Christoph Daum heiratete im Mittelkreis des Kölner Stadions seine
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Christoph Daum heiratete im Mittelkreis des Kölner Stadions seine
40 SPORT 22. September 2007 Borussia Dortmund BVB-Urgstein Lars Ricken endgültig ausgemustert Trainer Thomas Doll mustert den Ur-Dortmunder Lars Ricken aus - der 30-Jährige hat keine Zukunft bei seinem Heimatverein. Nein, schüttelt einer nach dem anderen bei Borussia Dortmund den Kopf. Nein, irgendeinen Vorfall habe es nicht gegeben zwischen dem neuen Trainer Thomas Doll und dem Ur-Dortmunder Lars Ricken. Keinen Krach, keine bösen Worte, keine Disziplinlosigkeiten von Ricken. Nichts. Und trotzdem soll er auch sonst bei ihm kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Entspannung pur Ibiza-Urlaub: „Aufschlag“ Boris B. Ex-Tennisprofi Boris Becker (39) und seine Lilly (29) turteln ausgelassen auf der Promi-Insel Ibiza. Mitten zwischen den „Normalos“ flirten sie, was das Zeug hält. und versicherte seinen „Respekt“ für Ricken. Doch BVB-Insider sehen darin nur Scheinheiligkeit: Respekt zu bekunden und Ricken zugleich „mit Anlauf in den Hintern zu treten“, sei erst recht schlechter Stil. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ist die ganze Personalie erkennbar unangenehm. Nicht nur, weil er von Ricken vor eineinhalb Jahren, als es dem BVB in Finanzfragen gerade miserabel ging, eine große Geste in Empfang nehmen konnte. Ricken, gebürtiger Dortmunder und nun seit 17 Jahren im Verein, hatte freiwillig auf die Hälfte seines Gehalts verzichtet und als erster wichtiger Profi seinen Vertrag mit dem damals am Rande der Insolvenz taumelnden Klub verlängert. „Klar ist“, sagt Watzke zerknirscht, „dass Lars für uns ein ganz besonderer Spieler ist. Er verdient ganz besonderen Respekt und soll den auch spüren.“ Ricken gewann mit Dortmund drei Deutsche Meisterschaften, den Weltpokal und vor genau zehn Jahren erzielte er nicht nur das phänomenale Siegtor im Champions-League-Endspiel gegen Juventus Turin, sondern auch in allen vorherigen Runden entscheidende Tore. Für Thomas Doll, seit März bei Borussia Dortmund, zählt Rickens endlose Liaison mit dem BVB nicht mehr als jede alte Statistik. Intern, heißt es, sage Doll seit Wochen, dass Ricken bei ihm „keine Minute mehr spielen“ werde. Als BILD das lange bekannte Credo öffentlich machte, dementierte Doll zwar in gewohnter Manier Immer für eine Überraschung gut Christoph Daum heiratete im Mittelkreis des Kölner Stadions seine Angelica Trainer Christoph Daum (53) hat still und heimlich geheiratet – im Stadion seines 1. FC Köln! Am 6. September gab er seiner Angelica (42), mit der er seit 1998 zusammen ist, das Ja-Wort. Anwesend nur ein Standesbeamter. Die gemeinsamen Kinder Jean-Paul (6) und Cara-Julie (2) waren bei Angelicas Mutter. Die Zeremonie: Bräutigam Daum stellte sich in das Tor vor der Südtribüne. Gegenüber Braut Angelica. Dann gingen beide bis zum Anstoßpunkt, an dem der Standesbeamte wartete, aufeinander zu. Daum: „So hatte jeder Zeit, noch mal zu überlegen.“ Eine irre Idee. Der Vorschlag kam von FC-Geschäftsführer Michael Meier. Daum: „Der eine Fußballverrückte will an der Mittellinie beerdigt werden – wir haben dort geheiratet. Weil der Fußball und dieses Stadion unser Lebensmittelpunkt sind.“ Christoph Daum und seine Frau Angelica Camm-Daum (hier in Istanbul) fahren für ein paar Flittertage nach Venedig Es ist Daums zweite Ehe nach der Scheidung von Ursula 2003. Diesmal soll’s für immer halten. Daum: „Das war der Anstoß zu einem ganz großen Spiel.“ Sportdirektor Michael Zorc hatte schon vor Wochen den Auftrag erhalten, Ricken aus seinem Vertrag zu komplimentieren: „Lars weiß, wie ihn der Trainer einschätzt und wie gering seine Chancen sind, unter Doll im Kader zu sein, geschweige denn zu spielen.“ Doll, so ist aus internen Quellen zu hören, könne zum einen mit Rickens Stil nichts anfangen. Er sei ihm zu undynamisch und in Zweikämpfen nicht robust genug. Zum anderen aber wolle Doll unbedingt den Nationalspieler Pjotr Trochowski vom HSV nach Dortmund holen. Da ihm Geschäftsführer Watzke allerdings bedeutet habe, dass für Trochowski im engen Finanzrahmen des BVB keine Planstelle mehr frei sei, wolle Doll den vermeintlich relativ teuren Ricken von der Gehaltsliste haben. Allerdings hat Ricken einen Vertrag bis 2009. Ricken selbst scheint ratlos zu sein. „Es schmerzt natürlich. Dass ich eine andere Beziehung zu meinem Verein habe, als das bei anderen Profis vielleicht der Fall ist, liegt ja auf der Hand. Sonst wäre ich nicht seit 17 Jahren hier.“ Zu besseren Zeiten war Ricken als „der deutsche Del Piero“ bezeichnet worden, der sich ebenso wenig durch Athletik, aber umso mehr durch Spielverständnis und Technik auszeichnete. Ottmar Hitzfeld wollte Ricken zum FC Bayern lotsen, es gab Angebote aus Italien. Doch Ricken blieb. Ob Dolls Einschätzung des aktuellen Werts von Ricken richtig ist, darüber streitet man in Dortmund. Noch drei Wochen vor Dolls Dienstantritt im März wurde Ricken im Spiel gegen Mönchengladbach (1:0) als Matchwinner bejubelt. Und selbst zuvor unter Trainer Bert van Marwijk, der sich an Ricken ähnlich rieb, wie nun Doll, avancierte der 16-malige Nationalspieler zum Führungsspieler, der mit Toren, Vorlagen und Übersicht maßgeblich an der „besten BVB-Rückrunde aller Zeiten“ - im Frühjahr 2005 - beteiligt war. Dann erlitt Ricken einen Kreuzbandriss und kam nur langsam wieder in Form. Allerdings: Als Doll Ricken schon in der abgelaufenen Saison degradierte, spielte der bei der Regionalliga-Truppe des BVB und rettete, so die Einschätzung des Trainers Theo Schneider, den Klassenerhalt „mit einer Serie von brillanten Spielen“. Als Ricken am 34. Spieltag schon im Urlaub auf Sardinien war, kam er für das entscheidende Spiel zurück. „Um die Sache zu Ende zu bringen“, wie Ricken sagt. Die BVB-Fans überschlagen sich seither in Elogen für dessen Vereinstreue. Geschäftsführer Watzke hat bei Doll offenbar alles versucht, für Ricken einen Sonderstatus zu reklamieren, der ihm Demütigungen erspart. Vergeblich. „Der Trainer“, sagt Watzke, „hat in diesen Fragen die uneingeschränkte Entscheidungshoheit.“ Eigentlich war Ricken, der neben dem Fußball ein Studium in Sport-Management absolviert hat, nach Ablauf seines Vertrages als Manager im Klub vorgesehen. Nicht zuletzt deshalb soll sich Watzke persönlich bemüht haben, Ricken bei anderen Klubs unterzubringen - wenn auch nur auf Zeit. Doch bisher gibt es keinen akzeptablen Interessenten. Identifikation mit dem Verein, so lehrt Rickens Beispiel, wird nicht zurückgezahlt im Profi-Business. Erst recht nicht unter einem kalt kalkulierenden Trainer wie Doll. „Es ist das Recht des Trainers, sich seine Spieler auszusuchen“, sagt Ricken, „Leistungssport ist nun mal so.“ Aber an einen ähnlichen Fall von rabiater Abschiebung kann er sich denn doch nicht erinnern. Sein zwölf Jahre jüngerer Kollege Nuri Sahin, 18, ebenfalls aus der BVB-Jugend, wird künftig bei Feyenoord Rotterdam spielen, bei seinem alten Trainer Bert van Marwijk. Auch Sahin hatte vor einem Jahr noch gesagt, er wolle am liebsten für immer beim BVB spielen. Immerhin hat man für das große Talent Sahin einen neuen Arbeitgeber gefunden.