Sueddeutsche Zeitung, Würmtal SZ, 05

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Sueddeutsche Zeitung, Würmtal SZ, 05
Sueddeutsche Zeitung, Würmtal SZ, 05.03.2010
Märchenhaftes Glück, Das Ensemble Theatergeist bürstet
den "Froschkönig" um
Gauting Wo sucht der moderne Mensch das Glück? Natürlich in einer Show, die ihm ebendies
verspricht. "Der Weg zum Glück" ist so eine Show, präsentiert wird sie von Heinrich,
Charlotte und Mike, dem singenden Frosch. Irgendwie ist Mike dahintergekommen, dass
Charlotte den Heinrich und Heinrich die Charlotte liebt und dass beide sich nicht trauen,
einander ihre Liebe einzugestehen. Der Weg zum Glück ist manchmal kompliziert. Doch
Mike hat eine Idee: Zum 100. Jubiläum der Show wünscht er sich, man möge zu dritt das
Märchen vom Froschkönig spielen. "Ich habe das draußen einfach schon mal aufs Plakat
geschrieben", sagt er und fügt hinzu: "Die Kinder hier im Saal wissen Bescheid."
Die Kinder im Bosco, die das Gastspiel des Ensembles Theatergeist aus Berlin mit ihrem
frechen, sehr witzigen "Froschkönig" - frei nach den Gebrüdern Grimm - miterlebten, wussten
spätestens dann Bescheid, als Heinrich die Showkulisse in einen Brunnen verwandelte und
Charlotte mit einem rosa Vorhang demonstrierte, wie Prinzessinnen so herumlaufen. Unter
Mikes Regie spielten die beiden das alte Märchen bis zu dem Moment, als es ernst wurde:
"Du kannst doch Mike jetzt nicht gegen die Wand werfen", fand Heinrich, doch der pfiffige
Frosch hatte vorgesorgt: Er ließ das Ganze als Schattenspiel über die Bühne gehen. Und so
bekam Heinrich seine Charlotte, und auch für Mike fand sich eine Herzensdame.
Schauspielerin Annegret Geist, die das Ensemble Theatergeist vor sechs Jahren gegründet hat,
nimmt ihre Rolle als souveräne Moderatorin Charlotte ebenso ernst wie ihr Kollege Tobias
Rank den etwas tumben Showmusiker Heinrich. Wie Annegret Geist entrüstet den Part der
Prinzessin von sich weist oder wie Tobias Rank in seiner Glitzerhose den leicht verklemmten
Lover mimt, das ist alles bestes Theater (die einfallsreiche Regie führte Frauke Jacobi), bei
dem sich in Gauting die Erwachsenen mindestens ebenso amüsierten - vielleicht sogar noch
mehr als ihre Kinder, die wohl doch noch etwas andere Sehgewohnheiten haben als die
Berliner Kinder. Was Theatergeist an Glückssucher-Varianten anbietet, ist Hauptstadttheater
und einfach gut.SABINE ZAPLIN
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.53, Freitag, den 05. März 2010 , Seite 6

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