Für Pifla: "Addio Addio Afiore".

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Für Pifla: "Addio Addio Afiore".
Für Pina: "Addio Addio Amore".
Für Pina: "Addio Addio Amore".
Atelier-Abend auf Pact-Zollverein mit Bausch-Tänzern
Veröffentlicht am 17.05.2013, von Marieluise Jeitschko
Essen - Zweimal im Jahr lädt "Pact Zollverein" zu einem Atelier-Abend mit Werkstattcharakter ein. Die Reihe bietet neuer Kunst eine
Plattform und versteht sich als ein choreografisches Experimentierfeld. Darauf versammelten sich nun in einem "Atelier Spezial"
Mitglieder des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch und gaben mehr oder minder ausgereifte choreografische Versuche am
eigenen Leib zum besten.
Nur Regina Advento kündigte vorsorglich an, dass es sich bei ihrem Stück "? Minuten - Beat" um work in progress handele. Was
es heißt, "Rhythmus im Blut haben", wisse sie seit einer medizinischen Untersuchung, als sie hören konnte, wie der pulsierende
Herzschlag das Blut rauschend durch den Körper pumpt - mal stürmisch wie ein Wasserfall, mal gleichmäßig wie ein ruhig
dahinfließender Strom. An einen Besuch von Wasserfällen habe sie das erinnert, wie sie mit großer Eleganz erzählt (vermutlich
sind die brasilianischen Iguaҁu-Fälle gemeint, die Bauschs Brasilien-Stück "Agua" inspirierten). Medizinische Aktionen wie
Blutdruckmessen, Internet-Recherchen und Herz-Projektionen wechseln mit Tanzsequenzen. Und da kam Stimmung auf. Adventos
Partner, Breakdancer Lin Verleger von der Streetart-Initiative "Pottporus" (Herne), gibt so richtig Gas. Als schwebe sein Körper auf
lautlosen, unsichtbaren Rollen, als bestehe sein Körper nur aus Sehnen und Muskeln so verbiegt und verdreht er sich. Advento
zeichnet brav mit den Armen geometrische Muster in akkurater Metronomtaktung und schlängelt sich zwischendurch unter seinem
Armbogen oder die gespreizten Beine durch - auf der Suche nach dem anatomischen Ort von Rhythmus im Blut? Auf das
Endprodukt dieses originellsten Beitrags darf man jedenfalls gespannt sein.
Das perfekte Solo für einen Wettbewerb lieferte Aleš Čuček mit "slowly Bye Phrases" ab. Ob sich hinter dem Artistenakt
"Clandestine" von Nazareth Panadero und Michael Strecker (mit drei! Stühlen) Maurice Béjarts Eheduett "Stühle" verbirgt, blieb
offen.
"Für Pina" tanzten Aida Vainieri, Ditta Miranda Jasjfi und Daphnis Kokkinos. In ihrem Solo mit musikalischer Begleitung durch einen
hünenhaften Bratschisten "Something in the Air" blieb Jasjfi ganz nah bei ihren Soli in Bausch-Stücken, aber längst nicht so frei.
Vainieri brachte in “Redrain” mit ihrem Partner, dem türkischen Musiker Önder Özkara, türkisches Flair auf die Bühne. Da ballte
sich mitunter zu vieles zusammen: knallbunte Naturvideos und -geräusche, Musik, Tanz, Sprache gleichzeitig; im Raum stehen drei
bunt kostümierte Schaufensterpuppen und eine zweistöckige Behausung aus Bambusstäben. Rührend die "Danzón"-Assoziation
(projizierte Goldfische mit der winzig wirkenden, Abschied winkenden Pina Bausch davor an der Rampe) mit einem kunterbunten
Heer quirliger Gummifischchen.
Mit Videos, wie sie in so vielen der internationalen Bausch-Produktionen Verwendung finden, operiert auch Daphnis Kokkinos in
dem Auftakt-Stück "Addio Addio Amore" - am schönsten ein Ausschnitt, offenbar aus Nordindien, mit einer Rikscha, in der Pina und
Kokkinos zu erkennen sind. Zu Beginn tritt er im hellen Anzug zwischen den schwarzen Samtportieren auf - so feierlich wie ein
jung Verliebter, der um die Hand seiner Angebeteten anhält, mit einem Strauß Tulpen in der Hand. Fast unbemerkt entledigt er
sich am Bühnenrand seiner Kleider für sein erstes Solo in schwarzem "Turn"-Zeug. Technik und Ausstrahlung rauben ein bisschen
den Atem. Schnell aber tauscht der Grieche den charismatischen Tänzer gegen den Regisseur aus, fischt sich aus dem Publikum
(nicht ganz zufällig gewählte) Mitspieler heraus, herzt hier und da jemanden, verteilt Komplimente und plaudert en passant. Später
trippelt er, von einer blauen Georgette-Wolke verhüllt, in Pumps herein (Marlene Dietrich würde ob dieser Beine - abgesehen von
dem schwarzen Pelz auf den Waden vielleicht - vor Neid erblassen!) und tanzt innig umschlungen mit seinem schüchternen Partner
Pablo Aran Gimeno Tango. Auch eine federleichte Musette und dieser wuchtige Schostakowitsch-Walzer erinnern an Abende von
Pina. Irgendwann erklingt "Addio Addio Amore". Und dann steht er wieder zwischen schwarzem Samt mit seinen Blumen. Sie
lassen die Köpfe hängen.
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Für Pina: "Addio Addio Amore".
Regina Advento und Lin Verleger vom Tanztheater
Wuppertal mit "? Minuten - Beat"
© Ursula Kaufmann
Choreograf Nazareth
Panadero vom Tanztheater
Wuppertal in „ATELIER
Spezial“
© Ursula Kaufmann
Aleš Čuček vom
Aida Vainieri vom
Tanztheater Wuppertal mit Tanztheater Wuppertal
"slowly Bye Phrases"
bringt in “Redrain”
© Ursula Kaufmann
türkisches Flair auf die
Bühne
© Ursula Kaufmann
Ditta Miranda Safji vom
Tanztheater Wuppertal in
ihrem Solo "Something in
the Air"
© Ursula Kaufmann
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