4. Baulicher Schallschutz
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4. Baulicher Schallschutz
123 4. Baulicher Schallschutz 4.1 Einleitung Bauakustik Im Rahmen der angewandten Akustik fallen in das Gebiet der Raumakustik alle Schallerscheinungen, die sich innerhalb eines Raumes abspielen. Die Zielsetzung der Bauakustik besteht hingegen darin, das Eindringen von Geräuschen in einen Raum zu verhindern, sie umfasst also den Schallschutz durch Schalldämmung. Der Begriff „Schutz“ sagt bereits, dass hier Menschen vor unerwünschter Geräuschbelästigung, sei es innerhalb eines Gebäudes oder durch die Schallübertragung der Fassade geschützt werden sollen. Die Bedeutung des Schallschutzes wird deutlich ausgedrückt in Statistiken über die Lärmbelästigung, Bild 4.1. Man sieht, dass die Verkehrsarten, insbesondere der Straßenverkehrslärm und der Lärm durch Nachbarn eine hohe Priorität besitzen, wenn es darum geht, Menschen in ihren Wohnungen, in denen sie sich ja erholen wollen, zu schützen. Die Eigenschaften des Schalls werden oft mit denen des Lichts verglichen, und in der Tat gibt es insbesondere in der Bild 4.1. Anteil der bundesweit Raumakustik zwischen beiden viele Lärmbetroffenen als Funktion der Lärmart Parallelen. Doch während es keine prinzipiellen Schwierigkeiten bereitet, einen Raum gegen den Einfall von Licht völlig abzuschirmen, gelingt dies für den Schall nur mehr oder weniger unvollkommen, eine gänzlich schallundurchlässige Wand gibt es praktisch nicht. Nur sehr wenige feste Stoffe lassen Licht durch oder leiten es weiter, wie z. B. Glas. Dagegen wird Schall von allen festen Körpern übertragen, übrigens auch von allen Flüssigkeiten und Gasen. Wir müssen also davon ausgehen, dass jedes Bauteil eine Schallerregung weiterleitet. Doch wenn es auch keinen absoluten Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen gibt, eine völlige akustische Isolation vielleicht auch gar nicht sinnvoll ist („Aquariumeffekt“), so wissen wir aus Erfahrung, dass der Grad der Schallübertragung sehr verschieden groß ausfallen kann. Wenn bestimmte Standards nicht eingehalten werden, führt das eben zu Häusern mit sog. hellhörigen Wohnungen, dem gilt es vorzubeugen. Für den Architekten und Bauingenieur kommt es in erster Linie darauf an zu wissen, wie Wände, Decken und die anderen, zum Bau gehörenden Teile, angeordnet, aufgebaut und beschaffen sein müssen, damit die Menschen im Gebäude ausreichend gegen die Übertragung von Geräuschen geschützt sind. Im Rahmen der Bauakustik werden hierfür Regeln aufgestellt und Unterlagen geschaffen. Doch in Planung und Ausführung hängen die Maßnahmen die sich daraus ergeben, von dem Grad der Schalldämmung ab, der entweder durch 124 gesetzlich bindende Mindestanforderungen oder darüber hinaus durch privatrechtlich vereinbarte Anforderungen, beispielsweise in Komfortbauten, erreicht werden muss. Der "ausreichende" Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen hängt zunächst von dem Verwendungszweck benachbarter Räume ab. Die Regelwerke unterscheiden Kategorien wie Wohnungen, Unterrichtsräume, Krankenzimmer, Hotelzimmer und Büros, das bedeutet, was zwischen zwei Büroräumen einer Firma noch als ausreichende Dämmung gegen eine Schallübertragung angesehen werden kann, reicht für zwei nebeneinander liegende Wohnungen nicht aus. Eine zwischen benachbarten Wohnungen ausreichende Schalldämmung genügt wiederum nicht, wenn an eine Wohnung eine Gaststätte grenzt. Dass in diesen Fällen verschieden große Anforderungen an die Schalldämmung gestellt werden müssen, ist ohne weiteres einzusehen. Aber über das. was nun in jedem Fall als ausreichend gelten kann, müssen wir uns letztlich auf menschliche Urteile stützen, und was der eine für ausreichend hält, empfindet der andere als unzureichend. Wie in fast allen Anwendungsbereichen der praktischen Akustik stoßen wir auch hier wieder auf das Problem, die Urteile über Sinneswahrnehmungen, die nie einheitlich sind, in einen Bewertungsmaßstab umzuformen. Die Bewertung „ausreichend" kann sich daher nur auf das Urteil eines statistischen Durchschnittes beziehen. So ist es zu verstehen, dass es immer Menschen gibt, die - von ihrem Standpunkt zu Recht - die in Normvorschriften als ausreichend bezeichneten Schalldämmungen für nicht ausreichend halten. Dieser Umstand führt in der Praxis nicht selten zu unliebsamen Differenzen, wenn nämlich ein Bauherr nach Fertigstellung seines Hauses über eine zu große Geräuschbelästigung klagt, die Überprüfung dann aber ergibt, dass die einschlägigen Normvorschriften eingehalten sind. Der Architekt ist ohne besondere Vereinbarungen nur verpflichtet, die vom Gesetzgeber als ausreichend bezeichneten Schalldämmungen zu erreichen. Mancher Bauherr, der informiert worden wäre, hätte aber für einen verbesserten Schallschutz die dazu erforderlichen Mittel bereitgestellt, welche die Gesamtbaukosten auch nur unwesentlich vergrößert hätten, wenn die höhere Schalldämmung von vornherein eingeplant worden wäre. Dagegen ist eine nachträgliche Verbesserung einer unzureichenden Schalldämmung immer mit relativ großen Kosten verbunden. Noch ein beachtenswerter Umstand beeinflusst in der Praxis das Urteil über die Qualität einer Schalldämmung. Die meisten Klagen über einen angeblich nicht ausreichenden Schallschutz kommen nämlich aus Wohngegenden, in denen der Pegel der allgemeinen Umgebungsgeräusche sehr niedrig liegt, also aus sogenannten ruhigen Wohngebieten. Diese auf den ersten Blick merkwürdige Tatsache ist aber leicht zu erklären. Von einem höheren Grundgeräuschpegel beispielsweise in einer großen Stadt, werden die normalerweise in einem Mehrfamilienhaus produzierten Geräusche, die bei einer nach Norm ausreichenden Schalldämmung noch übertragen werden, überdeckt, bei geringerem Grundgeräuschpegel dagegen werden sie hörbar und stören dann. Hieraus folgt als Nutzanwendung, dass gerade bei Häusern in ruhigen Wohngegenden eine gegenüber den Mindestanforderungen höhere Schalldämmung angestrebt werden sollte. Um den Grad einer Schalldämmung festlegen und feststellen zu können, sind besondere Dämmmaße gebräuchlich, die auf genormten Messverfahren basieren, darauf soll später noch ausführlicher eingegangen werden. 125 Erst wenn bei der Planung eines Baues klar geworden ist, wie hoch der Schallschutz sein muss, können in einem Nachweis die Maßnahmen im einzelnen festgelegt werden, durch die man eine entsprechende Schalldämmung erreicht. Entsprechend den verschiedenen möglichen Geräuschursachen sind verschiedenartige Maßnahmen erforderlich. Um für jede der möglichen Geräuschursachen eine wirksame Schalldämmung anzulegen, muss man wissen, auf welche Weise Geräusche von der Geräuschquelle über die Bauteile in fremde Wohn- und Arbeitsräume gelangen können. 1. Anregung von trennenden Bauteilen durch die Geräuschquelle, Bild 4.2 : Bild 4.2. Die verschiedenen Arten der Bauwerksanregung und –übertragung © Verlag Europa Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH a) die Bauteile werden durch Luftschall angeregt, das heißt von Schallwellen, die zum Beispiel durch Sprechen, Singen, von Musikinstrumenten oder von Lautsprechern in Rundfunk- und Fernsehgeräten erzeugt werden und beim Ausbreiten in der Luft auf Bauteile auftreffen, die den Luftraum begrenzen. b) ein Bauteil wird direkt zu Körperschall, das sind mechanische Schwingungen im hörakustischen Frequenzbereich, angeregt, d.h. zwischen dem Geräuscherzeuger und dem Bauteil besteht eine mehr oder weniger feste mechanische Verbindung. Hierzu gehört die Anregung des Fußbodens durch die Geräusche, die beim Begehen erzeugt werden, der sogenannte Trittschall. Mit dieser Anregungsart haben wir es aber auch zu tun, wenn beispielsweise Teile, die zur Wasserversorgung eines Hauses gehören, wie Leitungen, Armaturen, Wasch-. Toiletten- und Wannenbecken fest mit einer Wand oder Decke verbunden sind. Hierbei wird Körperschall beim 126 Einlaufen oder Auslaufen von Wasser erzeugt. Entsprechendes gilt auch für fest montierte haustechnische Geräte und Anlagen, wie Fahrstühle, Müllschlucker, Heizungen, etc.. 2. Wege der Schallübertragung über die Bauteile. Es gibt prinzipiell zwei Wege, auf denen Geräusche über die Bauteile übertragen werden, Bild 4.3 : a) der direkte Weg, hierunter versteht man die Schallübertragung unmittelbar durch die gemeinsame Trennwand oder Trenndecke zwischen zwei Räumen. b) der indirekte Weg oder Nebenweg, auch mit Flankenübertragung oder Schalllängsleitung bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die Schallausbreitung in den Bauteilen als feste Körper (Körperschall-Leitung). Bild 4.3. Die verschieden möglichen Schallquellen und Übertragungswege in einem Bauwerk. © RWE Bau-Handbuch Technischer Ausbau Während der Schall auf dem direkten Weg praktisch nur in die unmittelbar benachbarten Räume übertragen wird, gelangen Schallanteile auf dem indirekten Weg im Prinzip in alle Räume eines Gebäudes. Die Schallabstrahlung eines über den indirekten Weg angeregten Bauteiles hängt von bestimmten Eigenschaften der Wände oder Decken ab, ob sie die Schallanteile, stark oder schwach in den angrenzenden Luftraum abstrahlen. Nicht zuletzt wird eine Schalldämmung also auch hiervon beeinflusst und muss berücksichtigt werden. 127 Zusammenfassung 1. Luft-Schallschutz. Er umfasst alles, was mit der Dämmung der Geräusche zusammenhängt, die Wände oder Decken direkt durch Luftschall zur Schallübertragung anregen. Er wird gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß R (RW). 2. Luft-Schallschutz gegen den Außenlärm, also hauptsächlich gegen den Lärm des Straßenverkehrs. Der Außenlärm regt in erster Linie die gesamte Fassade eines Gebäudes durch Luftschall an, wobei die Fenster oft Schwachstellen darstellen. Die Fassade wird ebenfalls gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß Rres (RWres). 3. Der Tritt-Schallschutz. Er bezieht sich speziell auf die Übertragung der Geräusche, die am Fußboden durch Tritte, fallende Gegenstände u. a. entstehen. Hierbei handelt es sich also um eine direkte Körperschall- Anregung eines Bauteils, Kenngröße Normtrittschallpegel Ln (LnW). 4. Schutz gegen die Übertragung von Geräuschen, die durch haustechnische oder sonstige technische Einrichtungen erzeugt werden. Die Geräuschquellen, die in diese Gruppe fallen, regen ein Bauteil hauptsächlich auf direktem Wege zur Schallübertragung an, die Anregung durch direkten Luftschall ist dagegen meist zu vernachlässigen. Hier darf ein bestimmter Schalldruckpegel nicht überschritten werden. In allen Fragen des Schallschutzes sollte sich der Architekt oder Bauingenieur in der Praxis an das Normblatt DIN 4109 halten, es trägt den Titel: „Schallschutz im Hochbau“ (1989). Neben den bauaufsichtlich bindenden Mindestanforderungen im Hauptblatt an die oben erwähnten Kenngrößen, findet man darin auch Empfehlungen für höhere Anforderungen oder zum Schallschutz im eigenen Bereich (DIN 4109, Beiblatt 2 und VDI 4100 „Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz in Wohnungen“ (1989, zukünftig in DIN 4109, Teil 10). Das Beiblatt 1 der DIN 4109 gibt schließlich einen ausführlichen Zusammenhang zwischen Konstruktion und Schalldämmung und ist für den Nachweis hilfreich. Die in der DIN 4109 aufgeführten Regeln gelten als anerkannte Regeln der Baukunst, die Mindestforderungen müssen auch dann erfüllt werden, wenn dies zwischen dem Bauherrn und dem Architekten nicht ausdrücklich vereinbart ist. Die DIN 4109 ist hauptsächlich bauteilbezogen, das heißt, es wird nicht gefragt wie laut es später tatsächlich ist, sondern es werden Mindestwerte der akustischen Kenngrößen an die trennenden Bauteile vorgegeben, deren Einhaltung gewährleistet, dass die Lärmbelastung/ -belästigung auf ein im Mittel erträgliches Maß reduziert ist. Deswegen ist das Interesse an einem erhöhten Schutzbedürfnis durchaus gerechtfertigt. Ergänzende Literatur HARTMANN, G.: Praktische Akustik, Bd. 2: Raum- und Bauakustik. R. Oldenbourg Verlag München 1968. 128 4.2 Möglichkeiten zum Schallschutz Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten in Gebäuden Schallschutz zu betreiben: Gegenseitige Rücksichtnahme Dieser an sich selbstverständliche, gesellschaftliche Aspekt des Zusammenlebens, lässt sich in der Praxis manchmal schwer umsetzen, er funktioniert umso besser, je intakter beispielsweise eine Hausgemeinschaft ist. Er kann aber nur zusätzlich wirksam sein, ein Schallschutz, der sich gänzlich darauf verlässt, wäre in hohem Maß unrealistisch. Primärer Schallschutz (Emissionsminderung) Hier ist das Ziel durch Wahl anderer Schallquellen oder durch Maßnahmen an den Schallquellen (geräuscharme Konstruktionen) von vornherein weniger Schall zu erzeugen. Leider sind im Rahmen der Bauakustik die Möglichkeiten dieser höchst effektiven Schallschutzmaßnahmen begrenzt, weil durch bauliche Maßnahmen, weder die Schallerzeugung von Fahrzeugen noch von nachbarlichen Hi-Fi-Anlagen etc. beeinflusst werden können. Bei haustechnischen Anlagen (Armaturen, Heizkesseln, Aufzügen etc.) sollte man jedoch immer versuchen, alle Möglichkeiten der Schallvermeidung auszunutzen und lärmarme Produkte und Verfahren einzusetzen. Sekundärer Schallschutz (Verminderung der Schalltransmission) Dabei werden die vorhandenen Schallquellen als gegeben hingenommen und es wird versucht durch Planungsmaßnahmen, Schallabsorption und hauptsächlich durch Schalldämmung (in Zukunft vielleicht auch durch Antischallquellen) den Lärm an denjenigen Orten zu vermindern, an denen er unerwünscht ist. Dieses ist die eigentliche Aufgabe des baulichen Schallschutzes. Was kann man sich unter planerischen Maßnahmen vorstellen? Diese sind durchaus wichtig zu nehmen, wie die nachfolgenden Bilder zeigen, mit ihnen sollte jede bauakustische Planung beginnen. Man kann damit unter Umständen spätere Probleme verhindern und höhere Anforderungen an die Schalldämmung von vorne herein ausschließen. Bild 4.4 zeigt Möglichkeiten Einfluss durch die Lage einer zu schützenden Bebauung zu nehmen, inklusive des Ausnutzens der Eigenabschirmung, während in Bild 4.5 dargestellt ist, dass man auch durch geschickte Grundrissaufteilung Räume, wie Wohn- oder Schlafzimmer so legen kann, dass innerhalb des Bauwerks solche schutzbedürftigen Räume zusammengefasst und von den Fassaden und geräuscherzeugenden Wohnungsteilen, wie Küchen und Bäder, getrennt werden können. Diese Aussage bezieht sich auch auf die Nutzungsaufteilung bezüglich mehrerer Stockwerke, Bild 4.6 und Bild 4.7, als grundsätzlich günstig gilt also Nasszelle bzw. Küche neben und/oder über Nasszelle bzw. Küche und zusätzlich nichtschutzbedürftige Räume zur „Pufferung“. Ebenso sollten andere haustechnische Anlagen von schutzbedürftigen Räumen entkoppelt sein, Beispiel Aufzugsschacht. 129 Bild 4.4. Planerische Maßnahmen zum baulichen Schallschutz Bild 4.5. Günstige Grundriss-Nutzungsgestaltung. W= Wohnen, S= Schlafen, E= Essen, K= Küche, B= Bad, WG= Wintergarten. © VDI-Verlag Düsseldorf 130 Bild 4.6. Bauakustisch ungünstiger Grundriss hinsichtlich Sanitärgeräuschen u. ä. © VDI-Verlag Düsseldorf Bild 4.7. Bauakustisch günstiger Grundriss hinsichtlich Sanitärgeräuschen u. ä. © VDI-Verlag Düsseldorf 131 ,,Tertiärer“ Schallschutz Dies ist kein Schallschutz im physikalischen Sinne: Dabei wird ausgenutzt, dass das Gehör informationslose oder auch mehr oder weniger angenehme Geräusche bis zu einem gewissen Grade und bis zu einer nicht unbeträchtlichen Lautstärke akzeptiert. Dadurch ist es möglich, störende (weil informationshaltige oder ,,ärgerliche“) Geräusche zu ,,verdecken“; das heißt zu übertönen. Ein harmloses Beispiel ist der plätschernde Springbrunnen im Garten zur Verdeckung von Verkehrslärm. Höchst umstritten sind Lautsprecher in den Decken von Büroräumen, die ein ständig gleiches nicht sonderlich lautes (ca. 40 dB(A)) Rauschen erzeugen und damit als Störung empfundene, andere Geräusche etwas verdecken. Im Zusammenhang mit den prinzipiellen Schallschutzmaßnahmen muss noch folgender wichtiger Aspekt erwähnt werden: Schallschutzprobleme bestehen immer aus der Behandlung m ehrerer Schallquellen und zahlreicher Schallübertragungswege. Leider wird das Endresultat bei einem Schallschutzproblem oft davon bestimmt, welche Schallquelle wenig beachtet und welche Schallübertragungswege „vergessen“ wurden. Konkret: Die beste Dämmung gegen Verkehrslärm, gegen Trittschall, gegen Luftschall etc. nützt wenig, wenn die Benutzung eines Druckspülers dem Nachbarn den Schlaf raubt. Die besten Fenster, dicksten Wände, weichsten Teppiche, geräuschärmsten Armaturen etc. kommen nicht richtig zur Wirkung, wenn alle paar Minuten ein Zug in einem dicht beiliegenden Tunnel vorbeirumpelt. Die Berücksichtigung aller Geräuschquellen und das Auffinden aller Schallübertragungswege ist die wichtigste Aufgabe der Bauakustik im Planungsstadium. 4.3 Luftschalldämmung 4.3.1 Erläuterung des Begriffs, Definition des Schalldämm-Maßes Physikalisch erfolgt die Luftschallübertragung dadurch, dass durch den Schall (Wechseldruck) die Wände und Decken oder auch die Wandungen einer Maschinenkapsel in ganz kleine Bewegungen -im Nanometer- bis Mikrometerbereich d.h. 10- 9 bis 10 - 6 m - versetzt werden. Diese winzigen Wand- bzw. Deckenbewegungen versetzen auf der ,,anderen Seite" die Luft wiederum in Wechselbewegungen; d.h. sie verursachen Schallabstrahlung. Man hat es also mit einer Umwandlung Luftschall - Körperschall - Luftschall zu tun. Bei der Übertragung durchdringt nur ein Bruchteil der auffallenden Schallleistung das trennende Bauteil, weswegen weniger Schall abgestrahlt wird als auf das Bauteil auffällt. Dieses hat verschiedene Ursachen, Bild 4.8. Zum einen treten Effekte auf, die im Abschnitt Raumakustik bereits Bedeutung hatten, nämlich Reflexion und Absorption, zum anderen sind es Verluste durch Körperschalldämpfung des schwingenden Bauteils selber und Körperschallfortleitung in das gesamte Bauwerk („Energiezerstreuung“). 132 Zur Kennzeichnung der Luftschalldämmung wird das im allgemeinen immer frequenzabhängige Schalldämmmaß R in dB verwendet. Es ist definiert durch das logarithmierte Verhältnis der auf einer Seite eines Bauteiles auffallenden Schallleistung P 1 zu der auf der anderen Seite abgestrahlten Schallleistung P2 (in der Literatur manchmal auch Schallisolationsmaß) R = 10 log Bild 4.8. Schalldurchgang durch ein Trennelement. (1) auftreffender Schall, (2) reflektierter Schall, (3) Verlust durch Struktur, (4) Verlust durch Körperschallableitung, (5) abgestrahlter Schall. © Verlag Tribüne Berlin P1 P2 Wie man sieht, ist das Schalldämmmaß ein Relativmaß, das bedeutet hier, je größer (!) das Schalldämmmaß ist, umso besser ist die Schalldämmung. 4.3.2 Messung des Schalldämmmaßes (DIN EN ISO 140) Die Messung kann im Labor oder am Bau stattfinden, zur Unterscheidung bekommt der Buchstabe R einen Strich, wenn die Messungen unter Praxisbedingungen erfolgten, R′ . Warum diese Unterscheidung, zeigt schematisch Bild 4.9. Bild 4.9. Luftschallübertragungswege zwischen benachbarten Räumen (schematisch) © Verlag für Bauwesen Berlin 133 Im Prüfstand handelt es sich im Wesentlichen nur um Direktschallübertragung, das bedeutet man bekommt Aussagen nur über das trennende Bauteil alleine, während Bild 4.10. Messung des Schalldämmmaßes R im nebenwegsfreien LaborPrüfstand. © Bruel&Kjaer in der Praxis alle Flanken und Einbaubedingungen das Ergebnis beeinflussen. Das Messprinzip ist aber in beiden Fällen identisch und wird in Bild 4.10 dargestellt. Zwei Räume werden durch ein bauakustisch unbekanntes Bauteil der geometrischen Fläche SWand getrennt. Man misst den Schalldruckpegel jeweils im künstlich angeregten Senderaum ( LpSende ) und im Empfangsraum ( LpEmpfang ) sowie die Nachhallzeit im Empfangsraum, um dort die äquivalente Absorptionsfläche Aempfang bestimmen zu können (SABINE- Formel, vergleiche den Abschnitt Raumakustik; bei Anregung eines Raumes mit einer bestimmten Schallleistung, hängt die Höhe des Schalldruckpegels im Raum immer von seinem Absorptionsvermögen ab). Aus dem oben definierten Leistungsverhältnis wird dann eine Pegelgleichung in folgender Form S R = LpSende − LpEmpfang + 10log Wand . Aempfang Auf ähnliche Art und Weise kann beispielsweise auch die Schalldämmung von Bild 4.11. Messung des Schalldämmmaßes eines Fassadenelementes in situ. © Bruel&Kjaer 134 Fassadenelementen in situ bestimmt werden, wie Bild 4.11 zeigt. Gemessen wird in jedem Fall in Terzen im bauakustischen Frequenzbereich zwischen 100 Hz und 3150 Hz, erweitert auch zwischen 50 Hz und 5000 Hz. Das Ergebnis ist im allgemeinen immer frequenzabhängig. 4.3.3 Andere Dämm-Maße Das Labor-Schalldämmmaß ist eine reine bauteilbezogene Größe, sie sagt nichts darüber aus, wie laut es in einem Raum später tatsächlich sein wird, wenn man nicht die anregende Schallleistung, die schallübertragende Fläche und die Absorption im Empfangsraum genau kennt. Das Schalldämmmaß ist zum Beispiel immer dann notwendig, wenn Anforderungen aus der DIN 4109 nachgewiesen werden müssen oder aber wenn die Schalldämmung in einem Bauwerk aus mehreren Einzelelementen mit bekannten Einzel-Dämmmaßen errechnet werden muss. Im Sinne des Schallschutzes wäre es sinnvoll in Standardbauten direkt auf den Schalldruckpegel eines schutzbedürftigen Raumes schließen zu können. Aus diesem Grund haben sich in letzter Zeit immer mehr auch andere Größen durchgesetzt, siehe ISO 140-4, dabei sind üblich: Die auf eine Bezugs-Nachhallzeit bezogene Standard-Schallpegeldifferenz DnT in dB DnT = LS − LE −10log T To sowie die auf eine Bezugs-Absorptionsfläche bezogene Norm-Schallpegeldifferenz Dn in dB Dn = LS − LE −10log A , Ao darin bedeuten: LS zeitlich und örtlich gemittelter Schalldruckpegel im Senderaum in dB LE zeitlich und örtlich gemittelter Schalldruckpegel im Empfangsraum in dB A äquivalente Schallabsorptionsfläche im Empfangsraum in m2 Ao äquivalente Bezugs-Schallabsorptionsfläche, im allgemeinen 10 m 2 , bei Klassenzimmern und Schulen 25 m2 T Nachhallzeit im Empfangsraum in sec To Bezugs-Nachhallzeit in sec, in Wohnbauten 0.5 sec. Zur Kennzeichnung der Schalldämmung sind zum Beispiel für transportable Kabinen in der Simultanübersetzung auch einfache Pegeldifferenzen LS − LE möglich. Man muss sich aber darüber im Klaren sein, das eine einfache Pegeldifferenz immer von den akustischen Eigenschaften des Empfangsraumes abhängt und man sie beispielsweise durch Anbringen von Absorption beeinflussen kann. Deswegen ist die Angabe bei Simultankabinen an ganz spezifische Bedingungen geknüpft, die in einer DIN 56924 Teil 2 festgelegt sind. Da die Nachhallzeiten verschieden großer Wohnräume aufgrund ihrer Möblierung in der Praxis nur wenig schwanken, werden in diesem Bereich StandardSchallpegeldifferenzen in den letzten Jahren europaweit anstelle des 135 Schalldämmmaßes immer häufiger angewendet, auch werden voraussichtlich in Deutschland Mindestanforderungen auf diese Größe mittelfristig umgestellt (DIN 4109). Zusammen mit der Fläche S des trennenden Bauteils in m2 sowie dem Volumen des Empfangraumes VE in m3 lassen sich die Größen ineinander umrechnen: DnT = Dn + 10 log VE V = R′ + 10 log E − 5 . 30 S Auch Schallpegeldifferenzen sind im allgemeinen immer frequenzabhängig. 4.3.4 Bewertetes Schalldämmmaß (DIN EN ISO 717) Um ein praktikableres Maß zu erhalten, wird nach DIN EN ISO 717 aus dem Frequenzverlauf der Schalldämmung ein Einzahlwert generiert, das sogenannte ′ , die Vorgehensweise gilt analog auch für bewertete Schalldämmmaß RW bzw. RW die Schallpegeldifferenzen ( Dn,W ; DnT ,W ). Das bewertete Schalldämmmaß wird gebildet, in dem der frequenzabhängig vorliegende Schalldämmverlauf mit einer sogenannten Bezugskurve (oder Sollkurve) verglichen wird, Bild 4.12. Bild 4.12. Bezugskurve und Prozedere zur Bestimmung des bewerteten Schalldämmmaßes Rw (Beispiel 41 dB). B= Bezugskurve, Bv= verschobene Bezugskurve, M= gemessener Verlauf, U= zugelassene mittlere Abweichung. © Springer Verlag 136 Die Bezugskurve hat den idealisierten Verlauf des Schalldämmmaßes einer 25 cm dicken Vollziegelwand. Bei der Bewertung wird sie soweit nach oben oder unten verschoben, bis die Summe der mittleren Unterschreitungen durch die Schalldämmkurve über alle Terzwerte nicht mehr wie 2 dB beträgt. Die Verschiebung erfolgt in ganzzahligen dB-Schritten. Das bewertete Schalldämm-Maß ist dann der Wert der verschobenen Bezugskurve bei 500 Hz. Veraltet und nur noch in früherer Literatur gebräuchlich ist das sogenannte Luftschallschutzmaß LSM, das sich aus dem bewerteten Schalldämmmaß berechnet zu LSM = RW − 52 . 4.3.5 Spektrum-Anpassungswerte An dem Verlauf der Bezugskurve ist kritisiert worden, dass sie die im Wohnbereich oder durch Verkehr verursachten Geräuschspektren zu wenig berücksichtigt, indem sie tiefe Frequenzen zu gering, hohe Frequenzen dagegen zu stark bewertet. Aus diesem Grunde sind in der DIN EN ISO 717 sogenannte SpektrumAnpassungswerte C und C tr definiert. Damit lässt sich abschätzen, wie sich ein Bauteil oder ein Gebäude gegenüber unterschiedlichen Lärmarten, wie zum Beispiel Wohnlärm oder Verkehrslärm, verhält. Ausgangsgrößen zur Bestimmung der Spektrum- Anpassungswerte sind die in den Bildern 4.13 und 4.14 dargestellten Referenzspektren. Bild 4.13. Referenzspektrum (Abewertetes rosa Rauschen ) zur Berechnung des SpektrumAnpassungswertes C. © Verlag f. Bauwesen Berlin Bild 4.14. Referenzspektrum (Abewerteter städtischer Straßenverkehr ) zur Berechnung des Spektrum- Anpassungswertes Ctr. © Verlag f. Bauwesen Berlin Das eine Referenzspektrum (rosa Rauschen) dient vor allem der Nachbildung von Wohngeräuschen, aber auch von Straßen- und Schienenverkehrsgeräuschen bei hohen Geschwindigkeiten. Das andere Referenzspektrum bildet das Geräusch 137 innerstädtischen Straßenverkehrs nach, ist aber auch für Schienenverkehr mit geringer Geschwindigkeit verwendbar. Die Spektren sind A- bewertet und so normiert, dass ihr Gesamtschalldruckpegel 0 dB beträgt. Zur Bestimmung der Spektrum- Anpassungswerte sind folgende Schritte notwendig n RA = −10 log ∑10 (L pi −Ri ) / 10 dB(A) i =1 bzw. n RA,tr = −10 log ∑10 (L pi ,tr −Ri ) / 10 dB(A) , i =1 darin sind Lpi bzw. Lpi,tr Werte des verwendeten Referenzspektrums Ri Werte des Schalldämm-Spektrums (auch DnT ,i oder Dn,i ) i Index für das entsprechende Terz- (oder Oktav)band. Die Spektrum- Anpassungswerte C und Ctr ergeben sich dann aus der Differenz mit dem bewerteten Schalldämmmaß C = RA − RW bzw. Ctr = RA,tr − RW . 4. 3. 6 Anregung und Abstrahlung einer Wand, Koinzidenz Die Frage ist, in welcher Form nun die Wand schwingt, wenn sie durch eine auftreffende (ebene) Luftschallwelle mit der Wellenlänge λ in m angeregt wird und auf der anderen Seite wieder Schall abstrahlt. Entscheidend ist dabei die sogenannte Spurwelle. Die Spurwelle ist nichts anderes als die unter dem Auftreffwinkel ϑ (zur Flächennormalen) auf die Wand projizierte Luftschallwelle mit der Spurwellenlänge λS λS = λ c . = sin ϑ f ⋅ sin ϑ Die Spurwelle bewirkt nun die Anregung der Wand mit gleicher Frequenz, Phase und Kraft, dabei wird bei den meisten plattenähnlichen Strukturen wie Wände, Decken, etc der Wellentyp „Biegewelle“ mit der Wellenlänge λBe erzwungen, λBe = λS , 138 Bild 4.15. Wie man sieht, erzeugt eine unter ϑ = 0° einfallende Luftschallwelle keine Biegewelle, weil die Spurwellenlänge unendlich ist, die Wand schwingt als ganzes mit ihrem Flächengewicht hin und her. Das andere Extrem ist ein Einfallswinkel von ϑ = 90° , der sogenannte „streifende Einfall“, hier sind Luft- und Spurwellenlänge gleich, weil sin 90° = 1 ist, die Spurwellenlänge λS kann also nie kleiner als λ werden. Bild 4.15. Entstehung einer erzwungenen Biegewelle. (1) auftreffende Schallwelle, (2) reflektierte Schallwelle, (3) durchgelassene Schallwelle, (4) schwingende Platte. © Verlag Tribüne Berlin. Nun gehört aber zu jeder plattenähnlichen Struktur, wie sie eine Wand darstellt, ohne erzwungene Anregung, nur aufgrund der Abmessung und des Materials, eine sogenannte freie Biegewellenlänge λB λB = 2π 4 B ⋅ f m′′ mit f Frequenz in Hz m′′ Masse pro Fläche in kg/m2 B bez. Biegesteife in N/m, hier E h3 B= ⋅ 1− µ2 12 mit E Elastizitätsmodul in N/m2 µ Querkontraktionszahl 0,3...0,4 h Wanddicke in m. Erfolgt jetzt die Anregung der Wand so, dass die Spurwellenlänge bzw. erzwungene Biegewellenlänge gerade mit der freien Biegewellenlänge übereinstimmt, also λS = λBe = λB ist, dann ergeben sich resonanzartige Erhöhungen der Wandschwingungen, was zu einer Verminderung der Schalldämmung führt; diese Eigenschaft bezeichnet man mit S p u r a n p a s s u n g oder Koinzidenz, die dazu gehörende Frequenz mit Koinzidenzfrequenz. Die niedrigste Koinzidenzfrequenz ergibt sich für einen 139 Einfallswinkel von 90° (streifender Einfall), bei der dann entsprechend der obigen Gleichungen gilt λ = λB Die zu dieser Bedingung gehörende Frequenz heißt Koinzidenz-Grenzfrequenz fg . Durch Einsetzen der obigen Formelzusammenhänge erhält man fg = c2 m′′ 1 ρwand ⋅ = 6, 4 ⋅ 104 ⋅ ⋅ B h E 2π mit c Luftschallwellenlänge etwa 340 m/s, ρwand Dichte des Wandmaterials in kg/m3 (eben, homogen). Bei einem Schallfeld in einem geschlossenen Raum treffen aufgrund der vielen Reflexionen (Diffusität) die Schallwellen unter allen möglichen Winkeln 90°... 0° auf eine Wand oder Decke (verallgemeinert Platten) auf, so dass oberhalb der Koinzidenz-Grenzfrequenz eine ganze Reihe von Koinzidenzfrequenzen auftreten, was zu einem Schalldämmungseinbruch in einem breiteren Frequenzbereich führt. Die Tiefe dieses Einbruchs ist vom Verhältnis der Plattenabmessungen zur Wellenlänge der Koinzidenzgrenzfrequenz sowie von den Strukturverlusten (Dämpfung) des Plattenmaterials abhängig. Große Platten mit hohen Verlusten haben einen geringen Koinzidenzeinbruch, wobei dickere Platten sogar ein fast konstantes Schalldämmmaß in diesem Bereich aufweisen. Damit die Schalldämmung im interessierenden bauakustischen Frequenzbereich nicht verschlechtert wird, sollten die Koinzidenz-Grenzfrequenzen der verwendeten Bauteile außerhalb dieses Bereiches liegen. Nach DIN 4109 sollte fg entweder kleiner 200 Hz oder größer 2000 Hz sein. Eine hohe Koinzidenzgrenzfrequenz erreicht man gemäß der Gleichung für Bauteile, die entweder dünn und von hoher Dichte oder biegeweich sind; dazu zählen in der Praxis beispielsweise Glas (max. 5 mm dick), Putzschalen (max. 15 mm dick), Sperrholz (max. 7 mm dick), Holzspanplatten (max. 10 mm dick), Gipskartonplatten (max 12,5 mm dick), Holzwolle-Leichtbauplatten mit einseitiger Putzschicht. Eine niedrige Koinzidenzgrenzfrequenz ergibt sich entsprechend für dicke biegesteife Bauteile bzw. Materialien geringer Dichte. Dazu zählen in der Praxis normale Einfachwände aus üblichen Baustoffen, die mindestens 10 cm dick sind und ein Flächengewicht aufweisen, das größer etwa 100 kg/m2 ist. Zwischen den beiden genannten Bereichen liegen zum Beispiel 50 bis 80 mm dicke Wandbauplatten aus Leichtbeton oder Gips und 20 bis 50 mm dicke Platten aus Schwerbeton, siehe Bild 4.16. Abstrahlung von Biegewellen Auch bezüglich der Schallabstrahlung von Biegewellen von plattenähnlichen Strukturen gilt es eine Besonderheit zu erwähnen, die mit den verschieden abhängigen Wellenlängen λ bzw. λB zu tun hat. Während für Luftschall der bekannte Zusammenhang λ= c 340 1 ≅ ~ f f f 140 gilt, kann man aus den bisher angegebenen Formeln ableiten, dass für Biegewellen eine andere Beziehung besteht, nämlich λB = 2π 4 B 1 cB = ⋅ ~ . f f m′′ f Trägt man diese beiden Relationen über die Frequenz auf, kommt man auf Bild 4.17. Bild 4.16. KoinzidenzGrenzfrequenzen für Platten aus unterschiedlichem Material und verschiedener Dicke. © Springer Verlag Bild 4.17. Luftschallwellenlänge (a) im Vergleich mit Biegewellenlängen von Platten (Stahl) unterschiedlicher Dicke h (b ..h). © Verlag Tribüne Berlin. 141 Es gibt in Abhängigkeit von Plattenmaterial und Dicke folgende Bereiche: die Biegewellenlänge ist kleiner als die Luftschallwellenlänge, die Schallabstrahlung ist schlecht (Ausgleich der Luftwechselbewegungen vor der Platte, sog. Nahfeld); die Biegewellenlänge ist größer als die Luftschallwellenlänge, hier ist die Schallabstrahlung gut; als Grenze tritt wieder diejenige Frequenz auf, bei der beide Wellenlängen gleich sind (Koinzidenz). 4.3.7 Schalldämmmaß einschaliger Wände oder Decken Einschalige, homogene Wände (auch Einfachwände genannt) sind dadurch gekennzeichnet, dass beide Wandseiten die gleiche Biegebewegung ausführen, wie in Bild 4.15 bereits schematisch dargestellt ist, also keine Abhängigkeiten über die Dicke auftreten (Dicke << Biegewellenlänge). Typische Beispiele von einschaligen Wänden sind Betonwände und Decken incl. Putz, Wände aus Ziegelsteinen, Betonsteinen oder dgl. (auch gelochte Steine) incl. Putz, einschalige Gipsdielenwände, einschalige Gipskartonwände, Einfachfenster, Einfachtürblätter, Holz- oder Spanplatten (auch Röhrenspanplatten), Kapselwände aus Blech oder dgl.. Man kann nun aufgrund des zuvor über die Koinzidenz Gesagten abschätzen, wie der prinzipieller Verlauf aussehen könnte: unterhalb der Koinzidenz-Grenzfrequenz wirkt die Wand als Ganzes mit ihrem Flächengewicht, welches mit zunehmender Frequenz aufgrund der Massenträgheit dem Schall einen immer größeren Widerstand entgegensetzt, die Schalldämmung also ansteigt; darüber kommt dann der erwähnte Koinzidenzeinbruch und darüber wiederum spielt dann auch die Biegesteife eine Rolle. Bild 4.18 zeigt den typischen Verlauf des Schalldämmmaßes einer homogenen Einfachwand. Bild 4.18. Prinzipieller Verlauf der Schalldämmung einschaliger ebener Wände oder Decken über der Frequenz für diffusen Schalleinfall. (a) Große bzw. bedämpfte Strukturen, (b) kleine bzw. ungedämpfte Strukturen. © Verlag Tribüne Berlin. 142 Theoretisch lässt sich dieser Verlauf (Kurve (a)) in seinen verschiedenen Abschnitten wie folgt beschreiben: Bei sehr tiefen Frequenzen, wenn die Abmessungen in die Größenordnung der Wellenlängen kommen, können stehende Wellen auf der Wand auftreten (fBn). Dieser Effekt wird hier nicht weiter quantifiziert. Unterhalb der Koinzidenz-Grenzfrequenz und Flächenabmessungen > Biegewellenlänge Rf <fg = 20 log π ⋅ f ⋅ m′′ − 3dB , ~ 20logf , ~ 20logm′′ ρ⋅c (sogenanntes Massengesetz nach BERGER), R steigt mit Verdopplung der Frequenz mit 6 dB an und bei gegebener Frequenz mit Verdoppelung des Flächengewichts ebenfalls um 6 dB. Bei Zimmertemperatur kann man für ρ ⋅ c ≅ 400 Ns/m3 ansetzen. Praktisch ist auch eine entsprechend zugeschnittene Größengleichung Rf <fg = 20 log f h ρ + 20 log Wand3 + 20 log Wand − 105dB . Hz mm kg/m Für ein Rw von 53 dB wird ein Wandgewicht von mehr als 380 kg/m2 benötigt. Neben dem Flächengewicht ist der zweitwichtigste Parameter die Biegesteife B . Diese kommt, zusammen mit den Strukturverlusten η (KörperschallStrukturdämpfung der Wand), zusätzlich oberhalb der Koinzidenz ins Spiel und führt auf einen steileren Verlauf, wie das Bild 4.18 zeigt Rf >fg = 20 log f 2η π ⋅ f ⋅ m′′ . + 10 log + 10 log fg ρ⋅c π Im Bereich des Koinzidenzeinbruches kann man nur einen Ausdruck für ein mittleres frequenzunabhängiges Schalldämmmaß angeben π ⋅ fg ⋅ m′′ 2η + 10 log ρ⋅c π mit fg der bekannte Ausdruck für die Koinzidenz-Grenzfrequenz. Die zweite Kurve (b) in Bild 4.18 zeigt an, dass bei Trennelementen die kleinere Abmessungen haben, als sie im Bauwerk typisch vorkommen, beispielsweise bei Maschinenkapseln, die Schalldämmung geringer sein kann. Rf ≅fg ≅ 20 log 4.3.8 Beispiele der Schalldämmung von Einfachwänden oder Decken Aufgrund der erwähnten unterschiedlichen Einflüsse weisen im vorgegebenen bauakustischen Frequenzbereich und sonst gleichen Bedingungen, sehr steife 143 Wände eine geringere Schalldämmung auf als sehr weiche Wände, wie Bild 4.19 zeigt. Wie man sieht, hat eine einfache Sperrholzplatte eine wesentlich höhere Luftschalldämmung als ein durch Sandwichbauweise versteiftes etwa gleich schweres Türblatt. Ebenso hat ein einfaches Stahlblech eine höhere Dämmung als ein in einer Richtung wesentlich steiferes Trapezblech. Das Ideal wäre eine Bleiwand oder eine ähnliche „schlappe“ Masse. Bild 4.19. Einfluss der Formsteife auf das Schalldämmmaß bei annähernd gleichem Flächengewicht In Bild 4.20 lässt sich sehr gut die Frequenzabhängigkeit der Koinzidenz unter dem Bild 4.20. Schalldämmmaß einer biegeweichen Konstruktion (a): 13 mm 2 Gipsplatte m= 13 kg/m , Rw= 27 dB im Vergleich mit zwei biegesteifen Strukturen (b): 70 2 mm Gipswand m= 70 kg/m , Rw= 35 dB und (c) 12 mm 2 Glas m= 30 kg/m , Rw= 35 dB. Deutlich sichtbarer Einfluss des Koinzidenzeffektes. © Verlag f. Bauwesen Berlin Einfluss von Materialart und Materialdicke ablesen. In Bild 4.21 sind schließlich noch ein paar Messergebnisse von verschiedenen Wandtypen dargestellt. 144 Bild 4.21. Gemessene Luftschalldämmung verschiedener homogener Einfachwände. 4.3.9 Einfluss von Ausführungsmängeln bei Einfachwänden oder Decken Ein offenes Fenster hat das Schalldämmmaß von 0 dB. Daran ist zu sehen, dass Löcher und Undichtigkeiten ein Schalldämmmaß verringern können. Beispiele sind unverputzte gemauerte Wände oder Wände aus porenförmigen Baumaterial. Obwohl die flächenbezogenen Massen von Putzschichten gegenüber denen der Rohwände nur einen geringen Anteil haben, kann ihr Fehlen katastrophale Folgen für das Schalldämmmaß haben, wie Bild 4.22 zeigt. Ähnlich verhält es sich mit 145 porenförmigen Baumaterial. Ein Zuschlämmen der Poren erhöht die Schalldämmung in signifikanter Weise, Bild 4.23. Bild 4.22. Einfluss einer Putzschicht 2 von m= 3 kg/m auf die Schalldämmung einer 17.5 cm dicken Kalksandstein-Wand. (a) unverputzt, Rw= 39 dB; (b) mit beidseitigem Putz, Rw= 55 dB. © Verlag f. Bauwesen Berlin Bild 4.23. Schalldämmung einer 11.5 cm dicken Bimsbetonsteinwand m= 85 kg/m2. (a) unverputzt, Rw= 12 dB; (b) einseitig geschlämmt, Rw= 40 dB. © Verlag f. Bauwesen Berlin 146 4.3.10 Schalldämmung mehrschaliger Trennelemente, Doppelwände Da einschalige Bauteile sehr schwer sein müssen, um eine für den Wohnungsbau ausreichende Schalldämmung zu erreichen (Massengesetz !), werden auch mehrschalige Bauteile verwendet, bei denen bei geeignetem Aufbau mit relativ geringem Gewicht eine vergleichsweise höhere Schalldämmung erzielt werden kann. Beispiele von Doppelwänden sind, Bild 4.24, Decken mit gutem schwimmenden Estrich oder mit weich abgehängten Unterdecken, getrennte Doppel- oder Reihenhauswände, Gipskartonplatten (oder ähnliches) auf getrennten Ständern, Doppelfenster. Bild 4.24. Prinzipaufbauten zweischaliger Trennelemente. © Verlag EuropaLehrmittel, Nourney Vollmer GmbH. Hinsichtlich des Schalldämmverhaltens unterscheiden sich gute, das heißt entkoppelte Doppelwände von Einfachwänden dadurch, dass die der Schallquelle abgewandte Seite wesentlich weniger schwingt und abstrahlt, als die dem Schall zugewandte. Dieser Vorteil wird allerdings dadurch erkauft, dass in einem schmalen Frequenzgebiet - das möglichst unter 80 Hz und damit für das Ohr schlecht wahrnehmbar, liegen sollte - ein Resonanzphänomen auftritt, das die Schalldämmung verschlechtert. Dieses kommt dadurch zustande, dass die beiden Flächengewichte der Einzelschalen m1′′ bzw. m2′′ zusammen mit der Federsteife des Zwischenraums s ′′ eine mechanische Resonanz fR , auch „Tonpilzresonanz“ genannt, bilden, Bild 4.25. Die Resonanzfrequenz in Hz errechnet sich allgemein zu fR = 1 s ′′ ⋅ 2π m′′ m′′ = m1′′⋅ m2′′ m1′′+ m2′′ mit 147 als resultierende gesamte Flächenmasse. Wie man den beiden Gleichungen ansieht, ist die Resonanzfrequenz, die auch als Abstimmfrequenz bezeichnet wird, von der Masse der leichteren Wand mehr abhängig, als von der schwereren. Bild 4.25. Veranschaulichung der Tonpilzresonanz bei Doppelwand – Konstruktionen. © Verlag EuropaLehrmittel Nourney Vollmer GmbH. Wenn die Zwischenschicht der Dicke dL Luft ist, ergibt sich mit dem Kompressionsmodul (Federsteife) von Luft fR = 60 dL ⋅ m′′ . Für Zwischenschichten der Dicke d aus faserigen Materialien oder sehr weichen Schäumen erhält man fR = C ⋅ 60 d ⋅ m′′ mit C ≈ 1 , wenn eine der Wandschalen (z.B. Vorsatzschale oder untergehängte Decke) weniger als 20mm dick ist und C ≈ 3, wenn beide Wandschalen dicker als 100 mm sind (zum Beispiel Reihenhauswände), dabei ist d die Dicke des Zwischenraums in Metern und m1′′ bzw. m2′′ die Masse pro Flächeneinheit (kg/m2) der beiden Wandschalen. Als Anhaltswerte für dickenbezogene Steifen von Zwischenschichten in MN/m2 können gelten: Luftschicht: s ′′ ≈ 0,138 MN/m2 Weichfaserige lockere Zwischenschicht: s ′′ ≈ 0,14 MN/m2 gepresste Fasermatten: s ′′ ≈ 0,28 MN/m2 Hartschaum: s ′′ ≈ 1,5 MN/m2 Holzwolleleichtbauplatten: s ′′ ≈ 2 MN/m2 Bauschutt im Doppelwandzwischenraum: s ′′ ≈ 1 MN/m2. Den prinzipiellen Verlauf des Schalldämmmaßes über der Frequenz gegenüber dem der Einfachwand zeigt Bild 4.26. Oberhalb des Resonanzeinbruches steigt das Schalldämmmaß wesentlich steiler an, der Gewinn ∆R in dB liegt bei 148 f für f > fR . fR Nicht vermeiden lässt sich dagegen auch bei der Doppelwand der Koinzidenzeinbruch. Nicht dargestellt ist in der Abbildung ein weiterer nachteiliger Effekt der Doppelwand, der dadurch entsteht, dass in dem Wandzwischenraum stehende Wellen mit der Frequenz fλ,n in Hz auftreten können, wenn der Abstand d ein ganzzahliges Vielfaches n der halben Luftschallwellenlänge λ 2 beträgt, sogenannte Hohlraumresonanzen ∆R = 40log fλ,n = 170 n d mit d Schalenabstand in m n natürliche Zahlen 1,2,3 ..... Bei einem Schalenabstand von 10 cm könnten demnach Verminderungen der Schalldämmung bei 1700 Hz, 3400 Hz, 5100 Hz, etc auftreten. Dieser Effekt macht sich allerdings in der Praxis nicht so gravierend bemerkbar, weil allgemein immer schallabsorbierendes- und damit auch wärmeisolierendes- Füllmaterial im Zwischenraum Verwendung findet, durch das die Hohlraumresonanzen bedämpft werden. Solch ein Füllmaterial hat also mehrere wichtige Funktionen zu leisten, die Steifebeeinflussung bezüglich der Tonpilzresonanz wurde bereits weiter oben erwähnt. Bild 4.26. Prinzipieller Verlauf des Schalldämmmaßes einer zweischaligen Konstruktion über der Frequenz. © Springer Verlag 149 Will man das Schalldämmmaß der doppelschaligen Konstruktion aus den Maßen der Einzelschalen R1 und R2 abschätzen, sind folgende Beziehungen hilfreich 4π ⋅ f ⋅ d c für f > fR und < c 4⋅ d . c R = R1 + R2 + 6 dB für f > 4⋅ d R = R1 + R2 + 20 log In Bild 4.27 ist dargestellt, um wie viel sich die bewerteten Schalldämmmaße von Doppelwänden mit verschiedenem Zwischenraum und resultierendem Flächengewicht von denen einer Einfachwand bei entsprechend gleichem Gewicht unterscheiden können. Bild 4.27. Erreichbare bewertete Schalldämmmaße zweischaliger Wände (b) in Abhängigkeit vom Flächengewicht und dem Schalenabstand. (a) einschalige Wand zum Vergleich. © Springer Verlag 4.3.11 Wände mit Vorsatzschalen Hierunter versteht man zweischalige Wandkonstruktionen aus einer biegesteifen und einer biegeweichen Schale- der sogenannten Vorsatzschale. Diese Kombination ist 150 akustisch eine günstige Lösung, wenn die Tonpilz- Resonanzfrequenz richtig gewählt ist und der Koinzidenzeffekt der einzelnen Schalen beachtet wird. Eine starke "Verstimmung" der beiden Schalen wird dabei dadurch realisiert, dass die Koinzidenzgrenzfrequenz der schweren Schale zu den möglichst tiefen, die der leichten dagegen zu den hohen Frequenzen hin verschoben wird. So können die Bild 4.28. Beispiele von Massivwänden mit biegeweichen Vorsatzschalen. (a) angedübeltes Holzständerwerk (schlecht); (b) freistehendes Holzständerwerk (sehr gut); (c) freistehende Metallprofilständer (sehr gut); (d) Verbundplatten (Polystyrol) und Gipskartonplatten (nicht so gut, hängt von Steife ab); (e) Verbundplatten aus MKF und Gipskartonplatten (besser). © Verlag f. Bauwesen Berlin hohe Masse der biegesteifen Schale und die geringe Schallabstrahlung der biegeweichen Schale optimal ausgenutzt werden. Die biegesteife Schale ist dabei im Regelfall die tragende konstruktive Wand, die zum Beispiel aus Mauerwerk oder Beton besteht. Vor dieser Massivwand wird die zweite Schale, die Vorsatzschale errichtet. Als Vorsatzschalen dienen meist dünne, 10 bis 30 mm dicke Platten, wie Gipskarton-, Span- oder Faserzementplatten, Holzwolle-Leichtbauplatten, Holzverschalungen usw., Bild 4.28; auch Wärmeverbundsysteme kann man in diese Kategorie einordnen, wobei die Putzschicht die Rolle der biegeweichen Schale übernimmt. Im Hinblick auf eine möglichst niedrige Resonanzfrequenz ( fR < 80 Hz ist anzustreben) liegt der optimale Abstand zwischen den Schalen bei 40 bis 80 mm. Um die Vorsatzschale befestigen und einen ausreichenden Abstand zur Massivwand gewährleisten zu können, wird in der Regel eine Unterkonstruktion benötigt. Hierzu dient meistens ein hölzernes oder metallisches Ständerwerk. Ungünstig ist es, wenn die biegeweichen Platten an angedübelten Ständerwerken oder gar direkt an der Tragwand befestigt werden. Günstig ist eine Befestigung mittels freistehender Ständerwerke. Eine Montage als Verbundplatten, bei denen die biegeweiche Schale mit der Dämmschicht einen Verbund bildet, ist ebenfalls vorteilhaft, wobei diese an die Massivwand nur punktweise angeklebt werden sollten. Der Hohlraum sollte mit porösem Schallabsorptionsmaterial (längenspezifischer Strömungswiderstand r > 5 kPa/m2 ) und einem Füllungsgrad nicht unter 60% gefüllt sein. Der Einfluss der Hohlraumbedämpfung ist bei diesen Wandarten besonders groß. Bei speziellen 151 Konstruktionen (Verbundplatten) übernimmt eine etwas steifere Dämmschicht die Rolle der Unterkonstruktion. Für Resonanzfrequenzen unter 200 Hz kann man näherungsweise mit folgenden bewerteten Luftschallverbesserungsmaßen ∆Rw rechnen: fR < 80 Hz: ∆Rw = 35 - 0,5 Rw dB 80 < fR < 125 Hz: ∆Rw = 32 - 0,5 Rw dB 125 < fR < 200 Hz: ∆Rw = 28 - 0,5 Rw dB, dabei ist Rw das bewertete Schalldämm-Maß der Massivwand ohne Vorsatzschale in dB. Resonanzfrequenzen oberhalb 200 Hz bewirken keine Verbesserung der Schalldämmung, sondern können diese sogar noch verschlechtern. Wärmeverbundsysteme haben im allgemeinen nur dann akustisch einen Nutzen, wenn die dynamische Steife der Dämmschicht 10 MN/m3 und weniger beträgt. 4.3.12 Fenster Für die Schalldämmung von Fenstern gelten dieselben physikalischen Prinzipien wie für Einfach- und Doppelwände – vorausgesetzt, dass sie mechanisch dicht schließen. Insbesondere die relativ hohe Resonanzfrequenz bei Doppelscheiben, der Koinzidenzeinbruch allgemein, sowie die notwendigen Randeinspannungen machen sich bei Fenstern besonders nachteilig bemerkbar. Für den Bau hoch schalldämmender Fenster sind prinzipiell schwere Scheiben und große Scheibenabstände erforderlich. Bei dünnem Isolierglas mit Scheibenabstand unter 24 mm ist die Dämmung schlechter als die einer Einfachscheibe mit gleichem Gesamtgewicht. Um eine hohe Schalldämmung von Isolierglasscheiben zu erreichen sind folgende Konstruktionsmerkmale erforderlich: • Wahl von mindestens einer Scheibe mit einer hohen flächenbezogenen Masse (Glasdicke > 6 mm); • Einsatz unterschiedlich dicker Scheiben (voneinander abweichende Koinzidenzgrenzfrequenzen der einzelnen Scheiben, so dass dieser Effekt „verschmiert“ wird); • Realisierung eines großen Scheibenabstandes (>24 mm= tiefe Resonanzfrequenz); • Schwergasfüllung im Scheibenzwischenraum (höhere Schalldämmung oberhalb der Resonanzfrequenz); • Verwendung von Verbundsicherheitsglas (Verschiebung der Koinzidenzgrenzfrequenz der Scheiben zu höheren Frequenzen hin). Beispiele sind in Tabelle 40, DIN 4109, Beibl.1 zu finden. Im Zusammenhang mit Fenstern ist auch auf Rolladenkästen zu achten, die Schwachstellen darstellen können (siehe DIN 4109, Beiblatt 1, Tab. 41). 4.3.13 Doppelfassaden Eine besondere Rolle spielen moderne Glas-Doppelfassaden (GDF) bezüglich ihrer Schalldämmung. Vom Prinzip her sind sie doppelschalige Trennelemente mit erhöhter Schalldämmung gegenüber Einzelschalen, aufgrund ihres Aufbaus ist aber folgendes zu beachten: 152 Der Schalenabstand ist im allgemeinen viel größer als bei normalen Doppelwänden, so dass der Luftspalt je nach konstruktivem Aufbau eher als Flachraum betrachtet werden muss. Der Innengeräuschpegel und damit die Anforderung an eine Gesamtschalldämmung, ergibt sich dann durch den zweifachen Übergang des Außenlärms über Außenhaut- Zwischenraum- Innenhaut- Innenraum. Dieser Zusammenhang ist nicht so leicht in Näherungsformeln zu pressen. Zahlenmäßig liegt die Erhöhung der Schalldämmung gegenüber einer Einfachfassade eher bei derjenigen durch eine Vorsatzschale, also in der Größenordnung 15 bis 20 dB. Lüftungsöffnungen in der Außenscheibe verringern die Schalldämmung, darstellbar durch ein resultierendes Schalldämmmaß (s. 4.3.16). Bild 4.29. Einfluss der Lüftungsöffnung auf die InnenraumPegelminderung von Außenlärm durch Doppelfassaden. © Verlag Ernst&Sohn Bild 4.29 zeigt diesen Einfluss in Form der Schallpegelminderung im Innenraum bezüglich des Außenlärms. Allerdings werden die theoretischen Pegelminderungen in der Praxis selten erreicht. Wie die gestrichelte Messkurve aus einem Prüfstandsversuch zeigt, kann die praktisch erreichbare Schalldämmwirkung erheblich kleiner sein, ab ca. 16 % Lüftungs-Öffnungsanteil ist hier praktisch keine Pegelminderung mehr vorhanden. Der dargestellte Pegelminderungsverlauf gilt prinzipiell nicht nur für GDF, sondern (vgl. rechts oben im Bild) auch für zum Beispiel transparente "Prallscheiben" vor dem Fenster. Daraus folgt, dass man zum Lärmschutz nicht unbedingt GDF braucht. Man kann - auch bei einer sich in große Höhen erstreckenden Hochhausfassade - eine traditionelle Fensterfassade mit Prallscheiben vorsehen und erreicht damit die gleiche Schallschutzwirkung. Der höhere Schallschutz alleine ist deshalb kein Argument für den Einsatz einer GDF. Die sogenannte „Telefonie“ im GDF-Spalt kann Schall von Stockwerk zu Stockwerk übertragen, aber auch innerhalb einer Stockwerksebene. Damit erhöht sich der Innengeräuschpegel unabhängig von der Schalldämmung und die akustische Intimität von geschlossenen Räumen kann verloren gehen. Dieser Effekt hängt ab von den Abständen der Innenfensterflächen zueinander und lässt sich durch Anbringen von Absorberflächen und vertikalen bzw. horizontalen Schotten im Spalt beeinflussen, was Bild 4.30 veranschaulicht. Eine praktische Lösung wäre das 153 Anbringen von Schalldämpferkulissen an den Schotten, wobei allerdings zu beachten ist, dass solch eine Maßnahme auch strömungstechnische, thermische und lichttechnische Nachteile mit sich bringt, weil die Spaltdurchlüftung (insbesondere bei Horizontalschotten) und der Tageslichteinfall reduziert werden würden. Es sind hier also immer komplexe Wechselwirkungen zu beachten. Bild 4.30. Telefonie-Effekt bei GDF- Fassaden. Schallpegeldifferenz zwischen zwei benachbarten Räumen in Abhängigkeit vom Fensterabstand und von Schallübertragung durch einen Schacht. © Ernst&Sohn Ein anderer Effekt ist in diesem Zusammenhang noch erwähnenswert. Wenn die Außenlärmeinwirkung durch eine Doppelfassade reduziert wird, hat dieses Folgen für die subjektive Wahrnehmung der Innengeräusche. Man hört den Nachbarn über die Raumtrennwände hinweg besser als ohne mit der Folge, dass das Schalldämmmaß der Zwischenwände höher sein muss als ohne GDF, was eine Verteuerung des Innenausbaus mit sich zieht. Man hat es also hier mit vielen Einflussgrößen zu tun, die es von Fall zu Fall abzuwägen gilt. 4.3.14 Türen Einfache Türen sind, wie Fenster, schalltechnische Schwachstellen. Ihre Schalldämmung lässt sich durch einen doppelschaligen Aufbau erhöhen, wirkungsvoll aber nur dann, wenn auch der Aufwand an Dichtungskonstruktionen erhöht wird, insbesondere der Bodenspalt bedarf besonderer Beachtung. Bild 4.31 fasst in tabellarischer Form einige entscheidende Merkmale zusammen. Demnach ist es möglich Schalldämmmaße zu erzielen, die praktisch zwischen 22 dB und 37 dB liegen, mit Spezialkonstruktionen aber auch Werte bis 50 dB erreichbar sind. Am wirkungsvollsten sind sogenannte Schallschleusen, bei denen es sich um zwei völlig getrennte im Abstand von mindestens einem Meter angeordnete 154 Einzeltüren handelt, wobei die Laibung des Zwischenraums zusätzlich schallabsorbierend ausgestattet ist. Solche Lösungen findet man in Konzertsälen und Studios, die Schalldämmung kann je nach Ausführung über 60 dB liegen. Die erreichbaren geringeren Schalldämmmaße von Fenstern und Türen im Vergleich zu Wandkonstruktionen sind aber in normalen Anwendungen deswegen nicht so gravierend, weil sie meistens in Zusammenwirken mit anderen Bauteilen zu sehen sind. Das dadurch auftretende resultierende Schalldämmmaß ist nicht nur von den Einzelmaßen abhängig, sondern auch von den jeweiligen Flächenanteilen der Bild 4.31. Konstruktionseinflüsse bei Türblättern und kompletten Türen auf das Schalldämmmaß.© Verlag f. Bauwesen Berlin. Einzelelemente, wie der Abschnitt weiter unten zeigt. Eine Ausnahme machen allerdings Fassaden, wenn sie gänzlich aus Glas sind, hier ist es oft notwendig, spezielles Schallschutzglas zu verwenden. 4.3.15 Einfluss von Ausführungsmängeln bei Doppelwänden Doppelwände können - wenn sie richtig dimensioniert und sorgfältig gebaut sind - bei relativ niedrigem Gesamtgewicht eine hohe Schalldämmung aufweisen. Es ist 155 allerdings auch möglich, dass ihre Schalldämmung durch Dimensionierungs- oder Ausführungsfehler ausgesprochen schlecht ist. Es gibt hierfür drei Gründe: a) Verwendung eines zu dünnen oder zu steifen Zwischenmaterials (Dimensionierungsfehler), Bild 4.32. Bild 4.32. Einfluss der Steife der Zwischenschicht auf das Schalldämmmaß einer doppelschaligen Haustrennwand. b) Vorhandensein von Schallbrücken (Mörtelbrücken, häufigster Ausführungsfehler). Da das Wesentliche einer Doppelwand darin besteht, dass die dem Schall abgewandte Wand wesentlich weniger schwingt als die dem Schall zugewandte, sind starre Verbindungen sog. Schallbrücken - für die Dämmung schädlich. Sind aus konstruktiven Gründen, beispielsweise im Trockenausbau, Verbindungen zwischen den Wänden unvermeidlich, dann sollten sie elastisch sein. Als Beispiel sei angegeben, dass eine Doppelwand aus 12,5 mm Gipskartonplatten mit 100 mm Wandabstand folgende bewerteten Schalldämmmaße hat: vollkommene Trennung Rw = 52dB; Verbindung durch etwas nachgiebige C-Profile aus Stahlblech R w = 45 dB; Verbindung durch starre Holzständer R w = 37 dB Bild 4.33. Einfache Vorsatzschale auf (Abstand der Verbindungselemente 500 Lattenrost mit elastischen Zwischenstreifen - 600 mm). und Hohlraumbedämpfung. © DAL Bild 4.33 zeigt, wie man auch mit 156 einfacher, billiger Holzlattung eine wirkungsvolle Vorsatzschale installieren kann (Verbesserung gegenüber der Einfachwand ca. 15 dB), in dem die Lattung über elastische Streifen angekoppelt wird. Als elastisch kann ein Verbindungselement dann gelten, wenn es bei horizontaler Anordnung des Trennelements durch das Eigengewicht der leichteren Wandschale um mehr als 0,2 mm zusammengedrückt wird (C-Profile, Σ oder Ω-Bügel etc.). Bei sehr biegeweichen, selten befestigten Vorsatzschalen sind Schallbrücken weniger gefährlich als bei biegesteifen. c) Nebenweg- bzw. Flankenübertragung (Konstruktionsfehler). Bild 4.34 zeigt beispielhaft den Einfluss den eine einschalige Untergeschoßwand auf eine zweischalige Haustrennwand haben kann. Aufgrund der längeren Übertragungswege macht sich dieser Effekt im Obergeschoß kaum noch bemerkbar. Dieser Effekt tritt vergleichbar auf, wenn die Kellerdecke durchlaufend wäre oder aber auch, wenn Verbindungen über eine Dachkonstruktion vorhanden sind. Allgemein lässt sich feststellen, dass insbesondere sehr leichte und hoch schalldämmende Doppelwände wegen der sog. Flankenübertragung häufig nicht zur Wirkung kommen. Bild 4.34. Einfluss der Schallübertragung durch flankierende Bauelemente. (a) Schalldämmmaß der Trennwand im Obergeschoß, Rw= 66 dB; (b) Schalldämmmaß der Trennwand im Erdgeschoß durch Nebenweg über einschalige Untergeschoßwand deutlich verschlechtert, Rw= 59 dB. © Fraunhofer IRB Verlag. 4.3.16 Kombination von Bauteilen, resultierendes Schalldämmmaß In zahlreichen Fällen werden Räume durch zusammengesetzte Bauteile begrenzt. Typische Kombinationen sind Wand/Tür, Wand/Fenster (Fassade) oder Wand/Schlitz 157 bzw. Loch. Wenn die Schalldämmmaße RW,i der Einzelbauteile und deren Flächen Si bekannt sind, dann kann man das resultierende Schalldämmmaß der Gesamtanordnung RW ,res in dB nach folgender Gleichung ermitteln n 1 −R / 10 RW ,res = −10 log ⋅ ∑ Si ⋅ 10 w ,i Sges i =1 mit Sges Gesamtfläche. Bei Schlitzen und Löchern gilt näherungsweise RW = 0 dB; das heißt, ein Schlitzanteil von S 1 /S 2 = 1/1000 (bei einem schlecht schließenden Fenster keine Seltenheit) beschränkt das Schalldämmmaß auf maximal 30 dB. Man denke auch daran, dass zwischen Fenster- oder Türrahmen und Mauerwerk häufig nur dünne Putzschichten mit ca. 20 - 30 dB Dämmung und nicht unbeträchtlichen Flächenanteilen vorhanden sind. Sucht man im Rahmen einer Planung zum Beispiel für eine Fassade das notwendige Schalldämmmaß der einzubauenden Fenster RW ,Fenster , wenn folgende Daten vorgegeben sind: Gesamt-Schalldämmmaß RW ,res nebst Gesamtfassadenfläche Sges , Schalldämmmaß RW ,Wand und Fläche SWand der Netto- Wandkonstruktion, sowie die Fensterfläche SFenster , muss man obige Gleichung folgendermaßen umformen: RW ,Fenster = −10 log 1 −R −R / 10 / 10 ⋅ Sges ⋅ 10 W ,res − SWand ⋅ 10 W ,Wand dB. SFenster 4.3.17 Nebenweg- bzw. Flankenübertragung Durch eine Schallquelle in einem Raum wird nicht nur das trennende Element direkt, sondern es werden mehr oder weniger alle vorhandenen Wände und Decken des Bauwerks in Schwingungen versetzt. Diese Schwingungen werden als Körperschall über alle möglichen anderen Übertragungswege- den Nebenwegen- weitergeleitet und in benachbarte Räume als Luftschall abgestrahlt. Diesen Effekt erfasst man durch Messungen am realen Bauwerk, er findet eine Berücksichtigung im bereits erwähnten Bau-Schalldämmmaß, R’ bzw. R’ W . Für die Planung liegt aber diese Größe nicht vor, das heißt man muss rechnen, dafür findet man in der DIN 4109, Beibl.1 ausführlich beschriebene Prozeduren, wobei man normalerweise immer nur zwei benachbarte Räume gleichzeitig betrachtet. Die Schalldämmung der möglichen einzelnen Nebenwege ist durch das sogenannte Flankendämmmaß RL,i definiert RL,i = LpSende − LpEmpfang,i + 10 log SWand , Aempfang dieser Ausdruck ist die bereits bekannte, nun verallgemeinerte Formel, die für jeden Übertragungsweg anwendbar ist, wenn jeweils alle anderen Wege unterdrückt sind. 158 Es bedeuten im einzelnen: i Nummer des Übertragungsweges, SWand Fläche desjenigen Trennelementes, das beiden Räumen gemeinsam ist, LpEmpfang,i Schalldruckpegel im Empfangsraum, wenn der Schall nur über den Weg i alleine übertragen wird. In Bild 4.9 sind ja die verschieden möglichen Nebenwege (in zwei Dimensionen) bereits skizziert, wobei der Weg (2) – die Flankenübertragung- in der Praxis der wichtigste ist, über ihn wird im allgemeinen genauso viel Schall übertragen, wie über die Wege (3) und (4) gemeinsam. Man beschränkt sich deshalb in drei Dimensionen meistens auf die maximal vier Flanken. Die Flankenübertragung stellt die obere Grenze für die zwischen zwei Räumen erreichbare Schalldämmung dar, wenn man die Schalldämmung des direkten Trennelementes höher und höher treiben würde. Für den Massivbau mit homogenen Einfachwänden bzw. -decken und den üblichen starren Verbindungen kann man die i einzelnen bewerteten Flanken-SchalldämmMaße RL,w,R,i relativ einfach berechnen (Index R steht für „Rechenwert“) S RL,w,R,i = RFl,w,i + Dv,i + 10 log T SL,i mit RFl,w,i normales bewertetes Schalldämmmaß des i-ten flankierenden Bauteils ohne Nebenwege, ST Fläche des trennenden Bauteils, SL,i Fläche des i-ten flankierenden Bauteils im Empfangsraum. Dv,i ist das sogenannte Verzweigungsdämmmaß in dB, also die Abnahme der Körperschallpegel an den Verbindungsstellen zwischen Längs- und Trennbauteil, Bild 4.35. Bild 4.35. Erläuterung zum Begriff des VerzweigungsDämmmaßes bei Flankenübertragung. Im Massivbau mit homogenen Einfachwänden bzw. -decken und den üblichen starren Verbindungen ist Dv,i annähernd frequenzunabhängig und nur durch die Flächengewichte gegeben 159 Dv,i = 20 log Dv,i = 4 dB mT′′ + 12 mL′′,i für für mT′′ ≥ 0.4 mL′′,i mT′′ < 0.4 mL′′,i mit mT′′ flächenbezogene Masse des trennenden Bauteils mL′′,i flächenbezogene Masse des i-ten Flankenbauteils. Somit kann nun das bewertete Gesamtschalldämmmaß Rw′ ,R als energetische Summation des nebenwegsfreien Schalldämmmaßes des Trennelementes selber Rw,R und den Schalldämmmaßen der (vier) flankierenden Bauelemente RL,w,R,i abschließend berechnet werden zu Rw′ ,R RL ,w ,R ,i − Rw ,R 4 − 10 = −10 log10 + ∑10 10 i =1 . Flankenübertragung kann insbesondere beim Skelettbau mit leichten flankierenden Wandelementen und komplizierten Abhängigkeiten der Verzweigungsdämmung eine größere Rolle spielen, hierfür sind in der DIN 4109 und in der DIN 12354 verschiedene modifizierte Berechnungs- und Abschätzverfahren beschrieben. Bild 4.36, Bild 4.37 und Bild 4.38 zeigen einige Messbeispiele im Zusammenhang mit Nebenweg bzw. Flankenübertragung. Aufgetragen ist jeweils das Flankenschalldämmmaß, nicht das Gesamtmaß, über der Frequenz. In Bild 4.38 ist auch die Wirkung der Nebenwegübertragung bei abgehängten Schallschluckdecken zu ersehen. In diesem Fall wird der Schall nicht über einer schwingenden Wand sondern über einen flankierenden Lufthohlraum übertragen, was man beispielsweise durch Einbringen eines absorbierenden Schottes vermindern kann. Bild 4.36. Einfluss des Verhältnisses der Flächengewichte Trennwand zu Flankenwand auf die Flankenübertragung. 160 Bild 4.37. Einfluss der Flankenübertragung über schwimmenden Estrich oder Teppichboden und Gegenmaßnahme. Bild 4.38. Flankenübertragung bei einer untergehängten Decke und Maßnahmen zur Unterdrückung. 161 4.4 Trittschalldämmung 4.4.1 Erläuterung des Begriffs, Definition des Norm-Trittschallpegels Unter Trittschall versteht man die unmittelbare Körperschallanregung von Decken durch Tritte, herunterfallende Gegenstände, Stühlerücken, Wasch- und Spülmaschinen etc.. Welche Trittschallübertragungswege in Gebäuden möglich sind zeigt Bild 4.39, wie man sieht ist Trittschall nicht nur für mehrgeschossige Gebäude von Stockwerk zu Stockwerk relevant, wo eine Ausbreitung in der Vertikalen und Diagonalen auftreten kann, sondern ebenso auch bei nebeneinander liegenden Räumen in der Horizontalen. Neben dem direkten Trittschall über eine Trenndecke, sind, ähnlich wie bei der Luftschallübertragung, zahlreiche Nebenwege möglich. Die Stärke vom Trittschall wird charakterisiert durch Bild 4.39. Schematische Darstellung der Trittschallüberden sog. Normtrittschallpegel tragungswege innerhalb eines Gebäudes.. © Verlag f. Ln in dB. Es handelt sich Bauwesen Berlin. dabei um den mittleren Schalldruckpegel im bauakustischen Terzfrequenzbereich in einem Empfangsraum, der, wegen der Vergleichbarkeit, von einer genormten Maschine, dem Trittschallhammerwerk oder auch „Normtrampler“, auf einer Senderaumdecke erzeugt wird, Bild 4.40. Damit das Ergebnis von den jeweiligen raumakustischen Eigenschaften des Empfangsraumes unabhängig ist, wird der Schallpegel auf eine Bezugs-Absorptionsfläche umgerechnet Ln = LpE + 10log AE Ao mit LpE Örtlich und zeitlich gemittelter Schalldruckpegel im Empfangsraum bei Hammerwerkanregung der untersuchten Decke in dB, AE äquivalente Schallabsorptionsfläche des Empfangsraums in m2, bestimmbar aus der Nachhallzeit (SABINE), Ao Bezugsabsorptionsfläche, im allgemeinen 10 m2, bei Klassenzimmern in Schulen 25 m2 . 162 Bild 4.40. Anregung einer Trenndecke mit einem NormHammerwerk (H) zur Bestimmung des NormTrittschallpegels (schematisch) © Springer Verlag Da es sich bei Ln um einen absoluten Pegel handelt, ist, im Gegensatz zum relativen Luftschalldämmmaß, der Trittschallschutz umso besser, je niedriger (!) der NormTrittschallpegel ist. Wenn an der Trittschallübertragung, wie am Bau üblich, auch Flankenwege beteiligt sind, wird der Norm-Trittschallpegel analog zur Verfahrensweise bei der Luftschalldämmung als Ln′ gekennzeichnet. Daneben wird manchmal ein Standard′ verwendet Trittschallpegel LnT T ′ = LpE + 10log o LnT TE mit TE Nachhallzeit im Empfangsraum in sec To Bezugsnachhallzeit, für Wohnräume 0,5 sec. Zwischen den Größen besteht folgender Zusammenhang V ′ = Ln′ − 10 log LnT 30 mit V Volumen des Empfangsraumes in m3. Rohdecken besitzen eine unzureichende Trittschalldämmung und bedürfen daher immer einer Verbesserung durch eine Deckenauflage, wie beispielsweise schwimmende Estriche und/oder weiche Bodenbeläge, etwa Teppichböden. Die Verbesserung der Trittschalldämmung kann allgemein als Differenz der NormTrittschallpegel einer Decke ohne Ln,0 und mit Deckenauflage Ln über den bauakustischen Terz-Frequenzbereich angegeben werden ∆L = Ln,0(ohne) − Ln(mit) und heißt dann Trittschallminderung ∆L in dB. Diese Größe ist kennzeichnend für die trittschallmindernde Wirkung einer Deckenauflage. Im Prüfständen wird die 163 Trittschallminderung von Deckenauflagen an einer homogenen Stahlbetondecke mit einer Dicke von 130 ± 30 mm (vorzugsweise 140 mm) gemessen. Wie Messungen belegen, hängt die Trittschallminderung von Deckenauflagen bei bauüblichen Massivdecken nur wenig vom Rohdeckenaufbau ab, das gilt nicht für die im folgenden Abschnitt beschriebenen Einzahlwerte. Auch die Flankenübertragung und die Übertragungsrichtung (vertikal oder horizontal) haben erfahrungsgemäß nur geringen Einfluss. Dies gilt strenggenommen allerdings nur für einschalige Decken. Beim Vorhandensein von Unterdecken kann die Trittschallminderung von schwimmenden Estrichen in vertikaler Richtung um bis zu etwa 3 dB niedriger ausfallen. Die annähernde Invarianz der Trittschallminderung von Deckenauflagen gegenüber dem Aufbau der Rohdecke bildet die grundlegende Voraussetzung für die rechnerische Vorhersage der Trittschalldämmung in Massivbauten nach DIN 4109 und bei dem Berechnungsverfahren nach DIN 12 354-2. Alle bis hier beschriebenen Trittschallgrößen sind frequenzabhängig und entsprechend über den bauakustischen Terz-Frequenzbereich darzustellen. 4.4.2 Bewerteter Normtrittschallpegel Um eine Einzahlangabe, analog zur Luftschalldämmung, auch für den Trittschallschutz zu erhalten, wird der frequenzabhängige Norm-Trittschallpegel (oder Standard-Trittschallpegel) mit einer Bezugskurve verglichen, Bild 4.41. Zur Bildung des bewerteten Norm-Trittschallpegels Ln,w bzw. Ln′,w oder des bewerteten Standard′ ,w, wird nun diese Bezugskurve so weit verschoben, bis die Trittschallpegels LnT mittlere Überschreitung 2 dB nicht übersteigt. Der bewertete Norm- oder StandardTrittschallpegel ist der Wert der verschobenen Bezugskurve bei 500 Hz. Um ein Gefühl für die Größenordnungen zu bekommen: bei einem Ln′,w von mehr als 53 dB sind Gehgeräusche (in festen Schuhen) normalerweise noch zu hören, bei Ln′,w < 43 dB ist das nur noch wenig der Fall. Bild 4.41. Bestimmung des bewerteten NormTrittschallpegels (hier 52 dB) aus dem frequenzabhängigen NormTrittschallpegel (M) mit Hilfe einer Bezugskurve (B, Bv). 164 4.4.3 Bewertete Trittschallminderung Man kann in Umkehrung der oben angegebenen Gleichung den Trittschallpegel einer Fertigdecke (Rohdecke mit Deckenauflage) bestimmen, indem man die bekannte Trittschallminderung einer Deckenauflage vom Norm-Trittschallpegel einer Rohdecke subtrahiert Ln = Ln,0 − ∆L . Dieses muss aber frequenzabhängig (!) erfolgen, es ist leicht einzusehen, dass dieser Vorgang nicht auf Einzahlangaben anwendbar ist, da die Deckenauflage nicht nur den Gesamtpegel, sondern aufgrund ihrer frequenzabhängigen Wirkung auch das Frequenzspektrum des Trittschalls verändert, so dass die Verminderung des bewerteten Norm-Trittschallpegels abhängig vom Frequenzspektrum der Rohdecke unterschiedlich groß ausfallen kann. Um dennoch eine einheitliche Vorherberechnung der Trittschalldämmung anhand von Einzahlangaben zu ermöglichen, wurden eine Bezugsdecke (genauer gesagt eine Bezugs-Rohdecke) und eine Bezugs-Deckenauflage in die Normung eingeführt, deren akustische Eigenschaften das idealisierte Verhalten typischer praxisüblicher Bauteile repräsentieren, zu diesen Bezugsbauteilen gehören die Begriffe NormTrittschallpegel der Bezugsdecke Ln,r,0 und Trittschallminderung der BezugsDeckenauflage ∆Lr . Die bewertete Trittschallminderung ∆Lw in dB wird nun mit Hilfe des bewerteten Norm-Trittschallpegels der Bezugs-Rohdecke Ln,r,0,w in folgender Form bestimmt ∆Lw = Ln,r,0,w − Ln,r,w = 78 − Ln,r,w . Ln,r,w ist nun der bewertete Trittschallpegel einer fiktiven Fertigdecke, der sich ergibt, wenn man die zuvor bestimmte frequenzabhängige Trittschallminderung ∆L von der Frequenzkurve des vorgegebenen Trittschallpegels der Bezugsdecke Ln,r,0 subtrahiert Ln,r = Ln,r,0 − ∆L und die normale Normkurve von Bild 4.41 anwendet. Diese Zusammenhänge sind zum besseren Verständnis noch einmal in Bild 4.42 dargestellt. Bild 4.42. Ermittlung der bewerteten TrittschallMinderung einer Deckenauflage. © Verlag f. Bauwesen Berlin 165 4.4.4 Äquivalenter bewerteter Norm-Trittschallpegel Um nun auch den bewerteten Norm-Trittschallpegel von Fertigdecken in der Planungsphase mit Hilfe der bewerteten Trittschallminderung berechnen zu können, benötigt man für eine beliebige Rohdecke eine weitere normierte Größe, den sogenannten äquivalenten bewerteten Norm-Trittschallpegel Ln,eq,0,w . Dieser ist folgendermaßen definiert: zunächst wird die genormte Trittschallminderung ∆Lr der Bezugs-Deckenauflage terzweise vom bekannten Normtrittschallpegel Ln,0 einer interessierenden Rohdecke abgezogen Ln,x = Ln,0 − ∆Lr . Man erhält damit den Norm-Trittschallpegel Ln,x einer gedachten, aus der geprüften Rohdecke und der Bezugs-Deckenauflage bestehenden Fertigdecke. Daraus bildet man nun ganz normal den bewerteten Norm-Trittschallpegel Ln,x,w . Der äquivalente bewertete Normtrittschallpegel ergibt sich, wenn nun zu diesem Ln,x,w der Fertigdecke die bewertete Trittschallminderung ∆Lr der Bezugs-Deckenauflage addiert wird Ln,eq,0,w = Ln,x,w + ∆Lr,w = Ln,x,w + 19 . Sind der äquivalente bewertete Norm-Trittschallpegel einer Rohdecke und die bewertete Trittschallminderung einer Deckenauflage bekannt, beispielsweise aus Regelwerken, so lässt sich daraus der bewertete Norm-Trittschallpegel Ln′,w,R der aus diesen Bauteilen errichteten Fertigdecke nach DIN 4109 als Einzahlwert abschätzen (Index R steht für theoretische Größe (Rechenwert)) Ln′,w,R = Ln,eq,0,w,R − ∆Lw,R . Andererseits kann man für jede Massivdecke mit bekanntem äquivalenten bewerteten Norm-Trittschallpegel eine Deckenauflage nach deren ∆Lw,R auswählen, so dass Anforderungen an den maximal zulässigen Trittschallpegel erfüllt werden können. Ferner muss man unbedingt noch beachten, dass die Norm DIN 4109 vorschreibt, dass der errechnete Wert von Ln′,w,R mindestens 2dB niedriger sein muss, als die in DIN 4109 genannten Anforderungen (sog. Vorhaltemaß). Liegt der zu schützende Raum nicht unmittelbar unter der betrachteten Decke, sondern schräg darunter (zum Beispiel Wohnraum schräg unter einem Bad), dann dürfen von dem berechneten Ln′,w,R 5dB abgezogen werden, sofern die zugehörigen Trennwände ober- und unterhalb der Decke eine flächenbezogene Masse von ≥150kg/m2 haben. Für weitere Raumanordnungen sind Korrekturwerte angegeben. Das beschriebene Prozedere erscheint im ersten Moment umständlich zu sein, ist aber aus den genannten Gründen der Vergleichbarkeit von Bauteilen mit ihren Einzahlwerten unerlässlich. Die Berechnung beruht, um das noch einmal zusammen zu fassen, im Grundsatz auf folgender Vorgehensweise: Zu dem geprüften Bauteil (Deckenauflage oder Rohdecke) wird ein genormtes Bezugsbauteil (Bezugsdecke oder Bezugs-Deckenauflage) hinzugefügt, so dass eine gedachte Fertigdecke entsteht. Der bewertete Norm-Trittschallpegel dieser Fertigdecke wird berechnet. 166 Anschließend wird das verwendete Bezugsbauteil wieder entfernt, was sich rechnerisch in einer Addition oder Subtraktion der entsprechenden Einzahlangabe äußert. Auf diese Weise wird erreicht, dass sich die berechneten Einzahlangaben auf eine einheitliche, praxistypische Bausituation beziehen und dass die anhand der Einzahlangaben berechnete Trittschalldämmung auf eben diese Bausituation zugeschnitten ist. 4.4.5 Spektrum- Anpassungswerte Ähnlich wie bei der Luftschalldämmung wird auch bezüglich der Bewertung der Trittschalldämmung die Kritik geäußert, dass die Bezugskurve die Trittschalldämmung nicht ihrer tatsächlichen Störwirkung gemäß, sondern bei tiefen Frequenzen zu gering, bei hohen Frequenzen dagegen zu stark bewertet. So werden zum Beispiel Holzfußböden mit hohen Trittschallpegeln bei niedrigen Frequenzen (manchmal sogar mit starken Spitzen) offensichtlich zu gut eingestuft. Sinnvoll wäre die Anwendung von speziellen, den Beanspruchungen besser angepassten Bezugskurven oder die Benutzung modifizierter Norm-Hammerwerke (Versuche existieren mit geeigneten elastischen Belägen der Hammer oder die Verwendung herabfallender Autoreifen oder Gummibälle). Als Kompromisslösung wird zur Verbesserung der Bewertung auch hier ein Spektrum- Anpassungswert C, für Gehen eingeführt, bisher aber zur Anwendung nur empfohlen (DIN EN ISO 717-2). 4.4.6 Ausführungsbeispiele Bild 4.43 zeigt abschließend einige Beispiele für die definierten Trittschallgrößen sowie das bewertete Schalldämmmaß Rw für Massivdecken. In Bild 4.44 und Bild 4.45 findet man Ausführungsbeispiele für Holzbalkendecken. Bei Holzbalkendecken besteht eine sehr große Spannweite, hinsichtlich des Trittschallschutzes und wegen der fehlenden Massen ist der Aufwand eine gute Dämmung zu erreichen oft sehr groß. Schwere Decken mit massiven Balken und mehrlagigem Fußboden- bzw. Unterdeckenaufbau haben einen ausreichenden bis guten Trittschallschutz (sind aber oft nicht so gut wie ihr Ruf). Leichte Decken mit Balken, die gerade den Anforderungen der Statik genügen, können bei starr befestigtem Fußboden und Unterdecke sehr laut sein. 167 Bild 4.43. Beispiele Luftund Trittschalldämmung von Massiv- Rohdecken (ohne Auflagen) Bild 4.44. Beispiele von Schalldämmdaten von Holzbalken-Decken. 168 Bild 4.45. Verbesserung des Trittschallschutzes von Holzbalken-Decken durch Unterdecken verschiedener Anbringungsarten. In Bild 4.46 sind bewertete Trittschallminderungspegel (Rechenwerte) für verschiedene Deckenauflagen angegeben (siehe auch DIN 4109, Beibl. 1). Bild 4.47 zeigt den fachgerechten Aufbau nebst Wandanschluss schwimmender Estriche, bestehend aus einer weichen Dämmschicht, einer Feuchtigkeitssperre und einem Estrich aus Zement, Asphalt etc.. Schalltechnisch betrachtet ist ein schwimmender Estrich eine Vorsatzschale, das heißt, es existiert eine Tonpilzresonanz, die möglichst tief sein soll. Daraus folgt, dass die Dämmschicht möglichst weich und der Estrich schwer sein sollte. Einige Beispiele von dynamischen flächenbezogenen Steifigkeiten sind: Glas- oder Steinwolle 10mm dick: s' ≈ 20 MN/m3 Kokosfaser 10 mm dick; s' ≈ 27 MN/m3 Schaumstoff 10mm dick: s' ≈ 20-200 MN/m3 Korkschrot 10mm dick: s' ≈ 100 MN/m3. Auch mit weichen Bodenbelägen, wie beispielsweise mit Teppichen alleine, ließen sich relativ hohe Trittschallminderungen erreichen. Da der auftreffende Hammer und der elastische Belag als Masse-Feder-System wirken, ergibt sich ein ähnlicher Frequenzverlauf wie bei schwimmenden Estrichen, wobei die Resonanzfrequenz jedoch im allgemeinen höher liegt. Nach DIN 4109 dürfen aber weiche Bodenbeläge beim Nachweis der Trittschalldämmung in Wohngebäuden nicht voll und nur in 169 Bild 4.46. Bewertete TrittschallVerbesserungsmaße für schwimmende Deckenauflagen (Estriche). © Beuth Verlag Bild 4.47. Ausführungsbeispiele für fachgerechten schwimmenden Estrich incl. Wandanschluss. Verbindung mit einem schwimmenden Estrich angerechnet werden, da ein späterer Austausch der Beläge zu Schallschutzmängeln führen könnte. Außerdem ist zu 170 beachten, dass solche Art von Bodenbeläge im Gegensatz zu schwimmenden Estrichen nur die Trittschalldämmung, nicht aber die Luftschalldämmung verbessern. 4.4.7 Holzbalkendecken und Trittschallminderung Obwohl der Norm-Trittschallpegel für alle Arten von Decken, das heißt sowohl für Massiv- als auch für Holzdecken, in gleicher Weise bestimmbar ist- ist die einheitliche Anwendung der bewerteten Trittschallminderung für Deckenauflagen auf Holzbalkendecken ungeeignet. Gleichartige Deckenauflagen, insbesondere schwimmende Estriche, bewirken hier unterschiedliche Trittschallminderungen. Im allgemeinen sind diese bei hohen Frequenzen geringer. Für eine holzbaubezogene bewertete Trittschallminderung gibt es noch keine genormte Definition. In Analogie ist vorgeschlagen worden, sie unter Bezug auf den schematisierten Frequenzverlauf des Norm-Trittschallpegels einer üblichen Holzbalkendecke zu bilden. 4.4.8 Ausführungsmängel Die im Zusammenhang mit Doppelwänden bereits erwähnten Schallbrücken wirken sich beim Trittschallschutz verheerender aus als beim Luftschallschutz, siehe Bild 4.48 und zählen zu den Hauptausführungsmängeln beim Trittschallschutz. Bild 4.48. Einfluss von Schall-Brücken auf den NormTrittschallpegel 171 Die in der Praxis häufigsten Schallbrücken bei schwimmenden Estrichen sind fehlende oder schlampig verlegte Deckenrandstreifen und Rohrdurchführungen in Böden, sowie durchgedrückte Mörtelbrücken. Man beachte, dass auch zwischen übereinanderliegenden Bädern und zwischen Bädern und schräg darunterliegenden Wohnräumen ein ausreichender Trittschallschutz gewährleistet sein muss. Untergehängte Decken haben nicht die trittschalldämmende Wirkung eines ,,umgekehrten schwimmenden Estrichs“, weil der Trittschall, der in die Decke eingeleitet wird, oft auf die flankierenden Wände übertragen und von dort abgestrahlt wird. Die Verbesserung des Trittschallschutzes kann, im Widerspruch zu Bild 4.44, somit gering sein; man sollte daher in solchen Fällen immer mindestens einen weichen Gehbelag mit ∆Lw,R > 20 dB vorsehen. 4.4.9 Nebenwegs- bzw. Flankenübertragung (Einfluss verschiedener Übertragungswege) Da es sich beim Trittschall um eine Form der Körperschallanregung handelt, kommen von den für die Luftschallübertragung genannten Nebenwegen praktisch nur die Flankenwege in Betracht. Dabei ist im Falle der Trittschallübertragung von einer Decke in den direkt darunter gelegenen Raum, der Beitrag der Flankenwege natürlich gering. Nur dann, wenn die flankierenden Wände im Vergleich zur Decke im Mittel sehr leicht sind (Massenverhältnis etwa < 3), ist durch Flankenwegübertragung mit einem merklichen Beitrag von etwa 3 bis 4 dB zum Trittschallpegel zu rechnen. Probleme der Trittschallübertragung kann es aber nicht nur in vertikaler, sondern auch in horizontaler oder diagonaler Übertragungsrichtung geben. Das ist insbesondere bei der Trittschallanregung von Treppenläufen, Treppenpodesten, Fluren, Verteilergängen u. ä. der Fall. Hier ist der Einfluss der Bauteilverzweigungen auf die Flankenübertragung bedeutungsvoll. Näherungsweise kann man damit rechnen, dass der in einem horizontal oder diagonal angrenzenden Raum hervorgerufene Trittschallpegel im Vergleich zur vertikalen Übertragung um die auf Bild 4.49 dargestellte Schnellepegeldifferenz vermindert ist. Bild 4.49. SchnellepegelMinderungen beim Übergang über verschiedene Bauteilverzweigungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Masseverhältnis. © Verlag f. Bauwesen Berlin 172 Maßnahmen zur Trittschallminderung (in der Regel Deckenauflagen) können entsprechend niedriger dimensioniert werden. Bei diagonaler Trittschallübertragung ist auch eine im Empfangsraum angeordnete Unterdecke ein wirksamer Trittschallschutz. Wie beim Luftschall werden bei der Trittschallübertragung ebenfalls zunehmend Berechnungsmethoden in das internationale Normenwerk eingeführt, die es ermöglichen, den Einfluss des direkten Weges und der Flankenwege einzeln zu erfassen und zusammenzufügen (DIN EN 12354-2). 4.4.10 Treppen Der für Treppen sinnvollerweise geforderte Trittschallschutz bereitet manchmal Schwierigkeiten, weil weiche Gehbeläge vom Standpunkt der Hygiene und des Brandschutzes abgelehnt werden. Um trotzdem einen ausreichenden Trittschallschutz zu gewährleisten, sind folgende Punkte zu beachten: • Schutzbedürftige Räume wie Schlafzimmer, Kinderzimmer, etc. nicht unmittelbar neben das Treppenhaus anordnen • falls möglich Treppenstufen nicht direkt in Wohnungswänden verankern • Trittplatten/Stellplatten oder Winkelstufen schwimmend (d.h. auf elastischen Schichten) verlegen • Fertigtreppen unter Zwischenlagen von gelochten bzw. gerippten Gummimatten elastisch aufstellen, siehe Beispiel Bild 4.50. Bild 4.50. Trittschallschutz von Treppen. 173 4.5 Haustechnische Anlagen Für den Schallschutz relevante haustechnische Anlagen sind: • Wasserinstallationen • Heizungen • Aufzüge • Müllschlucker • Abluftschächte • Klima- oder Belüftungsanlagen, etc.. Die von diesen Einrichtungen erzeugten Schallpegel dürfen nach DIN 4109 im nächstgelegenen fremden Wohn- bzw. Schlafraum nicht mehr als 30 dB(A), in Unterrichts- und Arbeitsräumen maximal 35 dB(A) erzeugen. Das heißt, hier wird kein bestimmtes Dämmmaß wie beim Luft- und Trittschallschutz vorgegeben, sondern nur ein einfacher A-bewerteter Schalldruckpegel, wobei es sich hier um das Kurzzeitgeräusch (keine Mittelung) ohne die Berücksichtigung einzelner Geräuschspitzen handelt. Um 5 - 10 dB(A) niedrigere Grenzwerte als in DIN 4109 sind in der VDI Richtlinie 4100 für die Schallschutzklassen II und III genannt, sie sollten zumindest für Wohnungen mit erhöhten Ansprüchen eingehalten werden. Da es im Planungsstadium oft schwer abschätzbar ist, wie die Einhaltung dieser Anforderungen gewährleistet werden kann, weil die Anregung und Ausbreitung dieser Art von Geräuschen in einem Bauwerk sehr kompliziert ist, sollten einige Grundsätze eingehalten werden, um Störungen durch haustechnische Anlagen zu vermeiden: • Einschalige Wände an oder in denen Armaturen oder Wasserinstallationen einschließlich Abwasserleitungen montiert sind, müssen eine flächenbezogene Masse von mindestens 220 kg/m2 haben. • Alternativ geräuscharme Armaturen und Anlagen benutzen, bei Wasserinstallationen sind das Armaturen der Gruppe 1, die unter definierten Laborbedingungen weniger als 20 dB(A) erzeugen, während normale Armaturen 10 dB(A) lauter sind. • Grundrisse so planen, dass der räumliche Abstand zwischen haustechnischen Anlagen und schutzbedürftigen Räumen möglichst groß ist (keine Armatur an Schlafzimmerwand des Nachbarn !), Bild 4.7 zeigt bezüglich des Schallschutzes günstige Grundrisse. • Zur Entkopplung von Körperschallanregung elastische Zwischenlagen verwenden, Beispiele siehe Bild 4.51. • Möglicherweise gesamte Sanitärinstallation auf eine extra Wand entkoppelt vom übrigen Bauwerk montieren, sogenannnte Vorwandinstallation (insbesondere beim Trockenausbau). • Abluftschächte für jede Wohnung getrennt anordnen oder mit Schalldämpfern versehen. • Aggregate wie Fahrstuhlmotoren, Ventilatoren oder Pumpen elastisch lagern, damit wird der ins Bauwerk eingeleitete Körperschall vermindert. Aufgepasst werden muss dabei aber, weil die Hauptübertragung manchmal auch direkt über den Luftschall erfolgen kann, was die Bemühungen der Körperschallisolierung zum Teil wieder aufhebt, BildxxRVLVDI4100. In solchen Fällen müsste das Aggregat gekapselt und gegebenenfalls elastisch gelagert werden. 174 Bild 4.51. Beispiele von elastischen Zwischenlagen zur Entkopplung von Geräuschen der Wasserinstallation vom Bauwerk. Bei großen haustechnischen Anlagen, wie Notstromdiesel oder dieselbetriebene Wärmepumpen empfiehlt es sich, diese Aggregate vom Wohngebäude, Krankenhaus etc. baulich zu trennen; außerdem sollte man die Unterstützung von Spezialfirmen und/oder erfahrenen Beratern hinzuziehen. Ausgewählte ergänzende Literatur AMMON, J. 1992: Zeitgemäße Sanitärinstallation. Möglichkeiten und Grenzen des Schallschutzes. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 39, S. 158- 164. GERTIS, K. 1999: Sind neuere Fassadenentwicklungen bauphysikalisch sinnvoll? Teil2: Glas-Doppelfassaden (GDF). Bauphysik 21, H. 2, S. 54- 66. KÖTZ, W.D. 1998: Zur Berechnung der erforderlichen Schalldämmung bei Räumen mit mehreren Außenwänden. Zeitschrift für Lärmbekämpfung, Jg. 45. H. 2, S. 73- 76. LIPS, W. 1999: Lärmbekämpfung in der Haustechnik. Kontakt & Studium Band 594, Expert Verlag. LUTZ, P. 1992: Schalldämmung und Schalllängsleitung von Steildächern. WKSB 31, S. 16- 21 SCHOLL, W. 2001: Impact Sound Insulation: The Standard Tapping Machine Shall Learn to Walk. Building Acoustics Vol. 8, No 4, S. 245- 256. Veit, I. 1998: Bauakustik. Kontakt & Studium Band 569, Expert Verlag. WEBER, L., KOCH, S. 1999: Anwendung von Spektrum- Anpassungswerten. Bauphysik 21, H. 4, S. 3- 6 und H. 6, S.7-11. Zentralverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (ZVSHK) 2002: Merkblatt zum Schallschutz. 175 4.6 Schallschutzplanung 4.6.1 Regelwerke, Grundlagen 4.6.1.1 DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ Der Schallschutz hat, wie bereits erwähnt, die Aufgabe Menschen in ihren Aufenthaltsräumen vor unerwünschten, unzumutbaren Belästigungen durch fremde Geräusche zu schützen. Für alle an der Bauplanung und Bauausführung Beteiligten ist die Anforderungs - und Bewertungsgrundlage für baulichen Schallschutz die als Technische Baubestimmung baurechtlich eingeführte Norm DIN 4109 - Schallschutz im Hochbau Ausgabe November1989, neben dem ebenfalls als Technische Baubestimmung eingeführten Beiblatt 1 der DIN 4109. Diese DIN 4109 ist in erster Linie ein Instrument des Bauordnungsrechts, das der Gefahrenabwehr dienen soll. Da das Bauordnungsrecht nach dem ,,Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" stets vom “Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs" ausgeht, enthält die DIN 4109 lediglich rechtlich bindende Mindest-Anforderungen an den Schallschutz zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren. Werden die in der DIN 4109 aufgeführten Grundsätze und Ausführungsanweisungen beachtet, ist der nach dem Bauordnungsrecht geschuldete Mindestschallschutz eingehalten. So soll sichergestellt werden, dass Menschen, die sich in üblichen Wohn- und Arbeitsräumen innerhalb von Gebäuden aufhalten, vor unzumutbaren Belästigungen durch Schallübertragung geschützt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass bei Einhaltung der Anforderungen keine Belästigungen mehr auftreten können. Geräusche aus benachbarten Räumen oder von außen können immer noch wahrgenommen werden. Nach der Diktion der DIN 4109 ergibt sich daraus die Notwendigkeit zu gegenseitiger Rücksichtnahme durch Vermeiden unnötigen Lärms. Der staatlich festgelegte Mindestschallschutz zwischen Wohnungen bildet somit auf einer Skala möglicher Schallschutzqualitätsniveaus das untere Ende. Ein Unterschreiten ist unzulässig. Der Gesetzgeber hat aber auch Möglichkeiten zu höheren Anforderungen oder zum Schallschutz im eigenen Bereich in Form von Empfehlungen offen gehalten (DIN 4109, Beiblatt 2). 4.6.1.2 VDI 4100 - Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz in Wohnungen Häuser und Wohnungen mit erhöhtem Wohnstandard suggerieren Mietern bzw. Käufern, dass die Wohnobjekte über einen erhöhten Schallschutz verfügen. Oftmals möchten Bauherren jedoch lediglich die Mindest-Schallschutzanforderungen nach DIN 4109 erfüllen. Die Mieter beziehungsweise Käufer erwarten aber in Anbetracht des übrigen hohen Komforts und des entsprechenden Preises einen verbesserten Schallschutz. Werden zwischen den Parteien im Vorfeld keine besonderen Vereinbarungen bezüglich des Schallschutzes getroffen, stehen sich die Beteiligten meist alsbald vor Gericht gegenüber. Und Richter haben in der Vergangenheit regelmäßig entschieden, dass sich das Niveau des geschuldeten Schallschutzes an den durch die Baubeschreibung erweckten Erwartungen zu orientieren hat. Bauherren verlangen daher nach eindeutig definierten Kriterien, damit sie in ihren Wohnungen angemessenen Schallschutz realisieren können. Es werden also Schallschutzanforderungen für Wohnungen benötigt, die über den Mindeststandard des Gesundheitsschutzes hinausgehen und anhand derer erst erhöhte Wohnqualität klassifiziert werden kann. Bereits 1994 veröffentlichte der Verein Deutscher Ingenieure die vom Normenausschuss Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS) im DIN und VDI erarbeitete Richtlinie VDl 4100 - 176 Schallschutz von Wohnungen - Kriterien für Planung und Beurteilung. Die Richtlinie definiert drei Schallschutzstufen für die Beurteilung unterschiedlicher Qualitäten des baulichen Schallschutzes, Bild 4.52. Bild 4.52. Wahrnehmung von üblichen Geräuschen aus Nachbarwohnungen und Zuordnung in drei Schallschutzstufen (SSt). © VDI Verlag. Durch die Zuordnung der Schallschutzstufen zu üblichen Baubewertungsstufen lässt sich die Qualität einer Wohnung in punkto Schallschutz in Bauverträgen festlegen und als wertsteigernde Eigenschaft beschreiben. Bild 4.53. Bauakustische Kennwerte für den Schallschutz in Mehrfamilienhäusern. © VDI-Verlag. 177 Für die bautechnische Quantifizierung sind den Schallschutzstufen zahlenmäßig festgelegte bauakustische Kennwerte für die jeweiligen Schallübertragungswege bzw. Geräuschquellen zugeordnet, Bild 4.53 gilt für Mehrfamilienhäuser, Bild 4.54 zeigt die entsprechenden Werte für Doppel- und Reihenhäuser, während in Bild 4.55 die Empfehlungen für den eigenen Wohn- beziehungsweise Arbeitsbereich aufgelistet sind. Bild 4.54. Bauakustische Kennwerte für den Schallschutz in Doppel- und Reihenhäusern. © VDI-Verlag. Die Schallschutzstufen stehen als Einzahlkriterien für die erforderliche Abstimmung der Anforderungen in den verschiedenen bauakustischen Teilbereichen (Luftschallschutz, Trittschallschutz etc.). Die Beurteilung subjektiver Höreindrücke ist eine schwierige Materie. In die VDl 4100 sind Daten aus der akustischen Beratungspraxis eingeflossen. Da die gegebenen Umstände nicht in jedem Fall gleich sein können, kann es zu abweichenden persönlichen Urteilen kommen. 178 Bild 4.55. Bauakustische Kennwerte für den Schallschutz innerhalb des eigenen Wohnoder Arbeitsbereiches. © VDI Verlag. Schallschutzstufe I entspricht den Anforderungen der DIN 4109. Werden die Werte der Schallschutzstufe I eingehalten, so finden Menschen bei üblichen Wohngegebenheiten im allgemeinen Ruhe und müssen sich nicht besonders einschränken, um Vertraulichkeit zu wahren. Diese Stufe würde man bei einer Wohnung erwarten, die auch in ihrer sonstigen Ausstattung üblichen Komfortansprüchen genügt. Die Kennwerte der Schallschutzstufe II wurden soweit wie möglich analytisch abgeleitet; die vorgenommenen Ableitungen werden in der Richtlinie ausführlich beschrieben. Die so ermittelten Werte sind nicht identisch mit den Werten in Beiblatt 2 der DIN 4109, in welchem die Werte für den erhöhten Schallschutz teilweise nur um wenige Dezibel über den Mindestanforderungen liegen. Die Kennwerte der Schallschutzstufe III ergeben sich aus Stufe ll, indem man für die Eingangsparameter der analytischen Ableitung höhere dem Ruheschutz dienende Werte einsetzt. Bei der Luftschalldämmung wird etwa von den drei Dezibel höheren Dämmwerten ungefähr eine Halbierung der Lautstärke der aus der Nachbarwohnung herüber dringenden Sprache erwartet. Beim Trittschallschutz sowie beim Schutz vor Installationsgeräuschen und vor Außengeräuschen wurde der im Lärmschutz übliche Verbesserungsschritt von 5 dB(A) beibehalten. Stufe III kann man bei einer Wohnung erwarten, die auch in ihrer sonstigen Ausstattung gehobenen Komfortansprüchen genügt. Die Auswahl einer geeigneten Schutzstufe wird dadurch erleichtert, dass in der Richtlinie auch statistische Angaben über die bei den verschiedenen Stufen zu erwartenden Preisunterschiede und die in der Baupraxis anzutreffenden 179 Schallschutzniveaus gemacht werden. Damit Menschen in ihrem Zuhause Ruhe finden, müssen keine hohen Summen zusätzlich investiert werden. Entscheidend ist, dass von Anfang an bauakustische Kriterien bei der Planung von Wohnfläche beachtet werden und die handwerkliche Bauausführung sorgfältig überwacht wird. Dann sind die Mindestanforderungen an den Schallschutz (oft) ohne Mehrkosten zu übertreffen. Werden moderne Bauweisen in Verbindung mit optimierten Grundrissen angewendet, lassen sich bei gleichzeitig verbessertem Schallschutz sogar Baukosten einsparen und zusätzliche Wohnfläche gewinnen. Eine im Auftrag des Umweltbundesamtes 1999 durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Kostenunterschiede für unterschiedliche bauakustische Niveaus im Verhältnis zu sonst am Bau üblichen Preisspannen generell eher gering sind. Die Untersuchung offenbart allerdings auch, dass sich traditionelle Massivbauweisen bei der Realisierung höherer Schallschutzstufen häufig unwirtschaftlich verhalten. Die Ursachen dafür sind vor allem die erforderliche hohe flächenbezogene Masse bei den flankierenden Bauteilen sowie der damit verbundene Wohnflächenverlust. Wenn man ein mehrstufiges Bewertungssystem für den Schallschutz von Wohnungen einführen will, reichen die Festlegungen in Beiblatt 2 zu DIN 4109 nicht aus. Seit 1995 arbeitet ein paritätisch zusammengesetzter Gemeinschaftsausschuss von NABau und NALS im DIN und VDI an einer Harmonisierung der Inhalte von Beiblatt 2 der DIN 4109 und VDI 4100. Ziel ist es, beide Regelwerke durch ein Normenblatt zu ersetzen. Im Juni 2000 wurde dazu der Entwurf DIN 4109 Schallschutz im Hochbau Teil 10: Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz von Wohnungen - veröffentlicht. 4.6.2 Vorgehensweise bei der Planung 4.6.2.1 Einordnung in schallschutztechnische Kategorien Man muss zunächst prüfen, ob es sich bei dem geplanten Vorhaben um einen Bau handelt, der vorwiegend Lärm abstrahlt (emittiert), beispielsweise: • Industrieanlage oder größerer Gewerbebetrieb • Sportstätte • Flughafen • Autobahn, hier muss die Nachbarschaft geschützt werden und es gelten vollkommen andere Regelwerke als bisher angesprochen; oder aber es handelt sich um ein vor Lärm zu schützendes Bauwerk mit: • Wohnräumen • Schlafräumen, einschließlich Übernachtungsräume in Hotels und ähnliches • Bettenräume in Krankenhäusern und Sanatorien • Unterrichtsräumen in Schulen, Hochschulen, Kongresscenter • Büroräume (ohne Großraumbüros), Praxisräume, Sitzungsräume und ähnliches. Hier gilt im wesentlichen die DIN 4109 und verwandte Richtlinien wie die VDI 4100. 4.6.2.2 Anforderungen an den Schallschutz - relevante Regelwerke Man muss als Nächstes generell fragen: Bestehen überhaupt gesetzliche Mindestanforderungen oder Richtwerte und wenn ja, welche ? 180 Sind vertraglich zu regelnde Anforderungen zu empfehlen oder gewünscht (z. B. erhöhter Schallschutz, Schallschutz im eigenen Bereich) ? 4.6.2.3 Anforderungen an die Schalldämmung der Außenbauteile Die akustische Umgebung des Bauvorhabens bestimmt die (Mindest-) Anforderungen an das Schalldämmmaß der Außenbauteile (Fassade, Fenster incl. Lüftung und Rollädenkästen), Dach), das kann sich sowohl auf ein emittierendes, als auch auf ein vor Lärm zu schützendes Bauwerk beziehen. Lärmemittierende Bauten Bezüglich lärmemittierender Nutzungen gibt es abhängig von der Lärmart Regelwerke, die maximale Immissionswerte in der Nachbarschaft vorschreiben • Straßen- und Schienenverkehr: Verkehrslärmschutzverordnung -16.BImSchG (1990) (nur für Neubauten oder wesentliche Änderungen) • Luftverkehr: Fluglärmgesetz (1986) (z. Zt. in Überarbeitung) • Industrie- und Gewerbeanlagen: Technische Anleitung -Lärm (1998) • größere Sport- und Freizeitanlagen: Sportanlagen-Lärmschutzverordnung 18. BImSchG und TA-Lärm, woraus sich, falls an den Quellen direkt keine Geräuschbekämpfung betrieben werden kann, Anforderungen an die, soweit vorhanden, baulichen Hüllen ableiten lassen (z.B. bei einer Industriehalle). In diesem Zusammenhang ist folgende Gleichung hilfreich, mit der sich die Geräuschübertragung aus einem lauten Raum nach außen abschätzen lässt, unter der Voraussetzung einer ungestörten Schallausbreitung aussen LAeq,innen − LAeq,Immissionsort ≅ RW′ − 10 log S + 20 log s + 12 dB(A) mit LAeq,innen mittlerer Schalldruckpegel im lauten Raum in dB(A) LAeq,Immissionsort Schalldruckpegel am Immissionsort in dB(A) im Abstand s in m RW′ bewertetes Bau-Schalldämmmaß des schallabstrahlenden Teils der Fassade in dB S Fläche dieses Fassadenteils in m2 . Richtwerte (Grenzwerte) sind in den genannten Regelwerken nicht immer einheitlich, sie unterscheiden sich auch in Abhängigkeit von der Baunutzung (BauNVO): • Kurgebiete • reine Wohngebiete • allgemeine Wohn- und Kleinsiedlungsgebiete • Kern-, Dorfgebiete • Mischgebiete • Gewerbegebiete • Industriegebiete. In der DIN 18005 "Schallschutz im Städtebau" Beiblatt 1 zu Teil1 findet man Orientierungswerte, vereinheitlicht für alle Quellen. Zu schützende Bauwerke Bei zu schützender Bebauung im Sinn der DIN 4109, auf diese Situation sollen die weiteren Ausführungen beschränkt bleiben, ist im allgemeinen der sog. maßgebliche Außenlärmpegel gefragt, der in Pegelbereiche eingeteilt wird. Dieser wird bestimmt durch die (energetische) Summe der Immissionsanteile aller geräuschemittierenden 181 Quellen im Außenbereich, die baulich nicht mit dem zu schützenden Bereich verbunden sind, wie: • Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftverkehr • Industrie- und Gewerbeanlagen (Anhang 4. BImSchG) • größere Sport- und Freizeitanlagen. Woher kommen die notwendigen Eingangsdaten? Bei bestehender Bebauung und Infrastruktur: Durch Messung am zukünftigen Standort des geplanten Projekts (eher unüblich). Nach §47a BImSchG sind die Städte und Gemeinden angehalten sog. Lärmminderungspläne für schutzwürdige Gebiete aufzustellen. Zu solch einer Planung gehört neben der flächendeckenden Erfassung von Lärmquellen (Emissionskataster), auch die genaue Ermittlung der Lärmbelastungen und ihrer zu erwartenden Entwicklung, sog Schallimmissionspläne oder auch Lärmkataster (s. zum Beispiel www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas). Diese Daten könnten für den in Frage kommenden Standort genutzt werden, müssen eventuell noch um eine Entfernungsabnahme korrigiert werden. Bei völliger Neuerschließung incl. Infrastruktur oder fehlendem Lärmkataster: In diesem Fall müssen die Immissions-Schalldruckpegel anhand von Prognosedaten (z.B. die zukünftige Verkehrsmenge oder Emissionskenndaten (Schalleistungen) von Quellen) und von Geländedaten (beeinflusst die Schallausbreitung) berechnet werden, dafür stehen folgende Regelwerke zur Verfügung: • Straßenverkehr: Richtlinie für Lärmschutz an Straßen (RLS 90) • Schienenverkehr: Schall 03 (DB), DIN 45642 • Rangierbahnhöfe: Schall 04 (DB) • Wasserverkehr: DIN 18005 Teil1 • Luftverkehr: Fluglärmgesetz, DIN 45643 • Industrie- und Gewerbeanlagen (incl. Hafenanlagen): TA-Lärm • größere Sport- und Freizeitanlagen: TA Lärm. Bezüglich des Gültigkeitsbereichs der TA-Lärm wird, wenn keine konkreten Werte vorliegen, der der jeweiligen Gebietskategorie zugeordnete TagesImmissionsrichtwert zugrunde gelegt. In der DIN 18005 Teil 1 "Schallschutz im Städtebau" findet man außerdem allgemeine Berechnungsverfahren für die meisten Lärmquellen, in DIN 4109 ein vereinfachtes Prozedere für den Straßenverkehr. Bei Vorhandensein größerer Ausbreitungswege mit Geländestrukturen müssen verschiedene Schallausbreitungsmechanismen berücksichtigt werden (VDI 2714, zum Teil in den genannten Regelwerken integriert). Spezielle Regelwerke existieren bzgl. der Schallimmission durch Baustellen (Baulärmgesetz). Man muss also eine Aufstellung über mögliche signifikante Quellen mit ihren Immissionsanteilen machen, die auf das Bauwerk einwirken. Daraus bestimmt man die Höhe des maßgeblichen Außenlärmpegels nach Gl.(1) DIN 4109. Man nutzt, wenn möglich, geländespezifische Vorteile wie Wälle, Einschnitte, natürliche und bauliche Abschirmungen und auch Eigenabschirmungen der Gebäude aus, in denen sich schutzbedürftige Räume befinden werden, vergleiche auch Bild 4.4. Wie das im Außenlärmpegel berücksichtigt werden kann, findet man in Hinweisen in der DIN 4109 Abschn. 5.5 (s. auch VDI 2714 "Schallausbreitung im Freien" oder VDI 2571 "Schallabstrahlung von Industriebauten"). 182 Mit den gewonnenen Daten bestimmt man nun weiterhin die Mindestanforderungen an die Schalldämmung der Außenbauteile nach Tabelle 8 bis 10, der DIN 4109 (resultierendes Bau-Schalldämmmaß), wobei Außenbauteile, die unterschiedlich zur maßgeblichen Lärmquelle orientiert sind und damit möglicherweise unterschiedlichen Außenlärmpegeln ausgesetzt sind, separat zu behandeln sind. Ferner ist zu berücksichtigen: • die jeweilige Nutzungsart • die Raumgeometrie. Bei zusammengesetzten Außenbauteilen (z.B. Fassadenwand plus Fenster) muss eine Aufspaltung des resultierenden Schalldämmmaßes in die Einzelschalldämmmaße in Abhängigkeit der jeweiligen Flächenanteile (Tab. 10 DIN 4109 oder Abschn. 11 DIN 4109 Beibl. 1) vorgenommen werden. Bei sehr hohen Gebäuden ist in vielen Fällen die äußere Lärmeinwirkung auf eine Fassade nicht gleichmäßig über die gesamte Fassadenfläche verteilt. Das liegt daran, dass beispielsweise niedrige Nachbargebäude im unteren Bereich lärmabschirmend wirken oder dass die Lärmintensität nach oben hin abnimmt. Bild 4.56 zeigt dieses an Hand eines konkreten Beispiels, wie bei einer 100 m hohen Fassade der Schalldruckpegel und damit das in diesem Fall erforderliche Schalldämmmaß verteilt sind. Man erkennt, dass erhebliche Pegelunterschiede vorhanden sein können, in deren Folge das erforderliche Schalldämmmaß der Fassade lokal zwischen ca. 30 und 50 dB schwanken kann. Eine Fassade braucht somit nicht an jeder Stelle den gleichen Schallschutz aufzuweisen. Bei einer normalen Wand-Fensterfassade könnte man der Pegelverteilung dadurch Rechnung tragen, dass in der Fassade Fenster unterschiedlicher Schallschutzklasse eingebaut werden. Bild 4.56. Beispiel für die mögliche Verteilung des Außen-Schalldruckpegels und damit für das erforderliche Schalldämmmaß über die Höhe der Fassade eines Hochhauses. © Verlag Ernst&Sohn. Wenn man frei von den Mindestanforderungen der DIN 4109 ist, kann man allgemein ′ näherungsweise das erforderliche Bauschalldämmmaß eines Außenbauteils RW berechnen aus: RW′ = LAeq1 − LAeq2 + 10 log(S A) + 3 dB 183 hierbei sind LAeq1 äquivalenter Dauerschallpegel des Geräusches etwa 2 m vor der Fassade in dB(A) LAeq2 zulässiger oder gewünschter äquivalenter Dauerschallpegel im Innenraum in dB(A) S geometrische Fläche der Fassade in m2 A äquivalente Schallabsorptionsfläche des Innenraumes in m2 (10 m2 für ein normales Wohnzimmer). 4.6.2.4 Anforderungen an den Schallschutz innerhalb des umbauten Raums Die Schallquellen und die Schallausbreitungsmechanismen in einem Gebäude sind vielfältig und kompliziert. Wie in den vorigen Kapiteln ausführlich dargelegt wurde, unterscheidet man Luftschalldämmung (die Quelle strahlt Luftschall ab, bevor das Bauwerk damit angeregt wird und dessen Schwingungen an anderer Stelle wieder in Form von Luftschall abgestrahlt werden, gekennzeichnet durch das Schalldämmmaß, R (frequenzabhängig) oder RW (Einzahlwert) und Trittschalldämmung (die Quelle regt das Bauwerk direkt durch mechanische Wechselkräfte zu Schwingungen an (Körperschall), die an anderer Stelle in Form von Luftschall abgestrahlt werden, gekennzeichnet durch den Normtrittschallpegel, Ln oder Ln,W). Eine Sonderrolle spielen die Geräusche der Wasserinstallation und sonstiger haustechnischer Anlagen (z. B. Lüftung, Heizung, Fahrstuhl), hier handelt es sich im allgemeinen auch vorwiegend um Körperschallanregung, gekennzeichnet durch den immittierten Schalldruckpegel in dB(A). Die Schallausbreitung in einem Gebäude erfolgt nicht nur über das jeweilige trennende Bauteil (Wand, Decke) in einer Vorzugsrichtung (horizontal oder vertikal), sondern auch über die flankierenden Bauteile sowie vertikal und diagonal über die verschiedenen Stockwerke. Man ordnet das Gebäude mit seiner Raumnutzung schalltechnisch ein. Dabei versucht man zunächst, in Abstimmung mit dem architektonischen und haustechnischen Konzept, grundsätzlich einen hinsichtlich des Schallschutzes günstigen Grundriss mit seinen Funktionszuordnungen zu finden. Das gilt ganz besonders für Konzepte wie Wohnen und Arbeiten, vergleiche auch die Bilder 4.5, 4.6, 4.7. Man legt möglichst nie schutzbedürftige Räume neben bzw. räumlich über oder unter laute Räume, beispielsweise eine Küche oder den Sanitärbereich neben ein Schlafzimmer oder einen Fahrstuhlschacht neben ein Wohn- oder Schlafzimmer. Man konzentriert möglichst laute Bereiche und entkoppelt diese von den zu schützenden Gebäudeteilen durch geometrischen Abstand, durch weitere nicht schützenswerte leisere "Pufferbereiche" (zum Beispiel Flure, Abstellkammern) oder durch bauliche Maßnahmen. Hierzu findet man Informationen in Beiblatt 2, DIN 4109, Abschn. 2.4 und 2.5. Sollten diese Prinzipien nicht einzuhalten sein, müssen möglicherweise Maßnahmen getroffen werden, wie Vorwandinstallation im Sanitärbereich, der Einsatz besonders geräuscharmer Armaturen oder die elastische Aufhängung oder Montage von geräuschführenden Rohrleitungen, es gibt zum Beispiel von einigen Herstellern sog. Schallschutz-Montagesets für Sanitäreinrichtungen. Nach Ausschöpfung dieser mehr planerischen Maßnahmen, legt man nun die Mindestanforderungen oder gewünschten Forderungen an die Schalldämmung der Trennwände, -decken und der Türen in konkreten Zahlen fest. 184 Bezüglich der Mindestanforderungen für schutzbedürftige Räume (WohnSchlafräume, Unterrichtsräume, Krankenzimmer, Hotelzimmer, Büros) gegenüber der Schallübertragung aus fremdem Wohn- oder Arbeitsbereich gilt die Tabelle 3 im Hauptblatt der DIN 4109, abhängig von der Gebäudekategorie: • Geschoßhäuser mit Wohnungen und Arbeitsräumen • Einfamilien-Doppelhäuser und Reihenhäuser • Beherbergungsstätten • Krankenhäusern und Sanatorien • Schulen und vergleichbare Unterrichtsbauten. Um einen Eindruck zu bekommen zeigt Bild 4.57 einen Ausschnitt aus der DIN 4109, beschränkt auf die Luftschalldämmung. Für die Wasserinstallation, haustechnische Anlagen und Betriebe gelten die Anforderungen an den zulässigen maximalen Schalldruckpegel aus Tabelle 4, Abschn. 4 in DIN 4109 (Anmerkg.: die Zahlenwerte in Tab. 4, Zeile 1, Spalten 2 und 3 sind mit Änderung 2001 auf 30 dB(A) gesenkt worden). Man muss die Definitionen der DIN beachten, was unter haustechnische Anlagen und Betriebe zu verstehen ist. Betriebe sind zum Beispiel kleinere Handwerks- und Gewerbebetriebe, Zahnarztpraxen, Gaststätten, Kinos oder Theater, soweit sie mit dem zu schützenden Bereich in irgendeiner Form baulich verbunden sind. Beachtenswert sind auch die allgemeinen Anforderungen an die Geräte und Armaturen der Wasserinstallation, Tab. 6 und Abschn. 4.3 der DIN 4109 und was in Abschn. 7.1 und 7.2 über die Wasserinstallation angemerkt ist. Anforderungen zwischen "besonders lauten" (s. auch hier bei Definition) und schutzbedürftigen Räumen sind in der Tabelle 5 DIN 4109 zu finden. Diese Tabelle findet beispielsweise Anwendung, wenn sich Gaststätten in Wohnhäusern befinden. Für den jeweils eigenen Wohn- und/oder Arbeitsbereich verwendet man die Werte aus den Empfehlungen Beiblatt 2 zu DIN 4109; Bild 4.57 oder die weiter oben gezeigten Richtwerte aus VDI 4100. Unterliegt der Entwurf nicht den Mindestanforderungen nach DIN 4109, benutzt man entweder diese zur Orientierung oder man verwendet ebenfalls die Werte aus den Empfehlungen Beiblatt 2 zu DIN 4109 oder die Richtwerte aus VDI 4100. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, das einer über die Mindestanforderungen hinausgehender Schallschutz gesondert zwischen dem Bauherrn, dem Entwurfsverfasser und den bauausführenden Gewerken vertraglich zu vereinbaren ist. Bei juristischen Prozessen um den "geschuldeten Schallschutz" wird sonst im allgemeinen vom Stand des technisch Machbaren ausgegangen. 185 Bild 4.57. Auszug aus Schallschutzanforderungen aus DIN 4109 für verschiedene Nutzungskategorien. © KSV- Verband, Hannover. 186 Bild 4.58. Empfehlungen für den normalen und erhöhten Schallschutz; Luft- und Trittschalldämmung von Bauteilen zum Schutz gegen Schallübertragung aus dem eigenen Wohn- oder Arbeitsbereich. DIN 4109, Beibl. 2, Tab. 3. © Beuth-Verlag 4.6.2.5 Schalltechnischer Eignungsnachweis Die nächste Aufgabe besteht darin, den planerisch, rechnerischen Nachweis zu führen, dass die gewählte Konstruktion und die verwendeten trennenden Bauelemente (z. B. Massivwand, Trockenausbauwand, Decke mit schwimmendem Estrich, Fenster, Fassadenwand, etc.) die geforderten beziehungsweise vorgegeben und vereinbarten Schalldämmwerte erfüllt. 187 Wenn keine speziellen akustischen Daten vorliegen, verwendet man allgemein das Beiblatt 1 der DIN 4109 "Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren". Hier findet man Tabellen und Berechnungsgrundlagen für die Bestimmung der Schalldämmmaße und des Normtrittschallpegels gängiger Konstruktionen innerhalb folgender Kategorien: Luftschalldämmung in Gebäuden in Massivbauart • Trennende Bauteile • Einfluss flankierender Bauteile (s. auch Beispiele Abschn. 3.4 DIN 4109, Beibl.1) Trittschalldämmung in Gebäuden in Massivbauart • Decken mit oder ohne schwimmenden Estrich und Gehbelägen • Holzbalkendecken • Treppenläufe und -podeste Luftschalldämmung in Gebäuden in Skelett- und Holzbauart Resultierendes Schalldämmmaß (Direkt- und Flankenübertragung) • Vereinfachter Nachweis • Rechnerische Ermittlung (s. auch Beispiele Abschn. 5.6 DIN 4109, Beibl.1) Ausführungsbeispiele • horizontale Schallübertragung • vertikale Schallübertragung Trittschalldämmung in Gebäuden in Skelett- und Holzbauart Haustechnische Anlagen und Betriebe • Nachweis einer ausreichenden Luft- und Trittschalldämmung zwischen besonders lauten und schutzbedürftigen Räumen (incl. Lüftungsschächte und Kanäle) Außenbauteile • Außenwände, Decken und Dächer • Fenster und Glassteinwände • Rollladenkästen. Wenn sich eine im Rahmen des Entwurfs vorgegebene konstruktive Lösung nicht einordnen lässt, muss man eine angenähert vergleichbare Konstruktion finden, man kann anhand physikalischer Zusammenhänge versuchen das Schalldämmmaß theoretisch abzuschätzen (s. bauakustische Grundlagen) oder man bekommt Daten vom Hersteller, wenn es sich um vorgefertigte Standard-Bauelemente handelt. Wichtig ist, dass man bei einer Planung immer auf der "sicheren Seite" liegt. Vergessen darf man nie den Einfluss der Nebenwegs- (Flanken-)übertragung zu berücksichtigen (Definition siehe Hauptblatt DIN 4109, Anhang A.5.6 bis A.5.7; Beibl. 1 DIN 4109: Abschn. 3 für Massivbauten, Abschn. 5.3, 5.4 für Skelettbauten) Bei manchen Berechnungen sind Korrekturwerte erforderlich, beispielsweise das sog. Vorhaltemaß (Definition s. Hauptblatt DIN 4109, Anhang A.4). So kann man für Fenster, wenn man nicht die Tabelle 40 im Beibl. 1 DIN 4109 nutzen kann, pauschal ansetzen: RW ,Fenster = RW ,Glasscheibe − 3 − 2 dB. Das Schalldämmmaß der Glasscheibe erhält man z.B. vom Hersteller, 3 dB dienen der Minderung durch den Fensterrahmen, 2 dB ist das Vorhaltemaß (zur Sicherheit) 188 für eine weitere Minderung der Schalldämmung durch den Einbau in die Gebäudewand. Es sei ferner auf ein Berichtigungsblatt zur DIN 4109 von Aug. 1992 hingewiesen, sowie auf Änderungen der Tabellen 23 und 40 im Beibl. 1 DIN 4109. Zukünftig wird im Rahmen der Harmonisierung die Vorgehensweise nach Beiblatt 1 (Ausführungsbeispiele, Rechenverfahren) ersetzt werden. Dann wird es eine übergreifende europäische Bauregelliste geben, in der die gängigen Bauelemente mit ihren, auch akustischen, Daten, einheitlich verzeichnet sind. Der Schalldämmnachweis wird dann nach DIN 12354 "Berechnung der akustischen Eigenschaften von Gebäuden aus den Bauteileigenschaften" errechnet. Dafür werden Computerprogramme zur Verfügung stehen. Ausgewählte zusätzliche Literatur Bundesverband der Deutschen Zementindustrie 1994: Statistisches Kompendium zum Kongress ZUKUNFT WOHNEN Große Sternumfrage zum Thema “Mein Wunsch-Haus” 1996, eine Aktion von Stern und Schwäbisch Hall, Gruner+Jahr Verlag JABLONSKI, M. 1999: “Kosten des Schallschutzes im Wohnungsbau”. Umweltbundesamt F+E 29655 714 JUD, S. 2002: Aktueller Stand des Schallschutzes in der Gebäudetechnik aus der Sicht eines Regelsetzers. Gesundheitsingenieur 123, H. 3, S 126- 132 KÖTZ, W. 1998: Zur Berechnung der erforderlichen Schalldämmung bei Räumen mit mehreren Außenwänden. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 45, H. 2, S 73- 76 KÖTZ, W. 2000: Vorbeugender Schallschutz im Wohnungsbau. BBauBl , Heft 12, S. ? KÜRER, R. 1993: “VDI 4100 Schallschutz von Wohnungen - Kriterien für die Planung und Beurteilung”. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 40, S. 37- 42 PFEIFFER, U.; ZEITZEN, B. 1994: “Mehr Wohnungen für weniger Geld. Bericht der Kommission Kostensenkung und Verringerung von Vorschriften im Wohnungsbau”. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, S. 55, 99 u.170 WALDEN, R. 1995: Lärm und Ruhe in ihrer Bedeutung für Wohnqualität. Zeitschrift für Lärmbekämpfung 42, S.155-168