Grunderwerbsteuer

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Grunderwerbsteuer
Beratungsdienst für kommunale Unternehmen
Fach 9/Blatt 32
Grunderwerbsteuer
Rechtsträgerklausel bei Verschmelzung von Kapitalgesellschaften § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG
BKPV 102/2003
BFH-Urteil vom 20.12.2000 - II B 53/00 (BFH/NV 2001, 817)
Leitsatz:
„Die von der Rechtsprechung zu § 1 Abs.3 GrEStG 1983 entwickelten Grundsätze über eine grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen einer Gesellschaft lassen sich nicht
auf den Tatbestand des § 1 Abs.1 Nr.3 GrEStG 1983 übertragen. § 1 Abs.1 Nr.3 GrEStG 1983 knüpft
ausschließlich an die zivilrechtliche, d.h. sachenrechtliche, Eigentumsänderung an.“
Sachverhalt:
„Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, war alleinige Gesellschafterin der
H-GmbH. Mit notariellem Verschmelzungsvertrag vom 17. August 1994 übertrug die H-GmbH ihr gesamtes Vermögen auf die Klägerin. Die H-GmbH hatte erhebliches Grundvermögen in den Bezirken
mehrerer Finanzämter. In dem Übergang des Eigentums an diesen Grundstücken auf die Klägerin erblickte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -FA-) Grunderwerbsvorgänge nach § 1
Abs. 1 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Mit Feststellungsbescheid vom 6. Februar 1996 stellte er daher gemäß § 17 GrEStG 1983 die Besteuerungsgrundlagen für die in den verschiedenen Bezirken belegenen Grundstücke fest. Die Gegenleistungen beliefen sich dabei in der
Summe auf ... DM. Einspruch und Klage, mit der die Klägerin vorgetragen hatte, die Verschmelzung
habe keine Grunderwerbsteuer ausgelöst, da ihr aufgrund ihrer Stellung als alleiniger Gesellschafterin
der H-GmbH die Grundstücke bereits vor der Verschmelzung zuzurechnen gewesen seien, blieben erfolglos.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend. Sie hält für klärungsbedürftig, ob die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 12. Januar 1994 II R 130/91 (BFHE 173, 229, BStBl II 1994, 408), wonach entgegen der
früheren Rechtsprechung die Vereinigung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar in der Hand einer Person, die bereits zuvor teils mittelbar, teils unmittelbar zu 100 v.H. an der
Gesellschaft beteiligt war, keine Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG 1983 auslöse, Auswirkungen auf die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 auf den Grundstücksübergang im Rahmen einer Verschmelzung habe. In der genannten Entscheidung spreche der BFH von der
spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderten Zuordnung der Grundstücke infolge der Anteilsvereinigung und davon, dass der Inhaber aller Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft so zu behandeln sei, als gehörten ihm deren Grundstücke. Werde diese Sichtweise nicht auf eine Verschmelzung
der grundbesitzenden Gesellschaft mit ihrem bisherigen Alleingesellschafter übertragen, führe dies zu
unterschiedlichen grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnungsmaßstäben. Dies sei unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) auch deshalb bedenklich,
weil die unterschiedlichen grunderwerbsteuerlichen Rechtsfolgen einer formwechselnden und einer
übertragenden Umwandlung vom Gesetzgeber wohl nicht gewollt seien.“
Entscheidungsgründe:
„Die zu § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 ergangene Entscheidung des BFH in BFHE 173, 229, BStBl II 1994,
408 hat für den Streitfall keine Bedeutung. Dies ergibt sich aus der wenig später zu § 1 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG 1983 ergangenen Entscheidung des BFH vom 16. Februar 1994 II R 125/90 (BFHE 174, 185,
BStBl II 1994, 866). Dort wird ausgeführt, die von der Rechtsprechung zu § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 entwickelten Grundsätze über die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung von Grundstücken zum Vermögen einer Gesellschaft ließen sich auf den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG nicht übertragen.
Nach § 1 Abs. 3 GrEStG werde im Grunde genommen besteuert die durch bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgänge geschaffene Möglichkeit, ein Grundstück wirtschaftlich gleichsam wie ein Eigentümer zu beherrschen und zu verwerten. Dies rechtfertige es, bei der Frage, welche Grundstücke der
Gesellschaft insofern zuzurechnen sind, auf allgemeine grunderwerbsteuerrechtliche Grundsätze zuHeft 1/2003
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rückzugreifen. Demgegenüber knüpfe der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1983 ausschließlich
an die zivilrechtliche - d.h. sachenrechtliche - Eigentumsänderung an, die durch eine grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung weder negativ ausgeschlossen noch positiv bewirkt werden könne. Damit ist die
von der Klägerin aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bereits in einem für sie
negativen Sinne höchstrichterlich entschieden.
Auch zur Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen grunderwerbsteuerrechtlichen Folgen einer
formwechselnden und einer übertragenden Umwandlung hat sich der BFH bereits geäußert. Im Beschluss vom 26. Januar 2000 II B 108/98 (BFH/NV 2000, 1136) ist ausgeführt, die Grunderwerbsteuer
knüpfe an die zivilrechtlichen Gegebenheiten an und erfasse daher die mit einem Rechtsträgerwechsel
verbundene übertragende, nicht aber die nur formwechselnde Umwandlung. Der zivilrechtliche Unterschied beider Umwandlungsarten rechtfertige das unterschiedliche steuerrechtliche Ergebnis. Art. 3
Abs. 1 GG werde daher allenfalls dann tangiert, wenn bereits die zivilrechtliche Differenzierung gegen
Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Die Frage, wie Änderungen der Unternehmensform zivilrechtlich ausgestaltet seien, sei jedoch eine vom Gesetzgeber jeweils zu entscheidende Zweckmäßigkeitsfrage. Lediglich
völlig willkürlich erscheinende Gestaltungen könnten den Gleichheitssatz verletzen. Die Tatsache aber,
dass der Gesetzgeber verschiedene Arten der Umwandlung vorgesehen hat, ist nicht willkürlich.“
Grunderwerbsteuerlichen Behandlung von Erbbaurechten
BKPV 103/2003
Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 7.3.2002, 3 - S 4500/9 (Steuereildienst 2002, 193)
„1. Erbbaurechte stehen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG den Grundstücken gleich. Die auf Grundstücke
abgestellten Vorschriften des Grunderwerbsteuerrechts gelten daher für Erbbaurechte und Untererbbaurechte (nachstehend als Erbbaurecht bezeichnet) entsprechend. Der Grunderwerbsteuer
unterliegen somit die folgenden Rechtsvorgänge:
1.1 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
1.1.1 ein Vertrag, der den Anspruch auf Bestellung eines Erbbaurechts begründet (BFH-Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 135 und 136, mit weiteren Nachweisen),
1.1.2 ein Vertrag, der den Anspruch auf Übertragung eines Erbbaurechts begründet (BFHUrteil vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 136),
1.1.3 die Ausübung des Vorrechts auf Erneuerung des Erbbaurechts nach § 31 ErbbauVO
und
1.1.4 eine Vereinbarung über die Verlängerung eines Erbbaurechts (BFH-Urteil vom
18.8.1993, BStBl 1993 II S. 766).
1.2 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG
1.2.1 eine auf die Bestellung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.1 vorausgegangen ist,
1.2.2 eine auf die Übertragung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.2 vorausgegangen ist,
1.2.3 ein Rechtsgeschäft, durch das ein Erbbaurecht vor dem vereinbarten Zeitablauf aufgehoben oder auf ein Erbbaurecht verzichtet wird (BFH-Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980
II S. 136),
1.2.4 der Heimfall eines Erbbaurechts nach § 32 ErbbauVO (BFH-Urteil vom 23.9.1969,
BStBl 1970 II S. 130). Bei einem Heimfall eines Erbbaurechts ist § 16 Abs. 2 Nr. 3
GrEStG ausnahmsweise dann anzuwenden, wenn der Heimfallanspruch auf die Nichterfüllung von Vertragspflichten zurückgeht, die in einem schuldrechtlichen Vertrag
übernommen wurden und zivilrechtlich eine Hauptleistung darstellen (BFH-Urteil vom
13.7.1983, BStBl 1983 II S. 683). Nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt die Ausübung
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des Heimfallrechts in der Form, dass der Eigentümer des Grund und Bodens die Übertragung des Erbbaurechts auf einen von ihm bezeichneten Dritten verlangt. In diesem
Fall liegt nur ein Erwerb durch den Dritten vor, der wie die erstmalige Bestellung eines
Erbbaurechts zu behandeln ist, und
1.2.5 eine auf die Verlängerung eines Erbbaurechts gerichtete Einigung, wenn kein Rechtsgeschäft im Sinne der vorstehenden Nr. 1.1.4 vorausgegangen ist.
1.3 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG
1.3.1 der Übergang eines Erbbaurechts kraft Gesetzes und die Übertragung eines Erbbaurechts durch behördlichen Ausspruch.
1.3.2 die vorzeitige Löschung eines nicht dem Grundstückseigentümer selbst zustehenden
Erbbaurechts im Erbbaugrundbuch, wenn kein Rechtsgeschäft im Sinne der vorstehenden Nr. 1.2.3 vorausgegangen ist (BFH-Urteil vom 5.12.1979, BStBl 1980 II S. 136).
1.4 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren über ein
Erbbaurecht.
1.5 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines
Anspruchs auf Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts oder der
Rechte aus einem Meistgebot begründet (BFH-Urteil vom 28.11.1967, BStBl 1968 II S. 222).
1.6 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der
Rechte aus einem Angebot zum Abschluss eines Vertrages begründet, kraft dessen die Bestellung, Übertragung oder Verlängerung eines Erbbaurechts verlangt werden kann.
1.7 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG die Abtretung eines der in den Nr. 1.5 und 1.6 bezeichneten
Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der
Rechte begründet.
2.
Im Falle der Vereinbarung der Verlängerung eines Erbbaurechts entsteht die Grunderwerbsteuer
mit dieser Vereinbarung. Die Besteuerung richtet sich nach der im Zeitpunkt der Verlängerung
geltenden Rechtslage (vgl. Nr. 1.1.4 und das dort zitierte BFH-Urteil).
3.
Überträgt der Erbbauberechtigte das Erbbaurecht auf den Grundstückseigentümer zurück, weil er
vertraglich eingegangene Verpflichtungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllen kann, oder
wird der Vertrag aus diesem Grunde aufgehoben, kann ein Fall des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG vorliegen (BFH-Urteil vom 13.7.1983, BStBl 1983 II S. 683).
4.
In den Fällen der vorstehenden Nr. 1 und 2 ist die Grunderwerbsteuer - sofern eine Gegenleistung
vorhanden ist - vom Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG, § 9 GrEStG) zu berechnen. Zur
Gegenleistung gehören:
4.1 bei Bestellung, Übertragung, Erneuerung (vgl. Nr. 1) und Verlängerung (vgl. Nr. 1 und Nr. 2)
von Erbbaurechten, der nach § 13 BewG kapitalisierte Wert der Erbbauzinsverpflichtung zuzüglich etwa vereinbarter Zuzahlungen oder sonstiger Leistungen. Eine Beschränkung des
Jahreswerts der Erbbauzinsverpflichtung auf den 18,6-ten Teil des Werts des Grund und Bodens des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks (§ 16 BewG) kommt nicht in Betracht
(§ 17 Abs. 3 Satz 2 BewG),
4.2 bei Aufhebung eines Erbbaurechts die aus Anlass der Aufhebung ausbedungene Entschädigung und etwaige sonstige Leistungen. Hierzu rechnet insbesondere eine vom Grundstückseigentümer für die Übernahme eines vom Erbbauberechtigten errichteten oder erworbenen
Bauwerks gezahlte Entschädigung (einschl. z.B. der Übernahme der auf dem Erbbaurecht
lastenden Hypotheken). Der kapitalisierte Wert der erlöschenden Erbbauzinsverpflichtung gehört dagegen nicht zur Gegenleistung,
4.3 bei Heimfall eines Erbbaurechts die dem Erbbauberechtigten zu gewährende Vergütung und
etwaige sonstige Leistungen, z.B. auf dem Erbbaurecht lastende und auf den Eigentümer
übergehende Hypotheken oder dgl. (wegen der erlöschenden Erbbauzinsverpflichtung siehe
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Nr. 4.2). Wird das Erbbaurecht jedoch auf einen vom Grundstückseigentümer bezeichneten
Dritten übertragen, ist dieser Fall wie die erstmalige Bestellung eines Erbbaurechts zu behandeln (vgl. Nr. 1.2.4).
5.
Wenn keine Gegenleistung vorhanden oder ermittelbar ist (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG) sowie
in den Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 GrEStG ist die Steuer aus dem Wert des Erbbaurechts i.S. des § 138 Abs. 3 BewG zu berechnen. Eine Gegenleistung ist z.B. nicht vorhanden bei
Rechtsgeschäften im Sinne der Nr. 1.6 sowie in Fällen der Nr. 1.7, in denen in Nr. 1.6 bezeichnete
Rechte abgetreten werden (BFH-Urteile vom 6.5.1969, BStBl 1969 II S. 595 und 31.5.1972, BStBl
1972 II S. 828).
6.
Erwirbt ein Erbbauberechtigter oder ein Dritter das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück,
unterliegt der mit dem Grundstückserwerb verbundene Erwerb des Erbbauzinsanspruchs nicht der
Grunderwerbsteuer, da das Recht auf Erbbauzins - obwohl zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil
des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks - nicht zum Grundstück gerechnet wird (§ 2 Abs. 1 Nr. 3
GrEStG). Beim Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist daher die Gegenleistung auf das Grundstück einerseits und den nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb des Erbbauzinsanspruchs andererseits aufzuteilen. Hierbei kann aus Vereinfachungsgründen der Wert der Gesamtgegenleistung um den Kapitalwort des Rechts auf Erbbauzins gekürzt
werden.
Beispiel:
A erwirbt von B ein Grundstück zum Kaufpreis in Höhe von 250.000 EUR. Das Grundstück ist zugunsten des C mit einem Erbbaurecht belastet, das eine Restlaufzeit von 40 Jahren hat. Der von C
jährlich zu entrichtende Erbbauzins beträgt (nach mehreren Anpassungen im Rahmen einer vereinbarten Wertsicherungsklausel) 5.000 EUR.
Die Bemessungsgrundlage für den Erwerb des Grundstücks durch A berechnet sich wie folgt:
Vom Gesamtkaufpreis in Höhe von 250.000 EUR ist der gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG i.V.m.
§ 15 Abs. 1 BewG ermittelte Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs in Höhe von 82.435 EUR (Jahreswert 5.000 EUR x Vervielfältiger 16,487) abzuziehen.
Die Grunderwerbsteuer für die Übertragung des Grundstücks von B auf A beträgt demnach 3,5%
von 167.565 EUR (250.000 EUR abzüglich 82.435 EUR), also 5.864 EUR.
Es wird gebeten zu beachten, dass § 1 Abs. 7 GrEStG durch Art. 13 Nr. 1 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I S. 3794) aufgehoben wurde. Nach § 23 Abs. 7
Satz 2 GrEStG ist § 1 Abs. 7 GrEStG letztmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die bis zum
31.12.2001 verwirklicht wurden. Aufgrund des BFH-Beschlusses vom 12.4.2000 (BStBl 2000 II
S. 433) ist § 1 Abs. 7 GrEStG aber auch für diese Erwerbsvorgänge nur noch eingeschränkt anwendbar, auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erlass vom 22.3.2001, 53 - S 4500 - 14/97
wird hingewiesen.
Dieses Schreiben ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder
und tritt an die Stelle des Bezugserlasses.“
Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002
BKPV 104/2003
Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 14.2.2002, 3 - S 4400/15 (DB 2002, 455)
„1. Allgemeines
Durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl 1999 I S. 403, BStBl 1999 I S. 304) wurde
§ 5 GrEStG um einen Abs. 3 ergänzt.
Danach sind die Vergünstigungen der Abs. 1 und 2 der genannten Vorschrift insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren
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nach dem Grundstücksübergang auf die Gesamthand vermindert. Ein vorgefasster Plan ist danach
nicht mehr erforderlich; allein das zeitliche Moment ist maßgebend.
Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 bzw. 2 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der
grundstückseinbringende Gesamthänder seine - auf der Gesellschafterstellung beruhende - (Mit-)Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück innerhalb von fünf Jahren nach
dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrecht erhält.
Die Vergünstigung setzt
– die eigentumsmäßige (sachenrechtliche) Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders, die sich aus der Gesamthänderstellung ableitet, und die
– vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangenen
Grundstück
voraus.
2.
Anteilsverminderung
Unter Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand ist z. B. das Ausscheiden aus der Gesellschaft, die Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf, Übertragung usw. auf
andere Gesellschafter oder auf einen Treuhänder (vgl. Boruttau/Viskorf, GrEStG, 14. Aufl., § 5 Rdn. 17)
und die Aufnahme neuer Gesellschafter zu verstehen.
Auch die Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders auf einen anderen Rechtsträger
sowie die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt
zum Wegfall der Steuervergünstigung für den Einbringungsvorgang.
Wechselt dagegen der grundstückseinbringende Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren nach der
Einbringung des Grundstücks in die Gesamthand seine Rechtsform, liegen die Voraussetzungen des
§ 5 Abs. 3 GrEStG nicht vor. Durch den Formwechsel bleibt zivilrechtlich die gesamthänderische Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders unberührt.
3.
Anwendung der allgemeinen Befreiungsvorschriften
Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG können über § 5 Abs. 3 GrEStG nur versagt
werden, wenn eine Umgehungsmöglichkeit tatsächlich besteht. Daher kommt eine Steuerpflicht nicht in
Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender
Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen
wäre (vgl. Erlass vom 27.1.1999, 3 - S 4514/10; Pahlke/Franz, GrEStG, 2. Aufl., § 5 Rdn. 51; Hofmann,
GrEStG, 7. Aufl., § 5 Rdn. 24).
Beispiel:
A überträgt sein Grundstück auf eine OHG, an der er und ein Dritter zu je 50 % beteiligt sind. Innerhalb
von fünf Jahren überträgt A seinen Anteil auf seine Kinder.
A gibt zwar seine gesamthänderische Mitberechtigung auf, aber nur zu Gunsten seiner Kinder. Da ein
dem Anteilserwerb durch die Kinder entsprechender Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG von
der GrESt ausgenommen wäre, ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen.
In diesen Fällen ist der Rechtsnachfolger an die fünfjährige Behaltensfrist des Rechtsvorgängers gebunden.
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4.
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Zeitlicher Anwendungsbereich - Fünfjahresfrist
Die Neuregelung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.1999 verwirklicht werden (§ 23
Abs. 6 Satz 2 GrEStG). Für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1.1.2000 verwirklicht wurden, ist weiterhin
die bisherige Rechtsprechung bzw. Verwaltungsauffassung anzuwenden.
Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Damit ist nicht der
Zeitpunkt des Eigentumsübergangs gemeint, sondern der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für den
Erwerbsvorgang. Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 186 ff. BGB. Für die Frage, ob der Gesellschafter seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist vermindert hat, ist
auf die tatsächliche Einschränkung der Gesellschafterstellung und der damit verbundenen dinglichen
Mitberechtigung am Grundstück abzustellen. Der Zeitpunkt einer ggf. vorausgegangenen schuldrechtlichen Einschränkung der Gesellschafterstellung ist nicht maßgeblich (BFH-Urteil vom 6.6.2001, II R
56/00).
5.
Verfahrensfragen
§ 5 Abs. 3 GrEStG ist keine Nachversteuerungsvorschrift. Die Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 AO dar. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt.
Die Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesamthand bei Gewährung der Steuervergünstigung
nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG sind anzuzeigen (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG).
Bei Verletzung der Anzeigepflicht kommt es zur Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO um maximal
drei Jahre, ggf. auch zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung oder
leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 AO.
Zur Vermeidung einer möglichen Doppelbelastung enthält § 1 Abs. 2 a Satz 3 GrEStG eine Anrechnungsregelung in den Fällen, in denen bei Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen
der Gesamthand die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 GrEStG entfällt und wegen des Gesellschafterwechsels eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2 a GrEStG vorzunehmen ist.
Danach ist auf die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG ermittelte Bemessungsgrundlage (Grundbesitzwert) die Bemessungsgrundlage anzurechnen, von der nach § 5 Abs. 3 GrEStG die Steuer nachzuerheben ist.
Beispiel:
A ist zu 98 % und B zu 2% an der A & B-OHG beteiligt.
A veräußert ein ihm gehörendes Grundstück an die OHG. Da A schon zu 98 % an der OHG beteiligt ist,
wird die Steuer gem. § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 98 % des Kaufpreises nicht erhoben.
Verringert nun A innerhalb von fünf Jahren nach der Grundstücksübertragung auf die OHG seine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen durch Übertragung seiner Gesellschaftsanteile an C, D usw. um
96 %, ist die Steuer i.H. von 96 % der Gegenleistung nachträglich zu erheben (§ 5 Abs. 3 GrEStG). Außerdem liegen zugleich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 a GrEStG vor (Besteuerung des Gesellschafterwechsels von mindestens 95 %). Die Besteuerung des Gesellschafterwechsels erfolgt gem. § 8
Abs. 2 GrEStG mit dem Grundbesitzwert. Von dem Grundbesitzwert sind 96 % des Werts der Gegenleistung (des Kaufpreises) abzuziehen. Ein eventueller negativer Wert führt zu null DM Steuer für den
Gesellschafterwechsel.“
Erschließungsbeiträge
Grunderwerbsteuer
als
Bemessungsgrundlage
für
die
BKPV 105/2003
Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 25.7.2002, 3 - S 4521/13 (DStZ 2002, 729)
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„In welchem Umfang bei einem Grundstück Erschließungsbeiträge als sonstige Leistungen nach § 9
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, richtet sich danach, in
welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs gemacht
wurde.
1.
Das Grundstück ist im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs bereits erschlossen
Sind sämtliche nach dem örtlichen Baurecht vorgeschriebenen öffentlichen Erschließungsanlagen, die
ein Grundstück zu einem „erschlossenen Grundstück“ machen, im Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbsvorgangs bereits vorhanden, kann Gegenstand eines solchen Vertrags nur das „erschlossene"
Grundstück sein, selbst wenn nach den Vertragserklärungen das Grundstück als „unerschlossen" erworben werden soll. Es liegt nicht in der Willensmacht der Beteiligten, ein Grundstück in einem Zustand
zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs zu machen, den es nicht mehr hat und auch nicht mehr erhalten soll. Zu den Erschließungsanlagen gehören im Wesentlichen die Verkehrs- und Grünanlagen sowie
die Anlagen zur Ableitung von Abwässern und zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser. Nicht zu den Erschließungsanlagen gehören die auf den (Privat-)Grundstücken selbst notwendigen
Anschlüsse wie Zufahrtswege und Anschlüsse an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen (BFH-Urteil
vom 15.3.2001, BStBl 2002 II S. 93). Die Merkmale der endgültigen Erschließung sind von der Gemeinde durch Satzung geregelt (§132 Nr. 4 BauGB). Wird ein in diesem Sinn erschlossenes Grundstück zum Gegenstand des Erwerbsvorgangs, ist Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks
grundsätzlich auch der auf die Erschließung entfallende Betrag, unabhängig davon, ob er im Kaufpreis
enthalten ist oder neben dem Kaufpreis gesondert ausgewiesen wird. Dies gilt nicht, wenn die Kommune eigene erschlossene Grundstücke veräußert und den Erschließungsbeitrag abgabenrechtlich
geltend macht.
2.
Das Grundstück ist im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs noch nicht erschlossen
a)
Wird ein im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossenes
Grundstück als solches zum Gegenstand der zivilrechtlichen Übereignungsverpflichtung gemacht,
ist die vom Käufer eingegangene Verpflichtung, die zukünftige Erschließung zu bezahlen, nicht als
Teil der Gegenleistung anzusehen, auch wenn sie zusammen mit der Übereignungsverpflichtung
beurkundet wird. Die Einbeziehung der Erschließungskosten nach den Grundsätzen zum Erwerb
eines Grundstücks im zukünftig bebauten Zustand scheidet wegen des sich aus der öffentlichrechtlichen Erschließungslast der Gemeinde ergebenden besonderen Charakters der Grundstückserschließung regelmäßig aus (BFH-Urteil vom 15.3.2001, a.a.O.). Gleiches gilt für die Erstattung der vom Verkäufer als Vorausleistung oder auf Grund einer Ablösungsvereinbarung bereits geleisteten Zahlung und für die Übernahme noch bestehender Verpflichtungen.
b)
Hat der Verkäufer die Verpflichtung übernommen, das Grundstück im erschlossenen Zustand zu
verschaffen, wird das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, mit der
Folge, dass der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises Gegenleistung für den Erwerb des Grundstücks darstellt. Hat sich dagegen der Verkäufer durch eine weitere rechtlich
selbstständige Vereinbarung (Werkvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag) neben der Grundstücksübertragung auch selbst zur Durchführung der Erschließung verpflichtet, ist das Entgelt hierfür
nicht als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung zu behandeln, auch wenn beide Verpflichtungen zusammen beurkundet werden. Für die rechtliche Selbstständigkeit beider Verpflichtungen sprechen folgende Indizien (BFH-Urteil vom 9.5.1979, BStBl 1979 II S. 577):
– zwei selbstständige Geldforderungen,
– unterschiedliche Leistungspflichten des Veräußerers,
– selbstständige Fälligkeiten beider Forderungen,
– rechtliche Unabhängigkeit des Kaufvertrags von der Durchführung der Erschließung.
Dieser Erlass ist im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangen. Er tritt an die Stelle des Erlasses vom 4.9.1989 (Rheinland-Pfalz) in der zuletzt durch Erlass
vom 27.6.2001, 3 - S 4521/13 geänderten Fassung, der hiermit aufgehoben wird.“
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Beratungsdienst für kommunale Unternehmen
Nachträglich gezahlte Erschließungs- und Vermessungskosten
als aufschiebend bedingte Gegenleistung, Abgrenzung von
Erst- und Änderungsbescheid
BKPV 106/2003
BFH-Urteil vom 4.4.2001, II R 22/99, (BFH/NV 2001, 1146)
Leitsätze:
„1. Die vom Grundstückskäufer anlässlich des Erwerbs eines gemeindlichen Grundstücks gegenüber
der Gemeinde eingegangene Verpflichtung, von ihr getragene Kosten für die Erschließung und
Vermessung eines von einem Dritten zu erwerbenden, zum Erschließungsgebiet gehörenden
Grundstücks zu übernehmen, stellt keine aufschiebend bedingte Gegenleistung für den Erwerb
des gemeindlichen Grundstücks dar, wenn es im Interesse der Gemeinde lag, den Käufer unabhängig von dem Erwerb weiterer Grundstücke bezüglich der auf ihn bei Verwirklichung der geplanten Erwerbsvorgänge insgesamt entfallenden Erschließungskosten zu verpflichten.
2.
Ein Steuerbescheid, durch den das FA nach der Besteuerung des Grundstückserwerbs Grunderwerbsteuer für im Anschluss an den Erwerbsvorgang gezahlte Erschließungs- und Vermessungskosten mit der Begründung festsetzt, es handele sich um eine nachträglich entstandene Gegenleistung, ist kein Änderungsbescheid, sondern ein Erstbescheid.“
Grunderwerbsteuerlichen Folgen der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs, des Zurückerwerbs eines veräußerten
Grundstücks und der Herabsetzung der Gegenleistung nach einem Grunderwerb
BKPV 107/2003
Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass vom 7.8.2002, 3 - S 4543/9 (UVR 2002, 358)
„1. Fälle des § 16 Abs. 1 GrEStG
1.1 Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird die Grunderwerbsteuer auf Antrag, der formlos gestellt werden kann, nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang
durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist, und die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung
der Steuer erfolgt. Die Vorschrift erfasst in erster Linie die auf einem freien Willensentschluss der
Vertragsparteien beruhende und in deren gegenseitigem Einvernehmen erfolgende Aufhebung eines Erwerbsvorgangs durch einen Aufhebungsvertrag.
Zu der Frage, ob ein solcher Aufhebungsvertrag der notariellen Beurkundung nach § 311 b Abs. 1
BGB (entspricht § 313 BGB a.F.; vgl. Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom
26.11.2001, BGBl I 2001 S. 3138) bedarf, wird gebeten nachfolgende Auffassung zu vertreten:
Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist die Rückgängigmachung eines Rechtsgeschäfts durch Vereinbarung nicht von einer bestimmten formalen vertraglichen Gestaltung abhängig. Auch hat sich der Bundesfinanzhof in seinen bisher zu dieser Vorschrift ergangenen Entscheidungen nicht mit den Formerfordernissen der Vereinbarung über die Rückgängigmachung eines
Grundstückskaufvertrages auseinandergesetzt. Da die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
jedoch die zivilrechtlich wirksame Beseitigung des zur Grunderwerbsteuer führenden Rechtsvorgangs verlangt, kommt hinsichtlich der Frage, welche Form der Aufhebungsvertrag haben muss,
der höchstrichterlich Zivilrechtsprechung entscheidende Bedeutung zu.
Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Rechtsprechung, nach der die Aufhebung und die Verpflichtung zur Aufhebung eines Grundstückskaufvertrages bis zur Umschreibung des Eigentums
im Grundbuch formfrei war, mit Urteil vom 30.4.1982 (NJW S. 1639) aufgegeben. Nach dieser geänderten, inzwischen als gefestigt anzusehenden Rechtsprechung (BGH-Urteile vom 30.9.1993,
NJW S. 3323, und vom 7.10.1994, NJW S. 3346) stellt sich die Rechtslage derzeit wie folgt dar:
Liegt ein Kaufvertrag ohne Auflassungserklärung und ohne Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch vor, kann der Kaufvertrag formfrei aufgehoben werden. Die Aufhebung beSeite 172
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gründet in Bezug auf das veräußerte Grundstück keine wie auch immer geartete unmittelbare oder
mittelbare Rückübertragungs- oder Erwerbsverpflichtung.
Bei einem Kaufvertrag mit Auflassungserklärung und ohne Eintragung einer Auflassungsvormerkung bzw. ohne Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Grundbuch kann die Vertragsaufhebung ebenfalls formfrei vorgenommen werden. In derartigen Fällen befindet sich das Grundstück
noch im Eigentum des Verkäufers, der es anderweitig veräußern oder belasten kann. Entsprechendes gilt, wenn der Veräußerer einen Eintragungsantrag zu Gunsten des Auflassungsempfängers gestellt hat, den er jederzeit wieder zurücknehmen kann.
Bei Vorliegen eines Kaufvertrages und eines Anwartschaftsrechts des Auflassungsempfängers
besteht für den Aufhebungsvertrag Beurkundungszwang. Ein Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers liegt vor, wenn er eine gesicherte Rechtsposition innehat, die der andere Vertragsbeteiligte (der Veräußerer) nicht mehr einseitig zerstören kann. Der Erwerb eines Anwartschaftsrechts durch den Auflassungsempfängers ist in den Fällen zu bejahen, in denen er selbst
den Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Grundbuch gestellt hat oder eine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragen ist, die ihn nach den Vorschriften der
§§ 883 ff. BGB vor einer anderweitigen Verfügung des Verkäufers schützt. Weitere Voraussetzung
für das Entstehen eines Anwartschaftsrechts des Auflassungsempfängers ist, dass der Antrag auf
Eintragung des Eigentums oder die Eintragung einer Auflassungsvormerkung nach der Auflassung
erfolgt. Durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung vor der Auflassung entsteht daher
noch kein derartiges Anwartschaftsrecht.
Wird ein bestehendes Anwartschaftsrecht wieder aufgegeben, z.B. durch formlose Aufhebung der
Auflassung oder durch Rücknahme des Eintragungsantrags, entfällt das Formerfordernis bzw. der
zunächst unwirksame Aufhebungsvertrag wird dadurch geheilt.
1.2 Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang
vor Eigentumsübergang auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.
In den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG erfolgt die Rückgängigmachung regelmäßig durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Berechtigten. Sie ist formfrei möglich und kann
auch konkludent erklärt werden (Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 17). Andererseits besteht auch
die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Dieser bedarf ebenfalls nicht der Form
des § 311 b Abs. 1 BGB (Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 39). Die Rechtsprechung verlangt aber,
dass vor Abschluss der Vereinbarung das Vorliegen des gesetzlichen Rücktrittsrechts zwischen
den Vertragsschließenden unbestritten feststehen muss (zuletzt Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.2.1998, EFG 1998 S. 1087). Hat der Erwerber nach Auflassung durch Stellung
des Eintragungsantrags oder durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung ein Anwartschaftsrecht erworben, ist die Verpflichtung zur Aufhebung des Anwartschaftsrechts formbedürftig
(Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 40).
2.
Fälle des § 16 Abs. 2 GrEStG
2.1 Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16
Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen
Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der
Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen
Erwerbsvorgang stattfindet.
§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG verlangt nicht, dass der vorangegangene Vertrag aufgehoben wird. Der
bloße Rücklauf reicht. Für das schuldrechtliche Rechtsgeschäft besteht Beurkundungszwang nach
§ 311 b Abs. 1 BGB.
2.2 Nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG treten die zu § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG beschriebenen Rechtsfolgen auch ein, wenn das dem Erwerbsvorgang zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist.
Die Vorschrift erfasst die Fälle, in denen die Eigentumsübertragung am Grundstück zivilrechtlich
wirksam erfolgt ist, diese Eigentumsübertragung jedoch aufgrund einer objektiv nichtigen oder
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durch Anfechtung nichtig gewordenen schuldrechtlichen Verpflichtung vorgenommen wurde. In
diesem Fall steht dem Veräußerer nach § 812 f BGB ein Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums zu. § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG setzt einen einseitig und gegen den Willen des ursprünglichen Erwerbers durchsetzbaren Anspruch auf Rückerwerb voraus. Es ist nicht ausreichend, wenn
die Parteien das Rechtsgeschäft für nichtig halten (BFH-Urteil vom 27.1.1999, BFH/NV 1999
S. 964).
2.3 § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sieht eine Rückabwicklung bei Nichterfüllung der Vertragsbedingungen
des Rechtsgeschäftes vor.
Hierzu ist die Einigung der Parteien über die Nichterfüllung der Vertragsbedingungen (ersatzweise
ein rechtskräftiges Urteil über die Verpflichtung zur Rückübertragung) und die Rückauflassung erforderlich. Beide Voraussetzungen sind nach § 311 b Abs. 1 BGB formbedürftig.
3.
Fälle des § 16 Abs. 3 GrEStG
3.1 Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wird auf Antrag die Steuer entsprechend niedriger festgesetzt oder
die Steuerfestsetzung geändert, wenn die Gegenleistung innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer herabgesetzt wird.
Die Herabsetzung der Gegenleistung unterliegt grundsätzlich dem Beurkundungszwang nach
§ 311 b Abs. 1 BGB, es sei denn, sie beruht auf einem berechtigten Minderungsverlangen oder die
Änderung erfolgt erst nach der Auflassung bzw. nach der Grundbucheintragung (Palandt, 61. Auflage, § 313 Rn. 41 und 44).
3.2 Nach der Änderung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des
Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23.7.2002 (vgl.
BGBl 2002 I S. 2715, 2722) wird auf Antrag die Steuer entsprechen niedriger festgesetzt oder die
Steuerfestsetzung geändert, wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund des § 437 BGB n.F.
(bisher §§ 459 und 460 BGB a.F.) vollzogen wird. Gegen eine entsprechende Anwendung des
§ 437 BGB n.F. ab dem 1.1.2002 bestehen keine Bedenken.
§ 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setzt voraus, dass sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit der
Minderung einverstanden erklärt oder dementsprechend verurteilt worden ist und die Minderung
auch tatsächlich eingetreten ist. Bei einem berechtigten Minderungsverlangen besteht kein Formzwang nach § 311 b Abs. 1 BGB (siehe vorstehende Tz. 3.1, zweiter Absatz).
Nach der Neukonzeption des Kaufrechts wird nicht mehr zwischen Sach- und Rechtsmängeln unterschieden, so dass auch bei Rechtsmängeln eine vollzogene Minderung des Kaufpreises im
Rahmen der Grunderwerbbesteuerung zu berücksichtigen ist.
4.
Verletzung der Anzeigepflicht (§ 16 Abs. 5 GrEStG)
Nach § 16 Abs. 5 GrEStG gelten die Absätze 1 bis 4 dieser Vorschrift nicht, wenn einer der in § 1
Abs. 2, 2 a und 3 bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht wird, der nicht nach den §§ 18,
19 GrEStG fristgerecht angezeigt war.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder und tritt
an die Stelle des Bezugserlasses. Es wird gebeten, die Finanzämter hiervon zu unterrichten und den
Erlass in die Grunderwerbsteuerkartei aufzunehmen.“
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