In der Suppe schwimmt ein Auge. Oma sagt, aus

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In der Suppe schwimmt ein Auge. Oma sagt, aus
In der Suppe schwimmt ein Auge. Oma sagt, aus einer Suppe sollten
immer mehr Augen rausschauen als reinsehen. Nachts hältst du meine
Hand und sagst, du kannst schlafen, sie können dir nichts tun. Meine
Augen bleiben offen. Wie viel Angst wird vor mir verborgen? Bei Tag
verschieben sich die Pixel und in meinem Gesichtsfeld verrutscht ein
Detail. Ich kann nicht glauben, dass das alles echt sein soll. Es gibt
Gesetze, aber es gibt keine Wahrheit. Ich muss keinen Unfall haben
um verletzt zu sein. Ich will mich taufen lassen, von dem was Sinn
ergibt. Ich will Sinn stiften in mir. Das Katzensilber schmilzt und die
Hochöfen brennen heutzutage länger. Als ich mich auf die
Sonnenbank legte, war mein größtes Problem, ob der Junge mich
mag. Was ich immer dachte, was Liebe sei. Man wird schnell alt und
begreift so wenig. Wenn die Handlung über dem Text steht, blättere
ich die Seiten Tage später zurück um zu begreifen. Begreifen ist wie
aufgedecktes Memory, es deckt sich zu was reingeht. Zwei Herzen
schlagen ach in meiner Brust? Ich habe nur ein Herz und an jeder
Hand fünf Gefühle. Es wird langsam alles überschaubar, was mich
ausmacht. Zwei Füße aber treten auf der Stelle, weil der Kopf nicht
weiß wohin. Auf der anderen Straßenseite öffnet sich ein Fenster.
Gardinen sind nur was für Leute, die sich nichts trauen. Fragen Sie
meinen Sekretär. Labil steht er in der Ecke und schaut mich schlau
an. Auf der Bühne behauptet jemand er habe Krebs. Im Publikum hat
eine Frau Krebs. Hätte man das vorher besprechen sollen? Darf ich
sagen, dass mir alles weh tut, auch wenn mir nichts angetan wurde?
Mein geheimer Zwilling muss es ertragen, ich kenne gar kein Leid.
Die Schnitte an meinen Armen? Nulllinien. Ich gebe jeden Tag auf.
Ich fange jeden Tag neu an. Ich plane dein Ende. Wie schön alles
Knorpelige ist. Verhornte Finger, Haut, die wie Seidenpapier vom
Knochen hängt. Mitesser, die zum Nachtisch noch am Knochenmark
saugen. Was sollte noch mal auf der Suppe schwimmen?
Hühneraugen? Fettaugen? Kontaktlinsen? Ein anderer schreibt, wenn
wir uns aneinander knöpfen. Das ist auch Kontakt, aus nächster
Nähe. Wie weit wir alle auseinander stehen. Blauer Rauch verbindet
mehr als grüne Wiesen. Ich frage ihn, wie sind Mädchen heute? Er
sagt, ich mag keine Mädchen. Ich auch nicht. Heute Mittag werde ich
einen Nagel gießen. Jesus am Kreuz mit Stecknadeln, das hätte nicht
gehalten. Ich fange jeden Tag neu an.
1
Aus der Haut einer Traube baue ich eine Laube.
Mit Granaten ziehe ich den Saum des Garten.
Aus Blei gieße ich den Monat Mai,
aus Decken nähe ich Schnecken.
Mit Tinte tropfe ich eine Flinte,
mit der ich Tauben schieße,
bevor ich die Tomaten gieße.
Die Beete? Aus Knete.
Das Ich wird jetzt versteckt,
in der Laube neben einer rostigen Schraube.
Der Wind pfeift durch die Ritzen, durch die Mäuse flitzen.
Der Pflaumenbaum hängt über dem Gartensaum.
Von außen Finger am Glas.
Schnee fällt über das Maß,
weil das der Sinn der Kugel ist,
wenn das Denken die Zeit vergisst.
2
Auf dem Gipfel der Eitelkeiten steht jeder am Rand. Wie ihr euch alle
hinunterstoßen könntet, wie ihr es wollt, wenn ihr es könntet. Aber
man braucht einander ja. Der eine macht Kunst, der andere hilft ihm
dabei. Der eingebildete Kranke. Mein Muskel verhärten durch das
ständige Aufbäumen gegen das Ego. Neun Meter hoch ist höchstens
deine Unsicherheit! Wie haben wir immer über die gelacht, die sich
konstruiert haben. Wenn kein Fleisch mehr am Knochen ist, dann
hau ihn weg. Die Gänsehaut an meinem Oberarm verrät mir, dass
mein Körper noch funktioniert. Weisen Sie sich aus, welche sind Ihre
Kompetenzen. Das Lichtbild verwackelt. Ich bin nicht biometrisch.
Was soll das heißen? Ihr Klumpfuß steht Ihnen im Weg. Wenn es
nun doch die Nabelschnur war, die zu fest gezurrt war. Es ist nicht
immer die Geburt an allem Schuld. Nein, aber damit fängt es an.
Denk nochmal an den Morgen im Regen, als du durch den Wald
gelaufen bist. Wenn der Wolf und ich gleichzeitig auf die Lichtung
kommen, dann werden wir Frieden schließen. Der Wolf hat sich nicht
blicken lassen. Im Zug dann wieder das Unwohlsein vor dem
Ankommen. Wie viele Leben es geben kann und nicht eines will
passen. Immer fehlt ein Detail. In der Backform geht der Kuchen auf,
nachdem der Braten in sich zusammengefallen ist. Das Reh war auf
der Lichtung und ward erschossen. Ha. Du Miststück. Nach all den
Jahren der harten Arbeit und des Bestrebens nach Entdeckung wird
nun endlich offenbar, was bisher keiner sehen wollte. Es wird
deutlich, dass Sie vollkommen unfähig sind. Eine Schande, dass Sie so
durchs Leben kommen. Wäre mein Leben ein Porno, dann wäre ich
die, die die Spielsachen reinbringt und dann zugucken muss.
Schlussendlich gibt es keinen Höhenpunkt. Den Gipfel auf dem ihr
steht sehe ich nur von unten.
3
Am Rande einer Ausstellung steht jemand, der nicht auf sich
aufmerksam macht. Ich glaube, in deinem Prosecco sind mehr
Bläschen als in meinem. Vor der Galerie sitzen Nancy und Trixi auf
Flohmarktmöbeln und unterhalten sich über Nietzsche. Auf dem
Bordstein gegenüber verliebt sich ein Junge in einen anderen. Ein
Mobiltelefon vibriert unbemerkt in einer Tasche. Am Ende der
Leitung will jemand sagen, dass er allein ist. Kinski hat mal 48
Stunden in einem Badezimmer getobt. Am Ende konnte man das
Interieur durch ein Sieb rieseln lassen. Ich würde mir gern die Zähne
putzen. Nein, ich habe nichts Unanständiges gesagt. Wenn man Seife
über Nacht an einen Knochen bindet, bricht dieser am Morgen.
Wenn ich so an dir hinge. Jemand, der die Frage falsch verstanden
hat, sagt, Audi TT. Peinlich berührt nuckelt der Journalist an seiner
Bierflasche. Auf der Toilette zieht Mini Maus ihren Lidstrich nach.
Dabei denke ich immer an Gliedstrich, die Ader auf dem Penis.
Hinter einer zugehaltenen Tür knutscht die Freundin des Freundes
mit dem besten Freund der Freundin, die grade in den Staaten ist.
Ungesehen stolpert ein Hautkranker die Straße hoch, das Bein offen
und mit Vernähungen, die an einen schlampig gerupften und boshaft
abgeschnürten Hühnerkörper erinnern. Der Bolzen, mit dem die
Schweine getötet wurden, steht noch in Onkels Scheune. Die Qualität
der Kindheit bemisst sich auch am Essen, das auf den Tisch kommt.
Im Foyer der Sparkasse sieht sich der Installationskünstler in die
Augen und probt noch mal den Text. Der Vergewaltigung der
Massen, die im Kult eines Führers zu Boden gezwungen wird,
entspricht die Vergewaltigung einer Apparatur, die er (der Führer) der
Herstellung von Kulturwerten dienstbar macht-. Die Souffleuse
schreit rein, es muss heißen, und dann habe ich das Pony auf diesen
Servierwagen gestellt, und was soll ich sagen, es sah gut aus. Im Haus
nebenan kackt ein Germanistikstudent seiner Ex-Freundin aufs
Kopfkissen. Im Sessel vor der Galerie schaut Trixi jetzt in ihrem iPhone nach, woher das Wort Müsli kommt. Eine Schwangere steht
gerade im Mittelpunkt, weil sie etwas Neues macht. Eine 28 Jährige ist
neidisch auf eine Abiturientin, weil die auch noch alles vor sich hat.
Eine Schachtel Kippen ist bereits leer. Der schlaksige Kellner räumt
die Gläser ab. Manche landen in Handtaschen und dann im
Hängeschrank einer WG. Cooler Abend, kommt dann immer, wenn
einer daraus trinkt, der da gewesen ist. Der, der am Anfang in der
Ecke stand, steigt auf sein Fahrrad und fährt die Straße hoch. Das
Hühnerbein wird nicht weit kommen an diesem Abend.
4
In der Waschküche hänge ich kopfüber mit der Hand im Schritt. Ein
Junge schiebt einen Bollerwagen herein in dem unsere Erinnerungen
sind. Bring mir Kuchen. Ich kann nicht, eine Katze hat sich in meiner
Hand verbissen. Das denkst du dir aus. Sieh doch. Das ist absurd.
Das ist ein Traum. In der Wohnung am Rhein hole ich die Tapete
von den Wänden. Einmal rutscht mir der Spachtel ab und die Katze
fällt herunter. Wie sie da liegt. Wie du neben mir erwachst. Als ich
dich kennenlernte hat mein Herz nervös geblinkt. Darf ich mal? Sei
vorsichtig, es ist aus Plaste. Dieses Taiwan muss auf der Welt der
bunteste und lustigste Ort sein. Als es zerbricht legst du traurige
Musik auf. Als ich mich nackt über dich beuge, bekommst du endlich
ein schlechtes Gewissen. Wie lange ich dich mit mir herum getragen
habe. Der Bollerwagenjunge ist schlau, dass er mich hinter sich her
zieht. Im Stollen pocht es. Die Arzthelferin fragt, ob ich Rosinen
möge. Als ich den Mund öffne, kommt Staub aus meiner Lunge. Es
regnet nun seit Tagen und endlich lässt mich der Sommer los. Im
Radio kann man anrufen, wenn die Baustelle vor der Haustüre seit
Wochen brach liegt. Kanalarbeiten sieht man nicht von oben. Es ist
so verschwommen, was in den Köpfen vor sich geht. Als Kind sprang
meine Schwester ins Wasser und tauchte nicht mehr auf. An einem
Tag wie heute sieht sie eine Frau sterben, obwohl das nicht ihre
Aufgabe ist. Ich klebe ein weiteres Bild in die Collage. Im Kalender
vergleiche ich den Tag gestern mit dem Tag vorgestern. Das Jahr liegt
brach. Zum Glück hängt der Spiegel noch an der Wand, während mir
die Haare ausgehen. Es darf mir nur nichts gleichgültig werden. Vom
Gasthaus nebenan kommt Bratengeruch herein. Kalte Platte. Nackte
Füße an weißer Decke im Speckmantel. In den Fugen Silberfischchen.
Ein warmer Eintopf. Heißes Wasser, unter dem ich mir den Bauch
verbrenne. Gebauchpinselt, das habe ich nie verstanden. Ich denke
meistens an dich, wenn ich nicht weiter weiß. Peter ist sowohl ein
Vor- als auch ein Nachnahme: -silie, Sal-. In der Waschküche ist das
Trockenfleisch abgehangen. Das Silberfischchen wurmt sich in die
Katze und mich stört, dass ich das alles wieder aufgerollt habe.
5
Im Zeitschriftenhandel blättert ein älterer Herr ungeniert in einem
Pornomagazin. Porno steht heute über Lifestyle und nicht mehr über
Sport. Bin ich die Einzige, die jetzt an seinen Penis denkt? Vor
Jahren, bei einem Waldspaziergang, baumelt eine braune Tüte wie
eine schlaffe Fahne an einem Ast. Wenn ich jetzt an Hänsel und
Gretel denke. Kunstschnee weht an mir vorbei in die Dunkelheit.
Alles was ich verhindern konnte, ist besser als das, was ich auf den
Weg gebracht habe. Die Malerin sagt, immer allein sein, alles aus sich
selber holen. Ich sehe Rubens auf dem Bahnsteig. Die wachsfarbene
üppige Brust der Frau an der ein überproportionierter Säugling hängt.
Ich höre Ben, der sagt, Mutter, ich trage dich als Wunde auf meiner
Stirn. Wenn der Druck da ist, wechsel ich die Laken, zupfe ich
Unkraut, springe ich über die Handlung, auf dass ich den dünnen Steg
zwischen Schulter und Hand nicht gehen muss. Ich hatte lange kein
Mädchen mehr wie dich. Ich bin kein guter Mensch! Durch meine
Augen, sagst du. Mein Kopf ist eine Schachtel, sei froh, dass du da nie
hocken musst. Dein Wind, deine Sonne, deine Ären und ich? Du
sagst, der Grund, warum ich lebe. Wünsche, die ich in deine Hände
spreche, sind immer auch Gebete. Durch das ausgeschnittene Herz in
der Holztür kommt ein Schmetterling geflogen. Das ist kein Kitsch,
das ist meine Notdurft. Fasst das Tier nicht an, die Menschen sind
behindert. War das der Grund? Im Zirkus saß ich auf dem Rücken
eines Elefanten und seitdem laufe ich auf verhornten Füßen. Ich kann
über Glut und Glas hinweggehen, aber was nützt mir das? Ich ziehe
Fäden, wenn ich mit der Hand durch Nylon fahre. Autotunnel sind
apokalyptische Orte. Auf dem Weg vom Berg ins Tal sehe ich unser
Bild in der Gondelscheibe. Du bist das Mal in meinen Gedanken,
wenn ich zerdenke, was uns ausmacht. Um einen Bogen zu schlagen,
wenn ich mich als Ding bediene, vielleicht kann ich mein Ego dann
umgehen. Quod erat demonstrandum, es ist ein gutes Leben. Durch
die Glasbausteine wird die Häuserfront zur Hochhaussiedlung. Die
Durchreiche. Von Apfelsinen bekomme ich Ausschlag. Der Opa
schält mir trotzdem eine und abends trinke ich Wodka aus einem
Wasserglas. Von sieben Freunden sind noch zwei übrig, einer liegt im
Sterben. Als Schneewittchen erfahre ich, dass es sich verbietet auf der
Couch des Freundes zu schlafen, wenn dieser verheiratet ist.
Gebumst wird im Hotel. Mit der Zigarette steht der Junge in der
Dusche und fragt sich, warum er so traurig ist. Im Zoo sitzt er neben
den Fossilien und begreift nicht, dass alles vorher war, damit er jetzt
sein kann. Ich schreie die Diva an, das kannst du dir nicht mehr
erlauben, reiß dich zusammen. Wenn ich mich heute Abend wasche,
spare ich die Handgelenke aus. Wie schön die Stempel sind, die das
Leben hinterlässt.
6
Elisabeth schreit. Wider aller Völkerrechte! Ohne Macht auf einem
Thron. Es ist meine Schuld. Ich drücke deinen Anruf stumm. Jetzt
muss ich alles zurücknehmen, was ich gesagt habe. Die Zeiten, die wir
verbringen, die Wege, die wir gehen, gehören Ihm, nicht dir. Was ich
nicht bedacht habe. Ich bin nichts weniger als frei. Was habe ich
gesagt, im Zoo sitzt der Junge neben den Fossilien und begreift nicht,
dass alles vorher war, damit er jetzt sein kann. Cogito ergo sum. Es
brennt, Brüderlein, es brennt. Jeder Tropfen Wasser, den ich dir gebe,
kommt von Herzen. Ich bin in so vielem ungeschickt und sehe nicht
weiter als das Gefühl vorausrennt. Ich will dich beschützen vor dir
selbst. Ich sehe mich selbst in dir. Ich schreibe dir, ich kenne diese
Stelle, ich war da selbst schon. Wer reicht wem die Hand? Ich stehe
neben dir, gleichversponnen. Ich hoffe, dass dir nur Gutes widerfährt.
Deine Abgründe sind deine Höhen! Schreib! Schreib! Sei dir ein
Freund. Verlier dich nicht aus den Augen. Gib auf dich acht.
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An die Hoheit, die ich verehre. Habe ich schon meinen Tribut
gezahlt? Ich gebe in deine Hände alles. Im Behandlungsraum tropft
der Kaffee durch, an der Wand eine Speisekarte. Ich weiß nicht, was
ich davon halten soll. Durch eine Luke wird ein Becher Urin
geschoben und der Papst hat Fanta im Schritt. Mit der Nadel im Arm
überlege ich, warum mich der Tod nur nachts belastet. Mit offenen
Augen presse ich drei Wehen aus meinem Kopf. Teil 3. Ab heute
muss ich zahlen. Und wenn du vor mir stirbst? Und wieder Peter.
Diesmal: -Handke, -Pan. Topografie ist das Einzige, was Sinn macht,
ob Nimmerland oder Kali. Ich stehe vor deinem Gesetz und komme
nicht herein. Ich rede und rede. Wie stumm du mich machst. Du bist
die Wand vor die ich renne. Der Kampf außerhalb von mir. Das will
ich mir merken, damit ich erinnere, wie gut wir es jetzt haben. Im
After zieht es. Das kann viele Gründe haben. Mit offenem
Geschlecht sitze ich da und will fragen, wie trägt man heut das Haar?
Auf dem Hof hängen die Kaninchen in der Sonne. Ich werde dir zwei
weiße Söckchen stricken, wenn es soweit ist. Was ist, wenn ich vor dir
sterbe? Heißt das für immer, wenn man den Tod des anderen
fürchtet? Ich hätte nicht gedacht, dass du Angst haben könntest, mich
zu verlieren. Das ist, als würde die Made fürchten, von der Leiche
gefressen zu werden. Sinnlos, alles Denken, das in diese Richtung
geht. Wir sind, wer wir sind.
8
Die Druckwelle erreicht mich einen Tag später. Festgeklammert stehe
ich am Zaun. Als mir die Haare gänzlich ausgegangen sind, frage ich
den Klempner, wie ich den Abfluss frei bekomme. Der Lehrling
duftet nach Weichspüler. Die Frau hinter mir am Kassenband, nach
Schweiß riechend, trägt unter ihrer Bluse keinen BH. Ich friere, als ich
die Straße herunter gehe. Es fühlt sich an, als wäre jedes Wort das
letzte, das ich schreibe. Verschlüsselt kann man lesen, dass ein
Schaden zurück bleiben wird. Ich treibe zurück, an die Stelle, wo ich
schon war. Das Flugzeug an der Decke dreht sich im Kreis. Als ich
mit der Hand hinein greife, färbt sich das Wasser rot. Es ist Winter,
die Hände reißen ein. Ich fühle mich, als hätte ich ein Verbrechen
begangen, eines am Recht und eines am Unrecht. Der Henkel
irgendeiner Tasse bricht. Auf dem Dachboden huscht ein Auge am
Schlüsselloch vorbei. Wie kann ich mir jetzt noch die Zeit vertreiben,
bis ich wieder gebraucht werde? Wenn ich die Fäuste balle reißt die
Haut. Wenn ich auf den Auslöser drücke, reiße ich ein Loch in meine
Erinnerung. Nieren pochen gegen die Pfannenwand und in der
Waschmaschine schlägt ein Bild immer wieder gegen die Scheibe.
Gespiegelt stehen wir auf dem Gehsteig, während innen zwei die
Hände ausstrecken. Die Verniedlichung von Peter ist Peterchen. Ich
dachte, ich müsste nie wieder weinen. Und schon wieder erscheint
mir das Fernsehen echter als das Leben. Das hier soll jemand lesen,
der etwas davon versteht. Es ist die Wahrheit, dass ich nicht für so
lange Zeit allein sein kann. Der Pilot bricht den Flug ab. Es ist zu
gefährlich immer nur zu fallen. Du sagst, dein Leben sei zerrissen.
Nochmal, sieh dir meine Hände an!
9
Die Definition lief in den letzten Tagen wieder über Dich. Memo an
den verlorenen Zwilling, ich habe den Zustand vergessen. In
Gesellschaft wird mir klar, dass Viele fehlen. Das Bild wird zeigen, wo
ich war, als ich mich im Spiegel fotografierte. Frau Holle sagt, der
Grund, wie alles angefangen hat, lässt sich nicht greifen. Das
Lagerfeuer brennt und die T-Shirt-Bräune setzt ein. Letzte Nacht
habe ich wieder den Faden verloren. Die Spule dreht sich rückwärts.
Ist der Nullpunkt immer der Selbe? Ich frage Dich, wie sollen wir uns
morgen früh begegnen, wenn die Tür jetzt eingetreten ist? Du sagst,
die Tür ist nicht symbolisch. Und was, wenn wir schon irre sind? Am
Morgen zieht der Panzer, der mir vorausfährt, Blut hinter sich her.
Wie ein Kuckuck klebt die rote Farbe an allem, was ich verloren habe.
Und wenn das die Aufgabe ist, alles verlieren können, jeder Zeit? Um
07:27 kann ich Dir endlich etwas entgegenhalten. Die Definition läuft
wieder über mich. Das ist mein Kopf! Kleckersand tropft aus meiner
Hand. Trotzburg. Ich frage Dich, wenn einer, der Särge baut, auch
Türen repariert, wie kommen wir hier dann wieder raus? Du fragst,
mehr wolkig, als heiter? Im Dorf hinter mir wird der Garten jetzt
abgeschlossen. Ich liege immer noch unter der Blechwanne, während
Oma die Rabatten – für die Eingeweihten – harkt. Ein Schnitt ins
Fleisch von der, die die Betten frisch beziehen sollte. Ich nenne die
Freundin jetzt nur noch Frau Holle. Der Körper wehrt sich mit
Blasen, oder wie ein seidenes Skelett, sagt der Apfel. Der Zustand,
wie er jetzt ist, kann nicht so bleiben. Es kann nicht sein, dass ich
zufrieden war. Es kann nicht sein, dass ich immer wieder von vorn
beginnen muss. Es sollte ein Äquivalent dazu geben. Anmerkung des
Sekretärs, das Bändchen im Buch ist ein Grund um weiterzulesen.
Und du, fang nicht zu viele Bücher an. Was denn noch? Ich erinnere
mich immer nur an einen Traum. Aus der kalten Erde hole ich das,
was ich abends auf den Teller lege. Mathilda steht am Fenster und ich
sitze neben ihr, um Luft zubekommen. Am Ende meiner Gedanken
angekommen, sehe ich mich mit einem Kind im Arm. In der Teedose
steckt noch ein ungelesenes Zettelchen und am Finger ein neuer Ring.
Ich möchte alles vergessen, was ich in dieser Nacht gesehen habe. Ich
habe befürchtet, du könntest dich zu mir umdrehen. Das Loch in der
Tür!, denke ich, das ist der Fluchtweg. Wenn ich lange genug kratze,
an mir selbst, am Leben, dann komme ich schon noch dahinter. Wie
viele Seiten muss ich noch schreiben, bis ich ein Gegengewicht habe?
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Mein geistiges Eigentum. Mein einstiges Eigen. Ich spreche mir ein
Verbot aus: zeige es nicht denen, die dich darin erkennen könnten.
Die Gebrauchsanweisung für den Toaster könnte nicht detaillierter
sein. Mein Gehirn mache ich damit zum Streckennetz, jeder kann
einen Brandsatz legen. Das Paradoxon von der Komik im Elend.
Verzweiflung. Todessehnsucht, verbunden mit dem vernichtenden
Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit, hinter der sich wiederum die
Angst vor dem Sterben verbirgt. Wie oft kann man den Selbstmord
der Anderen beschreiben, bis man selbst das Gleichgewicht verliert?
Das ist überhaupt mein Traum, dass alle Menschen im selben
Augenblick aus Demut auf die Knie sinken. Die Handwerker haben
die Luftballons im Kinderzimmer nicht angerührt. Immer noch
hängen sie unter der Decke, auch wenn kein Kind je zurückkommen
wird. Kein Regen kann mehr so klar sein, dass er uns noch sauber
wäscht – so schmutzig kann kein Wasser sein, dass es an dir einen
Flecken hinterlässt. Mein Herz, in unseren schlimmsten Moment,
werden wir über uns hinauswachsen. Ich reibe meine Augen. Wasser
tropft in eine Schüssel. Das selbe Geräusch aber ein anderer Ausgang.
Da muss im Kopf noch ein Hintertürchen sein – du würdest nie
etwas sagen, das dich belastet –, wenn einer alle Schlüssel, zu allen
Hintertürchen hätte?! Ein erster Verdacht, dein Memory ist falsch. Ich
werde überhaupt nie alle Bilder zudecken können. Ich habe vergessen
mir die Handpuppen anzusehen. Als Kind habe ich doch jede Lüge
durchschaut. Überhaupt, wenn ich eingeschlossen gegen die Tür
geschlagen habe, war mir klar, dass niemand kommen wird. Du bist
da. Ich will dir sagen, -.Alles was ich sage, kann und wird gegen mich
verwendet werden. Unter den Worten versteckt sich ein
ungeheuerlicher Zweifel. Und wenn kein Abstand kommt? Wenn
nicht bald der erste Schnee fällt, wie komme ich dann je wieder hier
raus? Aus Eigentum wird Eissturm. Du Ausgeburt der Hölle, sagt der
Zwerg. Das ist schon kein Märchen mehr. Aus Ausgeburt wird
Kopfgeburt. Und wenn ich mich in allem täusche, gebe ich mich auf
und bin dein Eigentum.
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Drei Worte: muskel feder atem. Und mein Kopf bricht auf. Die Glut
der Zigarette ziehe ich bis an die Lippen. Ich will mir alles nahe
bringen, das ich liebe. Wir müssen einen Ort vereinbaren, an dem wir
uns wiederfinden, wenn die Katastrophe kommt. Das schrieb ich dir
einmal, bevor du mich liebtest, dass ich ein Punkt sein möchte, an
dem du sicher bist. An einem Fluss. Wenn ich in den Kulissen deines
Lebens stehe. Wieder der Gedanke, der Alltag gehört inszeniert.
Willst du es so bezeichnen? Du fotografierst dich immer selbst. Ja,
weil ich mich von innen heraus nicht sehen kann. Ich habe die Dinge
lange nicht mehr angesehen, weil du darin fehlst. Mathilda, meine
Handschrift. Zwei Mal bin ich gefallen. Wenn ich mich konzentriere,
renne ich und nehme die Zahnbürste mit. Ich will Frau Holle
schreiben, Kopf hoch! Wir überlegen uns ein Menü. Eine
Telleroberfläche mit Aromen zum ablecken, was wäre das für ein
köstliches Leben. Es tut mir Leid, dass ich dich letzte Nacht nicht
erkannt habe. Du sagst, aus den Augen aus dem Sinn. Wenn ich nur
wüsste, wie ich dich verschmerzen könnte. Wie tief wird das Loch
sein, das du mir gräbst? Ich denke immer an das Schlechte in uns. Ich
stecke eine Kunstblume in das Loch, das du geschlagen hast und
Friedmann sagt, ich stehe zu mir. Mutter steht auf und erbricht sich
im Spülbecken. Für uns dann das Frühstück an der Dönerbude. Du
sagst, ich weiß nicht, wer die Frau ist, die wir Mutter nennen. Ein
erster tiefer Satz von dir seit Jahren. Frau Holle sagt, nicht weiter
gedacht als von der Tapete bis zur Wand. Ich muss lachen und
verschlucke mich am Essig. Jetzt habe ich eine Rechtfertigung für
alles, was ich mir antue. Heute Nacht werde ich dich in die Arme
schließen und wir werden uns im Kreis drehen, in uns hinein: muskel
feder atem.
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Aus der Magengrube heraus gebäre ich einen Blumenkohl. Die
Röschen neigen die Köpfe zum Toilettenwasser und im Herbstwind
verschwindet dein Lächeln. 89 Kränze zu einem Tod geflochten.
Während die anderen in den Himmel schauen, sehen wir auf das
Überwachungsvideo. Der Hintergrund passend zur Krawatte. Dass
unter dem Lachs Butter war, konnte keiner ahnen. Ich erzähle dir von
den weißen Söckchen und du schaust mich an, als wünschte ich dir
den Tod. Während der Bauer noch gegen den Karren rennt, hat
Schmidt´chen Schleicher schon einen LP veröffentlicht. Während ich
noch die kahle Stelle auf meinem Kopf suche, fallen Handgranaten
vom Himmel. Der Kopf des Kindes, in Schutt und Asche. In meiner
Erinnerung, ein Puppenkopf, zum schminken und frisieren. Soll ich
Mitleid haben, mit denen, die geliebt werden? Keine Erkenntnis, die
nicht schon in hundert anderen Schubladen steckt. Der Schatten einer
Gießkanne wird zur Schildkröte. Im Plasma an der Wand erstreckt
sich die Wirklichkeit nach hinten heraus. Ich frage mich, was nach der
Eintönigkeit kommt. Ein Ton, den wir alle summen werden. Was
denkt der Mann in der Peripherie, wenn er morgens seine Zigarre aus
dem Fenster raucht? Meine Unfähigkeit in seine Welt zu sehen. Meine
Unfähigkeit, mich selbst zu denken.
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Neben mir stehend betrachte ich mein Tun als eine
Aneinanderreihung von Reaktionen, die sich nicht in mir begründen.
Von meiner Kopfhaut kratze ich das Salz und in Kali stehen die
Maschinen still. In der Nähe deiner Augen erinnert sich etwas, weit
entfernt von mir, an das Tun als eine Konsequenz aus der Bedingung
des Gefühls. Ich lief mir einen Nagel in die Ferse in dieser Nacht. In
der Dunkelheit des Flurs flüsterten wir uns Halbwahrheiten zu, die
uns aneinander binden sollten. Weil ich wegen dir zu viel getrunken
habe. Du hast dich verdoppelt mit jedem Glas. Im Tennisoutfit saß
ich auf dem Balkon und filmte eine Mondfinsternis. Von der Straße
her erwartete ich deine Schritte im Kegel der Laternen. Wünscht du
dir nicht auch, dass wir diesen Kuss vergessen könnten? Ich möchte
wieder unter Wasser sitzen und nicht atmen müssen. Je öfter ich ICH
sage, desto unwirklicher wird die Möglichkeit, dass es mich tatsächlich
gibt. Ich messe meinen Händen zu viel Bedeutung bei. Panik kommt
vom Kopf und Liebe von Leichtsinn. Jahre nachdem ich das Leben
verweigert habe, kommt jetzt die Zeit, da ich nichts mehr
zurückholen kann. Meine Schritte auf Glas, wenn alles aus Sand
gebaut ist. Im Salzbecken schweben wir als gerade Linien. Und falls
unsere Füße wirklich in den Himmel kippen, werden wir als Kinder
weiter gehen. Ich küsse deine Fingerkuppen als kleinsten Teil von dir
und verspreche, kein Geständnis mehr einzufordern. Dass soviele
Programme in meinem Hintergrund laufen, hätte ich nicht erwartet.
Auf den Röntgenbildern erscheinen meine Augen als blinde Kugeln,
von einer Dunkelheit angestarrt, die stellvertretend für alle
Angstzustände steht. Weit aufgerissen ist mein Schädel ein
zerbombter Bunker. Wie heißt der Vorgang, wenn man die
Wurstmasse in den Kunstdarm presst? In mir ruhend begreife ich
mich selbst als Teil jener, die ich liebe.
14
Vom Tal her weht warme Luft in unsere Mäntel. Aus dem Container
fallen Blumenköpfe und das Kreuz verplombt den Tod. Zum ersten
Mal begreife ich den Glauben als etwas, das nach allen Seiten
ausstrahlt. Wie viele Vater Unser habe ich als Kind gesprochen? Vater
Meiner, du hast mir nie ein Wort geglaubt. Mit zwei Frauen im Arm
schimpfte man dich einen Zuhälter. Habe ich jemals deine Hand
halten dürfen? Der Tag an dem ich dir den Tod wünschte. Meine
Schwester gespiegelt vor der Eisenbahn, die eine Wolkenfront war.
Du hast uns in deine Täler verbannt. Die leerstehende Wohnung über
uns. Einen Sommer lang lag ich in lauwarmen Badewasser und dachte
mir Großes für mein Leben aus. Nachts sangen wir englische Lieder
in einer unbekannten Sprache und ich konnte mir den Klang meines
Namens in keiner Zukunft vorstellen. Der Puppenkopf liegt auf dem
Schneidebrettchen und erwartet an den Körper gesetzt zu werden.
Unter der Bettdecke liegend, atmete ich durch einen Schnorchel, aus
Angst, die Fliegen legten Eier in meinem Brustkorb. Das habe ich
inhaliert, das entweder-, oder-. Einhundert Bücher fehlten zu einer
Bibliothek. Ich trug sie als Schuldgefühl mein halbes Leben mit mir
herum. Ich sagte als Kind, ich bin ein schlechter Mensch. Früh
morgens saß ich in der Kirche und wollte mich an etwas festhalten. In
der Chagall-Bibel blätternd. Für mein Malbuch nahm ich danach nie
wieder einen blauen Stift zur Hand. Als Kind war das Universum nur
ein Augenschließen weit entfernt. Dunkelheit und glänzender Nebel,
wenn ich die Daumen fest gegen die Lider drückte. Heute kommt
mir, selbst bei geöffneten Augen, die Welt nicht mehr so nahe. Am
Hang liegen die Toten. Die Zurückgebliebenen stehen dort zitternden
Fußes und schaffen es nicht hinauf. Mein Herz, wie weit bist du
entfernt von mir. Was von dir übrig bleibt zerfällt mit dir nach dreißig
Jahren. Die Eins ist der Vater, die Zwei die Mutter, die Drei der
Onkel, die Vier der Cousin, die Fünf der zweite Cousin, die Sechs ein
weiterer Onkel, die Sieben ein Bruder, die Acht eine Schwester, die
Neun eine Bekannte, die Null das Schlüsselloch zu diesem Szenario.
Der Kuckuck stößt sich vom Ast ab und zurück bleibt winkendes
Laub. Mehr wollte Rilke damit nicht sagen. Ich liebe dich und werde
bis zum Ende bei dir sein. Hätte ich die hundert Bücher doch nur
gelesen. Ich schlage die Knie aneinander um ein Geräusch zu machen.
Während wir die letzten Blumen verstreuen, schließt die
Zurückgebliebene die Augen vor den Jahren, die noch vor ihr liegen.
15
Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Das Gehirn verrottet eben am
schnellsten. Schwindelnd trete ich den Heimweg an, das Gesicht der
Erde zugewandt. Ich zähle die Schritte, die ich ohne dich gehe. Die
Bohrmaschine an den Kopf haltend spreche ich eine mathematische
Konstante aus. 3,14159265. Irrational wenden sich meine Gedanken
ab vom Drehmoment. Wenn du nur endlich alle Briefe lesen würdest,
die ich dir schicke. Ich möchte meinen Kopf in Aspik legen. Möchte
dumpfe Bläschen platzen hören. Alles was die Natur verlangt ist, dass
ich überlebe. Zu sprechen, erscheint mir immer überflüssiger, seit der
süßliche Geruch des Geschlechts nun auch aus den
Getränkeautomaten dringt. Dass ich dir erklären muss, was ein
Cameltoe ist. Ich kann mir keine Kurzfilme ansehen, wenn das Leben
mir so lang erscheint. Alles Warten, ist Warten auf den Tod .Wenn
ich aushuste fällt eine Brosche in meine Hand. Im Grunde
genommen gehe ich immer davon aus, dass jemand kommen wird,
um mich zu erschüttern. Wenn ich aufwache, kann ich die Zeit nicht
ausmachen. Seit wie vielen Stunden bin ich wach? Wie viele Jahre
habe ich geschlafen? Aus dem defekten Kühlfach tropfen
Fischkadaver auf die Notizen, die ich auf den Fliesen hinterlasse,
damit ich weiß, welche Schritte ich zu gehen habe. Manchmal setze
ich einen Kothaufen in den Flur weil ich den Raum nicht mehr
erkenne. Ironischerweise, sagst du. Wörtlich genommen passt das
auch zu dir. Ob ich weiß, worauf ich hinaus will? Der Faden liegt
unter dem Text, so wie dein Denken über der Handlung steht. Ich
denke, dass dies der Weg aus dem Überleben ist. Bei dem Versuch
mich zu artikulieren, krampft meine Zunge und ein Knoten bildet
sich unter dem Kiefer. Dieses Symptom als Spielwiese für
Spekulationen. Weil heute ein Tag ist, da ich mich nicht von mir
entfernen möchte, bleibe ich liegen und starre die Zeit so lange an, bis
sie aufhört sich über mich zu erheben. Jeder Mensch kommt grausam
zu seinem Bruder, wie ein Fisch zur Leiche und jeder trägt ein Meer
um sich. Danke, dass du mich Schwesterlein genannt hast!
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Es gibt keine Geheimnisse. Alles was ungesagt bleibt, wird sich in
Zukunft als Klumpfuß gegen dich manifestieren. Zwischen den
Worten bilden sich neue Worte. Ich schreibe eines hin und wenn ich
es gegenlese, erklärt sich mir ein Satz mit vielen Abzweigungen. Wer
schreibt? Das Holzbrett hat Furchen. Die Milchzähne klappern unter
dem Bett. Ich schrieb Geschichten auf Pappen, die sich mit den
Jahren auflösen. Ich überlege, Oblaten zu kaufen und mich damit zu
panieren. Im Körper der Muschel ist es kalt. Die Schattentaube an der
Wand, ihr linker Flügel lahmt. Wenn du meinen Namen sagst, bin ich
tatsächlich da, bin ich nicht nur eine Idee in meinem Kopf. Tscha-,
tscha-. Tobias Vogel hat Phantomschmerzen, dabei hat er seinen
Körper noch nicht einmal getragen. In seiner Bewerbung schreibt er
unter dem Stichwort Hobbys, Synchronturmspringen. Am
Beckenrand applaudieren die Silberfischchen. Die Zuckergäste
erwarten etwas Ausgefallenes und ich erbreche Pflaumenmus.
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Weine, weine, weine Gwendoline. Meine Gedanken drehen sich im
Kreis. Kerria lacca. Meine Augen blicken wie ölige Rosinen in den
Himbeerschnaps und ich kann mich in meine Haut klappen. Aber wie
kann ich mein Denken anhalten? Gefasst in den Rahmen, den ich mir
selbst gesetzt habe, wünsche ich mir einen Fenstersturz. Mit
aufgeschlagenem Schädel neu beginnen. In der PeepShow sitzt der
Mönch in der Wichskabine und benutzt kein Taschentuch. Mein
Glaube hält mich rein. Ich glaube nicht an uns. In der Annahme, dass
alles immer nur flüchtet voreinander, gehe ich dem Schlimmsten
gedanklich vorweg. Und ich bin lächerlich. Ich wünsche mir warmen
Schnee und glühende Gletscher. Der Eisberg kalbt, doch auf das
Papier hier fallen nur Totgeburten. Es beruhigt mich, dass ich
immerhin auf einem Bein stehen kann. Wenn ich das Parfüm der
kleinen Tanzmaus noch einmal riechen muss! Ich hasse rasend. Nur
für einige Minuten. Damit danach, wie ich mir wünsche, kein Funke
Unsinn mehr in meinem Kopfdarm ist. Ich möchte aus den Augen
scheißen. Ich möchte stinken. Mir wächst ein Kropf am Hals, der zu
mir spricht. Es ist alles in Ordnung, solange ich es dir nicht ansehe
und deinen Worten keinen Groll entnehme. Der gemeine Groll, eine
Fischart, die sich kannibalisch ernährt. Ich schneide ins Fleisch und
somit aus mir heraus. Eindruck und Ausdruck sind für mich das
selbe. Mindestens einmal am Tag wünsche ich mir einen anderen
Zustand. Wie oft ich Licht war, das auf eine Ecke trifft. Nachdem du
alles gelesen hast, gibt es nichts mehr, was ungesagt ist zwischen mir
und dir. Aber das alte Muster! Ich denke uns im Zustand permanenter
Zerstörung. Dass sie sich mir verweigert, die Vollkommenheit.
Deswegen kaufe ich wohl die billigsten Schuhe, da ich annehme, ich
müsse nie weit gehen. Es ist zehn Uhr am Morgen und ich habe noch
nichts getan außer mich im Kreis gedreht.
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Ich bin hundert Jahre wach. Am Wintermorgen spannt sich die kalte
Gräue über mich wie die Körperhülle eines ausgeweideten Hirsches.
Weil es schön klingt, wenn man Hürsch sagt. Bin ich müde, weil das
Jahr so lang war oder die Nächte zu kurz? Am Rande des
Doppelkinns fängt die Haut zu brennen an. Am Rande meines
Verstandes bilden sich Eisblumen, die Verklärten. Mein täglicher
Beichtstuhl. Ich habe die Jahre aufgeholt, die ich versäumt habe. Im
Herkunftswörterbuch schlage ich verflixt und zugenäht nach. Ein
Hehlwort für unsere Zeit. Vernetzung. Kann es sein, dass ich niemals
vergessen werde. Wohingegen ich hier und jetzt nichts halten kann.
Auf einem Ast kauend, fasere ich die Zustände auf und spiele jede
Möglichkeit im Kopf durch. Du bist so still, sagt der Freund. Es brüllt
in meinem Kopf. Ich schreibe mir Hinweisschilder, die ein Leben
lang gelten sollen. Ein falsches Wort zerreißt meine Moral, bricht die
Stelzen, auf denen ich gehe. Wie weit greift mein Wortschatz? Was,
wenn mir eine Vielzahl dessen fehlt, was ich zum Verstehen brauche?
Ich brauche keine Lethe! Ich will eine lückenlose Aufklärung!
Polytechnikum. Weil das auch schön klingt. Ich nenne dich, meinen
Mann, aus Ehrfurcht vor der Ewigkeit. Wenn du immer da sein wirst.
Als hätten wir aus unserem Geäst einen Trieb geschaffen. Es ist
möglich weiterzugehen. Ich gehe, ohne zu kauen. In der Nacht am
Ufer wusste ich um dich. Wenn ich jetzt zerfiele und ich wäre nur
noch eine Hand voll gemarterten Staubes, aus meiner Liebe Übermut
nähme ich den Faden wieder auf. Und für die nächsten hundert Jahre
werde ich kopfhell neben dir gehen.
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Die Veränderung, die du suchst, ich werde sie anerkennen. Der
Akrolith, der du bist. Der Kopf, der dich denkt. Die Hände, die dich
verletzen. Die Beine, die dich über die Erschöpfung hinaus tragen.
Aus Marmor. Das Herz bleibt Holz. Nachts wachst du auf und
verhungerst an der Angst, die deinen Muskel besetzt. Wie du dir
immer wieder selbst den Kopf in den Nacken reißt. Wie sehr du dich
selbst missachtest. Du sollst all meine Liebe haben! Schneekuppen auf
deinen Fingern und Glaskreise auf deiner Haut. Hast du dich schon
jemals nicht gewunden? Vom ersten Tag an greift die Leere/Lehre
dein Denken an. Es werden Stimmen zu dir sprechen, die kein
Gesicht haben. Es werden Hände dich anfassen, die kalt sind. Es
werden Tage kommen, an denen du kein Licht siehst. Und du wirst
deine Sprache verlieren. Und es wird ewig so weitergehen. Es ist alles
ein Zustand. Du wirst schreiben und die Hefte halten deinen
Kummer gefangen. Du wirst lieben und Gebete werden sich in
deinem Mund formen. Kinder werden dich berühren und du wirst
einen Morgen atmen, in dem sich alles Menschsein und aller Tod
vereinigt:
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