Giorgio Morandi Natura morta Giorgio Morandi gehört mit Cézanne

Transcription

Giorgio Morandi Natura morta Giorgio Morandi gehört mit Cézanne
Giorgio Morandi
Natura morta
Giorgio Morandi gehört mit Cézanne und Chardin zu den bedeutendsten Stilllebenmalern der
Kunstgeschichte. Bereits ab 1920 beschränkt er seine Motive neben wenigen Landschaften
fast ausschließlich auf das Malen von Stillleben. Im Wohnzimmer seiner Wohnung in
Bologna, welches zugleich auch seine Werkstätte war, gruppierte er in sorgfältiger
Choreographie Objekte auf einer Tischplatte zu immer wieder neuen Arrangements. Seine
frühen Werke orientieren sich motivisch noch stark an der erzählerischen Bildstruktur von
Cézanne: Ein Glaskelch ist halb gefüllt, eine Karaffe enthält eine farblose Flüssigkeit. Im
Laufe seiner künstlerischen Arbeit ändert sich dies aber grundlegend. Ende der 1930er Jahre
werden die Gegenstände zu immer einfacheren geometrischen Formen reduziert, der
Pinselstrich bleibt mehr und mehr sichtbar und der Farbauftrag tritt in den Vordergrund. Seine
stillen Flaschen und Flacons fesseln durch den eigensinnigen Gestaltungswillen und den
asketischen, von der Reduktion lebenden Malstil. Unbeirrt arbeitete Morandi sein Leben lang
an seinem unzeitgemässen Projekt, am Mysterium des Stilllebens, und blieb seinem Stil treu,
obwohl jahrzehntelang immer wieder neue Kunstmoden über ihn hinwegrollten. Dabei schuf
er mit den bildnerischen Mitteln Form, Licht, Farbe und Raum Meisterwerke von
unglaublicher Intensität und verblüffender Zeitlosigkeit. Die Einflüsse seines Schaffens
wirken bis heute nach und lassen sich bei Künstlern wie Robert Ryman oder Bernd und Hilla
Becher oder Donald Judd erahnen.
Die vorliegende Arbeit ist eines von vier Gemälden aus dem Jahr 1949, in denen Morandi
malerisch ähnliche Gruppierungen von fast identischen Objekten erkundet und so einen
wichtigen Einblick in seine Arbeitspraxis gewährt. Eines davon befindet sich im Besitz des
Museum of Modern Art in New York. Es gelingt ihm, mit Wiederholungen und subtilen
Variationen jedem dieser Bilder ein neues, visuelles Phänomen zu entlocken. Er fügt beim
MoMA-Bild ein „Kästchen“ hinzu und überrascht mit einer leicht veränderten Konfiguration.
Bei einem anderen Gemälde der Serie erfasst man erst auf den zweiten Blick und nach
konzentriertem Hinsehen, dass die scheinbar übereinstimmende Anordnung der vertrauten
Gegenstände leicht verschieden ist. Auch hier arbeitet Morandi mit einer reduzierten
Farbpalette und beschränkt sich im Wesentlichen auf Ocker, erdige Braun- und Grautöne. Die
Farben erinnern an das feucht trübe Licht des Frühlings und den staubig-heissen
Sonnenschein des Sommers der Emilia Romana, dem Lebensmittelpunkt des Künstlers.
Ein Hauptwerk des Malers.

Documents pareils