Er ist mein Freund Back in Heaven`s home Teil 6 Die Sterntaufe Zur

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Er ist mein Freund Back in Heaven`s home Teil 6 Die Sterntaufe Zur
Er ist mein Freund
Back in Heaven's home
Teil 6
Die Sterntaufe
Zur Ablenkung ging ich wieder ab und zu ins Jumpie. Pit und Lena
waren nicht mehr so oft da und manchmal saß ich ganz allein an
der Theke und kam mir jämmerlich vor. Ein Junge, etwa siebzehn,
forderte mich einige Male zum Tanzen auf und ich erfuhr von
Lena, daß er in mich verknallt war, aber ich ließ ihn immer
freundlich, aber deutlich abblitzen. Irgendwann gab er auf und
es war mir Recht, obwohl ich ihn gern als Kumpel gehabt hätte.
Aber eine stinknormale Freundschaft funktioniert nicht, wenn
einer in den anderen verliebt ist, also ging ich ihm aus dem Weg.
Immer öfter kreuzten drei Jungs auf, von denen ich zwei davon
irgendwoher kannte. Bald fiel es mir wieder ein. Der große mit
den Sommersprossen und der Rothaarige mit dem
Sportklamotten-Fimmel hatten Robby schon einmal genervt, als
wir das erste oder zweite Mal im Jumpie gewesen waren. Sie
schlichen ein paar Mal um mich herum und es war mir langsam
ziemlich unangenehm, vor allem, wenn Pit oder Lena nicht da
waren und mit mir redeten.
Einmal kam der Große auf mich zu.
"He", sagte er und ich drehte mich zögernd um, "wo ist dein
Freund?" "Was geht denn dich das an", antwortete ich gereizt.
"Wo ist er denn?", fragte jetzt auch ein anderer. "Laßt mich in
Ruhe", sagte ich. Manchmal taten sie das auch. Aber immer
häufiger nervten sie mich noch länger. Der mit den
Sportklamotten sagte kaum etwas, der der andere, den ich noch
nicht so oft gesehen hatte, ein Jüngerer, vielleicht vierzehn oder
fünfzehn, sagte wenig und der Große führte das Wort. Er nervte
mich mit seinen Fragen, wo denn Robby sei und ob ich wüßte,
daß er ein Arschloch ist und ob ich nicht lieber mit ihnen was
machen wollte als mich mit Robby abzugeben.
"Hör mal", sagte ich schließlich, "was willst du eigentlich? Willst
du mich von Robby loskriegen? Das schaffst du nicht. Vergiß es,
du Idiot." "Was?", fragte er, obwohl er es verstanden haben
mußte. Aber er glaubte wohl, sich verhört zu haben. "Du bist
vielleicht naiv." Ich wandte mich ab.
An einem eiskalten Abend passten sie mich vor der Disco ab und
sie standen da wie eine Mauer und schauten mich ganz komisch
an. Ich wäre am liebsten wieder zurückgelaufen, aber dann
wußten sie, daß ich Angst vor ihnen hatte und dann konnten sie
alles mit mir machen. Verbissen sah ich nach vorne und wollte an
dem Großen vorbei. Er hielt mich hart am Arm fest.
Die anderen feixten. "Was soll der Scheiß?" "Halt´s Maul. Wo ist
der Feigling?" Er meinte schon wieder Robby. Was wollte er denn
überhaupt von ihm? "Was willst du von ihm?", fragte ich. Der Typ
ließ mich immer noch nicht los und lockerte auch den Griff nicht.
Es tat weh. Tat alles weh. "Der hat mich beklaut", sagte der
Sportklamottige im Hintergrund, "kurz vor Weihnachten. So ein
Arsch."
Ich lachte überlegen. "Kann nicht sein, er ist schon seit Oktober
weg." Ich kam mir erlöst vor, aber ich erkannte sofort danach,
daß es nichts änderte. Sie glaubten mir nicht oder wollten es
nicht. Oder sie schoben es absichtlich auf Robby. Vielleicht war
dem Jungen ja gar nichts geklaut worden. Ich sah es nicht ein,
jetzt für irgendetwas geradezustehen.
"Quatsch nicht. Gib das Geld her." "Ich war das nicht." "Dann
hol´s dir von ihm!", brüllte der Große mich an. Mein Arm tat
fürchterlich weh. "Laß mich los!", schrie ich. Mensch, warum
hörte der Türsteher denn nichts? Der mußte doch irgendwo hier
in der Nähe sein...Nervös sah ich mich um.
"Gib´s her oder ich schlag dir die Fresse ein", zischte der Große
mich an. Ich sagte nichts. Er boxte mich in die Seite und ich
bekam Angst. Überall Angst. Ich konnte fast nicht mehr klar
denken, obwohl ich immer geglaubt hatte, mich könnte nichts
aus der Ruhe bringen. "Wie...wieviel ist es denn?", fragte ich mit
schmerzverzerrtem Gesicht. Er ließ mich etwas lockerer. "Viel",
sagte er nur, "bring uns jedesmal zwanzig mit und nach zwei
Monaten sind wir quitt." "Ich war´s aber nicht und Robby auch
nicht." "Das ist mir doch jetzt auch schon scheißegal! Ich will
mein Geld!"
"Ich dachte, es wurde ihm geklaut", sagte ich leise und deutete
mit dem Kopf zu dem mit dem Sportklamotten-Fimmel. "Ja",
sagte der Große, "rück jetzt was raus." "Morgen", entschuldigte
ich mich, "ich hab nicht so viel." "Was?" "Ich hab nur zehn Mark
dabei." "Egal."
Ich brauchte erst einmal zwanzig Sekunden, bis ich imstande
war, meinen Geldbeutel aus der Tasche zu holen.
Nach drei Geldabgaben wurden die Jungs etwas lockerer und sie
kamen sich immer toller und cooler und gerissener vor. Um so
genauer ich die Sache betrachtete, kam sie mir albern vor. Der
Älteste von ihnen war nicht einmal drei Jahre älter als ich.
Eigentlich waren es nur drei kleine Jungs, die den Bankräuber
spielen wollten und in zu großen Hosen steckten. Die
leuchtenden Augen, wenn sie das Geld kriegten, waren genau
dieselben Augen, wie die von siebenjährigen, wenn sie ein neues
Spielzeugauto in ihrer Sammlung haben. Ich überlegte, ob sie
mich wirklich erwischen würden, wie sie mir gedroht hatten,
wenn ich nicht mehr jeden zweiten Tag in die Disco kam,
sondern meine Besuche einfach ausließ. Das schien mir am
sichersten. Vielleicht konnte ich ja anfangs nur mit Freundinnen
weg gehen und wenn ich mit dem Rad zur Schule fuhr, konnten
sie mich auch schwer erwischen. Meinen Eltern hatte ich noch
nichts erzählt, weil ich mich wie gelähmt fühlte. Selbst Robby
hatte ich nichts geschrieben, obwohl ich mit ihm bestimmt
darüber hätte reden können.
Also ging ich nicht mehr in die Disco. Ich hatte Pit und Lena
auch nichts erzählt, deshalb wußten sie natürlich auch nicht,
warum ich nicht mehr kam.
Zuerst lief es ganz gut, weder der Große noch die anderen zwei
lauerten mir auf. Auch wenn ich alleine unterwegs war, rührte
sich nichts. Pah! Leere Drohungen, dachte ich. Weil ich mich
sicher fühlte, beschimpfte ich sie innerlich ohne Hemmungen, ich
spielte ihre Macht über mich hinunter.
Aber als ich eines Tages auf dem Schulweg auf den Großen
stieß, war alles genauso wie früher. Mir rutschte das Herz in die
Hose. Als er mich sah, rief er zu einer Gruppe auf dem Gehweg
und die zwei anderen lösten sich aus den Leuten und schwangen
sich auf ihre Räder. Sie schrien mir hinterher und verfolgten
mich. Ich hatte plötzlich nicht mehr so viel Angst, denn ich
konnte gut Rad fahren und kannte die Strecke auswendig. Doch
durch scharfe Kurven und Kurzsprints und Überqueren von roten
Ampel hängte ich sie nicht ab. Ich wünschte, mir würde einmal
im wirklichen Leben so ein toller Trick wie in meinen
Abenteuerträumen einfallen.
Ich wußte, ich mußte sie jetzt für immer loswerden, denn jetzt
wußten sie meinen Schulweg und konnten mir jeden Morgen
auflauern und dann würde ich übler dran sein. Aber was sollte
ich machen?
Auf einmal lag vor mir eine wunderschöne, breite Eispfütze. Und
dann noch in der Kurve.
Entweder würde es mich jetzt erwischen, oder meine Verfolger.
Die Straße neben dem Radweg war gerade fast frei.
Knapp vor einem hupenden Auto machte ich eine große Kurve
über die Straße, rund um die Eispfütze. Ich wagte es nicht, mein
Tempo zu verlangsamen, aber als ich es hinter mir laut krachen
hörte, fühlte ich mich nicht mehr so gehetzt. Ich mußte sogar
grinsen. Manchmal werden Träume eben doch wahr.
Ich hätte Robby wenigstens zu Sylvester gerne besucht, aber
ich wollte ihn nicht noch einmal fragen - erstens wollte ich nicht
aufdringlich werden und zweitens fand ich die Nummer von der
Klinik sowieso nicht mehr und Robbys Mutter wollte ich nicht ein
zweites Mal anrufen.
Bald wagte ich mich wieder ins Jumpie. Ich hatte unheimliche
Lust, mal wieder mit Lena und Pit zu schwätzen und ich kam mir
außerdem wie eingesperrt vor, wenn ich abends zu Hause blieb.
Also.
Von den Jungen war nichts zu sehen und - obwohl ich glaubte,
ich hätte keine Angst mehr vor ihnen - ich spürte, wie ich
unheimlich erleichtert war, als ich sie nicht traf.
Aber kaum saß ich fünf Minuten neben Lena, tippte mir jemand
an die Schulter und ich zuckte zusammen. Es war der Große.
"Komm raus." Er winkte mit dem Kopf zum Ausgang.
"Ich denk nicht dran", sagte ich und meine Stimme schwankte.
Ich wußte aber, hier drin konnte sich der Große nichts leisten,
denn der Türsteher und noch ein paar andere Aufseher hatten
den ganzen Raum im Blickfeld. "Dann warten wir auf dich." Er
ging wieder und hatte gesiegt. "Scheiße."
Zu meiner Überraschung fragte Lena nicht, was los war, obwohl
sie sonst immer so neugierig war. Auch Pit glotzte stumm in sein
Glas. Ich überlegte, ob ich besser jetzt gleich gehen sollte oder
später. Ich entschied mich, es möglichst schnell hinter mich zu
bringen, aber ich konnte mich kaum überwinden, aufzustehen.
Was würde Robby jetzt wohl machen? Er würde sich eine
Zigarette anzünden und dann würde er ganz cool hinausgehen
und die Stirn runzeln und dann würde er wahrscheinlich wieder
irgendeinen seiner verrückten Tricks anwenden. Wie ging das
noch mal mit dem Finger?
Draußen standen sie schon, wie immer kam nur der Große auf
mich zu und die anderen hielten sich im Hintergrund. "Her damit,
du schuldest uns was." "Hab nichts, aber ich kann euch meinen
Ring geben. Echt Silber." "O.K." Ich nahm meinen Ring vom
Finger, zitternd vor Aufregung und wollte ihn an den Finger von
dem Großen stecken. Die anderen feixten. "He, keine Verlobung
hier", sagte der Große und ließ mein Schmuckstück in die Tasche
gleiten.
Er fühlte sich geschmeichelt, dabei hatte ich nur an seine Hand
rankommen wollen, um den Trick von Robby auszuprobieren.
Mist! Jetzt war mein Ring weg und ich hatte sie immer noch am
Hals.
"Gib ihn zurück", sagte ich fest. "Nix da!" "Gib ihn her oder ich
scheuer´ dir eine." "Du spinnst wohl, ich werd´ dir gleich eine
scheuern, kapiert?" Ich wurde wütend, ich merkte, wie die Wut
in mir hoch stieg und sich alles anspannte.
Ich schlug dem Typen mit voller Wucht ins Gesicht.
"Arschloch!", sagte ich, während er sich die Backe hielt.
Er war hin und her gerissen zwischen Feigheit und Rache.
Schließlich wollte er sich auf mich stürzen, aber ich trat ihm
zwischen die Beine.
Er taumelte zurück und mir wurde schlecht. Schlecht vor Angst
und Schrecken über das, was ich geleistet hatte. Der Jüngere
von den zwei anderen schrie mich an und kam auf mich zu.
"Bleib stehen, oder du kriegst auch eine! Ich hab einen
Selbstverteidigungskurs gemacht!" Das war gelogen, aber sie
nahmen es mir anscheinend ab. Der andere zupfte an seiner
Addidas-Hose herum und verdrückte sich.
"Ich geh eine rauchen", sagte er. Der Große und der Jüngere
folgten, als wäre nichts passiert. "Haste eine für mich?" "Shit,
wo ist´n mein Feuer?"
Von da an ließen sie mich in Ruhe. Ab und zu wagten sie es
zwar, mich blöd anzumachen, aber das war mir egal.
Hauptsache, ich war sie los. Ich ging jetzt wieder regelmäßig ins
Jumpie, obwohl ich immer noch ein bißchen Angst hatte, aber
das wußten sie nicht und daß sie sich zurückhielten, machte
mich immer mutiger und sicherer. Ich erzählte aber auch jetzt
niemandem etwas. Pit, Lena und ich hatten auch so schon
genug Gesprächsstoff.
Ich merkte, daß ich mich schon fast daran gewöhnt hatte, daß
Robby nicht da war. Mein Alltag lenkte mich ab. Aber wenn ich
ihm schrieb oder sein Bild in meinem Geldbeutel sah, schnürte es
mir jedesmal den Hals zu. Ich tröstete mich schließlich damit,
daß Robby sowieso jetzt bald zurückkam. Ob er sich wohl sehr
verändert hatte? Vielleicht war er ja jetzt gar nicht mehr der, in
den ich mich im Sommer verliebt hatte. Vielleicht war er jetzt so
wie die anderen Jungs. Ich war gespannt und ängstlich zugleich.
Ich fragte mich, ob es zwischen uns noch Liebe war, wenn ich
mir dauernd so dumme Fragen stellte. Aber an den
Schmetterlingen in meinem Bauch, wenn ich an ihn dachte,
änderte sich nichts.
Lena und Pit waren zur Zeit wieder besser drauf, doch Pits
Sprüche waren immer noch genauso blöd wie sonst. Manchmal
mußte ich mich beherrschen, ihn nicht anzubrüllen. Ich durfte
das einfach nicht so persönlich nehmen, was er sagte, sondern
es auf seinen Charakter beziehen.
"Hat deine Schwester jetzt geheiratet?" "Nee, sie hat ´nen
Neuen."
"Tja, so schnell kann sich das ändern", sagte Lena und diesmal
war es Pit, der sie böse ansah. "Bist du immer noch mit Robby
zusammen?", fragte sie. "Ja. Ich vermisse ihn total!" "Ach, wie
schlimm." "Halt die Klappe, Pit. Manchmal hab ich das Gefühl, du
weißt gar nicht, was Liebe ist.
"Laß mich doch einfach mit Robby zusammen sein." "Würd ich ja
gern", sagte er, "aber er ist nicht da. Liebe auf Distanz ist doch
was Bescheuertes. Ist ja so, wie wenn du Leonardo Di Caprio
anhimmelst."
"Bist ja nur eifersüchtig", grinste Lena. "Blödsinn. Aber es ist
eben dasselbe." "Das ist nicht wahr. Ich hänge ja keine Poster
von Robby in meinem Zimmer auf."
"Da siehst du mal, daß man sich in Stars gar nicht verliebt. Man
ist halt Fan und sammelt ihr Zeugs. Bei richtiger Liebe macht
man so was nicht."
Wenn Pit zu einem Thema nichts mehr einfiel oder er merkte, daß
wir recht hatten, wechselte er schnell.
"Das würde ich nicht sagen", sagte Lena, die mir immer von ihren
Schauspielern vorschwärmte, "Poster und so sollen eben ein
Ersatz dafür sein, daß du die Person gar nicht in echt sehen
kannst - also, nicht so oft."
"Aber man kennt die Typen doch alle gar nicht, wie sie wirklich
sind!" Pits Stimme klang fast schon verzweifelt, als hätte er
Angst, Lena an irgendeinen ihrer Stars zu verlieren.
"Du hast mich ja auch nicht gekannt, als du mich gefragt hast",
verteidigte sie sich. "Robby und ich haben uns auch nicht
gekannt", mischte ich mich ein, als Lena plötzlich unerwartet
auflachte.
"He, schau mal, wer da kommt!"
Ich drehte mich zum Ausgang und mein Herz hüpfte, die
Schmetterlinge flatterten leichter als sonst - in der Tür stand
Robby. Ich kriegte meinen Mund nicht mehr zu und konnte gar
nichts sagen. Er sah sich um und als Lena winkte, entdeckte er
mich. Ich hätte schreien können vor Freude. Robby kam auf mich
zu, lachte, warf seine Zigarette weg. Ich stand auf und wußte
nicht, was ich tun sollte. Schließlich fielen wir uns in die Arme
und ich kam mir vor wie ein kleines Kind, das verloren gegangen
war und jetzt wieder heimkam, obwohl es ja eigentlich
umgekehrt war. Robby war warm und sein Pulli war ganz weich
und er roch ein bißchen nach Zigarette. Er gab mir einen langen
Kuß.
"Ich hab dich so vermisst", war das erste, was er sagte und ich
war nahe dran, zu heulen. "Ich dich auch", schniefte ich. Er
wischte mir sanft mit dem Finger eine Freudenträne weg. "Du
bist süß", lächelte er und ich mußte auch lächeln. Lenas Stimme
schreckte mich aus meiner Welt mit Robby hoch.
"He, wollt ihr euch nicht hinsetzen?" Pit brummelte etwas, er
konnte Robby nicht leiden. "Sofort", sagte ich zu Lena. "Seit
wann bist du wieder da?", fragte ich. Die Situation war mir so
fremd, daß meine eigene Stimme mir neu erschien.
"Seit gestern", antwortete Robby, "hab ich dich überrascht?" Es
klang unsicher. "Na, und wie! Setzen wir uns?"
Robby hockte sich demonstrativ neben Pit und Pit drehte
demonstrativ den Kopf weg. "Hallo", sagte Robby fröhlich, Pits
Reaktion interessierte ihn nicht. Ich strahlte.
Er und ich rückten ganz nah zusammen und ich legte meinen
Kopf auf seine Schulter und seufzte zufrieden. Ich wünschte, ich
könnte ewig so sitzen bleiben, solange Robby sich mit dem
mißmutigen Pit unterhielt. Aber es wurde dann doch unbequem.
"Wie war´s im Irrenhaus?", fragte Pit grinsend. Ich hielt den
Atem an. Mußte das jetzt sein? Aber dadurch, daß Robby es
gelassen nahm, lockerte sich die Spannung ein wenig.
"Naja", sagte er und wiegte den Kopf, "ganz witzig. Ich bin bloß
noch nicht ganz geheilt. Aber du brauchst keine Angst zu haben,
ich beiße nicht. Konnten die mir abgewöhnen."
Ich grinste und Lena grinste auch und Robby trank etwas von
meiner Cola und Pit machte ein wütendes Gesicht. Wir saßen
eine Weile da, bis Pit eine neue blöde Frage eingefallen war. Er
hielt Robby sein volles Bierglas unter die Nase und Robby wich
zurück.
"Kein Bier heute?", grinste er herausfordernd. Bevor ich etwas
sagen konnte, meinte Robby:
"Gib her." Er griff nach dem Glas, drehte es in seinen Händen und
schnupperte und schüttete Pit das ganze Glas über den Kopf. Pit
sprang entsetzt auf und sah erschrocken an sich hinunter. Er
war fast überall vollgekleckert und stank entsetzlich. "Bist du irre
oder was?", brüllte er.
"Ich hab doch gesagt, ich bin noch nicht ganz geheilt", sagte
Robby und ließ das Glas neben Pit auf den Boden plumpsen, daß
die Scherben klirrten. Lena sah uns unsicher an. Sie wußte
nicht, ob sie zu Pit oder zu Robby stehen sollte. Schließlich half
sie Pit, seine Klamotten einigermaßen abzuwischen, was
natürlich nicht funktionierte.
Während die beiden beschäftigt waren und andere um uns herum
Pit auslachten, nahm Robby meine Hand.
"Komm", sagte er und zog mich sanft zum Ausgang. Davor rief er
der Kellnerin zu:
"He, der Typ da drüben hat was umgeworfen. Ha´m sie einen
Lappen?"
Wir flüchteten nach draußen, bevor andere die Wirklichkeit
petzten.
Auf einer Bank an der Bushaltestelle machten wir es uns kurz
bequem. Wir lachten uns erst einmal kaputt.
"Man könnte fast meinen, du hättest das alles von vorne bis
hinten durchgeplant", sagte ich lachend. Robby grinste. "Komm
her", sagte er und er gab mir einen langen Kuß und sah mich
neugierig an. Dann schüttelte er lächelnd den Kopf. "Ich
kann´s nicht glauben", sagte er, "alles ist so anders geworden
und nur du bist genauso toll wie vorher geblieben." Ich lächelte
zurück. "In Sachen Liebe hast du dich auch nicht verändert",
sagte ich, "und das ist gut so."
Robby dachte kurz nach, dann sagte er: "Fahren wir in die
Stadt?" "Jetzt? Um zwölf Uhr Mitternacht?" "Warum nicht, wir
können im Park spazieren gehen." Das war eine gute Idee. Wir
waren so oft zusammen im Park gewesen. "Au ja", sagte ich,
"aber fährt noch ein Bus?" "Sicher. Gibt doch schon seit den
Ferien Nachtbusse. Wenn wir Glück haben, müßte jetzt einer
kommen. So in zehn Minuten."
"Wo übernachtest du eigentlich?", fragte ich plötzlich. "Bei Klaus.
Er hat mich gestern abgeholt und hat gemeint, ich kann eine
Woche bei ihm bleiben, bis das mit dem Heim geregelt ist."
"Du...kommst....in...ein Heim?", stieß ich leise hervor und
schluckte. Dumme Frage. Hatte ich ja schon gewußt. "Ja. Aber
das macht nichts. Ist sowieso nicht für lange Zeit. Zwei Jahre
und ich kann ausziehen." "Cool", sagte ich, "ich würde auch
schon gern bald ausziehen.""Achtung, der Bus kommt."
Wir fuhren in die Stadt und spazierten zum Park. Es war dunkel,
denn dort gibt es kaum Straßenlaternen. "Wahnsinn, wie viele
Sterne da oben sind", sagte ich und schlang meine Arme um
meinen Körper. Es war Mitte Februar und noch ziemlich kalt.
Robby seufzte. "Schade, daß man nicht einen Stern kaufen
kann." "Warum denn das?" "Naja, so einen kleinen für sich alleine.
Man würde Bäume und Gras und so pflanzen und Seen anlegen
und fünf Jahre später kommt man hoch und hat sein Paradies."
"Du spinnst", lachte ich. "Und dann baue ich uns ein kleines Haus
aus Holz und...."
"....und dann setzen wir uns jede Nacht um halb eins auf die
Bank am Hausrücken und schauen die Sterne an, so wie jetzt."
Ich zog ihn auf eine Parkbank.
"Gute Idee", sagte er, "aber die sehen dann ganz anders aus.
Vielleicht gibt´s ja dann gar keinen Mond mehr." "Doch", sagte
ich, "sonst wäre es ja gar nicht romantisch." Ich kuschelte mich
an Robby und zog meine Beine hoch. "Stimmt." "Und welchen
Stern würdest du gerne haben?" "Den ganz kleinen da", er zeigte
irgendwo an den Himmel, "siehst du? Neben dem einen Stern vom
großen Wagen ist so ein Winziger." "Ich sehe ihn", sagte ich,
"aber der ist sicher nicht bewohnbar." "Ist doch egal", lachte
Robby. "Wie?" "Naja, dann bleiben wir eben doch hier.
" Ich lächelte. "Hier hat´s ja auch Sterne und eine Bank."
"Ist auch romantisch."
Ich zog ihn zu mir heran und küsste ihn und ich kippte auf die
Bank zurück und ein einsamer Spaziergänger hätte wohl
gedacht, wir seien übergeschnappt. Wir lagen übereinander auf
der kleinen, harten Bank und küssten uns ohne Unterbrechung
und ich begann, Robby über den Po zu streicheln und er tat es
mir nach. Ich spürte, wie dieses Gefühl in mir nagte, dieser
Hunger, diese Sehnsucht nach Liebe, Berührung, die jetzt nach
und nach gestillt wurde.
"Robby", sagte ich leise, "hast du....?" "Ja."
Er zog etwas aus seiner Tasche, wir öffneten unsere Hosen und
dann ging alles so schnell und durcheinander, daß mir schwarz
vor den Augen wurde, alles drehte sich und mir wurde
schwindelig, aber es war schön und gar nicht unangenehm. Ich
fragte mich, ob uns wohl jemand gesehen hatte, aber das war
mir auch schon egal.
Wir saßen später noch bestimmt eine Stunde auf der Bank im
Park und unterhielten uns und wir waren so glücklich, wie wir es
nur sein konnten. Es war verrückt.
"Wir sind verrückt", sagte ich lachend zu Robby. "Das glaube ich
auch", lachte er. "Das perfekte Paar sind wir, Robby, findest du
nicht?" "Na klar, Miss und Mister Universum!"
"Geben wir ihm einen Namen?" "Wem?" "Dem Stern natürlich."
"Gerne. Fällt dir was ein? Muß was sein, was zu uns passt."
"Aber Englisch. Das ist Internatzjo...ach, wie heißt das noch
mal?" "Inter...ist doch egal", lachte er. "Folly!" "Was?" "Das heißt
"Verrücktheit". Ist mir gerade eingefallen. Für unseren Stern."
"Klingt ein bißchen kitschig, oder?" "Naja, dann halt nicht.
Moment, ich überlege." "Und?", fragte Robby kaum eine Sekunde
später.
"Mir fällt nichts ein", sagte ich bedauernd.
"Hm....Heaven´s home?"
"Das Zuhause vom Himmel? Das ist schön. Nehmen wir das?"