Océanis Clipper 343

Transcription

Océanis Clipper 343
■ TEST & TECHNIK
segeln
test
Familien-Clipper
Die neue Bénéteau Océanis Clipper 343 überzeugt als Boot für die ganze Familie.
Vor allem unter Deck bietet die französische Yacht mehr als die meisten anderen der
Océanis Clipper 343
➤ Testrevier: Flensburger Förde
➤ Testbedingungen: 8 bis 10 Knoten Wind,
keine Welle
➤ Das Konzept: Familien-Fahrtenyacht
➤ Der Preis: ab 98 .000 Euro
Klasse. Ein gelungener Entwurf, fand Thorsten Höge (Text und Fotos) beim Test
ndlich; ein Konkurrent!
Eine Dehler 34 zieht ihre
Bahn über die Flensburger Förde. Schnell eine
Wende fahren und hinterher.
Schwächlich fächelt Rasmus
heute nur acht bis zehn Knoten
Wind übers Wasser, gelegentlich hustet er mal – aber auch
das reicht nicht für mehr als
zwölf Knoten. Da kommt ein
Gegner gerade recht.
Langsam schiebt sich die
Bénéteau Océanis Clipper 343
an die Konkurrenz heran, um
dann gemächlich an dem alten
Dehler-Design aus den 80er
Jahren vorbeizuziehen. Auf
dem Nachbarschiff wird
geguckt, ein bisschen an den
Schoten gezupft, aber nützen
tut es nichts. Nun ist die Océanis sicher nicht zum Regattieren gebaut – dennoch, schnell
voran kommen möchte jeder.
Die Neue aus der französischen
Bénéteau-Werft zeigt bei den
herrschenden Bedingungen
gute Schwachwind-Leistungen.
Um die fünf Knoten läuft das
Boot, sobald die Schoten etwas
geschrickt werden. Wir messen einen Wendewinkel von
knapp unter 90 Grad und log-
E
Zwar ist die Océanis
vergleichsweise hochbordig, doch der Aufbau
fügt sich stimmig ein
38 segeln 11/2005
gen dabei auf Am-Wind-Kurs
um die viereinhalb Knoten.
Doch auch bei mehr Wind
dürfte die Yacht gut zu handhaben sein, die Segeltragezahl
ist moderat und weist die
Océanis als klassische Fahrtenyacht aus.
Das aufgeräumte Cockpit
bietet viel Platz, im vorderen
Bereich ist das Süll so hoch
gezogen, dass man sehr
bequem sitzt. Achtern senkt es
sich, so dass der Steuermann
gut auf der hohen Kante sitzt –
nur leider hat das Ruderrad
einen etwas zu geringen
Durchmesser, so dass es auf
die Dauer anstrengend wird,
von hier aus das Schiff zu dirigieren. Dafür bietet die Steuersäule einen besonderen Clou:
Sie lässt sich im Hafen um 90
Grad drehen und sorgt so für
einen ungehinderten Durchgang zur Badeplattform.
Die Genuawinschen liegen in
Reichweite des Rudergängers.
Allerdings wird das Groß auf
dem Kajütdach gefahren. Das
räumt zwar das Cockpit auf,
bringt aber auch höheren
Druck auf den Baum. Die
Genuaschoten laufen über ➣
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■ TEST & TECHNIK
segeln
test
Einfache Bedienung und sicheres Arbeiten an Deck zeichnen die Bénéteau aus
einen Block mit Klemme. So
lässt sich die Schot kurzzeitig
belegen und die Winsch dann
anderweitig nutzen.
Beim Testen segelt ausnahmsweise der Eigner mit:
Was sonst durchaus schwierig
sein kann – kaum ein stolzer
Besitzer verträgt die Kritik, die
an seinem Boot während des
Test-Segelns geübt wird –
bleibt heute problemlos. Es
gibt einfach kaum etwas zu kritisieren. Bénéteau hat mit der
343 eine sehr gute FamilienYacht geschaffen. Der Eigner,
ein Flensburger Arzt, segelt
sein Boot mit Frau und drei
Kindern und bestätigt den positiven Eindruck vom Schiff.
Die Océanis ist praktisch, bietet viel Raum an und unter
Deck sowie eine Reihe guter
Detail-Lösungen. Das große
Raumangebot macht das Schiff
zwar hochbordig, die geschickt
designten Aufbauten fangen
den hohen Rumpf im Gesamteindruck allerdings auf. Die
Segelleistungen beeinflusst es
bei einem Fahrtenschiff wie
der Bénéteau ohnehin nicht.
Das breite Laufdeck, überall
ausreichend Haltegriffe und
Augen für Sicherungsleinen,
sorgen für Sicherheit an Deck.
Ein optionales Kutterstag lässt
sich nachrüsten. Das Rigg verfügt standardmäßig über zwei
Achterstagen, eine Seltenheit,
die aber ebenfalls die Sicherheit erhöht. Der Mast lässt sich
für den Fahrtenbereich ausreichend biegen, die Segel können gut getrimmt werden.
Wir bergen das Großsegel
und tuchen es in den LazyBags auf. Das geht erfreulich
einfach. Oft genug erleben wir
es heute, dass schon auf Booten dieser Größe der Baum so
weit oben angesetzt ist, dass
man mehrere Maststufen steigen muss, um an den Kopf des
Groß’ zu gelangen.
Im Hafen klettern wir unter
Deck. Erstaunlich, wieviel
Platz Bénéteau auf 34 Fuß
untergebracht hat. Der angedeutete Deckssalon im Aufbau
sorgt für eine enorme Stehhöhe, Fenster im Aufbau lassen
viel Licht herein. Die Ausbauqualität ist durchweg in Ord-
nung, nirgendwo sind zu große
Spaltmaße oder ähnliche Läßlichkeiten zu finden. Alle Seeventile und die Elektrik sind
gut erreichbar. Die Starterbatterie ist direkt vor dem Motor
untergebracht, die Service-Batterien unter der Achterkoje.
Alle Schränke sind zwangsentlüftet, nur im WC fehlt eine
solche Dauerbelüftung. Der
Kartentisch fällt wie für moderne Yachten üblich recht klein
aus. Alle Instrumente finden
dennoch Platz. Vor allem die
Achterkojen überzeugen durch
viel lichte Höhe und Raum
auch unter dem Cockpitboden.
Die Backbordkajüte hat als
zusätzliches Detail ein Fenster
im Heck. Die Vorschiffskoje
fällt im Vergleich eher klein
aus. Hier werden wohl die Kinder schlafen.
Rumpf und Deck der Océanis
werden im Handauflegeverfahren gefertigt, das Deck mit
einem Sandwichkern aus Balsaholz. Sie werden verklebt
und verschraubt. Eine eingeklebte und teilweise anlaminierte Innenschale nimmt die
wirkenden Kräfte auf. Der Kiel
aus Gusseisen (leider kein Blei)
ist durch die Innenschale untergebolzt. Insgesamt eine Standard-Bootsbaulösung ohne Besonderheiten, aber bewährt.
Ab der Saison 2006 bietet
Bénéteau eine neue Schwenkkiel-Version mit 1,20 Meter
Tiefgang im aufgeholtem und
2,60 Metern im abgesenkten
Zustand an.
Der Salon ist hell und freundlich, vor allem die Pantry bietet viel Platz. Die Werft bietet wahlweise eine oder zwei Achterkajüten an. Als Holz dient kirschbaumfarbiges Douka-Holz
Océanis Clipper 343
Die Pantry bietet pfiffige Ideen und sehr viel Platz: So ist ein herausnehmbarer Kasten für Besteck in ein Staufach eingelassen. Der große Kühlschrank
weist eine Kapazität von 130 Litern auf
GEMESSEN UND GETESTET
Design:
Berret/Racoupeau
CE-Konstruktionsklasse:
A
LüA:
10,82 m
LWL
9,40 m
Büa:
3,57 m
Tiefgang:
1,90/opt. 1,45 m
Gewicht:
5.380 kg
Ballast:
1.543 kg
Rigg:
9/10tel
Groß:
27,41 m2
Rollgenua:
34,29 m2
Kojenzahl:
5-7
Motor: Yanmar 3YM20 Einbaudiesel,
15kw (21 PS), 2 bzw. 3 feste Flügel
Diesel:
75 l
Trinkwasser:
255 l
Grundpreis:
ab ca. 98.800 Euro
Geschwindigkeit
Am Wind (45°)
4,5 kn
Leicht geschrickt (60°)
5 kn
Halbwind
4,8 kn
Raumschots (135°)
3,6 kn
Wendewinkel:
ca.85 Grad
Motorvollkreis (in Marschfahrt):
24 Sek., 1,3 Bootslängen
Fahrt in Volllast (3400 upm) 7,7 kn
Marschfahrt (2500 upm)
6,6 kn
Notstopp
10 Sek., 1 Bootslänge
Stehhöhen:
Unter Salon
2,07 m
WC
2,04 m
Kojenmaße:
Salon Stb L 2,00 m; B Schulter 0,80;
B Fußende 0,48 m
Vorschiff L 1,98 m; B Schulter 1,60;
B Fußende 0,32 m
Achtern L 2,00 m; B Schulter 1,00 m;
B Fußende 0,90 m
Der Salon bietet eine üppige
Stehhöhe von 2,07 Metern. Durch
die ins Deck eingelassenen Fenster
fließt viel Licht. Das Backbord-Sofa
lässt sich in eine Seekoje umbauen.
Die helle Achterkajüte bekommt
auf der Backbordseite zusätzlich
Licht durch ein in das Heck eingelassenes Fenster. Die Kojen sind
groß und bieten viel Kopffreiheit.
BEWERTUNGEN
+
● für 34 Fuß sehr viel Platz unter Deck,
viel Licht und offenes, freies Raumgefühl
● große Pantry mit einem 130 Liter (!)
Kühlschrank
● alle Seeventile gut zugänglich
● Manövriereigenschaften unter
Segel und Motor
● gute Beschlagsanordung (z.B. ExtraKlemme für Genuaschot, damit die
Rollreffleine bedient werden kann)
● sicheres Arbeiten auf dem Vorschiff
● bequemes Sitzen im Cockpit, hohes
Süll, breites Laufdeck
● gute Details wie drehbare Steuersäule, klappbarer Durchgang zur
Badeplattform
+
LAUTSTÄRKE-MESSUNGEN
leise
angenehm
Cockpit
laut
Der Motorraum ist ausreichend groß
und gut gedämmt. Die Maschine ist
von allen Seiten einfach zu erreichen und zu warten. Direkt davor
hat die Werft die Starterbatterie
untergebracht, die so ebenfalls
schnell erreichbar ist.
69 dB
67 dB
Salon
Achterkajüte
71 dB
Vorschiff 65 dB
60 dB
Wohnen:
Kojen Vorschiff
•••
Pantry
•••••
Komfort
•••••
Stauraum
•••••
Auf See
••••
Zur Abwertung führten: kleine Vorschiffskoje, Halt zwischen Niedergang und Pantry
VORBILDLICH
Das Vorschiff wird durch eine
platzsparende Schiebetür abgetrennt. Leider fallen die Kojen
mit knapp zwei Metern Länge
recht klein aus
(in Punkten von 1 bis 5)
Segelspaß
Am-Wind
••••
Halbwind und Raumschots
••••
Leichtwind
••••
Starkwind
••••
Handling
••••
Zur Abwertung führten: Sitz auf der
hohen Kante
Ausstattung:
Beschläge
Rigg & Segel
Unter Deck
70 dB
80 dB
ADRESSEN
FAZIT
Das Boot wurde uns zur
Verfügung gestellt vom
Händler: BM Yachting, Am
Industriehafen 2, 24937 Flensburg, Tel. 0461/80 79 400,
www.bm-yachting.de
Über Deck und in den Segelleistungen ist die Oceanis Clipper ein
typischer Vertreter moderner
Yachten. Sie segelt gut und ist für
Familien-Cruising genau richtig.
Steigt man den Niedergang hinab,
offenbaren sich die wahren Werte:
Ein ungewöhnlich großes
Raumangebot und eine praktische
Einrichtung verleihen der Yacht
hier eine Sonderstellung.
Weitere Händler: Blue
Yachting, Bremen, Tel.
0421/63 98 75,
Avantis Yachting, München,
Tel. 089/67 34 60 50
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••••
••••
+
+
VERBESSERUNGSWÜRDIG
● fehlende Zwangsentlüftung in der
Nasszelle
● Sitz auf der hohen Kante
■
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