Liebste, lass uns eilen!

Transcription

Liebste, lass uns eilen!
Kreative Schreibaufgabe zur Liebeslyrik des Barock:
Brief an Martin Opitz
Barocke Lyrik zeichnet sich häufig durch die Verwendung der Motive Vanitas
(Vergänglichkeit), Memento Mori (Denke daran, dass du stirbst.) und des Carpe
Diem (Nutze den Tag!) aus.
In Martin Opitz´ Gedicht Ach Liebste, lass uns eilen nutzt ein lyrisches Ich eben
jene Motive, um seiner Liebsten deren Vergänglichkeit metaphernreich vor
Augen zu führen und sie so für sich zu gewinnen oder gar zu verführen:
Ach Liebste, lass uns eilen
Ach Liebste, lass uns eilen,
Wir haben Zeit:
Es schadet das Verweilen
Uns beiderseit.
Der edlen Schönheit Gaben
Fliehn Fuß für Fuß,
Daß alles, was wir haben,
Verschwinden muß.
Der Wangen Zier verbleichet
Das Haar wird greis,
Der Äuglein Feuer weichet,
Die Brunst wird Eis.
Das Mündlein von Korallen
Wird ungestalt,
Die Händ als Schnee verfallen,
Und du wirst alt.
Drum laß uns jetzt geniessen
Der Jugend Frucht,
Eh denn wir folgen müssen
Der Jahre Flucht.
Wo du dich selber liebest,
So liebe mich,
Gib mir, daß, wann du gibest
Verlier auch ich.
Martin Opitz,
1624
Wie erfolgreich sind solche Anwerbungsversuche allerdings heute noch?
Dazu sollten die Schüler der Klasse 9/4 dem Dichter in einem Brief antworten.
Marike Ellerbroek setzte ihre Antwort in lyrischer Form um - und zeigte sich
Martin Opitz ebenbürtig:
Brief an Martin Opitz,
zu "Ach Liebste, lass uns eilen"
Ach Liebster,
lass uns eilen
oder lieber doch verweilen?
Mit jedem, was wir verlieren, gewinnen wir
einen Moment wie diesen hier.
Das Leben gibt uns vieles,
nicht nur Gaben der Jugend und Schönheit,
sondern eine Ewigkeit,
wenn auch nur für eine kurze Zeit.
Alles, besiegelt durch den Tod.
Aber sollten wir deshalb vor Furcht vergessen,
im Schatten des unumgänglichen Vergehens,
warum es sich zu leben lohnt?
Lass uns schreiten voran
ohne Furcht und Angst,
hinein ins Unbekannte.
Es zwingt uns in die Knie
und lässt uns gleichzeitig fliegen,
ist gut sowie schlecht.
Das Leben. Die Liebe. Der Tod.
Ach Liebster, wir eilen, indem wir verweilen.
Marike Ellerbroek,
am 21. Mai 2015