Integration in der Praxis - Heft 19: Förderpläne

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Integration in der Praxis - Heft 19: Förderpläne
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Zentrum für Schulentwicklung
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Abteilung I
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Klagenfurt
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Integration
in der Praxis
Heft 19
März 2004
Förderpläne Beispiele aus den einzelnen Bundesländern
Das Zukunftsministerium
bm:bwk
Gemeinsamer Unterricht behinderter und nichtbehinderter
Kinder und Jugendlicher
Impressum
Medieninhaber und Herausgeber:
Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Wien, Abteilung 1/8,
Mag. Lucie Bauer
Zentrum für Schulentwicklung, Klagenfurt, Abteilung I, Mag. Peter Oebenjak
Für den Inhalt der einzelnen Beiträge sind die Autoren verantwortlich.
Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen sich nicht mit der Meinung der Redaktion
decken.
Redaktionsgruppe:
HOL Regina Gössinger, Or. Karl Hauer, Mag. Andrea Holzinger, Mag. Martin Jenewein,
HOL Brigitte Mörwald, SO Christa Nothdurfter, SOL Günther Tuczay
Koordination:
Mag. Peter Oebenjak
Umschlaggestaltung:
Mag. Inge Fritz
Inhalt
Förderplanung unter besonderer Berücksichtigung von Kindern mit
Mehrfachbehinderungen ............................................................................................. 3
Förderplan/Burgenland ............................................................................................... 10
Erstellen von individuellen Förderplänen/Kärnten ................................................... 18
Entwicklungsplan/Niederösterreich ........................................................................... 22
Förderpläne für Schüler/innen mit sonderpädagogischem
Förderbedarf/Oberösterreich ...................................................................................... 32
Der individuelle Förderplan (IFP)/Salzburg ............................................................... 34
Der individuelle Förderplan/Steiermark ..................................................................... 36
Praxis der Förderplanung/Tirol .................................................................................. 42
Förderdiagnostik/Vorarlberg ...................................................................................... 45
Erstellung von Förderplänen und Förderdiagnostik – eine Aufgabe für
die Volksschullehreraus- und Volksschullehrerfortbildung/Wien .......................... 49
1
2
Andrea Holzinger
Förderplanung
unter besonderer
Berücksichtigung
von Kindern mit
Mehrfachbehinderungen
„Integration" bedeutet, dass
alle Kinder und Schüler in
Kooperation miteinander auf
ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau an und mit
einem gemeinsamen Gegenstand spielen, lernen
und arbeiten“
(Feuser, 1995, S. 169)
Eine Allgemeine Pädagogik,
die nicht auf Selektion und
Segregation aufbaut sowie
der Paradigmenwechsel im
Bild von Menschen mit Behinderungen, fordern auch
einen diagnostischen Blickwechsel, der die Stärken
beim einzelnen Kind sucht
und bei der Gestaltung von
Lehr- und Förderangeboten
an eben diesen Stärken und
somit am Können ansetzt.
Ging es früher noch um die
Zuordnung zu einer Typologie von Störungen und um
eine Einordnung in eine
Klassifikation nach dem
Schweregrad der Behinderung, sind nach dem Paradigmenwechsel gerade
diese Kategorisierungen
absolut zu vermeiden
(vgl. Eggert, 1997, S.150 ff).
Die Inklusive Pädagogik fordert ein radikales Umdenken gegenüber der traditionellen, defizitorientierten,
sonderpädagogischen Diagnostik mit ihren Zuschreibungen und Platzierungen.
Die Aufmerksamkeit ist nicht
wie bisher auf die Defizite
eines Kindes zu richten,
sondern auf die Stärken und
auf die im Umfeld liegenden
Ressourcen. Eine Förderdiagnostik hat den Auftrag
„möglichst umfassende lebenswelt-, unterrichts- und
interessenbezogene Informationen und Daten zu erheben“ (Eberwein, Knauer,
1998, S. 9).
Eine Förderdiagnostik im
inklusiven Menschen- und
Weltbild sieht das Kind als
Ganzes und muss daher im
gewohnten Umfeld zusammen mit der Familie und in
der Gruppe mit anderen Kindern durchgeführt werden.
So gesehen ist Förderdiagnostik immer Lebensraumdiagnostik, in der die verschiedenen Lebensräume –
Elternhaus, Schule, Freizeitorganisationen – gleichberechtigt miteinbezogen werden. Eine so verstandene
Förderdiagnostik setzt gemeinsam mit Schule und
Elternhaus individuelle Förderziele und liefert Anregungen zur Erstellung eines
individuellen Förderplanes.
Ein individueller Entwicklungsplan stellt den Versuch
dar,
• eine strukturierte Informationssammlung über
den Prozess der Lernentwicklung des Kindes im
Rahmen einer Kind-Umfeld-Analyse zu dokumentieren,
• eine Übersicht über
angestrebte Unterrichtsund Erziehungsziele zu
geben
• im Prozess zu zeigen,
welche Lernziele angestrebt und wie sie mit
welchen Fördermaßnahmen erreicht wurden,
bzw. welche Veränderungen in welchen Situationen vorgenommen
werden mussten (Eggert,
1997, S.177).
Somit ist ein I-E-P auch die
Informationsgrundlage für
weitere Berichte oder eventuell notwendige Gutachten.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer diagnosegeleiteten Förderplanung
(Mutzeck, 1998).
EGGERT bezeichnet Förderpläne als Individuelle
Entwicklungspläne (I-E-P)
und gibt auch detaillierte
Hinweise für die Gestaltung
derselben. So sollen Individuelle Entwicklungspläne
immer eine Einheit von Diagnose und Förderung darstellen, immer im Team von
Sonderschullehrer/innen
und Volksschullehrer/innen
bzw. Hauptschullehrer/innen
erfolgen und immer prozessbegleitend gestaltet
sein.
3
Neue Förderziele festsetzen
Förderziele gemeinsam festsetzen
(Sonderschul- und Volksschul-/
Hauptschullehrer/innen)
Erfolg der Fördermaßnahmen
protokollieren
Lernumgebung entsprechend der
individuellen Lernausgangslage
gestalten
Termine zur Realisierung der
Förderziele festsetzen
Rahmenbedingungen zur
Realisierung der Förderziele
überprüfen
Förderpläne stehen aber
letztlich immer in einem
Spannungsverhältnis zu der
in der Inklusiven Pädagogik
angestrebten Balance zwischen der Akzeptanz des
So-Seins eines Kindes und
der Unterstützung seiner
Entwicklungspotentiale. Die
Logik von Förderplänen mit
ihrem Anspruch der optimalen Förderung, also der
ihr innewohnenden „Philosophie des Optimierens“,
steht im Widerspruch zur
Logik der Gemeinsamen
Erziehung mit dem Anspruch der Akzeptanz von
Heterogenität, also der
„Philosophie des Unperfekten“ (Boban in Mutzeck,
2000, S.1349).
Eine Alternative zu Förderplänen und Individuellen
Entwicklungsplänen stellt
das Modell der Persönlichen
Zukunftsplanung dar, das in
den folgenden Abschnitten
näher erläutert werden soll.
Ende der 80erJahre entwickelten sich in Amerika
bereits Verfahren, die sich
darauf konzentrierten,
4
Lerninhalte, Lernstrategien,
Fördermaßnahmen auswählen
Möglichkeiten und Wege für
ein integriertes Leben zu
finden. Dazu gehörten die
„Lebensstilplanung“ (Life
Style Planning) und die
„Persönliche Zukunftsplanung“ (Personal Future
Planning).
Bei der Persönlichen Zukunftsplanung geht es in
erster Linie um die Integration von Menschen mit Behinderungen in der Familie,
in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Wohnortgemeinde. Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder
übernehmen in diesem Verfahren Schlüsselrollen, da
diese sowohl Lebensbegleitung als auch Unterstützung
kontinuierlich bieten können.
Die institutionelle Hilfeplanung tritt dabei in den Hintergrund.
DOOSE stellt die Merkmale
der Persönliche Zukunftsplanung der institutionellen
Hilfeplanung gegenüber –
einige Unterschiede seien
davon genannt (Kan/Doose:
1999, S. 84):
• Orientierung an der individuellen Person in der
•
•
•
•
•
Persönlichen Zukunftsplanung versus Orientierung an Behinderung in
der institutionellen Hilfeplanung
Suche nach Fähigkeiten
und Stärken versus Betonung von Defiziten und
Bedürfnissen
Erweiterung der Lebensqualität versus Reduktion
von negativen Verhaltensweisen
Hilfeplanung in Abhängigkeit von der Person,
der Familie, der Freunde,
die versuchen, gemeinsam eine gute Beschreibung zu erarbeiten
versus Hilfeplanung in
Abhängigkeit vom professionellem Urteil – oft
standardisierten Tests
Geschichten und Episoden erzählt von Familienmitgliedern und Freunden
versus schriftliche Berichte
Offene Verfahrensweisen
mit Blickrichtung auf die
betroffene und mitplanende Person versus staatlich geregelte Verfahrensweisen mit Blickrichtung auf die Kostenträger
Making Action Plan – kurz
MAP genannt – ist ein Modell, das sich am Konzept
der Persönlichen Zukunftsplanung orientiert, das aber
vor allem die schulische
Integration betrifft. Entwickelt wurde dieses Modell
von Marsha Forest Ende der
80er-Jahre in Toronto (vgl.
O’Brien & Forest 1989,
47-52)
Die Eltern des betroffenen
Kindes, die Lehrer/innen der
Klasse, einige Mitschüler/innen der Klasse und deren
Eltern, sowie Schulpsychologen, Beratungslehrer,
Therapeuten etc. werden
zu einer Teamsitzung oder
Persönlichen Zukunftskonferenz eingeladen. Auch das
betroffene Kind soll anwesend sein. Dieses Team
Wer ist wer? Was hat er/sie mit
versucht folgende acht
Schlüsselfragen gemeinsam
zu beantworten, um auf
diese Art und Weise einen
individuellen Förderplan für
das betroffene Kind zu erarbeiten:
Die Mitglieder der Teamsitzung stellen sich kurz vor
und erzählen, in welcher Beziehung sie zum Kind
stehen.
zu tun?
Welche Geschichte hat
Die Familienmitglieder erzählen die Geschichte ihres
Kindes einschließlich der bedeutsamen Ereignisse,
die zum erhöhten Förderbedarf geführt haben.
Welchen Traum haben wir für
Alle Teammitglieder versuchen über die Zukunft des
Kindes nachzudenken und diese zu beschreiben.
Auch unrealistische Wünsche – Träume – Visionen
finden hier Platz.
Welchen Alptraum haben wir für
Welche Ängste haben die Teammitglieder, wenn sie
an die Zukunft des Kindes denken? Was wünschen
sie dem betroffenen Kind in keinem Fall?
Wer ist
Jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin der Teamsitzung
versucht durch ein Wort oder durch einen Satz das
Kind genau zu beschreiben.
Welche Stärken und Fähigkeiten
hat
Alle Teammitglieder richten den Blick auf die positiven Seiten des Kindes und stellen fest, was das
Kind kann und gerne mag.
Welche Bedürfnisse hat
Der Förderbedarf wird vom speziellen Standpunkt der
einzelnen Teammitglieder beleuchtet, wodurch sowohl der häusliche als auch der schulische Bereich
mit einbezogen werden.
Wie würde ein idealer Schultag für
Gemeinsam werden Strategien entwickelt, wie der in
der Vorrunde erarbeitete individuelle Förderbedarf in
einem regulären Schulalltag verwirklicht werden
kann.
ausschauen?
5
In der abschließenden Reflexionsrunde gibt jedes
Teammitglied ein persönliches Feed-back zum MAPProzess, indem es mit einem charakteristischen Wort
den Verlauf der Teambesprechung beschreibt.
1
2
3
Anhand der schriftlichen
Aufzeichnungen zu den acht
Schlüsselfragen wird der
Aktionsplan erstellt, wie,
durch wen und in welchem
Zeitrahmen der individuelle
Förderplan verwirklicht werden soll.
Im Vorfeld einer Persönlichen Zukunftskonferenz
muss überlegt werden, wer
dazu eingeladen werden
soll. Hilfreich ist es, einen
Unterstützerkreis – nach
Möglichkeit mit den persönlichen Stellungnahmen der
betroffenen Person – zu
zeichnen und auszufüllen
(Doose, 1999, S. 168)
1. Kreis:
Das sind die wichtigsten Menschen
im Leben des Kindes (meist Eltern
und enge Familienmitglieder)
2. Kreis:
Das sind die Freunde des Kindes
3. Kreis:
Das sind die Bekannten des Kindes
4. Kreis:
Diese Leute werden dafür bezahlt,
etwas für das Kind zu tun.
4
Ein häufig anzutreffendes
Problem ist, dass der äußere Kreis zwar gut gefüllt ist
mit Therapeuten, Lehrern
und Betreuern, die beiden
mittleren Kreise jedoch
ziemlich mager bestückt
sind (Kluge, 2003, S.3).
Aber gerade die Menschen
der beiden mittleren Kreise
sind für die betroffene Person besonders wichtig. Daher müssen unbedingt Mitschüler, Eltern von Mitschülern, eventuell gleichaltrige
Nachbarkinder etc. eingeladen werden. Da eine Persönliche Zukunftskonferenz
sich besonders bei Übertritten in einen neuen Lebensabschnitt eignet (Kindergarten – Volksschule,
Volksschule – Hauptschule,
Hauptschule – Beruf ...) ist
es notwendig, auch jene
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Personen einzuladen, die in
der unmittelbaren Vergangenheit dafür bezahlt wurden, das Kind zu begleiten:
Kindergärtner/in beim Übertritt in die Volksschule,
Volksschullehrer/in bzw.
Sonderpädagoge/in der
Volksschulzeit beim Übertritt
in die Hauptschule etc.
Steht der Unterstützerkreis
fest, wird ein Termin für die
Zukunftskonferenz bestimmt
und die Personen vom
Unterstützerkreis werden
rechtzeitig eingeladen.
Durch die Konferenz selbst
führt ein Moderator/eine
Moderatorin. Das sollte eine
Person sein, die nicht aus
dem Unterstützerkreis
kommt. Der Moderator/die
Moderatorin hat auch die
Aufgabe, alle Wortmeldun-
gen zu den acht Schlüsselfragen auf acht vorbereitete
Plakate zu schreiben. Diese
Sammlung ist im Abschluss
der Teamsitzung die Grundlage für das Erstellen des
individuellen Förderplanes.
Zu Beginn des Zusammentreffens gibt der Moderator/
die Moderatorin einen Überblick über die Methode und
ladet alle Beteiligten ein, die
acht Schlüsselfragen gemeinsam zu beantworten.
Die Vorstellungsrunde gestaltet sich erfahrungsgemäß kurz, aber die Darstellung der Geschichte der betreffenden Person dauert
meist länger. Die Eltern erzählen die Hintergründe, wie
es zur Behinderung kam
und schildern ihre ganz persönlichen Gefühle im Umgang mit ihrem Kind und
seiner Behinderung. Durch
diese Vorstellung können
alle Beteiligten, die das betroffene Kind nur aus einem
Teilbereich seines Lebens
kennen, einen Eindruck davon bekommen, wie und
unter welchen Umständen
das Kind aufgewachsen ist
bzw. aufwächst. Auch jene
Personen, die das Kind bisher institutionell gefördert
haben, leisten durch ihre
Vorstellung des Kindes einen wichtigen Beitrag dazu,
indem sie aufzeigen, welche
Fortschritte das Kind in seiner bisherigen Entwicklung
schon gemacht hat. Das
Kind wird als Einheit von
biologischen, psychischen
und sozialen Faktoren und
somit in seinem
individuellen So-Sein dargestellt. Das so vermittelte
ganzheitliche Bild vom Kind
entspricht genau dem Menschenbild der Inklusiven
Pädagogik (vgl. Wilhelm/
Bintinger/Eichelberger 2002,
S. 47)
Bei der dritten Schlüsselfrage, wo es um die Träume
geht, werden unbewusst
von den Beteiligten wiederum die Grundsätze Inklusiver Pädagogik genannt,
nämlich die volle Teilhabe
am gesellschaftlichen Leben, der Vorteil des Lernens
in der heterogenen Gruppe,
das kooperative Lernen am
gemeinsamen Gegenstand,
die Innere Differenzierung
und Individualisierung des
Unterrichts. Es geht um die
Möglichkeit zu leben und zu
lernen wie andere Kinder
auch.
Die Beantwortung der vierten Schlüsselfrage löst erfahrungsgemäß bei allen
Beteiligten Betroffenheit und
Anteilnahme aus, da bei den
Alpträumen vor allem Begriffe wie Einsamkeit, Unselbstständigkeit und Hilflosigkeit genannt werden.
Häufig kommen auch diese
Wortmeldungen vor: keine
Freunde haben, keine Lernfortschritte machen, nicht
selbstbestimmt leben können, immer auf fremde Hilfe
angewiesen sein. Gerade
aus dieser Betroffenheit erwächst aber bei vielen das
Gefühl der Verantwortung
und auch der Wunsch, dieses Kind zu begleiten.
Wer wünscht sich schon für
ein Kind Einsamkeit und
Unselbstständigkeit?
Auch die anwesenden Mitschüler/innen fühlen sich
durch diese Schlüsselfrage
besonders angesprochen
und sensibilisieren sich für
die Welt ihres Mitschülers/
ihrer Mitschülerin.
Die nächsten beiden
Schlüsselfragen stellen die
Person in der Gegenwart
und ihre Stärken und Fähigkeiten in den Mittelpunkt.
Während der Volksschullehrer/die Volksschullehrerin
z. B. sagt, der Schüler/die
Schülerin kann sehr konzentriert arbeiten, bemerkt ein
Mitschüler/eine Mitschülerin,
dass ihr Schulkamerad/ihre
Schulkameradin gut zuhören kann und die Mutter
sieht im fröhlichen Wesen
ihres Kindes etwas Besonderes. Auch die weiteren
Personen werden ganz
unterschiedliche Stärken
des Kindes nennen, da ja
jeder von ihnen einen anderen Zugang zum Kind hat
bzw. das Kind in unterschiedlichen Lebenssituationen erlebt. Auf diese Art
und Weise entsteht eine
umfangreiche Sammlung an
Stärken und Fähigkeiten,
die als Grundlage für den
Förderplan/den Aktionsplan
dienen.
7
In den letzten beiden
Schlüsselfragen wird der
Aktionsplan konkretisiert.
Welche Bedürfnisse hat das
Kind zu Hause und in der
Schule. Wie würde ein
idealer Schultag für das
Kind ausschauen? Welche
Strategien sind zu entwickeln, um einen idealen
Schultag zu verwirklichen.
Wer kann etwas zur Verwirklichung beitragen?
Wann können wir beginnen?
Die Frage nach dem Beginn
ist wichtig, denn dieser soll
in naher Zukunft liegen. Es
hat sich nämlich als günstig
erwiesen, kurzfristige Termine zu setzen und sich zu
fragen, was machen wir ab
morgen, was ist schon ab
nächster Woche möglich.
Die Personen aus dem
2. und 3. Unterstützerkreis,
nämlich Freunde und Bekannten des Kindes, brauchen meist keine lange Vorbereitungszeit, um ihre gesetzten Ziele zu verwirklichen, da es ja in erster Linie
um Unterstützung im sozialen Bereich geht, die freiwillig ist und jeder für sich
selbst bestimmen kann.
Aber auch bei Zielen, für
deren Realisierung erst
Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen
und professionelle Hilfen
notwendig sind, sollte die
Zeitplanung möglichst straff
erfolgen, da ansonsten
vieles wieder in Vergessenheit gerät.
Die Methode der Persönlichen Zukunftsplanung bzw.
von MAP als Grundlage für
das Erstellen eines Förderplanes hat sich besonders
bei der Integration von Kindern mit Mehrfachbehinderungen bewährt. Gerade
diese Kinder brauchen
8
einen möglichst großen
Unterstützerkreis, gerade für
diese Kinder sind gemeinsam gesetzte Ziele und gemeinsam erarbeitet Strategien notwendig, um sie zu
fördern und zu ihrem selbstbestimmten Leben zu begleiten. Im Zuge einer solchen Teamsitzung kommen
die Beteiligten „zu neuen
Blickwinkeln, neue Aspekte
werden wichtig, ein neues
Verständnis entsteht. Unterschiedliche Wahrnehmungen ergänzen oder widersprechen sich, der eigene
Blickwinkel kann sich schärfen; oft entsteht Hochachtung vor der Lebenssituation
so betrachteter Personen.“
(Boban/Hinz in Mutzeck
2000, S. 142)
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn solche
Teamsitzungen für jedes
Kind mit Sonderpädagogischem Förderbedarf
durchgeführt würden.
Gleichzeitig ist dieser
Wunsch aber visionär, da
diese Methode sowohl in
der Vorbereitung als auch in
der Durchführung und Konkretisierung doch etwas
aufwändiger und daher für
fünf bis sechs Schüler/innen
einer Integrationsklasse
kaum realisierbar ist. Die
Frage nach den Träumen
und Alpträumen für die einzelnen Kinder, die uns in
einer Klasse anvertraut
sind – und damit sind nicht
nur die Kinder mit Sonderpädagogischem Förderbedarf gemeint – kann aber
jeder für sich stellen und
beantworten. Dies wäre eine
gute Grundlage für eine
Schule für alle, in der es
normal ist, verschieden zu
sein.
Eine Persönliche Zukunftskonferenz bzw. das Verfah-
ren MAP ist aber nicht nur
eine gute Basis für das Erstellen von Förderplänen,
sondern kann auch in Krisensituationen, in denen es
darum geht, integrative Prozesse überhaupt erst einzuleiten, von Vorteil sein.
Weiters kann bei Übertritten
in eine andere Schulart oder
ins Berufsleben in diesem
Ansatz eine klärende und
orientierende Funktion liegen, und kann somit eine
Hilfe für Schul- oder Berufslaufbahnentscheidungen
sein. Letztlich trägt diese
Methode immer dazu bei,
„dass möglichst viele Beteiligte sich gemeinsam
Gedanken über Aktuelles
machen, Vergangenes gemeinsam rekapitulieren und
Zukünftiges angehen.“
(Boban/Hinz in Mutzeck
2000, S. 142)
Abschließen möchte ich mit
einigen Aussagen eines
unbekannten Verfassers (in
Doose 1999, S. 160 ff), die
mir für das Erstellen eines
Förderplanes, unabhängig
von der Methode, in jedem
Fall wichtig erscheinen:
Sieh nicht meine
Behinderung als ein
Defizit. Du bist es, der
mich als abweichend
und hilflos sieht.
Sieh nicht meine
Behinderung als mein
Problem. Erkenne, dass
meine Behinderung eine
Eigenschaft ist.
Versuche nicht, mich zu
reparieren, da ich nicht
kaputt bin.
Arbeite nicht an mir,
arbeite mit mir.
Hilf mir zu lernen,
was ich will.
Literatur
Boban/Hinz:
Persönliche Zukunftskonferenzen. Unterstützung
für individuelle Lebenswege in: Behinderte in
Familie, Schule und Gesellschaft, Graz 1999
Eberwein/Knauer: Handbuch Lernprozesse
verstehen, 1998
Eggert:
Von den Stärken ausgehen, Individuelle Entwicklungspläne in der
Lernförderungsdiagnostik,
Dortmund 1997
Feuser:
Behinderte Kinder und
Jugendliche zwischen
Integration und
Aussonderung,
Darmstadt 1995
Kan/Doose:
Zukunftsweisend. Peer
Counseling &
Persönliche
Zukunftsplanung, Kassel
1999
Kluge in:
Bayrisches Integrations
Info, München 2003
Mutzeck:
Förderdiagnostik bei Lernund Verhaltensstörungen.
Konzepte und Methoden,
Weinheim 1998
Mutzeck:
Förderplanung.
Grundlagen – Methoden –
Alternativen, Weinheim
2000
O’Brien/Forest:
Action for Inclusion. How
to Improve Schools by
welcoming Children with
Special Needs INTO
regular Classrooms.
Toronto: Inclusions press,
1989
Wilhelm/Bintinger, Eichelberger:
Eine Schule für dich und
mich, Innsbruck 2002
Autorin
Mag. Andrea Holzinger,
langjährige Erfahrungen als
Sonderschullehrerin in der
Hauptschule Krones in Graz,
Lehrtätigkeit an der Pädagogischen Akademie des Bundes
am Hasnerplatz in Graz
9
Burgenland
Zwei Beispiele der ARGE-Sprachheillehrerinnen sowie ein Förderplanvorschlag aus
burgenlands www.cis-b-info Homepage. Die Autor/innen sind unbekannt.
Förderplan
Sprachstörung: Dysgrammatismus
Name:
10
Begleitende
Maßnahmen
Später
einsetzende
Übungen
Weiterführende
Übungen
Sofortmaßnahmen
Anregung zum Sprechen, zur Kommunikation:
Wahrnehmungsübungen:
Motorische Übungen:
Sensomotorische Integration:
Gedächtnisübungen:
Wortschatz, Begriffe
Systematischer
Grammatik
Sprachaufbau:
Syntax
Anwendung in spielerischer Kommunikation
(z. B. Rollenspiel, Fingerpuppen ...):
Anwendung im Kontext
(z. B. Bildgeschichte, Nacherzählung ...):
Verbesserung des Sprachverständnisses
Rhythmisch-musikalische Akzente:
1) Eltern
2) Lehrer/innen
Beratung:
3)
4)
1)
Sonstige
2)
Maßnahmen:
3)
Förderplan
Sprachstörung: Dyslalie
Name:
geplant
durchgeführt
Intensität
Intensität
gering
mittel
hoch
gering
Wahrnehmungsübungen:
mittel
hoch
Mundmotorische
Übungen:
1) Zungenübungen
2) Lippenübungen
3)
4)
1) auditiv
2) visuell
3) Körperwahrnehmung
4) taktil
5)
6)
Lautanbildung:
Übungen am Laut:
Anwendung im Kontext:
1) isoliert
2) in Silben
3) in Wörtern
4) in Konsonantenverb.
5) in Sätzen
1) Bildgeschichte
2) Bildbeschreibung
3) Nacherzählung
4)
Leseübungen:
Anwendung in spielerischer Kommunikation:
1) im Dialog
2) im sozialen Umfeld
Spontansprache:
3)
1) Eltern
2) Lehrer/innen
Beratung:
3)
11
Name:
Klasse:
Schuljahr:
Schule:
Sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt:
am:
Bereits durchgeführte Maßnahmen:
Förderunterricht
Integrationslehrer/in
Betreuungslehrer/in
Funktionaltherapeutische Übungen
Legastheniekurs
Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule
alle Fächer
einzelne Fächer
Deutsch/
Schst.
Mathematik/
Schst.
Lehrplan für schwerstbehinderte Kinder
Lehrplan der Volksschule – andere Schulstufe
Einzelne
Fächer:
Lehrplan der Hauptschule – andere Schulstufe
Einzelne
Fächer:
Lehrplan der PTS – BVJ
Einzelne
Fächer:
12
Sachunterricht/
Schst.
Förderplan
Ziele für das kommende Schuljahr:
VERHALTEN:
Sozialverhalten:
Individuelles
Verhalten:
Arbeitsverhalten:
WAHRNEHMUNGSBEREICH:
Visueller Bereich:
Auditiver Bereich:
Taktil-kinästhetischer
Bereich:
13
MOTORIK
Grobmotorik:
Feinmotorik:
LEBENSPRAKTISCHER BEREICH:
GEDÄCHTNIS UND KONZENTRATION
14
KOGNITIVER BEREICH:
MATHEMATIK:
Umgang mit Mengen
und Zahlen:
Umgang mit Maßen:
Umgang mit Formen,
Flächen und Körpern
15
DEUTSCH
Sprechbereich:
Lesen:
Rechtschreiben:
Sprachbetrachtung:
Texte:
Schreiben:
16
MUSISCHER BEREICH:
Bildnerische Erziehung:
Musikerziehung:
LEIBESÜBUNGEN:
SONSTIGE BEREICHE:
17
Kärnten
Christina Leitner
Erstellen von
individuellen
Förderplänen
Folgende Unterlagen zur
Planungsarbeit der Sonderpädagogin/des Sonderpädagogen sind das Ergebnis
aus jahrelanger Erfahrung in
Sonderschule und Integration, in der Lehrerfort- und
Lehrerausbildung, in der
Schulentwicklung und der
Qualitätssicherung für den
Unterricht der Kinder mit
Sonderpädagogischem Förderbedarf. Durch die vielen
Anregungen meiner Kolleg/innen habe ich die Pläne
immer wieder überarbeitet
und auf Sinnhaftigkeit und
Durchführbarkeit in der täglichen Unterrichtspraxis
überprüft.
Grundlage der Förderpläne
ist die Diagnostik des SPZLeiters oder SPZ-Mitarbeiters, deren Ergebnis im sonderpädagogischen Gutachten festgehalten ist. Zusammenfassende Ergebnisse
weiterer Fachgutachten beziehe ich zitierterweise mit
ein, um einen umfassenden
Iststand für das Kind aufzuzeigen. Das Kernstück des
Gutachtens ist aber der
förderdiagnostische Ansatz,
der erste Strategien für die
Unterrichtsarbeit beinhaltet:
z. B. Fördermaterialien zu
vorhandenen Teilleistungs-
18
schwächen, Vorschläge für
die Gestaltung der Lernumgebung, sozial-emotionale
und erziehliche Fördermaßnahmen. Mit Hilfe eines
förderdiagnostischen Gutachtens erhält die Sonderpädagogin/der Sonderpädagoge rasch einen
ersten Förderplan und
kann zielgerichtet ihren/
seinen Unterricht beginnen.
Die Planungsarbeit der
Sonderpädagogin/des
Sonderpädagogen
• Schüler/innendaten:
Name, Geburtsdatum,
Adresse, Ansprechpersonen, Telefonnummern,
ärztliche Anordnungen,
außerschulische und
weitere schulische
Therapien oder Hilfen
Schulstufe, Schuljahr,
SPF-Bescheid mit Lehrplanänderungen, Abänderungsbescheide
• Entwicklungs- und Verhaltensdiagnose
Beschreibung des Ist-Zustandes aus eigener Beobachtung. (veränderbar
und dadurch in größeren
Abständen anpassen).
Von den Stärken
ausgehen!
Z. B. Was mag die Schülerin/der Schüler besonders gerne (Gelegenheiten, Chancen ...)
Damit sind wir zufrieden.
Darauf können wir uns
verlassen: Tätigkeiten,
formale und inhaltliche
Aspekte in den einzelnen
Wahrnehmungsbereichen, der Motorik, der
Sensorik, der Kognition
und dem sozial-emotionalen Bereich. Behinde-
rungsspezifische Aussagen.
• Zielformulierung: Die
Sonderpädagogin/der
Sonderpädagoge (bestenfalls gemeinsam mit
weiteren, die Schülerin/
den Schüler unterrichtenden Lehrpersonen oder/
und Betreuer/innen, in
jedem Fall aber mit den
Erziehungsberechtigten)
formuliert ein langfristiges
Ziel (Entwicklungschancen, Möglichkeiten)
für JEDES Kind. Dieses
Ziel muss nicht vordergründig ident mit dem
Erreichen von Lehrplaninhalten sein, sondern ist
schwerpunktorientiert zu
sehen und aus meiner
Erfahrung sehr oft
lebenspraktisch angelegt.
Einmal getroffene Entscheidungen dürfen
revidiert werden.
Beispiel: Lehrplaninhalt
1x2: zum x-ten Mal versucht die Lehrerin/der
Lehrer dieses Ziel erfolglos zu erreichen. Also:
Ziel für das Kind kann
nicht das Beherrschen
des 1x2 sein, sondern
beispielsweise ein
handelnder Umgang mit
Zahlen bis 20 in einer
lebenspraktisch umgesetzten Form, worin das
1x2 möglicherweise
unbewusst zur Anwendung kommt.
• Jahresplanung: werden
in Kurzform für einen
Zeitraum von ca. 12 Wochen im Schwerstbehindertenbereich und für
ca. 20 Wochen im Lernbehindertenbereich erstellt. Dabei sind den
entsprechenden S-Lehrplänen (Rahmenlehrpläne!) Lerninhalte zu
entnehmen, die dem
individuellem Entwicklungs- und Leistungsstand des Kindes, dessen persönlichen Bedürfnissen und Absichten
und den regionalen Bedingungen anzupassen
sind. Die Jahresplanung
ist eine Auflistung von
Inhalten und muss griffbereit in der Klasse aufliegen (z. B. wegen Vertretungsmaßnahmen,
Lehrer/innenwechsel …)
Für die integrative Be-
Name der Schülerin/des Schülers
UR-Woche
VS-/HS- Lehrplan
schulung gilt für die
Durchführung des Teamteachings und einer
sachorientierten Homogenisierung (nicht immer
möglich) als Grundlage
die VS- oder HS-Lehrstoffverteilung.
Gegenstand (ASO) bzw. Handlungsfelder (SB)
ASO-Lehrplan
SB-Lehrplan
1. – 3.
4.
5. – 6.
7. usw.
Jahresplanungen sind ein
wichtiges Kriterium zur
Feststellung und Überprüfung der Stufengerechtheit der Schülerin/
des Schülers. Anzumerken ist, dass der Lehrplan der Allgemeinen
Sonderschule schon
lange nicht mehr dem
Leistungsprofil eines lernbehinderten Kindes entspricht und eine entsprechende Anpassung in inhaltlicher und organisatorischer Form wünschenswert wäre.
• Förderplanung: Lerninhalte werden in eine individuelle, methodisch-didaktische Form gebracht.
Sie beinhaltet immer andere Schwerpunkte
(siehe Behinderungsart,
Zielformulierung). Es ist
möglich, „homogene“
Kleingruppen zu finden (1
Förderplan für 2 oder 3
Schü- ler/innen). Der
planbare Zeitrahmen
erstreckt sich über etwa
5-15 Tage und soll
ebenso während der
Unterrichtszeit in der
Klasse aufliegen.
• Tagespläne: Aufgrund
der besonderen Bedürfnisse unserer Kinder mit
SPF und ihrem sprunghaftem Lernverhalten
sind Tagespläne absolut
notwendig. Die Art und
Weise ist natürlich nicht
vorgegeben. Unsinnige
Abschreibarbeiten von
einer Planung in die andere sollen vermieden
werden (z. B. durch Veränderung der Zielformulierung)
• Notizen zu Schüler/innenleistungen/-beobachtungen, zu Elterngesprächen und anderen
wesentlichen Ereignissen
• Klassenbücher: Am
besten hat sich ein selbst
erstelltes Klassenbuch
bewährt, welches in der
Integration dem VS/HSKlassenbuch beigeheftet
wird. Vordrucke in geeigneter Form sind mir
nicht bekannt.
Individuelle Förderpläne
sind somit ein Gutteil der
Unterrichtsvorbereitung der
Sonderpädagogin/des Sonderpädagogen, deren Form
nicht vorgegeben werden
soll, aber inhaltlich ein
Ganzes darstellen, ehrlich
und aussagekräftig sein
sollen. Die Individualisierung
fordert zu Veränderungen in
Zielformulierung, Methodik
und Didaktik heraus und
fördert damit die Stärken
des Kindes. Erfolg, hohe
Motivation und oft verborgen
gebliebene Entwicklungschancen sind der Lohn
unserer pädagogischen
Arbeit.
Autorin
SD Christina Leitner,
Lehramtsprüfungen für VS, ASO,
Verhaltensbehinderte,
verschiedenste Fortbildungen,
besonders im Konflikt-, Kommunikations- und Krisenmanagement.
1990 – 2000 ASO-Direktorin.
Ab 2000 SPZ-Leiterin am Bezirksschulrat Wolfsberg und diverse
Referententätigkeiten.
19
20
21
Niederösterreich
Ingeborg Machacek
Entwicklungsplan
Im Bezirk Gänserndorf hat
sich eine Gruppe von Sonderpädagog/innen auf
Anregung von Frau
BSI Ingeborg Machacek
zusammengefunden, um die
Idee von Entwicklungsplänen zu verwirklichen.
Die Entwicklungspläne sind
nichts Statisches, sondern
alle Lehrer/innen sind eingeladen, diese Pläne zu
überarbeiten und weiterzuentwickeln.
Rund 150 Arbeitsblätter
wurden auf CD gebrannt
und allen Schulen im Bezirk
zur Verfügung gestellt.
⇒ Was ist ein Entwicklungsplan
(= EP)?
Im EP werden in verschiedenen Unterrichtsgegenständen einzelne Lernschritte grafisch aufbereitet
dargestellt.
⇒ Wozu dient der Entwicklungsplan?
Da die Entwicklung der Kinder – vor allem der Kinder
mit SPF – nicht linear, sondern differenziert erfolgt,
ermöglicht der EP eine Aufzeichnung der gemachten
Fortschritte des einzelnen
Kindes.
Für Kinder, Lehrer und
22
Eltern bietet der EP sowohl
Einblicke in die Weiterentwicklung als auch Ausblicke
auf die gesteckten Ziele.
⇒ Wie kann der Entwicklungsplan verwendet
werden?
Je nach Alter oder Entwicklungsstand des Kindes werden Teile des EP für das
einzelne Kind kopiert und in
eine (für jedes Kind eigene)
Mappe eingelegt. Ein Fachregister erleichtert das Finden der Gegenstände. Die
Bereiche, die das Kind bereits kann, werden ganz
oder teilweise bunt gekennzeichnet. Die Mappe wird
laufend mit neuen Blättern
ergänzt, erfolgreiche Blätter
(voll bemalt) bleiben in der
Mappe, um die Kinder zu
ermutigen.
⇒ Wofür gehören die
leeren Blätter?
Die Art der Verwendung von
Entwicklungsplänen ist neu.
Die Inhalte sind zunächst
beliebig gewählte Bereiche,
die nicht den Anspruch auf
Vollständigkeit erheben
können. Daher sind auch
Sie eingeladen, eigene Bereiche zu gestalten, eigene
Ziele für die einzelnen Kinder zu suchen und in die
Leerflächen einzubauen
(schreiben – hineinkleben –
kopieren).
⇒ Für welche Kinder gehören die Entwicklungspläne?
In erster Linie denken wir an
Kinder mit SPF, für die ja
das Führen von individuellen Förderplänen Pflicht ist.
EP sind als Ergänzung zu
den allgemeiner gehaltenen
Förderplänen gedacht.
Es ist natürlich nicht verboten, die Entwicklungspläne
auch für die anderen Kinder
aufzubereiten. Es ist eine
neue Art, die Kinder sehr
individuell und differenziert
zu betrachten und zu betreuen. Sie könnten eine
wertvolle Hilfe für Besprechungen mit Eltern und Kindern sein. Die Bewertung
durch eine einzige Note ist
eine sehr undifferenzierte
Rückschau – der Entwicklungsplan eine sehr aufschlussreiche Erfolgskontrolle und Vorschau – wohin
soll ich mich weiter entwickeln?
Autorin
Ingeborg Machacek, BSI
Nähere Informationen:
BSI Ingeborg Machacek
Schönkirchner Straße 1
2230 Gänserndorf
Tel.: 02282/4640-13
e-Mail: [email protected]
23
24
25
26
27
Vom Förderplan zum Förderprogramm
Nach der Erstellung der Anamnese und des Förderplanes gilt es als nächsten Schritt,
ein Förderprogramm zu erarbeiten.
Das folgende Beispiel aus der Praxis wurde von einer Kollegin aus dem
SPZ-Korneuburg (NÖ) verfasst.
Stand: Oktober 2003
Förderprogramm
Name des Kindes:
Schuladresse:
Beobachtungserhebung:
Bereich
1. Motorik
Auffälligkeiten
•
•
•
2. Wahrnehmung
28
•
Grobmotorik: wenig auffällig, Unsicherheiten in
visuomotorischer Koordination, ungeschickt beim
Nachahmen von Bewegungen und Hüpfen,
schwacher Muskeltonus,
Hände hängen schlaff am
Körper
Feinmotorik: eher unauffällig
Handlungsplanung und steuerung:
Linkshänder
kann Körperteile benennen
und zeigen,
große Probleme in der
Rechts-Links-Unterscheidung und Raumorientierung,
verlangsamte Reaktionsfähigkeit
Visuelle Wahrnehmung:
kann Farben und Formen
unterscheiden, kann
Blickkontakt nicht halten
Schwierigkeiten in der
visuellen Differenzierung
Maßnahmen
Ergotherapie
Wurfübungen einbauen:
Papierkugeln in Papierkorb
LÜ: Übungen mit dem Luftballon
und Ball
Körperliche Anstrengungen nicht
wegnehmen: Türe aufmachen und
halten, Sessel und Tische tragen
LÜ: Matten ziehen
Übungen zur Überkreuzung der
Körpermitte, Spiele zur Raumorientierung
(Roboterspiel, Muster legen, Mein
rechter Platz ist leer, Simile,
Memory ...) Stopp-Los-Spiele
Arbeitsblätter zur Schulung der
visuellen Wahrnehmung
Immer wieder erinnern:
„Schau mich bitte an, wenn du mit
mir sprichst!“
•
•
•
•
Auditive Wahrnehmung:
Probleme in der phonematischen Differenzierung; kann Laute nicht
lokalisieren oder erkennen,
kann akustische Zeichen
nur schwer in Bewegung
umsetzen, fühlt sich bei
„alle“ nicht angesprochen
Taktil-kinästhetische
Wahrnehmung:
große Probleme im Körper- und Berührungsempfinden (Abstand/
Anlaufen an Mitschülern,
Bewegungen nachahmen,
Gehen über Kastanien, in
Blättern ...)
Gleichgewichtswahrnehmung:
Probleme mit
Ein-Bein-Stand
Aufmerksamkeit und
Konzentration:
verwendet Material anders
als angegeben wirkt oft
abwesend, kann nicht
lange zuhören (Ersatzbeschäftigungen), beginnt
neue Tätigkeit, obwohl
alte noch nicht beendet ist,
im Spiel, beim Schreiben
und beim Malen ausdauernd
Übungen zur Schulung der akustischen Wahrnehmungen im
Rahmen der Musikwerkstatt
Übungen zur Lautschulung (ausgehend vom Anlaut)
Geräusche raten,
Geräuschgeschichten in der Klasse
Immer wieder zwischenmenschlich
erwünschten Körperabstand spüren
lassen
körperliche Nähe/Kontakt suchen
(über Kopf streichen, an der Hand
nehmen ...)
Spiel: Wo habe ich dich berührt?
Dinge ertasten
Balancierübungen, Schaukeln
Freie Phasen mit dem Material
ermöglichen, dann auf erwünschten
Gebrauch bestehen
Spielekartei „Spiel mit mir!“:
Spiele zur akustischen Wahrnehmung
Bei offenen Lernphasen in der
Arbeitseinteilung unterstützen
Schöne Zeichnungen und saubere
Schrift loben!
3. Sprache
•
Gesprächsbereitschaft:
verschließt sich in unbekannten Situationen oder
bei unbekannten Personen,
spricht bereits mehr als im
Vorjahr, meldet sich selten
Anweisungsverständnis:
führt Anweisungen oft erst
nach Einzelaufforderung
aus
In unbekannten Situationen zur
Seite stehen; Zwang auszuüben ist
hier nicht sinnvoll, da er erst mittut, wenn er die Scheu überwunden
hat und mit der neuen Situation
vertraut ist
Stefan (Name geändert) darf vorzeigen
Durch Blickkontakt ermuntern
gleich mitzumachen
29
4. Kognition
•
Sprachfähigkeit:
Sprachentwicklungsverzögerung, Sprach- und
Situationsverständnis ist
Ist in logopädischer Behandlung
altersgemäß, Stefans
Sprache hat sich im letzten
Schuljahr bereits sehr
gebessert
•
•
Lehrplan der Volksschule
Deutsch:
Stefan hat sich in der
1. Klasse den Wortschatz
ganzheitlich eingeprägt;
selbstständiges Erlesen
neuer Wörter ist ihm nicht
möglich; der SPF in
Deutsch wird beantragt;
Mathematik:
Defizite im rechnerischen
Denken machen sich bemerkbar, Probleme in der
Orientierung im Zahlenraum 30; Textaufgaben
alleine nicht lösbar;
selbstständiges Lösen von
Aufgaben ist nur nach
vorangegangener Automatisierung möglich;
•
5. Sozial-emotionaler Bereich
30
Auffälligster Bereich!
• Emotionale Stabilität:
Stefan hat Phasen wo
vieles gut gelingt und er
im Unterricht mitmacht,
dann wieder Zeiten, wo
alle Mühen verloren
scheinen (dasselbe ist es
dann auch zu Hause)
Kann schwer Gefühle zeigen und ausdrücken, eher
verschlossen, ist stolz auf
seine Arbeitsergebnisse
und fordert Bestätigung
Leseprogramm angelehnt an Lilos
Lesewelt mit Stefan lustbetont
durchführen (Zusammenlauten von
Buchstaben, dann Silben)
Anschauungsmaterialien, Zahlenhaus, Tabelle (1-30), zusätzliche
Erklärungen und Einzelbetreuung
Soziales Lernen als immanenter
Bestandteil des Unterrichts!!!
Gute Phasen ausnützen, viel Lob
und kritische Zeiten durch Gespräche und viel Geduld überstehen
(Beziehung nicht gefährden!)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Allgemeine Kontaktfähigkeit:
hat im letzten Schuljahr
bereits gelernt wie man
Kontakte knüpft und
gemeinsam spielt;
Kooperation:
kann kaum mit dem Sitznachbarn zusammenarbeiten, kann nicht nachgeben
Hilfsbereitschaft:
hilft meist nicht
Konfliktverhalten:
Geringe Konfliktlösungskompetenz:
Konflikte haben sich verringert, fordert sie nicht
mehr heraus, Entschuldigungen erfolgen erst nach
mehrmaliger Aufforderung
Selbstkontrolle:
gute Selbstbeherrschung
kann Bedürfnisse nicht
aufschieben (gibt nicht
nach)
Regelbewusstsein:
hält sich im Großen und
Ganzen an den Ordnungsrahmen, probiert aber immer wieder bewusst die
Regeln zu brechen
(Geräusche produzieren,
widersetzt sich einem
klaren Auftrag, laufen ...)
Provokation!
Lerninteresse:
ist vorhanden, ist stolz auf
Arbeitsergebnisse und
möchte sie herzeigen, Mitarbeit ist gering aber vorhanden
Arbeitshaltung:
in Ordnung
Selbstständigkeit:
mittelmäßig, wartet oft
noch bis ihm jemand hilft,
anstatt um Hilfe zu bitten
Ständige Unterstützung bei Partnerübungen
Situation, wo anderes Kind nachgibt und wo er nachgeben muss
(abwechselnd) bewusst erlebbar
machen
Positives Verhalten hervorheben!
Aussprache mit betroffenem Kind,
Klärung der Situation
Immer andere Lösungsmöglichkeiten für nächstes Mal besprechen
Rollenspiel
Bewusst einmal an 1. und dann an
2. Stelle setzen
Konsequenz!!!
Wortmeldungen positiv verstärken
Fragen: „Wie kannst du das
lösen?“, „Brauchst du Hilfe? Zeig
bitte auf!“
31
Oberösterreich
Karl Hauer
Förderpläne für
Schüler/innen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf
Bei den regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechungen der SPZ-Leiter/innen war und ist eine zentrales Thema die Qualitätssicherung in der schulischen
Arbeit mit behinderten Kindern und Jugendlichen.
Als ein Eckpfeiler qualitätsvoller Arbeit werden die
Förderpläne gesehen. Man
wählte daher als Schwerpunkt für die Herbsttagung
2001 die Entwicklung von
Standards für die Erstellung
von Förderplänen. Ziel war
es, zum einen den Lehrerin-
nen und Lehrern Anhaltspunkte zu geben und zum
anderen eine gewisse Vereinheitlichung im Bundesland zu erreichen.
Für wen ein Förderplan erstellt werden muss, was er
zu beinhalten hat und wie er
administriert werden soll,
wurde vom Landesschulrat
für Oberösterreich per Erlass festgelegt und in Fortbildungsveranstaltungen in
allen Bezirken mit den betroffenen Lehrerinnen und
Lehrern diskutiert.
ERLASS
Bearbeiterin: Fr. Dr. Würleitner - Abteilung B1
Code: B1-112/1-2001 vom 27.11.01
Erstellen von Förderplänen für Schüler mit SPF an Sonderschulen bzw. in
Integrationsklassen
Direktionen
der allgemein bildenden Pflichtschulen
und
Bezirksschulräte
in Oberösterreich
Sehr geehrte Damen und Herren!
Einleitung
Der Unterricht von Schüler/innen mit SPF verlangt eine genaue Kenntnis der psychosozialen, wie leistungsmäßigen Situation der Schüler/innen. Oft divergieren die Leistungen der Schüler/innen einer Schulstufe in den einzelnen Gegenständen erheblich (Unterricht nach unterschiedlichen Lehrplänen und Schulstufen), so dass Differenzierungsmaßnahmen auch innerhalb einer Schulstufe notwendig sind.
Vermehrte Elterngespräche, Gespräche mit der Jugendwohlfahrt oder mit mobil tätigen
Lehrer/innen, wie Sprachheil- oder Betreuungslehrer/innen sind notwendig.
Bei den meisten Schülern/innen liegen Gutachten bzw. Befunde von Ärzten, der Schulpsychologie, den Sonderpädagogischen Zentren oder von Therapeuten auf. Da Gutachten
von Ärzten, der Schulpsychologie usw. nur mit Zustimmung der Eltern an die Lehrer/innen weiter gegeben werden dürfen, ist es notwendig unterrichtsrelevante Erkenntnisse
aus Gutachten, die am SPZ aufliegen, vom SPZ fest zu halten.
Häufig werden besondere Fördermaßnahmen festgelegt, der Einsatz von speziellen Hilfsmitteln kann erforderlich sein. Damit all diese schülerbezogenen Informationen für alle
Lehrer/innen, die diese Kinder unterrichten, aber auch bei einem Schulwechsel zugänglich bleiben, sind für jedes einzelne Kind Förderpläne zu erstellen und laufend zu
ergänzen.
Förderpläne sind Teil der Unterrichtsvorbereitung.
32
Strukturen eines Förderplanes
1. Allgemeine Daten:
Deckblatt: Name, Geburtsdatum, Schullaufbahn, Klassenlehrer/innen, Erziehungsberechtigte, Sonderschullehrer/innen, mitunterrichtende Lehrer/innen, Daten des
SPF-Bescheides (Zahl, Gegenstände, Erweiterungsbescheide)
2. Unterrichtlich relevante Erkenntnisse aus Gutachten und Befunden:
diagnostisch, therapeutische Maßnahmen (Datenschutz beachten)
3. Aktueller Entwicklungsstand:
Leistungsstand, Arbeits- und Sozialverhalten, Stärken, Interessen, besondere Fähigkeiten, Elternsicht
4. Ziele setzen und reflektieren:
Evaluieren, ausgehend vom Entwicklungsstand und den Lehrplanzielen
5. Besondere Fördermaßnahmen:
Spezielle Hilfsmittel, Lehrmittel, meth. didaktische Umsetzung, Zeiträume und
Personen
6. Aufzeichnungen, Notizen, Memos
Elterngespräche, Jugendwohlfahrt, Therapeutinnen
7. Exemplarische Dokumentation der Schülerleistungen
als Portfolio, evtl. Schüleraufsätze, direkte Leistungsvorlagen
Organisation
Für jedes Kind mit SPF ist ein Förderplan zu führen. Alle zusätzlich eingesetzten
Lehrer/innen haben daran mitzuarbeiten. Wenn mehrere Lehrer/innen für eine
Schülerin/einen Schüler mit SPF zuständig sind, so ist der/die Lehrer/in mit den
meisten SPF-Stunden hauptverantwortlich.
Bei Einzelintegration (ohne zusätzlich eingesetzte Lehrer/innen) hat das SPZ die Erstellung des Förderplans zu unterstützen. Bei körperbehinderten und sinnesbehinderten
Kindern sind dies die überregionalen Zentren.
Für Schüler/innen mit SPF auf Grund von Verhaltensbehinderung hat der/die zuständige Betreuungslehrer/in in Kooperation mit dem/der Klassenlehrer/in einen Förderplan zu erstellen.
Bei Lehrer/innen- oder Schulwechsel hat die zuständige Schulleiter/in für die ordnungsgemäße Weitergabe zu sorgen.
Der Förderplan muss während der Unterrichtszeit in der Schule aufliegen.
Für die Kontrolle der Förderpläne sind Schulleitung und Schulaufsicht zuständig.
Förderplanerstellungen werden im Tätigkeitsbereich C aufgelistet.
Autor
SD Dr. Karl Hauer,
SPZ-Leiter in Schärding,
4780 Schärding,
Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Akademie des Bundes
in Linz
33
Salzburg
pädagogische Gutachten
und die lernprozessbegleitende Diagnostik.
Christa Nothdurfter
Inhalte des IFP
Der individuelle
Förderplan (IFP)
Die Arbeitsgruppe Förderpädagogik unter der Leitung
von Landesschulinspektor
für Sonderpädagogik Rudolf
Strohbach hat eine Arbeitsgrundlage zur individuellen
Förderung erstellt.
Dieser IFP kann auf der
Homepage des Landesschulrates für Salzburg
unter der Adresse
www.land.salzburg.at/landesschulrat
unter Service – APS – Formulare ... Individueller Förderplan heruntergeladen
werden.
Der IFP ist ein förderdiagnostisches Planungs- und
Reflexionsinstrument für die
Förderung von Schülern und
Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Diese Förderpläne
sollen für alle Schülerinnen
und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig vom Förderort (Integration in der
Volksschule, in der Hauptschule, AHS-Unterstufe,
Polytechnische Schule,
Unterricht in der Sonderschule) geführt werden.
Als Grundlage für die Erstellung des individuellen Förderplanes dienen die Ergebnisse des Beobachtungsbogens „Schülerbeobachtung und Förderung in der
Grundschule“, das sonder-
34
Vereinbarungen über
• Ziele der individuellen
sonderpädagogischen
Förderung
• Lehrplanziele
• die Rahmenbedingungen: wie z. B. Arbeitsplatzgestaltung, Gruppengröße, spezielle Hilfsmittel ...
• Umsetzungsmöglichkeiten zum Erreichen der
festgelegten Ziele
• Evaluation der Ziele
Folgende Förderschwerpunkte sollen unter anderem berücksichtigt werden:
• Ziele der zugeordneten
Lehrplanart
• Sprache
• emotionale und soziale
Entwicklung
• geistige Entwicklung
• körperliche und motorische Entwicklung
• Wahrnehmung
Ziele des IFP
Ziel des IFP ist die Festlegung individueller Förderziele als Grundlage der
pädagogischen Arbeit aller
für das Kind verantwortlicher
Personen.
Wer erstellt den IFP?
Die Erstellung des IFP gehört im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung
zum Aufgabenbereich des
Sonderschullehrers/der
Sonderschullehrerin. An der
Förderplanung werden aber
die am Erziehungs- und
Lernprozess eines Schülers/
einer Schülerin beteiligten
Personen miteinbezogen.
• Lehrer/innen
• Erziehungsberechtigte
• Schüler/in
• außerschulische Institutionen, Therapeuten
Wünschenswert ist eine
aktive Beteiligung aller, um
eine ganzheitliche Sichtweise des Kindes zu gewährleisten.
Gliederung des IFP aus
Salzburg
Der IFP der Salzburger
Arbeitsgruppe ist wie folgt
gegliedert:
1. Teil:
• persönliche Daten
• Gutachten, Befunde
• therapeutische Maßnahmen
• aktueller Entwicklungsstand, besondere
Fähigkeiten
2. Teil:
• Lernplanziele
3. Teil:
• individuelle Fördermaßnahmen
• methodisch didaktische
Umsetzung
• Zeiträume und
Personen
• Evaluierung
4. Teil:
• Aufzeichnungen,
Notizen
• exemplarische Dokumentation der Schüler/innenleistung
Literatur
Pluhar, Christine: Handreichungen zum Sonderpädagogischen Förderplan;
Zeitschrift „Heilpädagogik“;
Heft 4; 2003
Eggert: Von Stärken ausgehen; Dortmund 199
Autorin
Christa Nothdurfter,
als Sonderschullehrerin einige
Jahre in der Integration tätig.
Seit Jänner 2003 Leiterin des
SPZ in Radstadt
35
Steiermark
Sabine Haucinger
Der individuelle
Förderplan
Was in der Sonderpädagogik schon lange als Maxime
gilt, beginnt sich auch in der
Allgemeinen Pädagogik
durchzusetzen. Fördern
kann man als das pädagogische Schlagwort der letzten
Jahre bezeichnen. Kinder
werden in den Schulen nicht
mehr nur unterrichtet und
erzogen, sondern auch gefördert.
Das Wort „fördern“ deutet
einen Wandel in der Auffassung von Unterricht an, in
dem Unterricht als dynamischer Prozess verstanden
wird. Der Ansatz des Förderns geht von dem vorhandenen Potential, den Ressourcen, den Stärken des
Kindes aus (Erhebung des
Ist-Zustandes) und überlegt,
wie diese zu nutzen wären,
um bestimmte Inhalte mit
bestimmten Methoden den
Schüler/innen zu vermitteln.
Nicht die Defizite und
Schwäche sind Ansatzpunkt
sondern die Stärken, die es
zu stärken gilt!
Dabei sollte das Ziel der
Förderung aller Kinder, unabhängig ob sie nach den
Lehrplan der Regel- oder
Sonderschule unterrichtet
werden, die Hinführung zu
größtmöglicher Selbstständigkeit sowie der
Erwerb von, zur
Lebensbewältigung
36
notwendiger Fähigkeiten
und Fertigkeiten sein. Fördern bedeutet kindzentriert
vorzugehen, das Kind dort
abzuholen, wo es steht, es
zu fordern, aber nicht zu
überfordern.
Wichtig bei der Umsetzung
eines kindzentrierten Förderplanes ist ein schülerzentrierter Unterricht. Im
Mittelpunkt stehen offene
Unterrichtsformen mit innerer Differenzierung und
alternative Formen der
Leistungsbeurteilung, die
den individuellen Lernfortschritt und die individuellen
Lernbedingungen wertneutral festhalten.
Was sind nun Förderpläne?
Förderpläne sind schriftliche
Aufzeichnungen, die von der
Lehrerin/vom Lehrer für die
Arbeit mit dem Kind erstellt
werden. Er beinhaltet Ziele
für die individuelle Förderung und bildet die Grundlage für das unterrichtliche
Handeln.
Für Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist die Erstellung
eines Förderplanes für eine
gezielte Förderung und
Unterrichtsvorbereitung unerlässlich. In die Planung
bzw. Erstellung sollen die
am Erziehungsprozess beteiligten Personen miteinbezogen werden.
Die Erstellung eines Förderplanes ist aber auch für all
jene Schüler/innen ohne
sonderpädagogischen Förderbedarf sinnvoll, die Gefahr laufen, das Unterrichtsziel einer Klasse nicht zu erreichen und eine negative
Beurteilung zu erwarten
haben.
Die Erstellung eines sonderpädagogischen Förderplanes ist jedoch keine abgeschlossene Aufgabe, sondern als lernprozessbegleitende Beschreibung der
Lernentwicklung anzusehen.
Der Förderplan ist in regelmäßigen Abständen zu
evaluieren und fortzuschreiben. Als Mindestmaß ist
dabei die zweimalige Erstellung eines Förderplanes
in einem Schuljahr anzusehen. Jedoch hat sich eine
Evaluation und ein Überdenken der Förderziele in
weit geringeren Abständen
(alle 2 bis 3 Monate) in Versuchen bewährt und ist daher empfehlenswert.
Kein Förderplan kann
rezeptartig erstellt werden,
jeder ist auf das einzelne
Kind abzustimmen.
Grundsätzliche Überlegungen zum Umgang mit
Förderplänen
1. Beschreibung der individuellen Förderbedürfnisse einer Schülerin/
eines Schülers auf
Grundlage einer ausführlichen Beobachtung im
Unterricht, der Analyse
der Fakten und des Gespräches mit der Schülerin/dem Schüler, den
Eltern und den Lehrer/innen (förderdiagnostische
Phase)
2. Aufstellung eines Zeitrasters für die gesamte
Förderphase
3. Durchführung einer
diagnostischen Phase
zur Ermittlung der motorischen Lernausgangslage
4. Genaue Verlaufsbeobachtung durch Dokumentation
5. Veränderung der Lernziele auf Grund der dokumentierten Erfahrung
6. Anfertigung eines Abschlussberichtes
Kriterien eines Förderkonzeptes
1. Zielorientiertheit (evtl.
Gliederung in kurz-,
mittel- und langfristige
Ziele)
2. Aufzeigen von konkreten
Maßnahmen als Planungsgrundlage für den
gemeinsamen Unterricht
bzw. Förderunterricht
3. Überschaubarkeit und
Ökonomie
4. Flexibilität im Sinne einer
„prozessorientierten Förderdiagnostik“ (Revision,
Erweiterung bzw. Beibehaltung der Planung)
Die Förderpläne sollten in
der Schule zur Kontrolle
durch die Schulleiterin/den
Schulleiter, der Leiterin/dem
Leiter des Sonderpädagogischen Zentrums und der
Schulaufsicht, aufliegen und
einsichtbar sein.
Die Struktur und die Form
des Förderplanes sind individuell zu gestalten und
hängen von den Bedürfnissen und Lehrplänen der
Schüler/innen ab.
Autorin
SOL Sabine Haucinger,
seit 1981 Sonderpädagogin in
verschiedenen ASO- und
Schwerstbehindertenklassen in
der LSS für körper- und mehrfach
behinderte Kinder,
seit 1992 Integrationslehrerin in
der Hauptschule-Krones in Graz,
ab 2001 Leiterin des SPZ für
Sekundarstufe I am Bezirksschulrat und
Leiterin des Zentrums für
integrative Betreuung (ZIB) am
Landesschulrat,
Key-Person der European Agency
für Steiermark
5. Individualisierung
6. Nutzungsmöglichkeiten
für die Beratung von
Pflichtschullehrer/innen
im gemeinsamen Unterricht
7. Nutzungsmöglichkeit für
Elternberatung
8. Überprüfbarkeit (Effektivitätskontrolle, Evaluation)
9. Hinweise auf delegierende Maßnahmen/
Institutionen
37
Grundmuster eines Sonderpädagogischen Förderplanes
Förderplan
für ____________________________________
Geb.: __________________________
Schuljahr _______________________________ Klasse _________________________
Förderplan von __________________________ bis ____________________________
Verhalten
Sozialverhalten:
Individuelles Verhalten:
Arbeitsverhalten:
Wahrnehmungsbereich
visuell:
auditiv:
kinästhetisch:
taktil:
Motorik
grobmotorisch:
38
feinmotorisch:
Lebenspraktischer Bereich
Gedächtnis, Konzentration
Sprechbereich
phonetisch
semantisch
syntaktisch/grammatikalisch
Sprechsituationen, Sprechfreude/-kompetenz
Kognitiver Bereich
Sachbereiche:
Biologie:
Geographie:
Geschichte:
Physik/Chemie:
39
Mathematischer Bereich:
Zahlenraum:
Umgang mit Mengen
Umgang mit Maßen:
Geld:
Längenmaße:
Uhrzeit:
Massenmaße:
Umgang mit Formen, Flächen und Körpern:
Sprachlicher Bereich:
Lesen:
(Recht)schreiben:
Anwendung der Schrift/Art der schriftlichen Mitteilungen:
Sprechen/Satzbau/Wortschatz:
40
Musischer Bereich:
Bildnerisches Gestalten:
Musik/Rhythmik:
Aussprachen/Kontakte mit den Eltern/Beratungslehrern/Therapeuten:
Datum:
Dauer:
Gesprächspartner:
Dauer:
Gesprächspartner:
Dauer:
Gesprächspartner:
Inhalt/Ergebnis:
Datum:
Inhalt/Ergebnis:
Datum:
Inhalt/Ergebnis:
Dieser vorgestellte Förderplan ist als exemplarisches Beispiel zu
betrachten und kann/sollte an die individuellen Notwendigkeiten und
Erfordernissen angepasst werden!
Literaturhinweis: Integration Sekundarstufe I „Förderdiagnostik und Förderpläne für Kinder
mit SPF; Eggert Dietrich: Von den Stärken ausgehen.
41
Tirol
Wolfgang Siebener
Praxis der
Förderplanung
Mit der gesetzlichen Verankerung der Integration im
österreichischen Schulwesen im Jahre 1993 und dem
schrittweisen Auf- und Ausbau von Integrationsstandorten wurden in der Tiroler
Lehrerschaft immer wieder
unterschiedlichste Diskussionen geführt. Neben den
organisatorischen Belangen
(z. B. unterschiedlicher
Fächerkanon ASO-HS etc.)
waren natürlich auch sonderpädagogisch-fachliche
Themenkreise Mittelpunkt
der Gespräche.
Im Besonderen rückten
Diskussionen über den
individuell zu erstellenden
Förderplan vor allem dort in
den Vordergrund, wo auf
Grund der zu geringen Anzahl von sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräften auch Volks- und
Hauptschullehrer/innen in
der Integration eingesetzt
werden mussten/müssen.
Dieser Umstand betrifft vor
allem die Randbezirke
Tirols. Diese zumeist sehr
engagierten Lehrer/innen
fühlten/fühlen sich verständlicherweise mit der Erstellung der Förderpläne überfordert und verlangten mit
Recht Informationen und
Hilfestellungen ein.
42
Dem trug die „Steuergruppe
Sonderpädagogik“ – eine
Arbeitsgruppe des PI Tirol
unter der Leitung von LSI
Josef Federspiel – Rechnung und erarbeitete Arbeitsvorlagen, allgemeine
Informationen und Beobachtungshilfen, die im Schuljahr
2002/03 sowohl schriftlich
an die Integrationsstandorte
ausgeteilt, als auch auf dem
Tiroler Bildungsserver
(www.tibs.at) auf der Website von LSI Josef Federspiel (im Bereich Schulleiterservice – Schulaufsicht)
zum Download bereitgestellt
wurden. Auf der Website der
Arbeitsgruppe CiS-Tirol
(CiS = Computer in der
Sonderpädagogik,
www.cis-tirol.tsn.at) sind
darüber hinaus themenbezogene Links und Dateien
zum Download (z. B. Lernzielkataloge, etc.) veröffentlicht.
Über das Pädagogische
Institut des Landes Tirol
wurden auf Landesebene, in
den Bezirken und Schulen
(schulinterne Lehrerfortbildung) gezielt Seminare zum
Themenkreis „Förderplan“
durchgeführt, die zusammen
mit den ergänzenden Seminarangeboten von den betroffenen Lehrer/innen
durchwegs als positive Hilfestellungen angenommen
wurden. Begleitend dazu
können die Integrationslehrer/innen natürlich auch
direkte Hilfestellungen am
zuständigen SPZ einholen,
von dieser Möglichkeit
machen viele betroffene
Lehrpersonen gerne
Gebrauch.
Parallel zur Fortbildung der
Lehrer/innen wurden auch
für die SPZ-Leiter/innen
Schulungsseminare organisiert, die primär auf eine
Qualitätssteigerung bei den
zu erstellenden sonderpädagogischen Gutachten
ausgerichtet waren. Das
sonderpädagogische Gutachten stellt ja eine wesentliche Grundlage und Hilfe
bei der Erstellung des Förderplanes dar. Umso wichtiger ist die Stichhaltigkeit,
Qualität und Aussagekraft
dieser Verfahrensunterlage.
Die Praxis der konkretindividuellen Förderplanung
schaut so aus, dass Integrations- und Sonderschullehrer/innen an Hand vorliegender Gutachten und ihrer
persönlichen Beobachtungen des Kindes eine Erhebung des Ist-Zustandes vornehmen. Der erste Förderplan klärt somit die Ausgangssituation für eine
Schülerin bzw. einen Schüler. Wozu neben dem sonderpädagogischen Gutachten wenn möglich auch
medizinische Befunde und
Informationen von Therapeuten herangezogen
werden.
Ausgehend von den erhobenen Daten werden wichtige
Ziele und besondere Fördermaßnahmen formuliert. Veränderungen und Entwicklungsfortschritte des Kindes
werden im Förderplan vermerkt, so dass der Förderplan eigentlich ein dynamisches Entwicklungsprotokoll
darstellt. Insbesonders zum
Schuljahresende soll die
Beschreibung des Entwicklungsstandes des Kindes
aktualisiert werden, damit
bei vor allem bei einem
Lehrer/innen- oder Schulwechsel eine kontinuierliche
Förderung des Kindes möglich ist.
Der Förderplan erfasst auf
einem allgemeinen Daten-
blatt die Schüler/innendaten,
SPF-Daten (Bescheid, Lehrplan) und den Wochenplan
(Stundenplan, außerschulischen Fördermaßnahmen).
Anschließend wird der aktuelle Entwicklungsstand
beschrieben. Dabei werden
neben dem bewussten Blick
auf die Stärken und besonderen Fähigkeiten des Kindes die Bereiche Kommunikation/Sprache, Wahrnehmung, Kognition, Motorik,
Selbstständigkeit/Arbeitshaltung, Emotion/Gefühle
und soziale Kompetenzen
der Schülerin/des Schülers
vermerkt. Auch Möglichkeiten und Ziele der Zusammenarbeit mit den Eltern
werden definiert. Schließlich
werden konkrete Zielsetzungen für die Arbeit mit dem
Kind formuliert.
Der Förderplan ist Grundlage für eine lang- bzw.
mittelfristige Unterrichtsplanung und für die Unterrichtsvorbereitung. Die Förderpläne ersetzen aber keinesfalls
die Unterrichtsvorbereitung.
Um diese Ausführungen in
direkten Zusammenhang mit
den Schüler/innen mit SPF
zu setzen, für die ja die Förderpläne erstellt werden
sollen, ergänzt diesen Bericht die aktuelle Integrationsstatistik des Schuljahres 2003/04 (Quelle:
Landesschulrat für Tirol).
Im laufenden Schuljahr werden in allen Tiroler Pflichtschulen 64.790 Schüler/innen unterrichtet, davon
haben 2.173 Kinder bzw.
Jugendliche einen sonderpädagogischen Förderbedarf. 903 Schüler/innen
(41,6 %) werden integriert
(425 in der VS, 461 in der
HS, 17 in der PTS) und
1.270 Schüler/innen
(58,4 %) in den Sonderpädagogischen Zentren und
Sonderschulen gefördert.
Die Anzahl der Integrationsstandorte und die Verteilung
der Schüler/innen mit SPF
auf die einzelnen Klassen ist
dem folgenden Diagramm
zu entnehmen.
Integration in Tirol 2003/04
903 SchülerInnen mit SPF
Integrationsstandorte:
175 VS,
90 HS
11 PTS
160
140
120
Schüler
100
80
60
40
20
63
92
1. VS
2. VS
115
155
119
124
119
99
17
0
3. VS
4. VS
1. HS
2. HS
3. HS
4. HS
PTS
Klassen
Hinsichtlich der Erstellung
der Förderpläne in Tirol
kann abschließend also
festgehalten werden, dass
alle zuständigen Personen,
Organisationen und Gremien in den vergangenen
zwei Jahren koordiniert und
in guter Zusammenarbeit
Schwerpunkte gesetzt ha-
ben, die gezielt zu einer
qualitativen Verbesserung
der Unterrichts von Schüler/innen mit sonderpäda-
43
gogischem Förderbedarf (in
der Integration, aber auch in
den Sonderschulen) beigetragen haben. Und so wie
der Förderplan im Grunde
eine spannende, dynamische und aktuelle Dokumentation der Entwicklung einer
ganz besonderen Schüler/innenpersönlichkeit darstellt, so ist auch die Sonderpädagogik in Tirol im
Spannungsfeld von Gesellschaft und Schule dynamisch und stets um Verbesserungen bemüht.
Inhalte der Integrationspädagogik und Hilfestellungen zur qualitativen Verbesserung der integrativen
Maßnahmen werden in den
nächsten Jahren wesentliche Schwerpunkte der
Lehrer/innenrfortbildung
darstellen. Ebenso wichtig
wäre und immer mehr gefordert ist die Verankerung
und Vermittlung von grundlegendem sonder- und integrationspädagogischem
Basiswissen in der Lehrer/innenausbildung für den
gesamten Pflichtschulbereich.
Autor
SOL Wolfgang Siebener,
Lehrer am SPZ Kufstein und
Mitarbeiter des PI Tirol
44
Vorarlberg
Claudia Niedermair
Förderdiagnostik
Unter Leitung des LSI für
Sonderpädagogik und Integration, Günter Gorbach,
haben fünf SPZ-Leiter/innen
aus den unterschiedlichsten
Sonderschulsparten im
Sommersemester 2003 zwei
Handreichungen mit vielfältigen Materialien zusammengestellt – eine für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (ASO),
eine zweite für Kinder mit
erhöhtem sonderpädagogischem Förderbedarf.
Ziel dieser Handreichung
soll es sein, Lehrer/innen
bei der Erstellung von Förderplänen zu unterstützen,
ihnen praktische Hilfestellungen zur Hand zu geben.
Förderpläne zur Präzisierung der Lehrplanziele für
Kinder mit schweren Behinderungen werden schon
lange gefordert, werden
explizit im Lehrplan genannt
und sollten eigentlich selbstverständlich sein. In den
letzten Jahren wurde in
Vorarlberg auch viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt, es wurden Formen
ausprobiert, verändert,
Raster und Formulare entwickelt (vgl. ZSE 1998),
Fortbildungen angeboten.
Ab heuer nun werden Förderpläne für Kinder mit erhöhtem sonderpädagogischen Förderbedarf verbind-
lich verlangt, wobei den
Lehrer/innen in der Gestaltung viel Spielraum gelassen wird. Wie der förderdiagnostische Prozess von
Deutung
Beobachtung
und Interpretation
Formulierung von Zielen
Ableitung von konkreten
Handlungsschritten
Evaluation durchgeführt und
dokumentiert wird, bleibt
nach LSI Gorbach ausdrücklich in der Kompetenz
der Lehrer/innen. Die Handreichung ist gedacht als Angebot, als Stütze, nicht in
erster Linie ein Produkt ist
gefragt, ein ausgefülltes
Formular, sondern das SichEinlassen auf das Kind und
seine Bedürfnisse. Das
Ergebnis dieses Prozesses
ist der Förderplan.
Nicht ausdrücklich verlangt
wird die Präzisierung der
jeweiligen Lehrplaninhalte
mittels eines individuellen
Förderplanes vom ASOLehrplan. Es ist jedoch
einsichtig und unumstritten,
dass auch Kinder mit Lernschwierigkeiten sowohl in
ihren kognitiven Entwicklungen als auch in ihrem
sozial-emotionalen Verhalten so unterschiedlich und
vielfältig sind, dass eine
individuelle Planung zu
einem stärker am Kind
orientierten Unterricht führen könnte, passgenauer
wäre. Wunsch von
LSI Gorbach ist es, dass
nun auch im Bereich der
Lernbehindertendiagnostik
über einen gewissen Zeitraum hin Erfahrungen gesammelt, verschiedene
Beobachtungsverfahren
ausprobiert, miteinander
kombiniert werden, dass
diese Erfahrungen ausgetauscht, vernetzt werden –
und die Basis für zukünftige
Entscheidungen bilden. Die
Bedeutung und Notwendigkeit individueller Förderpläne auch im Lernbehindertenbereich wird deutlich
artikuliert, jedoch nicht mit
Verbindlichkeit eingefordert,
LSI Gorbach setzt hier auf
Überzeugung, nicht auf
Weisung.
Die Mappen und die
CD-ROM
Die Mappen beinhalten im
Wesentlichen eine Fülle von
Beobachtungsmaterialien,
die den Lehrer/innen in der
Praxis helfen sollen, Kinder
zu beobachten, ihre Fähigkeiten und Entwicklungen in
den einzelnen Bereichen
wahrzunehmen und zu
dokumentieren, diese zu
deuten, Hypothesen zu
bilden, um darauf aufbauend Förderpläne zu
erstellen.
Das besondere Service an
der Handreichung ist jedoch
die CD-Rom, die jedem
Lehrer/innenteam in der
Integration zur Verfügung
gestellt wird. Auf ihr sind
sämtliche Materialien als
Word-Dateien gespeichert.
Dieses ausgesprochen benutzerfreundliche Format
macht es möglich, dass
sämtliche Unterlagen kopiert, bearbeitet, adaptiert,
erweitert, ganz individuell
auf den persönlichen Bedarf
hin zugeschnitten werden
können.
Die Grundidee der Förderdiagnostik versuchen die
Autor/innen in einem Bild zu
vermitteln – die Grundidee
nämlich, dass Förderdiagnostik im Unterschied
zur herkömmlichen pädago-
45
gisch-psychologischen
Diagnostik nicht vom Defizit,
sondern von den Ressourcen eines Kindes ausgeht.
„Nicht wenige Begriffe im
Zusammenhang mit Schule
gehen davon aus, dass den
Kindern etwas fehlt, dass
sie bedürftig sind, dass, um
in einem Bild zu sprechen –
das Glas nicht voll ist. Wir
als Pädagog/innen sehen
uns beauftragt, dieses Glas
zu füllen. Die pädagogischen Ansätze, die wir, um
dieses Ziel zu erreichen
dabei verwenden, gehen
dementsprechend – durchaus wohlwollend – auch von
den Defiziten aus. Dabei
wird zu wenig berücksichtigt, welche Stärken diesem
besonderen Menschen zur
Verfügung stehen.“
Nicht das Glas zu füllen ist
also das Ziel der förderdiagnostischen Haltung und
Arbeitsweise, sondern das
Kind in seiner Entwicklung
zu unterstützen, in Bewegung zu bringen. Dazu ist
zuallererst Selbstwert,
Selbstakzeptanz, Geborgen-
heit und Sicherheit notwendig – als sichere Basis
zur Lust am Erkunden und
am Entdecken von Neuem.
Der Wahrnehmungsentwicklungsbaum, der am
Anfang in beiden Mappen
abgebildet ist, unterstreicht
ein zweites Mal sehr eindrücklich die ganzheitliche
Sichtweise der förderdiagnostischen Annäherung
an Kinder mit besonderen
Bedürfnissen.
(nach Schaefgen, in Zimmermann 1998)
46
Zum Inhalt im Detail
Äußerst praktisch – und von
den Lehrer/innen in der Praxis als große Hilfe gelobt –
wird das Klassenbuch-Ergänzungsblatt, entsprechend gestaltet für Kinder
mit allgemeinem SPF und
Kinder mit erhöhtem SPF.
Eigentlich eine Kleinigkeit,
sollte man meinen, jedoch
mit großer Wirkung.
In der Mappe für Kinder mit
SPF finden sich dann unterschiedliche Vorlagen zur
systematischen Beobachtung von Kindern – Unterlagen, wie man sie aus der
förderdiagnostischen
Literatur schon lange kennt.
Das Benutzerfreundliche –
wie bereits erwähnt – die
CD-Rom Fassung, die eine
einfache und schnelle Handhabung ermöglicht. Neben
dem bestens bekannten
Beobachtungsraster von
Dieter Eggert (Von den
Stärken ausgehen, 1997)
findet sich ein ausgesprochen umfangreicher Katalog
von Beobachtungskriterien
der Heilstättenschule
Carina, der sich sehr für angeleitetes freies Beobachten
eignet. Ähnlich im Aufbau
mit etwas mehr Formularcharakter dann die Hilfe zur
Förderplanung des LSR für
Tirol.
Um den Lernstand in den
Kulturtechniken zu erheben
und genau zu dokumentieren, haben die Lehrer/innen des SPZ Lustenau
Pensenbücher für Deutsch
und Mathematik für die
Grundstufe 1, die Mittelstufe
und die Oberstufe erarbeitet. Pensenbücher – bekannt aus der MontessoriPädagogik – eignen sich
hervorragend als Diagnos-
tika und Lernstandsanalysen. Das vom PI Oberösterreich schon vor vielen
Jahren herausgegebene
Pensenbuch auf Basis des
ASO-Lehrplans wurde in
drei Pensenbücher aufgeteilt, die Ziele nicht unpersönlich, sondern in Ich-Form
formuliert und auf ein überschaubares Ausmaß reduziert. Dadurch wirken die
Pensenbücher sehr leicht
handhabbar, ohne die Detailgenauigkeit zu verlieren.
Abgesehen davon, dass
jeder Lehrer/jede Lehrerin
eigene, zusätzliche, individuell auf das Kind abgestimmte Ziele hinzufügen
kann. Eine Literaturliste und
eine Linksammlung runden
die Materialsammlung ab.
Ähnlich der Aufbau in der
Mappe für Kinder mit erhöhtem SPF: das sensomotorische Entwicklungsgitter
von Kiphard (1991) und ein
Beobachtungsbogen für
Kinder in der Entwicklungszone der basalen Förderung, mit Kriterien zur freien
Beobachtung kombiniert mit
einer Art Screening in den
Bereichen Kontaktverhalten,
Somatik, Hören, Sehen, Bewegung, Handmotorik,
Essen & Trinken, Sprache,
Handlung und Selbstständigkeit, ausgearbeitet von
der Landesschule für körperbehinderte Kinder in
Mäder. Beide systematisierten Beobachtungshilfen sind
eine wertvolle Unterlagen
für Lehrer/innen in Integrationsklassen, die noch wenig Erfahrung im Umgang
mit Kindern mit schweren
bzw. schweren Mehrfachbehinderungen haben. Ein
Pensenbuch des PI Oberösterreich, ein einfaches,
gut handhabbares Beobachtungsraster aus dem SPZ
Lustenau, die Literaturliste
und Linksammlung vervollständigen das Materialpaket.
Rückmeldungen aus der
Praxis
Je nach Region und SPZ
erfolgte die Einführung der
Lehrer/innen im jetzigen
Herbstsemester sehr unterschiedlich. Persönliche Einführung von SPZ-Leiter/innen mit Einzelteams, was
sehr geschätzt wurde, bis
hin zu Informationsveranstaltungen auf Bezirksebene
bilden den Bogen – in einzelnen Regionen hat der
Informationsaustausch leider noch nicht stattgefunden. Die Reaktionen sind
durchwegs positiv, die
Unterlagen werden als sehr
hilfreich eingeschätzt, wenn
auch ein bisschen Verunsicherung mitschwingt. Dabei geht es vor allem um die
Fragen der Zuständigkeit,
speziell bei Stützlehrer/innen, aber auch in Hauptschulenintegrationsklassen
– es scheint noch nicht ganz
selbstverständlich zu sein,
dass Förderpläne zwar im
Verantwortungsbereich der
Sonderpädagogin/des
Sonderpädagogen liegen,
jedoch als Teamarbeit zu
sehen sind – und dadurch
letztlich jene Qualität entfalten können, die eben
dann entsteht, wenn wir die
Kompetenzen und Erfahrungen mehrerer Personen
miteinander vernetzen.
47
Literatur
• Zentrum für Schulentwicklung, Bereich I,
Klagenfurt: Integration in
der Sekundarstufe I:
Förderdiagnostik und
Förderpläne für Kinder
mit SPF. Klagenfurt 1998
•
•
•
Eggert, Dietrich: Von
den Stärken ausgehen.
Individuelle Entwicklungspläne (IEP) in der
Lernförderungsdiagnosti
k. Dortmund 1997(2)
Kiphard, Ernst J.: Wie
weit ist eine Kind entwickelt. Dortmund 1991
– Sensomotorisches
Entwicklungsgitter.
Schaefgen, Rega:
Marianne Frostig und
Jean Ayres. In:
Zimmermann, Antje:
Ganzheitliche Wahrnehmungsförderung bei
Kindern mit Entwicklungsproblemen. Möglichkeiten der sensomotorischen Integration.
Dortmund 2000(2)
Autorin
Dr. Claudia Niedermair,
Volks- und Sonderschullehrerin,
PA Feldkirch
48
Wien
Elisabeth Massinger/
Thomas Schrei
Erstellung von
Förderplänen und
Förderdiagnostik —
eine Aufgabe für
die Volksschullehreraus- und
Volksschullehrerfortbildung
Interdisziplinäres Wahlpflichtseminar an der
PÄDAK-Strebersdorf.
10 SL-Studierende und
8 VS-Studierende des
5. Semesters bearbeiten
das Thema „Didaktische
Konzepte der Betreuung
von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf in Integrationsklassen“.
Groß ist die Überraschung
seitens der Studierenden
der Volksschulausbildung,
als schon am Beginn des
Seminars die Frage diskutiert wird, wer denn eigentlich den grundsätzlichen
Bedarf einer speziellen
pädagogischen Förderung
feststellen muss. Sonderpädagogischer Förderbedarf
wird sofort der SonderschulAusbildung zugeordnet,
doch die Erkenntnis, dass
es ja die Volksschullehrerin/der Volkschullehrer
bzw. die Hauptschullehrerin/
der Hauptschullehrer selbst
sein muss, der die erhöhte
Förderbedürftigkeit eines
Kindes erkennen muss, wirft
die Frage nach einem
„Manual zur Diagnose und
Beobachtung“ auf.
Richtung einer Erhöhung
aber auch einer Reduzierung ergeben“. (vgl. Novelle
zum Schulpflichtgesetz
BGBl. Nr. 515/1993).
Damit ergibt sich das Thema Förderdiagnostik und
daraus resultierende Förderpläne als zentrales Thema
dieser Lehrveranstaltung.
Ausgehend von M. Heitgers
Zitat „das Kind dort abzuholen wo es gerade steht“,
setzt die Förderdiagnostik
am bereits Erreichten an,
sieht also das Kind als Individuum, als eigenständige
Persönlichkeit in seiner
sozialen Umwelt. Damit ergibt sich eine klare Abgrenzung von einer „Defizit-Diagnostik“ wie sie noch sehr
oft im Schulsystem, aber
auch in vielen psychologischen Gutachten zum Ausdruck kommt. Aufgehängt
am Lehrplan der Regelschulen wird darin das „NichtErreichte“ zusammengefasst, Fördervorschläge
vermisst man aber. Es muss
also Aufgabe einer guten
Förderdiagnostik primär
durch den klassenführenden
Lehrer sein, die „Eigenwelt
des Kindes“ zu sehen, die
aber in dauernder Interaktion mit dem gesamten
sozialen Umfeld = Lebensraum (Schule, Familie,
Peer-Group) steht.
Die Frage nach der Durchführbarkeit von Förderdiagnostik in einer Volksschulklasse mit 26 Kindern
darf sich als solche dabei
nicht stellen. Diese Förderdiagnostik bezieht sich
primär auf jene Schülerinnen und Schüler der Klasse,
bei denen dem Lehrenden
auf Grund seiner allgemeinen Beobachtungen auffällt,
dass es Probleme gibt oder,
im Idealfall, geben wird.
Gerade hier ist die klassenführende Lehrerin/der klassenführende Lehrer in der
„Frühdiagnose“ unmittelbar
gefordert, denn durch die
hoffentlich stattfindende
Sensibilisierung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer können Probleme frühzeitig erkannt und Möglichkeiten des Umganges mit
diesen erarbeitet werden.
Wenn Förderdiagnostik als
ein Dialog zwischen allen
Bezugsgruppen gesehen
wird, dann ergibt sich daraus auch die grundsätzliche Forderung, diese
Personen in die Erstellung
eines „Manuals“ einzubeziehen. Erkennbar wird aber
auch, dass dieser am Beginn vielleicht erhöhte Arbeitsaufwand in Blickrichtung auf das betroffene
Kind, aber auch der Klassen- und Familiensituation
selbst, nicht nur gerechtfertigt ist, sondern später
auftretende Schwierigkeiten
vorwegnehmen bzw. verhindern kann.
Damit verbunden muss aber
auch die Einsicht sein, dass
eine gute Förderdiagnostik
kein abschließendes Urteil
abzugeben weiß. „Wie auch
bei anderen Entwicklungsprozessen ist sonderpädagogischer Förderbedarf
keine unveränderbare
Größe oder Diagnose. Im
Laufe der individuellen Entwicklung können sich graduelle Veränderungen in
Dabei war für die VS-Studierenden ganz wichtig zu erfahren, dass für die Bera-
49
tung und Information von
Seiten des Stadtschulrats
für Wien ambulante Lehrer/innen zur Verfügung
stehen. Diese Spezialisten
können auf Anfrage der
klassenführenden Lehrerin/
des klassenführenden
Lehrers bzw. seiner Direktion Hilfe und Unterstützung
geben. Wieder muss aber
die Initiative von der Lehrerin/dem Lehrer selbst
ausgehen.
Hier setzt unmittelbar das
Thema der Erstellung von
Förderplänen an. Auch für
einen VS/HS-Studierenden
muss innerhalb seiner Ausbildung erkennbar werden,
dass man den individuellen
Bedürfnissen jeder einzelnen Schülerin/jedes einzelnen Schülers nur durch eine
individuelle Förderung gerecht werden kann. Je
„spezieller“ ein Kind ist,
desto wichtiger ist eine
intensive Beobachtung und
Beschreibung des Ist-Zustandes und der daraus
folgenden Fördermöglichkeiten. Jede Förderdiagnostik muss Möglichkeiten zur
Förderung bzw. Maßnahmen und Ziele beinhalten,
die zu einem, dem Kind
angepassten pädagogischen Handeln führen. Bei
der Vorstellung vorhandener
Manuale zur Erstellung von
Förderplänen ergaben sich
in den Diskussion zwischen
VL und SL-Studierenden
folgende grundlegende
Punkte:
1. Jede Lehrerin/jeder Lehrer wird sein eigenes
Konzept entwickeln, das
immer wieder verändert
und ergänzt wird.
Förderpläne sind demnach
auch stark von der Person
50
des Lehrenden abhängig.
An ihr/ihm liegt es im Rahmen von Vorgaben einen für
das Kind aber auch für die
schulische Umgebung passenden Plan zu erstellen.
Dieser kann sich natürlich
im Laufe der Zeit verändern,
d. h. durch weitere Aspekte
erweitert oder in seiner Gesamtstruktur neuen Gegebenheiten angepasst
werden.
2. Der Förderplan zeigt
immer den momentanen
Status des Kindes an.
Eine der wichtigsten Grundinformationen. Förderpläne
sind keine einmalige Handlung, sie sollen eigentlich
griffbereit für die Lehrerin/
den Lehrer in der Klasse
aufliegen, sodass Beobachtungen unmittelbar eingetragen werden können. Nur
so ist eine andauernde Anpassung meines pädagogischen Handelns an die
Bedürfnisse des Kindes
möglich. Durch die Individualisierung können daher
Fördermöglichkeiten kurzfristig verändert, Ziele und
Methoden neu formuliert
werden. Damit werden kurzund langfristige Ziele, die erreicht werden sollen, festgelegt und dokumentiert.
3. Welches Ziel mit welchen
Mitteln erreicht werden
soll, wird festgehalten:
Förderplan als dialogisches
Prinzip. In der Wechselwirkung zwischen Kind und
allen an der schulischen
Förderung beteiligten Personen erstellt die Lehrerin/
der Lehrer seinen Förderplan. Auch hier ist es schon
in der Ausbildung wichtig,
den Studierenden zu vermitteln, dass ihr Blickpunkt
über die Klassen- bzw.
Schultüre hinausgehen
muss! Ziele werden nur
erreichbar sein, wenn ich
mich auch mit dem gesamten Umfeld beschäftige,
was, wie die Studierenden
schnell feststellen konnten,
alleine im schulischen Alltag
dazu führt, dass die von
Religions- und Werklehrer/innen angefangen Kontakte zu den eventuell vorhandenen Betreuer/innen
am Nachmittag bis hin zur
Schulpsychologie geknüpft
werden müssen.
Viele Ziele des Förderplans
sind „eigentlich vom Klassenlehrer alleine nicht erreichbar“ (Zitat einer VSStudierenden). Ist diese Erkenntnis einmal vorhanden,
wird dialogisches Handeln
zur Selbstverständlichkeit
und das geforderte Abrücken vom „Einzelkämpfer“
zum im Team arbeitenden
Lehrenden erfolgt.
Daher werden neben den
Lernzielen auch geeignete
Methoden beschrieben, die
zur Erreichung der definierten Ziele erfolgen. Ein wichtiges Ergebnis des Seminars war dabei auch, dass
für viele Kinder wenige
primäre Ziele, die von allen
Beteiligten als solche erkannt werden, zu einer allgemeinen Verbesserung
ihrer Situation führen können. So ist möglicherweise
nicht die Erarbeitung des
Zahlenraums 10 primäres
Ziel bei einem Kind der
Grundstufe I, sondern viel
eher die Förderung basaler
Fertigkeiten, wie Übungen
zur Raumorientierung oder
zur visuo-motorischen Koordination. Die Erkenntnis dabei war, dass diese primären Ziele natürlich von allen
Beteiligten als solche zu erkennen sind und die be-
schlossenen Förderungen
nur gemeinsam durchgeführt werden können.
Sehr spannend für die Leiter/innen der Veranstaltung
war aber die sich daraus
ergebende Diskussion nach
der Notwendigkeit einer
differenzierteren Beurteilungsform. Es waren die
Studierenden der VS-Ausbildung, die sehr auf dieses
Thema einzugehen wünschten. Wenn von einer individuellen Förderung der Kinder gesprochen wird, so
müsste auch die Beurteilung
nach individuellen Gesichtspunkten erfolgen, war der
fast logische Schluss der
Teilnehmer/innen. In einer
sehr emotional geführten
Diskussion wurden mögliche
Formen der Leistungsbeurteilung auch im Regelschulbereich diskutiert, wobei
festgestellt wurde, dass sich
jede Beurteilung durch
Ziffern unmittelbar am
jeweiligen Lehrplan zu
orientieren hat, was von
vielen Studierenden als
unbefriedigend angesehen
wurde, da individuelle Fortschritte nicht gebührend
aufgezeigt werden können.
Der Schluss nach verbalen
oder anderen alternativen
Beurteilungen mit erhöhtem
Augenmerk auf den Entwicklungsfortschritten des
Kindes lag dabei nahe.
Die Wichtigkeit einer Vermittlung von Grundlagen der
Förderdiagnostik und der
Erstellung von Förderplänen
auch in der Volksschul- bzw.
Hauptschulausbildung ergibt
sich unmittelbar aus dem
Schulpflichtgesetz. Die Erkenntnis, dass diese Arbeit
auch für Lehrende im Regelschulbereich sinnvoll ist,
kann und muss jedoch an
den Pädagogischen Akademien und Pädagogischen
Instituten erfolgen und von
dort in den Schulbetrieb
hinausgetragen werden.
Durch die in den letzten
Jahren vorgenommenen
Reformen der Pflichtschullehrer/innenausbildung ist
dies an den Akademien
vollzogen worden, die Lehrer/innenfortbildung selbst
muss aber noch verstärkt
bei den „etablierten“ Pflichtschullehrer/innen ansetzen
um diese Sensibilisierung
auch dort zu erreichen.
Autor/in
Elisabeth Massinger,
SL/VL Lehrerin, Professorin der
Pädagogischen Akademie
Strebersdorf
(Didaktik, Mathematik,
SL-Ausbildung, Schulpraktische
Ausbildung)
Mag. Thomas Schrei,
SL-Lehrer/Psychologe,
Lehrer am SPZ Herchenhahngasse, Pädagogische Akademie
Strebersdorf (Didaktik, SU,
SL-Ausbildung, Informatik)
Literatur
Bundschuh, K.
Heilpädagogische
Psychologie, UTB, 1995
Eberwein, H.
Einführung in die
Integrationspädagogik,
Studienverlag, Weinheim
1996
Loch, W.
Zur Anthropologie der
Lernhemmung. In Klein,
G., Möckel, A. u.
Thalhammer, M. (Hg.),
Heilpädagogische
Perspektiven in
Erziehungsfeldern.
Heidelberg 1982, 20-42
Kobi, E. E.
Diagnostik in der
heilpädagogischen Arbeit.
Luzern 1990
www.phedw.at
Homepage der PAStrebersdorf (Lehrpläne)
51
Fördermappe
Name:
Schule:
Geb.:
Klasse:
Schuljahr:
1. Klasse
Haupt-/Mittelschule
Pfenneberger/Schwarzmann
52
INHALT:
1. SCHULLAUFBAHN
2. BEURTEILUNGS- UND EINSCHÄTZUNGSRAD
3. ANAMNESE
4. PERSÖNLICHE LERNVORAUSSETZUNGEN UND LERNORGANISATION DES KINDES
5. LEISTUNGSRASTER
6. STELLUNGNAHME DES SONDERPÄDAGOGISCHEN BERATERS
7. GESPRÄCHE UND VEREINBARUNGEN MIT DEN ERZIEHUNGSBERECHTIGTEN
8. FÖRDERPLAN
1. SCHULLAUFBAHN
Kindergarten
Schuljahr
Vorschulklasse,
Klasse
Jahr der
Schulpflicht
Jahre
Versäumnisse
(wenn relevant)
Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht nach § 15 Schulpflichtgesetz für das Schuljahr:
Zurückstellung im Schuljahr: ________ Besuch der Vorschulklasse im Schuljahr: ________
Beurteilung aus Deutsch, Mathematik, und Lebende Fremdsprache im letzten Schuljahr
(gegebenenfalls negative Beurteilung aus anderen Unterrichtsgegenständen):
Deutsch: ___ , Mathematik: ___ , Englisch: ___ ,
(Voraussichtliche) Beurteilung aus Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache im laufenden
Schuljahr (gegebenenfalls negative Beurteilungen aus anderen Unterrichtsgegenständen):
Deutsch: ___ , Mathematik: ___ , Englisch: ___ ,
Pfenneberger/Schwarzmann
53
2. BEURTEILUNGS- UND EINSCHÄTZUNGSRAD
Beurteilungsrad - ursprüngliche Entwicklung: Aigner / Rampetsreiter – MS 21, Adolf Loos-Gasse 2 – 12/97
Pfenneberger/Schwarzmann
54
3. ANAMNESE
EREIGNISSE IM LEBENSLAUF DES KINDES
(GEBURT, SPRACHENTWICKLUNG, KRANKHEITEN ...)
GESUNDHEITLICHE SITUATION
(SEHFÄHIGKEIT, HÖRFÄHIGKEIT, CHRONISCHE KRANKHEITEN ...)
AUßERSCHULISCHE LEBENSSITUATION DES KINDES (ELTERN, FAMILIENSITUATION,
ARBEITSSITUATION DER ELTERN, GESCHWISTER, HORT ...)
BISHERIGE FÖRDERMAßNAHMEN (SCHULISCH UND AUßERSCHULISCH)
VORLIEGENDE BEFUNDE (PSYCHOLOGIE, ÄRZTE ...)
INFORMATIONEN AUS DER KONTAKTNAHME ZUR VOLKSSCHULE
Pfenneberger/Schwarzmann
55
4. PERSÖNLICHE LERNVORAUSSETZUNGEN UND LERNORGANISATION DES KINDES
GESAMTPERSÖNLICHKEIT DES KINDES, STÄRKEN UND SCHWÄCHEN, SELBSTSTÄNDIGKEIT,
SELBSTEINSCHÄTZUNG, ARBEITSHALTUNG, ARBEITSTEMPO, AUSDAUER,
PFLICHTBEWUSSTSEIN, HEFTGESTALTUNG, MOTIVATION, KONZENTRATIONSFÄHIGKEIT ...
Pfenneberger/Schwarzmann
56
57
58
59
60
61
62
Autoren
Wolfgang Pfenneberger,
Koordinator der Sonderpädagogischen Beratung
Peter Schwarzmann,
Koordinator der Sonderpädagogischen Beratung
und SPZ-Leiter
63
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