Anlage, Komplikationen und Pflege des Shunt
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Anlage, Komplikationen und Pflege des Shunt
Pflege Hämodialyse Anlage, Komplikationen und Pflege des Shunt Der Shunt wird auch oft als „Lebensader“ bezeichnet. So individuell wie jeder Mensch ist, so individuell ist auch der Shunt. Jeder Shunt ist einmalig in seiner Art und verlangt dementsprechend ein auf ihn abgestimmtes medizinisches und pflegerisches Vorgehen. Um eine individuelle auf den jeweiligen Shunt des Patienten abgestimmte Shuntpflege durchführen zu können, bedarf es bestimmter Voraussetzungen. Das sind spezielles Fachwissen über die Shuntanlage, potentielle Probleme und Komplikationen, Punktionstechniken, spezielle auf den Shunt des Patienten abgestimmte Pflegemaßnahmen sowie die Betreuung und Schulung des Patienten. Zudem ist eine langjährige Berufserfahrung unerlässlich. Teil 1 behandelte die medizinischen und pflegerischen Grundlagen, im folgenden zweiten Teil geht der Autor speziell auf die Pflege des Shunt ein. Die Schwester/Der Pfleger 39. Jahrg. 7/00 Dieter Schmidt 2. Teil: Pflege des Shunt Shuntpflege Unter Shuntpflege versteht man die Gesamtheit der Pflegemaßnahmen, die für die Anlage, die Entwicklung und für den langjährigen Gebrauch des Shunts/der Fistel notwendig sind. Die Shuntpflege lässt sich in drei Bereiche der Pflege unterteilen: die präoperative Pflege, die postoperative Pflege und in die spezielle Pflege des Shunts, die mit der Erstpunktion des Shunts beginnt. Präoperative Pflege Die präoperative Pflege beginnt bereits in der Phase der präterminalen Niereninsuffizienz, wenn der Patient noch über keinen Shunt/keine Fistel verfügt. Das Ziel der präoperativen Pflege ist die Gefäßschonung und das Gefäßtraining, die entscheidenden Einfluss auf die Shunt-/Fistelanlage haben. Gefäßschonung Die entscheidenden Maßnahmen für eine Gefäßschonung sind: – Eine für diagnostische und therapeutische Zwecke notwendige Venenpunktion sollte nur am Handrücken durchgeführt werden. – Keine Verwendung von Verweilkanülen. – Rechtzeitige Shuntanlage, besonders wichtig bei einem Patienten mit Diabetes mellitus. Gefäßtraining Das Gefäßtraining erfolgt durch die Durchführung eines gezielten Venentrainings. Mit dem Venentraining sollte zirka sechs bis zwölf Wochen vor der Shuntanlage begonnen werden. Zunächst wird der Patient über die Notwendigkeit der Maßnahme aufgeklärt und anschließend in der korrekten Durchführung des Venentrainings geschult. Diese besteht darin, einen festen in der Hand liegenden Übungsschwamm oder eine elastische Binde pumpend zusammenzupressen bei gleichzeitiger Anlage einer Blutdruckmanschette am Oberarm, die auf 60 bis 80 mmHg aufgepumpt ist. Das Venentraining sollte zirka zehnmal zehn Minuten pro Tag durchgeführt werden. Der Patient entwickelt durch die Eigenaktivität des Venentrainings zudem Shuntbewusstsein. Postoperative Pflege Die postoperative Shuntpflege beginnt unmittelbar nach der Shuntanlage und endet mit der Erstpunktion des Shunts/der Fistel. Die entscheidenden Aufgaben der postoperativen Pfle- 567 Pflege ge sind die Wundversorgung des Shunts/Pflege des Patienten sowie die individuelle Patientenschulung. Wundversorgung des Shunts/Pflege des Patienten Folgende Pflegemaßnahmen sind von entscheidender Bedeutung für die Wundversorgung des Shunts/Pflege des Patienten: Den Patienten entsprechend seiner Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens unterstützen. Regelmäßiger Verbandwechsel (nach ärztlicher Anordnung), in der Regel wird der Verband nicht täglich gewechselt, sondern mehrere Tage belassen, zur Reduzierung der Infektionsgefahr. Inspektion der Shuntwunde, im Rahmen des Verbandwechsels, auf Entzündungszeichen, Austritt von Wundsekret sowie Hämatombildung. Nach ärztlicher Indikationsstellung Durchführung und Überwachung der Antibiotikatherapie. Mehrmals täglich Funktionskontrolle des Shunts durch das Pflegepersonal. Shuntarm erhöht lagern als Prophylaxe, zur Verhinderung einer ödematösen Schwellung. Schonung des Shuntarms, keine starke Belastung. Der Patient sollte keine beengte Kleidung am Shuntarm tragen. Falls erforderlich Gabe von Schmerzmitteln (nach ärztlicher Anordnung). Entfernung der Fäden: Teilfäden ab zehnten postoperativen Tag, Restfäden ab zwölften bis 14. postoperativen Tag. Pflege des Shuntarms mit fetthaltigen Salben (erst nach Entfernung der Fäden). Patientenschulung Das Ziel der Patientenschulung ist es, den Patienten über die Notwendigkeit der gezielten Pflege seiner Shuntanlage aufzuklären und ihn zu befähigen, 568 seinen persönlichen Teil zu der Pflege beizutragen. Folgende Punkte sind Bestandteil der Patientenschulung: Wiederaufnahme der Durchführung des Venentrainings ab etwa dem vierten postoperativen Tag für rund zwei Monate. Selbstständige Funktionskontrolle des Shunts/der Fistel. Sauberkeit/Hygiene des Shunt-/Fistelarms. Belastbarkeit und Verletzbarkeit des Shunt-/Fistelarms. Erkennen von Komplikationen sowie das adäquate Verhalten nach Eintritt einer Komplikation. Verhaltensregeln zur Verhinderung einer Komplikation. Beurteilung des Shuntarms auf Hautreizungen und Allergien. Spezielle Pflege des Shunts ab der Erstpunktion Die Voraussetzung für den Beginn dieser speziellen Pflege des Shunts ist die nötige Ausbildung der Shuntanlage des Patienten. Die Indikation für die Erstpunktion des Shunts stellt der behandelnde Nephrologe. Diese spezielle Pflege des Shunts verlangt meiner Meinung nach ein individuell auf den Patienten abgestimmtes Vorgehen. Die Grundlage dieses Vorgehens ist der Krankenpflegeprozess mit seinen sechs Teilschritten (1. Informationssammlung, 2. Erkennen von Problemen und Ressourcen, 3. Festlegung der Pflegeziele, 4. Planung der Pflegemaßnahmen, 5. Durchführung der Pflegemaßnahmen, 6. Beurteilung der Pflege). Das Ziel dieser speziellen Pflege des Shunts ist es, Shuntkomplikationen zu vermeiden, um einen langjährigen Gebrauch der Shuntanlage des Patienten für die Hämodialysebehandlung zu ermöglichen. In der folgenden Gliederung der speziellen Pflege ab der Erstpunktion möchte ich Pfle- gemaßnahmen aufzeigen, die nach meiner Meinung von entscheidender Bedeutung für die Erreichung des oben genannten Zieles sind. Shuntanamnese Zur Erhebung der Shuntanamnese gehören: – Alter des Shunts, – Lokalisation der Shuntanlage, – Art der Shuntanlage: CiminoShunt oder E-PTFE-Prothese sowie Art der Anastomose, – Ausbildung des Shunts, – Erstpunktion ja/nein bzw. wann fand sie statt, – Hautreaktionen/Allergien auf Desinfektionsmittel oder Pflaster, – Blutflussrichtung, Punktionsrichtung, – Blutungsneigung/Gerinnungsprobleme, – Nimmt der Patient gerinnungsbeeinflussende Medikamente ein, z. B. Marcumar? Nach der Erstpunktion ist weiter wichtig: – Welche Punktionstechnik wurde angewendet?, – Art der Punktionskanülen, – Punktionsprobleme ja/nein, wenn ja welche?, – Schmerzempfindlichkeit des Patienten, – 2-Nadel-Dialyse bzw. SNDialyse, – Arterielle und venöse Drücke sowie Komplikationen während der Hämodialyse, – Abdrückzeit nach dem Ziehen der Punktionsnadeln sowie Probleme des Nachblutens. Die Gesamtheit dieser Anamnesepunkte gibt Aufschluss über den Ist-Zustand des Shunts, dieser bestimmt die Planung und Durchführung der nächsten gezielt geplanten Shuntpunktion. Zudem kann die Erhebung der Shuntanamnese durch die Krankenschwester/den Krankenpfleger ein erstes Vertrauensverhältnis zum Patienten schaffen sowie Ängste abbauen. Die Schwester/Der Pfleger 39. Jahrg. 7/00 Pflege Shunthygiene Die korrekte Einhaltung der Shunthygiene ist die entscheidende Präventionsmaßnahme zur Verhinderung einer Shuntinfektion. Folgende Richtlinien sind von entscheidender Bedeutung: Reinigung des Shuntarms mit Wasser und Seife. Der Patient muss in der korrekten Durchführung dieser Maßnahme geschult werden. Zu beachten ist die Waschrichtung nach distal und das Abtrocknen nach distal mit Einmalhandtüchern. „Ziel ist, nicht ein Verreiben der Keimbesiedelung sondern das Entfernen“ (1). Hautdesinfektion: Punktionsareal großflächig desinfizieren. Wichtig: Vorher Allergien des Patienten erfragen, damit das für den jeweiligen Patienten notwendige Desinfektionsmittel, z. B. Softasept oder Betaisodona, verwendet wird. Die ausreichende Einwirkzeit muss beachtet werden. Alkoholische Desinfektionsmittel am besten abtrocknen lassen, da dies zwei Vorteile hat: 1. Beachtung der ausreichenden Einwirkzeit, 2. Vermeidung eines brennenden Gefühles, das beim Patienten entsteht, wenn Alkohol durch die Punktion unter die Haut gebracht wird. Nach der Desinfektion Punktionsareal nicht mehr berühren. Nach Abziehen der Kanülenschutzhülle bis zum Abschluss der Punktion darf sowohl der Patient als auch die Person, die die Punktion durchführt, zur Vermeidung einer Tröpfcheninfektion nicht sprechen, niesen, husten, lachen usw. Bei einer Erkältung sollte ein Mundschutz getragen werden. Weitere Hygienemaßnahmen für das Pflegepersonal: – Täglicher Wechsel der Berufskleidung, – Das Tragen von Schmuck an der Hand und Unterarm ist verboten, – Lang wallendes Haar muss nach hinten zusammengebun- Die Schwester/Der Pfleger 39. Jahrg. 7/00 den getragen werden beziehungsweise Verwendung einer OP-Haube, – Durchführung der hygienischen Händedesinfektion vor und nach jedem Patienten, – Tragen von Einmalhandschuhen, ggf. Schutzbrille zum Selbstschutz, – Bei infizierten Patienten sollte zusätzlich ein Schutzkittel und Mundschutz getragen werden, – Zusätzlich müssen die für eine Dialyseeinrichtung vorgeschriebenen Hygienerichtlinien eingehalten werden, auf die nicht näher eingegangen wird, – Für die Punktion einer Kunststoffprothese/E-PTFEProthese wird zudem die Benutzung von einem sterilen Abdecktuch als Unterlage für den Shuntarm und sterile Einmalhandschuhe empfohlen, deren Handhabung aber in den einzelnen Dialyseeinrichtungen sehr unterschiedlich ist. Funktionsbeurteilung des Shunts Durch die korrekt durchgeführte Funktionsbeurteilung des Shunts verschafft sich der Punkteur einen dreidimensionalen Eindruck vom Shunt des Patienten. Der dreidimensionalen Eindruck setzt sich zusammen aus Sehen (Inspektion), Hören (Auskultation) sowie Tasten (Palpation) des Shunts. Inspektion: Gibt Aufschluss über Füllung und Verlauf des Shunts, Länge der Punktionsstrecke, Platzierung der letzten Punktionsstelle: Wichtig für die Anwendung der Strickleiterpunktionstechnik, vorhandene Shuntprobleme (z. B. Hämatom, Aneurysma, Rötung und Schwellung) als Zeichen einer möglichen Infektion, Hautreizungen, Allergien. Auskultation: Die mit dem Stethoskop hörenden Geräusche geben Aufschluss über die Funktion des Shunts. Gleich- mäßiges gutes Schwirren = gute Durchblutung und Abtransport, schwaches Schwirren = arterielle Durchblutungsstörung, fehlendes Schwirren = Shuntverschluss, hochfrequente Geräusche/Shunt klopft = Abflusshindernis mögliche Stenose. Palpation: Gibt Aufschluss über die Gefäßfüllung, den Verlauf des Gefäßes, Schmerzempfindlichkeit als Zeichen für eine mögliche Infektion, hohen Gefäßwiderstand durch Hämatombildung, fehlende Pulsation als Zeichen eines Shuntverschlusses, ermöglicht eine Differenzierung zwischen echtem oder falschem Aneurysma, da echte Aneurysmen in alle Richtungen pulsieren und sich wegdrücken lassen. Je unbekannter der Shunt dem Punkteur ist, desto wichtiger ist die korrekt durchgeführte Funktionsbeurteilung des Shunts, die einerseits die Voraussetzung ist für eine gezielt geführte Punktion (= gezielt durch das Gewebe ins Gefäß geführt) und andererseits Aufschluss über Shuntprobleme gibt. Punktion des Shunts Irgendwann ist für den Hämodialysepatienten mit Shuntanlage der Tag der Erstpunktion des Shunts gekommen. Diese erfolgt nach ärztlicher Anordnung meist erst nach der zweiten bis vierten postoperativen Woche oder später, was um so besser für den Patienten ist. Die Erstpunktion stellt für den Patienten eine besondere Situation/psychische Belastung dar. Eine gezielte Vorbereitung des Patienten bereits im Vorfeld sowie die psychische Betreuung, während der Vorbereitung und der Durchführung der Punktion ist deshalb von großer Bedeutung. Die Erstpunktion sollte nur durch eine Ärztin/einen Arzt beziehungsweise Krankenschwester/Krankenpfleger mit großer Erfahrung erfolgen, da Fehlpunktionen zumal bei 569 Pflege Punktionsmöglichkeiten des Gefäßzugangs Grundsatz-Empfehlungen zur Shunt-Punktion: • Genaue Inspektion und Palpation des Shunts, „bevor es losgeht“ • Individuelle Kanülenstärke und Kanülenlänge für jede geplante Punktion bestimmen • Wenn immer möglich, Strickleiterpunktion (Grundsatz: „Mut zur Lücke“) anwenden • Nie in die „Bergkuppe“ eines Aneurysmas punktieren • Stenotische Shuntbezirke durch gezielte Punktion erweitern • Ausgiebige Desinfektion und sauberes Arbeiten • Schnelle (und damit nahezu schmerzlose) Punktion (Stichwort „Schuss“) • Individuelle Heparinisierung • Sichere Fixierung der Kanülen und ausreichend lange dosierte Kompression nach dem Entfernen der Kanülen am Schluss der Dialyse So sichern Sie ein langes und weitgehend komplikationsloses Leben für die „Lebensader“ und damit für den Patienten. Abb. 1 Punktionsmöglichkeiten des Gefäßzugangs der Erstpunktion für den Patienten ein traumatisches Erlebnis darstellen, das schädlich ist für die Psyche des Patienten und Angstzustände für weitere notwendige Punktionen auslösen kann. Punktionstechniken (Abb. 1) Wegen der außerordentlichen Belastung des Shunt, jährlich mindestens 300 Punktionen, die zur Narbenbildung an der Haut, dem subkutanen Fettgewebe und der Gefäßwand führen, wird deutlich, wie wichtig eine adäquate Punktionstechnik ist, um Shuntkomplikationen zu vermeiden und um eine langjährige Funktionsdauer des Shunts zu gewährleisten. Man unterscheidet drei Methoden der Shuntpunktion: 1. Arealpunktion: Bei dieser Methode wird für die Platzierung der arteriellen und venösen Punktionsnadel jeweils ein bestimmter Bereich des Shunts immer wieder genutzt. Die Folge ist eine vulnerable atrophische Haut, eine Hypothrophie und Vernarbung des subkutanen Fettgewebes sowie die Zerstörung der Gefäßwandstruktur mit Ausbildung von Narbengewebe, das weniger be- 570 lastbar ist und zur Dilatation des Gefäßes führt. Es entstehen somit Aneurysmen mit einer pergamentartigen dünnen Hautdeckung. Diese aneurysmatisch veränderten Gefäße neigen zur Ausbildung von Wandthrombosen, die zu einem Shuntverschluss führen können. Außerdem begünstigen sie eine lokale Infektion durch die Ausbildung eines chronischen Wundschorfs und bewirken eine Stenosenbildung nach dem Aneurysma. Deshalb ist die Arealpunktion als eine ungeeignete Punktionstechnik anzusehen. Sie wird aber dennoch häufig aus Angst/Sorge um eine Fehlpunktion angewendet! 2. Knopflochpunktion: Für diese Methode werden jeweils für die Platzierung der arteriellen und venösen Punktionsnadel zwei bis drei konstante Punktionsstellen ausgewählt, die im Wechsel genutzt werden. Entscheidend bei dieser Punktionsmethode ist der gleiche Punktionswinkel, wodurch ein zylindrischer Narbenwall entsteht, der schließlich die Punktionskanüle führt und die Gefahr einer Fehlpunktion reduziert. Vor jeder Punktion muss der Wundschorf, idealer Nährboden für Keime, entfernt wer- den, um ein Vorschieben in den Stichkanal zu vermeiden. Da diese Gefahr nicht hundertprozentig auszuschließen ist, besteht stets die potentielle Gefahr einer Shuntinfektion durch Anwendung dieser Methode. Deshalb ist die Knopflochpunktion aus hygienischer Sicht abzulehnen. 3. Strickleiterpunktion: Bei dieser Methode wird die gesamte Punktionsstrecke des Shunts gleichmäßig ausgenutzt, was einen räumlichen und zeitlichen Abstand zwischen den einzelnen Punktionen ermöglicht. Daraus ergeben sich folgende Vorteile: – Die punktionsbedingte Narbenbildung und Traumatisierung wird auf die gesamte Punktionsstrecke des Shunts verteilt, und eine Aneurysmaoder Stenosenbildung wird somit meistens verhindert. – Der räumliche und zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Punktionen reduziert die potentielle Gefahr einer Shuntinfektion. – Eine gleichmäßige im kosmetischen Sinne vorteilhafte Ausbildung der gesamten punktablen Punktionsstrecke des Shunts. – Bei einer Kunststoffprothese/E-PTFE-Prothese bewirkt sie eine gleichmäßige Belastung des Materials und verlängert somit die Funktionsdauer (Areal- und Knopflochpunktion bewirkt längerfristig eine Zerstörung des Materials in den jeweiligen Punktionsbereichen). Aus diesen Gründen ist die Strickleiterpunktion die Punktionstechnik der ersten Wahl! Für die korrekte Durchführung einer Shuntpunktion bedarf es der Einhaltung gezielter Richtlinien, die entscheidenden Einfluss auf potentielle Shuntkomplikationen und damit auf die Funktionsdauer des Shunts haben. Deshalb halte ich die Einhaltung der folgenden Vorge- Die Schwester/Der Pfleger 39. Jahrg. 7/00 Pflege hensweise für die Shuntpunktion als notwendig: – Erhebung der Shuntanamnese, – Einhaltung der Shunthygiene, – Funktionsbeurteilung des Shunts, – Bequeme und entspannte Lagerung des Shuntarms (z. B. Shuntarm auf Armkeil lagern), – Abklärung des Allgemeinzustandes (AZ) des Patienten, bei schlechtem AZ Arzt informieren, – Psychische Betreuung des Patienten, – Alle Vorbereitungen für den Hämodialysebeginn abschließen, Patient wiegen, Check des Dialysegerätes, Material für die Punktion bereitlegen usw., – Für gute Lichtverhältnisse sorgen, – Dem Patienten je nach Schmerzempfindlichkeit durch die Anwendung von lokalem anästhesierenden Sprays, z. B. Xylocain oder Salben, z. B. Emla-Creme (sollte der Patient bereits zu Hause auftragen), eine schmerzarme Punktion ermöglichen, – Entsprechend der Ausbildung des Shunts die geeignete Kanülenstärke auswählen, die entscheidend ist für die Höhe der Blutpumpeneinstellung und somit für die Dialyseeffektivität. Die Farbcodierung des Drehflügels gibt Aufschluss über die Kanülenstärke: Zum Beispiel bei der Firma bionic rot: 17 G = 1,5 mm; grün: 16 G = 1,6 mm; orange: 15 G = 1,8 mm. Für die Erstpunktion einer Ciminofistel sollten stets rote Punktionskanülen verwendet werden. Die Punktion einer Kunststoffprothese/E-PTFE-Prothese erfolgt üblicherweise mit zwei venösen Nadeln der Stärke 17 G, da eine größere Kanülenstärke die Prothese zerstören könnte. – Stauung des Shunts mittels Stauschlauch oder Blutdruckmanschette. Vorteil der Blutdruckmanschette: gezielte Druckeinstellung; ein Druck Die Schwester/Der Pfleger 39. Jahrg. 7/00 zwischen 50 bis 100 mmHg wird empfohlen. Generell sollte die Stauung nur so stark und so lange erfolgen wie unbedingt notwendig. Eine Kunststoffprothese/EPTFE-Prothese sollte prinzipiell nicht gestaut werden. – Anwendung der Strickleiterpunktionstechnik, deren Notwendigkeit dem Patient erklärt werden muss, – Einhaltung des Punktionswinkels: bei einer Ciminofistel 30° und bei einer Kunststoffprothese/E-PTFE-Prothese 45° zur Reduzierung der Gefäßverletzung. – Punktionsrichtung: Arterie: anastomosennah punktieren, möglichst drei Zentimeter Abstand zur Anastomose, Vene: anastomosenferner punktieren (herzwärts). Zwischen der arteriellen und der venösen Punktionsnadel sollte ebenfalls mindestens drei Zentimeter Abstand eingehalten werden zur Vermeidung/ Reduzierung einer Rezirkulation. – Die Punktion sollte zügig und nicht ruckartig erfolgen, was zur Schmerzreduzierung beiträgt. Abb. 2 Zugentlastung und Fixierung – Der Kanülenschliff der Punktionskanüle sollte bei der Punktion nach unten gedreht sein, woraus sich folgende Vorteile ergeben: Reduzierung der Gewebetraumatisierung, Senkung der Verletzungsgefahr der Gefäßgegenwand, die Möglichkeit des Festsaugens wird reduziert sowie Blutungen aus der Punktionsstelle treten seltener auf. – Gelenknahe (Ellenbogen) Shuntpunktionen möglichst vermeiden, da erhöhte Gefahr des Durchstechens (durch das Gefäß ins Gewebe) der Punktionskanüle durch Armbewegungen des Patienten besteht. – Gute Fixierung der Punktionskanülen, so dass einerseits die Spitze der Punktionskanüle in der Mitte des Gefäßlumens liegt und andererseits nicht die Gefahr des Rausrutschens der Punktionskanüle besteht (Abb. 2). – Die Kontrolle der korrekten Lage der Punktionskanülen im Gefäßlumen erfolgt durch Aspiration von Blut sowie der langsamen Rückgabe des aspirierten Blutes, wobei der Patient keine Schmerzen empfinden sollte und die Punktionsstelle nicht dick werden darf. – Weiter ist noch zu erwähnen, dass die Punktion eines Aneurysmas, wenn es sich nicht vermeiden lässt, nur am Beginn – sozusagen am Fußpunkt des Berges und nie in den Gipfel – erfolgen darf. – Generell ist noch festzuhalten, dass die Punktion in ein bestehendes Hämatom sowie die Punktion in einen entzündenden Bereich des Shunts strengstens untersagt ist! Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe mit dem 3. Teil zur Vermeidung von Komplikationen abgeschlossen. Anschrift des Verfassers: Dieter Schmidt, Fachkrankenpfleger für Nephrologie, Lehrer für Pflegeberufe Augrabenweg 7 65929 Frankfurt/Main 571