Eugenides Jeffrey, Middlesex
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Eugenides Jeffrey, Middlesex
Jeffrey Eugenides, Middlesex 2002 Eine Geschichte, die berührt. Jemand, der in der Pubertät das Geschlecht wechselt, weil ihm eine Zementierung des nur unvollkommen ausgebildeten bisherigen Geschlechts in Aussicht gestellt wird, hat es unendlich schwer. Die Einfühlung in die von Zweifeln und Ängsten zerrissene Welt dieses Jugendlichen gelingt. Dass eine solche hermaphroditische Existenz genetisch angelegt ist, mag sein und ist ein interessanter Aspekt. Ebenso, dass man diese Vorgeschichte mit genauen Blicken auf den historischen Kontext verbindet, überzeugt und fesselt. Cal, geborene Calliope (die Muse der epischen Dichtung, die immer wieder anhebt zu singen und die Cal dazu bringt, seine Lebensgeschichte episch aufzurüsten) ist griechischer Abstammung, aus einem ionischen Dorf in der späteren Türkei, nahe Bursa. Der Erzähler, in mittleren Jahren, greift immer wieder zurück auf seine Vergangenheit und die der Familie, bis zu den Großeltern (Unterbrochen wird dies durch kürzere oder längere Exkurse in die Gegenwart des Erzählers, unglücklicher Liebhaber in diplomatischen Diensten) Der erste Rückgriff reicht nur bis zur Geburt Cals; die wesentlichen Personen, Eltern, Großeltern, Bruder, werden so eingeführt. Ebenso wird suggeriert, dass der Wunsch von Cals Eltern, Milt und Tessie, nach einem Mädchen als zweites Kind magische Ausmaße annimmt und Cal als (unerkannter) Junge im Mädchen zur Welt kommt. Die Mutter wehrt sich gegen solche Voraussagen (Tradition der Eingewanderten), der Vater will alles tun, um den Wunsch zu erzwingen (amerikanischer Optimismus). Die Großeltern Desdemona (Des) und Eleftherios (Lefty) sind Seidenraupenzüchter, die im griechisch-türkischen Konflikt zu Beginn der 20er Jahre zuerst ihre Eltern, dann ihr gesamtes Hab und Gut verlieren. Wie durch ein Wunder entkommen sie aus dem brennenden Smyrna nach Amerika. Auf dem Schiff heiraten sie, Desdemona mit schlechtem Gewissen, das sie bis zum Tod verfolgt. Sie verschweigen den Inzest. Desdemona präfiguriert auch die Unbedarftheit Calliopes gegenüber dem eigenen Körper. Nachdem sie vorgetäuscht haben sich nicht zu kennen, spielen sie das verliebte Paar auf dem Schiff und lassen sich trauen. Sie finden Unterschlupf bei Kusine Sourmelina, einer mit Zizmo, einem SchnapsSchmuggler, verheirateten Lesbierin. Lefty findet Arbeit am Fließband, macht während der Prohibition eine geheime Kellerkneipe (Zebra Room) auf. Ein Stück über den Minotaurus bringt beide Paare zur Zeugung. Zizmo argwöhnt, dass das Kind Sourmelinas nicht von ihm ist, setzt sich ab, ein Ertrinken im Eis vortäuschend. Milton ist, entgegen Des’ Befürchtungen, völlig normal, ebenso wie seine jüngere Schwester Zoe. Während der Depression findet Des Arbeit bei einer muslimischen Sekte, der nur Schwarze angehören, als Lehrerin für Seidenraupenzucht. Als ihr Anführer entpuppt sich später Zizmo. Lefty verdient sich mit der Rekrutierung von Mädchen für Nacktfotos etwas dazu. Im Zweiten Weltkrieg wirbt Milt um Tessie (hautnah mit Klarinette), doch die wird mit einem griechischen Priester verlobt, Michael Antoniou (Father Mike). Milt flieht zur Navy, entkommt mit knapper Not dem Krieg (er meldet sich zu einer Offiziersprüfung und besteht sie). Er heiratet seine Kusine Tessie dem Priester weg, der sich mit seiner Schwester Zoe begnügen muss und nach Griechenland zurückgeht. Nach seiner Entlassung aus der Armee baut Milt eine Diner-Kette auf. Währenddessen verspielt Lefty, der nicht mehr arbeiten muss, seine gesamten Ersparnisse. Er verliert bei einem Schlaganfall die Sprache, als der Erzähler zur Welt kommt. Rassenunruhen in Detroit folgen. Milt verbarrikadiert sich in seinem Diner. Doch es wird zerstört. Dank einer dreifachen Versicherungs-Entschädigung kann Milt in eine neue ImbissKette (Hercules Hot Dogs) investieren. Umzug in eine vornehmes Haus in der Middlesex Avenue. Lefty stirbt, nach schrittweisem Verlust des Bewusstseins. Des legt sich ins Bett, um nicht mehr aufzustehen. Calliope entwickelt an der Schwelle zur Pubertät keine weiblichen Formen wie ihre Klassenkameradinnen, leidet darunter. Sie hat Schmerzen in der Scheide, wo, von keinem bemerkt und von ihr, mangels Aufklärung nicht vermutet, rudimentäre männliche Geschlechtsorgane sitzen. Sie verbirgt ihren Körper. Sie verbirgt ihr Gesicht hinter dem nie geschnittenen Kopfhaar, Sie wächst sehr stark, Körperhaare sprießen, die Stimme wird dunkel. Calliope verliebt sich in eine neue Klassenkameradin. Sie hat erste sexuelle Erlebnisse mit ihr und ihrem Bruder Jerome. Sie täuscht die Periode vor. Die Zypernkrise verhindert einen Urlaub der Familie in Smyrna / Bithynios Nachdem Calliope einen Unfall hat, wird ihre Anomalität zufällig entdeckt. Ein landesweit bekannter Sexualforscher untersucht sie, in erster Linie, um sein Renommee als Wissenschaftler zu vergrößern. Er rät zu einer Operation und Hormonbehandlung, die die weibliche Identität festigen soll ( die aber durchaus riskant ist, wie Calliope im Bericht des Arztes liest. Sie beschließt, ihre männliche Identität zu behalten und flüchtet. (Das Fehlurteil des Arztes ist allerdings auch darin begründet, dass Calliope ihm ihre wahren Gefühle bei den Sexspielen verschwiegen hat – aus Scham) Als in Kalifornien Cals (so nennt sich der Erzähler jetzt) Geld zuende ist – bzw. er von Obdachlosen ausgeraubt wird – verdient er seinen Lebensunterhalt, indem er in einer Peepshow seine Anomalie zur Schau stellt. Als die Polizei die Sex-Show schließt, wird er seinen Eltern zurückgegeben. Doch sein Vater ist tot. Father Mike hat ihn aus Rache zum Schein erpresst, versprochen seine Tochter zurückzugeben gegen eine hohe Summe Geld. Nach einer wilden Verfolgungsjagd stürzt Milts Auto in den Grenzfluss zu Kanada, wohin sich Mike absetzen wollte.