’s/SABMiller, und wies
auf die Gefahr der Beschädigung des Firmenimages hin
wegen CUBs „geheimer“ Beteiligung an Produktion, Marketing und Vertrieb des Pale
Lager.
Weiter schrieb Kirkegaard
in seinem Brief: „Was ist eigentlich falsch daran, Biertrinker
genau über das Produkt zu
informieren, das sie kaufen?“
Vollständige Information sei
im Interesse der Konsumenten
und eines fairen Wettbewerbs
im Markt. Auf Facebook hat
der Redakteur inzwischen eine
Kampagne für mehr Transpa-
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renz gestartet. Hunderte haben
bereits unterzeichnet.
Nach unserer Meinung, verdeutlicht das ganze Theater um
das „echte Craft-Bier“ auf so
verschiedenen Märkten wie den
USA, Schweden und Australien
nur die massiven Probleme der
wirklichen kleinen Brauereien,
sich gegenüber den Großen
durchzusetzen und zu behaupJ. Harvey/I. Verstl
ten.
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