Wie viel kostet heute eine Bauhandwerker

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Wie viel kostet heute eine Bauhandwerker
Dipl.-Kfm. Rainer Liebenow
Norddeutscher Baugewerbeverband e. V.
Wie viel kostet heute
eine Bauhandwerker-Stunde?
„Sie sind zu teuer!“ So lautet ein weitverbreitetes
Vorurteil über die Bauhandwerker. Sind sie es wirklich?
Hier ein typisches Beispiel: Ein Kunde will einige
Umbauten an seinem Haus vornehmen lassen. Er holt
deshalb entsprechende Angebote von Baufirmen ein.
Im Kostenanschlag der Firma für den Auftrag wird
mit einem Stundenverrechnungspreis von rund
46,14 € plus Mehrwertsteuer gerechnet.
Während der Umbauarbeiten fragt der Kunde beiläufig einen Gesellen, wie viel Arbeitslohn ihm denn
sein Meister pro Stunde zahle.
Die Antwort lautet: „17,07 €“.
„Schöne Gewinnspanne“, denkt der Kunde verärgert
und fühlt sich in seinem Vorurteil bestätigt!
Was er dabei aber nicht bedenkt: Die Baufirma muss
dem Gesellen neben dem Lohn für die reine Arbeitszeit, also neben dem Arbeitslohn, vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 0,13 € pro Stunde und so
genannte Soziallöhne zahlen. Hierzu gehören das
Entgelt für gesetzliche Feiertage, für Krankheitszeiten
und ähnliches sowie das Weihnachtsgeld. Auf der
Basis dieses Bruttolohnes hat die Baufirma für den
Gesellen eine Vielzahl von gesetzlichen und tariflichen Sozialabgaben an verschiedene Stellen abzuführen, und zwar namentlich an die Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Unfall- und Pflegeversicherung
Beispielhafte Ermittlung eines Stundenverrechnungspreises für
das Hamburger Bauhandwerk - Spezialbaufacharbeiter
Hamburg
Lohnzusatzkosten 2013
78,90%
Lohnnebenkosten
9,20%
Zuschlagssatz für Allg. Geschäftskosten
65,00%
6,00%
Wagnis und Gewinn
Position
1. Arbeitslohn
2. Vermögenswirksame Leistungen
Stundenlohn
3. Zuschlag für Lohnzusatzkosten
4. Zuschlag für Lohnnebenkosten
Kalkulationslohn
5. Zuschlag für Gemeinkosten der Baustelle
und Allgemeine Geschäftskosten
Selbstkosten pro Stunde ohne Mehrwertsteuer
6. Wagnis und Gewinn
Stundenverrechnungspreis ohne Mehrwertsteuer
19 % Mehrwertsteuer
Stundenverrechnungspreis mit Mehrwertsteuer
Stand: Januar 2013
Hamburg
01.01.2013
17,07
0,13
17,20
13,57
1,58
32,35
11,18
43,53
2,61
46,14
8,77
54,91
sowie an die Sozialkassen der Bauwirtschaft. Zur
Deckung dieser Lohnzusatzkosten ist heute im
Durchschnitt ein Zuschlag von 78,90 % auf den
Stundenlohn erforderlich
Zu beachten ist ferner, dass für den Gesellen regelmäßig Lohnnebenkosten anfallen, beispielsweise in
Form von Fahrtkostenabgeltungen bis zu einer
Höhe von 15,00 € pro Arbeitstag und in Form des
arbeitstäglichen Verpflegungszuschusses in Höhe von
4,09 €.
Darüber hinaus entstehen der Baufirma weitere Gemeinkosten, wie beispielsweise Aufwendungen für
Baustellenaufsicht, Werkzeug und Gerüstböcke sowie
Arbeitsschutzkleidung der Gesellen (Gemeinkosten
der Baustelle). Ferner fallen Aufwendungen für den
Lagerplatz und die Verwaltung in Form von Personalkosten sowie als Mieten, Abschreibungen, Zinsen,
Unterhaltungs- und Reparaturkosten, Prämien für
Betriebsversicherungen, Porto- und Telefongebühren,
Kosten des Büromaterials, Gewerbesteuern usw. an.
Hinzu kommen noch solche für Gewährleistungsverpflichtungen und für die Bearbeitung von Angeboten
(Allgemeine Geschäftskosten). Für eine mittelständische Baufirma können hierfür heute Zuschläge von
etwa 60 bis 70 % auf den Stundenlohn, durchschnittlich also rund 65 % als durchaus realistisch angesehen
werden. Dabei können von Baufirma zu Baufirma
zum Teil noch größere Unterschiede bestehen.
Zur Bildung von Stundenverrechnungspreisen werden die Lohnzusatzkosten, die Lohnnebenkosten und
die übrigen Gemeinkosten zum Stundenlohn des Gesellen hinzugerechnet. Auf die so ermittelten Selbstkosten
pro Stunde wird dann noch ein Zuschlag für Wagnis
und Gewinn aufgeschlagen. Im nachstehenden Ermittlungsbeispiel wird hierfür ein Zuschlagsatz von 6 %
angenommen.
Als Ergebnis ist also festzustellen, dass der Geselle in
unserem Beispiel zwar einen Arbeitslohn von 17,07 €
pro Stunde verdient, die Baufirma dem Kunden aber
einen Stundenverrechnungspreis in Höhe von 46,14 €
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer in Rechnung stellen
muss, um den Auftrag kostendeckend abwickeln zu
können.

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