Phonetik im DaF-Unterricht Anforderungen an Lehrende

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Phonetik im DaF-Unterricht Anforderungen an Lehrende
Terminologie
Phonetik im DaF-Unterricht
Anforderungen an Lehrende
Ursula Hirschfeld
[email protected]
Universität Wien
19. Juni 2015
MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT
HALLE-WITTENBERG
Phonologie – Phonetik
- segmental: Vokale und Konsonanten, Verbindungen
- suprasegmental:
a) Merkmale: Melodie, Lautstärke, Sprechtempo,
Stimmklang
b) Funktionen: Akzentuierung, Rhythmisierung,
Gliederung/Strukturierung
Seminar für Sprechwissenschaft
und Phonetik
Terminologie
Phonetik in Deutsch als Fremd-/Zweitsprache:
- Synonym für Aussprache bzw. Ausspracheübungen
- phonetische und phonologische Grundlagen
- Rezeption und Produktion
- Segmentalia und Suprasegmentalia
- didaktische und methodische Aspekte des
Aussprachelehrens- und -lernens
Leistungen der Phonetik in der
mündlichen Kommunikation
 Übertragung sprachlicher Inhalte + Vermittlung
zusätzlicher Informationen über Sprecher, Situation
 Aufrechterhaltung der Kommunikation
 Hörer
Hörer-, Situations
Situations- und Kontextangemessenheit
(Phonostilistik)
 Verständlichkeit und Akzeptanz
Phonetik lehren (und lernen)
Phonetik in DaF:
- phonetische Fertigkeiten  Basis für „Mündlichkeit“
- mündliche Fertigkeiten (GER):
 Hören
Hö
(R
(Rezeption)
ti )
 Sprechen (Produktion)
 mündliche Interaktion (Rezeption und Produktion)
 mündliche Sprachmittlung (Rezeption und
Produktion)
Wirkung von Ausspracheabweichungen
Abweichung von Normen (Standard), Erwartungen
(Dialekt, fremder Akzent, Sprechstörung, Störgeräusche)
ee t äc t gu g der
de Verständlichkeit
Ve stä d c e t
 Beeinträchtigung
 Nichterfassen inhaltlicher Informationen
 Sprecherbewertung (Akzeptanz)
 veränderte Gesprächsabläufe (Nachfragen, emotionale
Reaktionen)
1
Phonetik lehren (und lernen)
Phonetik in DaF:
 phonetische Fertigkeiten  Basis für „Schriftlichkeit“
(Lesen, Schreiben)
 Phonem-Graphem-Beziehungen
Phonem Graphem Beziehungen
GER: Beherrschung der Aussprache und
Intonation
Phonologische Kompetenz – Kenntnisse und
Fertigkeiten der Wahrnehmung und der Produktion in
Bezug auf:
 die lautlichen Einheiten (Phoneme) der Sprache und
ih Realisierung
ihre
li i
in
i bestimmten
b i
Kontexten
(Allophone)
 die phonetischen Merkmale, die Phoneme
voneinander unterscheiden (distinktive Merkmale, z.
B. stimmhaft, gerundet, nasal, plosiv)
 die phonetische Zusammensetzung von Wörtern
(Silbenstruktur, Phonemfolge, Wortakzent, Wortton)
GER: Beherrschung der Aussprache und
Intonation
Phonologische Kompetenz – Kenntnisse und
Fertigkeiten der Wahrnehmung und der Produktion in
Bezug auf:
 Satzphonetik (Prosodie)
• Satzakzent
k
undd Satzrhythmus
h h
• Intonation
 phonetische Reduktion
• Vokalabschwächung
• starke und schwache Formen
• Assimilation
• Elision
Ursachen für Ausspracheprobleme
Ursachen für Ausspracheprobleme
 Sprachkontrast Muttersprache (andere Fremdsprachen)
und Zielsprache
 individuelle Voraussetzungen
 Kompetenz der Lehrenden
 Lehr- und Lernbedingungen, Materialangebot
 Sprachkontrast Muttersprache (andere Fremdsprachen)
und Zielsprache
 individuelle Voraussetzungen
 Kompetenz der Lehrenden
 Lehr- und Lernbedingungen, Materialangebot
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individuelle Voraussetzungen
Ursachen für Ausspracheprobleme
a) Fähigkeiten und Fertigkeiten
• im identifizierenden und differenzierenden Hören
(phonetisches, phonologisches Hören)
• im Artikulieren (motorische Komponente)
b) Lernstrategien/Fremdsprachenlernerfahrung
c) individuell unterschiedliche Faktoren wie Motivation,
persönliche Lernziele, Einstellungen zur Sprache,
zum Sprachunterricht, zur Lerngruppe, Kontakt zur
Zielsprache
d) Alter
e) Motivation
 Sprachkontrast Muttersprache (andere Fremdsprachen)
und Zielsprache
 individuelle Voraussetzungen
 Kompetenz der Lehrenden
 Lehr- und Lernbedingungen, Materialangebot
Kompetenzen der Lehrenden
Kompetenzen der Lehrenden
Erasmus von Rotterdam (16. Jahrhundert, Dialog über die
richtige Aussprache der lateinischen und griechischen
Sprache):
Persönlichkeitskompetenz
- Einstellungen
- Reflexionsfähigkeit
- kritischer Umgang mit sich selbst
Man kann sich am Papagei ein Beispiel nehmen. Häufig
spricht dieser Vogel einem das nach, was man ihm einübt,
und er führt wiederholt das aus, was er einmal gelernt hat.
Wenn er nicht gelehrsam ist, wird er mit dem Stock
gezüchtigt, wenn er aber das wiederholt, was ihm vorgesagt
wurde, bekommt er Futter als Belohnung. Man muss einen
guten Lehrer hinzuziehen, der eine gute Sprache spricht;
der muss wissen, wie er vorgehen soll: er muss bei
Versuchen helfen, jedes Gelingen loben, aber beim
Rückfall in alte Gewohnheiten häufig korrigieren.
Kompetenz der Lehrenden
Methodenkompetenz
- Methodeninventar
- Vermittlungskompetenz
Sozialkompetenz
- Empathie
- Kooperativität
- Konfliktfähigkeit
- Kritikfähigkeit
Fachkompetenz
- fachliche Grundlagen:
Phonologie, Phonetik –
auch kontrastiv
- Transkription, Terminologie
Anforderungen an Lehrende
a) Festlegung von Lehr-/Lernzielen
b) Festlegung von Lerninhalten
c) Bewertung von Übungsangeboten (Variation,
Ergänzung)
d) Beherrschung eines Methodeninventars  methodische
Abwechslung und ausreichende Automatisierung
e) Erkennen und Korrektur von Ausspracheproblemen
der Lernenden
f) Bewertung von Ausspracheleistungen
g) Motivation der Lernenden
http://www.youtube.com/watch?v=KPr_LIBPf_U
(vgl. Dieling/Hirschfeld: Phonetik lehren und lernen. 2000,16)
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Festlegung von Lehr-/Lernzielen
Festlegung von Lehr-/Lerninhalten
Zielgruppenspezifik
- übergeordnete Lehr-/Lernziele
- individueller Anspruch
- Sprach- bzw. Lernstand (Anfänger, Mittelstufe,
Fortgeschrittene – gemäß Richtlinien des GER A1 bis C2
bzw. Schüler, Studenten, Aussiedler, Erwachsenenkurse,
Lehramtsausbildung, Studium Deutsch als Fremd/Zweitsprache)
- Lernalter / Lerntraditionen
- aktuelle Gruppensituation (Gruppengröße,
ausgangssprachliche Zusammensetzung, Atmosphäre in
der Gruppe, Verhältnis Lehrende – Lernende)
- vgl. GER: alle phonologischen und phonetischen
Merkmale der Zielsprache
- kontrastive Phonetik: Konzentration auf
Interferenzerscheinungen
- Fehleranalyse: individuelle Schwerpunkte
Kontrastive Phonetik
Bewertung von Übungsangeboten
Dt.
1. Tonsprache
2. Rhythmus: akzentzählend
3. Wortakzent distinktiv
4. Wortakzent beweglich
5 Silbenbau
5.
Silb b kompliziert
k
li i
6. vokalreich (Zahl der Phoneme)
7. Vokallänge distinktiv
8. Ö- und Ü-Laute
9. Vokalneueinsatz
10. konsonantenreich (Zahl der Phoneme)
11. Auslautverhärtung
12. progressive Assimilation
–
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Chin. Engl. Russ.
+
–
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–
–
+
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+
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–
+
+
+
+
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–
–
+
+
–
 Ist die Übungsmethodik sinnvoll und interessant?
 Wird das Hören geübt (und kontrolliert)?
 Steht ausreichendes und geeignetes Übungsmaterial zur
Verfügung?
 Wird thematisch / situativ geübt?
 Gibt es eine Verbindung mit Grammatik / Lexik (z.B.
Pluralbildung)?
 Gibt es Erklärungen, Abbildungen, Regeln für Lehrende
und Lernende?
Übungsschritte
Methodeninventar
 einfache Nachsprechübungen (reproduzierendes
Sprechen, z.B. Material der Hörübungen)
 produktive (Aus-)Sprechübungen, in die auch
ggrammatische oder lexikalische Formen einbezogen
g
werden: z.B. etwas ergänzen (Plural, Antonyme usw.),
vorgegebene Muster verändern, variieren, auf Fragen
antworten
 angewandte (Aus)Sprechübungen: vorlesen, vortragen,
frei sprechen, szenisches Gestalten
Ziel: methodische Abwechslung und ausreichende
Automatisierung
 Einführen / Korrigieren / Bewusstmachen
 Üben
• Hören: Vergleichen
Vergleichen, Erkennen,
Erkennen Zuordnen,
Zuordnen Markieren
Markieren,
Notieren
• Sprechen: Mitlesen, Aufnehmen, Kleingruppen, Chor
 Lernen:
• IPA-Transkription
• Regeln zu Phonem-Graphem-Beziehungen
• Akzentregeln
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Korrektur
Kriterien zur Bewertung von
Ausspracheleistungen
1. Aussprachefehler: Abstufungen zwischen richtig und
falsch, motorische – physische – psychische Aspekte
2. Hörschwierigkeiten: Hörtraining, Hörkontrolle,
Körperbewegungen und Übertreibungen
3 Bewusstmachung:
3.
B
h
L
Lautbildung,
bild
Regeln,
R l Gesten,
G
Transkription
4. fehlende Automatisierung
5. Korrektur vor, während, nach einer Übung, am Ende der
Stunde?
6. Korrektur vor der Gruppe?
7. Fehlerkorrektur und Motivation











Motivation der Lernenden
Literatur
 Relevanz der Phonetik für die mündliche
Kommunikation
 Methodenvielfalt
 interessante Übungen
 spielerische Übungen
 sensible Korrektur von Abweichungen
 Lob
Annäherung an den Aussprachestandard
Fehlerzahl, -art, Schweregrad
Gesamtziel der Sprachausbildung
Lernetappe / Sprachstand
Al
Alter
Muttersprache
Gruppensituation / Vergleich zu anderen Lernenden
individuelle Entwicklung / Motivation
Verhältnis Lehrende – Lernende
Toleranz des Lehrers
Ausspracheprobleme des Lehrers
Babylonia 2/2011. http://babylonia.ch/fileadmin/user_upload/documents/20112/Baby2011_2hirschfeld.pdf
Dieling, H. / Hirschfeld, U. (2000): Phonetik lehren und lernen. Langenscheidt München
u.a.
Krech, E.-M. / Stock, E. / Hirschfeld, U. / Anders, L. C. (2010): Deutsches
Aussprachewörterbuch. Walter de Gruyter Berlin / New York.
Europarat. Rat für kulturelle Zusammenarbeit (2001): Gemeinsamer europäischer
Referenzrahmen für Sprachen:
p
lernen, lehren, beurteilen. Langenscheidt
g
Berlin u. a.
http://www.goethe.de/z/50/commeuro/i3.htm.
Hirschfeld, U. / Reinke, K. / Reinke, D. (2013): Phonetik Simsalabim online.
http://simsalabim.reinke-eb.de/
Hirschfeld, U. / Reinke, K. / Stock, E. (2007): Phonothek intensiv. München.
Reinke, K. (2012): Phonetiktrainer A1 – B1. (Aussichten)
http://www2.klett.de/sixcms/media.php/570/samplepages_9783126762328.pdf
Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht: Themenheft Phonetik. 12/2 2007.
http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-12-2/docs/Einfuehrung.pdf
Zeitschrift „Deutsch als Fremdsprache“: Themenschwerpunkt „Phonetik“ ab Heft 3/2012
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