Insolvenzrecht Hinweise für Gläubiger zum

Transcription

Insolvenzrecht Hinweise für Gläubiger zum
Insolvenzrecht
Hinweise für Gläubiger zum Regelinsolvenzverfahren
1. Unterschied zw.
Regelinsolvenzund Verbraucherinsolvenzverfahren?
Das Regelinsolvenzverfahren ist das besonders für Unternehmen geeignete
Insolvenzverfahren, während das Verbraucherinsolvenzverfahren vornehmlich für
private Verbraucher gedacht ist. Zwischen ihnen besteht keine Wahlmöglichkeit,
d.h. es kann in einem Insolvenzfall nur eines der beiden Verfahren anwendbar
sein.
1.1.
Regelinsolvenz
Dem Regelinsolvenzverfahren unterfallen alle Unternehmensinsolvenzen sowie
Insolvenzen von Selbständigen. Nicht-Selbständige unterliegen demgegenüber
dem Verbraucherinsolvenzverfahren. Auch ehemals Selbständigen ist es eröffnet,
sofern ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind (d.h. höchstens 19
Gläubiger
bei
Verfahrenseröffnung)
und
keine
Forderungen
aus
Arbeitsverhältnissen bestehen (dazu zählt insbesondere die Sozialversicherung).
1.2.
Verbraucherinsolvenz
Das Verbraucherinsolvenzverfahren setzt vorrangig auf eine einvernehmliche
Schuldenbereinigung. Scheitert die Einigung folgt ein im Vergleich zur
Regelinsolvenz vereinfachtes Insolvenzverfahren.
2. Wer darf den
Antrag auf
Insolvenz stellen?
Antragsberechtigt sind sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner. Ein
Insolvenzverfahren wird also nicht von Amts wegen eingeleitet. Es kommt nur
zustande, wenn entweder der Schuldner selbst oder seine Gläubiger dies
beantragen. Selbstverständlich kann auch bereits ein einziger Gläubiger den
Antrag stellen.
3. Welche Voraussetzungen hat der
Antrag?
Als Gläubiger müssen Sie ein rechtliches Interesse nachweisen. Hieran fehlt es,
wenn Sie anderweitig gesichert sind, z.B. durch ein Absonderungsrecht, das Ihre
Forderung umfassend sichert (dazu Frage 10.2). Auch dürfen Sie keine
insolvenzfremden Zwecke verfolgen, wie z.B. den Schuldner als Wettbewerber
loswerden zu wollen. Weiterhin müssen Sie glaubhaft machen, dass Ihre
Forderung gegenüber dem Schuldner besteht. Hierfür können Sie verschiedene
Beweismittel heranziehen, etwa Rechnungen oder Lieferscheine. Wenn nichts
Derartiges vorhanden ist, bleibt eine eidesstattliche Versicherung. Eine bloßes
„Glaubhaftmachen“ reicht aber dann nicht mehr aus, wenn Ihr Schuldner die
Forderung bestreitet und sie dazu die einzige ist, die eine Eröffnung des
Verfahrens rechtfertigen würde. In diesem – eher seltenen Fall – müssen Sie die
Forderung mit einem rechtskräftigen Titel (z.B. einem Urteil) belegen. Schließlich
müssen Sie auch noch einen „Eröffnungsgrund“ glaubhaft machen.
4. „Eröffnungsgründe“ eines
Insolvenzverfahrens?
Der wichtigste Grund, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, ist die
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Droht sie erst in der Zukunft, kann der
Schuldner schon einen Insolvenzantrag stellen. Ihnen als Gläubiger ist dies jedoch
erst möglich, wenn die Zahlungsunfähigkeit auch wirklich eingetreten ist.
4.1.
Zahlungsunfähigkeit
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner im Zeitraum von 3-4 Wochen
mehr als 90 % der fälligen und ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten nicht
erfüllen kann. Davon kann man ausgehen, sobald er seine Zahlungen endgültig
eingestellt hat. Eine vorübergehende Zahlungsstockung reicht nicht aus. So, wenn
zwar am Tag der Fälligkeit der Forderung keine Mittel zur Bezahlung bereit
stehen, dies aber entweder mittels eines Bankkredits oder durch Stundung der
Forderung geändert werden kann. Eine Zahlungsstockung liegt auch vor, wenn für
die allernächste Zeit ein Zahlungseingang zu erwarten ist.
4.2.
Überschuldung
Handelt es sich bei Ihrem Schuldner um eine juristische Person (AG, GmbH),
kommt die Überschuldung als weiterer Eröffnungsgrund hinzu. Überschuldung ist
auch für Schuldner wie der GmbH & Co. KG (AG & Co. KG, GmbH & Co. OHG,
AG & Co. GbR …) Eröffnungsgrund, da diese Gesellschaftsformen sich dadurch
auszeichnen, dass keine natürliche Person unbeschränkt haftet.
Aufgrund der Finanzkrise wurde der Maßstab für die Ermittlung, ob Überschuldung
vorliegt, abgeändert:
4.3.
Überschuldungsmaßstab bis
31.12.2013
Bis 31.12.2013 wird Überschuldung i. S. d. InsO folgendermaßen ermittelt:
Zunächst wird überprüft, ob eine Fortführung des Unternehmens überwiegend
wahrscheinlich ist. Ist dies der Fall, liegt schon keine Überschuldung vor und es
besteht damit auch keine Antragspflicht.
Ist die Fortführung nicht überwiegend wahrscheinlich, wird ermittelt, ob das
Vermögen ausreicht, um die bestehenden Verbindlichkeiten (nicht substanziell
bestritten, fällig und ernsthaft eingefordert) zu decken. Bei der Gegenüberstellung
der Aktiva und Passiva, werden Verbindlichkeiten die als nachrangig in der
Insolvenz vereinbart wurden, auf der Passivseite nicht berücksichtigt. Dies ist
häufig bei Gesellschafterdarlehen der Fall. Auch sind die Bilanzposten mit
Liquidationswerten anzusetzen. Wenn die Aktivseite danach die Passivseite nicht
deckt, liegt Überschuldung vor.
4.4.
Überschuldungsmaßstab ab 1.1.2014
Ab 1.1.2014 gilt wieder der Überschuldungsmaßstab, der vor der Finanzkrise galt:
Danach wird auch bei Fortführungswahrscheinlichkeit überprüft, wie die
Überschuldungsbilanz ausfällt.
Bei Fortführungswahrscheinlichkeit werden bei der Gegenüberstellung der Aktiva
und Passiva die Fortführungswerte angesetzt. Können dann die Aktiva die Passiva
nicht decken, besteht Überschuldung.
Ist die Fortführung nicht wahrscheinlich, werden die Liquidationswerte angesetzt.
Reicht das Vermögen dann nicht mehr aus, um die Verbindlichkeiten zu decken,
besteht ebenfalls Überschuldung.
4.5.
Insolvenzantragspflicht
Sind eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH zahlungsunfähig oder überschuldet,
sind deren Vorstand oder Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich (spätestens
drei Wochen nach Kenntnis) Insolvenzantrag zu stellen. Im Falle der
Führungslosigkeit einer GmbH, einer Aktiengesellschaft oder einer
Genossenschaft trifft diese Pflicht auch jeden Gesellschafter bzw. jedes Mitglied
des Aufsichtsrats, es sei denn, die betreffende Person hatte von der
Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine
Kenntnis. Kenntnis bedeutet dabei positives Wissen. Ausreichend ist aber bereits,
dass man sich bewusst der Kenntnis verschließt.
Eine „Insolvenzverschleppung“ kann zum Schadensersatz gegenüber den
Gläubigern verpflichten und unter Umständen sogar strafbar sein (Strafandrohung:
für Vorsatz – Geldstrafe oder bis zu 3 Jahre; bei Fahrlässigkeit – Geldstrafe oder
bis zu 1 Jahr). Bei einer Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung oder anderer
Insolvenzstraftaten kann der Verurteilte zudem 5 Jahre nicht als Geschäftsführer
einer GmbH tätig werden, § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a GmbHG.
5. Kann der
Insolvenzantrag
für mich Nachteile
bringen?
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur, wenn das Vermögen
des Schuldners voraussichtlich ausreicht, die Verfahrenskosten (Gerichtskosten,
Honorar und Auslagen des Insolvenzverwalters) zu decken. Der Insolvenzantrag
birgt daher für Sie Kostenrisiken. Sie schulden erst einmal die Verfahrensgebühr
für den Eröffnungsantrag. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen,
bleiben Sie auf den Kosten des bisherigen Verfahrens sitzen. Jedoch trägt der
Schuldner die Kosten, wenn er nach Eröffnung die Forderung erfüllt und die
Eröffnung als unbegründet abgewiesen wird.
6. Was bringt mir
dann ein
Insolvenzantrag?
Sie können im Insolvenzverfahren Ihre Forderung ohne Prozess und ohne
Vollstreckungstitel durchsetzen. Der Zugriff auf das Vermögen Ihres Schuldners
beruht allein auf dessen gerichtlicher Beschlagnahme durch den
Eröffnungsbeschluss. Voraussetzung ist aber, dass niemand Ihre Forderung im
Prüfungstermin bestreitet. Allerdings erhalten Sie in den meisten Fällen nur einen
Teil Ihrer Forderung erfüllt (Quotale Befriedigung).
7. An wen muss
ich den
Insolvenzantrag
richten?
Der Antrag muss schriftlich an das zuständige Insolvenzgericht gesendet werden.
Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Mittelpunkt der selbständigen
wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners liegt. So einfach dies klingt, so schwierig
kann die Ermittlung des zuständigen Gerichts sein. Wenn Sie ermittelt haben, wo
sich der Unternehmensschwerpunkt des Schuldners befindet, überprüfen Sie
welches Landgericht für diesen Bezirk zuständig ist. Dann wenden Sie sich an das
Amtsgericht am Ort dieses Landgerichts. Es empfiehlt sich, für den
Insolvenzantrag juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da die Gefahr weiterer
Kosten besteht, wenn Sie den Antrag ans falsche Gericht senden, da dieses ihn
zwar ans richtige Gericht überweist, Sie aber diese Kosten tragen müssen.
8. Was passiert
nachdem das
Gericht meinen
Insolvenzantrag
erhalten hat?
Das Gericht überprüft zunächst den Insolvenzgrund (siehe Frage 4). Bejaht es
einen Insolvenzgrund, kümmert es sich um die Finanzierung. Es wird das
Verfahren nämlich nur dann eröffnen, wenn das Vermögen des Schuldners
ausreicht, die Verfahrenskosten zu decken (u.a. Gerichtskosten, Honorar und
Auslagen des Insolvenzverwalters). Alternativ genügt es, wenn die Gläubiger
einen Vorschuss auf die Verfahrenskosten leisten. Ob sich dies auszahlt, wird gut
zu überlegen sein.
Seit 31.3.12 haben Geschäftsführer künftig den Vorschuss zu zahlen, wenn sie es
pflichtwidrig versäumt haben, den Eröffnungsantrag zu stellen. Hierbei trifft sie die
Beweislast.
Die
Vorschusszahlung
kann
neben
dem
vorläufigen
Insolvenzverwalters jede Person einfordern, die einen begründeten
Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Jedoch werden die meisten
Geschäftsführer die freiwillige Zahlung ablehnen, damit dies nicht in einem
möglicherweise anschließenden Prozess wegen Insolvenzverschleppung als
Schuldeingeständnis gegen sie verwertet werden kann.
8.1.
Ersatzpflicht der
antragsverpflichteten
Organe
Ein Vorschuss kann sich für Sie aber immer lohnen, wenn der Verdacht besteht,
dass ein AG-Vorstand bzw. GmbH-Geschäftsführer (im Fall der Führungslosigkeit
der Gesellschaft: GmbH-Gesellschafter bzw. AG-Aufsichtsratsmitglied) seiner
Antragspflicht nicht nachgekommen ist („Insolvenzverschleppung“). Hier muss die
antragspflichtige Person den Vorschuss nämlich erstatten, wenn sie sich nicht
entlasten kann. Den Anspruch auf Ersatz des Vorschusses werden Sie in den
meisten Fällen jedoch gerichtlich durchsetzen müssen.
8.2.
Vermögenssichernde
Maßnahmen
Weiterhin wird das Gericht verschiedene Maßnahmen treffen, um eine
Verschlechterung der Vermögenslage bis zur Entscheidung über den
Insolvenzantrag zu verhüten. Zumeist bestellt es einen vorläufigen
Insolvenzverwalter, der das Vermögen sichtet und sichert. Dessen Kompetenzen
unterscheiden sich danach, ob dem Schuldner bereits jetzt die Verfügungsmacht
über sein Vermögen komplett entzogen wird („starker“ vorläufiger Verwalter) oder
ihm als weniger einschneidende Maßnahme ein Verwalter zur Seite gestellt wird,
der ihn sozusagen „beaufsichtigt“ („schwacher“ vorläufiger Verwalter). Damit
begnügen sich die Gerichte gerne bei kooperativen Schuldnern. Gleichwohl muss
das Gericht seine Befugnisse genau festlegen, z.B. ihn zum Forderungseinzug
ermächtigen. Besonders wichtig ist, dass er Masseverbindlichkeiten nur
begründen kann, soweit ihm das Gericht die entsprechende Verfügungsmacht
auch eingeräumt hat, also z.B. das Unternehmen des Schuldners fortführen und
dafür auch Verbindlichkeiten eingehen darf. Beim „starken“ Verwalter versteht sich
dies von selbst.
8.3.
Ablehnung der
Eröffnung mangels
Masse
Kommt das Gericht zur Überzeugung, dass nicht genug Masse zur Deckung der
Verfahrenskosten vorhanden ist oder dass kein Insolvenzgrund vorliegt, weist es
den Antrag ab. Die Abweisung ist mittels sofortiger Beschwerde anfechtbar.
Kommt es zur Abweisung mangels Masse, so hat das Gericht den Schuldner in
das Schuldnerverzeichnis einzutragen. Ist der Schuldner eine juristische Person
oder eine Gesellschaft, die keine natürliche Person als persönlich haftenden
Gesellschafter hat (AG, KGaA, GmbH und GmbH & Co. KG), muss die
Gesellschaft aufgelöst und ihm Register gelöscht werden.
8.4.
Eröffnung
Kommt es dagegen zur Eröffnung des Verfahrens, enthält der
Eröffnungsbeschluss den Eröffnungstermin, und zwar bis auf die Minute genau!
Ab diesem Zeitpunkt kommt es nämlich für den Schuldner zu einschneidenden
Änderungen, insbesondere verliert er die Befugnis, über sein Vermögen zu
verfügen. Der Beschluss führt die Koordinaten des Schuldners auf und nennt den
vom Gericht eingesetzten Insolvenzverwalter; zumeist ist dies der bisherige
vorläufige Verwalter. Das Gericht kann aber auch Eigenverwaltung anordnen, so
dass der Schuldner sein Vermögen selbst weiterverwalten kann, und dafür einen
ihn beaufsichtigenden Sachwalter zugewiesen bekommt. Schließlich informiert der
Beschluss darüber, ob der Schuldner Restschuldbefreiung (siehe Frage 16)
beantragt hat.
8.5.
Veröffentlichung im
Internet
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens macht das Gericht über das Internet
öffentlich bekannt (www.insolvenzbekanntmachungen.de). Außerdem stellt es den
Eröffnungsbeschluss den Gläubigern zu. Damit kann es auch den
Insolvenzverwalter beauftragen. Erfolgt die Zustellung im Inland, gilt der Beschluss
ungeachtet tatsächlicher Begebenheiten drei Tage nach Aufgabe bei der Post als
zugestellt.
9. Was muss ich
tun, wenn das
Verfahren eröffnet
ist?
Im Eröffnungsbeschluss werden Sie und alle anderen Gläubiger aufgerufen, ihre
Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Dafür gibt
es ein eigens vom Insolvenzgericht herausgegebenen Formblatt. Darin müssen
Sie Ihre Forderung(en) nach Art und Umfang benennen. Zinsen können Sie nur
bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend machen. Der
Anmeldung ist schließlich ein Beleg beizufügen, aus dem sich ergibt, dass die
Forderung tatsächlich besteht. Achtung: Auch wenn Sie das Insolvenzverfahren
selbst beantragt haben, müssen Sie Ihre Forderung trotzdem anmelden.
Anderenfalls kann der Insolvenzverwalter sie nicht berücksichtigten! Forderungen
können bis zum letzten Termin (Schlusstermin) angemeldet werden. Wenn Sie
Ihre Forderung jedoch nach dem gerichtlich bestimmten Termin anmelden, laufen
Sie Gefahr, die Kosten eines zusätzlichen Prüfungstermins zu tragen.
10. Welcher
Gläubiger
bekommt bei der
Verwertung was
und wie viel?
Dies kommt darauf an, welcher Gruppe von Gläubigern er angehört. Die
Insolvenzordnung unterscheidet verschiedene Gläubigergruppen. Jeder Gruppe
werden unterschiedliche Rechte hinsichtlich der Mitwirkung und der Befriedigung
ihrer Forderungen zuerkannt. Man unterscheidet in der Rangfolge ihrer
Ansprüche:
1.
2.
3.
4.
5.
aussonderungsberechtigte Gläubiger;
absonderungsberechtigte Gläubiger;
Massegläubiger;
nicht nachrangige Insolvenzgläubiger und
nachrangige Insolvenzgläubiger.
10.1.
Aussonderungsberechtigte Gläubiger
In der Insolvenz privilegiert sind solche Rechte, die gar nicht zur Haftungsmasse
des Schuldners gehören. Wer z.B. dem Schuldner eine Maschine unter
Eigentumsvorbehalt verkauft hat, erhält ein Aussonderungsrecht. Die Maschine
gehört nämlich bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung noch gar nicht dem
Schuldner. Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger kann deshalb die
Herausgabe außerhalb des Insolvenzverfahrens verlangen, er ist kein
Insolvenzgläubiger. Befindet sich die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache
allerdings im Besitz des Insolvenzverwalters, muss er sie grundsätzlich nicht direkt
an den Verkäufer herausgeben. Der Insolvenzverwalter kann wählen, ob er den
Kaufvertrag erfüllen oder die Erfüllung ablehnen will. Seine Entscheidung kann er
bis
zum
Berichtstermin
herausschieben
und
das
Votum
der
Gläubigerversammlung über eine Sanierung oder eine Liquidation des
Unternehmens abwarten. Der Gläubiger muss also unter Umständen die Sache
noch bis zum Berichtstermin bei der Insolvenzmasse belassen. Eine Ausnahme
gilt nur, wenn sich bis dahin ihr Wert erheblich mindern kann (z. B. verderbliche
Ware, Saisonware) und der Gläubiger den Verwalter darauf hingewiesen hat.
Damit sollen die Fortführungschancen des Schuldnerunternehmens verbessert
und eine vorzeitige Zerschlagung des Unternehmens verhindert werden.
10.2.
Absonderungsberechtigte Gläubiger
Wer keinen Eigentumsvorbehalt, sondern nur Sicherungseigentum oder ein
Pfandrecht (Hypothek, Grundschuld, …) aufweisen kann, ist zwar dem
Insolvenzverfahren unterworfen, erhält aber ein Absonderungsrecht. Er wird aus
dem Erlös des Sicherungseigentums vor allen anderen Gläubigern befriedigt. Zur
Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger gehören zumeist Lieferanten,
die einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungs-, Verbindungs-,
Vermischungsoder
Vorausabtretungsklausel
vereinbart
haben.
Der
Insolvenzverwalter muss dem Gläubiger vor der Verwertung die Art und Weise der
Veräußerung mitteilen und ihm die Gelegenheit geben, innerhalb einer Woche auf
eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen, die er dann wahrzunehmen
hat. Aus dem Verwertungserlös darf der Insolvenzverwalter die Kosten der
Feststellung und der Verwertung, sowie eine eventuelle Umsatzsteuerbelastung
vorab entnehmen. Die Feststellungskosten werden mit 4 % und die
Verwertungskosten mit 5 % pauschaliert. Allerdings erlaubt das Gesetz zur
Kompensation dieser Kosten eine entsprechende Übersicherung bei der
Begründung des Sicherungsrechts. Verwertungserlöse, die die Höhe des
Gläubigeranspruchs übersteigen, fallen der Insolvenzmasse zu. Im Gegenzug
kann der absonderungsberechtigte Gläubiger den Teil seiner Forderung als
Insolvenzgläubiger geltend machen, der durch die Verwertung abzüglich der
Kosten nicht gedeckt werden kann.
10.3.
Massegläubiger
Massegläubiger sind all diejenigen Gläubiger, deren Ansprüche erst nach
Verfahrenseröffnung begründet und durch das Verfahren selbst veranlasst worden
sind. Zu diesen Ansprüchen gehören vor allem die Verfahrenskosten
(Gerichtskosten sowie Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters und der
Mitglieder des Gläubigerausschusses) sowie die aus den Handlungen des
Verwalters resultierenden Masseverbindlichkeiten. Die Forderungen der
Massegläubiger werden, soweit der Umfang der Insolvenzmasse es zulässt, in
voller Höhe befriedigt. Dieses Privileg soll gewährleisten, dass das Verfahren
reibungslos abläuft. Es führt aber oft dazu, dass die Teilungsmasse, die den
Insolvenzgläubigern verbleibt, sich stark verringert. Hat der Insolvenzverwalter
nach Eröffnung Geschäfte getätigt, die er nicht aus der Masse bezahlen kann, so
haftet er persönlich. Geschäfte, die vor der Eröffnung vom vorläufigen
Insolvenzverwalter
abgeschlossen
wurden,
stellen
nur
dann
Masseverbindlichkeiten dar, wenn es sich um einen „starken“ Verwalter handelte.
Als Vertragspartner ist vor Eröffnung also unbedingt nachzufragen, ob es sich um
einen starken Insolvenzverwalter handelt, anderenfalls riskiert man als
Gegenleistung nur die Quote zu erhalten, obwohl bereits ein (wenn auch nur
vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt wurde.
10.4.
Insolvenzgläubiger
Als Insolvenzgläubiger werden alle Gläubiger bezeichnet, die zur Zeit der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Vermögensanspruch gegen den
Schuldner haben. Der Anspruch braucht zu diesem Zeitpunkt nur begründet, nicht
aber fällig zu sein. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger werden quotenmäßig
aus der verbleibenden Insolvenzmasse bedient. Die Quote ergibt sich aus dem
Verhältnis der noch vorhandenen Vermögenswerte zur Summe aller
Verbindlichkeiten.
Beispiel: Beläuft sich die zur Verfügung stehende Masse auf 100.000,- € und
stehen ihr Verbindlichkeiten in Höhe von 800.000,- € gegenüber, so beträgt die
Quote 1/8 = 12,5 %. Beträgt die Forderung eines Insolvenzgläubigers 5000,- €,
erhält er von dieser Summe 12,5 %, also 625,- €.
10.5.
Nachrangige
Insolvenzgläubiger
Nachrangige Insolvenzgläubiger werden nur noch bedient, wenn nach
Befriedigung aller anderen Gläubiger noch etwas von der Insolvenzmasse übrig
ist. In der Praxis kommt dies so gut wie nie vor. Nachrangige
Insolvenzforderungen sind z. B. die seit Verfahrenseröffnung laufenden Zinsen
oder die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme am
Insolvenzverfahren erwachsen.
11. Mitwirkungsmöglichkeiten im
Insolvenzverfahren?
Als Gläubiger dürfen Sie selbstverständlich mitreden. Dies geschieht im Großen
und Ganzen auf zwei Arten. Einmal können die Gläubiger selbst entscheiden, ob
sie das Schuldnervermögen liquidieren, d.h. es verwerten und unter ihnen
verteilen. Sie können dabei entscheiden, ob sie dies strikt nach den gesetzlichen
Regeln machen wollen oder ob sie davon durch Aufstellung eines Insolvenzplans
(siehe Frage 13) abweichen. Ebenfalls mit einem Insolvenzplan können die
Gläubiger auch eine Sanierung des Unternehmensträgers beschließen.
11.1.
Gläubigerversammlung und
Stimmrechte
Um ihre Mitsprache und das Verfahren zu bündeln, sieht das Gesetz die
Einrichtung einer Gläubigerversammlung vor. Sie wird vom Gericht einberufen und
geleitet.
Die erste Gläubigerversammlung ist zugleich der sog. „Berichtstermin“. Hier
müssen die Gläubiger sich entscheiden, ob und inwieweit sie eine totale oder
teilweise zerschlagende Verwertung anstreben bzw. das Unternehmen fortführen
wollen. Eine Teilnahmepflicht an der Gläubigerversammlung besteht nicht,
allerdings sind ihre Beschlüsse für alle bindend. Abstimmungsberechtigt sind nur
die absonderungsberechtigten Gläubiger und die nicht nachrangigen
Insolvenzgläubiger. Der Stimmanteil eines Gläubigers richtet sich nach der
Summe seiner Forderungen im Verhältnis zur Gesamtsumme aller Forderungen
der anwesenden abstimmungsberechtigten Gläubiger. Nicht stimmberechtigt sind
Gläubiger, deren Forderungen vom Insolvenzverwalter oder einem anderen
Gläubiger bestritten werden. Allerdings kann die Gläubigerversammlung ihnen
trotzdem ein Stimmrecht einräumen. Gegen die Verweigerung des Stimmrechts
kann der betroffene Gläubiger Beschwerde beim Insolvenzgericht einlegen. Die
Versammlung hat auch die Befugnis, den vorläufigen Verwalter abzuwählen. Die
von der Versammlung gewählte Person kann vom Gericht nur abgelehnt werden,
wenn sie für das Amt ungeeignet ist.
Da die Gläubigerversammlung schon wegen ihrer Größe mitunter relativ
unbeweglich
sein
kann,
können
das
Insolvenzgericht
und
die
Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss einsetzen.
11.2.
Gläubigerausschuss
In ihm wirken Vertreter der absonderungsberechtigten Gläubiger, der
Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und der Kleingläubiger mit.
Außerdem sollen die Arbeitnehmer vertreten sein, auch wenn sie nicht mit
erheblichen Forderungen beteiligt sind. Die Vertreter dieser Gruppen brauchen
nicht selbst Gläubiger zu sein, so dass außenstehender Sachverstand eingebracht
werden kann.
11.3.
Rechte des
Ausschusses
Der Gläubigerausschuss unterstützt und überwacht den Insolvenzverwalter bei der
Geschäftsführung.
12. Einsetzung
und Rechte des
vorläufigen
Gläubigerausschusses?
Der bisher nicht geregelte vorläufige Gläubigerausschuss ist jetzt gesetzlich
verankert und mit mehr Rechten ausgestattet. Wo früher die Bildung freiwillig war
und der Ausschuss nur Stellungnahmen abgeben konnte, ist der vorläufige
Gläubigerausschuss nun bei großen Unternehmen zwingend vorgeschrieben.
Großes Unternehmen heißt in diesem Kontext, dass das Unternehmen 2 der 3
Kriterien erfüllt, die da wären: min. 4.840.000 € Bilanzsumme, min. 9.680.000 €
Umsatzerlös und min. 50 Arbeitnehmer.
Bei Unternehmen, die diese Kriterien nicht erfüllen, soll ein vorläufiger Ausschuss
auf Antrag des Schuldners, des Insolvenzverwalters oder eines Gläubigers
eingesetzt werden, wenn die Gläubiger, die mit ihrer Berufung in den Ausschuss
einverstanden sind, im Antrag benannt werden. Auch ohne Antrag kann das
Gericht einen vorläufigen Ausschuss einrichten.
Der vorläufige Ausschuss ist mit den gleichen Rechten ausgestattet wie der
Ausschuss nach Eröffnung. Besondere Bedeutung hat er jedoch bei der Wahl des
vorläufigen Insolvenzverwalters und bei der Entscheidung über die
Eigenverwaltung.
12.1.
Auswahl des
Verwalters
Der vorläufige Ausschuss legt die Kriterien fest, nach denen das Insolvenzgericht
den Verwalter aussucht. An diese hat sich das Gericht zu halten. Mit
einstimmigem Beschluss kann der vorläufige Ausschuss sogar die Person des
Verwalters festlegen, da das Gericht einen solchen Vorschlag nur ablehnen darf,
wenn die ausgesuchte Person für das Amt nicht geeignet ist.
12.2.
Eigenverwaltung des
Schuldners
Der vorläufige Ausschuss ist im Regelfall auch vor der Bewilligung der
Eigenverwaltung zu hören. Diese Möglichkeit des Schuldners, trotz der Insolvenz
nicht jegliche Kontrolle über sein Unternehmen abgeben zu müssen, ist seit dem
31.3.2012 ausgedehnt worden. Dahinter steht die Idee, den Schuldner zu einem
frühren Antrag zu veranlassen, sodass das Unternehmen größere Chancen auf
Sanierung hat. Auch kann so das eventuell noch bestehende Vertrauensverhältnis
zu Vertragspartnern und Lieferanten, sowie das Know-How des Schuldners
genutzt werden.
Wenn der Schuldner Eigenverantwortung beantragt, gibt das Gericht dem
Ausschuss die Möglichkeit zur Stellungnahme, wenn die Verzögerung nicht
offensichtlich nachteilig für die Vermögensmasse ist. Voraussetzung der
Eigenverwaltung ist, dass eine Gläubigerbenachteiligung dadurch nicht zu
erwarten ist. Der Schuldner muss seinem Antrag eine Bescheinigung eines
Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwalts oder sonst geeigneten Person beifügen, die
belegt, dass die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, § 270b
Abs. 1 S. 3 InsO. Stimmt der Ausschuss einstimmig für die Eigenverwaltung, gilt
diese als nicht nachteilig, sodass die Eigenverwaltung angeordnet wird. Dem
Schuldner wird in diesem Fall ein Sachwalter zur Seite gestellt, der ihn überwacht
und unterstützt. Ihm wird jedoch im Regelfall kein Verfügungsverbot auferlegt und
die Wirksamkeit der Geschäfte wird auch in den meisten Fällen nicht von der
Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters abhängig gemacht, sodass er
weiterhin für sein Unternehmen handeln kann.
13. Was ist der
Insolvenzplan?
Der Insolvenzplan soll den Beteiligten ermöglichen, die Insolvenz flexibel und
wirtschaftlich effektiv abzuwickeln. Sie können deshalb mit einem Insolvenzplan
von der Insolvenzordnung abweichen, wenn sie meinen, dass sich so ihre Ziele
besser verwirklichen lassen. Ein Insolvenzplan kommt praktisch nur bei
Unternehmensinsolvenzen vor, wenn der Unternehmensträger saniert oder
fortgeführt werden soll. Wie bereits zu Frage 10 gesagt, können die Gläubiger
aber ebenso gut bei einer Liquidation ihre eigenen Vorstellungen mit einem
Insolvenzplan verfolgen, wenn sie die gesetzlichen Regeln der Insolvenzordnung
nicht für sinnvoll erachten. Jedenfalls fasst der Insolvenzplan die Vorstellungen
der Gläubiger zusammen. Auch dem Schuldner ist es möglich, einen
Insolvenzplan aufzustellen. In der Praxis macht er dies mitunter mit seinem Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, um so seine Rettungschancen zu
erhöhen.
13.1.
Inhalt des Plans
Der Plan stellt den „Ist-Zustand“ dar und beschreibt die beabsichtigten
Rechtsänderungen, insbesondere Forderungskürzungen und Stundungen. Die
Gläubiger werden in Gruppen gleicher Rechtsstellung und gleicher wirtschaftlicher
Interessenlage eingeteilt, wobei sie innerhalb jeder Gruppe gleich zu behandeln
sind. Der Plan muss von den Gläubigern – in den Gruppen abstimmend – gebilligt
werden; und zwar mit Kopf- und Summenmehrheit in jeder Gruppe.
Gegebenenfalls kann das Gericht die Zustimmung ersetzen, wenn der Plan
nichtzustimmende Gruppen nicht schlechter stellt als das gesetzliche
Liquidationsverfahren. Unbeachtlich ist auch der Widerspruch des Schuldners,
falls der Plan ihn nicht schlechter stellt als eine Liquidation. Stimmt der Schuldner
zu, muss der Plan abschließend vom Insolvenzgericht bestätigt werden. Die
Bestätigung führt dazu, dass alles das, was in ihm festlegt ist, für und gegen alle
Beteiligten gilt; und zwar auch für die Beteiligten, die dem Plan widersprochen
haben oder ihre Forderungen nicht angemeldet haben.
13.2.
Folge des
angenommen
Insolvenzplans
Mit bekannt zu machendem Beschluss (www.insolvenzbekanntmachungen.de)
hebt das Gericht das Insolvenzverfahren auf. Der Schuldner erlangt damit seine
Verfügungsbefugnis zurück. Häufig sieht der Plan vor, dass der Verwalter seine
Durchführung überwacht. Ebenso kann der Plan die Zustimmung des Verwalters
für bestimmte Geschäfte des Schuldners verlangen. In einer erneuten Insolvenz
werden Stundung und Erlass hinfällig.
14. Schicksal
Zum Schutz der Gläubigerinteressen muss der Insolvenzverwalter bereits
schwebender
Geschäfte /
Aufrechnung?
begonnene Geschäfte abwickeln, neue anbahnen und durchführen dürfen. Für
solche Geschäfte gelten folgende Regeln:
14.1.
Wahlrecht des
Insolvenzverwalters
Hat der Schuldner seine Leistung bereits vollständig erbracht, muss der Gläubiger
seine Gegenleistung nach Verfahrenseröffnung an den Insolvenzverwalter leisten.
Unterlässt er dies, kann der Verwalter dies mittels Klage erzwingen. Hat der
Gläubiger seine Leistung vollständig erbracht, wird er mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens mit seiner Gegenforderung nur Insolvenzgläubiger (Quote).
Bei Verträgen, bei denen beide Parteien ihre Leistungen noch nicht vollständig
erbracht haben, hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich ein Wahlrecht. Er kann
vom Vertragspartner Erfüllung verlangen oder die Erfüllung ablehnen. Entscheidet
er sich für die Erfüllung des Vertrages werden die Gegenleistungsansprüche des
Vertragspartners zu Masseverbindlichkeiten (volle Befriedigung). Verweigert der
Insolvenzverwalter die Erfüllung, was bei für den Schuldner nachteiligen
Geschäften regelmäßig der Fall sein wird, erlöschen die gegenseitigen
Leistungspflichten. Der Gläubiger kann dann wegen der Nichterfüllung des
Vertrages lediglich als Insolvenzgläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen.
14.2.
Eigentumsvorbehalt
Hat der Gläubiger Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt geliefert und stehen
noch Zahlungen des Schuldners aus, kann der Insolvenzverwalter Erfüllung
verlangen. Er muss dann die noch ausstehenden Raten als Masseschuld
bezahlen. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, hat der Gläubiger ein
Aussonderungsrecht. Der Insolvenzverwalter muss die Ware herausgeben. Der
einfache Eigentumsvorbehalt gilt übrigens auch bei sich widersprechenden
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, da er bereits bei einseitiger Erklärung einer
Partei wirksam wird!
14.3.
Miet- und Pachtverhältnisse
Miet- oder Pachtverhältnisse über Immobilien oder unbewegliche Gegenstände
bestehen fort. War der Schuldner Vermieter, muss der Insolvenzverwalter das
Mietobjekt dem Mieter überlassen und das Entgelt zur Masse ziehen. Will sich
eine Partei vom Vertrag lösen, kann sie das nur nach den allgemeinen Regeln tun.
Im umgekehrten Fall kann der Insolvenzverwalter das Mietobjekt nutzen und muss
den Mietzins als Masseverbindlichkeit zahlen. Die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens berechtigt also nicht zur fristlosen Kündigung. In der
Insolvenz des Mieters ist der Vermieter auch nicht zur fristgerechten Kündigung
befugt. Dafür kann der Insolvenzverwalter kündigen, wobei regelmäßig die übliche
Drei-Monatsfrist gilt.
14.4.
Aufrechnung
Die Möglichkeit, Forderungen aufzurechnen, besteht auch in der Insolvenz. Da
dies eine bevorzugte Behandlung einiger Gläubiger darstellen würde, ist sie aber
an einige Bedingungen geknüpft. Zunächst muss die Aufrechnung auch außerhalb
der Insolvenz möglich sein. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Art der
Forderung, ihrer Fälligkeit und der Erfüllbarkeit der sich gegenüber stehenden
Forderungen. War die Forderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
fällig, steht einer Aufrechnung nichts im Wege. Für den Fall, dass die Fälligkeit der
Forderung des Gläubigers erst nach der Verfahrenseröffnung eingetreten ist, ist
eine Aufrechnung zum Fälligkeitstermin möglich, wenn die Gegenforderung nicht
schon vorher fällig geworden ist. Gegenforderungen, die erst nach der
Verfahrenseröffnung entstanden sind, können nicht aufgerechnet werden.
Gleiches gilt, wenn der Gläubiger seine Forderung erst nach der
Verfahrenseröffnung erworben hat oder die Forderung des Gläubigers nicht aus
der Insolvenzmasse zu bedienen ist, er aber seinerseits die Gegenforderung zur
Masse leisten muss.
15. Schicksal der
noch offenen
Forderungen nach
Ende des
Insolvenzverfahrens?
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens können Sie grundsätzlich alle noch
offenen Forderungen gegen den Schuldner geltend machen. (Anders sieht es aber
aus, wenn Ihrem Schuldner eine Restschuldbefreiung eingeräumt wurde; siehe
Frage 16). Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle ersetzt das
gerichtliche Mahnverfahren insoweit, als dass damit eine Vollstreckung hinsichtlich
des noch nicht befriedigten Teils möglich wird. Für nicht angemeldete
Forderungen müssen Sie indes im Wege des Mahnverfahrens einen
vollstreckbareren Titel erwirken!
Vollstreckungsgericht für Erteilung der Vollstreckungsklausel oder bei Klagen, die
den Anspruch selbst betreffen ist das Insolvenzgericht (Amtsgericht) bzw. je nach
Höhe des Streitwerts das Landgericht am Sitz des Insolvenzgerichts.
Bei AGs, KGaAs, GmbHs sowie GmbH & Co. KGs ist jedoch zu beachten, dass
diese mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Abweisung der Eröffnung
mangels Masse aufgelöst werden (siehe Frage 8). Offene Forderungen, die sich
gegen solche Schuldner richten, können Sie also nach Abschluss des
Insolvenzverfahrens regelmäßig nicht mehr durchsetzen.
16. Was ist die
Restschuldbefreiung?
Das unbeschränkte Nachforderungsrecht der Gläubiger (Frage 15) führt häufig
dazu, dass der Schuldner sich nicht wieder eine dauerhaft gesicherte
wirtschaftliche Existenz schaffen kann. Der Gesetzgeber hat deshalb für den
"redlichen Schuldner" eine Restschuldbefreiung vorgesehen. Sie setzt voraus,
dass der Schuldner eine natürliche Person ist, selbst Insolvenzantrag stellt und
dabei Restschuldbefreiung beantragt. Er hat dann seinen Gläubigern sechs Jahre
lang u.a. seine Erwerbseinkünfte (oberhalb der Pfändungsgrenze) zu überlassen.
Ggf. muss er sich um eine Erwerbstätigkeit bemühen. Verläuft diese
Wohlverhaltensphase
erfolgreich, verlieren alle Insolvenzgläubiger ihr
Nachforderungsrecht. Andererseits kann das Gericht dem Schuldner bereits
während der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung versagen, wenn er
gegen die genannten Pflichten verstößt. Jeder Insolvenzgläubiger kann im
Schlusstermin die Versagung beantragen. Hierfür muss er einen Versagensgrund
glaubhaft machen. Versagensgründe nach § 290 InsO sind z. B.
Insolvenzstraftaten
(§§
283-283c
StGB)
oder
anderes
grob
fahrlässiges/vorsätzliches Fehlverhalten in der Wohlverhaltensperiode.
16.1.
Wohlverhaltensphase
Während der Wohlverhaltensphase verteilt ein Treuhänder die pfändbaren
Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, d. h. entsprechend ihrem Anteil an
den Gesamtverbindlichkeiten. Hat also ein Gläubiger eine Forderung von 50.000,€ gegen den Schuldner bei einer Gesamtverschuldung von 100.000,- €, erhält er
die Hälfte des pfändbaren Einkommens. Um die Motivation des Schuldners
während der Wohlverhaltensphase zu erhöhen, erhält er vom Treuhänder im
fünften Jahr einen Bonus von 10 % und im sechsten Jahr von 15 %. Während der
Wohlverhaltensphase sind Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner
Gläubiger unzulässig.
16.2.
Abschluss der
Wohlverhaltensphase
Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensphase ergeht seitens des
Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern ein förmlicher
Beschluss, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist. Ausgenommen sind
allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen,
aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren oder neue
Schulden, die während der Wohlverhaltensphase gemacht wurden. Der Beschluss
wird öffentlich bekannt gemacht (www.insolvenzbekanntmachungen.de).
Internetseiten:
Die Insolvenzordnung ist abrufbar unter:
http://www.gesetze-im-internet.de/inso/index.html
Formulare und weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/Ordentliche-Gerichte/Amtsgerichte/Trier/Formulare/
Stand: Juli 2012
Hinweis:
Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Trier für ihre Mitgliedsunternehmen.
Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen Grundlagen, die nur
erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Eine anwaltliche Beratung im
Einzelfall kann dadurch nicht ersetzt werden. Obwohl dieses Merkblatt mit größtmöglicher Sorgfalt
erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Herausgegeben von der Industrie- und Handelskammer Trier.
Abteilung Recht und Steuern
Sylva Gäbler
06 51/ 97 77-4 01
mailto: [email protected]