Ich habe den Mut gehabt, meinen Träumen zu folgen!

Interview: Tommy Denander | GuitarDreams [ 65 ]
[ 64 ] GuitarDreams | Interview: Tommy Denander
Fast 2.000 Alben, 3.000 Livegigs und 6.000 Sessions mit … viel
zu vielen großen Namen, um sie auch nur ansatzweise vollständig
aufzulisten. Wenn es darum geht, perfekte Studio- und Livearbeit
zu leisten, genießt Tommy Denander einen ausgezeichneten Ruf:
tagtäglich, weltweit und in unzähligen Stilrichtungen.
Name: Tommy Denander
Jahrgang: 1968
Domizil: Stockholm, L.A.
Beruf: Gitarrist, Produzent
Leidenschaft: (fast) nur Musik
„Ich habe den Mut gehabt, meinen
Träumen zu folgen!“
Tommy Denander
Fotos: Tommy Denander
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Tommy, du bist offensichtlich ein beinharter Musicaholic. An wie vielen Projekten
arbeitest du zurzeit?
Haha, ja! Es ist schon verrückt, wenn ich
darüber nachdenke, dass ich mit meinen
41 Jahren schon auf 1.800 Alben, Hunderten von Singles und unzähligen Filmsoundtracks, Werbejingles usw. mitgespielt habe. Ich sage von mir selbst schon
immer, dass ich ein stolzer Workaholic bin.
Aber ich habe schließlich den besten Job
der Welt und werde gut dafür bezahlt, mit
den hervorragendsten Künstlern der Welt
Musik zu schreiben, zu produzieren und
aufzunehmen.
In den letzten vierzehn Monaten habe ich
an 170 Alben und etlichen weiteren Aufnahmen mitgearbeitet und einige coole
Livegigs, u.a. mit Mitch Malloy, Dan Reed,
Robin Beck, House of Lords und Jeff Scott
Soto gespielt. Zuletzt habe ich mit Tokio
Hotel, Westlife, Adam Lambert, Robin
Beck, Girls Aloud und für die Fernsehsendungen „American Idol“ und „Swedish Idol“
(i.e. die amerikanische und schwedische
Version von „DSDS“) gearbeitet. Außerdem
ist kürzlich das neue Spin-Gallery-Album
„Embrace“ mit Robin Beck und Dan Reed
als Gästen erschienen. Mit Dan bin ich momentan auch auf Tour und wir waren schon
in ganz Schweden, London, New York, Paris, Wien und einigen anderen Städten unterwegs. Ab Februar gehen wir dann mit
kompletter Bandbesetzung auf Welttour.
Das wird großartig …
Du bist bei weitem nicht nur ein Rockgitarrist, sondern deckst ein unglaublich
breites Spektrum an Stilen und Techniken
ab. Ist dir das Rockgenre allein zu eng?
Genau so ist es! Schon als ich noch ganz
jung war, habe ich nicht nur eine Menge
Hardrock gehört, sondern auch Steely Dan,
Toto, eine Menge Jazz, Santana, Abba, klassische Musik, Elvis, die Beatles und, und,
und … Schon da spürte ich, dass vielleicht
mehr in mir steckt als einfach ein weiterer Rockgitarrist mit langen Haaren und
schlechten Posen (lacht).
„Ich war schon immer ein
Fan emotionalen Spielens.“
Wie hast du dir deine unglaubliche Vielseitigkeit erarbeitet?
Ich bin natürlich mit einem Talent dafür
geboren worden – und das habe ich gepflegt, indem ich sehr viel geübt habe. Irgendwann bin ich dann darauf gekommen,
dass ich nicht der nächste Shredding-König
werden wollte, obwohl ich gerne schnell
spiele und das auch sehr mag, wenn es zur
richtigen Zeit eingesetzt wird.
Wenn ich spiele, denke ich als Songwriter
und Produzent – nicht bloß als Gitarrist,
der seine Licks in e-Moll runterziehen will,
bis die Wände wackeln. Ich war schon immer ein Fan emotionalen Spielens.
Eine gute Lernmethode ist, eine Menge Country-, Jazz-, Blues-, Funk- und
Rocklicks zu üben und dann auszuprobieren, wie man sie in fremde Kontexte integrieren kann. Nimm ein Countrylick, setz’
es in einem Heavyrock-Song ein … und
schon beginnst du, dich von der Masse abzuheben!
Interessierst du dich auch für die historischen und kulturellen Hintergründe der
Stile, die du spielst?
Absolut! Ich studiere zwar nicht die Musikgeschichte en detail, aber ich finde es
beispielsweise sehr wichtig zu wissen, inwiefern etwa die frühen Bluesspieler wie
Robert Johnson die darauffolgende Generation beeinflusst haben; und wie sich die
Stilgeschichte von Chuck Berry über Jimi
Hendrix, Eric Clapton, Led Zeppelin und
Kiss zu Van Halen und den Shreddern der
Achtziger weiterentwickelt hat.
Ich mag auch traditionelle Folkmusik aus
aller Welt und natürlich klassische Musik.
Vor ein paar Wochen habe ich in Wien gespielt und hatte dort Gelegenheit, das Beethoven-Haus und die Gräber von Beethoven,
Mozart, Liszt und Schubert zu besuchen.
Das letzte Radioactive-Album erschien
vor mittlerweile fünf Jahren. Was ist aus
dem Projekt geworden?
Das neue Album ist bereits im Kasten und
wird im Frühjahr erscheinen. Unter vielen
anderen haben Fergie Frederiksen, Mike
Reno, Jeff Scott Soto und Robin Beck daran
mitgearbeitet. In der ganzen Zeit, die ich
in das Album investiert habe, hat es seinen Stil insgesamt drei Mal geändert. Anfangs war ich sehr progressive-orientiert –
das Material klang nach einer Mischung
aus Toto und Dream Theater. Dann habe ich
versucht, es in eine etwas radiotauglichere,
poppige Richtung zu bringen. Letztendlich
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ist es aber doch ein Rock-Album mit ordentlich Kick geworden;
den Jungs von Toto, unter ihnen meinem absoluten Lieblingsmuvielleicht vergleichbar mit der zweiten Radioactive-Scheibe „Yeah“ siker Jeff Porcaro zusammenarbeiten durfte, kann ich manchmal
(2003). Auf jeden Fall ist es das bislang beste Album von Radioactive. selber fast nicht glauben. Ich bin auf Aufnahmen gemeinsam mit
Wie kam deine Zusammenarbeit mit VGS Guitars zustande?
B.B. King, Jeff Beck, Jimmy Page, Michael Landau, Steve Vai, Yngwie
Ich habe auf der letzten Frankfurter Musikmesse die fantas- Malmsteen, Sheryl Crow, David Coverdale, Richard Marx, Bill
tischen Laboga-Amps
Champlin, Fee Waybill,
für mich entdeckt. So
Kenny Loggins, Michael
kam ich mit den Leuten
McDonald und so vievon GEWA zusammen,
len Anderen zu hören.
mit denen ich mich auf
Das ist für mich eine so
Anhieb so gut verstanunfassbare Ehre, denn
den habe, dass wir eine
eigentlich bin ich doch
Clinic-Europatour gepnichts weiter als ein
lant haben. Sie haben
Junge aus einer kleimir angeboten, dabei
nen Stadt im Norden
gleichzeitig ihre Marke
Stockholms. Das Leben
VGS zu präsentieren.
ist wohl wirklich das,
Zuerst habe ich nur ein
was man selber daraus
paar Fotos von den Gimacht. Ich habe mein
tarren bekommen und
Talent angenommen und
fand, dass sie einfach
den Mut gehabt, meinen
toll aussahen. Als sie
Träumen zu folgen: das
mir dann die ersten
hat mir das fantastischsdrei Modelle geschickt Bilderbuch-Karriere : Tommy (v.l.o. im Uhrzeigersinn) mit Paul Stanley,
te Leben geschenkt, das
haben, habe ich mich Michael Landau, Doug Aldrich, Reb Beach, Bobby Kimball und Greg Philliganes.
ich mir vorstellen kann.
sofort in sie verliebt!
Woher nimmst du die
VGS und Laboga haben mich so überzeugt, dass ich jetzt zum
Kraft, weiterhin so viel zu arbeiten und welche Visionen schweersten Mal in meiner Karriere einen exklusiven Endorsement- ben dir vor, die du noch verwirklichen möchtest?
Vertrag unterschrieben habe. Auf der anstehenden Messe wird
Ich beziehe meine Energie aus dem Leben selbst und aus der tiefen
dann mein allererstes Signature-Modell von VGS vorgestellt. Liebe zur Musik. Jedes mal, wenn ich ein Album mache, denke ich
Welches Equipment benutzt du sonst regelmäßig?
schon daran, wie ich das nächste noch besser machen kann. Ich
Für die vielen verschiedenen Sessions, die ich spiele, brauche ich
sehe mich selbst als Reisender auf dem Weg zu meiner eigenen
natürlich eine breite Auswahl. Ich besitze einige Strats und Les Art von Perfektion und hoffe, dass diese Reise noch viele Jahre
Pauls, verschiede Tele-Modelle, Bariton-Gitarren und eine ganze
weitergehen wird. Konkret möchte ich in nächster Zeit viel an
Reihe Amps, die ich über die Jahre zusammengetragen habe.
Filmsoundtracks arbeiten. Außerdem träume ich davon, eines Tages ein wirklich tolles Musical zu schreiben; und es gibt immer
„Life is what you make it!“
noch eine lange Liste von Künstlern, mit denen ich liebend gern
einmal zusammenarbeiten würde.
In den Achtzigern hatte ich noch ein riesiges Bradshaw-Rack und
Für die Zukunft ist mir außerdem sehr wichtig, ein gutes Vorbild
ich habe eigentlich immer gern mit Effekten gearbeitet. Mittler- und ein Mentor für die nächste Generation von Musikern zu sein
weile nehme ich aber abgesehen von Solos und speziellen Clean- – das ist schließlich der beste Weg, so viel wie möglich von dem,
sounds alles eher trocken auf. In meinem Rack habe ich inzwi- was ich erfahren durfte zurückzugeben.
schen nur noch ein Eventide Eclipse, ein Delay von tc electronic
Natürlich freue ich mich auch sehr darauf, bald meine eigene Siund ein Rocktron Xpression. Dafür sammle ich auf meinem Pedal- gnature-Gitarre zu haben und wir arbeiten auch schon an Plänen
board immer mehr Spielsachen an.
für einen Signature-Amp von Laboga. Ich habe dafür eine Menge
Du hast auf fast 2.000 Alben, ca. 3.000 Livegigs und bei etwa
cooler und innovativer Ideen und gehe entsprechend positiv ge6.000 Sessions mitgespielt. Welche Erfahrungen sind dir beson- stimmt in diese nächste Phase meiner Karriere.
ders in Erinnerung geblieben?
Ich arbeite derzeit härter als je zuvor daran, meinen Namen auch
Ich habe so viele unglaubliche Dinge erlebt, aber mit das Größte
bei einem breiteren Publikum bekannter zu machen. Denn je befür mich war, auf Paul Stanleys letztem Soloalbum mitzuwirken. kannter ich selbst bin, desto mehr kann ich für die Leute um mich
Schließlich waren KISS der Auslöser für mich, ernsthaft selber Mu- herum etwas bewegen und verwirklichen.
sik zu machen. Auch dass ich seit mittlerweile zwanzig Jahre mit
Adrian Schüller