Universität der Zukunft - TUM

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Universität der Zukunft - TUM
Universität der Zukunft
Eine Vision
Handlungs- und Ordnungsprinzipien für Universitätsinstitutionen in
Deutschland
Eine Studie der TUM-Tech GmbH
München
im Auftrag der
Degussa AG
2003
2
TUM-Tech GmbH
Saarstraße 7
80797 München
Tel: 0 89/30 66 95-0
Fax: 0 89/30 66 95-66
email: [email protected]
Internet: www.tumtech.de
Degussa AG
Bennigsenplatz 1
40474 Düsseldorf
Tel.: 0211-65041-340
Fax: 0211-65041-523
Internet: www.degussa.com
Ansprechpartner:
Dr. Christian Hackl
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Michael Dröscher
Mit Beiträgen von:
Dipl.-Kfm. Ingo Deking, TU München; [email protected]
Dipl.-Phys. Bernd Grohs; [email protected]
Dr. Kathrin Möslein, TU München; [email protected]
Dr. Konstantin Reetz, TUM-Tech GmbH; [email protected]
Monika Wieberger M.A.; [email protected]
Dr. Ulrich Wild, TUM-Tech GmbH; [email protected]
Professor Kelvin Willoughby PhD, Westminster College, Salt Lake City;
[email protected]
3
4
A.
B.
I.
7
10
VORWORT
DANKSAGUNG
PRINZIPIEN UND GRUNDLAGEN FÜR DIE UNIVERSITÄT DER ZUKUNFT 11
11
GRUNDLAGEN
Universitätstradition ..................................................................................... 11
Zwang zur Veränderung .............................................................................. 11
Anpassungsprozesse................................................................................... 16
Erfolgreiche Hochschulmodelle.................................................................... 17
B.
PRINZIPIEN DER UNIVERSITÄT DER ZUKUNFT
19
1. Handlungsprinzip ......................................................................................... 20
2. Ökonomisches Prinzip ................................................................................. 21
3. Organisationsprinzip .................................................................................... 25
A.
1.
2.
3.
4.
II.
DIE UNIVERSITÄT DER ZUKUNFT ALS FORSCHUNGSUNIVERSITÄT ..... 33
A.
1.
2.
3.
4.
B.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
STRATEGIE
38
Strategiefindungsprozess und Umsetzung .................................................. 39
Organisation der Forschung ........................................................................ 39
Organisation der Lehre ................................................................................ 41
Organisation des Managements und der Verwaltung .................................. 42
44
UMSETZUNG DER STRATEGIE
Leitungsstruktur ........................................................................................... 44
Finanzierung ................................................................................................ 48
Attraktivität am Markt ................................................................................... 53
Kunden in der Lehre .................................................................................... 59
Qualitätsmanagement.................................................................................. 65
Kooperation und Delegation ........................................................................ 67
Kooperationsmodelle und Outsourcing ........................................................ 68
Kommunikation und Wissensmanagement .................................................. 70
III.
DIE UNIVERSITÄT DER ZUKUNFT - EIN GEGENWÄRTIGER
REFORMPROZESS ...................................................................................... 80
IV.
BIBLIOGRAPHIE............................................................................................. 84
V.
BESUCHTE INSTITUTIONEN ......................................................................... 86
VI.
ANHANG A: DIE FINANZIERUNG VON UNIVERSITÄTEN – ÜBERLEGUNG
ZU EINNAHMEQUELLEN, DEREN RENTABILITÄT UND EINBINDUNG IN
DIE UNIVERSITÄTSSTRATEGIE ................................................................. 89
A.1.
A.2.
A.3.
A.4.
A.5.
EINLEITUNG
HÖHE DER FINANZIERUNG
BEMESSUNG DER FINANZIERUNG
VERWENDUNG DER FINANZMITTEL
FINANZSTRATEGIE
89
90
94
98
103
VII. ANHANG B: PERSONALMANAGEMENT.................................................... 117
B.1.
B.2.
B.3.
EINLEITUNG
RAHMENBEDINGUNGEN UND CORPORATE GOVERNANCE
PROZESSE IM PERSONALMANAGEMENT
5
117
119
128
B.4.
B.5.
ZUSAMMENFASSUNG
AUSBLICK: ES GIBT KEIN IDEENDEFIZIT, SONDERN EIN MASSIVES
UMSETZUNGSDEFIZIT
142
143
VIII. ANHANG C: DIE BALANCED SCORECARD ALS STRATEGISCHES
WISSENSMANAGEMENT- UND STEUERUNGSINSTRUMENT ............... 147
C.1.
C.2.
C.3.
C.4.
C.5.
C.6.
C.7.
IX.
WISSENSMANAGEMENT UND STEUERUNG IN DER UNIVERSITÄT: SKIZZIERUNG DER
147
AKTUELLEN AUSGANGSSITUATION
WETTBEWERBSFÄHIGKEIT DURCH WISSENSMANAGEMENT: DIE ROLLE DER
BALANCED SCORECARD
152
EINE KRITISCHE WÜRDIGUNG DER BALANCED SCORECARD
164
MANAGEMENT VON NON-PROFIT-ORGANISATIONEN MIT DER BALANCED
SCORECARD
168
EINE BALANCED SCORECARD FÜR DIE UNIVERSITÄT DER ZUKUNFT
174
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND GRENZEN FÜR DAS MANAGEMENT VON WISSEN IN
UNIVERSITÄTEN
184
LITERATURVERZEICHNIS
186
ANHANG D: THE VIRTUALIZATION OF UNIVERSITY EDUCATION:
CONCEPTS, STRATEGIES AND BUSINESS MODELS ............................ 197
6
A. Vorwort
Die feste Überzeugung, dass in den Universitäten eine Menge Vitalität und
Entwicklungspotenzial brach liegt, und die Ungeduld mit der gegenwärtigen
Reformdebatte um die deutschen Universitäten lieferten den Anstoß zur vorliegenden
Studie, die Zukunftsvision einer Universität zu entwickeln, die diese wieder in die Mitte
in unserer Gesellschaft rückt.
Diese Universität der Zukunft sieht ihre Aufgabe darin, den vielfältigen und
konkurrierenden Interessen der komplexen modernen Gesellschaft zu dienen. Ihr
Prinzip ist verantwortete Selbstständigkeit. Sie vermeidet unreflektierte
Ökonomisierung, professionalisiert jedoch ihr Handeln und legt öffentlich
Rechenschaft über ihre Aktivitäten ab. Ihre Aufgaben sind weiterhin die Entwicklung
der Wissenschaft durch Forschung und deren Verbreitung durch Lehre.
Alle Aktivitäten folgen einer individuellen Universitätsstrategie. Die Strategien der
Universitäten der Zukunft werden sich stark voneinander unterscheiden, abhängig
vom Standort, der Größe und der inhaltlichen Ausrichtung. Daher wird nicht der
Versuch unternommen, eine allgemeingültige Vision einer Universität der Zukunft zu
entwickeln. Zum Gegenstand der Überlegungen wurde der Fall der ausgeprägten
Forschungsuniversität gewählt. Dieser Begriff wird allerdings nicht auf die Gesamtheit
der deutschen Universitäten bezogen, obwohl sich diese gegenwärtig alle als
Forschungsuniversitäten verstehen. Die Forschungsuniversität der Zukunft hat das
Ziel, mit ihrer Forschung internationale Bedeutung zu erreichen, hochqualifizierten
Forschungsnachwuchs auszubilden und sich inhaltlich auf ein schmales, miteinander
verknüpftes Fächerspektrum zu konzentrieren. Genau für diese Forschungsuniversität
wurde ein Gesamtkonzept entwickelt, das Handlungs- und Ordnungsprinzipien
beschreibt.
Die Gestaltungsvorschläge für die Forschungsuniversität der Zukunft erstrecken sich
nicht auf Forschungsinhalte, sondern auf die Universität als Organisation. Darüber
hinaus wurde versucht, neue Antworten auf die Frage zu finden, wie sich die
Universität selbst und ihren Auftrag interpretieren kann, um wieder zum Motor der
gesellschaftlichen Entwicklung zu werden.
Derzeit werden an den Universitäten in diversen Bundesländern die
unterschiedlichsten Reformprojekte durchgeführt und Pilotmodelle erprobt, die sich auf
die Organisation, aber vor allem auf die Verwaltung der Hochschulen auswirken. In
Niedersachsen werden Universitäten in die Rechtsform der Stiftung überführt. Das
bayerischen Hochschulgesetz erlaubt Experimente. Das BMBF hat die
Arbeitsverhältnisse der Professoren neu geregelt, und das Hochschullehrer-Privileg ist
abgeschafft. Es sieht so aus, als würde sich einiges tun. Eine Vielzahl von Symptomen
der Schwäche wird derzeit in deutschen Universitäten manchmal mit weniger,
manchmal auch mit beachtlichem Erfolg bekämpft.
Im Gegensatz zur Hochschulreform Ende der sechziger Jahre, im Zuge derer die
Studenten und der akademische Unterbau die Universität änderten, sind an den
derzeitigen Reformbewegungen nur Wissenschafts- bzw. Bildungsministerien,
Hochschulleitungen und Institute, die sich wissenschaftlich mit der Organisation der
7
Hochschule beschäftigen, beteiligt. Viele Mitglieder der Universität bezweifeln die
Notwendigkeit von Reformen, insbesondere wenn sie ihrer Besitzstände bedroht
sehen.
Tatsache ist jedoch, dass das deutsche Universitätssystem in der Kritik steht, dass
deutsche Universitäten die an sie gestellten Ansprüche und Erwartungen nicht mehr
zeitgemäß erfüllen. Es ist ebenso Tatsache, dass auf die geänderten Anforderungen
an die Universität Antworten gefunden werden müssen. Der vielbeschworene Weg in
die Wissensgesellschaft, die zunehmende Internationalisierung und
Kommerzialisierung des Gutes Bildung, die immense Bedeutung der Wissenschaft für
die gesellschaftliche und die wirtschaftliche Weiterentwicklung bringen
Herausforderungen mit sich, denen gerade die Universität der Zukunft begegnen
muss.
Diese Studie will dezidiert dazu beitragen, die Diskussion in alle Ebenen und Bereiche
der Hochschulen zu tragen. Eine erfolgreiche Erneuerung aus sich selbst heraus kann
die Universität nur erreichen, wenn alle ihre Mitglieder die Chancen erkennen, die in
einem Neustart liegen. Wird die Chance einer internen Erneuerung vertan, so werden
externe Kräfte wirken und Lösungen generieren.
Es ist eindeutig besser, statt viele Symptome zu kurieren, das System Universität
unter die Lupe zu nehmen, um anschließend grundsätzliche Änderungen
vorzuschlagen. Verbesserungen durch Optimierung bestehender Strukturen haben nur
eine begrenzte Reichweite. Will man einen größeren Innovationsschritt tun, so müssen
Ziele, Abläufe und Strukturen grundsätzlich überdacht werden.
In einer ersten Phase ist dies sicherlich konfliktreicher und schwieriger, als Symptome
zu kurieren, wo meist ein vergleichsweise schnelles Erfolgserlebnis die Mühen zu
rechtfertigen scheint. Nachhaltige Änderungen und große Entwicklungssprünge
können aber nur auf einem grundsätzlichen Weg mit einem ganzheitlichen Anspruch
erfolgreich vollzogen werden.
In ihrem Korsett aus Verwaltungsvorschriften, Kameralistik, Regelungen des
öffentlichen Dienstes und Beamtenrechts auf der einen Seite und angesichts der
Annehmlichkeiten von akademischer Freiheit, Professorenprivilegien, unkündbarer
Arbeitsverträge und großzügiger Altersversorgung auf der anderen Seite, hatte die
Universität nur wenig Spielraum, aber auch nicht viel Anreiz, sich als Organisation und
Institution weiterzuentwickeln.
Das Umfeld, in dem sich die staatlichen Universitäten Deutschlands befinden, hat sich
enorm verändert und wird durch eine große Zahl unterschiedlicher Interessen und
Vorstellungen geprägt, die im Wettstreit miteinander liegen. Eine heftige Debatte über
Universitätsreformen ist im Gang, in der es nicht so sehr um einen Wettstreit von
verschiedenen Reformansätzen geht, sondern in der Pragmatiker und Ideologen die
Gegenpole markieren quer durch alle Parteien und die deutsche
Universitätslandschaft.
Es wird die Auffassung vertreten, dass es unabhängig davon, ob z. B.
Studiengebühren politisch gewollt sind oder nicht, an der Zeit ist, dass sich die
deutschen Universitäten neu aufstellen. In diesem Porträt einer Universität der Zukunft
wird das Bild einer neugeordneten Universität gezeichnet. Es soll nicht die simple
8
Übertragung eines vereinfachten Unternehmensschemas auf die Universität sein oder
ein bestehendes erfolgreiches Konzept kopieren, sondern erfolgreiche
Lösungsansätze an die Situation in Deutschland anpassen und zu einer neuen
Interpretation der Universität vereinen. Es wurden best practices und Lösungsansätze
aus der Universitäts- und Forschungslandschaft sowie von Wirtschaftsunternehmen
studiert. In Deutschland, den Niederlanden, Österreich, England, den USA und
Australien wurden verschiedenste Vorbilder gefunden und Rahmenbedingungen
analysiert, innerhalb derer diese Vorbilder erfolgreich sind. Recherchen in der
Fachliteratur und das aufmerksame Verfolgen der laufenden Diskussion in
Deutschland waren weitere wichtige Informationsquellen. Nicht zuletzt hat der direkte
Dialog in Workshops mit Wissenschaftlern, Forschungsmanagern, Hochschulleitungen
und Wirtschaftsmanagern wichtige Erkenntnisse vermittelt.1
Alle gesammelten Informationen und Erfahrungswerte aus den unterschiedlichen
Quellen sind in das Modell einer Forschungsuniversität der Zukunft eingeflossen.
Ausgangsbedingung für dieses Konzept ist die Annahme, dass die Universität der
Zukunft autonom ist, d. h., dass sie ihre Organisation in jeder Beziehung, auch im
Personalbereich, frei gestalten kann, ihr Handeln selbst verantwortet und wirtschaftlich
agieren darf. Das ausgleichende Gegengewicht für diesen hohen Freiheitsgrad ist die
Berichts- und Rechtfertigungspflicht über alle inhaltlichen und geschäftlichen
Ergebnisse gegenüber einem Aufsichtsgremium.
Die Studie gliedert sich in zwei Hauptteile. Im ersten wird allgemein auf die
Entwicklung der Rahmenbedingungen für zukünftige Universitäten eingegangen und
es wird skizziert, welche Herausforderungen in einem zunehmend internationalisierten
und ökonomisierten Bildungsmarkt auf sie zukommen werden. Der zweite Teil geht
genauer auf eine mögliche Ausprägung der Universität der Zukunft ein: Die
Forschungsuniversität. Sie fokussiert inhaltlich, strebt wissenschaftliche Exzellenz an
und konzentriert sich in der Lehre auf eine anspruchsvolle, rein wissenschaftlich
ausgerichtete Ausbildung.
An wen wendet sich diese Studie?
Diese Studie ist zum einen ein Beitrag zur laufenden Debatte um die
Hochschulreform, zum anderen ist sie als Einladung an Interessierte gedacht, sich mit
Reformvorschlägen abseits gewohnter Pfade zu beschäftigen. Deswegen soll sie
Leser in allen Institutionen und Gruppen finden, von denen die deutsche
Hochschullandschaft gestaltet wird. Dazu gehören Bildungspolitiker, die Bildungs- und
Wissenschaftsministerien des Bundes und der Länder, die Leitungen der deutschen
Hochschulen, die Standesvereinigungen und Verbände, nicht zu vergessen alle
Mitglieder der Hochschulen. Auch die Studierenden sollen stärker in die Debatte um
die Zukunft der Universität miteinbezogen werden. Derzeit wird diese Diskussion leider
häufig auf die Finanzierungsfrage verkürzt. Dadurch rücken innovative und visionäre
Überlegungen zur zukünftigen Rolle und Gestaltung der Universität in den
Hintergrund. Zusammenfassend ist zu sagen, dass diese Studie alle diejenigen, die
sich für die Universität und deren Zukunftsaussichten interessieren, einlädt, sich auf
1
Eine Liste der besuchten Institutionen im In- und Ausland befindet sich im Kapitel V.
9
die vorliegenden Überlegungen einzulassen. Denn alternativen Vorschlägen zur
Hochschulreform soll mehr Raum geben werden.
Die Initiative zur und Finanzierung für die vorliegende Studie kamen aus der Industrie.
Die Degussa AG, als Chemieunternehmen mit ausgeprägten Forschungsinteressen
traditionell nah an der Universität, hat sich entschlossen, das Projekt Universität der
Zukunft anzustoßen und die nötigen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. In dieser
Initiative drückt sich die Überzeugung aus, dass sich Unternehmen für die
gesellschaftlichen Themen ihres Landes interessieren sollten, und dass die Wirtschaft
nicht nur Missstände beklagen, sondern auch zu ihrer Beseitigung beitragen kann. Die
Mitwirkung der Degussa AG beschränkte sich daher nicht auf die Finanzierung der
Untersuchung, sondern wurde auch durch inhaltliche Diskussionen und das
persönliche Engagement des Vorstandsvorsitzenden, Professor Dr. Felcht, bereichert.
B. Danksagung
Wichtige Anregungen ergaben sich auch aus zwei Workshops mit Experten aus
Hochschulen und Wissenschaft. Dort wurden Teilergebnisse der Studie und die
Überlegungen der Autoren zur Diskussion gestellt. Der kritische Sachverstand der
folgenden Teilnehmer war eine große Hilfe:
Prof. Dr. Michael Dröscher, Degussa AG; Dr. Johannes Eberle, TU München;
Dr. Ekkehard Franzke, Bain & Company; Drs Rob Frederix, Universität
Maastricht; Dr. Christoph Grolimund, ETH Rat Generalsekretariat; Dr. Heinrich
Neukomm, ETH-Rat Forschung und Entwicklung; Prof. Dr. Wolfgang Herrmann,
Präsident der TU München; Dr. Bernhard Hirsch WHU, MA am Lehrstuhl für
Controlling; Dr. Franz-Robert Klingan, Bain & Company; Prof. Dr. Walter Kröll,
ehem. Vorstandsvorsitzender der DLR e.V; Dr. Ludwig Kronthaler, Kanzler der
TU München; Prof. Dr. Hans-Ulrich Küpper, Leiter des Institut für
Hochschulforschung ihf; Dr. Ulrich Schreiterer, Centrum für
Hochschulentwicklung CHE; Dr. Joachim Semel, Innovations- und
Technologiemanagement Degussa AG; Professor Dr. Hans Wagner, Ludwig
Maximilian Universität München, Institut für Kommunikationswissenschaften;
Dr. Ekkehard Winter, Stifterverband der deutschen Wirtschaft.
10
I. Prinzipien und Grundlagen für die Universität der Zukunft
A. Grundlagen
1. Universitätstradition
Die Weiterentwicklung der Wissenschaften durch Forschung und Lehre im Sinne des
freiheitlichen, demokratischen, sozialen Rechtsstaates ist die vorrangige Aufgabe der
Universität.2 Daran soll sich auch für die Universität der Zukunft nichts ändern. Und, es
gibt keinen Zweifel, über die Jahrhunderte entwickelten sich in der Universität die
Wissenschaften ausgehend von den septem artes liberales des Mittelalters:
Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Das
gesamte Spektrum moderner Forschungs- und Studienfächer, die nahezu alle in den
letzten 150 Jahren entstanden sind, lässt sich auf diesen Fächerkanon zurückführen.
Aus der Anstalt zur Vermittlung von Allgemeinbildung wie Lesen, Schreiben, Rechnen
und Latein sowie zur Ausbildung von Theologen, Juristen und Ärzten ist die wichtigste
Ausbildungsinstitution der Wissensgesellschaft geworden. Mit immer neuen
Erkenntnissen und neuem Wissen war und ist sie Motor und Katalysator für die
Weiterentwicklung der Wissenschaften und damit auch für die Weiterentwicklung der
Gesellschaft.
Mit diesem ungeheuren Wachstum auf inhaltlicher Ebene und der veränderten
gesellschaftlichen Bedeutung hat die Organisationsentwicklung an den Universitäten
nur bedingt Schritt gehalten.
2. Zwang zur Veränderung
Die Evolution der Organisation Universität ist in den letzten 900 Jahren nicht
entsprechend der Fächerentwicklung vorangeschritten, da es sich die
nationalstaatliche Universität in geschützten und staatlich finanzierten Lebensräumen
eingerichtet hatte. Selektionsdruck, konfessioneller oder weltanschaulicher
Ausprägung gab es zuweilen auf inhaltlicher Ebene, echte Konkurrenz um
Ressourcen, Wissenschaftler und Studierende ist nur eingeschränkt festzustellen. Es
lag also kein zwingender Grund für tiefgreifenden Wandel in der Organisation
Universität vor.
Heute dagegen ist die geschützte akademische Nische bedroht und sie wird in
wenigen Jahren Geschichte sein. Die Staaten können oder wollen sich die
uneingeschränkte Finanzierung der Universitäten immer weniger leisten.
Forschungsgelder werden mehr und mehr im Wettbewerb vergeben. Es herrscht
Konkurrenz zwischen Universitäten, Forschungsinstituten und
Wirtschaftsunternehmen, die sich um staatliche Fördermittel für die Forschung
bewerben. Wissenschaftler, insbesondere Spitzenkräfte, gehen immer öfter ins
Ausland, weil sie dort attraktivere Arbeitsbedingungen vorfinden. Dies bedeutet für die
2
Vgl. § 2, Abs. 1 des Hochschulrahmengesetzes.
11
deutschen Universitäten und deutsche Gesellschaft einen empfindlichen Verlust an
intellektuellem Kapital. Parallel dazu entscheiden sich immer mehr besonders
motivierte und begabte Studienbewerber für ein Studium an ausländischen
Universitäten, da die Studien- und Betreuungsangebote und das internationale
Renommee von deutschen Universitäten offensichtlich nur
z. T. auf entsprechendem Niveau geboten werden können.
Die Weiterentwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft führt zu konkreteren
Formulierungen des Bedarfs und der Erwartung hinsichtlich des inhaltlichen Angebots
und der universitären Qualität. In der vormals geschützten soziokulturellen Nische der
deutschen Universitäten wird es allmählich ungemütlich. Durch Internationalisierung,
Privatisierung und Kommerzialisierung von Forschung und Lehre entsteht ein Markt
für Bildung und Wissenschaft, der Durchsetzungskraft gegenüber einer weltweiten
Konkurrenz erfordert. Parallel dazu findet eine Schwerpunktverschiebung von einem
idealistischen Bildungskonzept, Bildung als Selbstzweck, zu einem mehr
utilitaristischen Ansatz, Bildung als Zukunftsinvestition, statt. Sowohl universitäre
Ausbildung als auch Forschung müssen folglich ihre Nützlichkeit, sei es materiell oder
immateriell, belegen können, um die Verwendung öffentlicher und privater Gelder zu
rechtfertigen.
Der Umstand, dass die WTO und die Weltbank beginnen, von einem internationalen
Bildungsmarkt zu sprechen und dessen erheblichen Wert zu kalkulieren, ist ein
unmissverständliches Signal, die Universität der Zukunft auch unter
unternehmerischen Gesichtspunkten zu gestalten. Ob diese Entwicklung nun unseren
Vorstellungen von Bildung als kostenlosem Allgemeingut entspricht oder nicht, ist
leider nicht mehr entscheidend. Wenn wichtige Industrienationen wie die USA,
Australien und Großbritannien Bildung nicht nur als Wirtschaftsfaktor für die eigene
nationale Entwicklung, sondern auch als attraktives Exportgut betrachten, dann tun die
Gestalter der deutschen Bildungslandschaft gut daran, sich schleunigst einer
wettbewerblichen Betrachtung der Universitätsbildung und -forschung zu öffnen. Sollte
dem nicht Folge geleistet werden, degradiert das deutsche Universitätssystem in den
kommenden Jahrzehnten zur regionalen Bildungsfolklore und deutsche Studierenden
werden den ausländischen Konkurrenten geradezu in die Arme getrieben.
Ein lange abwesender Selektionsdruck auf die Deutsche Universität hat sich in den
letzten Jahren aufgebaut. Die deutschen Universitäten müssen sich den
Veränderungen anpassen, wollen sie weiterhin als international aktive Institutionen
ernst genommen werden.
Für die Universität der Zukunft zeichnet sich der Weg der überzeugten Hinwendung
zur Gesellschaft, zur Wirtschaft, zu deren Bedürfnissen und deren Know-how ab. Die
Universität muss sich zukünftig in jeder Beziehung den geänderten Anforderungen
stellen und öffnen. Sie muss aktiv am gesellschaftlichen Diskurs und am bereits
eröffneten internationalen Wettstreit um Forschungsmittel, Wissenschaftler und
Studierende teilnehmen. Die Universität der Zukunft entwickelt selbstbewusst
individuelle Stärken und Eigenschaften, mit denen sie im nationalen und
internationalen Wettbewerb in Forschung und Lehre bestehen kann.
12
Welche Universität braucht die Gesellschaft in Zukunft?
Einerseits braucht die Gesellschaft eine Universität, deren Ausbildungs- und
Bildungsangebote sich ebenso wie ihre inhaltlichen Forschungsleistungen qualitativ
und quantitativ am gesellschaftlichen Gesamtbedarf orientieren. Andererseits muss
die Universität in der Lage sein, in Bildungs- und Forschungsmärkten strategisch und
wirtschaftlich konkurrenzfähig zu handeln. Dazu müssen die Universitäten die nötige
Entscheidungsautonomie besitzen, um auf gesellschaftliche und marktwirtschaftliche
Anforderungen reagieren zu können. Außerdem muss durch Steuerungsmechanismen sicher gestellt werden, dass die Gesamtheit der Universitäten den
Bedarf der Gesellschaft deckt, bestimmte Wissensgebiete nicht überrepräsentiert und
andere wiederum vernachlässigt. Die Bildung gänzlich Marktkräften zu überlassen,
wird ebenso wenig zum gewünschten Ergebnis führen wie die derzeitige Nivellierung
durch staatliche Steuerung.
Wo sich schließlich die jeweilige Universität in diesem Spannungsfeld zwischen
Marktmechanismen und gesellschaftlichem Bedarf, zwischen
Entscheidungsautonomie und staatlicher Steuerung platziert, wird letztendlich mit der
strategischen Entscheidung für ein konkretes Angebotsprofil in Forschung und Lehre
festgelegt.
Wie viele Wissenschaftler braucht die Gesellschaft?
Die Situation in der Lehre kennzeichnet ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und
Nachfrage. In Deutschland ist das System der tertiären Bildung3 grundsätzlich
überdenkenswert. Der tertiäre deutsche Bildungssektor umfasst neben den
Universitäten die Gesamthochschulen, Fachhochschulen, Technischen Hochschulen,
Berufsakademien, etc. Die auf dieser Ebene vermittelte Bildung soll entweder den
Zugang zur Weiterqualifizierung in der Forschung eröffnen, wie beispielsweise die
Promotion, oder eine Berufsausbildung auf hohem Qualifikationsniveau vermitteln.
Gegenwärtig tragen die Universitäten die Hauptlast der tertiären Ausbildung. Knapp
vier Fünftel der Studierenden sind an Universitäten eingeschrieben, ein Fünftel an
Fachhochschulen. Die Aufgabenteilung zwischen Universitäten und Fachhochschulen
sieht heute vor, dass die Fachhochschulen praxisnah und wirtschaftsorientiert
ausbilden, wohingegen die Universitäten eine theorieorientierte wissenschaftliche
Ausbildung anbieten. Dies bedeutet, dass derzeit bei vier Fünftel der angebotenen
Studienplätze das übergeordnete Ausbildungsziel die Befähigung zum
wissenschaftlichen Arbeiten ist.
3
Nach der OECD und im internationalen Kontext ist der tertiäre Bildungsbereich „weitgehend
theoretisch orientiert und soll hinreichende Qualifikationen für den Zugang zu höheren
forschungsorientierten Bildungsgängen und Berufen mit hohem Qualifikationsniveau, wie Medizin,
Zahnmedizin oder Architektur vermitteln. Die theoretische Gesamtdauer eines tertiären Studienganges
beträgt mindestens drei Jahre, normalerweise dauern sie jedoch vier Jahre oder länger.“ OECDZentrum für Forschung und Innovation im Bildungswesen (Hg., 2000).
13
Gesamt
Anzahl Institutionen
Studierende
Anteil in %
Fachhochschulen/
Verwaltungshochschulen
Universitäten
358
1.799.300
100 %
170
1.341.100
81 %
188
458.200
19 %
Abb. 1: Verteilung Studierender auf Universitäten und Fachhochschulen im Jahr 2001
Wird untersucht, welche Tätigkeiten die Studierenden nach ihrer Ausbildung an
Fachhochschulen bzw. Universitäten aufnehmen, so kommt folgendes Ergebnis
zustande: Der überwiegende Teil der Absolventen ist im Erwerbsleben nicht
wissenschaftlich oder in der Forschung tätig. Die folgende Tabelle illustriert dies
beispielhaft. Sie zeigt wie viele Absolventen eines Jahrgangs, befragt zwei Jahre nach
ihrem Abschluss, eine Forschungstätigkeit ausüben. Aus den Angaben der
Absolventen ergibt sich, dass für mindestens 80 % der Studierenden das Studium die
Vorbereitung auf praktische Tätigkeiten in der Wirtschaft und im Staatsdienst ist und
sich weniger als 20 % nach dem Erststudium wissenschaftlichen Aufgaben zuwenden.
Gesamt
Absolventen
Nach Abschluss in der
Forschung Tätige *)
Forschungstätigkeit in %
Universitäten
185.197
35.190
127.279
31.820
Fachhochschulen
(ohne Verwaltungs-FHs)
57.918
3.480
19 %
25 %
6%
*) Dies umfasst alle Absolventen, die zum Befragungszeitpunkt promovieren oder als Aufgabenfeld ihrer letzten
Berufstätigkeit "Forschung und Entwicklung" angeben bzw. wiss. MA oder Hilfskraft an Hochschulen, Tätigkeiten in der
Hochschulforschung oder an anderen Forschungseinrichtungen. Dies schließt auch alle Promovierenden ein, die mit
Abschluss der Promotion ihre Forschungstätigkeit beenden.
Abb. 2: Anzahl von Absolventen, die nach dem Studium eine Tätigkeit in der
Forschung aufnehmen; Hochschulabschluss 96/97, Befragung 98/99
Im tertiären Bildungssystem Deutschlands entspricht das Angebot also nicht dem
Bedarf. Angeboten werden überwiegend wissenschaftlich ausgerichtete Studienplätze.
Gebraucht werden überwiegend Studienplätze, die auf eine nicht-wissenschaftliche
Berufstätigkeit vorbereiten. Die Gründe, warum dem so ist, sollen in der Studie nicht
näher erläutert werden, da sie nicht Teil des Untersuchungsgegenstandes sind. Für
die Zukunft muss das tertiäre System den einzelnen Institutionen jedoch so viel
Spielraum lassen, dass diese ihre Studienangebote bedarfs- oder marktorientiert
gestalten können. Dies setzt Entscheidungsautonomie der Hochschulen in den Fragen
nach Inhalten, Ressourcenverwendung und Kapazitäten voraus. Nach Anpassungsund Lernprozessen des Systems wird das Resultat ein Angebot sein, das sich
passgenauer als heute an den Bedürfnissen der Gesellschaft ausrichtet.
14
Wettbewerbsfähigkeit der Forschung
In der Forschung wird das Verhalten der Universitäten der Zukunft von zwei Faktoren
beeinflusst werden: Zum einen vom eher kurzfristigen und technologieorientierten
Bedarf der Wirtschaft als auch dem eher langfristigen und wissensorientierten der
Gesellschaft, zum anderen von der Konkurrenzfähigkeit in der Landschaft der
Forschungsanbieter.
Auf den Bedarf hat die Universität der Zukunft keinen direkten Einfluss. Dennoch muss
sie Prozesse und Verfahren entwickeln, die ihr helfen, ihre Forschungsstrategien
angemessen am gegenwärtigen Bedarf auszurichten und zukünftige Anforderungen
möglichst zuverlässig vorherzusagen.
Ihre Konkurrenzfähigkeit muss die Universität der Zukunft selbst sicherstellen. Um die
jenseits der Grundfinanzierung zur Verfügung stehenden Forschungsmittel findet
schon heute ein Wettbewerb universitärer und anderer Forschungseinrichtungen
sowie mit Wirtschaftsunternehmen statt. Derzeit haben die Universitäten hier eher
schlechte Karten. Laut Bundesforschungsbericht vom Jahr 2000 hat sich der Anteil der
Universitäten an der gesamten Forschungsförderung des Bundes in den letzten 11
Jahren zwar vergrößert, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. 1989 hatten die
Hochschulen einen Anteil von 2,7 %, die außeruniversitären Einrichtungen von 35,6
%. Bis zum Jahr 2000 verschoben sich die Anteile auf 44,8 % der außeruniversitären
Einrichtungen zu 4,6 % der Hochschulen. Mehr als die Hälfte der Fördermittel gehen
an Unternehmen. In Bayern wurden beispielsweise zwischen 1991 und 1999 die
Budgets für die Wissenschaft an Hochschulen um 35,3 % erhöht, während im gleichen
Zeitraum die Grundmittel für Wissenschaft und Forschung außerhalb der Universitäten
um 80 % stiegen4. In Zeiten gesicherter Grundfinanzierung durch den Staat war es
nicht notwendig, sich im Wettbewerb um Forschungsmittel zu bemühen. Dies kann
sich die Universität der Zukunft nicht leisten.
Ein Großteil der universitären Forschung, die durch die staatliche Grundfinanzierung
getragen wird, ist stark zersplittert. Jede Universität deckt ein breites Spektrum an
Forschungsrichtungen und -themen ab. Häufig arbeiten sehr kleine
Wissenschaftlergruppen oder gar einzelne Forscher an diesen Themen. Eine
staatliche Kontrolle der Effektivität der Ressourceneinsätze fand nicht oder nur
unzureichend statt. Ressourcenschonung wurde nicht belohnt. Um im Rahmen einer
Gesamtforschungsstrategie ein überzeugendes Potenzial aufbauen zu können und um
gegenüber der außeruniversitären Konkurrenz bestehen zu können, wären
normalerweise Forschungsteams mit einer gewissen Mindestgröße wünschenswert.
Statt kleine Gruppen mit überproportional teurer oder unzureichender Ausstattung an
einer Vielzahl von Themen arbeiten zu lassen, sollten die Universitäten einen
Konzentrationsprozess einleiten. Statt in allen Universitäten ein möglichst breites
Fächerspektrum anzubieten, sollten sich die einzelnen Institutionen auf eine kleinere
Anzahl von Fächer und Themen konzentrieren. Von einem derartigen Prozess würden
letztendlich auch die sogenannten kleinen Fächer profitieren. Dann gäbe es
beispielsweise in Deutschland nicht mehr elf Universitäten, die das Fach Ägyptologie
anböten, sondern nur noch zwei oder drei schlagkräftige wissenschaftliche Institute. In
4
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2001).
15
diesen Einrichtungen könnten sich relevante Forschungszentren mit großer Strahlkraft
für dieses Fach herausbilden. Mit gebündelten Ressourcen könnten die
wissenschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. So würde z. B. die
Ausbildung der Studierenden in diesem Fach vielseitiger und kostengünstiger werden.
Ziel dieses Aufrufs zu Konzentrationsprozessen in der universitären Ausbildung und
Forschung ist keineswegs, die kleinen Fächer aussterben zu lassen oder
wissenschaftliche Fächer ohne Relevanz für direkten wirtschaftlichen Nutzen
zurückzudrängen. Die Gesellschaft braucht Ägyptologen ebenso wie Ingenieure. Was
die Gesellschaft nicht braucht, ist eine flächendeckende Versorgung mit
Studienplätzen für Ägyptologen, ebenso wenig wie zersplitterte
Kleinstforschungseinheiten. Gerade diese leiden als erste unter Mittelkürzungen und
Personaleinsparungen.
Die einzigartigen Möglichkeiten der Hochschulforschung, nämlich transdisziplinäre
Kooperationsmöglichkeiten und Unabhängigkeit bedingt durch öffentliche
Finanzierung, werden von den Trägern der Universitätsforschung immer weniger
gefördert. Hinzu kommt die Gründung einer großen Zahl neuer außeruniversitärer
Forschungsinstitute5. Die Gründungsentscheidungen werden häufig auf der Grundlage
politischer Prioritäten und Strategien gefällt. Die Themenbereiche dieser kostspieligen
Investitionen liegen überwiegend im Bereich der sogenannten Hochtechnologien, von
denen sich der Staat direkte Impulse für die Wirtschaft erwartet, und die in der
Öffentlichkeit als Zukunftsinvestition präsentiert werden. Viele Bereiche, in denen die
Universitäten forschen, insbesondere in den Sozial- und Geisteswissenschaften,
bleiben unberücksichtigt.
3. Anpassungsprozesse
Welche Anforderungen ergeben sich aus der Situation in Lehre und Forschung für die
Universität der Zukunft?
Sowohl die Universitätsaufgabe Bildung als auch die Aufgabe Wissenschaft müssen
neu angegangen werden. In der Bildung muss sich das ganze Universitätssystem
stärker auf den unterschiedlichen Bedarf der Studierenden, Scientific Community und
Arbeitgeber in Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Gesundheitswesen und dergleichen
einstellen. Das bedeutet, jede Universität muss für sich herausarbeiten, welche Art
von Studiengängen und wie viele Studienplätze sie anbieten will, um ausgehend von
ihrem Potenzial die Erwartungen und den Wissensbedarf der Gesellschaft befriedigen
zu können. Die Universität der Zukunft wird ein stark differenziertes, eventuell modular
aufgebautes Studienangebot mit Erststudiengängen, Aufbaustudiengängen und
Weiterbildungsprogrammen anbieten, das den Bildungsbedürfnissen verschiedener
Zielgruppen unter den Studierenden zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer beruflichen
Entwicklung entgegenkommt. In Zukunft wird nicht jede Universität das volle Angebot
an allen möglichen Studien- und Ausbildungsgängen anbieten, sondern die einzelnen
5
Beispielsweise wurde am 11.07.1995 die Stiftung caesar (center for advanced european studies and
research) mit einem Stiftungskapital von 375 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln ins Leben
gerufen.
16
Institutionen werden sich im Rahmen ihrer inhaltlichen Strategie für ausgewählte
Zielgruppen und die nachgefragte Auswahl an Bildungsangeboten entscheiden6.
Die Universität der Zukunft muss den Anspruch aufgeben, in allen Lehrfächern
Forschungsleistungen zu erbringen. Stattdessen sollte sich jede Universität auf ihre
wissenschaftlichen Spitzenthemen konzentrieren. Damit kann sie Ressourcen
zielgerichtet einsetzen und Forschergruppen in wettbewerbsfähiger Größe aufbauen.
Außerdem führt dieser Konzentrationsprozess zu einer Struktur, die weniger von
individuellen Interessen einzelner Gelehrter geprägt ist, sondern mehr von
strategischer Steuerung der Forschungsaktivitäten. Wie schon weiter oben betont,
bedeutet dies nicht, dass eine Konzentration auf für die Wirtschaft interessante Fächer
empfohlen wird, sondern eine Konzentration auf wissenschaftliche Stärken und eine
Professionalisierung der Organisation.
Die Beschränkung auf vorhandene Stärken und deren Ausbau wird innerhalb der
Institutionen zu Lasten wissenschaftlich weniger erfolgreicher Fächer gehen. Der
damit verbundene Abbau von Forschungs- und Lehrkapazitäten und der eventuelle
Verlust von angebotenen Studiengängen sind der Preis, den diese inhaltliche
Konzentration kosten wird. Bezogen auf das gesamte tertiäre Bildungssystem wird
sicher eine Verschiebung innerhalb des Angebots stattfinden. Unter Umständen wird
das Gesamtangebot an Studienplätzen in einigen Fächern zurückgehen. Auch in
einem System mit funktionierenden Marktmechanismen wird der Staat die
Verantwortung für Steuerungsaufgaben behalten und dafür sorgen müssen, dass
durch kurzfristige Marktorientierung nicht langfristige Ziele und intellektuelle
Errungenschaften gefährdet werden.
4. Erfolgreiche Hochschulmodelle
Anregungen und Beispiele sind in Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und
nicht zuletzt in den USA zu finden. In der derzeitigen Debatte werden den deutschen
Universitäten gerne die international renommierten Spitzeninstitutionen der USA zur
Nachahmung empfohlen.
Für die vorliegende Studie wurde eine große Zahl amerikanischer Universitäten
besucht, Interviews geführt und Veröffentlichungen zu amerikanischen Universitäten
analysiert. Dabei sind die Autoren zu folgenden Erkenntnissen gekommen:
Erfolgreiche amerikanische Universitäten werden viel professioneller verwaltet und
geleitet als deutsche. Die Verteilung von Aufgaben und Verantwortungen auf die
Mitglieder der Universitätsleitung ist wesentlich unternehmensähnlicher, leistungs- und
ergebnisorientierter als in Deutschland.
Was die Form der Organisation anbelangt und das Selbstverständnis der Mitglieder
der Universität, so sind die Unterschiede auf den zweiten Blick nicht besonders groß.
Elitäres Selbstverständnis, Wissenschaftler, die größtmögliche individuelle Freiheit in
6
Heute ist es so, dass die Universität Köln mit ca. 60.000 Studierenden 127 Studiengänge anbietet, die
Universität Regensburg mit ca. 15.000 Studierenden 105 Studiengänge und die Universität Bamberg
mit ca.7000 Studierenden 118 Studiengänge. Offensichtlich ist die Anzahl der angebotenen
Studiengänge unabhängig von der Größe der Institution, da das Ziel ein breites Angebot ist.
Spezialisierte Hochschulen wie TU und PH sowie relativ neu gegründete Universitäten weisen
teilweise ein prägnanteres inhaltliches Profil auf.
17
Anspruch nehmen, all dies prägt auch amerikanische Universitäten. Was in den USA
allerdings grundsätzlich anders ist, sind die Rahmenbedingungen, unter denen vor
allem die führenden Universitäten operieren. Mit der Notwendigkeit, einen
wesentlichen Anteil der benötigten und gewünschten Mittel selbst einzuwerben, mit
einer ausgeprägten Konkurrenz um gute Studierende und gutes wissenschaftliches
Personal, um Spendengelder und Forschungsmittel, herrscht ein ausgeprägter
Wettbewerb zwischen den Universitäten, insbesondere zwischen den Institutionen, die
weltweit zur Top-Liga gezählt werden.
Gleichzeitig verursacht dieser Wettbewerb auch hohe Kosten: Die Top-Universitäten
konkurrieren mit einem ungeheuren Werbeaufwand um die besten HighschoolAbgänger7 in den USA, nicht weil durchschnittliche Bewerber das Niveau ernsthaft
senken würden, sondern weil die Aussage „Bei uns finden sie nur die besten fünf
Prozent“ ein Marketing-Argument für den Wert des Universitätsabschlusses ist. Durch
finanziell attraktive Angebote werben sich die Universitäten ihre Forschungsstars
gegenseitig ab. Diese Stars sind ebenfalls wichtig für die Vermarktung und das Image
der Institutionen. Auch wenn Wettbewerb grundsätzlich gut für das Qualitätsniveau
und das Preis-Leistungs-Verhältnis in einem Markt ist, so profitiert von diesen
Anstrengungen und Ausgaben das Bildungssystem der USA nicht mehr. Es zeichnet
sich ab, dass die einzelnen amerikanischen Top-Universitäten aufpassen müssen,
sich durch den Wettbewerb an der Spitze nicht zu ruinieren.
Die Robustheit, das nötige Selbstbewusstsein, der Geschäftssinn und die
Managementfähigkeiten, sich im harten Wettbewerb um die besten Studierenden und
die Spitzenplätze in der Forschung zu behaupten, sind die wesentlichen Unterschiede
zwischen amerikanischen Top-Universitäten und deutschen Institutionen.
Daraus werden drei Schlussfolgerungen abgeleitet:
• Es ist nicht möglich, amerikanische Lösungen unangepasst auf die Situation
der deutschen Universitäten zu übertragen.
• Eine radikale Änderung der Rahmenbedingungen wird mittelfristig auch zu
anderen Universitäten führen.
• Der harte Konkurrenzkampf, in dem sich die amerikanischen
Spitzenuniversitäten befinden, ist für das Gesamtsystem zuweilen
kontraproduktiv. Er bringt neben der Qualitätssteigerung auch Identitätsverluste
und Ökonomisierung mit sich.
Neben amerikanischen Modellen wurden insbesondere das englische
Universitätssystem und die Universitäten der Niederlande untersucht. England verfügt
über ein System staatlicher Hochschulen, die Studiengebühren erheben und ist
deswegen den deutschen Verhältnissen näher als eine amerikanische
Privatuniversität. Außerdem gehört England mit zu den größten Exporteuren von
Bildungsstandards und –angeboten. England vermarktet also seinen tertiären
Bildungsbereich bereits international erfolgreich. Die Organisation der Universitäten ist
nicht wesentlich anders als in Deutschland. Gründlich unterscheiden sich das
englische und das deutsche Hochschulsystem in den Steuerungsmodalitäten durch
den Staat.
7
Die besten High-School Abgänger nehmen einen Anteil von fünf Prozent der Absolventen ein.
18
Die Niederlande haben im letzten Jahrzehnt eine grundlegende Hochschulreform
durchlaufen. An ihren Universitäten kann man analysieren, wie sich eine
grundsätzliche Reform auswirken kann, welche Probleme damit verbunden sind und
welches Entwicklungspotenzial in den Universitäten steckt. Mit der Organisation in der
Universität haben einige niederländische Universitäten am mutigsten experimentiert
Eine international sehr erfolgreiche Universität ist die ETH Zürich. Von den kantonalen
Universitäten der Schweiz unterscheidet sie sich dadurch, dass sie mit Bundesmitteln
finanziert wird und ihr die Eidgenossenschaft bereits in die Gründungsurkunde den
staatlichen Auftrag zur Exzellenz in der Forschung und Ausbildung einer intellektuellen
Elite geschrieben hat. Eine Besonderheit der ETH ist, dass sie einem
institutionalisierten, von der Regierung eingesetzten Aufsichtsgremium, dem ETH-Rat,
berichtet, der neben der ETH Zürich auch als Aufsichtsgremium für die ETH Lausanne
und einige weitere schweizerische Forschungsinstitute arbeitet. Die Aufgaben des
ETH-Rates sind Aufsicht und Kontrolle über die Qualität und Leistung der ETH.
Außerdem obliegen ihm Steuerungsfunktionen, die Ausbildungskapazitäten,
strategische Ausrichtung und Investitionen betreffend.
B. Prinzipien der Universität der Zukunft
Die große Bedeutung, die der tertiäre Bildungsbereich für die Wirtschaft, den Staat
und die Bürger hat, wird in der Zukunft noch zunehmen. Diese Bedeutung ist zuweilen
in Zahlen erfassbar, oft jedoch immaterieller, ideeller oder indirekter Natur. Daher
müssen einer Universität der Zukunft Grundsätze oder Prinzipien mitgegeben werden,
die dahin wirken, dass die Universität ihrer Bedeutung für das Gemeinwesen gerecht
werden kann.
Die Prinzipien und Ziele der Universität sollen zum einen ein grundsätzliches
Fundament oder Wertesystem umschreiben, auf dem sämtliches Handeln der
Universität beruht und den universitären Charakter wesentlich bestimmt. Dies umfasst
allgemeine ethische Prinzipien wie die Meinungsfreiheit, die auch andernorts gelten,
aber in der Universität von besonderer Bedeutung sind. Dazu kommt das Berufsethos
oder die besondere gesellschaftliche Verantwortung des Wissenschaftlers bzw.
allgemein der Wissenseliten. Dies muss im Selbstverständnis der Universität, im
Handeln ihrer Mitglieder und vor allem in der Ausbildung der jungen Wissenschaftler
immer erkennbar sein. Diese Prinzipien drücken sich aus in einem Leitmotiv, dem
Mission Statement oder in einer Selbstverpflichtung auf bestimmte Prinzipien. Diese
bilden dann das Herz der Identität einer Universität, der Corporate Identity.
Ein definiertes Ziel und eine explizite Strategie, sind die Koordinaten, die das Handeln
der Universität der Zukunft bestimmen. Mit der Definition eines Zieles und der
Formulierung einer Strategie liefert die Universität der Zukunft ihre individuelle
Interpretation des übergeordneten gesellschaftlichen Auftrages aller Universitäten. Sie
legt fest, welchen Teil dieser allgemeinen Aufgabe sie verantworten wird. Diese
Festlegung von Ziel und Strategie ist für alle Universitäten gleichermaßen wichtig,
denn ihr inhaltliches Handeln wird sich davon ableiten. Dazu sagt Dr. Bieri,
Vizepräsident des ETH-Rates: „Ohne eine formalisierte strategische Planung können
wir weder den internen Konsens noch eine wirksame Kommunikation nach außen
19
sicherstellen. Wer keine Ziele hat, dem werden sie aufgezwungen.“8 Dieses Zitat
betont die wichtige Rolle der selbstgewählten Strategie:
•
•
•
Eigene strategische Ziele stärken gegenüber einer Einflussnahme von außen.
Eigene strategische Ziele sind die Grundlage für geschlossenes Handeln der
Organisation.
Eigene strategische Ziele sind der Ausgangspunkt für eine wirksame und
überzeugende Selbstdarstellung nach außen.
Des weiteren muss es natürlich auch praktische Regeln geben, nach denen die
Universität der Zukunft ihre Aufgaben erfüllt. Mit diesen Prinzipien und Regeln
beschäftigt sich die vorliegende Studie vorrangig. Drei Grundsätze sollen der
Universität der Zukunft mit auf den Weg gegeben werden: ein Handlungsprinzip, ein
ökonomisches Prinzip und ein Organisationsprinzip, die im Folgenden erläutert
werden.
1. Handlungsprinzip
Die Universität der Zukunft wird vom Handlungsprinzip der verantworteten
Selbstständigkeit geleitet. Die Universität soll das Recht und die Verantwortung haben,
selbst zu entscheiden, was sie wie und wozu tut und welche Gelder sie wofür ausgibt.
Sie soll eine autonome Organisation sein, die im Rahmen von Zielvorgaben
strategisch und operativ entscheidet. Als Gegengewicht zu diesem hohen
Freiheitsgrad wirkt die Pflicht der Universität, repräsentiert durch ihre Leitung, sich für
alle Entscheidungen regelmäßig vor einem Gremium, das eine ähnliche Funktion wie
ein Aufsichtsrat hat, dem Universitätsrat, zu verantworten. Dieser Universitätsrat soll
aus Vertretern der universitären Stakeholder bestehen. Mit diesem Begriff werden
gesellschaftliche Gruppen beschrieben, die ein berechtigtes und ernstzunehmendes
Interesse an den Leistungen der Universität haben, aber keinen Eigentumsanspruch
erheben. So hat auch der Staat keine Eigentumsrechte an der Institution Universität,
obwohl er sie zu wesentlichen Teilen finanziert. Deswegen ist in diesem Fall nicht von
shareholdern im Sinne von Anteilseignern auszugehen, sondern von Stakeholdern.
Bei unverantwortlichem Handeln oder unzureichender Leistung werden die
Funktionsträger der Universität der Zukunft von Sanktionen bis hin zur Auflösung des
Arbeitsverhältnisses bedroht sein.
Um das Prinzip der verantworteten Selbstständigkeit realisieren zu können, bedarf es
zweier Voraussetzungen:
8
•
Erste, ideelle Voraussetzung ist ein Bewusstsein der Organisation Universität
über ihre Aufgaben, welchen Werten sie verpflichtet ist, welches ihre
Handlungsmöglichkeiten sind und welche Ziele sie verfolgt. Nur mit diesem
Selbstverständnis kann die Universität der Zukunft die Verantwortung für
selbstständiges Handeln übernehmen.
•
Die zweite, praktische Voraussetzung ist die entsprechende Ermächtigung der
Verantwortungs- und Entscheidungsträger in der Universität. Sie müssen das
Bieri, S. (2001).
20
Recht und die Möglichkeit haben, selbstständig und im Einklang mit den Zielen
der Organisation Entscheidungen zu treffen, die sie vor dem Universitätsrat
verantworten werden.
Die weitgehende Handlungsautonomie in den wesentlichen Fragen ist eng an die
Verpflichtung der Universitätsleitung geknüpft, das gesamte Handeln, inhaltlich wie
ökonomisch, vor den Stakeholdern rechtfertigen zu müssen. Die verantwortete
Selbstständigkeit als Prinzip muss die Universität von oben nach unten durchdringen.
Sie kann nicht von oben verordnet werden, sondern muss in den
Organisationseinheiten gelebt werden.
Auf keinen Fall soll in der Universität der Zukunft allein der Staat bestimmen, wie die
Organisation gestaltet ist und in welcher Form sie ihren Auftrag wahrnimmt. Ebenso
wenig trifft der Staat die Entscheidung über die Besetzung der Universitätsleitung, die
Auswahl der Professoren und der Mitarbeiter. Die Einsetzung der Universitätsleitung
erfolgt durch den Universitätsrat, in dem sich die Stakeholder zusammenfinden. Im
diesem Universitätsrat ist auch der Staat als einer der Stakeholder repräsentiert.
Was die Rechtsform der Universität der Zukunft anbelangt, wird diese hauptsächlich
davon abhängen, wer Träger oder Hauptfinanzier ist. Es gibt mehrere Gutachten zur
Frage möglicher Rechtsformen von Universitäten auf Basis der heutigen
Gesetzeslage. Hier sei beispielsweise auf das Gutachten über Zulässigkeit, Grenzen
und Folgen der Hochschulprivatisierung von Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen aus dem
Jahr 2000 hingewiesen. Professor Erichsen, ehemaliger Präsident der
Hochschulrektorenkonferenz, kommt zu der Schlussfolgerung, dass insbesondere die
AG, GmbH, Stiftung und der eingetragene Verein schon heute mögliche Rechtsformen
für die Universität darstellen.
2. Ökonomisches Prinzip
Die Universität muss analysieren und festlegen, wie Erfolg in ihrem speziellen Fall zu
definieren ist.
Wenn Universitäten auch keine Wirtschaftsunternehmen sind, so können sie doch
durchaus als Unternehmungen betrachtet werden. Die Universität als
Dienstleistungsbetrieb zu interpretieren, ist ein Ansatz, der bei Reformvorschlägen
immer wieder auftaucht. Die einzelnen Bereiche, Mitglieder oder Mitarbeiter tragen
jeder für sich und alle gemeinsam zur Leistungserstellung bei, egal ob es sich um
einen erfolgreich vermittelten Studiengang oder ein international relevantes
Forschungsergebnis handelt.
Dies bedeutet, dass die Arbeit von Universitäten und Unternehmen in ähnlichen
Prozessen abläuft. Daher ist es für die Universität sinnvoll, von
Wirtschaftsunternehmen zu lernen. In ihnen findet die Universität Vorbilder und bestpractises für die verschiedensten Geschäftsprozesse wie Personalwesen,
Kostenrechnung, Effizienzprinzipien, Preisgestaltung, Grundlagen für Make-or-buyEntscheidungen, Kundenorientierung, Dienstleistungsverständnis,
Qualitätsmanagement, Planungsprozesse, Konkurrenzbeobachtung, Marketing und
dergleichen mehr.
21
Die Universität der Zukunft darf jedoch nicht ökonomisiert werden. Sie muss als
Institution keine Gewinne erwirtschaften, insbesondere wenn sie wesentliche Anteile
ihrer Mittel aus staatlichen Quellen erhält. Allerdings muss sie in ihrem gesamten
geschäftlichen Handeln unternehmerischen Prinzipien folgen und auch in
Teilbereichen oder einzelnen Organisationseinheiten erfolgsorientiert arbeiten. Auf
jeden Fall muss sie für Transparenz in ihren Finanzen und für ein Rechnungswesen
sorgen, das ihr erlaubt, eine wettbewerbsfähige Marktstrategie für ihre Produkte zu
entwickeln.
Für eine sinnvolle und strategiegerechte Planung und Verteilung von Ressourcen
muss bekannt sein, wo welche Mittel verbraucht werden. Die Kosten für die Lehre und
Forschungsaktivitäten sowie den Aufwand für Verwaltung und andere interne
Dienstleistungen müssen in einer Kosten- und Leistungsrechnung abgebildet werden.
Als Ergebnis der Untersuchungen von Universitäten verschiedener Länder ist im
Folgenden eine Liste von möglichen Einnahmequellen zusammengestellt, die einer
Universität offen stehen. Im Kapitel Finanzen des Anhangs findet sich eine
ausführliche Darstellung der Realisierungsmöglichkeiten einzelner Einnahmearten und
Überlegungen zu deren Rentabilität. Die anschließende Aufzählung stellt lediglich eine
kurze Zusammenfassung dar:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
(8)
(9)
(10)
(11)
(12)
(13)
(14)
Studiengebühren für die Erstausbildung
Auftragsausbildung
wissenschaftliche Weiterbildung
Beratung, Erstellung von Gutachten
öffentlich geförderte Forschung
Auftragsforschung
Vermietung von Anlagen und Räumen
sonstige wissenschaftliche Dienstleistungen wie Spezialmessungen,
Spezialanalytik
Lizenzierung
Unternehmensbeteiligungen, insbesondere bei Spin-offs
Fundraising: Capital Campaign, Annual Giving
Vermögenserträge
Handelsaktivitäten wie Merchandising und Gastronomie
Betrieb von Tagungsstätten wie Hotellerie und Gastronomie
Die Universität der Zukunft muss sich entscheiden, welche dieser Einnahmequellen für
ihre spezielle Situation sinnvoll und mit ihren Aufgaben verträglich sind. Die Universität
muss klären, welche Deckungsbeiträge sie erzielen kann und wo sich der
akademische Betrieb und das Erzielen von zusätzlichen Einnahmen sinnvoll
verknüpfen lassen. Auch der Standort einer Universität fließt in Überlegungen dieser
Art mit ein. Befindet sich die Universität in einem strukturschwachen Gebiet,
wirtschaftlichen Ballungsraum oder an einem touristisch attraktivem Standort? Gibt es
ausbaufähige Beziehungen zur Wirtschaft? Macht das Fächerspektrum Einnahmen
aus Lizenzierungen wahrscheinlich? Diese und weitere Fragen werden beeinflussen,
für welche unternehmerischen Tätigkeiten sich die Universität entscheidet.
Die Universität muss analysieren, wie sich der Ausbau von verschiedenen
Einnahmequellen auf die Organisation auswirkt. Welche Voraussetzungen muss eine
22
Universität erfüllen, die erfolgreich Fundraising betreiben will? Was ist die Auswirkung
auf das Forschungsprogramm der Universität, wenn sie auf Auftragsforschung als
Einnahmequelle setzt? Was bedeutet es, wenn die Universität sich zum Ziel setzt,
verstärkt wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen?
Hat die Universität diese Fragen beantwortet, kann sie entscheiden, welche der
Einnahmemöglichkeiten mit ihrer Strategie vereinbar sind, welchen Nutzen oder auch
Gefahren diese unternehmerischen Aktivitäten mit sich bringen und wie hoch der
immaterielle Zusatznutzen wie Image, Kontakte, Publizität für die Universität sein wird.
Darüber hinaus gilt es noch zu klären, welche Investitionen die Universität tätigen
muss, um derartige Aktivitäten zu starten und zu welchem Zeitpunkt mit ersten
Rückflüssen zu rechnen ist.
Es besteht die Gefahr, dass in der Universität ein Konflikt zwischen dem
ökonomischen Prinzip auf der einen und dem Handlungsprinzip der verantworteten
Selbstständigkeit auf der andern Seite entsteht. Lässt sich die Universitätsleitung stark
vom ökonomischen Prinzip leiten, so werden u. U. wirtschaftlich kalkulierbare
Aktivitäten bevorzugt und wissenschaftliche Bereiche der Universität vernachlässigt.
Die Universitätsleitung hat die große Verantwortung, ein Gleichgewicht zwischen den
Prinzipien herzustellen. Der Anreiz zur Erforschung wissenschaftlicher Fragen darf
nicht ausschließlich von der erwarteten ökonomischen Verwertbarkeit der Ergebnisse
abhängen. Auch immaterieller, abstrakter oder indirekter Nutzen durch
Erkenntnisgewinn muss ebenso bei der Entscheidung für Forschungsthemen und
Ausbildungsinhalte in Betracht gezogen werden.
Der Umgang mit der Ressource Wissen ist in der Universität von grundsätzlicher
Bedeutung, die jede Universität individuell im Rahmen ihrer Strategie klären muss.
Wissen vermehrt und vergrößert sich durch Teilen. Infolgedessen ist Wissen das
Gegenteil eines Gutes, das durch Benutzung oder Verwendung aufgezehrt wird.
Deswegen hat die Universität und jedes Mitglied die Verpflichtung, das vorhandene
Wissen mit anderen auszutauschen und zu teilen. Dieser Austausch wird durch die
Lehre, durch Veröffentlichungen, Veranstaltungen für Wissenschaftler und die
interessierte Öffentlichkeit sowie Kooperationen mit anderen Forschungseinrichtungen
gewährleistet. Wissen generiert so einen monetär nicht exakt bestimmbaren Ertrag,
der für die intellektuelle Organisation Universität von grundlegender Bedeutung ist.
Diese Eigenschaften des Gutes Wissen können jedoch auch zu Konflikten führen,
wenn die Universität versucht, in Kooperationen mit der Wirtschaft aufgrund ihres
Wissens konkrete monetäre Erträge zu erzielen. Dies erfordert meist Geheimhaltung
und gezielte Weitergabe von Informationen an einen exklusiven Empfängerkreis,
beispielsweise Kunden. In diesem Fall wird das Wissen zumindest für einige Zeit der
Gemeinschaft der Wissenschaftler vorenthalten und nicht in den wissenschaftlichen
Diskurs eingespeist. Aktivitäten, die darauf abzielen, aus Wissen materielle Erträge zu
erzielen, können demnach u. U. immaterielle Erträge von Wissen verringern.
Ein viel diskutiertes Beispiel für eine solche Konfliktsituation ist die Vereinbarung des
Department für Pflanzen und Mikrobiologie der University of California Berkeley mit
dem Novartiskonzern. Die Abteilung erhält über fünf Jahre insgesamt 25 Millionen
Dollar Forschungsgelder von Novartis. Im Gegenzug verlangte der Konzern
wesentliche Mitspracherechte, welche Forschungsprojekte gefördert werden sollten.
Da die Novartis-Gelder ca. ein Drittel des Gesamtetats des Departments ausmachen,
23
wird einem privatwirtschaftlichen Konzern hier umfangreiche Einflussnahme auf die
Forschungsstrategie eines großen Departments eingeräumt. Außerdem hat Novartis
das Recht, Veröffentlichungen von Wissenschaftlern aus dem gesamten Department
30 Tage vor deren Veröffentlichung einzusehen und die Veröffentlichung
gegebenenfalls um weitere 60 Tage zu verschieben. Der Konzern kann die Universität
bitten, auf bestimmte Entdeckungen Patente anzumelden und besitzt somit das
Vorkaufsrecht für die Lizenz. Der wissenschaftliche Vorteil für das beteiligte
Department ist, dass die Wissenschaftler Zugang zu nicht-öffentlichen Daten und
Informationen von Novartis erhalten. Diese Einschränkung des wissenschaftlichen
Austausches führt in den Augen betroffener Forscher zu einem Klima des Misstrauens
und der Geheimnistuerei, das einem produktiven wissenschaftlichen Dialog in jeder
Weise abträglich ist.
Einerseits ist die UC Berkeley auf Forschungsgelder aus der Industrie angewiesen,
um als arme staatliche Universität mit den reichen privaten Konkurrenten Stanford,
Harvard, Columbia und anderen in der Spitzenforschung mithalten zu können.
Andererseits können Verträge wie mit Novartis dahin führen, dass die nötige
wissenschaftliche Integrität und Offenheit vernachlässigt wird, die weltweit
unabdingbar für eine Spitzenposition in der Forschung ist.
Deshalb sollte, auch zur Minimierung der oben beschriebenen Konflikte, grundsätzlich
eine organisatorische Trennung des universitären Kerngeschäftes, der Lehre und
Forschung, von anderen, unternehmerischen Aktivitäten stattfinden. Diese sollten
grundsätzlich in eine privatrechtliche Gesellschaft, möglichst mit
Haftungsbeschränkung, ausgelagert werden9. Eine solche Gesellschaft kann als
Wirtschaftsunternehmen investieren, Risiken übernehmen und unternehmerisch
handeln. Sie kann sich dezidiert am Gewinn orientieren und in Konkurrenz zu anderen
Unternehmen auf dem Markt agieren. Die Gewinne, die unter Nutzung von
Ressourcen oder des Namens der Universität erzielt werden, sind wieder in die
Universität zu investieren. In der Gesamtansicht der Universität ist die Universitäts
GmbH stets nur Mittel zum Zweck. Beispiele für die Ausgliederung wirtschaftlicher
Aktivitäten sind z. B. die UvA Holding BV der Universität von Amsterdam oder die
TUM-Tech GmbH der TU München10.
9
Im folgenden Text wird eine Gesellschaft dieser Art der Einfachheit halber als Universitäts GmbH
bezeichnet. Dies bedeutet nicht, dass andere Gesellschaftsformen nicht auch denkbar sind.
10
Eine Beschreibung dieser Organisationen findet sich auf den Webseiten www.uvaholding.nl bzw.
www.tumtech.de.
24
3. Organisationsprinzip
Das Organisationsprinzip wird eine zentrale Steuerung, dezentrale inhaltliche
Verantwortung, organisatorisch getrennte Strukturen für Forschung und Lehre sowie
die organisatorische Ausgliederung aller kommerzieller Aktivitäten mit sich bringen.
Vor der Vorstellung des neu entwickelten Organisationsmodells wird auf die
derzeitigen best-practice Organisationsmodelle von Universitäten eingegangen. Das
erste ist das amerikanische, das derzeit weltweit als das erfolgreichste
Organisationsmodell für Universitäten betrachtet wird, nicht zuletzt deshalb, weil
amerikanische Institutionen das Feld der weltweit anerkannten Spitzeninstitutionen
dominieren. Wie oben schon ausgeführt, ist die Überlegenheit der amerikanischen
Spitzenuniversitäten nicht das Ergebnis ihrer Organisationsstruktur, sondern das
Resultat des harten nationalen Wettbewerbs in den USA. Als europäische Alternative
wird die ETH Zürich vorgestellt, die in Europa zweifelsohne zu den führenden
Forschungsuniversitäten gehört. Das dritte best-practice-Modell ist die Universität von
Amsterdam. Dort wurde nach den niederländischen Hochschulreformen in den 90er
Jahren ein matrixartiges Organisationsmodell eingeführt, das sich am weitesten vom
traditionellen Universitätsaufbau entfernt hat.
Das amerikanische Modell
In Europa wird derzeit das amerikanische Modell mit einem Präsidenten an der Spitze
einer mehrköpfigen Universitätsleitung, die Professional Schools, beispielsweise für
Medizin, Ingenieurwesen, Architektur, Management, Jura und den dazugehörigen
Fachabteilungen, den Departments, als die Lösung für die Probleme der deutschen
Universitäten propagiert. Seine Stärke gegenüber dem deutschen Modell ist die weit
fortgeschrittene Professionalisierung des Universitätsmanagements. Dazu gehören die
persönliche Ergebnisverantwortung, die die Universitätsleitung, die Präsidenten, VizePräsidenten, Provoste11 und Deans umfasst. Des Weiteren werden dazugezählt
unternehmensähnliche Budgetierungs- und Controllingverfahren, Kostenrechnung und
Administration sowie die Notwendigkeit, wesentliche Teile des Budgets selbst zu
verdienen. Letzteres müssen auch staatliche Universitäten. Die genannten und
weitere Faktoren tragen dazu bei, einen hohen Grad an strategischer Ausrichtung,
Effizienzorientierung und wirtschaftlichem Denken in den Hochschulleitungen und verwaltungen zu erzeugen. Gegenüber den Studierenden gibt es eine gut entwickelte
Dienstleistungs- und Servicekultur. Für die Universitäten sind sowohl die
Studiengebühren als auch spätere finanzielle Unterstützung durch die Alumni eine
wichtige Einkommensquelle. Dementsprechend aufmerksam wird der Student als
Kunde betreut.
Der hauptamtliche Dean wird nicht aus dem Kreis der Professoren gewählt, sondern
vom Präsidenten als leitender Angestellter eingesetzt. Er ist das Bindeglied zwischen
der Universitätsleitung und dem Fachbereich bzw. der Professional School. Seine
Aufgabe es ist, die Strategie der Universität in seinem Verantwortungsbereich
umzusetzen. Den Deans, denen die fachliche und finanzielle Verantwortung für den
Erfolg ihrer Departments inne ist, kommt für den Gesamterfolg einer amerikanischen
11
Der Provoste entspricht normalerweise dem Kanzler einer deutschen Universität.
25
Universität eine Schlüsselrolle zu. Die Funktion eines Deans zu übernehmen, ist ein
erfolgreicher Karriereschritt als Universitätsmanager. Die Position wird intern oder
extern besetzt und meistens befristet für fünf Jahre vergeben. Eine Verlängerung ist
möglich und bei Erfolg üblich. Als Qualifikation wird Managementerfahrung und eine
wissenschaftliche Karriere gefordert, die allerdings mit dem Eintritt in das
Universitätsmanagement vorübergehend oder endgültig beendet ist.
Jede Universität in den USA, ob staatlich oder privat, verfügt über einen Aufsichtsrat,
ein Board of Trustees oder Board of Regents, dessen Aufgabe es ist, die
Universitätsleitung einzusetzen und die Erfüllung des Leistungsauftrages der
Universität zu überwachen. Der Staat nimmt an staatlichen Universitäten über
Zielvereinbarungen und Budgetierung Einfluss, greift aber in das operative Geschehen
nicht ein.
Grundsätzlich berufen sich auch amerikanische Universitäten auf humboldtsches
Gedankengut. Sie haben sich von der klassischen Aufteilung der Universität in
akademische Fächer, dem Ideal vom Wissenschaftler als Lehrer und dem traditionellelitären Selbstverständnis, dass die Wissenschaftler besonderer Privilegien bedürfen,
nicht verabschiedet. Es gibt zwar überall etablierte Qualitätskontrollverfahren für die
Lehre und eine explizite Kundenorientierung in Richtung der Studierenden, doch auch
in den USA gelten die Interessen der Wissenschaftler mehr der Forschung als der
Lehre, denn dort können sie Reputation erwerben, ihren Marktwert erhöhen und
zusätzliche Einkommensquellen erschließen.
Organisation einer amerikanische Universität (Beispiel)
VP for Finances
President
President‘s Office
Provost / Executive Vice President
Provost‘s Office
VP for Research
Dean
School of Management
Dean
School of Engineering
VP for Academic Affairs
VP for Administration
Dean‘s Office
Faculty
Dean‘s Office
Faculty
Dean‘s Office
Dean
Faculty of Arts and Sciences
Faculty
Dean
Department of ........
Abb. 3: Organisation einer amerikanischen Universität
26
VP for ....
Das Organisationsmodell der ETH Zürich
Die Organisation der ETH folgt im wesentlichen dem amerikanischen Vorbild mit einer
entscheidungsstarken Universitätsleitung bestehend aus dem Präsidenten, dem
Rektor und zwei Vizepräsidenten sowie je einem hauptamtlichen Dekan an der Spitze
der 17 Fachbereiche. Wie in den USA werden Präsident und Vizepräsidenten vom
Aufsichtsgremium, dem ETH-Rat ernannt. Der Rektor wird dem ETH-Rat von den
Professoren aus dem Kreis der ordentlichen Professoren zur Wahl beantragt. Wie
bereits erwähnt, existiert ein wesentlicher Unterschied zwischen dem ETH-Rat und
dem Board of Trustees einer amerikanischen Universität: Der ETH-Rat ist
institutionalisiert. D. h., der Rat setzt sich zusammen aus ehrenamtlichen Mitgliedern,
die Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vertreten. Der Rat verfügt jedoch über eine
eigene Infrastruktur und einen festen Mitarbeiterstab. Infolgedessen gehen seine
Möglichkeiten, auf die ETH Zürich einzuwirken, weit über die eines reinen
Aufsichtsgremium hinaus.
Vereinfachtes Modell der Organisationsstruktur der ETH Zürich
Schulleitung
Rektor
Präsident
Vizepräsident
Forschung und
Wirtschaftsbeziehungen
Vizepräsident
Planung und Logistik
Sämtliche Planungs- und Verwaltungsaufgaben sind klar auf die Mitglieder der Schulleitung verteilt.
Der Präsident ist verantwortlich für die Beziehung zu den stakeholdern, und die Außendarstellung sowie personelle
Schlüsselentscheidungen. Alle anderen Aufgaben sind dem Rektor und den beiden Vizepräsidenten zugeordnet.
Fachbereiche
• 17 Departemente
• departmentsübergreifende Studiengänge
• interdisziplinäre Forschungsgemeinschaften
Abb. 4: vereinfachtes Modell der Organisationsstruktur der ETH Zürich
27
Das Matrix-Modell der Universität von Amsterdam
Die Niederländer haben im Zuge ihrer Hochschulreform in den neunziger Jahren
einige Elemente der amerikanischen Universitätskultur übernommen, insbesondere
die Ernennung der Universitätsleitung durch den Raad van Toezicht, den Aufsichtsrat,
der vom Wissenschaftsministerium mit ehrenamtlichen Mitgliedern besetzt wird.
Dieser Aufsichtsrat bestellt und entlässt die Hochschulleitung, schließt mit ihr Ziel- und
Leistungsvereinbarungen ab und wacht über deren Einhaltung. Wie in den USA hat
die Universitätsleitung eine starke Position innerhalb der Organisation, verknüpft mit
einer ausgeprägten persönlichen Ergebnisverantwortung. Die Universität von
Amsterdam, im folgenden UvA genannt, hat dies in ihrem Ansatz mit den Vorteilen
einer Matrixorganisation kombiniert, deren Vorteil z. B. kurze Informations- und
Kommunikationswege zwischen den Verantwortlichen sind. Die Matrixorganisation
eignet sich gut dafür, Verantwortung von oben nach unten zu delegieren. Sachliche
Probleme werden früh identifiziert und können von den Betroffenen direkt und in
Eigenverantwortung gelöst werden.
Vereinfachtes Modell der Organisationsstruktur der Universität von Amsterdam UvA
Aufgaben bezogene Organisationseinheiten
Allgemeine
Verwaltung
Hochschulleitung
Fakultätsverwaltung
Fakultät
FB 1
Fakultät
FB 2
FB 3
Fakultät
FB n
Institut für
Forschung
Durchführung
von Forschungsprojekten
Institut für Lehre
Konzeption und
Durchführung von
Studiengängen
Fachbezogene Organisationseinheiten
Abb. 5: vereinfachtes Modell der Organisationsstruktur der Universität von Amsterdam
UvA
Die Universität gliedert sich in sieben Fakultäten, die jeweils in Fachabteilungen
aufgeteilt sind. Auf eine Untergliederung in Ordinarien und Lehrstühle wurde komplett
verzichtet. Die fachlichen Abteilungen bilden das vertikale Organisationsprinzip. Das
horizontale Organisationsprinzip richtet sich nach den verschiedenen Aufgaben der
Universität. Es gibt also Institute für Lehre, Institute für Forschung und Institute für
geschäftliche Aktivitäten der Universität. Die Direktoren der Institute sind
28
verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung ihrer Organisationseinheiten und
verfügen über die zugeordneten finanziellen Ressourcen. Sie fordern von den
Fachabteilungen Personalressourcen für Lehrprogramme, Forschungsprojekte,
Weiterbildungsaufträge, etc. an und generieren so einen internen Markt für die
wissenschaftlichen Mitarbeiter. Die Verantwortung für deren Qualifikation und Leistung
liegt bei den Leitern der Fachabteilungen. Für ein gutes Gesamtergebnis der
Fachabteilung und die gleichmäßige Auslastung der Mitarbeiter müssen die
horizontalen und vertikalen Organisationseinheiten eng miteinander kooperieren.
Neben der Steigerung der Qualität, ausgelöst durch den internen Wettbewerb der
Wissenschaftler in einem Fachbereich, war es ein weiteres Ziel, die Einrichtung
interdisziplinärer Studienangebote bzw. Forschungsprojekte zu vereinfachen. Es
wurde erwartet, dass die Institutsdirektoren weniger einem Fachbereich als ihrer Lehroder Forschungsaufgabe verpflichtet sind.
Das Organisationsmodell für die Universität der Zukunft
“Structure follows strategy“ ist der Leitgedanke bei der organisatorischen Gestaltung
der Universität der Zukunft. Abhängig von der gewählten strategischen Ausrichtung,
den Schwerpunkten, Produkten und angestrebten Kundengruppen wird eine
bestimmte Organisationsform gewählt. Konzentriert sich beispielsweise eine
Universität auf die Lehre, so müssen die Lehrtätigkeit und die Kunden für die
Lehrprodukte, die Studierenden, im Mittelpunkt stehen. Alle anderen
Organisationseinheiten müssen so gestaltet werden, dass sie diese Aktivitäten optimal
stützen. Setzt die Universität fachliche Schwerpunkte, so müssen sich diese folglich in
der Organisationsstruktur widerspiegeln.
Das Prinzip der verantworteten Selbstständigkeit soll nach außen demonstriert werden
und sich in der Organisation durch alle Ebenen ziehen. Die Mitarbeiter der Universität
sollen bezogen auf ihre jeweiligen Aufgaben maximale Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit genießen, jedoch stets verknüpft mit der Verpflichtung,
Rechenschaft über ihre Leistungen ablegen zu müssen. Dies geschieht in
Leistungsbeurteilungen oder Mitarbeitergesprächen verbunden mit Belohnungs- und
Sanktionsmöglichkeiten.
Das Bekenntnis zur Strategieorientierung hat zur Folge, dass die Kernaufgaben der
Universität, Lehre und Forschung, organisatorisch getrennt werden müssen, denn eine
erfolgreiche Forschungs- und eine erfolgreiche Lehrstrategie zeichnen sich meist
durch inkompatible Anforderungen an die Organisation aus. So wird es möglich sein,
z. B. die Forschungsstrategie zu ändern, ohne dabei zwangsläufig die Inhalte der
Lehre zu berühren. Ebenso folgt daraus, dass, wie bereits im Kapitel über das
ökonomische Prinzip beschrieben, unternehmerische Tätigkeiten, die nicht direkt dem
Hauptzweck der Universität zugeordnet werden können, in eine Universitäts GmbH
ausgelagert werden.
Bereits die Struktur der UvA greift Organisationsprinzipien aus der Wirtschaft auf. Die
Universität der Zukunft geht noch einen Schritt weiter. Sie trennt die originären
Aufgaben der Universität, Lehre und Forschung, organisatorisch voneinander und
betrachtet sie als eigenständige Geschäftsbereiche. Die Lehraktivitäten sind in einer
oder mehreren Schulen, im Sinne der professional schools amerikanischer
29
Universitäten, organisiert, während die Forschungsaktivitäten in Forschungsinstituten
angesiedelt sind. Kommerzielle Aktivitäten sollen in privatrechtliche Einheiten
ausgelagert werden, deren Gesellschafter oder Eigner die Universität ist. Wie in den
bereits dargestellten Organisationsmodellen heute erfolgreicher Universitäten werden
die für den Erfolg der Untereinheiten Verantwortlichen mit hauptamtlichen erfahrenen
Experten besetzt und eigenen Managementteams gestärkt. Auch die Universität der
Zukunft wird ein Aufsichtsgremium haben, das die Stakeholder repräsentiert. Dieses
Gremium hat die Aufgabe, die Universitätsleitung einzusetzen und zu entlassen sowie
mit dieser Leistungsvereinbarungen zu treffen und deren Erfüllung zu überprüfen.
Vereinfachtes Organisationsmodell für die Universität der Zukunft
Universitätsrat
Universitätsleitung
z.B. Präsident, Geschäftsführer, Rektor
Uni GmbH
Geschäftsführer
Lehrzentrum
Forschungszentrum
Schule 1
Dekan
Institut 1
Wissenschaftl. Leiter
Geschäftsführer
Schule 2
Institut 2
Schule n
Institut n
Universitätsmanagementgruppe
mit Dienstleistungszentren
•
•
•
•
Personalwesen Leiter
Rechnungswesen Leiter
Facility Management Leiter
Marketing und
Öffentlichkeitsarbeit Leiter
• EDV Leiter
• etc.
Abb. 6: vereinfachtes Organisationsmodell der Universität der Zukunft
Die Universität der Zukunft greift dabei Elemente aus dem amerikanischen wie dem
niederländischen Modell auf. Im Vergleich zum derzeitigen Organisationsmodell
deutscher Universitäten werden die Managementbereiche stark aufgewertet und die
Bereiche Lehre und Forschung konsequent von allen administrativen Aufgaben befreit.
Ziel dieser Umverteilung und Neugewichtung von Verwaltungsaufgaben ist nicht die
Schaffung einer ausgeprägten zentralen Bürokratie, die Vorschriften und
Handlungsanweisungen erlässt, sondern eine ergebnisorientierte Serviceeinheit mit
ausgeprägtem Dienstleistungscharakter12.
Die Schulen müssen in Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung die Lehrstrategie
entwickeln und umsetzen, die Institute in Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung
die Forschungsstrategie. Die Universitätsleitung hat die wesentliche Aufgabe, aus den
Einzelstrategien der Bereiche Lehre und Forschung unter Berücksichtigung der
12
Ausführlich diskutiert wird eine Gestaltung der Universitätsverwaltung als Dienstleistungsanbieter in
Küpper, H.-U./Sinz, E. (Hg., 1998).
30
finanziellen Möglichkeiten und des Bedarfs der Stakeholder, die der Universitätsrat
formuliert, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, diese auf allen Bereichen der
Universität zu kommunizieren und ihre Realisierung zu ermöglichen.
Als eine Möglichkeit kann die Balanced Scorecard, im folgenden BSC genannt, als
strategisches Planungs- und Kommunikationsinstrument eingeführt werden. Das
besondere Potenzial der BSC liegt in der Verknüpfung von strategischen und
inhaltlichen Zielen mit messbaren Kennzahlen, ergänzt durch das Prinzip der
Steuerung mittels Zielvereinbarungen quer durch alle Organisationseinheiten. Die
BSC macht sichtbar, wie gut ein Unternehmen oder eine Universität Strategien
umsetzt und die selbst gesetzten Ziele erreicht. Die BSC kommuniziert in allen
Organisationseinheiten Teilstrategien und Teilziele und stellt dadurch sicher, dass alle
Teile des Unternehmens in die Umsetzung der Gesamtstrategie integriert sind.
Strategiefindungs- und Konsensprozesse in der Universität der Zukunft
Universitätsleitung
Präsident, Vizepräsidenten mit verschiedenen Ressorts
Schule 1
Dekan
Schule 2
Schule n
• Weiterentwicklung Teilstrategie
Lehre
• Umsetzungskonzepte für die
Universitätsstrategie in der Lehre
• Marktanalysen
Lehrzentrum
Lehrstrategie
Forschungsstrategie
Finanzierungsstrategie
Servicekonzept
Projektgruppen
Arbeitskreise
• Weiterentwicklung Teilstrategie
Forschung
• Umsetzungskonzepte für die
Universitätsstrategie in der
Forschung
• Marktanalysen
• übergeordnete strategische Ziele
• Integration der Teilstrategien in Lehre und
Forschung in Gesamtkonzept
Forschungszentrum
Institut 1
Wissenschaftl. Leiter
Geschäftsführer
Institut 2
Institut n
Umsetzungskonzept für die
Management - und
Dienstleistungsstrategie
Individuell
vereinbartes internes
Dienstleistungsangebot
Universitätsmanagementgruppe /
Dienstleistungszentren
Bereichsleiter
Individuell
vereinbartes internes
Dienstleistungsangebot
Abb. 7: Strategiefindungs- und Konsensprozesse in der Universität der Zukunft
In die BSC lässt sich auch eines der bewährten Kostenrechnungssysteme einbetten.
Ohne die Einführung eines modernen und wirtschaftsnahen Kostenrechnungssystems,
das die produkt- und prozessbezogene Darstellung anfallender Kosten des
Universitätsbetriebes ermöglicht, wird die Universität nicht in der Lage sein, ihre
inhaltlichen und finanziellen Strategien durch eine zielgerichtete Finanzplanung und
eine realistische Preispolitik zu unterstützen. Eine ausführliche Erläuterung des
Instrumentes Balanced Scorecard ist im Anhang C zu finden.
31
Für die erfolgreiche Umsetzung der Universitätsstrategie in allen organisatorischen
Einheiten ist es eine wichtige Entscheidung, ob Management- und
Verwaltungsaufgaben zentral bzw. dezentral verteilt werden. Es gilt hier, einen der
Kultur der jeweiligen Institution angemessenen Mix zwischen zentralen und
dezentralen Organisationsstrukturen zu finden. Ziel ist es, auf der einen Seite
übergeordnete strategische Ziele in alle Organisationseinheiten zu tragen und
Einsparpotenziale bzw. Effizienzsteigerungsmöglichkeiten zu nutzen. Auf der anderen
Seite sollen die Organisationseinheiten maximale Entscheidungs- und
Handlungsfreiheit bekommen, sie sollen sich nicht gegängelt fühlen, sondern
selbstbewusst ihre eigene Entwicklung vorantreiben. Die wissenschaftliche Betätigung
darf nicht durch Zentralismus und Bürokratie behindert werden.
Eine Standardlösung für das ideale Verhältnis von zentraler und dezentraler
Verantwortung existiert nicht. In einer Umbruchsituation kann es sinnvoll sein,
Aufgaben zentral zu lösen, die in einer stabilen Phase besser dezentral angegangen
werden. Letztendlich muss die Universitätsleitung entscheiden, welchen Ansatz sie
verfolgt. Wichtig ist, dass diese Entscheidungen, insbesondere wenn eine Stelle neu
besetzt wird oder sich Forschungs- bzw. Lehrprogramme ändern, hinterfragt und
hinsichtlich ihrer Tauglichkeit überprüft werden.
32
II. Die Universität der Zukunft als Forschungsuniversität
Nachdem im ersten Teil erläutert wurde, welche Anforderungen an die Organisation
Universität der Zukunft gestellt werden, sollen jetzt Teilstrategien für
Managementaufgaben entwickelt werden.
Im Entwicklungsprozess stellte sich heraus, dass unterschiedliche strategische
Optionen entstehen, die verschiedene Universitäten mit prägnanter fachlicher
Ausrichtung und Konzentration auf bestimmte Marktsegmente im Lehrangebot nach
sich ziehen. Deshalb wird im Fortgang die Universität der Zukunft am Beispiel einer
Forschungsuniversität vorgestellt. Diese Differenzierung ist notwendig, da heute die
Ausbildung zum Wissenschaftler im Massenbetrieb erfolgt, obwohl die Mehrheit der
Studierenden, etwa 80 %, nicht in der Forschung tätig sein wird. Neben der
Forschungsuniversität als Universität der Zukunft gibt es noch weitere
Organisationsmodelle für Universitäten, die gleichberechtigt existieren werden. Diese
sind nicht Gegenstand der vorliegenden Betrachtung.
Die Forschungsuniversität ist eine fachlich fokussierte Universität, deren Ziel es ist, auf
dem Gebiet der Forschung mit ihren Themen internationale Anerkennung zu
erreichen. Dies prägt auch das Lehrangebot. Die Forschungsuniversität wird ihre
Studiengänge so gestalten, dass ausdrücklich Wissenschaftler ausgebildet werden.
Ihre Zielgruppe sind Studierende, die sich nach dem Studium wissenschaftlich
weiterqualifizieren und als Forscher arbeiten wollen. Dementsprechend sind ihre
Strategien ausgerichtet und ihre Ressourcen verteilt.
Heute reklamieren alle deutschen Universitäten den Anspruch für sich,
Forschungsuniversitäten zu sein. Der Anspruch leitet sich dabei hauptsächlich aus der
Bezeichnung Universität im Gegensatz zur Fachhochschule ab. Mit dem Konzept der
Forschungsuniversität der Zukunft sind die derzeitigen Universitäten jedoch nicht
deckungsgleich. Denn bislang haben die deutschen Universitäten keinen
thematischen Fokussierungsprozess durchlaufen. Ihre wissenschaftliche Arbeit
besteht zumeist aus unabhängigen Einzelprojekten, ohne durch ein gemeinsames
strategisches Ziel vereint zu sein. Ihre Studierenden streben, wie bereits erwähnt,
mehrheitlich keine wissenschaftlich Karriere in der Wissenschaft an, sondern erwarten
vom Studium eine hochqualifizierte Berufsausbildung.
Es gibt heute einige Universitäten, die gezielt mit der Betonung der Forschung ein
eigenes Profil entwickeln. Bei den von uns untersuchten Institutionen ist das
insbesondere das California Institute of Technology, das sogenannte CalTech in
Pasadena. Das CalTech ist mit ca. 2000 Studierenden eine vergleichsweise kleine
Universität. Bemerkenswert ist, dass über die Hälfte ihrer Studierenden Graduates
sind, d. h. einen PhD Grad, die Promotion anstreben. Es sind über 500
Wissenschaftler auf dem Campus tätig. In den angegliederten staatlich finanzierten Jet
Propulsion Labs sind nochmals etwa 5000 Beschäftigte tätig. 24 Nobelpreisträger
waren oder sind Mitglieder des CalTech. Die Zugangsanforderungen an Bewerber
sind sehr streng. Das Niveau der Lehrpläne ist fordernd. Diese Punkte setzt das
CalTech übrigens als Marketingargumente ein, um explizit die besten und
leistungsbereitesten Schulabsolventen anzusprechen. Im Vergleich dazu kann die TU
München bei ca. 20.000 Studierenden 480 Professoren und in ihrer Geschichte drei
Nobelpreisträger aufweisen. Mit dem beschriebenen Profil kommt das CalTech dem in
33
der Studie entwickelten Bild einer Forschungsuniversität am nächsten. Der stetige
Erfolg des CalTech seit den 40er Jahren beweist, dass diese Idee realisierbar ist.
Zusammenfassend ist festzustellen: Das übergeordnete Ziel der Universität der
Zukunft ist, sich als ausgeprägte Forschungsuniversität zu etablieren. Ihr Anspruch ist,
internationale Exzellenz zu erreichen und mit ihren Themen eine führende Rolle in der
Forschung zu übernehmen. Auch die Lehre an der Forschungsuniversität dient diesem
Ziel, indem sie sich darauf konzentriert, dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine
Ausbildung auf sehr hohem Niveau anzubieten.
Das Handlungsprinzip der verantworteten Selbstständigkeit
Dieses Handlungsprinzip spielt bei jeder unternehmerischen Entscheidung, die in der
Forschungsuniversität getroffen wird, eine entscheidende Rolle.
Die Forschungsuniversität entwickelt ausgehend von einer Analyse ihrer Stärken und
Schwächen in Lehre und Forschung, einer Marktanalyse und einer Zukunftsprognose
eine Strategie. Diese Strategie formuliert inhaltliche und organisatorische Ziele für
Forschung und Lehre:
•
Eine Universität, die sich das Ziel setzt, als Forschungsuniversität ihrem
gesellschaftlichen Auftrag nachzukommen, geht die Verpflichtung ein, einen
Beitrag zur Vermehrung und Weiterentwicklung des Wissens in der
Gesellschaft zu leisten. Gleichzeitig verpflichtet sie sich, wissenschaftliche
Exzellenz anzustreben. Da Spitzenforschung in einem internationalen Markt
stattfindet, muss ein entsprechender Qualitätsmaßstab angelegt werden.
In eigener Entscheidung fokussiert die Forschungsuniversität bestimmte Themen und
Lehrangebote:
•
Die Entscheidung, den Schwerpunkt auf die Forschung und Ausbildung von
Wissenschaftlern zu legen, führt dazu, höchste Qualität in Forschung und Lehre
anzustreben und die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.
In eigener Entscheidung legt die Forschungsuniversität Kapazitäten und benötigte
Ressourcen für Lehre und Forschung fest:
•
Dies erfordert hohe Investitionen in die Forschungsinfrastruktur und das
forschende Personal. Aufgrund dessen zeichnet sich ab, dass
Spitzenforschung auf international führendem Niveau sehr wahrscheinlich nicht
aus den immer knapper werdenden öffentlichen Mitteln zu finanzieren sein wird.
Als Konsequenz ihrer strategischen Entscheidungen steht die Universität der Zukunft
vor der Aufgabe, ein eigenes Konzept zur Finanzierung ihrer strategischen Pläne zu
entwickeln.
•
Die Forschungsuniversität wird in besonderem Maße darauf angewiesen sein,
ausreichende öffentliche und private Drittmittel zu erhalten sowie sonstige
Einkünfte zu erzielen.
34
Als Garant, dass die Universität bei den oben geschilderten Prozessen die
Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, den Stakeholder und den Geldgebern
nicht einseitig oder ungenügend übernimmt, muss die Forschungsuniversität als
Organisation regelmäßig vor ihrem Universitätsrat als repräsentativem Gremium der
o.g. Interessensgruppen ihre inhaltlichen, administrativen und ökonomischen
Entscheidungen erläutern und begründen.
Abhängig von ihren wissenschaftlichen Themen muss besonders die
Forschungsuniversität auch ihre inhaltlichen Entscheidungen sorgfältig abwägen und
begründen. Wissenschaftliche Themen können über sehr ausgeprägte ethische
Aspekte und große gesellschaftliche Relevanz, wie beispielsweise die derzeitige
Debatte um die Forschung an menschlichen Stammzellen, verfügen. Hier trägt die
Universitätsleitung die Verantwortung dafür, dass solchen Fragestellungen in der
Universität und im Dialog mit dem Universitätsrat ausreichend Raum gegeben wird.
Der bereits beschriebene Konflikt zwischen den gesetzten Exzellenz-Zielen in der
Forschung und der Möglichkeit, die nötigen Gelder einzuwerben, kann in der
Forschungsuniversität sehr bald zu Tage treten.
Zur Verteidigung ihres Charakters und Sicherung ihrer Strategien ist es daher für die
Forschungsuniversität wichtig, in ihrem Aufsichtsgremium neben Vertretern der
verschiedenen Stakeholder unbedingt Persönlichkeiten einzubinden, die
Forschungserfahrung vorweisen können und in ausgesuchten Forschungsthemen als
kompetente Mitglieder der Scientific Community gelten. Deren Aufgabe ist es, über die
Qualität der Forschungsaktivitäten und Einlösung des Exzellenz-Anspruches zu
wachen.
Strategieorientierung in der Forschungsuniversität
Die Mitglieder einer Forschungsuniversität müssen eine Forschungsstrategie
entwickeln, die kurz-, mittel- und langfristig angelegte Themenkomplexe zu einem
sinnvollen Mix verbindet. So werden die verschiedenen Interessen der Stakeholder
aus Wirtschaft, Scientific Community, Staat und Gesellschaft in der
Forschungsstrategie abgebildet. Diese Bedarfsorientierung fordert überdies, dass im
Themenkanon anwendungsnahe Themen, solche mit weniger direktem
Nutzungspotenzial und reine Grundlagenforschungsthemen sinnvoll miteinander
kombiniert werden.
Organisation
Die Forschung findet in Instituten statt. Diese sind wie außeruniversitäre
Forschungsinstitute in Abteilungen oder Projektgruppen organisiert, abhängig von der
Größe der Institute und der Breite bzw. Vielfalt der Forschungsaktivitäten. Für die
Lehre gründet die Universität eine oder mehrere Schulen im Sinne einer
amerikanischen University School. Verwandte Studiengänge werden in einer Schule
zusammengefasst. Bietet die Universität mehrere Ausbildungsgängen , die sich stark
unterscheiden, können auch mehrere Schulen gegründet werden.
35
Die Institute der Forschungsuniversität sind zuständig für die Forschung, die Schulen
für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Grundsätzlich verfügen
Schulen und Institute über eigenes Personal. Es ist möglich, dass Mitarbeiter sowohl
an einer Schule als auch in einem Forschungsinstitut tätig sind bzw., dass Forscher
sich in der Lehre der Schulen engagieren.
Ein zusätzliches Merkmal der Lehre an einer Forschungsuniversität ist, dass die
Studierenden vom Beginn ihres Studiums an in Forschungsprojekte involviert sind und
regelmäßig an Projekten der Forschungsinstitute mitarbeiten. Derzeit müssen
Studierende frühestens ab der Diplom- oder Magisterarbeit selbstständig
wissenschaftlich arbeiten. Die späte Vorbereitung auf diese Aufgabe schlägt sich
häufig in langen Bearbeitungszeiten und Fristverlängerungen nieder. In der
zukünftigen Forschungsuniversität sind die Studierenden vom ersten Semester an mit
wachsender Verantwortung in konkrete Forschungsprojekte eingebunden. In
Kombination mit den theoretischen Lehrinhalten erhalten sie eine Art duale Ausbildung
zum Wissenschaftler und sind auf eine Karriere in der Forschung optimal vorbereitet.
Der hervorragend ausgebildete wissenschaftliche Nachwuchs trägt dazu bei, die
zukünftige Exzellenz der Forschungsuniversität zu sichern. In der Lehre muss das Ziel
sein, internationale Anziehungskraft für Studierende zu entwickeln. Neben den
Inhalten der Studiengänge sind auch die Zugangsbedingungen bzw.
Auswahlverfahren der Studierenden entscheidend für das Niveau in der Lehre. Ziel
muss sein, die talentiertesten Bewerber für wissenschaftliches Arbeiten unter den
grundsätzlich Geeigneten zu finden.
Verwaltung, technische oder wissenschaftliche Dienstleistungen werden von
Servicezentren erbracht. Für sie sind die Institute, Schulen, Projektgruppen oder
Mitglieder der Universität interne Kunden. Die Servicezentren sind direkt der
Universitätsleitung unterstellt. Dieses Konzept ist so angelegt, dass es Raum für
verschiedene strategische Entwicklungen und die Betonung einzelner
Organisationseinheiten bietet.
Die unternehmerische Bewirtschaftung einer Forschungsuniversität
Die von der Außenwelt wahrgenommenen Erfolge einer Forschungsuniversität sind
die Forschungsergebnisse und Ausbildung von Wissenschaftlern. Auch bei der
Verteilung von Ressourcen stehen dementsprechend Forschung und Ausbildung des
wissenschaftlichen Nachwuchses ganz oben. Sind die Mittel knapp, wird dort zuletzt
gespart. Alle anderen Tätigkeiten müssen diese beiden Kernbereiche optimal
unterstützen.
Die Entscheidung, welche Themen mit welcher Personalkapazität und Infrastruktur
ausgebaut werden sollen, wird von zwei Faktoren bestimmt: Zum einen muss auf der
inhaltlichen Seite das internationale Forschungsgeschehen im Kontext mit den
ausgewählten Themen analysiert werden. Zum anderen müssen die geeigneten
Unterthemen mit Zukunftspotenzial festgelegt werden. Diese wiederum müssen ideal
zum fachlichen Profil und zur bereits existierenden Kompetenz passen sowie der
Universität eine Spitzenposition in Aussicht stellen. Erst dann wird entschieden, wie
groß erfolgreiche Arbeitsgruppen sein müssen, um international konkurrenzfähig zu
sein.
36
Im nächsten Schritt wird festgelegt, was an technischer Infrastruktur nötig ist, und mit
welchen Investitions- und Instandhaltungskosten mittel- und langfristig gerechnet
werden muss.
Wenn diese Entscheidungen getroffen sind, können die zu erwartenden Kosten
ermittelt und ein Plan ausgearbeitet werden, in welchem Umfang und aus welchen
Geldquellen die Forschungsarbeit finanziert werden kann, und welchen Anteil der
Mittel die Universität erwirtschaften muss.
Die Voraussetzungen dafür sind:
-
belastbare Kosten- und Leistungsrechnung
Die Universität muss genaue Kenntnis über die Höhe und Art der Kosten
besitzen, die in den einzelnen Bereichen der Universität anfallen. In
Abhängigkeit davon müssen Überlegungen angestellt werden, welche
Investitionen unter der Maßgabe der Wirtschaftlichkeit der wissenschaftlichen
Ausstattung oder dem Personalstand zugute kommen.
-
Projektmanagement
Die professionelle und ökonomische Durchführung sämtlicher
Forschungsvorhaben muss sichergestellt sein. Jedem Forschungsprojekt muss
eine Kostenplanung und ein Finanzierungskonzept zugrunde liegen. Außerdem
muss bei jedem Forschungsvorhaben beschrieben werden, wie es sich
inhaltlich in die Gesamtforschungsstrategie der Universität einfügt.
-
Nutzung des Outsourcing-Potenzials
Eine kritische Überprüfung dessen, welche Tätigkeiten von externen
Lieferanten übernommen werden können, hilft zu ermitteln, welche Aktivitäten
eingekauft werden können. So kann die Infrastruktur der Universität verkleinert
werden bzw. es können Kosten eingespart werden. Dies können vorbereitende
Arbeiten in der Forschung sein, aber auch Lehrtätigkeiten, die reine fachliche
Fertigkeiten vermitteln wie Programmieren, Fremdsprachen, Buchhaltung und
dergleichen.
-
Nutzung des Kooperationspotenzials
Wenn das Motiv für Outsourcing mehr ökonomischer Natur ist, dann sind
Kooperationen mit gleichwertigen Partnern von inhaltlichem Interesse. Die
Universität muss die Möglichkeiten prüfen, wie sie durch Kooperation mit
anderen Universitäten die Qualität steigern, neue Produkte entwickeln und evtl.
die Kosten senken kann. Dadurch, dass dies in Kooperation mit Externen
geschieht, kann z. B. das Lehrangebot verbreitert werden, ohne die eigene
Beschränkung auf das Kerngeschäft aufzugeben.
37
A. Strategie
Da es unwahrscheinlich ist, mit begrenzten Mitteln innerhalb eines sehr breiten
Spektrums von Fächern und Themen internationale Exzellenz zu erreichen, benötigt
jede Forschungsuniversität eine vorausschauende Strategie der thematischen
Fokussierung. Begrenzte Mittel erfordern, die vorhandenen Ressourcen so
einzusetzen, dass die Erreichung des strategischen Zieles optimal unterstützt wird.
Demzufolge grenzt die Universität ihre Angebote in der Forschung auf Kernthemen ein
und beschränkt sich in der Lehre auf das Segment Ausbildung von Wissenschaftlern
in diesen Kernthemen.
Für die Forschungsuniversität steht die Forschungsaufgabe und die Ausbildung von
zukünftigen Wissenschaftlern im Vordergrund. Die Konzentration auf fachliche
Schwerpunkte findet in der Forschung statt, während sich das Lehrangebot nach
dieser Konzentration ausrichtet. Die Forschungsuniversität macht auch in der Lehre
keine Qualitätsabstriche, denn Ziel der Lehre muss ebenfalls die Förderung der
Forschung sein, nicht die Lehrerausbildung oder eine ausgesprochene
Anwendungsorientierung.
Die Entscheidung, auf welche Themen sich die Forschungsuniversität in der
Forschung konzentriert und welche Inhalte in der Lehre angeboten werden, ist
ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg des gesamten universitären Konzeptes.
Um sie verantwortlich treffen zu können, muss die Universität
sich hinsichtlich ihres Qualitätsniveaus und ihrer Stärken, Schwächen und
Potenziale analysieren
ihre Märkte hinsichtlich der Angebote von Wettbewerbern, der Kundenstruktur
und des Kostengefüges untersuchen
die eigene Qualifikations- und Personalstruktur mit den Konkurrenten
vergleichen.
Für diese Schritte finden sich sowohl in der Industrie als auch im tertiären
Bildungsbereich Erfahrungen und Vorbilder, auf die eine Universität zurückgreifen
kann. Qualitätsbewertungen sind für die Universitäten in vielen Ländern Pflicht.
Benchmarking, der Vergleich mit konkurrierenden Einrichtungen bezogen auf
ausgewählte Kriterien wie Kosten, Qualität u. ä., ist ein Standardtool des Marketing.
Als best practice können z. B. die aktuellen Verfahren der britischen
Finanzierungsagentur HEFCE13 für Universitäten dienen, die jährlich die Lehre und
alle fünf Jahre die Forschungsleistung der Universitäten bewerten.
Entscheidend ist, dass die Universität, angespornt von ihrem Ziel, internationales
Renommee zu erreichen und Exzellenz zu demonstrieren, Evaluations- und
Qualitätssicherungsverfahren und –prozesse in Eigeninitiative einführt. Die Universität
wartet nicht darauf, bis diese von außen verlangt werden, sei es durch den Markt, der
Qualitätsmängel langfristig abstraft oder durch die Stakeholder.
13
Hinter HEFCE verbirgt sich Higher Education Funding Council for England.
38
1. Strategiefindungsprozess und Umsetzung
Es muss ermittelt werden, in welchen Fächern die Universität Stärken besitzt und
inwieweit diese Stärken für die thematische Weiterentwicklung in den entsprechenden
Fächern relevant sind. Bei den identifizierten Schwächen muss entschieden werden,
ob die betroffenen Fächer oder Themen im Zuge der Fokussierung aufgegeben
werden und so Ressourcen für die starken Disziplinen freigemacht werden können
oder ob die betreffenden Themen oder Fächer für die strategische Ausrichtung von
Bedeutung sind. Falls dies der Fall ist, müssen sie mit einem angemessenen Einsatz
von Ressourcen vorangetrieben werden. Die Bedeutung anwendungsnaher Themen
ist an einer technisch ausgerichteten Universität eine andere als an einer
geisteswissenschaftlichen. Doch auch bei letzterer können Themen mit direkter
gesellschaftlicher Relevanz, also anwendungsnahe, und reine Forschungsthemen
unterschieden werden.
Fächer und Themen, die zu den Grundlagen der Ausbildung zählen und daher nicht
direkt zu den ausgewählten Forschungsschwerpunkten beitragen wie
Methodenwissen, Grundlagen der Mathematik, Informatik, Fremdsprachen u. ä.,
werden nur in der Lehre angeboten. Gerade für diese Fächer ist es interessant,
Kooperationen mit anderen Universitäten, die sich entweder in der Nähe befinden oder
ein entsprechendes Online-Angebot an Kursen aufweisen, zu nutzen. Falls möglich,
kann die Forschungsuniversität aus dem Angebot ihrer Schwerpunktbereiche
ebenfalls solche Bildungsprodukte anbieten.
Erklärtes Ziel ist die Exzellenz in der Forschung. Die Forschungsuniversität muss
darauf hinarbeiten, das Niveau der Forschung stetig zu verbessern und im
internationalen Wettbewerb der Wissenschaft führend zu sein. Dies erfordert die
Entwicklung von Teilstrategien und Prozessen, die kontinuierlich auf eine Sicherung,
Überprüfung und Verbesserung des Niveaus in der Forschung hinwirken.
Eine Universität ist eine komplexe Organisation mit sehr aufwändigen Prozessen in
ihren beiden Kernbereichen. In den folgenden Kapiteln werden verschiedene
Teilstrategien diskutiert, die für das erfolgreiche Betreiben einer Forschungsuniversität
entscheidend sind. Dazu gehören das Führungssystem, die Markt- und
Kundenstrategie, Produktionsstrategien in Forschung und Lehre, die Finanz-,
Personal-, und Kommunikationsstrategie.
2. Organisation der Forschung
Die Organisation der Forschung wird so gestaltet, dass sie besonders dem
projektbezogenen wissenschaftlichen Arbeiten entgegenkommt. Die Aufgaben im
Forschungsbetrieb können grob in zwei Kategorien eingeteilt werden: Aufgaben der
ersten Kategorie sind von außen nicht sichtbar, für die Qualität der Forschung jedoch
wichtig. Es handelt sich hierbei um kontinuierlich anfallende Aufgaben, wie sie der
Betrieb eines Labors mit technischen Anlagen, die Unterhaltung und Pflege einer
Bibliothek, Datenbanken, EDV-Netzwerke und andere forschungsrelevante
Infrastruktur erforderlich macht. Für alle laufenden Forschungsprojekte besteht ein
Bedarf an bestimmten Wartungsaufgaben und Dienstleistungen. Diese Tätigkeiten, die
fortlaufend anfallen, sind Zuarbeiten für die Forschungsprojekte, deren Laufzeit und
39
Finanzierung meist zeitlich befristet ist. Die zweite Kategorie von Aufgaben sind
projektbezogene Arbeiten, die über einen begrenzten Zeitraum anfallen, oft einmaliger
Natur und teilweise schwer planbar sind.
Dazu kommt, dass die Finanzierung der Forschungsarbeit aus verschiedenen Quellen
fließt. Neben zeitlich befristeten und streng zweckgebundenen Drittmitteln gibt es eine
anteilige Grundfinanzierung, Sachspenden und dergleichen. Die Kostenrechnung,
Finanzplanung und ein aussagefähiges Controlling im Forschungsbereich sind
demnach sehr komplex. Um es den Forschern zu ermöglichen, Projektplanung und
-management verantwortungsvoll zu treiben, muss auf der finanziellen Seite ein hoher
Grad an Durchsichtigkeit hergestellt werden.
Auf der Personalebene ist typischerweise eine relativ hohe Personalfluktuation zu
verzeichnen, da viele Mitarbeiter promovieren oder gerade eine akademische Karriere
beginnen, die meist einen Universitätswechsel mit sich bringt. Mitarbeiter, die nicht
aus laufenden Projekten finanziert werden, sondern hauptsächlich für die
Aufrechterhaltung der oben beschriebenen Forschungsinfrastruktur verantwortlich
sind, können sich dagegen in langjährigen Beschäftigungsverhältnissen befinden, was
im Sinne einer Know-how-Sicherung auch wünschenswert ist.
Für die Organisation muss folglich eine Lösung gefunden werden, die einerseits die
Mischung aus Daueraufgaben und Projekttätigkeiten sinnvoll abbildet und andererseits
Durchsichtigkeit bei Zuständigkeiten und Verantwortung sicherstellt. Außerdem
erfordert die Forschung keine tiefen Hierarchien in der Organisation, sondern die
richtige Mischung aus erfahrenen Wissenschaftlern, Wissenschaftsmanagern,
zuverlässigem wissenschaftlichen Servicepersonal, jungen, kreativen Forschern und
international anerkannten Koryphäen.
Dies wird derzeit in Deutschland in außeruniversitären Instituten realisiert, die daher
als Vorbild für die Organisation universitärer Forschungsinstitute dienen können. Als
Vorbilder können die Institute der großen Forschungsgesellschaften dienen. Es gibt
aber auch hier neue Ansätze, wie z. B. die Organisation von Forschergruppen in der
Stiftung caesar in Bonn. Es erscheint sinnvoll, außeruniversitäre Institutionen aus dem
In- oder Ausland zum Vorbild zu nehmen, die über längere Zeiträume hinweg
Forschungsleistungen in exzellenter Qualität erbracht haben.
Die Forschungsaktivitäten werden abhängig von der Größe der Universität und dem
Themenspektrum in einem Institut oder mehreren Instituten organisiert. Institute sind
in Abteilungen und Projektgruppen unterteilt, kleine Institute nur in Projektgruppen. Die
Institute verfügen über eine eigene wissenschaftliche und finanzielle Planung. Sie
werden von einer Doppelspitze, bestehend aus einem wissenschaftlichem Leiter und
einem Geschäftsführer geführt. Sind die Institute sehr klein oder ist die Gesamtstruktur
der Universität sehr zentralisiert, wird nur eine wissenschaftliche Institutsleitung
installiert, die auch für die finanziellen Fragen verantwortlich ist. Dies hat zur Folge,
dass auf operativer Ebene die Wirtschaftsplanung, das Controlling, etc. von einem
Servicezentrum des zentralen Bereiches als interne Dienstleistungen durchgeführt
werden.
Jedem Institut ist ein Evaluationsgremium beigeordnet, dessen Besetzung die
Universitätsleitung und der Universitätsrat bestimmen. Seine Mitglieder sind externe
Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern. Dieses Gremium unterzieht das Institut
40
in mehrjährigen Abständen einer Evaluation hinsichtlich seiner wissenschaftlichen
Leistungen.
Diese Kooperationsmöglichkeit wird heute bereits zwischen verschiedenen
Universitäten und Max-Plank-Instituten genutzt, allerdings nur sehr selten. Einzelne
Forscher, Professoren und Studenten, profitieren zwar von diesen Kontakten, nicht
jedoch das inhaltliche Profil. Im Zuge der Vernetzung erhält der Institutsleiter mit dem
Lehrauftrag einen Professorentitel. Eine strukturelle Verflechtung wird damit nicht
eingegangen. Als Gegenbeispiel kann das CalTech angeführt werden. Dort ist der
Direktor des jet Propulsion Lab ex officio als Vizepräsident in die Universitätsleitung
eingebunden. Der Ansatz insgesamt muss sein, aus der Universitätsforschung heraus
Institute zu schaffen, die intern die Lehre inspirieren.
3. Organisation der Lehre
Der zweite Geschäftsbereich der Forschungsuniversität ist die Lehre. Das Ziel der
Lehre in einer Forschungsuniversität ist, Wissenschaftler auszubilden. Die inhaltliche
Orientierung ist nicht auf einen breiten Arbeitsmarkt in der Wirtschaft ausgerichtet, wie
z. B. bei der Ausbildung von Ingenieuren, sondern die Absolventen sollen
wissenschaftlich orientierte Nachwuchsforscher sein. Da die „Produktionsprozesse“ in
Forschung und Lehre sehr unterschiedlich sind, wird die Lehre organisatorisch von
den Forschungsaktivitäten getrennt. Sie wird in einer oder mehreren Schulen
organisiert, abhängig von der Größe der Universität und der Anzahl und
Verschiedenartigkeit der angebotenen Studiengänge. Die Schule ist verantwortlich für
die Inhalte, die Organisation und die Durchführung der Lehre. Sie erbringt die Lehre
als Dienstleistung für die Studierenden und bildet wissenschaftlichen Nachwuchs für
die eigene Forschung aus.
Die Studierenden sind kontinuierlich präsente Kunden, auf deren Bedarfe deutlich und
nachvollziehbar eingegangen werden muss. Sie stehen im Mittelpunkt der Lehre. Die
Zufriedenheit der Studierenden mit dem Leistungsangebot und die studentische
Beurteilung der Lehre bilden einen wichtigen Bestandteil der Qualitätsevaluation.
Diese Evaluationsergebnisse fließen in die Budgetverhandlungen der Schulen mit der
Universitätsleitung und in die Beurteilung der Mitarbeiter sowie Schulleiter ein.
Die Schulen werden von einem Studiendekan geleitet. Sie sind in Fachbereiche
gegliedert. Die Mitarbeiter der Schulen widmen sich vorrangig der Lehre. Neben
Erfahrung in wissenschaftlichem Arbeiten in ihren Fächern besitzen sie
überdurchschnittliche pädagogische Qualifikation. Der Grund dafür, dass an einer
explizit forschungsorientierten Universität die Lehre sehr stark betont wird, hängt damit
zusammen, dass in der wissenschaftlichen Grundausbildung ein erheblicher Anteil der
zu vermittelnden Kenntnisse Methoden und Grundwissen sind. Diese werden von
pädagogisch gut ausgebildeten Dozenten, die sich voll auf die Lehre konzentrieren
sehr effizient und zielgerichtet vermittelt.
Natürlich bedeutet die grundsätzliche organisatorische Trennung von Forschung und
Lehre nicht, dass die Studierenden keine Kontakte zur Forschung pflegen. Die
Studierenden werden ganz im Gegenteil vom ersten Semester an, wie bereits
erläutert, als Praktikanten und später als Mitarbeiter in Projekte der
41
Forschungsinstitute eingebunden. Teil des Lehrplans soll stets eine
Mindeststundenzahl Forschungsarbeit sein. Mit steigender Semesterzahl soll auch die
Komplexität der ihnen anvertrauten Aufgaben wachsen. Statt wissenschaftlicher
Trockenübungen in Praktika absolvieren die Studierenden der Forschungsuniversität
parallel zur theoretischen Ausbildung zum Wissenschaftler eine praktische Ausbildung
zum Forscher. Die Diplom- oder Masterarbeit stellt neben dem Nachweis der
Fähigkeit, wissenschaftlich arbeiten zu können auch das „Gesellenstück“ als Forscher
dar.
Wissenschaftler, die im universitären Forschungsinstitut arbeiten und Wert darauf
legen, über die Zusammenarbeit mit den Studierenden in Forschungsprojekten hinaus
auch in die Lehre eingebunden zu sein, können Seminare u. ä. anbieten, die in die
Lehrpläne der Studiengänge integriert werden.
Bei der Festlegung von Studieninhalten, Ausbildungskapazitäten, Zugangs– und
Prüfungsstandards wird der Studiendekan von einem Beratergremium unterstützt. In
diesem Gremium wirken die Universitätsleitung, die Fachbereichsleiter, interne und
externe Wissenschaftler sowie Vertreter aus der Wirtschaft mit. So soll einerseits die
Bedarfsorientierung, andererseits der Exzellenzanspruch realisiert werden.
Die Finanzierung der Schule besteht aus einer Grundfinanzierung aus dem
Gesamtbudget der Universität und zusätzlichen Mitteln abhängig von der Zahl der
Studierenden und der fachspezifischen Kosten der einzelnen Studiengänge. Werden
Studiengebühren erhoben, sollte für die Kunden, die Studierenden, transparent sein,
welchen Anteil an der Gesamtfinanzierung die Studiengebühren darstellen, und
welche Aufwendungen die Universität speziell für die Lehre tätigt.
In der Lehre einer thematisch spezialisierten Universität eröffnen sich sinnvolle
Ansätze für Outsourcing und Kooperationen. Diese beiden Instrumente sind
Möglichkeiten, das Lehrangebot zu erweitern ohne in Eigenleistung kostenintensive
Infrastrukturen aufbauen zu müssen, die nicht zu den Kernkompetenzen zählen und
im schlimmsten Fall nicht ausgelastet werden können. Gleichzeitig kann jede
Universität ihr Lehrangebot umso besser finanzieren, wenn dieses im Rahmen von
Kooperationskonzepten auch an die Studierenden von Partneruniversitäten gerichtet
ist.
4. Organisation des Managements und der Verwaltung
Das Universitätsmanagement und die Verwaltung werden eine wichtige und
erfolgsentscheidende Rolle in der Universität der Zukunft einnehmen. Sie müssen in
jeder Beziehung dafür sorgen, dass für Forschung und Lehre ein optimal
funktionierender Rahmen geschaffen wird. Ziel ist es, Forscher und Lehrende von
Aufgaben zu entlasten, die nicht direkt in ihre Kompetenzbereiche fallen. Diese
Aufgaben werden professionellen internen Dienstleistungsabteilungen übertragen. Bei
der Untersuchung als besonders erfolgreich geltender US-amerikanischer
Universitäten wird klar, dass diese im Management- und Verwaltungsbereich
unternehmensartig mit professionellen Fachkräften organisiert sind. Das Management
und die Verwaltung der Fakultäten und Fachbereiche wird nicht nebenbei von auf Zeit
gewählten Dekanen im Rotationsprinzip durchgeführt, sondern liegt in den Händen
42
hauptamtlicher, im Management ausgebildeter und erfahrener Fachleute. Diese
Vorgehensweise ist unabhängig davon, ob eine Universität ausgesprochen dezentral
ausgerichtet ist wie Harvard oder zentral auf eine starke Führung wie Stanford, um
zwei, der gerne zu Vergleichen herangezogenen Top-Universitäten zu nennen.
Das Spektrum von Management- und Verwaltungsaufgaben, die als Dienstleistung für
Forschung und Lehre angeboten werden, kann reichen
(1) von der Unterstützung bei der Vorbereitung von Förderanträgen für Drittmittel
über die Einwerbung von Industriemitteln für Forschungsprojekte bis zur
ausgereiften Fundraisingkampagne
(2) von Buchhaltung über Kosten- und Leistungsrechnung zum Controlling und
dem Projektmanagement; best practice in der Wirtschaft
(3) von EDV-Service über die Leitung der Bibliotheken bis zu
Recherchedienstleistungen; best practice in Forschungseinrichtungen und
Beratungsunternehmen
(4) von Wartung der Gebäudetechnik über Facilitymanagement bis zum
Labormanagement; best practice im Krankenhausmanagement
(5) von Durchführung der Zulassungsprüfungen über die Verwaltung der
Studierenden bis zu praktischen und psychologischen Beratungsangeboten für
die Studierenden
(6) von der Ausschreibung von Stellen, über die Einstellung und Weiterbildung der
Mitarbeiter bis zur Beratung bei der Beendigung von Arbeitsverträgen; best
practice in den Niederlanden, UvA Holding
(7) von Unterstützung bei der Patentierung von Erfindungen über die finanzielle
Unterstützung bei der Weiterentwicklung zu verkäuflichen oder lizenzierbaren
Produkten bis hin zur Unterstützung bei der Ausgründung bzw. Suche nach
Industriepartnern o. ä.; Vorbild MIT
(8) von der Entwicklung eines allgemeinen Corporate Designs über PR und
Pressearbeit, Marktanalysen bis hin zu vollständigen Marketingkonzepten für
die Universität und ihre Untereinheiten.
Das Universitätsmanagement und sämtliche Verwaltungs- oder
Dienstleistungsangebote werden in Form von internen Service-Centern strukturiert.
Die Universitätsleitung muss entscheiden, inwieweit die aufgezählten Aufgaben zentral
bzw. dezentral verteilt und verantwortet werden. Es gibt hier keine ideale Lösung oder
ein anerkanntes Vorbild. Die angebotenen Fächer, die Größe der Institution und die
Tradition der Universität werden für die jeweilige Entscheidung ausschlaggebend sein.
Wichtig ist, Entscheidungen dieser Art regelmäßig zu überprüfen und
Reorganisationen möglich zu machen vergleichbar dem Wechsel an der Spitze eines
Forschungsinstitutes, Fachbereiches oder einer Schule. An amerikanischen
Universitäten verfügt ein neu eingesetzter Präsident beispielsweise über die
Möglichkeit, neue Vizepräsidenten einzusetzen, also das universitäre Management
auszutauschen. Auch eine Umorganisation der Verantwortungsbereiche ist häufig die
Folge eines Wechsels an der Universitätsspitze.
Bei der Universität der Zukunft müssen die oben aufgeführten Dienstleistungen
möglichst zentral gehandhabt und stringent ausgeführt werden. Die erforderlichen
Optimierungsprozesse erstrecken sich auch auf eine konsequentere Darstellung der
Universität nach außen.
43
Die Servicestrategie der Dienstleistungszentren wird gemeinsam von der
Universitätsleitung, den Instituts- und Schulleitungen sowie den Leitungen der
Servicezentren festgelegt und regelmäßig weiterentwickelt. So sind die internen
Dienstleistungen bedarfs- und kundenorientiert. Vorbilder für die Vorhaltung zentraler
Servicedienstleistungen in Verwaltung und Management finden sich beispielsweise in
der Max-Planck- oder Fraunhofer-Gesellschaft.
B. Umsetzung der Strategie
Im Verantwortungsbereich der Universitätsleitung liegt es, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Ziele der Universität und der Einzelstrategien der Unternehmensbereiche
eine Universitätsstrategie auszuarbeiten. Die Universität analysiert eigene Stärken und
Schwächen sowie die Wettbewerbssituation von Universitäten und anderen
Mitbewerbern. Daraus wird ersichtlich, über welches Potenzial die Universität verfügt,
welche Stärken sie betonen und welche Schwächen sie bekämpfen muss.
Im Folgenden werden Teilstrategien mit unterschiedlichem Fokus wie Personal,
Finanzen, Produkte und dergleichen skizziert. Welcher dieser Ansatzpunkte
besonders relevant ist, entscheidet der Ist-Zustand der Universität. Mit der
grundsätzlichen Entscheidung für eine übergeordnete Universitätsstrategie sind die
Anforderungen an Teilstrategien festgelegt. Diese sind immer miteinander verknüpft.
Wenn eine Universität z. B. eine Gesamtstrategie entwickelt, die vorsieht, vorrangig
Akademiker für einen regionalen Arbeitsmarkt auszubilden, dann muss die
dazugehörige Produktstrategie auch explizit eine abgestimmte Palette von Studienund Weiterbildungsangeboten vorsehen, die speziell für den Bedarf der Wirtschaft und
der öffentlichen Arbeitgeber in dieser Region maßgeschneidert ist.
Im Folgenden werden Teilstrategien für Kundenorientierung, Produkte und
Produktionsprozesse, Finanzen, Personal und Kommunikation einer
Forschungsuniversität mit internationalem Exzellenzanspruch skizziert:
1. Leitungsstruktur
Die tragende und prägende Idee, die der Organisation der Universität der Zukunft
zugrunde liegen wird, ist das Prinzip der verantworteten Selbstständigkeit. Jeder
Akteur hat in seinem Zuständigkeitsbereich größtmögliche Verantwortung und
Entscheidungskompetenz. Als Gegengewicht für diese Autonomie muss jeder Akteur
sein Entscheidungshandeln im Hinblick auf die Ziele und die Strategie der Universität
regelmäßig rechtfertigen. Um diesen Ansatz mit Leben zu erfüllen, sollen möglichst
flache Hierarchien und wenige Entscheidungsebenen existieren. Auf jeder
Hierarchiestufe soll das Prinzip der verantworteten Selbstständigkeit konsequent
angewendet werden. Dafür benötigt die Universität eine Kultur der Offenheit und einen
konstanten Kommunikationsfluss zwischen den Hierarchieebenen14 und zwischen den
Unternehmensbereichen und ihren Unterabteilungen15. Eine ausgeprägte formelle und
14
15
Dies bezeichnet den vertikalen Fluss.
Dies bezeichnet den horizontalen Fluss.
44
informelle Kommunikationskultur trägt im korporativen Universitätsmodell
amerikanischer Privatuniversitäten wesentlich dazu bei, die formal mögliche direkte
Weisung zu einem nur selten in Konfliktfällen genutzten Instrument zu machen.
Kritische Entscheidungen werden in einem intensiven Meinungsbildungs- und
Kommunikationsprozess transparent und bekannt gemacht sowie mit allen Akteuren
auf den verschieden Hierarchieebenen, auch den Vertretern der Studierenden,
diskutiert. Dieser Diskurs zwischen den Ebenen beruht nicht auf gesetzlich
vorgeschriebenen Gremien o. ä., sondern scheint offensichtlich Teil der
amerikanischen Führungskultur zu sein, die jeder Stimme ein Recht gewährt, gehört
zu werden, selbst dann, wenn die Entscheidungen von wenigen Verantwortlichen
getroffen werden.
Die hier aufgeführten Hierarchiestufen einer Universität und ihre
Hauptverantwortlichkeiten sind kein verbindliches Konzept für eine real existierende
Universität. Sie sollen vielmehr den Gedanken der verantworteten Selbstständigkeit
und seine Ausprägung auf unterschiedlichen Ebenen verdeutlichen. In Abhängigkeit
von der Größe der Universität und der Anzahl ihrer wissenschaftlichen Institute bzw.
Schulen müssen die Bereiche integrierende Institutionen wie regelmäßige
Konferenzen der Dekane und Institutsleiter mit der Universitätsleitung etablieren. In
welcher Form die integrierende Kommunikation in realiter ausgestaltet werden wird,
muss jede Universität selbst entscheiden. Auf keinen Fall sollte die integrierende
Kommunikation vernachlässigt werden.
Universitätsrat - Aufgaben
Festlegung von übergeordneten Zielen
Auswahl, Einsetzung und Entlassung der Universitätsleitung
Zielvereinbarung mit der Universitätsleitung und Ergebniskontrolle hinsichtlich
übergeordneter Ziele
Festlegung der Einstellungs- und Berufungsverfahren der führenden
Wissenschaftler
Rechenschaftslegung an den Betreiber der Universität
Einsetzung von Evaluationsgremien für Forschung und Lehre.
Universitätsleitung - Aufgaben
Ausarbeitung einer Universitätsstrategie im Sinne der übergeordneten Ziele
Berichterstattung an den Universitätsrat
Implementierung der Strategie unter Verwendung der BSC
Auswahl, Einsetzung und Entlassung von Führungspersonal
Zielvereinbarungen mit dem Führungspersonal
Durchführung der Einstellungs- und Berufungsverfahren der führenden
Wissenschaftler und Dekane
Einwerbung von staatlichen, privaten und industriellen Drittmitteln
direkte Verantwortung für die Service-Abteilungen
Einsetzung von Kostenrechnungs- und Controllingverfahren
Qualitätssicherung
Vorschläge für die Mitglieder der Evaluationsgremien Forschung und Lehre
Rechenschaftslegung über Verwendung der finanziellen Mittel und Erfolg bei
der Implementierung der Universitätsstrategie gegenüber dem Universitätsrat
und/oder den Geldgebern.
45
Unternehmensbereich Forschung
Geschäftsführer/Institutsleiter - Aufgaben
Gemeinsame Verantwortung für die Arbeit der Forschungsinstitute
Ausarbeitung der Teilstrategie Forschung und Abstimmung mit der
Universitätsleitung
Realisierung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung und –steigerung
Leitung der kaufmännischen bzw. wissenschaftlichen Aktivitäten in
Abhängigkeit von Institutsgröße und Organisationsphilosophie der
Universität
Einwerbung von industriellen, privaten und staatlichen Drittmitteln
insbesondere für Projekte auf Institutsebene
Auswahl des Personals, dessen Aktivitäten ausschließlich vom jeweiligen
Institut zu verantworten sind
Vorschläge zu Personalentscheidungen über MA, die für die
Gesamtstrategie der Universität relevant sind wie führende Forscher und
Projektleiter in Abstimmung mit der Universitätsleitung und
Vorschlagsberechtigung der Institute
Zusammenarbeit mit den Studiendekanen bei der Erstellung von Lehrplänen
und Prüfungsordnungen
regelmäßige Selbstevaluation zur Vorbereitung der externen Evaluation
durch ein vom Universitätsrat eingesetztes Evaluationsgremium
Rechenschaftslegung über die inhaltlichen Erfolge und finanzielle Situation
der Forschungsinstitute gegenüber der Universitätsleitung.
Projektleiter - Aufgaben
Management einzelner Forschungsprojekte unter Einhaltung der
vereinbarten Zeit- und Finanzierungsrahmen
Kontaktpflege mit den fachlich relevanten Stakeholder
zielgruppengerechtes Marketing von Programmen, Fähigkeiten,
Erkenntnissen
regelmäßige Marktberichte bzw. Benchmarking mit internationalen
Forschungskonkurrenten in allen Themen
Rechenschaftslegung über inhaltlichen und finanziellen Fortgang von
aktuellen Projekten gegenüber der Institutsleitung.
Unternehmensbereich Lehre
Dekan - Aufgaben
Leitung der Lehraktivitäten bzw. Leitung einer Schule
Koordination der Tätigkeiten in den verschiedenen Fachbereichen
Auswahl des Personals, dessen Aktivitäten ausschließlich vom jeweiligen
Institut zu verantworten sind
Vorschläge zu Personalentscheidungen über MA, die für die
Gesamtstrategie der Universität relevant sind wie prominente Lehrer und
Schlüsselexperten in Abstimmung mit der Universitätsleitung
Erstellung von Lehrplänen und Prüfungsordnungen in Abstimmung mit
einem Beratergremium aus internen und externen Experten
Definition von Zulassungsvoraussetzungen in Abstimmung mit den
Forschungsinstituten und externen Beratern
46
-
-
Einwerbung von industriellen, privaten und staatlichen Drittmitteln
insbesondere zur Unterstützung und Weiterentwicklung der Lehre
Konzeption und Durchführung der akademischen Fort- und Weiterbildung
als Einnahmequelle der Universität; hierbei Einbeziehung der
Wissenschaftler aus den Instituten
Betreuung der Studierenden in fachlicher und sozialer Hinsicht
Rechenschaftslegung über die Leistungen in der Ausbildung, auch im
Vergleich, und Vorlage der regelmäßigen Kundenevaluationen durch die
Studierenden vor der Universitätsleitung.
Fachbereichsleiter - Aufgaben
Weiterentwicklung der Lehre im jeweiligen Fach sowohl inhaltlich als auch
methodisch
Kontaktpflege mit den fachlich relevanten Stakeholders
zielgruppengerechtes Marketing von Programmen, Fähigkeiten und
Erkenntnissen
regelmäßige Marktberichte bzw. Benchmarking mit internationalen
Forschungs- und Lehrkonkurrenten in allen Themenbereichen
Betreuung der Studierenden in fachlicher Hinsicht, insbesondere auch
Fragen zur beruflichen Orientierung und wissenschaftlicher Karriereplanung
Konzeption von Studienprodukten für potenzielle Kunden aus der Industrie
oder andere Hochschulen
Rechenschaftslegung über die Tätigkeiten und Entwicklungen im
Fachbereich gegenüber dem Studiendekan.
Dienstleistungszentrum
Leiter Servicezentren - Aufgaben
Erarbeitung der jeweiligen Servicestrategie mit den Leitern der
Forschungsinstitute und Schulen
Angebot von Dienstleistungen wie Facility Management,
Veranstaltungsorganisation, EDV-Service und Recherchetätigkeiten auch an
externe Kunden wie Firmen, Partneruniversitäten, Kommunen und
dergleichen
Sicherung und stetige Verbesserung der Dienstleistungen für die internen
Kunden
Entwicklung von unterstützenden Tools wie Finanzplanung für
Forschungsprojekte o. ä. zur täglichen Entlastung der Wissenschaftler und
Lehrer
Rechenschaftslegung über Qualität und Kostenentwicklung im
Servicebereich vor der Universitätsleitung.
Notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer modernen Personalstrategie für
Universitäten ist die Handlungsautonomie der einzelnen Universitäten. Besonders für
die Profilbildung und Entwicklung einer eigenständigen Identität ist es für die
Universitäten entscheidend, alle Personalentscheidungen der Universität in
Eigenverantwortung treffen zu können. Ausnahme ist die Universitätsleitung, die vom
Universitätsrat eingesetzt wird. Das Personalmanagement kann an einer Universität
nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss im Gesamtzusammenhang der
Strategie, der Organisation, insbesondere des Führungssystems gesehen werden.
Daher muss das Personalmanagement sorgfältig in die Strategie integriert werden.
47
Die Verantwortung für die Auswahl geeigneter Mitarbeiter soll möglichst auf der Ebene
der betroffenen Organisationseinheiten gefällt werden. Auch hier soll das Prinzip der
verantworteten Selbstständigkeit soweit wie möglich in alle Ebenen der Organisation
hineingetragen werden.
Was das Personalmanagement anbelangt wird sich die Universität der Zukunft sehr
stark einem modernen Wirtschaftsbetrieb annähern. Sonderregelungen, wie sie das
Beamtenrecht und der öffentliche Dienst darstellen, verhindern den
Personalaustausch mit der Wirtschaft. Heute verzichtet die Universität auf den Knowhow-Transfer und eine kontinuierliche Erneuerung durch Personalfluktuation. In
einigen Fakultäten sind bereits Wissenschaftler angestellt, die praktische
Unternehmenserfahrung mit in die Universität bringen. Bei der großen Mehrzahl der
universitären Mitglieder ist dies jedoch nicht der Fall. Die Universität der Zukunft
wendet sich bewusst den Gesellschaftern und Stakeholdern zu. Dies drückt sich
bereits in der Öffnung der universitären Organisation auf der Ebene der
Personalstrategie aus. Dazu kommt, dass diese Annäherung zwischen Universität und
Wirtschaft die Universität wettbewerbsfähiger macht und es ermöglicht, das Personal
leistungsbezogen und marktgerecht zu bezahlen.
In der Wirtschaft existiert schon lange eine große Palette von Methoden und
Werkzeugen für eine individuell auf die Ziele der Organisation zugeschnittene
Personalstrategie. Im Kapitel Personalmanagement des Annex finden sich
Überlegungen der Beratungsfirma Bain & Company zu diesem Thema.
2. Finanzierung
Die führenden Forschungsuniversitäten in den USA, als Vorbilder werden immer
Harvard, Yale und Princeton, Stanford, Caltech und das MIT genannt, erhalten,
obwohl sie private Universitäten sind, von der US-amerikanischen Regierung und
deren Agenturen sehr große Summen an Forschungsgeldern. Das gleiche gilt für
staatliche Universitäten wie beispielsweise die University of California oder University
of Texas. Der Wunsch, auf Universitäten mit weltweiter Reputation verweisen zu
können, setzt allerdings die Entscheidung der Regierung voraus, diese
Vorzeigeinstitutionen langfristig mit großem Mitteleinsatz zu unterstützen. Natürlich
haben sich diese Einrichtungen für diese Ausnahmestellung wissenschaftlich
qualifiziert und ihre Managementstrukturen professionalisiert.
Staatliche Finanzierung
Auf diese großzügige und langfristig gesicherte Unterstützung wären auch in
Deutschland wissenschaftlich herausragende und professionell geführte
Forschungsuniversitäten angewiesen. Möchte sich Deutschland ebenfalls derartige
prominente Vorzeigeinstitutionen leisten, müsste sich vom Prinzip der Gleichverteilung
und der Egalisierung verabschiedet werden. Forschungsuniversitäten benötigen
hervorragende Forscher und, insbesondere in den naturwissenschaftlich-technischen
Fächern, eine einzigartige Geräteausstattung. Beide Kostengruppen sind
kostenintensiver als die Standardausstattung von Universitäten.
48
Die wichtigsten Einnahmequellen einer deutschen Forschungsuniversität der Zukunft
sollten die Forschungsförderung des Bundes und Forschungsbudgets der Länder sein.
Eine Forschungsuniversität wird erhebliche zweckfreie Budgets der Länder benötigen,
um ihre Unabhängigkeit von der Wirtschaft und kurzfristiger Technologieorientierung
sicher zu stellen.
Studiengebühren
Eine erfolgreiche Forschungsuniversität wird sich weitere Einnahmequellen
erschließen können. Wenn Studiengebühren eingeführt werden, wird dieser
Einnahmenblock für die Forschungsuniversität eine geringere Bedeutung haben als für
die berufsorientierten Universitäten. Die Zahl der Studierenden an der
Forschungsuniversität wird vergleichsweise gering sein. Das CalTech beispielsweise
hat nur ca. 2000 Studierende und die Studiengebühren fallen geringer aus als an den
Professional Schools für Juristen, Ärzte und Manager, auch wenn die Ausbildung am
CalTech teurer ist. Allerdings ist die Ausbildung an hervorragenden
Forschungsinstitutionen auf die Qualifizierung des eigenen wissenschaftlichen
Nachwuchses gerichtet, quasi eine Investition in die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit
der Institution und nicht primär auf Einnahmeerzielung aus Studiengebühren. Am
CalTech tragen die Studiengebühren 4 % zum Gesamthaushalt bei, am MIT 9 %.
Entscheidend ist, dass viele Studenten der genannten Organisationen Stipendien
erhalten. Die Differenz aus eingenommenen Studiengebühren und finanzieller
Unterstützung für Studierende ist ein so geringer Beitrag zum Gesamthaushalt, der
Studiengebühren als Finanzierungsquelle unbedeutend werden lässt. Die
Handhabung der Studiengebühren und Stipendien ist allerdings ein wichtiges
Steuerungsinstrument für die Sicherung der überdurchschnittlichen Qualifikation der
aufgenommenen Studienbewerber.
Neben der Möglichkeit, Studiengebühren über Stipendien zu finanzieren, kann auch
ein Gutscheinsystem eingeführt werden. Jeder Studierende würde sich sein Studium
letztendlich doch durch den Staat finanzieren, erhält aber eine zeitlich limitierte
Auflage und verschafft der gewählten Universität direkte Einnahmen für sein Studium.
Die Höhe der Finanzierungszuwendung des Staates an die Universität ist dann
proportional zur Studentenzahl. So haben Angebot und Nachfrage direkten Einfluss
auf die Finanzlage. Der Studierende wird als Kunde erkannt und es wird eine
Marktsituation bei Studienplätzen entstehen.
Auch die wissenschaftliche Weiterbildung wird keine bedeutenden Einnahmen
generieren, da die Zielgruppe für dieses Angebot, die Wissenschaftler, nicht
entsprechend zahlungskräftig sein wird wie etwa die Executives, die durch Trainings
an Professional Schools der Eliteuniversitäten ihren Marktwert erheblich steigern
können. Denn sie betrachten die Gebühren als Investitionen in zukünftige Gehälter.
Wesentlich ist allerdings, dass die Einnahmen an die Universitäten fließen. In
Deutschland werden überwiegend Wege gesucht, wie universitäre Angebote in der
Weiterbildung zu privaten Zusatzeinnahmen für die Dozenten umgewandelt werden
können. Da Universitäten im Weiterbildungssegment zu privaten Anbietern in
Konkurrenz treten, sollte Weiterbildung in eine Universitäts GmbH ausgelagert
werden. So wird einer eventuellen Wettbewerbsverzerrung gegenüber
privatwirtschaftlichen Unternehmen vorgebaut. Außerdem können professionelle
49
Marketing- und Organisationsstrukturen speziell für diesen Zweck aufgebaut werden,
die dergestalt in der Universität keinen Platz finden würden.
Auftragsforschung
Eine wichtige Einnahmequelle einer deutschen Forschungsuniversität wird die
Auftragsforschung für die Wirtschaft sein. In diesem Kontext ist jedoch die sehr
leistungsfähige Konkurrenz der großen deutschen Forschungsorganisationen wie der
FhG zu beachten. Um dieser Konkurrenz standhalten zu können, haben Universitäten
in der Vergangenheit oft Fehler bei der Preisgestaltung begangen. Viele Lehrstühle
rechneten nicht die tatsächlichen Aufwendungen ab, sondern ließen Personal, das
bereits durch die staatliche Grundfinanzierung gedeckt war, außen vor. Dies ist nicht
nur eine verdeckte Subventionierung der begünstigten Unternehmen, sondern auch
ein Vortäuschen von Leistungsfähigkeit und ein finanzieller Ausfall für die
Universitäten.
Auftragsforschung sollte zu einer Haupteinnahmequelle der Universitäten in
Deutschland entwickelt werden, weil Universitäten mit dem Akzeptieren öffentlicher
Fördergelder die Verpflichtung eingehen, ihr Know-how, das unter Verwendung von
Steuergeldern aufgebaut wird, die Unternehmen und Privatpersonen entrichten, in
wirtschaftliche Anwendung zu überführen. Wettbewerbsverzerrung stellt neben
Subventionierung durch Preisdumping eine Gefahr dar, der die Universitäten durch
eine realistische Kostenrechnung und ein transparentes Angebots- und Auftragswesen
entgegensteuern müssen.
Beratungs- und Gutachtertätigkeit
Eine weitere wichtige Einnahmequelle für die Forschungsuniversität stellt die
Erstellung von Gutachten und die Beratung von Unternehmen und öffentlichen
Auftraggebern durch Professoren und Wissenschaftler dar. In Deutschland wurde dies
bisher als private Einnahmequelle für die Wissenschaftler gesehen. Die Einnahmen
sind selten den Universitäten zugeflossen, selbst wenn Ressourcen der Universität
genutzt wurden. Nach Aussage von deutschen Professoren betragen diese
Zusatzeinnahmen in vielen Fällen das zwei- oder dreifache des Professorengehaltes.
Außerdem sind mit diesen Nebentätigkeiten unter Umständen Haftungsrisiken für die
Universitäten verbunden, obwohl ihr die Einnahmen nicht zufließen. In der Universität
der Zukunft, die Professoren leistungsorientiert und angemessen vergütet, sollen
derartige Nebeneinkünfte nicht mehr möglich sein, entsprechend legaler Verhältnisse
in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst. Alle Einnahmen der Angestellten sollten
der Universität zufließen. Den Mitarbeitern, die besondere Leistungen erbringen, wozu
diese Beratungstätigkeiten der nachgefragten leistungsfähigen Mitarbeiter zählen,
sollen auch besondere Leistungsprämien zustehen.
Da diese Tätigkeiten nicht zu den Kernaufgaben der Universität zählen und mit
Haftungsrisiken verbunden sind, werden sie in einer Universitäts GmbH ausgegliedert.
Als Vorbild ist die Oxford University Consulting, OUC, zu nennen, die Professoren bei
deren Beratungstätigkeit professionell unterstützt. Ihr gelang es, die Honorare im
50
Vergleich mit denen für private Tätigkeiten der Professoren um 50 % zu erhöhen. Die
Professoren werden prozentual an diesen Einnahmen beteiligt.
Diese Einnahmequelle kann ohne wesentliche Vorinvestition erschlossen werden und
bei professionellem Management hohe Umsätze mit sehr hoher Rendite generieren.
Nutzung von Forschungsanlagen
Eine Forschungsuniversität wird über eine einzigartige Geräteausstattung verfügen,
deren Nutzung auch für die Wirtschaft interessant sein kann. Diese Aussage wird
beispielsweise belegt durch das große Interesse der Wirtschaft, insbesondere der
Pharmaindustrie, an dem Forschungsreaktor München II der TU München. Allerdings
zeigt dieses Beispiel auch, dass es der Politik in Deutschland noch schwer fällt, sich
zur Elite zu bekennen. Die bisherige Verweigerung der Betriebsgenehmigung nach
einer Investition von ca. 850 Millionen DM Steuergelder raubt Deutschland die
Chance, eine weltweit einzigartige Forschungsanlage zu nutzen, um herausragende
Erfolge zu erzielen. Diese könnten eine deutsche Forschungsuniversität als ernsthafte
Konkurrenz zu den amerikanischen Eliteeinrichtungen positionieren. Beim Verkauf der
Anlagennutzung an die Wirtschaft kann die Universität neben der Arbeitsleistung des
Bedienpersonals auch teilweise die Investitionskosten in Rechnung stellen. Das
Partnerunternehmen erspart sich die Investition und erlangt die Leistung weitaus
kostengünstiger.
Diese Einnahmequelle kann ohne Investition erschlossen werden, wenn die
Vermarktungs- und Vermittlungsaufgabe einer Universitäts GmbH übertragen wird.
Die Universitäts GmbH sollte in Form von erfolgsabhängigen Vermittlungsprovisionen
vergütet werden. Zusätzlich benötigtes Personal muss aus den zusätzlichen
Einnahmen finanziert werden.
Vergleichbare Vermarktungschancen hat das Angebot wissenschaftlicher
Dienstleistungen wie Spezialanalytik oder bestimmte Messungen, die eine seltene
Expertise verlangen, die wiederum nur eine Forschungsuniversität bieten kann.
Lizenzierung
Eine herausragende Forschungsuniversität wird auch hervorragende Chancen bei der
Lizenzierung von Technologie und geschütztem Know-how haben, sodass die
Lizenzierung eine wichtige Einnahmequelle werden kann. Durch die Abschaffung des
Hochschullehrerprivilegs im Jahr 2001 wurden die deutschen Universitäten zumindest
rechtlich in die Lage versetzt, sich diese Einnahmequelle zu erschließen. Die
erfolgreiche operative Umsetzung wird nicht unproblematisch sein. Deshalb werden
die prognostizierten Einnahmen noch einige Zeit auf sich warten lassen. Werden die
Erfolge der erfolgreichsten Universitäten in den USA betrachtet, die den
Technologietransfer perfektioniert haben, ist festzustellen, dass selbst die „Stars“ nur
ein bis drei Prozent des Universitätsbudgets aus Lizenzierungen bestreiten. Dem
stehen allerdings erhebliche Kosten gegenüber, da nur hochqualifiziertes und gut
bezahltes Personal diese Transferleistung erbringen kann. Überdies kann die
Anmeldung und Verteidigung von Intellectual Property Rights, den sogenannten IPR,
sehr kostspielig sein. Die Renditen dieser Einkunftsart sind daher trotz vielfach
51
überzogener Darstellung eher gering. Die Investition in den Aufbau einer
schlagkräftigen Einheit für das Management von IPRs und deren Vermarktung wird in
der Größenordnung von 10 Millionen Euro liegen. Sie wird erst nach 5 bis 10 Jahren
stabile Rückflüsse generieren und nur bei außergewöhnlichen Vermarktungserfolgen
nennenswerten operativen Gewinn abwerfen16. Allerdings ist es den Universitäten
weitaus wichtiger, ihre Technologie in die wirtschaftliche Anwendung zu überführen als
maximalen Umsatz zu erzielen.
Um diese Transferleistung der mit Steuergeldern entwickelten Technologie in die
industrielle Anwendung zu unterstützen, beteiligen sich amerikanische TopUniversitäten häufig an Unternehmensgründungen, besonders dann, wenn die
betreffende Technologie nicht an bestehende Unternehmen lizenziert werden kann.
Der finanzielle Rückfluss spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Allerdings trägt die
Schaffung von Arbeitsplätzen erheblich zum Image einer Einrichtung bei. Das MIT
nimmt in dieser Hinsicht eine herausragende Stellung ein.
Fundraising
Das Image der Universität in der Öffentlichkeit und die Zufriedenheit der Absolventen
sind die erfolgsentscheidenden Voraussetzungen für Fundraising-Aktivitäten, sei es in
Großspendenkampagnen, den Capital Campaigns oder den jährlichen Spenden der
Absolventen, dem Annual Giving. Reine Forschungsuniversitäten wie das CalTech
werden von den Alumni weniger Spenden einnehmen, da die Zahl der Alumni relativ
klein ist. Außerdem machen diese Alumni in der Mehrzahl als Wissenschaftler Karriere
und zählen nicht zu den Höchstverdienern der Gesellschaft. Universitäten, die
Professional Schools betreiben, wie fast alle US-amerikanischen Eliteuniversitäten,
erhalten enorme Spendenbeträge von ihren wohlhabenden Absolventen. Diese sind
sich bewusst, dass sie ihren Wohlstand auch dem Abschluss einer Eliteeinrichtung
verdanken. In den Großspendenkampagnen erzielen die führenden Universitäten
Einnahmen von 1,5 bis 2 Milliarden US $ über einen Zeitraum von fünf Jahren.
Obwohl diese Universitäten sogenannte Development Teams mit bis zu 250
Mitarbeitern unterhalten, ist der return on investment dieser Aktivitäten geradezu
phantastisch. Untersuchungen in Großbritannien haben ergeben, dass den
Einnahmen durch Fundraising lediglich Ausgaben in der Größenordnung von 15 bis 18
% gegenüberstehen. Ein großer Anteil der Fundraising-Einnahmen führender
Universitäten sind zweckfreie Spenden, endowments. Die Harvard University häufte
aus diesen Spenden über die Jahre hinweg einen Kapitalstock von 19 Milliarden US $
an. Bei konservativer Anlage dieses Betrages, 5 % Zinsen, auf dem Kapitalmarkt
würde pro Jahr bereits eine knappe Milliarde US $ Einkommen erzielt werden17.
Diesen Einnahmen steht nur ein geringer Aufwand gegenüber. Werden Anlageberater
von den Universitäten beauftragt, die etwas risikoreichere Anlagestrategien wählen,
können auch höhere Renditen erzielt werden. Das Dartmouth College erwirtschaftete
im Jahr 2000 eine Rendite von 45 %, überwiegend durch Beteiligung an erfolgreichen
Unternehmen. Dieser Erfolg ist allerdings auch für amerikanische Verhältnisse eine
16
Die Zahlen geben Schätzungen für den Aufwand an Schutzrechtsanmeldungen und -verteidigungen
sowie die Kosten für qualifiziertes Personal wieder. Das Technology Licensing Office des MIT
beschäftigt im Vergleich zu den ca. 900 wissenschaftlichen Mitarbeitern der Gesamtuniversität ca. 35
Mitarbeiter.
17
Im Vergleich dazu beträgt der Gesamthaushalt der TU München, einschließlich des Klinikums,
umgerechnet etwa 800 Millionen US $.
52
Ausnahme. Er war aufgrund der damaligen Entwicklung an den Kapitalmärkten
möglich und ist vermutlich nicht wiederholbar. Diese Kapitalvermögen bieten den
Universitäten nicht nur die Chance, strategische Investitionen zu tätigen, um ihre
Position im Wettbewerb zu stärken, sondern geben Sicherheit für Zeiten
wirtschaftlicher Depression oder sinkender staatlicher Unterstützung. Dass
Fundraising auch in Deutschland trotz einer anderen Spendenkultur als in Amerika
und trotz sehr viel geringerer Möglichkeiten der Spendenabschreibung erfolgreich sein
kann, hat die TU München bewiesen, die gemeinsam mit ihrem Tochterunternehmen,
der TUM-Tech GmbH, die erste Großspendenkampagne einer staatlichen Universität
in Deutschland durchgeführt hat. In weniger als zwei Jahren wurden Spendenzusagen
von 100 Millionen DM eingeworben. Bei Kosten von weniger als 5 % ist dies eine
außergewöhnliche Rendite.
Universitäten, die nicht diesen First-Move-Vorteil, von dem die TU München profitierte,
genießen, werden keinesfalls diese außergewöhnliche Rendite erzielen. Ein weiterer
Vorteil der TU München war, dass ihr Tochterunternehmen TUM-Tech GmbH die
Kampagne vorfinanziert hat. Um eine größere Fundraising-Kampagne durchzuführen,
ist eine Investition von drei bis fünf Millionen Euro in eine universitätsinterne Gruppe
und in Beratung zu veranschlagen. Erste Erfolge stellen sich in der Regel nach etwa
einem Jahr der Aktivitäten ein.
Merchandising
Bekannterweise sind amerikanische Top-Universitäten sehr erfolgreich auf dem
Gebiet des Merchandising. Primäres Ziel stellen nicht die Einnahmen dar, sondern die
Bindung der Absolventen und Freunde sowie die weltweite Verbreitung des
Markennamens der Universität. Dieser Erfolg ist überdies eng verknüpft mit den
Sportmannschaften der Universitäten, die in den USA eine ähnliche Popularität
genießen wie in Europa der Fußball der oberen Ligen.
Vom Merchandising als Einnahmequelle sollten sich deutsche Universitäten nicht
zuviel versprechen, solange sie in der öffentlichen Wahrnehmung jedem mittleren
Fußballverein hinterherhinken. Außerdem sind mit den Einnahmen Kosten in
vergleichbarer Höhe verbunden.
3. Attraktivität am Markt
Wer sind die Kunden einer Universität? Der Begriff des Kunden, wie ihn die Wirtschaft
verwendet, muss aus der Perspektive einer Universität differenziert werden: Die
Universität hat nicht nur zahlende Kunden wie Studierende, die Studiengebühren
zahlen und Unternehmen, die Forschungsaufträge erteilen. Der Kundenbegriff muss
weiter gefasst auf alle Abnehmer von Leistungen der Universität angewendet werden.
Dies schließt neben den Studierenden, Auftraggebern für Drittmittelforschung und der
scientific community auch die Stakeholder mit ein, die ebenfalls ein direktes oder
indirektes Interesse an den Leistungen der Universität haben. Die nach Exzellenz
strebende Forschungsuniversität ist letztendlich nur an einem speziellen schmalen
Ausschnitt verschiedener Kundengruppen interessiert:
53
-
an den Studienbewerbern mit hoher Intelligenz, Leistungsbereitschaft und
Forschungseignung
an den Wirtschaftsunternehmen weltweit mit Bedarf an Know-how aus dem
Forschungsspektrum der Universität
an den Wissenschaftlern, die sich weltweit mit den gleichen oder verwandten
Fragestellungen wie die universitären Forschungsteams auseinandersetzen
an der so genannten interessierten Öffentlichkeit, die die Aktivitäten der
Universität verfolgt.
Sobald die Forschungsuniversität ihre Kundengruppen identifiziert hat, kann sie diese
durch ein gezieltes Marketing in den Unternehmensbereichen Forschung und Lehre
mit Informationen über ihr Selbstbild, ihre Leistungen und Ziele versorgen, um so ihre
Marktposition zu festigen und auszubauen.
Die Forschungsuniversität der Zukunft muss sich auf mehreren Märkten durchsetzen.
Der Anspruch, internationale Exzellenz zu erreichen, bringt mit sich, dass sich die
Universität der Zukunft mit ihren Forschungsaktivitäten auf jeden Fall international
profilieren muss. Sie muss danach streben, sich als ein international gesuchter
Ansprech- und Kooperationspartner in ihrem Fachgebiet zu etablieren. Dazu muss sie
zum einen auf herausragendem wissenschaftlichen Niveau forschen, zum anderen
wird sie entsprechende Kontakte gezielt aufbauen und pflegen, Kooperationsprojekte
mit internationalen Partnern initiieren und sich konsequent international um
Forschungsgelder bemühen, um so außer Leistung auch Präsenz zu zeigen.
Forschung und Transfer
Um Anerkennung und Renommee in der scientific community aufzubauen, muss die
Forschungsuniversität regelmäßig mit ihren Forschungsprojekten in die internationale
Spitze vordringen. Bei der mit öffentlichen Geldern geförderten Forschung wird sicher
ein großer Teil der Gelder aus der Bundesrepublik bzw. der EU kommen. Zusätzlich
sollte sich die Universität stark um Kooperationsprojekte mit ausländischen
Forschungseinrichtungen, insbesondere in den USA und Asien, bemühen, um auch
hier ihre Bekanntheit zu steigern und ihre Chancen zu verbessern, Gelder von
ausländischen Unternehmen, Stiftungen oder auch Regierungen zu bekommen.
Gezielt strategisch handelnde Institutionen erreichen dies schon heute. Das MIT oder
die Universität Berkeley, beide weltweit renommiert in der Forschung, erhalten auch
von deutschen und anderen europäischen Unternehmen Forschungsaufträge bzw.
Spenden.
Mögliche Gradmesser für die internationale Anerkennung sind
-
-
der Umfang internationaler Forschungsgelder, die Häufigkeit, mit der
Wissenschaftler der Universität aufgefordert werden, Beiträge zu
internationalen wissenschaftlichen Konferenzen zu liefern
die Häufigkeit mit der ihre Artikel in der Fachpresse erscheinen, die Häufigkeit
mit der Wissenschaftler als Reviewer für die Fachpresse tätig werden
der Anteil ausländischer Wissenschaftler im Mitarbeiterstab
die Anzahl ausländischer Bewerbungen zum Studium
54
und ähnliche Größen. Um diese Faktoren kritisch überprüfen zu können, müssen sie
regelmäßig mit den Kennzahlen der Mitbewerber verglichen werden.
Verknüpft mit der Forschung ist Transfer eine weitere auf externe Kunden gerichtete
Aktivität der Forschungsuniversität der Zukunft. Hierbei handelt es sich um Know-howund Technologietransfer in verschiedenen Ausprägungen wie Auftragsforschung für
die Industrie, Ausgründung von Unternehmen, Erbringung technischer
Dienstleistungen, Erstellung von Gutachten, Beratertätigkeiten,
Weiterbildungsangebote, Lehrkooperationen u. ä.
Der Transfer-Markt ist nicht dezidiert international ausgerichtet wie die Märkte der
Unternehmensbereiche Forschung und Lehre. Neben der intellektuellen Orientierung
muss sich die Universität der Zukunft konstruktiv in ihr sozio-ökonomisches Umfeld
einfügen. Hier spielt der Technologie- und Know-how-Transfer eine große Rolle. Sein
Wirkungskreis kann ausgeprägt lokal sein. Der lokale Erfolg wird allerdings durch das
internationale Renommee möglich gemacht. Besonders in den
naturwissenschaftlichen Fächern hat eine renommierte Universität stets das Potenzial,
ein wichtiger Nukleus und Katalysator der regionalen Entwicklung zu werden.
Berühmtestes Beispiel dafür ist das Silicon Valley in dessen Mitte die Stanford
University liegt, wobei neben Stanford sicher auch die nahegelegenen Universitäten
Berkeley und UC San Francisco einen maßgeblichen Beitrag geleistet haben.
International sehr renommierte Forschungsuniversitäten wie das MIT sehen sich in der
Verantwortung, für die regionale wirtschaftliche Entwicklung gezielt Beiträge zu leisten.
Sie richten ihren Know-how- und Technologietransfer gezielt lokal aus.
Explizit internationale Ansätze sind ebenfalls möglich. Wenn heute die Universitäten
Harvard, Stanford und Cambridge gemeinsam ein Fortbildungsprogramm für die
internationale Managerelite anbieten, dann wird versucht, durch die Kombination
dreier akademischer „Top-Marken“ die internationale Nische Leading Executive
Training im Bildungsmarkt zu besetzen. Durch kombinierte Stärken werden andere
potenzielle Anbieter in diesem Segment verdrängt.
Kunden für Forschungsdienstleistungen und Know-how
Die Forschungsuniversität definiert ausgehend von ihren Schwerpunkten, dem Mix
aus kurz-, mittel- oder langfristig angelegten Projekten, der Verteilung von grundlagenund anwendungsorientierten Projekten sowie dem angestrebten Finanzierungsmix ihre
Schlüsselkunden. Deren Aktivitäten und Bedarfe sind für das Forschungsfeld
repräsentativ. Diese Schlüsselkunden setzen sich zusammen aus
Forschungseinrichtungen, Wirtschaftsunternehmen, möglicherweise anderen
Universitäten und staatlichen Stellen wie Ministerien, Bundesämter, o. ä. Diese
Definition schließt potenzielle andere Kunden nicht aus.
Die Schlüsselkunden werden intensiv betreut und in regelmäßigen Kontakten nach
ihrer Zufriedenheit, ihren Know-how- und Entwicklungsbedürfnissen sowie
Zukunftsprognosen befragt. Auf diese Weise verschafft sich die Universität ein Bild
über die Veränderungen auf dem Markt für ihre Forschungsleistungen. Sie erhält
Überblick über die Entwicklungen, die sich bei den Anwendern abzeichnen und
erkennt die Entstehung neuer Fragestellungen. Außerdem ist es von großem Vorteil,
wenn Wissenschaftler der Universität aufgrund ihrer Bekanntheit und
55
wissenschaftlichen Leistung in die wissenschaftlichen Beratungsgremien der
Forschungsförderungs-institutionen berufen werden. Sie können dort die zukünftige
Entwicklung in ihrem Fachbereich mitbestimmen. Eine Forschungsuniversität hat
demnach großes Interesse, ihre Mitglieder in solche Gremien eingebunden zu sehen.
Kundenorientierung und –betreuung in der Forschungsuniversität – das MIT als
best-practice-Beispiel
Als best-practice-Beispiel für eine ganzheitliche Kundenorientierung auf mehreren
Ebenen, die untereinander verknüpft sind, wird die Kontaktpflege mit der Wirtschaft
und die Firmenbetreuung des MIT betrachtet. Die Aktivitäten finden im Rahmen des
sogenannten Industrial Liaison Program, ILP genannt, statt, das vom Office for
Corporate Relations durchgeführt wird.
Allgemeine Aufgabe des Office for Corporate Relations ist es, die Beziehungen des
MIT zu Wirtschaftsunternehmen zu fördern. Seine Hauptaktivität ist das Industrial
Liaison Program. In diesem Programm findet das Key Account Management,
Relationship Management und die Entwicklung von industrieorientierten Programmen
statt. Gleichzeitig dient das ILP als Katalysator und Initiator von Know-how- und
Technologietransfer zwischen den Wissenschaftlern des MIT und der Wirtschaft. Das
ILP besteht seit 1948. Heute sind ca. 200 Unternehmen aus den USA, Europa und
Asien daran beteiligt. Die Teilnahme erfolgt auf Basis einer Mitgliedschaft. Die
Gebühren für Firmen sind abhängig von ihrer Größe und ihrem Umsatz. Sie liegen
zwischen 5000 $ und 75.000 $ jährlich.
Im ILP sind sogenannte Account Manager beschäftigt, die als Industrial Liaison
Officer, ILO genannt, jeweils ein Portfolio von 12 bis 15 Firmen betreuen. Sie sind die
Ansprechpartner für alle Fragen in Bezug auf das MIT, die von ihren Unternehmen
kommen. Jeder Account Manager ist zusätzlich zuständig für die fachliche Betreuung
des Transfers in einer Technologie. Der Account Manager baut stabile Kontakte zu
den Professoren und Forschern des MIT in diesem Technologiebereich auf. Für
Entwicklungen, Kontakte und Informationen gibt es eine gut gesicherte Technologieund Kontaktdatenbank. Unternehmen, die sich am ILP beteiligen, können als
Serviceleistung sehr kurzfristig Technology Monitoring Reports über die
Forschungsaktivitäten des MIT bekommen. Weitere Dienstleistungen für Firmen, die
am ILP teilnehmen, sind die Organisation von Kontakten und Terminen mit
Wissenschaftlern, besondere Recruitment-Veranstaltungen für Absolventen,
regelmäßige Vorabinformationen aus dem MIT, Vergünstigungen bei der Teilnahme
an Fachveranstaltungen und vieles mehr. Für ihre Themen und ihre Kunden
entwickeln die Account Manager maßgeschneiderte Programme oder Projekte in
Kooperation mit dem MIT.
Um die Zusammenarbeit zwischen ILP und Professoren zu verbessern, wurde ein
Incentivesystem, das Sharing of revenue points, installiert. Für Transferprojekte, die
Wissenschaftler des MIT über das ILP abwickeln, werden Punkte vergeben. Am Ende
des Jahres wird ein Teil der Gelder, die das ILP erwirtschaftet, entsprechend der
vergebenen Punkte an die Abteilungen der Wissenschaftler verteilt. Besonders für
junge oder neue Professoren ist das ILP eine große Hilfe beim Aufbau von
Industriekontakten. Erfahrene Wissenschaftler haben über die Jahre meist ein eigenes
Netzwerk aufgebaut.
56
Eine weitere wichtige Aktivität des ILP ist die Veranstaltung von internationalen
Fachkonferenzen. Diese sind keine Einkommensquelle, aber wichtig für die
Präsentation von MIT-Know-how und Werbung des MIT. Firmen, die sich am ILP
beteiligen, haben kostenlosen Zugang zu den Konferenzen. Bei diesen
Veranstaltungen werden regelmäßig neue Firmen eingeladen, sich am ILP zu
beteiligen.
Die entscheidenden Merkmale des ILP sind seine Vernetzung nach innen in die
Universität über die sogenannten Account Manager, das System der Revenue Points
und seine enge Zusammenarbeit mit dem Technology Licensing Office. Dessen
Aufgabe ist es, Erfindungen an denen das MIT Rechte besitzt, zu vermarkten. Für den
Erfolg und die Akzeptanz in der eigenen Universität ist der Umstand wesentlich, dass
das ILP die Kosten seiner Aktivitäten trägt und einen kleinen Gewinn erwirtschaftet.
Das Selbstverständnis der ILP Mitarbeiter ist sehr serviceorientiert sowohl nach außen
gegenüber den Firmen wie auch nach innen gegenüber den Wissenschaftlern des
MIT.
Fakten über das ILP
Im Jahr 2001 listete das MIT 900 faculty-Mitglieder, die in Forschung oder Lehre tätig
sind, auf. Die Gesamtzahl der Studierenden betrug etwa 10.000, von denen ca. 5.800
einen Master- oder Doktorgrad anstreben.
Im Office for Corporate Relations sind etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt. Ihre Aufgabe ist
es, die Beziehungen des MIT zur Industrie zu pflegen.
Neben den Mitarbeitern des ILP sind in den Schools und Departments etwa 100
weitere Mitarbeiter des MIT mit der Pflege von Industriekontakten befasst.
Die Qualifikationen der Account Manager sind technisches Fachwissen, praktische
Industrieerfahrung bzw. wirtschaftliche Kenntnisse und ausgeprägte kommunikative
Fähigkeiten. Ein großes Problem des MIT ist, dass Kandidaten mit diesen
Qualifikationen sehr gut bezahlte Jobs in der Wirtschaft finden können und das MIT
mit attraktiven Industriepositionen konkurrieren muss.
Das primäre Ziel des MIT ist, mit dem ILP Firmen zu finden und einzuladen,
Forschungsaufträge an das MIT zu vergeben bzw. gemeinsame Forschungsprojekte
zu entwickeln. Der Übergang von industriefinanzierten Forschungsprojekten und
wissenschaftlichen Kooperationen zwischen der Universität und der Industrie sowie
Transferprojekten, innerhalb derer die Universität ihr wissenschaftlich-technologisches
Know-how vermarktet, ist fließend. Das MIT trägt diesem Umstand Rechnung, indem
es die verschiedenen Ebenen und Varianten des Austausches zwischen Universität
und Wirtschaft in ein vernetztes System von Dienstleistungseinheiten einbettet. Das
übergeordnete Ziel dieser nach außen gerichteten Aktivitäten ist letztendlich, einen
Mehrwert bzw. finanzielles Einkommen für das MIT zu generieren. Deshalb tauschen
sich die Einheiten, die über gute Industriekontakte verfügen, regelmäßig mit dem MIT
Resource Development aus, das für Fundraising zuständig ist.
57
Das Technology Licensing Office
Die Verantwortung für die Vermarktung von Erfindungen, an denen das MIT die
Rechte hält, liegt beim Technology Licensing Office, genannt TLO, des MIT. Nach
dem amerikanischen Erfinderrecht gehören alle Erfindungen, die von Mitgliedern der
Universität im Rahmen ihrer Arbeit gemacht werden, der Universität. Ausgenommen
sind Erfindungen, die das Resultat von Forschungsverträgen sind, die ausdrücklich
festgelegen, dass die Rechte beim Auftraggeber liegen.
Der Aufgabenbereich des TLO umfasst alle Fragen rund um die Intellectual Property
Rights wie Patente, Software, Handelsmarken und Urheberrechte. Es beschäftigt neun
Patentberater mit Industrieerfahrung, die sich zusammensetzen aus einem Chemiker,
Biologen, Elektroingenieur, Physiker, Chemie-Ingenieuren und einem Anwalt. Diese
Gruppe wird von 20 weiteren Arbeitskräften, vor allem in der Recherche, unterstützt.
Als wichtigste Funktion des TLO gilt nicht die Erzielung maximaler Einnahmen durch
Lizenzen, sondern der Technologietransfer und bei Ausgründungen der langfristige
Aufbau von stabilen Alumnibeziehungen, die zu späteren Zeitpunkten Spender
werden. 1999 hatte das MIT ein Einkommen von 28 Millionen $ aus dem TLO.
Das TLO arbeitet mit MIT-Forschern und der Wirtschaft zusammen. Es unterstützt die
Forscher zudem bei der Suche nach Partnern, wenn vielversprechende, aber
unausgereifte Forschungen abgeschlossen werden sollen. Zwei TLO Mitarbeiter sind
daher mit Marktforschung beschäftigt. Überdies werden auch Firmen eingeladen, von
denen angenommen wird, eine für sie interessante Erfindung anbieten zu können.
Laut der Erfahrung von TLO-Experten interessieren sich vor allem kleine und mittlere
Unternehmen für die Erfindungen des MIT. Die Ursache sehen sie darin, dass große
Firmen eigene Forschung auf sehr hohem Niveau betreiben und daher keinen Bedarf
am Erwerb von Know-how haben. Dies stimmt auch mit dem Anspruch des MIT
überein, in seiner Nachbarschaft innovative kleine Unternehmen zu fördern und die
wirtschaftlich-technologische Entwicklung der umliegenden Region zu stimulieren.
58
Vernetzung von Elementen des Technologietransfers und Fundraising am MIT
Industrial Liaison Program
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Initiiert und kultiviert Beziehungen zu Industrieunternehmen
Hilft TLO beim Finden von Industriepartnern
Vermittelt Firmen an Professoren für Auftragsforschung
Empfiehlt Unternehmen als potentielle Spender an Fundraising
Technology Licensing Office
Fundraising
Spin-offs
Beteiligungen
MIT
Start-ups
SMEs
Lizenzgebühren
Abb. 8: Vernetzung von Elementen des Technologietransfers und Fundraising am MIT
4. Kunden in der Lehre
Die Lehre sollte auf jeden Fall anstreben, Bewerber aus der ganzen Welt anzuziehen.
Weltweite Attraktivität der Lehre leitet sich zu großen Stücken aus dem
Forschungsrenommee ab, ergänzt durch eine Marketingstrategie, die gezielt die
besonders leistungsbereiten und forschungsorientierten Schulabsolventen bzw.
Undergraduates anspricht. Ein Beispiel für solch eine gezielte Ansprache eines
bestimmten Bewerbertypus ist das Informationsangebot für Bewerber auf der
Internetseite des CalTech.
“To help you figure out if you'd fit at Caltech, we've tried to communicate who we think
we are in this site -- both visually and, wherever possible, in the words of the people
who live, study, and work here. (To test your ideas about us, we've given you some
problem sets -- Techspeak for homework -- to do as you surf.) After you've explored
this site, we hope you'll have a better feel for whether you'd be comfortable in our
community.”
“We have to be honest with you: in many ways, Caltech is a demanding, challenging
place. It isn't for everyone. If you come here, you will very likely find yourself working
harder than you ever thought possible. (The up side is that you may also find yourself
among your true intellectual peers for the first time in your life.) But it's not true that
59
you'll work all the time (unless, of course, you want to. But we don't see why you
would.). We take things seriously, sure; but that applies to having fun, too!”18
Hier werden gezielt Bewerber eingeladen, die sich in der Schule aufgrund ihrer
herausragenden Leistungen als Außenseiter fühlen bzw. gefühlt haben. Es wird ihnen
versprochen, dass sie am CalTech unter ihresgleichen sein werden, „find your true
intellectual peers“, und dass sie als Studierende des CalTech einer besonders
leistungsfähigen und intelligenten Elite angehören werden, die sich z. B. durch eine
eigene Sprache, „techspeak“, vom Durchschnitt abgrenzt. Die Zielgruppe der
naturwissenschaftlich begabten Schüler wird dezidiert eingeladen, sich mit der
Leistungselite der CalTech-Studierenden zu identifizieren.
Um den internationalen Interessenten den Zugang zu erleichtern, muss ein
wesentlicher Teil der Lehre in englischer Sprache stattfinden, d. h., die Produkte
müssen an den Zielmarkt angepasst werden. Außerdem muss eine angemessene
Anzahl von Stipendien oder anderen Finanzierungsmodellen für die Refinanzierung
von Studiengebühren vorgesehen sein. Gerade in Ballungsräumen muss die
Universität in der Lage sein, den Studierenden Wohnraum möglichst auf dem Campus
anzubieten bzw. die Studierenden bei der Anmietung von Wohnungen aktiv zu
unterstützen.
Um diese angestrebte Internationalität nicht nur nach außen zu demonstrieren,
sondern im Selbstverständnis zu verankern, muss kulturelle Offenheit und der
internationale Dialog im Wertekatalog der Universität der Zukunft an vorderster Stelle
stehen. Toleranz und Interesse für das Fremde muss im Selbstverständnis wie in der
Selbstdarstellung der Forschungsuniversität stets präsent und deutlich erkennbar sein.
Kunden für die Lehre an der Forschungsuniversität
Das angestrebte Ziel, Exzellenz in der Forschung zu erreichen, gibt Art und Qualität
der Bewerber vor, die die Ausbildung zum Wissenschaftler erfordert. Sie müssen eine
besondere Eignung zum wissenschaftlichen Arbeiten in den Forschungsfächern der
Universität mitbringen. Die Rolle der Studierenden ist ambivalent. Einerseits sind sie
Kunden der Universität, insbesondere wenn Studiengebühren erhoben werden.
Andererseits muss sich die Universität das Recht vorbehalten, ihre Studierenden
gezielt auszuwählen, um das Exzellenzziel und das Ziel, erstklassige Wissenschaftler
auszubilden, erreichen zu können.
Bei den Kunden der Lehre ist die Bedarfsorientierung offensichtlich. Neben dem
quantitativen Bedarf an Studienplätzen, der sich im Interesse der Bewerber und in der
Arbeitsmarktsituation ausdrückt, gibt es die inhaltlichen Ansprüche an Studieninhalte,
die durch die Stakeholder beeinflusst werden. Um sicherzustellen, dass Anspruch und
Inhalte der Studiengänge anspruchsvolle und nachhaltige Kenntnisse vermitteln,
werden externe Beratergremien zusammen mit Vertretern der Stakeholder-Gruppen
als „Marktbarometer“ mit einbezogen. Für die Forschungsuniversität sollen in diesem
Beratergremium auf jeden Fall internationale Wissenschaftler teilnehmen, ebenso
Vertreter der Wirtschaft und der privaten und staatlichen Geldgeber.
18
CalTech, URL: www.admissions.caltech.edu/techer/misconceptions.htm.
60
Die Universität der Zukunft muss die Freiheit haben, eigenständig zu entscheiden,
welche Bildungsprodukte sie anbietet. Sie muss herausfinden, welche Zielgruppe aus
dem Gros der Studienbewerber zu diesem speziellen Angebot passt. Diese Gruppe
potenzieller Abnehmer bzw. Kunden muss die Universität rechtzeitig und umfänglich
über ihr Bildungsangebot und die nötigen Zugangsvoraussetzungen informieren.
Verlauf und Aufwand wie zu bewältigender Stoff, evtl. Gebühren, Praktika, etc. des
Studiengangs müssen schon zu Beginn des Studiums für die Interessenten einsehbar
sein.
Sind die Bedingungen und die Inhalte des Angebots klar, kann der Abnehmer, der
zukünftige Student, das Angebot mit anderen vergleichen und Kosten-NutzenAbwägungen treffen. Er kann auf der Basis seiner Informationen und Vergleiche die
Entscheidung fällen, ob er das Angebot annehmen will oder nicht. Entscheidet er sich
dafür, geschieht dies im Bewusstsein dessen, was von ihm als zukünftigem Studenten
erwartet wird.
Damit sind auch die ersten Weichen für die Kooperation mit dem Kunden bzw.
Studierenden gestellt, die für die erfolgreiche Realisierung einer Dienstleistung
unerlässlich sind.
Ausschlaggebend für die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Studenten und
Universität sind zwei Ansatzpunkte:
-
die Modalitäten des Universitätszugangs
die Förderung und Betreuung der Studenten während des Studienverlaufs.
Durch sorgfältige Information der Interessenten beim Eintritt in die Universität, durch
Festlegung von Mindeststandards formaler Qualifikation oder persönlicher Eignung
und mittels einer intelligenten Auswahl der Kandidaten kann von Anfang an dafür
gesorgt werden, dass Eignung, Erwartungshaltung und Motivation der
Studienanfänger mit dem Studienangebot kompatibel sind. Dadurch können
Studienzeiten verkürzt und die Anzahl der Studienabbrüche verringert werden.
Diesen Effekt können die Universitäten auch mit einer durchdachten Förderung der
Studierenden erreichen. Nur so kann eine emotionale Verbundenheit mit der
Universität generiert werden, die für den langfristigen Aufbau einer Corporate Identity
und eines positiven Images in der Gesellschaft wünschenswert ist sowie aus
Absolventen langfristig Spender macht.
Durch eine angemessene Betreuung der Studierenden kann der hohe
Motivationsgrad, der zu Studienbeginn existiert, im Studienverlauf aufrechterhalten
werden.
-
-
Während des Studiums zu erwartende Probleme fachlicher, organisatorischer
oder persönlicher Natur können durch regelmäßige Beratung meist rechtzeitig
erkannt werden. Mehrfaches Scheitern an Prüfungen, Probleme bei der
Einteilung der einzelnen Studieneinheiten u. ä. können dadurch stark
vermindert werden.
Abhängig von Eignung und Wünschen können spezielle Betreuungsprogramme
für verschiedene Zielgruppen angeboten werden wie Exzellenprogramme für
61
Begabte oder Praxisprogramme für am Arbeitsmarkt orientierte Studiengänge.
Dies steigert die Qualität der Ausbildung und Attraktivität der Studienplätze.
Ziel ist nicht, ausschließlich die Abiturienten mit den besten Zeugnissen
anzusprechen. Denn der am besten geeignete Student ist derjenige, dessen Berufsoder Zukunftsvorstellung und intellektuelle Interessen am stärksten den inhaltlichen
Anforderungen eines Studienganges entsprechen sowie derjenige, der eine geeignete
Vorbildung aufweist.
Die Universität muss ausgehend von den übergeordneten Zielen, die sich aus der
Identität oder dem Profil der Institution ergeben, für ihre Forschungsbereiche und
Studienangebote inhaltliche Teilziele formulieren. Sie leitet daraus die Anforderungen
ab, die in den verschiedenen Fächern an die Studenten gestellt werden. Diese
Anforderungen müssen in möglichst klare Kriterien für ein Anforderungsprofil
umgesetzt werden.
Voraussetzung für die erfolgreiche Optimierung der Übereinstimmung des Profils von
Studenten und des Studienplatzangebots ist ein Auswahlverfahren, das ein
belastbares Urteil über das Potenzial der Bewerber ermöglicht. Durch die Einführung
eines solchen Verfahrens wird das Studienniveau steigen, denn die Studierenden sind
motivierter und engagierter. Das Verfahren wird weiterhin einen Beitrag zur
Verkürzung der Studienzeiten leisten, da weniger Studierende aufgrund mangelnder
Eignung oder Motivation Prüfungen nur nach mehrfachen Anläufen bestehen oder vor
sich her schieben werden. Außerdem wird sich die Beziehung der Universität zu ihren
Studenten zu einem mehr persönlichen Verhältnis wandeln, denn sie ist das Ergebnis
einer bewussten Wahl auf beiden Seiten. Auch dieser Punkt wird sich positiv auf die
Motivation der Studierenden wie des Lehrkörpers auswirken.
Ansprache und Auswahl der Kunden in der Lehre
Ebenso wie bei der Entwicklung materieller Produkte muss sich ein
Dienstleistungsunternehmen überlegen, für welche Zielgruppe die Dienstleistungen
konzipiert werden und wie diese Zielgruppe möglichst erfolgreich als Kundschaft
gewonnen werden kann. Wird die Universität als ein Dienstleistungsunternehmen
betrachtet, erfordert die Diskussion der Frage nach dem geeigneten Studierenden
einige grundsätzliche Überlegungen zur Zielgruppe und wie diese am besten
anzusprechen ist.
Der Prozess der Zielgruppenidentifizierung und Auswahl der zukünftigen Studenten
setzt sich aus folgenden Schritten zusammen:
(1) Grundsätzliche Entscheidung für ein bestimmtes Universitätsprofil
•
Im vorliegenden Fall: Nach internationaler Anerkennung strebende
Forschungsuniversität mit den fachlichen Schwerpunkten A, B, etc.
(2) Analyse des Marktes oder der Märkte
•
Welche meiner Kundengruppen fragt was nach?
62
•
•
•
•
Wie groß ist die Zahl der potenziellen Interessenten für das spezifische
Studienangebot?
Wie groß ist der Bedarf an Absolventen aus Sicht der Stakeholder?
Wie groß ist die Anzahl der anderen Anbieter?
Wo ist die Universität, die sich der Diskussion unterzieht, im Wettbewerb
positioniert sowohl inhaltlich als auch auf einer Rangliste?
(3) Abgleich zwischen dem Bedarf der Märkte und dem Angebot
•
•
•
•
•
Wie groß sind die vorhandenen bzw. benötigten Kapazitäten?
Was kostet die Erstellung des Produktes beispielsweise eines
Studiensemesters, einer Diplomarbeit, etc.?
Wie müssen Curricula konzipiert werden, um den Marktanforderungen zu
genügen?
Was sind die Stärken und Schwächen bezogen auf die einzelnen
Lehrangebote?
Wird das Studienangebot durch einzigartige Eigenschaften charakterisiert?
Wird eine Marktnische besetzt oder gibt es viele ähnlich gute Mitbewerber?
(4) Endgültige Beschreibung bzw. Spezifikation des Produkts bzw. Studiengangs und
endgültige Beschreibung der Zielgruppen
•
•
Erstellung einer guten und angemessenen Produktbeschreibung. D. h.
Profilierung des Studienganges mit Ausbildungsziel, Beschreibung möglicher
Aufgaben im Arbeitsmarkt, etc.
Formulierung der Zugangsvoraussetzungen für die Zielgruppe, Entwicklung
eines Kriterienkatalogs und Auswahlverfahrens, abhängig von der erwarteten
Anzahl der Interessenten und Anzahl der angebotenen Studienplätze.
(5) Ausarbeitung eines Konzept für die zielgruppengerechte Werbung zur
erfolgreichen Produktvermarktung
•
•
•
•
•
Wann muss die Zielgruppe informiert werden?
Wo ist sie zu erreichen?
Welche Punkte sind für sie besonders wichtig und attraktiv? Sind es fachliche,
soziale oder monetäre?
Aufstellung einer Kosten-Nutzen-Rechnung für die Zielgruppe.
Veröffentlichung und Begründung des Auswahlmodus und der
Auswahlkriterien.
(6) Durchführung des Auswahlverfahrens
(7) Gestaltung des Studienbeginns
•
Auftaktveranstaltungen
63
•
•
Einführungsveranstaltungen
Ausführliche Informationsunterlagen, Beratungsangebote, etc.
Im Zuge der Argumentation ist zu beachten, dass es neben fachlichen Argumenten
wie Qualität, Dauer, Anforderungen und Inhalt der Studienangebote auch soziale und
äußere Vorteile gibt, mit denen Studenten geworben werden können. Dies können
sein: kulturelle, sportliche oder soziale Programme der Universitäten, ebenso
Wohnraumangebote, Unterstützung bei der Finanzierung des Studiums, Information
über Lebenshaltungskosten, Freizeitwert des Studienortes, Kooperationen mit der
Wirtschaft am Ort u. ä.
Ein Bewerbungsverfahren mit einer individuellen Auswahl, vorgenommen durch die
Schulen, bedeutet einen erheblichen Arbeitsaufwand. Wird diesem jedoch der zu
erwartenden Rückgang von Fachsemestern pro Student und die wesentlich niedrigere
Abbrecherquote bei handverlesenen Studenten gegenübergestellt, lohnt sich der
Aufwand.19 In der Forschungsuniversität werden die Kriterien, die von den Bewerbern
erfüllt werden sollen, gemeinsam von den Schulen und Forschungsinstituten
festgelegt.
Schritte bei der Umsetzung der Kundenorientierung in der Lehre
Notwendige Marketing-Aktivitäten
-
Frühzeitige Information der Interessenten
klare Kommunikation des Hochschulprofils
Einführung eines Auswahlverfahrens
Marktbeobachtung zur Festlegung von Studienplatzzahlen
Kooperation mit Gymnasien.
Notwendige Prozesse und Werkzeuge
-
19
Customer Relationship Management
Entwicklung eines Auswahlverfahrens
Festlegung von Studiengebühren und Abbildung des angestrebten
Profils
Die TU München hat beispielsweise im WS 2000/2001 ein Eignungsfeststellungsverfahren bei den
Bewerbern für den neuen Studiengang Molekulare Biotechnologie durchgeführt. Von 159 Bewerbern
wurden in einem zweistufigen Verfahren, bestehend aus schriftlicher Bewerbung und persönlichem
Interview, 31 Kandidaten für die zur Verfügung stehenden Studienplätze ausgewählt. Sowohl die
beteiligten Professoren als auch die Bewerber haben das Verfahren als sinnvoll und bereichernd
empfunden. Nach dem ersten Semester kommen die Professoren dieses Studienganges zu
folgendem Urteil: „Nach Ansicht der beteiligten Hochschullehrer steht außer Frage, dass die Zahl der
Studienabbrecher weit unter den Quoten bleiben wird, wie sie aus anderen
technisch/naturwissenschaftlichen Studiengängen bekannt sind. Es ist abzusehen, dass die
Absolventen des Bachelor Studienganges Molekulare Biotechnologie [...] überdurchschnittliche
Leistungen erbringen werden [...]. Trotz des nicht unerheblichen Mehraufwands, den das
Eignungsfeststellungsverfahren darstellt, kann im Namen aller beteiligten Hochschullehrer festgestellt
werden, dass diese Vorgehensweise geeignet ist.“ Die Erlaubnis des Bayerischen Staatsministeriums
für Wissenschaft, Forschung und Kunst auch zukünftig ein Auswahlverfahren durchführen zu dürfen,
wird nachdrücklich gewünscht. Skerra, A./Klostermeyer, H. (2001), Interner Bericht, TU München.
64
-
Entwicklung von Finanzierungskonzepten, Studienkrediten, etc.
Kontaktbüro für Arbeitsamt, Schulen und interessierte Abiturienten
Angebot für Vorbereitungskurse.
Realisierung
-
Definition von Auswahlkriterien
Werbeaktionen an Schulen
Schnupper-Veranstaltungen
Umfängliches Informationsmaterial
ausführliche Informationsseiten mit Downloads, FAQs etc. im Internet
Vereinheitlichung des Bewerbungsverfahrens.
zu erwartender Aufwand
-
Schaffung und Definition von Stellen in sinnvoller Relation zu den
voraussichtlichen Bewerbern
Einrichtung einer Hotline und email-Hotline, insbesondere vor der
Immatrikulation
leicht auffindbare, angemessene Web-Präsenz
leicht auffindbares Informationszentrum für alle Studiengänge
Interessentenberatung und -betreuung als Dienstleistung für alle
Fakultäten und Fachbereiche
aktuelles Informationsmaterial für Studienanfänger
Netzwerk mit Schulen und anderen Universitäten.
5. Qualitätsmanagement
Die Erreichung und Einhaltung eines hohen Qualitätsstandards ist für die nach
internationalem Renommee strebende Forschungsuniversität von grundsätzlicher
Wichtigkeit. Dies betrifft die Bereiche Forschung, Lehre und die
Managementprozesse. Um den Exzellenzanspruch zu halten, muss regelmäßig in
durchschaubaren Verfahren exzellente Qualität nachgewiesen werden.
Qualitätsmanagement ist ein System, das alle Prozesse der Qualitätssicherung und –
steigerung in den verschiedensten Teilen einer Organisation so integriert, dass
Produkte und Dienstleistungen mit dem möglich niedrigsten Aufwand die volle
Kundenzufriedenheit erreichen. Die Schlüsselworte in dieser Definition von
Qualitätsmanagement sind Qualitätssicherung, Qualitätssteigerung und Integration.
Die Verantwortung für ein belastbares und wirksames Qualitätsmanagement liegt beim
Universitätsrat und bei der Universitätsleitung. Diese beiden Organe müssen ein
Qualitätsziel, das dem strategischen Ziel der Einrichtung entspricht, formulieren und in
die Gesamtstrategie einbetten. Sie müssen durch ihr Verhalten für die
Verantwortlichen in Forschung und Lehre ein Vorbild geben. Außerdem setzt der
Universitätsrat die externen Evaluationsgremien ein, die das Qualitätsziel der
Universität der Zukunft in regelmäßigen mehrjährigen Abständen aus externer
Perspektive überprüfen.
65
Instrumente zur Realisierung und zum Controlling des Qualitätsmanagements sind in
Forschung und Lehre die Evaluationsprozesse, denen diese Organisationseinheiten
regelmäßig unterzogen werden. Der heutige Standard bei der Evaluation
akademischer Leistungen sieht in etwa wie folgt aus: Es wird ein System von Kriterien
und Kennzahlen entwickelt, mit denen sich der Grad der Qualität beschreiben lässt.
Hierfür werden in einem zyklischen internen Evaluationsprozess Werte ermittelt und
interpretiert. Die Selbstbeurteilung findet üblicherweise jährlich statt, in der Lehre auch
halbjährlich. Diese internen Evaluationsprozesse, die von den Universitätsbereichen
im Auftrag der Universitätsleitung durchgeführt werden, werden ergänzt durch eine
externe Beurteilung, die alle drei bis fünf Jahre stattfindet. Sie wird von einem
externen Expertengremium durchgeführt. Bei der externen Beurteilung wird vor allem
überprüft, ob die gesamte Universität ihre Qualitätsziele erreicht. U. U. werden diese
Ziele auch korrigiert und angepasst.
Besonders in England und Australien hat man im tertiären Bildungsbereich große
Erfahrung mit der Gestaltung und Durchführung gestaffelter Evaluationsprozesse. Hier
finden sich Vorbilder und best-practises, nach denen sich jede Universität ein eigenes
System entwickeln kann. Der Unterschied zwischen dem Qualitätsmanagement der
Forschungsuniversität der Zukunft und den hier aufgeführten Beispielen liegt darin,
dass den staatlichen Universitäten diese Verfahren von außen auferlegt wurden und
werden, wohingegen die Forschungsuniversität der Zukunft sie in Eigeninitiative und
freiwillig als Instrument zur Erreichung ihrer individuellen Ziele implementiert.
Für Qualitätsmanagement in den Servicezentren gibt es best-practice-Beispiele aus
der Wirtschaft.
Die Wichtigkeit und Bedeutung der Qualität für die Forschungsuniversität drückt sich
darin aus, dass die Qualitätsziele in der Strategie der Universität, in den
Leistungsvereinbarungen zwischen den Stakeholdern und der Universitätsleitung, in
den Zielvereinbarungen zwischen der Leitung und den Organisationsbereichen Lehre,
Forschung und Service sowie in den Leistungsbeurteilungen jedes einzelnen
Mitarbeiters Niederschlag finden und überdies ein wichtiges Evaluationskriterium sind.
66
6. Kooperation und Delegation
Eine mangelhafte Qualität der Forschungsleistung führt zu negativen Bewertungen der
Managementleistung der Institutsleitung, was sich wiederum auf deren Gehalt oder
Beschäftigungsverhältnis auswirkt.
Bei der Verteilung des Gesamtbudgets der Universität auf die Untereinheiten gibt es
Bestandteile, mit denen gezielt Forschungserfolge bzw. Erfolge bei der Einwerbung
von Projekten oder Geldern honoriert werden können, um eine gewisse
Leistungsorientierung bei den Untereinheiten anzuregen. Bei besonderen
strategischen Zielen, z. B. interdisziplinären Projekten oder wissenschaftlichen
Kooperationen, sollte deren Verfolgung auch in der Mittelzuteilung honoriert werden.
Zentrale und dezentrale Aufgaben und Verantwortung
Es können sowohl für zentrale als auch für dezentrale Organisationsansätze bestpractice Beispiele angegeben werden. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Das
MIT und die Stanford University besitzen ein zentrales System, das u. U. eine
effizientere Verwaltung, Ausnutzung von Synergieeffekten, bessere inhaltliche und
organisatorische Abstimmung etc. erlauben. Dezentrale Systeme, wie in Harvard,
fördern u. U. Initiative und Verantwortungsbewusstsein der Organisationseinheiten,
vermeiden Bürokratie, berücksichtigen die gleichsam kulturellen Unterschiede
zwischen den einzelnen Fächern und dergleichen.
Die Universitätsleitung muss entscheiden, welche Aufgaben zentral und welche
dezentral erledigt werden. Bei einer Entscheidung für einen hohen Grad an
Aufsplittung muss die Universitätsleitung dafür sorgen, dass zwischen den
Organisationseinheiten ausreichend kommuniziert wird, um die CI nach außen und
den Zusammenhalt nach innen aufrechtzuerhalten. Arbeit und Selbstverständnis der
internen Serviceabteilungen sind hierbei wichtig.
Interne Dienstleistungen
Die Verwaltung wird, wo immer möglich, als internes Dienstleistungsangebot gestaltet,
das den verschiedenen organisatorischen Untereinheiten nach deren Bedürfnissen
Serviceleistungen anbietet. Dergestalt können Unterschiede in den Anforderungen z.
B. zwischen verschieden großen Organisationseinheiten berücksichtigt werden.
Erreichen Untereinheiten eine bestimmte Größe können sie administrative Aufgaben
übernehmen. Neben den administrativen Aufgaben werden auch Themen wie
Marketing, Fundraising, EDV und Bibliothekswesen als Dienstleistung für alle
Organisationseinheiten angeboten. Die Größe der Organisationseinheiten bzw. ihre
fachliche Ausrichtung ist ausschlaggebend dafür, welche Aufgaben sie übernehmen
und welche sie bei den zentralen Serviceabteilungen als Dienstleistung einkaufen.
67
7. Kooperationsmodelle und Outsourcing
Neben Outsourcing von stark standardisierten und nicht unmittelbar für das Niveau
relevanten Themen kann in der Lehre das Angebot von Veranstaltungen, Themen und
Experten durch Kooperationen mit anderen Hochschulen angereichert werden. Ob
dies als standardisierter Bestandteil des Stundenplanes gestaltet wird oder über
Austauschprogramme, Auslandsaufenthalte und auf virtuellem Weg, hängt von den
Themen ab. Wichtig ist, die Kooperation in Forschungsprojekten soll im Einklang mit
den strategischen Zielen gefördert und aufgebaut werden.
Denkbar sind auch Programme, die ausschließlich in Kooperation angeboten werden,
um Markenpotenzial zu bündeln und internationale Zielgruppen anzusprechen. Als
Beispiele sind das TRIUM Programm und die WGU, eine virtuelle Universität, die auf
Kooperationen basiert, zu nennen.20
Varianten der Kooperation
(a) Universität und Universität
Eine Universität konzentriert sich auf wenige Themen, um ihrem Ziel, internationale
Exzellenz in der Forschung zu erreichen, näher zu kommen. Dies bedeutet u. a. eine
Konzentration der Ressourcen.
Dies zieht die Möglichkeit nach sich, dass dabei Themen, die z. B. nur für kleinere
Forschungsgruppen oder die ausschließlich in der Lehre wichtig sind, nicht
ausreichend verfolgt werden können oder nicht angeboten werden.
Solche Lücken kann eine Universität durch Kooperationen mit anderen Einrichtungen
schließen, die ein komplementäres Angebot auf gleichem Niveau anbieten.
Ein weiterer Anlass für Kooperation kann sein, wenn die Universität ihre internationale
Ausrichtung noch stärker betonen möchte und zusammen mit anderen Hochschulen
Studiengänge anbietet bzw. Forschungsprogramme auflegt. Damit kann auch der
Bekanntheitsgrad im Ausland gesteigert werden. Kooperationen mit anderen
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind nur dann sinnvoll, wenn beide
Partner davon profitieren und sie durch tragende Projekte miteinander verknüpft sind.
Kooperationsvereinbarungen auf dem Papier tragen nicht zur Weiterentwicklung der
Institution bei. Sie erbringen keinen Vorteil. Schlimmsten Falls entwerten sie die Idee
der Kooperation. Forschungskooperationen werden meist durch die Bedingungen der
geldgebenden Institutionen geregelt.
Universität und Wirtschaftsunternehmen
Eine Universität kann gegen Geld verschiedene Dienstleistungen für die Wirtschaft
erbringen. Dies kann im Auftrag oder in Kooperation geschehen. Die neuralgischen
Punkte hierbei sind angemessene Preisverhandlungen seitens der Universität und
korrekte Verträge, die nicht nur der Wirtschaft nutzen.
20
TRIUM EMBA is the first executive MBA program to provide an authentically global educational
curriculum, made possible through a unique alliance among three world-renowned universities, New
York University Stern School of Business (NYU Stern), the London School of Economics and Political
Science (LSE) and HEC School of Management, Paris (HEC Paris). Vgl. www.triumemba.org.
68
Gleichberechtigte Kooperationen können die Universität sehr befruchten. Eine
Einflussnahme der Unternehmen, die über definierte Kooperationsprojekte mit klaren
vertraglichen Regelungen hinausgeht, schadet u. U. dem wissenschaftlichen Ruf der
Universität.
Kooperationen mit Unternehmen, die nicht eindeutig der Erzielung neuer Erkenntnisse
dienen, sondern mehr entwicklungsnah sind, bzw. über ein deutliches wirtschaftliches
Potenzial auch für die Universität verfügen, sollten nicht zwischen Unternehmen und
Universität, sondern zwischen Unternehmen und Universitäts GmbH durchgeführt
werden. Auf dieser Ebene treffen zwei gleichberechtigte Partner mit der Absicht
aufeinander, Gewinne zu erzielen.
Outsourcing
An den Universitäten existiert eine akademische Variante des not-invented-hereSyndroms, das sich in der privaten Wirtschaft immer wieder als ernsthaftes Hemmnis
für organisatorischen Wandel manifestiert. Gilt in der Industrie das Misstrauen der
Arbeitnehmer den Neuerungen und Problemlösungen, die von außen, beispielsweise
von Beratern, in das Unternehmen hineingetragen werden, demnach not invented
here sind, so drückt sich diese Ablehnung externen Know-hows in der Universität auf
zwei Ebenen aus. Positionen im Universitätsmanagement oder der Universitätsleitung
werden bevorzugt an Mitarbeiter aus der eigenen Organisation vergeben, externe
professionelle Experten bleiben außen vor. So haben Pressesprecher,
Marketingexperten, Technologietransferberater, Assistenten der Universitätsleitung
und andere wichtige Gestalter in der Universität sehr häufig einen akademischen Titel
und Forschungserfahrung, jedoch in seltensten Fällen einen professional record, der
sie in der Wirtschaft für eine vergleichbare Positionen qualifizieren würde. Der
akademische „Stallgeruch“ ist für die Besetzung dieser Positionen offensichtlich
wichtiger als externes Know-how, geeignete Berufsausbildung bzw. Praxis- oder
Wirtschaftserfahrung.
Überdies neigen deutsche Universitäten dazu, Personalkapazitäten für verschiedene
Aufgaben und Tätigkeiten im eigenen Haus aufzubauen. Diese werden häufig nicht
optimal besetzt, wie eben beschrieben. Die Möglichkeit, professionelle Expertise und
Erfahrung, die die Universität nicht erreichen kann, in Anspruch zu nehmen, wird nicht
genützt. Beispiele hierfür sind die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing an den
Universitäten, das Facility Management oder die Systembetreuung der EDV.
Bereiche, die für die Universität eine Schlüsselrolle spielen, wie die EDV-Betreuung,
das Marketing, die Öffentlichkeitsarbeit oder der Technologietransfer müssen in der
Universität der Zukunft von Experten bearbeitet werden. Denn auch auf diesen
Gebieten muss der Exzellenzanspruch erfüllt werden. Entweder muss intern
professionelle Erfahrung aufgebaut und gepflegt werden, was sich insbesondere für
kleinere Institutionen als überproportionaler Kostenfaktor erweisen dürfte, oder die
Universität muss professionelles Know-how einkaufen, indem sie mit externen
Beratern und Agenturen zusammenarbeitet. Der große Vorteil in der Zusammenarbeit
mit externen Anbietern ist die Möglichkeit eines Qualitätssprungs, verbunden mit
Flexibilität sowohl inhaltlich als auch bezogen auf die Kapazitäten.
69
Eine mögliche Form des Outsourcings ist, Organisationseinheiten, die nur indirekt mit
Forschung oder Lehre zu tun haben, wie Facility Management etc. aus der Universität
auszugründen und in privatrechtliche Unternehmen umzuwandeln. Diese können
außerhalb der Universität marktgerecht und effizient arbeiten. D. h. auch, dass sie
andere Kunden gewinnen und im Idealfall zu einer Einnahmequelle für die Universität
werden können. Die Universität von Amsterdam hat dies mit einigen Gesellschaften
ihrer UvA Holding sehr erfolgreich vorgemacht. Ausgelagert und auf dem freien Markt
angeboten wurden unterschiedliche Dienstleistungen wie die Arbeitsvermittlung von
Studenten und ehemaligen Mitarbeitern der Universität, Übersetzungsdienste, ein
Hotelbetrieb, und vieles mehr21. In diesem Zusammenhang zeichnen sich interessante
Ansatzpunkte für Kooperationen mit anderen Universitäten oder verwandten
Einrichtungen ab. So könnte beispielsweise ein gemeinsamer Dienstleister allen
beteiligten Institutionen für das Facility Management der gesamten städtischen
Einrichtungen respektable Kostensenkungen bieten.
Outsourcing ist aber nicht nur bei Management- und Verwaltungsaufgaben möglich.
Auch in Forschung und Lehre finden sich innerhalb einer Forschungsuniversität
Ansätze für derartige Überlegungen. So ist es beispielsweise denkbar, dass
Leistungen, die den Studierenden angeboten werden, aber nur einen kleinen
Interessentenkreis ansprechen oder ausschließlich eine technische Qualifikation
darstellen wie Softwarekenntnisse von einem externen Anbieter eingekauft werden.
Aus der Perspektive der Studierenden sind diese Leistungen jedoch komplett in den
Lehrplan und die Aktivitäten der Universität eingebunden. Besonders bei
standardisierten Inhalten oder Lehrangeboten, die nicht Teil des wissenschaftlichen
Lehrplans sind, aber wichtige Schlüsselqualifikationen darstellen wie
Präsentationstechnik, wissenschaftliches Schreiben, etc. gibt es kommerzielle
Anbieter. Deren erprobte Produkte und langjährige Erfahrung in der
Erwachsenenbildung könnten bestens in die universitären Lehrpläne integriert werden.
Aus der Perspektive der Studierenden handelt es sich dabei um reguläre Bestandteile
ihrer Studienpläne. Aufgabe der Universität ist es, eingekaufte Leistungen nahtlos in
das eigene Angebot einzubinden.
8. Kommunikation und Wissensmanagement
Die Aufgabe der Kommunikation innerhalb einer Organisation sowie zwischen ihr und
dem sie umgebenden System ist der Austausch von Informationen. Diese Prozesse
erleichtern zudem die Interaktion unter den internen Organisationseinheiten sowie
zwischen der Organisation und ihrem Umfeld. Die Untersuchung verschiedener
Universitätssysteme kam zu dem Schluss, dass eine ausgeprägte und bewusste
Kommunikationskultur sehr wichtig ist, um eine starke Identifikation der verschiedenen
Mitgliedsgruppen einer Universität, inklusive der Studierenden, mit den Zielen ihrer
Institution zu erreichen22. Sowohl in den amerikanischen Universitäten wie in den
Niederlanden und der Schweiz wurde von verschiedenen Seiten immer wieder die
21
22
Vgl. www.uvaholding.nl.
Im derzeitigen deutschen universitären System scheint gerade das Gegenteil der Fall zu sein. Die
Mitglieder einer Universität identifizieren sich entweder entlang fachlicher oder hierarchischer
Grenzen. Dies geschieht auch universitätsübergreifend, wie folgende Aussagen „wir Assistenten“,
„wir von der Verwaltung“ oder „wir Chemiker“ offenbaren. Mit der Universität, wie beispielsweise „wir
von der LMU“, ist kaum ein Identifikation festzustellen.
70
Wichtigkeit eines kontinuierlichen Austausches zwischen den universitären Einheiten
betont. Deshalb soll die Kommunikation explizit in die Universitätsstrategie
eingebunden werden.
In der Kommunikationsstrategie legt eine Organisation fest, welche Informationen sie
nach außen gibt, und welche Informationen sie von außen benötigt. Dabei gibt es
interne und externe Kommunikationsprozesse. Die kommunizierten Inhalte können
grob in drei Kategorien aufgeteilt werden:
Informationszufluss
Welche Information braucht die Universität wofür? Es handelt sich um
Informationen, die der Orientierung und Positionierung der Organisation in
ihrem Umfeld dienen was für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Strategie
unerlässlich ist. Diese Informationen muss sich die Universität von außen
beschaffen. Sie stellen den Informationszufluss dar, der Marktdaten,
Konkurrenzbeobachtung, Kundenbefragungen, Benchmarking, Prognosen, u. ä.
beinhalten muss.
Interner Informationsfluss
Welcher Informationsaustausch muss in der Universität garantiert werden? Es
handelt sich um Informationen, die der Stärkung der Organisation dienen und
ihren Mitgliedern helfen, sich mit den Zielen der Organisation zu identifizieren.
Des weiteren gehören Informationen dazu, die der Verbesserung der internen
Prozesse in Forschung, Lehre und Verwaltung dienen und Voraussetzung für
die Durchführung eines betrieblichen Controllings sind. Diese Informationen
sind prinzipiell in der Universität vorhanden, müssen aber gezielt aggregiert,
interpretiert, diskutiert und in angemessener Form verteilt werden. Zu diesem
Umfeld zählen Corporate Identity, Konsensfindungsprozesse,
Zielvereinbarungen, Wissensmanagement, BSC, Messdaten, Kennzahlen,
Kostenaufstellungen u. ä.
Informationsabfluss
Welche Informationen will oder muss die Universität nach außen geben? Es
handelt sich um Informationen, die der bewussten Selbstdarstellung der
Organisation nach außen dienen. Diese internen universitären Informationen,
die in geeigneter Aufbereitung und Verbreitung die Außenwahrnehmung der
Universität steuern sollen, umfassen die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit,
Rechenschaftsberichte für den Universitätsrat und den Diskurs mit der
Gesellschaft. Des weiteren gehören Informationen über Leistungsangebote und
Know-how der Universität für potenzielle Kunden oder Auftraggeber dazu. Die
Informationen umfassen das Berichtswesen, die Corporate Identity,
Öffentlichkeitsarbeit, Vermarktungsaktivitäten, u. ä.
71
Universitätsleitung
Forschung
Lehre
Service-Center
Informationszufluss
• Kundebefragung, Key Account
Management
• Marktdaten
• Konkurrenzbeobachtung
• Benchmarking
• Prognosen
• wissenschaftlicher Austausch
Interner Informationsfluss
• Konsens Universitätsstrategie
• Diskurs Forschung/Lehre
• Wissensmanagement
• Universitätsstrategie
• Management-Informationssystem
• Balanced Scorecard
Informationsabfluss
• Selbstdarstellung
(CI und Öffentlichkeitsarbeit)
• Diskurs mit der Gesellschaft
• Rechenschaftsberichte
• wissenschaftlicher Austausch
• Technologie- bzw. Know-howTransfer
Î Informationen für inhaltliche
Strategie
Î Informationen von der Universität
für die Universität
Î Informationen für Kunden,
Förderer und stakeholder
Abb. 9: Kommunikationsfluss der Universität der Zukunft
Für die Universität der Zukunft, von der verlangt wird, dass sie in Eigeninitiative aktiv
ihre Strategie formuliert und weiterentwickelt, Märkte und Finanzierungsquellen
erschließt und sich im Wettbewerb behauptet, ist es wichtig, Informationen von außen
zu erhalten. Diese helfen ihr, mittel- und langfristige strategische Entscheidungen zu
treffen. In den deutschen Universitäten ist dieser Gesichtspunkt derzeit
unterentwickelt.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass der gezielten und geplanten Kommunikation auf den
verschiedenen Ebenen in einer strategisch handelnden Universität der Zukunft eine
weitaus stärkere Bedeutung beigemessen werden muss, als dies gegenwärtig der Fall
ist. Wie die übereinstimmende Aussage von Vertretern der Universitätsleitungen
amerikanischer Privatuniversitäten, von niederländischen Universitätsreformern und
der Leitung der ETH Zürich belegt, ist das Klima an einer Universität selbst bei einer
klaren Verteilung von Aufgaben und Verantwortungen mehr von Konsensprozessen
und Diskussionen als von einer Entscheidungshierarchie geprägt. Deshalb muss eine
Universität zukünftig auf das Thema Kommunikation und Information größten Wert
legen.
Was als amerikanische Konsenskultur bezeichnet wird, unterscheidet sich
grundlegend vom deutschen Ansatz, der in demokratischen Gremienstrukturen alle
universitären Gruppen in Entscheidungsprozesse einzubinden und dadurch Konsens
herzustellen versucht. Resultat dessen ist eine ausgeprägte Politisierung des Klimas
an den Universitäten, Stärkung des inneruniversitären Kastendenkens sowie
Reibungsverluste durch internes Lobbying. Der amerikanische Konsensansatz verfährt
anders. Die Regeln legen fest, wer für Entscheidungen zuständig ist und im Zweifels72
oder Konfliktfall das Machtwort spricht. In der Universität ist dies die
Universitätsleitung. Sie wiederum geht zweigleisig vor. Zum einen delegiert sie
bestimmte Entscheidungskompetenzen an diverse Organisationseinheiten. Zweitens
investiert sie relativ viel Zeit in den regelmäßigen Austausch mit verschiedenen
universitären Gruppen, die auch die Studierenden mit einschließt. Dadurch erhalten
alle Beteiligten die Gelegenheit, ihre Standpunkte vorzubringen. Auf diese Weise wird
sich im kontinuierlichen Austausch den nötigen Entscheidungen genähert, die
letztendlich von der Universitätsleitung verantwortet werden. Es zeichnet sich ab, dass
in der deutschen Universität der Zukunft ein grundlegender Kulturwandel von Nöten
ist.
Um diesen zu erleichtern und den Informationsfluss zu systematisieren und
stabilisieren, wird der Universität der Zukunft eine Kommunikationsunterstützung
durch strategisches Wissensmanagement und Balanced Scorecard empfohlen. Im
Folgenden wird diese Empfehlung konkretisiert. Eine ausführlichere Diskussion
befindet sich im Annex.
Kommunikationsunterstützung durch strategisches Wissensmanagement
Universitäten sind Wissensorganisationen par excellence. Wissen ist ihre Ressource
und ihr Produkt. Die universitären Produktionsprozesse sind Prozesse der Wissensgenerierung, -beschaffung und -fortentwicklung, der Wissensverteilung und
-vermittlung, der Speicherung und des Transfers von Wissen sowie seiner
Anwendung. Der Umgang mit Wissen ist für Universitäten folglich weder neu noch
ungewohnt, sondern er ist die Kernkompetenz der Institution Universität. Die Definition
einer Universitätsstrategie bedeutet infolgedessen die gleichzeitige Festlegung einer
Wissensstrategie. Daher scheint es geboten, den Themenkomplex des
Wissensmanagements für die Universität der Zukunft ins Blickfeld zu nehmen. Es
mangelt Universitäten zwar nicht an Erfahrung, Fähigkeiten und Fertigkeiten im
Umgang mit Wissen, doch ein ausgesprochenes Management des Wissens findet in
deutschen Universitäten bislang bestenfalls rudimentär statt.
Wissensmanagement befasst sich mit der Entwicklung, Gestaltung und Lenkung der
organisationalen Wissensbasis. D. h., das Wissensmanagement beinhaltet die
klassischen Managementfunktionen der Planung, Organisation, Führung, Kontrolle
und des Wandels. Strategisches Wissensmanagement setzt unmittelbar an der
Hochschulstrategie an. In Deutschland besitzt die explizite und regelmäßige
Formulierung von Strategiepapieren in Universitäten im Unterschied zur Wirtschaft
und Politik keine ausgeprägte Tradition. Für die Universität der Zukunft wurde die
Bedeutung einer konkreten Universitätsstrategie bereits aufgezeigt. Sie fixiert die
Ziele, Maßnahmen und Evaluierungskriterien der Hochschulentwicklung in ihren
Grundzügen. Die Universitätsstrategie bildet den grundlegenden Ausgangspunkt für
das strategische Wissensmanagement. Seine Aufgaben umfassen
•
•
•
die Gestaltung der Kompetenzen der Universität und ihrer Mitglieder
die Gestaltung der internen Strukturen der Universität sowie
die Gestaltung der externen Strukturen zwischen der Universität und ihren
Stakeholdern.
73
1
Entwicklung und
Nutzung des
Humankapitals
2
• für die „Forschung“
Forschung
• für Studium
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für die „Administration“
Administration
Gestaltung
der internen
Struktur
3
• für die „Forschung“
Forschung
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für Studium
• für die „Administration“
Administration
Gestaltung
der externen
Struktur
• für die „Forschung“
Forschung
• für Studium
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für die „Administration“
Administration
Abb. 10: Gestaltungsfelder des strategischen Wissensmanagements23
Konkret bedeutet dies die Definition der Wissensfelder und -strukturen, mittels derer
sich die Forschungsuniversität im internationalen Forschungswettbewerb positioniert.
Basis für die Definition ist die Aufnahme und Analyse der Anforderungen aus dem
Stakeholderumfeld gründend auf Kundenbefragung, öffentlichem Interesse usf. sowie
deren Abgleich mit einer Wettbewerbsanalyse im Marktumfeld durch
Konkurrenzbeobachtung, Benchmarking, Marktdaten und Prognosen. Mit Hilfe dieser
Informationen lässt sich in einem beteiligungsorientierten Verfahren zwischen der
Universitätsleitung und den Mitgliedern der Universität die Wissensstrategie ableiten.
Für die Entwicklung der Wissensstrategie gilt dieselbe Trilogieforderung, die an jeden
Strategieprozess zu stellen ist. Es handelt sich um
•
•
•
die strategischen Entwicklungsziele
die konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung sowie
die Evaluierungskriterien der Zielverfolgung.
Die genannten Punkte sind in Bezug auf das Wissensmanagement in der Universität
der Zukunft festzulegen. Dies ist eine weitreichende Forderung, deren Implikationen
deutlich herausgestellt werden müssen: Bei der Entwicklung und Umsetzung einer
Wissensstrategie für die Universität der Zukunft geht es nicht in erster Linie um die
Implementierung von zahlreichen, meist technologiegetriebenen Bausteinen des
Wissensmanagements. Diese Bausteine dominieren gegenwärtig die Diskussion um
das Wissensmanagement in Theorie und Praxis. Es handelt sich hierbei um
Wissensportale und Internetmarktplätze, Datenstrukturen für Problemlösungen und
Datenbanken für Projekte und Produkte, Recherchetools und Broker-Plattformen,
Content-Managementsysteme und einheitliche Taxonomien für Wissensobjekte. Des
weiteren geht es bei der Entwicklung und Umsetzung einer Wissensstrategie für die
Universität der Zukunft ebenso wenig um Einzelmaßnahmen im Bereich
personenorientierter Bausteine des Wissensmanagements, wie die Einrichtung von
Expertenzirkeln und interdisziplinären Teams, die Erprobung neuer Lehr- und
23
Vgl. Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. (2001).
74
Lernformen, die Ernennung von Knowledge Officern und Knowledge Managern oder
die Durchführung von Peer-Evaluationen. Dennoch sind alle diese Maßnahmen
wichtig und werden als Einzelmaßnahmen bereits heute in unterschiedlicher Intensität
und Ausprägung in den meisten Hochschulen durchgeführt
Es geht im Rahmen des strategischen Wissensmanagements vielmehr um die
Positionierung der Universität am Markt. Die bestehende Maßnahmenlandschaft ist
mit der Wissensstrategie abzugleichen und im Hinblick auf die wissensstrategischen
Ziele fortzuentwickeln, um den Handlungsrahmen für zukünftige Investitionen zu
gestalten.
Wird strategisches Wissensmanagement als Werkzeug wettbewerbsstrategischer
Positionierung der Universität verstanden, dann geht es im Wesentlichen darum, die
universitären Kommunikations- und Wissensstrukturen so zu gestalten, dass sie die
Umsetzung der gewählten Universitätsstrategie effektiv und effizient unterstützen.
Gefordert ist also ein Konzept der Strategieimplementierung, das den Fokus auf
Kommunikation und Wissen richtet.
In jüngster Zeit finden sich in der Managementlehre einige innovative Instrumente der
Strategiekommunikation, -umsetzung und -kontrolle. Eines dieser Instrumente, das in
den letzen Jahren in Forschung und Praxis besondere Akzeptanz gefunden hat, ist die
Balanced Scorecard.
Strategiekommunikation, -umsetzung und –kontrolle durch die Balanced
Scorecard
Die Balanced-Scorecard unterstützt über eine Transformation der Strategie in ein
geschlossenes Bündel qualitativer und quantitativer Kennzahlen den gesamten
Strategieprozess. Getragen wird der Strategieprozess von verschiedenen
Perspektiven, die die strategischen Ziele kategorisieren. Die vier verschiedenen
Perspektiven, mittels derer die ganzheitliche Betrachtung der Organisation erfolgt, sind
üblicherweise
•
•
•
•
•
•
die Finanzperspektive
die Lern- und Entwicklungsperspektive, die Gestaltung der Kompetenzen
die Prozessperspektive, die Gestaltung der internen Struktur
die Kundenperspektive, die Gestaltung der externen Struktur.
Innerhalb der Finanzperspektive zeigt sich, ob die Strategie einer Organisation und
deren Umsetzung wirtschaftlich erfolgreich ist. Zielgrößen sind Finanzkennzahlen.
Auch die weiteren Kennzahlen und Ziele der folgenden drei Perspektiven münden
bei gewinnorientierten Organisationen letztlich in diese Finanzkennzahlen ein. Die
Finanzen sind somit die Endglieder von Ursache-Wirkungsbeziehungen der
Balanced Scorecard in Unternehmen.
Die Kunden- oder Beziehungsperspektive fokussiert demgegenüber die Gestaltung
der externen Strukturen und Vernetzungen. Eine hohe Bedeutung erfährt die
Kundenperspektive in diesem Konzept. Typische Zielgrößen sind
Kundenzufriedenheitswerte oder Marktanteilsgrößen. Ein Unternehmen, das
75
•
•
konsequent mit einer Balanced Scorecard arbeitet, setzt sich daher automatisch
mit dem Thema der Markt- und Kundenorientierung auseinander.
Die Prozessperspektive fokussiert die Gestaltung der internen Prozessstrukturen
der Organisation. Fragen nach der effizienten Arbeitsweise einer Organisation
sollen Daten von verschiedenen Messgrößen wie Entwicklungs-, Durchlauf- oder
Bearbeitungszeiten beantworten.
Die Lern- und Entwicklungsperspektive fokussiert die Gestaltung der Kompetenzen
beispielsweise in den Bereichen Informationssysteme, Personalqualifizierung und
Innovationsmanagement. In vielen Praxisfällen werden innerhalb dieser
Perspektive auch Mitarbeiterzufriedenheitswerte betrachtet.
Insgesamt wird mit Hilfe der verschiedenen Perspektiven eine Steuerung der
Organisation jenseits rein finanzieller Steuerungsgrößen erreicht. Es werden vielmehr
Leistungsgrößen erfasst, die Treiber für finanzielle Ergebnisse sind. Die Balanced
Scorecard ist deshalb in Bezug auf Ergebniskennzahlen und Leistungstreiber
ausgeglichen. Wichtig für die vier Betrachtungsperspektiven ist die Verwendung
geeigneter Outputgrößen. So erweist sich beispielsweise die Zahl der besuchten
Rhetorikseminare eines Assistenten als wenig aussagefähig. Erst verbesserte
Evaluierungsergebnisse seiner Lehrveranstaltungen sind als Output seines
Wissenszuwachses oder Steigerung seiner Kommunikationsfähigkeiten relevante
Messgrößen.
Vision und
Strategiefestlegung
Strategiefestlegun
g der Vision
Klärung
Kommunikation
und
Kommunikation
Vernetzung
Vernetzun
und
• Kommunikation
im
g
Gesamtunternehmen
• Evtl. Durchführung
Durchführung von
Schulungsmaßnahmen
• Ziele setzen
• Anbindung an Anreizsysteme
•
• Festlegung der strategischen
Eckpunkte
• Konsensherstellung innerhalb
der Unternehmensleitung
Umsetzung der
Balanced
Scorecard
Feedbackund
undLernen
Feedback
Lernen
• Durchführung von
Evaluierungsmaßnahmen
Evaluierungsmaßnahm
en
• Sammeln von
Erfahrungsberichten
• Initiierung von Lernprozessen
und Anpassungsmaßnahmen
Planung
Planung
und
Operationalisierun
Operationalisierung
und
g
• Budgetplanung
• Ressourcenplanung
• Aktions- und
Maßnahmenplanung
• Festlegen von Meilensteinen
Abb. 11: Strategieimplementierung mittels Balanced Scorecard24
Inwiefern dient nun die Umsetzung der Balanced Scorecard der Strategieimplementierung in einer Organisation? Diese Frage soll im Folgenden beantwortet
werden.
24
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (1996).
76
Einen Überblick über den Implementierungs- und Kommunikationsprozess liefert die
Abbildung 11 Startpunkt der Einführung einer Balanced Scorecard bilden Vision und
Strategie der Organisation. Das Vorhandensein einer Strategiebildung und –
festlegung wird im vorliegenden Fall für die Universität vorausgesetzt. Vision und
Strategie sind jedoch in einem nächsten Schritt organisationsweit zu kommunizieren.
Das Funktionieren dieses Kommunikationsprozesses kann nicht mehr vorausgesetzt
werden. In kaum einer Universität, die heute über Hochschulentwicklungspläne als
Strategiepapiere verfügt, sind diese flächendeckend bis auf Mitarbeiterebene bekannt.
Mit Hilfe von Feedbackprozessen, in denen die konzeptionelle Gesamtsicht überdacht
wird, erfolgt eine Rückkopplung. Die Balanced Scorecard ist dabei als dynamisches
Instrumentarium konzipiert. Durch das Feedback der Mitarbeiter und die laufenden
Erfahrungsberichte entstehen Schleifen, die ein kontinuierliches Lernen der
Organisation und ihrer Mitarbeiter ermöglichen. In diesem Prozess ist auch die
höchste Hierarchieebene zu ständiger Selbstreflexion aufgefordert, um notwendige
Strategieänderungen erkennen und einleiten zu können. Denn nur auf diese Weise
sind notwendige Anpassungsprozesse zu bewerkstelligen.
Eine organisationsweite Wirkung der Balanced Scorecard wird dadurch erreicht, dass
nicht nur eine Scorecard für die Gesamtunternehmung, die Universität, entworfen wird,
sondern Unter-Scorecards für die einzelnen Organisationseinheiten abgeleitet werden.
Manche Organisationen brechen die Scorecards bis auf einzelne Mitarbeiter herunter.
In jeder einzelnen Scorecard werden entsprechend dem jeweiligen Aufgabenbereich
die wichtigsten Steuerungsgrößen aufgestellt. Dies ermöglicht eine genaue
Verantwortungszuweisung, einen hohen Operationalisierungsgrad und eine hohe
Identifikation der Mitarbeiter mit dem System.
Die Scorecards sind untereinander vernetzt und bauen aufeinander auf. Durch ihre
gezielte Vernetzung wird ein kontinuierlicher Kommunikations- und Lernprozess in
horizontaler und vertikaler Richtung gefördert. Für die Mitarbeiter wird ersichtlich,
inwieweit ihr Handeln andere beeinflusst und ihr Erfolg von anderen abhängig ist.
Bereichsegoismen können zurückgeschraubt werden, da deutlich zu erkennen ist,
welcher Beitrag für die Gesamtorganisation geleistet wird. Dieser Faktor wurde bislang
in den akademischen Anreizsystemen systematisch ausgeblendet.
In Ergänzung zur Festlegung von entsprechenden Indikatoren für Ziele und die
Bestimmung von Maßnahmen zur Erreichung der angestrebten Ziele ergibt sich das
gesamte Balanced-Scorecard-Konzept für eine Universität. Eine mögliche Umsetzung
für eine Forschungsuniversität zeigt das nachfolgende Schaubild.
77
Leistungswirkungsebene
Universitätsmission:
“Wir verstehen uns als breit angelegte Forschungsuniversität, die interund transdisziplinäre Forschung betreibt und eine hochqualitative
Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Ziel hat..”
Kundenperspektive
—Objectives—
Forschungsperspektive
1. Steigerung von Industriepartnerschaften
(Anzahl Kooperationen)
2. Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses (Übernahmequoten von
Studenten in die Organisation)
3. Verbesserung Imageposition in Gesellschaft
(Ratingeinstufung)
1. Erzielung herausragender, interdisziplinärer
Forschungsergebnisse (Ratings)
2. Sicherstellung hoher Ausbildungsqualität
(Studentenbefragung)
3. Internationalisierung (Ausländeranteil bei
Mitarbeitern und Anzahl internationaler
Forschungsprojekte)
Verfahrensebene
Prozeßperspektive
1. Einführung von e-Business-Lösungen für die
Universitätsverwaltung und bei Interaktionen mit
Stakeholdern (Anteil an Gesamtprozessen)
2. Reduzierung von Studienzeiten (durchschn. Dauer)
3. Bereitstellung moderner Infrastruktur für Forschung
und Lehre (Befragungsergebnisse)
Innovations- & Lernperspektive
Potentialebene
—Objectives— Finanzperspektive
1. Kostenkontrolle (Budgeteinhaltung)
2. Überdurchschnittliche Generierung von
Drittmitteln (Überregionales Benchmarking)
3. Umsatzsteigerung aus Lizenz-und
Patentvermarktung sowie Merchandising
(Umsatzsteigerung)
1. Erreichung und Sicherstellung hoher
Mitarbeiterzufriedenheit (Zufriedenheitswerte)
2. Schaffung eines einheitlichen Wissensmanagement (Ergebnis KM-Assessment)
3. Gewinnung Professoren mit Schlüsselqualifikationen (Abgleich Anforderungsprofil)
Abb. 12: Eine Balanced Scorecard mit Zielen und möglichen Messgrößen, in
Klammern genannt, für eine Forschungsuniversität
Die Balanced Scorecard arbeitet hier mit fünf Perspektiven, denn aufgrund der
Betonung der Forschungsqualität wird eine separate Forschungsdimension
aufgenommen. Die verschiedenen Dimensionen sind auf drei Ebenen angesiedelt. Es
handelt sich hierbei um eine Leistungswirkungsebene, die Kunden- und
Lehrperspektive betreffend, eine Verfahrensebene, die Prozessperspektive betreffend,
und um eine Potenzialebene, die Innovations-, Lern- und Finanzperspektive
betreffend. In diesen Dimensionen sind die einzelnen strategischen Ziele mit den
jeweils möglichen Messgrößen abgebildet.
Im Rahmen einer Balanced-Scorecard-Einführung an Universitäten können
nachhaltige Vorteile für den Strategieprozess generiert werden.25 Hier sind zu nennen:
•
•
25
Die Balanced Scorecard kann Universitäten im Strategieprozess über alle
Stufen wirksam unterstützen, d. h. bei der Entwicklung, Steuerung und
Kontrolle.
Die Universitätsleitung kann die Übersetzungs- und Kommunikationsfunktion
der Balanced Scorecard als wichtige Eigenschaft nutzen. Sie dient häufig als
erstmalige Missionsformulierung.
Vgl. auch Anhang C.
78
•
•
•
•
•
•
•
Die Balanced Scorecard basiert auf Abstimmungsprozessen, die im Gegensatz
zu reinen Top-Down-Implementierungen von Anfang an Commitment erzielen
will.
Da das Steuerungssystem nicht zwangsläufig finanzielle Aspekte fokussiert,
sind lediglich niedrige Akzeptanzprobleme zu erwarten.
Die Gefahr der Übersteuerung ist gering, da Universitäten äußerst selten über
ausgeprägte Management-Informationssysteme verfügen.
Explizite Berücksichtigungsmöglichkeiten bedeutender qualitativer Größen und
immaterieller Werte wie intellectual capital und human capital sind möglich.
Rahmen, Ziele und Steuerungsgrößen können exakt auf den Kontext der
einzelnen Universität zugeschnitten werden.
Die Überwindung der kameralistischen Betrachtungsweise und die verbesserte
Diskussionsbasis über Ressourcenzuordnung und -entwicklung wird
unterstützt.
Eine abgestimmte Implementierung ist über die verschiedenen
Organisationseinheiten wie Leitung, Fakultäten, Lehrstühle und zentrale
Einheiten möglich.
79
III.Die Universität der Zukunft - ein gegenwärtiger
Reformprozess
Die vorliegende Studie entwickelt eine Vision der Universität der Zukunft. Die
vorgestellten Strategien und Verhaltensweisen legen dar, auf welche Weise deutsche
Universitäten diese Vision in Eigeninitiative und -verantwortung realisieren und
entwickeln müssen, um organisatorisch den nötigen Evolutionssprung vom 19.
Jahrhundert in die Wissensgesellschaft von morgen vollziehen zu können. Dies
bedeutet, dass sich die Universität in der Erledigung ihrer Aufgaben
professionalisieren, durch inhaltliche Konzentration ihre Stärken ausbauen und sich
als Organisation öffnen muss. Jede einzelne Universität kann damit einen Beitrag zur
Verbesserung der Qualität in der Forschung und der akademischen Berufsausbildung
in Deutschland leisten.
Bei der Entwicklung dieses Universitätsmodells wurde die Universität losgelöst von
ihren Bindungen als individuelle Organisation betrachtet. Wenn davon ausgegangen
wird, dass die Universität der Zukunft die absolute Handlungsautonomie erhält, muss
herausgestellt werden, dass allein die Übernahme individueller Verantwortung durch
die jeweilige Universität nicht genügen wird, einzelne deutsche Universitäten aus dem
gegenwärtigen Spektrum der Universitätslandschaft als internationale
Spitzeninstitutionen zu etablieren.
Untersucht man Universitäten, die zur weltweiten Forschungsspitze gehören, stellt
sich eine Gemeinsamkeit heraus: Sie verfügen über ausgesprochen hohe finanzielle
Mittel. Entweder besitzen diese Institutionen historisch bedingt eigenes erhebliches
Vermögen wie die Oxford und Cambridge University, Harvard und Columbia oder sie
kommen, meist aus politischen Gründen, in den Genuss einer besonders hohen
direkten oder indirekten staatlichen Förderung. In den USA wurde zum Beispiel in den
50er Jahren als Reaktion auf den Kalten Krieg die nationale Forschungslandschaft mit
hohem staatlichen Einsatz ausgebaut. Dabei wurden riesige, staatlich finanzierte
Forschungsinstitute aufgebaut, von denen einige direkt mit Universitäten sowohl
privaten wie staatlichen verknüpft wurden. Diese Anstrengungen von Seiten des
Staates haben wesentlich dazu beigetragen, dass z. B. aus Stanford, das bis nach
dem zweiten Weltkrieg den Ruf hatte, ein „finishing college“ für Söhne und Töchter der
besseren Gesellschaft zu sein, eine der weltweit führenden Forschungsuniversitäten
wurde. In direkter Nachbarschaft befindet sich das Stanford Linear Accelerator Center,
finanziert durch das U.S. Department of Energy. Auch das private MIT erhält aufgrund
der Verbindung mit den Lincoln Laboratories, die durch das U.S. Department of
Energy finanziert werden, indirekt erhebliche staatliche Mittel, die ausschließlich der
Grundlagenforschung zugute kommen. Diese Mittel sind ein Hauptgrund dafür, dass
das MIT ein weltweiter Anziehungspunkt für junge Wissenschaftler ist. Ähnlich verhält
es bei der UC Berkeley. Bei der Betrachtung ihrer Einnahmequellen wird deutlich,
dass diese staatliche Universität nur ca. 20 % ihres Haushalts aus der staatlichen
Grundfinanzierung erhält, deren Verwendung ausschließlich für die Lehre vorgesehen
ist. Wesentlich verantwortlich für den wissenschaftlichen Erfolg sind die Lawrence
Berkeley Laboratories, die organisatorisch selbstständig tätig, de facto aber der
Universität angegliedert sind. Das genannte Institut beschäftigt 4000 ständige
Mitarbeiter, 800 Studierende und wird vollständig aus Mitteln des U.S. Department of
Energy finanziert. Das starke politisch motivierte Engagement drückt sich auch darin
aus, dass besagtes Department of Energy sowohl in Oakland bei Berkeley wie auch in
80
Stanford eigene Unterabteilungen führt. Das CalTech, dass gegenwärtig als die bestpractice-Universität für eine echte Forschungsuniversität betrachtet wird, verfügt über
ein staatlich finanziertes Großlabor, das Jet Propulsion Lab der NASA. Dieses Labor
beschäftigt über 5000 Mitarbeiter und erhält ein jährliches Budget von 1,3 Milliarden
US $. Sein Direktor ist automatisch in Personalunion einer der Vize-Präsidenten des
CalTech und damit Mitglied der Universitätsleitung. Alle anderen Positionen in der
Hochschulleitung werden wie üblich von einem externen Universitätsrat besetzt. Die
Anwesenheit eines von der Nasa und damit dem U.S. Department of Defence
finanzierten Wissenschaftlers in der Universitätsleitung ist für die Einwerbung
staatlicher Forschungsgelder sicherlich kein Schaden. Die außergewöhnliche
Attraktivität des CalTech für Wissenschaftler gründet sich auch auf die exzellenten
Forschungsmöglichkeiten.
Auch ein Blick auf die ETH Zürich, die zweifellos zur internationalen Forschungsspitze
zählt, zeigt den offen ausgesprochenen politischen Willen, Exzellenz zu erreichen und
im Fall der staatlichen Universität ETH auch zu finanzieren. Die Gründungsurkunde
von 1855 hält fest, dass die ETH als Anstalt zur Ausbildung einer
naturwissenschaftlichen Elite für die Schweiz konzipiert ist. Sie besitzt gegenüber allen
anderen Schweizer Universitäten eine Sonderstellung, die sich auch in der Höhe ihrer
Grundfinanzierung und wissenschaftlichen Ausstattung widerspiegelt. Heute drückt
sich dieser Gründungsauftrag, wissenschaftliche Exzellenz zu pflegen, z. B. in der
großen Bedeutung aus, die die ETH der Attraktivität der Universität für ausländische
Wissenschaftler und Studierende26 beimisst. Auch in Zeiten schrumpfender staatlicher
Universitätsbudgets muss sich die ETH, nach Aussage eines ihrer
Leitungsmitglieder27, keine finanziellen Sorgen machen. Der politische Wille zur
wissenschaftlichen Exzellenz besteht in der Eidgenossenschaft offensichtlich nach wie
vor. 1969 wurde das Konzept erweitert, indem die vormalige polytechnische
Universität Lausanne in eine ETH Lausanne umgewandelt wurde.
Natürlich haben die genannten Institutionen auch hervorragende wissenschaftliche
Arbeit geleistet und sich dafür qualifiziert, eine besondere staatliche Förderung zu
empfangen. Diese Förderung wiederum erlaubt ihnen, ihr wissenschaftliches Niveau
zu halten oder gar auszubauen. Damit qualifizieren sie sich aufs Neue für weitere
Sonderbehandlung. Überdurchschnittliche Leistungen und besondere Förderung
bedingen sich hier offensichtlich wechselseitig.
Eine exzeptionelle Eigeninitiative der Universitäten ist stets auch eine notwendige
Voraussetzung für überdurchschnittliche Leistung. Langfristig ist dies als alleiniger
Faktor jedoch nicht ausreichend. Entweder müssen eigene Mittel der Universität oder
überdurchschnittliche Förderung durch den Staat diese Anstrengungen stützen und
flankieren.
Der Fall, dass Universitäten durch eigenes Vermögen eine Spitzenposition erreichen
können, scheidet in Deutschland aus. Auch Modelle wie die geplanten
Stiftungsuniversitäten in Niedersachsen, denen ihre Liegenschaften als Besitz
übertragen werden sollen, ändern dies nicht. Denn besagte Liegenschaften können
nicht gewinnbringend verwertet werden, da die Universität diese selbst nutzt. In
Deutschland ist die Schaffung von Spitzenuniversitäten neben qualitativ
26
27
Der Anteil ausländischer Studierender liegt bei 35 %.
Dies wurde im Rahmen mehrerer Gespräche und Interviews, die die Autoren im November 2001 mit
Vertretern der Hochschulleitung und des ETH-Rates geführt haben, geäußert.
81
durchschnittlichen Institutionen nur durch politisch gewollte und bewusste
Begünstigung geeigneter Universitäten möglich. Dafür muss der Staat vom Prinzip der
Gleichbehandlung abweichen und seinen Wunsch nach international
wettbewerbsfähiger Wissenschaft, der gerade in der laufenden Debatte oft geäußert
wird, durch Spitzenförderung für einige wenige Eliteeinrichtungen in die Tat umsetzen.
Universitäten, die sich entscheiden, die in der Studie dargelegten Vorschläge zu
strategischem, eigenverantwortlichen und innovativem Handeln aufzunehmen,
ergreifen somit die Initiative, eine Startposition in den Bemühungen um internationale
Exzellenz einzunehmen. Im nächsten Schritt ist es dann die Aufgabe des Staates zu
entscheiden, welche Institutionen das Potenzial haben, durch besondere Förderung
tatsächlich zur Spitze vorzustoßen.
Dies wirft in Deutschland gegenwärtig folgende Fragen auf, die die Studie im Rahmen
ihrer Untersuchungen nicht beantworten kann, deren Beantwortung jedoch nicht mehr
lange aufgeschoben werden darf.
Wer wird die Entscheidung treffen, ob in Zukunft einige wenige deutsche Universitäten
Spitzenförderung durch den Staat, sei es direkt oder indirekt, erhalten und welche
Universitäten für das Zukunftsprojekt ausgewählt werden? Im Fall der ETH
beispielsweise ist klar, dass die ETH von der Eidgenossenschaft finanziert wird. Alle
anderen Universitäten und Hochschulen dagegen sind Angelegenheit der jeweiligen
Kantone. In Deutschland muss die Entwicklung eintreten, das grundsätzliche Prinzip
der Gleichbehandlung durch exklusive Förderung für eine besonders geeignete
Zielgruppe zu ergänzen. Der pauschal geäußerte Wunsch nach internationaler
Spitzenforschung in Deutschland wird sich nur realisieren lassen, wenn politische
Entscheidungsträger bereit sind, das Prinzip der Gleichbehandlung deutscher
Universitäten aufzugeben. Hierfür muss auch ein Umdenken in der Zusammenarbeit
von Bund und Ländern im Bereich der Universitätsfinanzierung erreicht werden.
Denkbar wäre, die Zuständigkeit für die Standardgrundfinanzierung auf Landesebene
zu belassen und die Exzellenzförderung aus Bundesmitteln zu finanzieren.
Wie soll entschieden werden, welche Institutionen das Potenzial haben, in absehbarer
Zeit zur internationalen Forschungsspitze vorzustoßen? Gegenwärtig gibt es für die
deutsche Universitäten keine belastbaren und vergleichbaren Daten. Es existieren
keine Evaluationen, die als Grundlage für derartige Entscheidungen dienen könnten.
Entweder muss ein verbindliches nationales Evaluationsverfahren zur
Qualitätssicherung in Forschung und Lehre an den Universitäten eingeführt werden
oder die Universitäten nehmen freiwillig an einem Verfahren dieser Art teil. Erst wenn
belastbare Vergleichsdaten bezüglich relevanter Beurteilungskriterien vorliegen, wird
die Entscheidung, welche Institutionen über das Potenzial zur internationalen
Exzellenz verfügen, möglich. Anschließend kann die Bewerbung um entsprechende
Fördermittel beginnen. Der Staat könnte, ob auf Bundes- oder Landesebene, die
Teilnahme der Universitäten an anerkannten Evaluations- oder
Qualitätskontrollverfahren zur grundsätzlichen Voraussetzung für einen Wettbewerb
um Sondermittel machen. Diese Sondermittel sollten für ambitionierte
Restrukturierungsprojekte, besondere Forschungsprojekte und innovative
Lehrkonzepte, deren Realisierung jeweils einen Qualitätssprung verspricht, vergeben
werden. Die freiwillige bzw. verpflichtende Teilnahme an Evaluationsverfahren ist in
vielen Ländern bereits eingeführt. Insbesondere in den USA, in Großbritannien,
82
Australien und Neuseeland existieren erprobte Verfahren, die übernommen werden
oder als Vorbild dienen können.
Letztendlich ergibt sich die Frage, wie verträglich die Förderung von einigen wenigen
Spitzenuniversitäten mit dem deutschen Forschungssystem ist? Der Bund setzt bei
seiner Forschungsförderung auf die großen Forschungsgesellschaften und
wissenschaftlichen Großeinrichtungen. Dabei konzentriert er sich keineswegs auf die
Grundlagenforschung, sondern fördert z. T. sehr wirtschaftsnahe Projekte. Einige
Institute der Fraunhofer Gesellschaft treten zuweilen als direkte Konkurrenten
privatwirtschaftlicher High-Tech-Unternehmen auf. Die universitäre Forschung ist aus
der Perspektive des Bundes von nachrangiger Wichtigkeit, da davon ausgegangen
wird, dass sie weitgehend über die Grundfinanzierung der Universitäten aus
Landesmitteln abgedeckt ist 28. Die Länder ihrerseits fordern vom Bund zwar mehr
Gelder für Forschung und Entwicklung, verteidigen aber die Hoheit über das
Bildungswesen gegenüber jeglicher perzipierter Einflussnahme des Bundes
vehement. Nun sind die Universitäten keine reinen Bildungseinrichtungen wie etwa
Schulen, sondern haben den Anspruch, auch in der Forschungslandschaft ihren Platz
einzunehmen. Grundsätzlich müsste in Deutschland überprüft werden, inwieweit die
Forschungsförderung von universitärer und außeruniversitärer Forschung angeglichen
werden könnte. Eine Angleichung der Fördermechanismen hätte einen stärkeren
Wettbewerb und höhere Qualität zur Folge. In den Universitäten würde er ein
grundsätzliches Umdenken beschleunigen.
28
Dies entspricht der Realität, da die Grundfinanzierung bei den deutschen Universitäten im
Durchschnitt etwa 80 % ihres Haushaltes ausmacht. Nur 20 % kommen aus anderen Quellen, die
nicht nur Bundesmittel wie DFG-Gelder, sondern auch Gelder aus der Wirtschaft, aus EUFörderprogrammen etc. umfassen.
83
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V. Besuchte Institutionen
USA
California Institute of Technology, CalTech
Columbia University
Dartmouth College
Harvard University
Keck Graduate Institute
Massachussetts Institute of Technology, MIT
Rutgers University
Stanford University
University of Berkeley
University of California
UK
University of Cambridge
University of Warwick
University of Oxford
Niederlande
Universität Maastricht
Universität von Amsterdam
Universität Twente
Schweiz
ETH-Rat
Deutschland
WHU
86
Universität der Zukunft
Anhang A
Die Finanzierung von Universitäten – Überlegung zu Einnahmequellen, deren
Rentabilität und Einbindung in die Universitätsstrategie
Autoren:
Dr. Konstantin Reetz, TUM-Tech GmbH; [email protected]
Bernd Grohs; [email protected]
87
88
VI. Anhang A: Die Finanzierung von Universitäten –
Überlegung zu Einnahmequellen, deren Rentabilität und
Einbindung in die Universitätsstrategie
A.1. Einleitung
Das Thema Finanzen wird für die Universität der Zukunft von grundlegender
Bedeutung sein. Diese Thematik muss, um Zukunftsfähigkeit der Universität zu
erlangen, eine entschiedene Neuorientierung erfahren. Die Finanzen werden die
Qualität der Produkte der Universität ausschlaggebend beeinflussen, das Verhalten
der Mitglieder der Universität maßgeblich prägen und damit die Wettbewerbsfähigkeit
bestimmen.
Die Entwicklung einer Universität zu einer Spitzenuniversität wird davon abhängen,
wie erfolgreich die Universität im Bereich Finanzen agiert: sowohl bei der Einwerbung
zusätzlicher Mittel als auch bei der wirtschaftlichen und strategisch sinnvollen
Verwendung dieser Mittel.
Von den Universitäten selbst wird regelmäßig das Thema Finanzen als Ursache für
nicht befriedigende Qualität oder die eingeschränkten Möglichkeiten der
Aufgabenerfüllung angeführt. Dabei herrscht Unzufriedenheit bezüglich der Höhe der
gewährten Finanzierung, der Regeln zur Bemessung der Finanzierung und
insbesondere bezüglich der fehlenden Handlungsfreiheit der Universitäten bei der
Verwendung der Finanzen. Mit dieser Klage wird gleichzeitig versucht, die
Verantwortung für Missstände auf die finanzierenden Stellen zu schieben, obwohl die
Universitäten auch heute schon viele Möglichkeiten hätten, ihre Situation zu
verbessern.
Allerdings ist davor zu warnen, dass die Universität als Ganzes als ökonomisierbar
gesehen wird. Die Universität kann nicht insgesamt Marktgesetze anwenden, weil sie
im Auftrag des Staates auch übergeordnete Werte verfolgt. Fächergruppen, die für die
Wirtschaft weniger interessant sind, weil nicht ökonomischen Nutzen stiftend, würden
verschwinden, würde man sie Marktgesetzen aussetzen.
Zumindest Teile der Gesellschaft erwarten von den Universitäten kritisches Denken
statt Unterordnung unter ökonomische Ziele. Allerdings gibt es in Universitäten auch
Bereiche, die ökonomisierbar sind. Wo marktstimulierende Kräfte positiv wirken,
sollten sie genutzt werden. Dies trifft mit Sicherheit auf die Weiterbildung und
Auftragsforschung zu.
89
A.2. Höhe der Finanzierung
Deutsche Universitäten in staatlicher Trägerschaft werden zu einem sehr hohen Anteil
aus Steuermitteln finanziert. Die Länder gewähren in ihrem Haushalt verankert eine
Grundfinanzierung für den Betrieb der Lehre und Forschung sowie für den Bau und
Erhalt der Gebäude und Forschungsstätten. Die Baukosten, das sind etwa 10 % der
Gesamthochschulfinanzierung, teilen sich die Länder mit dem Bund.29 Aus
Steuermitteln werden zudem direkt Programme zur Forschungsförderung von
Ländern, Bund und Europäischer Union finanziert als auch nationale
Forschungsfördereinrichtungen wie die DFG.
Die Gesamtausgaben für Hochschulen betrugen 1990 etwa 1,21 % des
Bruttoinlandprodukts, 1999 noch 0,98 %. Die Finanzminister der Länder haben
beschlossen, die Bildungsausgaben einzufrieren und ab 2008 zurückzufahren.30
Die Finanzierung der Hochschulen erfolgt derzeit aus folgenden Quellen: ca. 87 %
durch die Länder, ca. 7 % durch den Bund und ca. 5 % direkt durch die Wirtschaft,
Stiftungen und Privatpersonen. Der direkte Finanzierungsanteil der Wirtschaft liegt mit
2,8 % im internationalen Vergleich sehr niedrig.
Auch bei erfolgreichen deutschen Universitäten wird nur ein geringer Anteil der
Finanzierung von privaten Quellen bereitgestellt. Dies ist überwiegend die
Auftragsforschung für die Wirtschaft.
Eine von vielen Universitäten geforderte Erhöhung der aus Steuermitteln bestrittenen
Universitätshaushalte würde automatisch entweder eine Erhöhung der Steuersätze
bedeuten oder alternativ eine Umverteilung der Steuereinnahmen.
Der Wettbewerb des Hochschulbereichs mit anderen Politikbereichen um knappe
staatliche Mittel wird jedoch immer härter. Die Hochschulen müssen sich dabei gegen
die Wahrnehmung verteidigen, den Finanzzuweisungen stünden keine angemessenen
Leistungen gegenüber. Der Rechtfertigungsdruck über die Notwendigkeit des
Umfangs der Budgets und den Nutzen der eingesetzten Mittel steigt. Es ist sogar
davon auszugehen, dass es infolge der Steuerung der Hochschulen mit Hilfe von
Normen und Erlassen im Bereich der Finanzen und des Personals zu Fehlallokationen
von Ressourcen im Hochschulsystem insgesamt und in einzelnen Hochschulen
kommt.
Es ist jedoch nicht bei allen Mitgliedern der Hochschulen das stete Bewusstsein zur
Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des Mitteleinsatzes zu erkennen. Für eine
Umverteilung dürften die Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft sein.
Eine Erhöhung der Steuersätze hingegen würde von den Steuerzahlern und der Politik
nicht akzeptiert werden, da der Trend genau in die entgegengesetzte Richtung zeigt.
Auch im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist eine
weitere Erhöhung der Steuersätze nicht möglich.
Daher ist die vielfach geforderte Erhöhung der staatlichen Finanzierung der
Universitäten kaum realisierbar und volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Vergleicht man
die Grundfinanzierung der Bundesländer für deutsche Universitäten mit der des
jeweiligen Staates erfolgreicher amerikanischer State Universities, z. B. der University
29
30
Vgl. Hochschulbaufördergesetz.
Vgl. Oppermann, T. (2001), in: Melzer, A./Casper, G. (Hg.).
90
of California, so ist eine deutliche Diskrepanz der prozentualen Anteile am
Gesamtbudget zu verzeichnen. Die Grundfinanzierung des State of California liegt bei
20,2 % im Gegensatz zu den vorher erwähnten 68,4 % oder 74,9 % der deutschen
Universitäten oder 87 % im Mittel.
Führende staatliche Universitäten in den USA, z. B. die University of California,
erhalten von ihrem Staat eine in absoluten Zahlen vergleichbare Grundfinanzierung
wie die deutschen Universitäten von den Bundesländern. Was dies für die Lehre und
Forschung bedeutet, wird später erläutert.
Amerikanische Universitäten, auch die staatlichen, sind viel weniger angewiesen auf
die Finanzierung ihres Trägers. Sie haben sich vielfältige und ergiebige
Einnahmequellen erschlossen, sind dadurch weniger abhängig von einzelnen
Finanzgebern und haben sich aufgrund dessen höhere Freiheiten erwirkt. Die frei
verfügbaren Mittel der Harvard University im Haushalt 2000 lagen bei 35 % des
Gesamtbudgets, während deutsche Universitäten quasi keine frei verfügbaren Mittel
hatten. Dass Einnahmendiversifizierung auch in Deutschland möglich ist, belegen
private Hochschulen.
Die folgenden Abbildungen zeigen die Herkunftsstruktur der Budgets verschiedener
Hochschulen. Die RWTH als staatliche deutsche Universität erhält aus nur zwei
Quellen ihre Finanzmittel: Vom Staat die direkte Haushaltsfinanzierung, und die in
Drittmitteln enthaltene Projektfinanzierung für staatlich geförderte
Forschungsmaßnahmen. In den Drittmitteln sind auch die privaten auftragsbezogenen
Mittel aus der Wirtschaft enthalten. Diesen stehen aber zusätzliche Aufwendungen
entgegen, so dass frei verfügbare Mittel quasi nicht vorhanden sind.
direkte staatliche
Unterstützung
75%
Drittmittel
25 %
Abb. A.1: Budget einer deutschen staatlichen Universität: RWTH Aachen
Im Gegensatz dazu steht die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung
in Vallendar, im Folgenden WHU genannt. Ihre Einnahmenstruktur ist viel
differenzierter. Wesentlich aber ist, dass den Einkunftsarten Kapitalerträge und
Spenden, die 61 % des Budgets darstellen, keine oder nur geringe Aufwendungen
gegenüber stehen. Diese höchstrentablen Einkunftsarten ermöglichen erhebliche
Handlungsfreiheit.
91
Spenden
44%
Kapitalerträge
17%
Drittmittel
übrige Erträge
4%
7%
Studiengebühren
28%
Abb. A.2: Budget einer deutschen privaten Universität: WHU
Die staatliche amerikanische University of California ist in ihrer Einnahmenstruktur
sehr differenziert. Dies ist Ergebnis der permanenten Bemühungen, neue
Einnahmequellen zu erschließen und zu entwickeln. Die staatliche Unterstützung
durch Federal und State Government liegt insgesamt bei 40 %. Die Einnahmen aus
Kapitalerträgen und Spenden erreichen nur knapp 5 %. Weil die staatlichen
Universitäten Fundraising erst entwickelt haben, als staatliche Finanzierung nicht mehr
ausreichte, um die gesteckten Qualitätsziele zu erreichen, zeigen sie bei dieser
Einkunftsart Rückstand gegenüber privaten Universitäten, deren Existenz seit jeher
von erfolgreicher Spendeneinwerbung abhängig war.
Fort- und Weiterbildung
6%
andere Unternehmungen
Studiengebühren
5%
9%
direkte staatliche
Medizinische Center
Unterstützung
22%
26%
Spenden
4%
Nichtstaatliche Zuschüsse und
Verträge 5%
übrige Erträge
Staatliche Zuschüsse und Verträge
8%
15%
Abb. A.3: Budget einer amerikanischen staatlichen Universität: University of California
Anders die Struktur der Einnahmen einer amerikanischen Privatuniversität am Beispiel
der Harvard University. Der Staatszuschuss für Forschung liegt bei 16 %. Der
wichtigste Einzelposten der Einnahmenstruktur sind Kapitalerträge mit 28 %.
92
Zusammen mit den Spenden, 7 %, geben diese Einkunftsarten höchster Rendite
weitreichende Handlungsfreiheit im Sinne der Verfolgung strategischer Ziele. Nicht zu
vernachlässigen ist, dass der Reichtum wohlhabender amerikanischer Universitäten
aus Landbesitz entstand; ein Kapital, über das deutsche Universitäten nicht verfügen.
Staatliche Zuschüsse
und Verträge
16%
Nichtstaatliche Zuschüsse und
Verträge
5%
Spenden
7%
Kapitalerträge
28%
übrige Erträge
20%
Studiengebühren
24%
Abb. A.4: Budget einer amerikanischen privaten Universität: Harvard
Budgets für die Lehre
Ein wesentlicher Aspekt für die Qualität der Lehre ist neben organisatorischen und
personellen Stärken die Höhe der verfügbaren Budgets pro Studierenden. Die
Haushalte der deutschen Universitäten, die in der Grundfinanzierung nicht zwischen
Zuschüssen für Lehre und Zuschüssen für Forschung unterscheiden, lassen keine
Differenzierung bezüglich der unterschiedlichen Geschäftsbereiche in
unterschiedlichen Universitätstypen zu. Forschungsuniversitäten werden sicherlich
mehr Mittel für die Forschung verwenden als Universitäten, die ihren Schwerpunkt in
der Lehre haben, eventuell auch in Fächern, die weniger laborintensiv sind und daher
auch weniger Laborgeräte benötigen. Dennoch soll der Versuch unternommen
werden, das Gesamtbudget der Universität durch die Gesamtzahl der Studierenden
zu dividieren, wissend dass dieser Wert nicht exakt die Verhältnisse wiederspiegeln
kann.
Diese Rechnung ergibt, dass bei den als Beispiel gewählten staatlichen Universitäten
in Deutschland diese Beträge bei 8350 € an der RWTH oder 6969 € an der Universität
Tübingen pro Studierenden und Jahr liegen. Vergleicht man damit die verfügbaren
Mittel amerikanischer staatlicher Universitäten, so ist zu sehen, dass im Beispiel der
University of California das Budget pro Studierenden bei 47452 € liegt, das das
5,7fache des Wertes der RWTH und das 6,8fache des Wertes der Universität
Tübingen ist. Bei amerikanischen Privatuniversitäten liegt das verfügbare Budget pro
Studierenden im Beispiel des MIT bei 67827 €, also 8 mal so hoch wie im deutschen
Beispiel RWTH Aachen oder 9,7 mal so hoch wie in Tübingen. Diese Zahlen sind
sicherlich nicht exakt gerechnet, zeigen aber deutliche Unterschiede.
Absolut sind die vom zuständigen Staat in den USA bzw. Bundesland in Deutschland
bereitgestellten Grundfinanzierungsmittel bezogen auf den Studierenden in der
93
gleichen Größenordnung, d. h., 9585 € an der UC, 5711 € an der RWTH und 5220 €
an der Universität Tübingen.
Wettbewerbsentscheidend ist, dass führende amerikanische Universitäten aufgrund
ihrer erfolgreichen Mitteleinwerbung sehr viel mehr Mittel pro Studierenden zur
Verfügung haben und auch einsetzen. Sie agieren damit viel betreuungsintensiver und
verfügen über die finanziellen Möglichkeiten, die Qualität zu erhöhen.
Oberflächliche Analysen des amerikanischen Systems führen oft zu der Empfehlung
an die deutschen Universitäten, wie Harvard und Berkeley zu agieren. Eine
detailliertere Analyse zeigt jedoch, dass sich die führenden amerikanischen
Universitäten, dies gilt nicht für alle, gegenüber führenden deutschen Universitäten
deutlich in der Höhe der verfügbaren Budgets unterscheiden. Die amerikanischen
Universitäten haben die Finanzierung jedoch zu ihrer Sache erklärt, während deutsche
weiter lamentieren. Auch die weitgehende Autonomie in der Mittelverwendung haben
sich amerikanische Universitäten hart erarbeitet und sich dafür qualifiziert.
Wesentliches Ziel für deutsche Universitäten muss die Erhöhung nicht
zweckgebundener Finanzmittel sein, damit die Handlungsfähigkeit erhöht werden
kann. Das heißt: Alternative Einnahmequellen müssen nach dem Kriterium der
Rendite bewertet werden, nicht oberflächlich nach der Höhe erzielbarer Einnahmen.
Es führt nicht weiter, Einnahmequellen zu erschließen, die den Aufwand
gleichermaßen erhöhen. Das Thema Technology Licensing wird oft als Goldgrube
dargestellt. Die Erfahrungen in den USA zeigen jedoch, dass eine erhebliche
Vorinvestition erforderlich ist, um diese Quelle zu erschließen, dass der operative
Gewinn in der Regel vernachlässigbar ist, wenn nicht gerade einer der seltenen Coups
gelandet wird und dass letztendlich die Einnahmen auch bei den erfolgreichsten
Universitäten nur 1 bis 3 % zur Gesamtfinanzierung beitragen.
Die Erfolgsgeschichte der amerikanischen Spitzenuniversitäten basiert auf ihrer
Fähigkeit, Einnahmequellen höchster Rendite zu erschließen. Dazu ist die Steuerung
durch ein hochprofessionelles System, herausragende Qualität und Einzigartigkeit
ihrer Produkte und ein überragendes Image erforderlich. Wenn es eine Universität
schafft, sich im Ranking als führende Universität zu positionieren, wird sie wie in
einem Aufwärtssog bei professioneller Steuerung automatisch genügend Finanzen
haben, um sich dauerhaft an der Spitze zu etablieren.
A.3. Bemessung der Finanzierung
In Deutschland bemaß und bemisst sich das vom jeweiligen Bundesland der
Universität zur Verfügung gestellte Budget in erster Linie nach der Zahl der
Studierenden.31 Zwar werden, wie gleich beschrieben werden wird, auch andere
Kriterien berücksichtigt, sogenannte erfolgsabhängige Bemessungsgrundlagen wie die
eingeworbenen Drittmittel, aber in einer niedrigen Gewichtung. D. h., eine deutsche
Universität kann derzeit ihre Budgets vor allem erhöhen, indem sie ihre Belastung
erhöht. Für die Steigerung der Qualität bleiben da kaum Mittel über; Qualität ist auch
kaum eine Bemessungsgröße. Die Konsequenz von Gleichmacherei aber ist
31
Entspricht dem Kriterium belastungsgesteuert.
94
bestenfalls Mittelmaß. Zur Zuweisung des Haushaltes werden die in der Forschung
erzielten Ergebnisse nicht beurteilt.
Lediglich ein geringer Anteil des Budgets unterliegt dem Wettbewerb, der Qualität als
Auswahlkriterium hat. Dies sind die sogenannten Drittmittel für Forschungsprojekte.
Dabei stehen die Universitäten nicht nur im Wettbewerb mit ihresgleichen, sondern
auch mit Einrichtungen wie dem MPI und der FhI, die nur das Geschäftsfeld
Forschung betreiben und dies permanent professionalisieren können.
Die Konsequenz, nachlassende Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich,
wird allerdings den Universitäten angelastet.
Erste zarte Pflänzchen in Form eines neuen Steuerungsmodells, das besser zu
autonomen Hochschulen passt, beginnen zu sprießen. In Deutschland wird begonnen
bei der Mittelvergabe drei Instrumente zu kombinieren. Das sind 1. die Evaluation als
Ansatz zur Qualitätstransparenz und –sicherung, 2. die Rechenschaftslegung mit
teilweise aus der kaufmännischen Buchführung abgeleiteten Formen des
Berichtswesens und 3. Zielvereinbarungsansätze. Mit diesem Instrumentarium soll,
soweit die Theorie, die Steuerung unter Angabe von finanziellen Rahmenbedingungen
outputorientiert und ex-post stattfinden.
Als Grundbausteine werden dafür die pauschale Vorabzuweisung mit Zweckbindung
oder ohne Bedingungen für Leistung und Ergebnis in Form einer Globalzuweisung, die
Indikatorsteuerung über formelgebundene Finanzierung und die Finanzierung nach
Ziel-, und Leistungsvereinbarungen kombiniert. Als Indikatoransätze werden
typischerweise Studierende in der Regelstudienzeit, Absolventen und Prüfungen,
Drittmittel, Stellen und Personal, Promotionen, Frauenförderung, Habilitationen, etc.
herangezogen, um nur die in den Bundesländern am häufigsten verwendeten
aufzuzählen. Aufwändige Ziel- und Leistungsvereinbarungen, weil verhandlungs- und
zeitintensiv, findet man vor allem bei den Stadtstaaten, die eine überschaubare Anzahl
an Hochschulen aller Hochschularten betreuen. Die Kombination von Steuerung über
Indikatoren und Vereinbarungen ist geeignet, die Probleme, die jede Steuerung für
sich aufweist, abzufangen; Prüf- und Messbarkeit bei Ziel- und
Leistungsvereinbarungen versus Dialogorientierung im Vereinbarungsprozess.
Insgesamt werden in der bereits länger andauernden Orientierungsphase meist
kleinere Teile des Haushalts32, manchmal größere Teile33 dem traditionellen Verfahren
entzogen und entsprechend den Formeln oder Vereinbarungen verteilt. Im Falle von
Baden Württemberg werden die möglicherweise resultierenden Umverteilungen durch
eine Kappungsgrenze, die Verluste auf 1 % des letzten Haushalts beschränkt,
abgemildert. Auch Globalzuweisungen, die diesen Namen verdienen, sind noch selten
oder in der Höhe eingeschränkt.34
32
Vgl. Anteil der Sachmittel im Rahmen der Titelgruppe für Forschung und Lehre wie in Bayern.
Vgl. 14 % des gesamten Landeszuschusses wie in Baden-Württemberg 2000/2001.
34
Vgl. Titscher, S./Winckler, G./Biedermann, H. et al. (Hg., 2000).
33
95
Der Wettbewerb in der Forschung zwischen Hochschulen und
außeruniversitären Forschungseinrichtungen
Die deutsche Forschungslandschaft ist mittlerweile in höchstem Maße segmentiert.
Neben den Hochschulen sind viele außeruniversitäre Institute in Forschung und
Entwicklung, im Folgenden mit FuE bezeichnet, tätig, die teilweise in großen
Organisationen wie der MPG, FhG, HGF, WGL und AIF geführt werden, teilweise
auch in solitären Landes- und Bundeseinrichtungen.
Der größte Teilnehmer an Forschung und Entwicklung ist allerdings die Wirtschaft.
Diese finanziert 63,4 % aller FuE-Ausgaben Deutschlands und führt 67,4 % aller FuEMaßnahmen durch. Für die Hochschulen verbleiben nur noch 17,9 % und für die
außeruniversitären Einrichtungen nur noch 14,7 % bei der Durchführung.35
“Das Kräfteverhältnis von universitärer Forschung und Forschung an
außeruniversitären Einrichtungen hat sich zunehmend zu Ungunsten der Universitäten
verschoben. Infolge der Auszehrung der Hochschulhaushalte und der„Überlast in der
Lehre gerät die Ausstattung der Hochschulen für Forschung im Vergleich zu den
außeruniversitären Forschungseinrichtungen seit den 70er Jahren immer mehr ins
Hintertreffen.“36
Hinzu kommt die Gründung einer großen Zahl neuer außeruniversitären
Forschungseinrichtungen. Die Gründungsentscheidungen werden häufig nach
Prioritätensetzung entsprechend strategischer Entwicklungsplanungen der Länder
sowie in Anlehnung an politisch vorgegebene Strukturplanungen getroffen (wobei die
Prioritäten in der Regel in allen Ländern die gleichen sind). Die Themenbereiche
entsprechen überwiegend den sogenannten Hochtechnologien, die auch in der
Öffentlichkeitsarbeit großes Ansehen genießen. Viele Bereiche, in denen Universitäten
forschen, insbesondere wenn sie in Sozial- und Geisteswissenschaften tätig sind,
bleiben unberücksichtigt.
Angesichts der angespannten Finanzlage der Länder werden Entscheidungen über
die Ansiedlung neuer Forschungseinrichtungen mit großem Investitionsbedarf so
getroffen, dass eine Mitfinanzierung des Bundes, vornehmlich in gemeinschaftlich
finanzierten Einrichtungen erreicht wird. Das Interesse der Länder an dieser
Mitfinanzierung führt in der Regel zur außeruniversitären Organisation der Forschung.
Damit wird die Konkurrenzfähigkeit der von den Ländern fast ausschließlich zu
finanzierenden Hochschulen immer mehr gefährdet. Beispielsweise erfolgte in Bayern
zwischen 1991 und 1999 eine Erhöhung der Grundmittel für Wissenschaft an
Hochschulen um 35,3 %, während im gleichen Zeitraum die Grundmittel für
Wissenschaft und Forschung außerhalb der Universitäten um 80 % stiegen.37 An der
gesamten Bundesförderung hatten in 1989 die Hochschulen einen Anteil von 2,7 %,
die außeruniversitären Einrichtungen von 35,6 %. Bis 2000 verschoben sich die
Anteile auf 44,8 % für die außeruniversitären Einrichtungen zu 4,6 % für die
Hochschulen.38
35
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2001). Die Zahlen stammen aus dem Jahr
1997.
36
Hochschulrektorenkonferenz (Hg., 2001).
37
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2001).
38
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hg., 2001).
96
Spezialisierung, Qualitätssicherung, Leistungsorientierung und Steuerung nach
Erfolgskennzahlen haben aus den außeruniversitären Einrichtungen viele erfolgreiche
und professionell geführte Institute entstehen lassen wie beispielsweise die MaxPlanck-Gesellschaft und Fraunhofer-Gesellschaft. Die staatliche Steuerung der
Hochschulen war nur selten an Erfolgskriterien orientiert, ging überwiegend von der
Fortschreibung der Haushaltsansätze aus und orientierte sich weitgehend an den
kameralistischen Grundsätzen der geltenden Haushaltsordnungen. Eine Kontrolle der
Effektivität des Ressourceneinsatzes fand nicht oder nur unzureichend statt;
Ressourcenschonung wurde nicht belohnt, Qualität wurde nicht nachgeprüft.
Die wesentlichen Wettbewerbsvorteile dieser außeruniversitären Institute sind ihre
Spezialisierung und der Aufbau einer kritischen Masse. Nur wenige
Universitätsinstitute erreichen diese kritische Masse und nur dank herausragender
Erfolge in der Drittmittelakquisition. Diese Institute sind dann in der Regel sehr
wettbewerbsfähig. Der überwiegende Teil der Forschungsmittel der Universitäten
versickert jedoch in Kleinstgruppen ohne strategische Zielsetzung.
Die einzigartigen Möglichkeiten der Hochschulforschung, disziplinübergreifende
Kooperation und durch öffentliche Finanzierung bedingte Unabhängigkeit, werden von
den Trägern der Hochschulen immer weniger gefördert. Vielleicht ist die Ursache
dessen die Unzufriedenheit mit den erzielten Ergebnissen der Universitäten. Diese
Möglichkeiten werden aber auch von den Universitäten zu wenig genutzt, weil
Lehrstuhlinhaber nicht wirklich von der Förderung erfolgreicher Forschung abhängig
sind. Wer nicht in besonderem Maße Ehrgeiz entwickelte, wurde bisher dennoch
ausreichend finanziert. Das stark ausgeprägte Denken in Lehrstühlen, Instituten und
Fakultäten, die fehlende Abstimmung einer gemeinsamen Strategie verhindern oft das
Entstehen der erforderlichen kritischen Masse.
Überdies muss bedacht werden, dass dem Forscher, der, obwohl er an der Universität
ausgebildet wird, eine Tätigkeit an einem MPI mehr Möglichkeiten intensiver
Forschung gestattet als die Beschäftigung an der Universität, weil sie mit
Lehrverpflichtungen und hohem Selbstverwaltungsaufwand verbunden ist.
Für die Universität der Zukunft wird es entscheidend sein, dass sie diese
spezialisierten außeruniversitären Institute als ihre Wettbewerber erkennt. Sie muss
durch organisatorische Maßnahmen und strategisches Vorgehen die Stärken dieser
Institute egalisieren und ihren Trumpf der Betätigungsmöglichkeit zwischen den
Fachgrenzen ausspielen. Dies erfordert jedoch unausweichlich die
Schwerpunktbildung in der Forschung.
Der internationale Vergleich der Forschungsförderung
Gegenüber dem oft zitierten Vorbild USA gibt es in der Forschung in Deutschland
maßgebliche strukturelle Unterschiede, aber auch sehr unterschiedliche
Entwicklungen.
Während sich in den USA die Ausgaben für Forschung und Entwicklung von 1991 bis
1998 um 41,8 % erhöht haben, betrug die Zunahme in Deutschland nur 21 %.39 Die
Finanzierung durch Bund und Länder, für Universitäten die wesentliche Quelle, nahm
39
Vgl. OECD 1999/2, www.oecd.org.
97
in diesem Zeitraum lediglich um 8,6 % zu. Die Ausgaben der Wirtschaft für FuE
stiegen im gleichen Zeitraum um 29,4 %.
In den USA sind wichtige von der Bundesregierung finanzierte
Forschungseinrichtungen den Universitäten angegliedert. Das Lincoln Laboratory des
MIT erhielt im Jahr 2000 vom U.S. Dept. of Defense 685 Millionen DM für
Forschungsprojekte. Die vom U.S. Dept. of Energy finanzierten und von der University
of California betriebenen Forschungsinstitute wie Lawrence Livermore oder Lawrence
Berkeley etc. erhielten 6,6 Milliarden DM im Jahr 2000 für Forschungsaufgaben. Das
Jet Propulsion Lab des California Institute of Technology erhielt 2,57 Milliarden DM
von der NASA. Dieses Institut allein hat das 12-fache Forschungsbudget der RWTH
Aachen.
Diese amerikanischen Institute sind hochspezialisiert und sind in ihren jeweiligen
Tätigkeitsbereichen weltweit führend. Die Ergebnisse, die die Forscher erzielen,
werden in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingespeist, sodass
diese Universitäten auch in der Wissenschaftlerausbildung führend sind.
Auch die projektbezogenen Forschungsmittel, in USA sponsored research, in
Deutschland Drittmittel, liegen bei führenden amerikanischen Universitäten sehr viel
höher als in Deutschland. Während die bei der Drittmittelakquisition erfolgreichste
deutsche Universität, die RWTH Aachen, 2001 220,9 Millionen DM an Drittmitteln
einwarb, betrugen die entsprechenden Einnahmen des MIT 1.346 Millionen DM, das
heißt das 6,1fache. Im Vergleich: Bei der Zahl der Studierenden liegt die RWTH
Aachen bei 27421 2,7 mal so hoch wie das MIT bei 10090. Diese Zahlen erklären die
schon legendäre Attraktivität der führenden amerikanischen Universitäten für die
besten Wissenschaftler der Welt.
Die in Deutschland ausdifferenzierte außeruniversitäre Forschungsstruktur mit MaxPlanck-, Fraunhofer-, Helmholtz-Leibnitz-Instituten usw. gibt es in den USA in dieser
Form nicht. Daher ist festzustellen, dass das Wettbewerbsumfeld der Universitäten in
den USA und Deutschland andersartig ist.
A.4. Verwendung der Finanzmittel
Für Hochschulen gilt, wie für alle öffentlich-rechtlich verfassten Einrichtungen, das
staatliche Haushaltsrecht.40 Diesen Rahmen berücksichtigen bei den Ausgaben alle
auf Finanzautonomie gerichteten Reformansätze der Bundesländer. Die Anwendung
des staatlichen Haushaltsrechts wird allerdings in den meisten Bundesländern durch
haushaltsrechtliche Sonderregelungen, in manchen durch Rechtsverordnungen oder
sogar Änderungen in den Hochschulgesetzen, zunehmend auf die speziellen Belange
der Hochschulen angepasst.
Der staatliche Gesamthaushaltsplan spiegelt die politische Entscheidung und
Einflussnahme wider und gibt an, für welche Aufgaben und Handlungsfelder wie viele
Mittel mit welchen Maßgaben zur Verfügung gestellt werden. Der
Gesamthaushaltsplan wird in Einzelpläne z. B. für das Wissenschaftsministerium, in
40
Vgl. Haushaltsgrundsätzegesetz des Bundes, HGrG, Bundeshaushaltsordnung, BHO und die
Haushaltsordnungen der Länder, LHO.
98
Kapitel z. B. für eine bestimmte Universität und Titel wie Einzelansätze innerhalb der
Universität unterteilt. Diese Titel gliedern sich in Einnahme- und Ausgabetitel, die
meistens mit einzelnen Bewirtschaftungsvorschriften wie Haushaltsvermerken belegt
werden. Gelegentlich, und in den Hochschulhaushalten erfreulicherweise immer
häufiger, sind mehrere Kostenarten wie Sachmittel, Personalmittel, investive Mittel,
Baumittel, etc. zu funktionalen Titelgruppen zusammengefasst und erlauben damit die
Ausgabe von Haushaltsmitteln für unterschiedliche Kostenarten bezogen auf eine
bestimmte Aufgabe.
Ohne besonderen Haushaltsvermerk sind Titel oder Titelgruppen nicht gegenseitig
deckungsfähig, d. h., Einsparungen oder Reste eines Titels dürfen nicht auf andere
Titel übertragen werden, auch wenn der andere Titel für die der Behörde
zugewiesenen Aufgaben nicht ausreichend ist. Dies entspricht dem Grundsatz der
sachlichen Spezialität. Die Deckungsfähigkeit von Titeln und Titelgruppen kann
einseitig oder gegenseitig angeordnet werden. Je mehr gegenseitige
Deckungsfähigkeit angeordnet wird, umso flexibler lässt sich wirtschaften. Die
Tendenz bei Hochschulhaushalten in Richtung Haushaltsvermerke, die diese
Deckungsfähigkeit herstellen, ist steigend.
Im Prinzip folgt der öffentliche Haushalt auch der Jährlichkeit, dem Grundsatz der
zeitlichen Spezialität. D. h., sogenannte Ausgabereste sind, wenn nicht anders
angeordnet, nicht ins Folgejahr übertragbar. Da der Haushalt des Folgejahres i. d. R.
nach den Ist-Angaben des Vorjahres, der Fortschreibung von bestehenden, historisch
gewachsenen Zuständen und Verhältnissen, und nicht nach konkreten
Bedarfsprognosen veranschlagt wird, läuft das Jährlichkeitsprinzip auch möglichen
Einsparungen zuwider, wie das Ausgabefieber im November und Dezember als
„normales menschliches Verhalten“ aufzeigt. Zwar wird seit einigen Jahren mehr und
mehr die Übertragbarkeit von Ausgaberesten in bestimmtem Umfang in Aussicht
gestellt, aber diese politischen Zusagen sind nur ungesicherte Rechtspositionen, die
wegen der Budgethoheit des Landesparlaments ohne gesetzliche Grundlage wenig
belastbar sind.
Weiterhin müssen alle voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben getrennt
veranschlagt und vollständig in den Haushaltsplan eingestellt werden. Dies entspricht
dem Grundsatz der Einheit, Vollständigkeit und Fälligkeit. Dieser Grundsatz führt zu
einer sehr großen Detailschärfe des Landeshaushalts bezüglich der Hochschulen.
Zugrundegelegt ist dem öffentlichen Haushalt eine strenge Kameralistik, d. h. eine
Rechnung auf Basis von Einzahlungen und Auszahlungen. Insofern lässt sich aus der
Haushaltsrechnung nur ablesen, ob und in welchem Umfang zugewiesene Mittel für
welche Kostenarten ausgegeben wurden. D. h. die politischen Leitentscheidungen
werden sichtbar. Nicht nachgewiesen wird, welche Leistungen erzielt wurden, oder, ob
die in den Fluss der Finanzmittel gesteckten Erwartungen effizient erfüllt wurden. Dies
entspricht dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Seit einiger Zeit versuchen Hochschulen durch ergänzende KostenLeistungsrechnungen diese Zusammenhänge und Wirkungsgrade zu erfassen. Um
dies erreichen zu können, müssten die Kosten-Leistungsrechnungen allerdings
aufgaben- und bereichsspezifisch konzipiert werden. Die bestehende Komplexität zu
negieren, macht jede dies vernachlässigende Rechnung im Ansatz fragwürdig.
99
Die unmittelbare Geltung der Haushaltsgrundsätze bindet die Bewirtschaftung der
Mittel und damit die interne Mittelverteilung in den Hochschulen. Die seit langem
geforderte Flexibilisierung des Haushaltsvollzuges steht demnach zwangsläufig im
Widerspruch zu den allgemeinen Haushaltsgrundsätzen. Die auftretenden Probleme
sind bekannt, das zeigen die bereits seit Jahren existierenden Empfehlungen unter
anderem des Wissenschaftsrates aus den Jahren 1979 und 1993 sowie des
Hochschulausschusses der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 1994.
Da eine Lockerung der Haushaltsgrundsätze nur unter großen Schwierigkeiten
umzusetzen ist, treffen die 11 Thesen zur Stärkung der Finanzautonomie der
Hochschulen, die vom Hochschulausschuss der Kultusministerkonferenz bereits 1994
erarbeitet und empfohlen wurden, trotz verschiedenster Flexibilisierungselemente in
einzelnen Bundesländern auch heute noch zu:
1. Zur Erreichung von Flexibilität wird eine schlankere Veranschlagungsmethodik
für erforderlich gehalten, die die bisherige Detailschärfe des Haushalts
aufbricht.
2. Die Hochschulen sollen über alle dorthin fließenden Mittel möglichst selbst
disponieren dürfen, was auf eine Reduzierung der Zentralmittel hinausläuft.
3. Durch die Erhöhung der Deckungsfähigkeit soll wirtschaftliches Verhalten in
den Hochschulen gefördert werden, wodurch Einsparungen durch
Mehrausgabemöglichkeiten an anderer Stelle belohnt werden.
4. Der Personalhaushalt soll flexibler werden durch
Bewirtschaftungserleichterungen primär im Angestelltenbereich und durch die
Delegation dienstrechtlicher Zuständigkeiten.
5. Das Jährlichkeitsprinzip soll durch eine größere Übertragbarkeit von Mitteln
ohne Forderung nach Deckung gelockert werden.
6. Die Einnahmen sollen grundsätzlich an den Hochschulen verbleiben und nicht
die Länderhaushalte stärken.
7. Die Einführung von Globalhaushalten bzw. die Errichtung von Hochschulen als
Landesbetriebe sollen modellhaft erprobt werden.
8. Die Mittel für Lehre sollen mittel- und langfristig nach studentenbezogenen
Parametern verteilt werden.
9. Die Leitungsstrukturen in den Hochschulen sollen im Hinblick auf die größere
Finanzautonomie und hieraus erwachsender Selbstverantwortung überprüft und
angepasst werden.
10. Maßnahmen zur systematischen Evaluation von Forschung und Lehre sollen
ergriffen werden.
11. Regelungen zur Stärkung der Haushaltsflexibilität und zur Stärkung der
Finanzautonomie der Hochschulen sollen in die Hochschulgesetze
aufgenommen werden.
Die Empfehlung, die Hochschulen in eine größere Finanzautonomie zu entlassen, ist
verbunden mit der Erwartung, dass die Probleme der kameralistischen Budgetierung
bewältigt werden und damit eine effiziente Prioritätensetzung in den Hochschulen
ermöglicht wird. Es wird die Ansicht vertreten, dass letztendlich die für die
sachgemäßen Entscheidungen erforderlichen Informationen eher in den Hochschulen
als in den Ministerien zu finden sind, und man hofft, dass die finanziellen Engpässe an
den Hochschulen durch Einsparungen an den richtigen Stellen und interne
Umverteilungen gelindert werden können.
100
Auch wenn mit einer größeren Finanzautonomie zumeist die Einführung von
Globalhaushalten gemeint ist, umfasst die Finanzautonomie natürlich alle
Maßnahmen, die den Hochschulen größere Entscheidungsbefugnisse bezüglich ihrer
Budgetstruktur oder -höhe einräumen. Es ist daher zunächst nach größerer Autonomie
bei Ausgaben bzw. Einnahmen zu differenzieren und erst dann die hierunter fallenden
Einzelmaßnahmen, wie z.B. Globalhaushalt, zu untersuchen.
Unter die Maßnahmen zur erhöhten Ausgabenautonomie fallen die Lockerung
haushaltsrechtlicher Regelungen und die haushaltsrechtliche Steuerung über einen
Globalhaushalt. Unter Globalhaushalt versteht man, dass die konkrete Verwendung
der Mittel nicht ex ante über den Haushalt vorgeschrieben wird. Die Universitäten
erhalten also staatliche Mittel ohne Zweckbindung unter der allgemein gehaltenen
Vorgabe, ein bestimmtes Angebotsspektrum bereitzustellen; die Hochschulen
entscheiden dann selbständig über die Ausgabe der Mittel.41
Obwohl seit den neunziger Jahren unterschiedliche Arten von Globalhaushalten in
einzelnen Bundesländern bzw. Universitäten erprobt werden, entpuppen sich die
meisten bei näherem Hinsehen doch eher als eine Lockerung haushaltsrechtlicher
Regelungen, so dass die Wunschvorstellung eines rechtlich abgesicherten
Globalbudgets ohne einzelne Titel oder Titelgruppen, das von einer
eigenverantwortlichen, dafür befähigten und mit den richtigen Daten versorgten
Finanzverwaltung eingeteilt wird, nach wie vor in weiter Ferne schwebt.
Die Monopolkommission weist in ihrem Sondergutachten Wettbewerb als Leitbild für
die Hochschulpolitik vom Juni 2000 auf folgende Problembereiche bei der bisherigen
Umsetzung von Globalhaushalten hin:
•
•
•
•
41
Globalhaushalte werden fast ausschließlich zur Mittelkürzung eingesetzt. Die
Verantwortung, Einsparpotenziale aufzuzeigen und umzusetzen, wird von den
Ministerien auf die Hochschulleitungen übertragen. Da die eingesparten Mittel
nicht in den Hochschulen verbleiben, sind die Anreizwirkungen gering.
Die derzeitige Organisationsstruktur der Universitäten ist nicht geeignet, die
zahlreichen und komplexen Verteilungsentscheidungen effizient zu treffen. Die
auftretenden Verteilungskonflikte innerhalb der Universität tragen nicht dazu
bei, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.
Globalhaushalte erfordern zugleich die Fähigkeit der Hochschulen, dezentrale
Entscheidungen umzusetzen. Die hierzu notwendige Handlungsautonomie wird
den Universitäten jedoch vorenthalten. Zu den Einschränkungen gehören das
öffentliche Personal- und Dienstrecht und das kameralistische Haushaltsrecht,
welches die Einführung von betriebswirtschaftlichen Kostenrechnungs- und
Controllingsystemen behindert.
Personalbudgets bleiben weitgehend ausgeklammert. Falls die Stellenpläne
nicht vollständig variabel sind, gibt es Grenzen im Hinblick auf die
Möglichkeiten, die Haushaltsansätze für Personalausgaben zu über- oder
unterschreiten. Zumindest sollte es ermöglicht werden, eine flexiblere
Besetzung der Stellen vornehmen zu können. Die detaillierte und zugleich fest
vorgegebene Zuweisung der Stellen ist mit dem Ziel einer erhöhten
Hochschulautonomie nicht vereinbar. Überdies haben die Hochschulen keine
Möglichkeit, die einzelnen Personen ihren komparativen Vor- bzw. Nachteilen
entsprechend einzusetzen.
Vgl. Monopolkommission (2000).
101
Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Grad der Finanzautonomie in Deutschland
gering. Das gilt nicht nur im Vergleich zu Großbritannien oder den USA mit anderen
Grundfinanzierungen, sondern auch im Vergleich zu Ländern, deren
Finanzierungssystem dem deutschen ähnelt, wie das der Niederlande oder das von
Dänemark.
In den meisten Ländern gehören auch Globalhaushalte zu einer
Selbstverständlichkeit, die seit längerem mit Erfolg praktiziert wird, wenn es auch
bisweilen heißt, dass es der größte Verdienst des Globalbudgets sei, dass die
Universitäten angefangen hätten, zu lernen mit Mitteln umzugehen. Nachdem es in
den Niederlanden Beispiele von Universitäten gab, die durch risikoreiche Anlagen mit
staatlichen Mitteln hohe Verluste erlitten hatten, wird dort allerdings begonnen, die
Entscheidungsfreiheit über das Globalbudget einzuschränken.42
Einnahmenautonomie – Hochschulen als Unternehmen
Eine erhöhte Autonomie bei den Einnahmen ist im Bereich der Zuweisung staatlicher
Mittel und bei der Erzielung eigener Einnahmen durch die Universitäten möglich.
Da das staatliche Budget, wie bereits dargelegt, auf absehbare Zeit nicht steigen wird,
handelt es sich bei den hier zur Debatte stehenden Maßnahmen wie Einführung von
Kennzahlensystemen bzw. formelgebundene Finanzierung, Ausgabe von
Bildungsgutscheinen, etc. in erster Linie um eine effektivere Nutzung und
Umverteilung der heute bereits zur Hochschulfinanzierung zur Verfügung stehenden
öffentlichen Mittel. Auch Globalhaushalte, respektive die Lockerung
haushaltsrechtlicher Regelungen, erhöhen in begrenztem Umfang die
Einnahmenautonomie.
Die Vorschläge für die Erzielung eigener Einnahmen durch die Universitäten sind für
eine Erhöhung der Einnahmenautonomie zielführender, wobei sie aufgrund der Höhe
der benötigten Finanzbudgets realistischerweise nicht als ausschließliche
Einnahmenquelle in Frage kommen.
Die Einnahmemöglichkeiten der Universitäten gehen über Drittmittel und
Studiengebühren hinaus und sind in vielen Fällen mit der Einführung von
marktwirtschaftlichen Allokationsmechanismen verbunden. Staatlich-hoheitliche
Tätigkeiten verfolgten in der Regel keine unternehmerischen Einnahme- und
Gewinnerzielungsabsichten und fallen so nicht unter die in den Einzelsteuergesetzen
definierten Steuersubjekte. Was für einen Teil öffentlicher Betätigung gilt wie innere
Verwaltung, Steuerverwaltung, etc. hat sich bei anderen öffentlichen Einrichtungen,
die mehr und mehr in den Wettbewerb zu privat angebotenen Dienstleistungen wie
Strom, Gas, Wasser, Gesundheit, Prüfanstalten, etc. traten bereits grundlegend
geändert. Teilweise wurden hier aus staatlichen Einrichtungen mit klar definiertem
wettbewerblichem Auftrag Staatsbetriebe mit einem netto veranschlagten
Landeszuschuss als Globalhaushalt errichtet. Schwierigkeiten ergeben sich aber bei
Einrichtungen wie den Universitäten, mit einem heterogenen Profil von hoheitlichen,
vermögensverwaltenden, schlicht staatlichen Aufgaben, bis zu gemeinnützigen und
steuerpflichtigen Aktivitäten. Diese Sowohl-als-auch-Stellung bringt steuerliche
Unterscheidungen mit sich, die haushaltsrechtlich nicht mitvollzogen werden können,
so dass es zu Überschneidungen im Einsatz staatlicher Ressourcen über alle
42
Frederix, R., Universität Maastricht, persönliche Mitteilung.
102
Bereiche kommen kann, die zumindest schwer handhabbar, teilweise auch
risikobehaftet sind. Trotzdem sah man bislang keinen Anlass, Haushalts- und
Steuerrecht für diese Problemfälle systematisch zu harmonisieren. Ein Lösungsweg
für Hochschulen, die vermehrt auch steuerlich relevante Tätigkeiten ausführen, wäre
die Bewirtschaftung nach den Grundsätzen eines Landesbetriebes, d. h. mit
kaufmännisch orientiertem Rechnungswesen und einem Globalhaushalt.43
A.5. Finanzstrategie
Die Universität der Zukunft wird sich als Teil der Gesamtstrategie eine Finanzstrategie
geben müssen. Die unterschiedlichen Universitätstypen werden dabei
unterschiedliche Strategien verfolgen.
Der Staat wird in Deutschland auch weiterhin Universitäten aus Steuermitteln direkt
oder indirekt finanzieren müssen, um seinen gesetzlichen Verpflichtungen der
Zukunftsvorsorge nachzukommen. Die staatliche Finanzierung muss so bemessen
sein, dass die Universitäten in die Lage versetzt werden, ihren Auftrag erfüllen zu
können. Die Höhe der Finanzierung wird natürlich die Qualität bestimmen.
Entsprechend seinem Anspruch an die Qualität der Universitätsleistungen muss der
Staat die Mittel bemessen.
Die Budgetzahlen der erfolgreichsten Universitäten der USA belegen, dass der
Mitteleinsatz dort sehr viel höher ist. Dies ist nicht der Fall für die Gesamtheit der
Universitäten in den USA. Sie belegen aber auch, dass der Staat nur eine
Grundfinanzierung bereitstellt. Je erfolgreicher und reputierter die staatliche
Universität, desto geringer der relative Anteil der Finanzierung des Staates, nicht
jedoch der absolute Betrag. Amerikanische Spitzenuniversitäten haben ihre
Einnahmen stark diversifiziert, weil die staatliche Finanzierung für die Erreichung ihrer
hochgesteckten Ziele nicht ausreicht. Dabei haben sich unterschiedliche
Qualitätsstufen von Universitäten herausgebildet. Staatliche Universitäten mit einem
hohen Fremdfinanzierungsanteil stehen in den nationalen Qualitätsrankings
üblicherweise höher als solche mit niedrigen Fremdfinanzierungsanteilen.
Auch in Deutschland werden sich in Zukunft Universitäten wesentlich im
Fremdfinanzierungsanteil unterscheiden. Für die Einwerbung zusätzlicher Mittel sind
aber einzig die Universitäten verantwortlich. Bei fähiger Universitätsführung wird Erfolg
bei der Einwerbung zusätzlicher Finanzen automatisch eine Qualitätssteigerung
bewirken. Die sinkende Abhängigkeit von der Finanzierungsquelle Staat wird die
Handlungsfreiheit der Universität erhöhen. Es liegt also an den Universitäten etwas zu
tun, damit ihre Ziele Handlungsfreiheit und finanzieller Handlungsspielraum erreicht
werden.
Der finanzielle Handlungsspielraum wird vergrößert, wenn Finanzquellen erschlossen
werden, die möglichst hohe Renditen bieten. Dazu sind nicht alle denkbaren
Einkunftsarten geeignet. Und auch nicht jeder Universitätstypus wird für jede
Einkunftsart besondere Eignung bieten.
43
Vgl. Nettozuschuss.
103
Bei der Bewertung der Auswirkung von Einnahmendiversifizierung auf den finanziellen
Handlungsspielraum sind vier Fragen zu beantworten:
• Ist eine mögliche Einkunftsart vereinbar mit der gesellschaftlichen Rolle der
Universität und dem Selbstverständnis ihrer Angehörigen? Hierbei wird nur eine
Ja/Nein-Entscheidung zu treffen sein.
• Welche Investition I ist erforderlich zur Erschließung der Einnahmequelle und in
welchem Zeitraum wird diese Investition amortisiert?
• Welches Einnahmevolumen V kann mit der Einkunftsart erzielt werden?
• Wie hoch ist die Differenz aus erwarteten Einnahmen und erforderlichen
Aufwendungen für die Generierung dieser Einnahmen, d. h. die Rendite R?
Der finanzielle Handlungsspielraum HSR errechnet sich nach der Formel
HSR = V x R – I. Unter Liquiditätsbetrachtungen müssen die vier Finanzgrößen in ihrer
zeitlichen Abhängigkeit zu betrachten sein.
Im Folgenden werden die möglichen Einkunftsarten, die mit der gesellschaftlichen
Rolle der Universität und dem Selbstverständnis ihrer Angehörigen vereinbar
erscheinen, aufgezählt:
Studiengebühren, Auftragsausbildung, wissenschaftliche Weiterbildung, Beratung und
Erstellung von Gutachten, Forschungsförderung, Auftragsforschung, Lizenzierung und
Unternehmensbeteiligungen insbesondere bei Spin-offs, Fundraising wie Capital
Campaign und Annual Giving sowie Vermögenserträge, Handelsaktivitäten wie
Merchandising, Hotelbetrieb und Gastronomie, Vermietung von Anlagen und Räumen,
sonstige wissenschaftliche Dienstleistungen wie Spezialmessungen und
Spezialanalytik.
Aus dieser Auswahl werden im Anschluss sechs oft diskutierte oder besonders
vielversprechende Einkunftsarten gemäß der verbliebenen Fragen zu
Anfangsinvestition, Einnahmevolumen, Rendite und finanziellem Handlungsspielraum
soweit als möglich untersucht.
Studiengebühren
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands, 54 %, erklärten sich bereits 1998
mit der Einführung von Studiengebühren einverstanden, wenn die Mittel direkt an die
Hochschulen flössen und dort zur Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt
würden. Unter den 14- bis 30-jährigen beträgt die Zustimmung sogar 66 %, unter den
Studierenden 34 %. Gäbe es die Möglichkeit zu Studiendarlehen mit
einkommensabhängiger Rückzahlung, würde sich die Akzeptanz erhöhen; fände im
Gegenzug eine Senkung staatlicher Beiträge zur Hochschule statt oder gingen die
Studiengebühren in die Haushalte von Bund und Ländern ein, dann würden je nach
Befragungsgruppe 70 bis 96 % gegen eine Einführung von Studiengebühren sein. 44
Die Ergebnisse der Umfrage lassen den Schluss zu, dass Studiengebühren von vielen
längst als Chance gesehen werden, die Hochschulen attraktiver und
wettbewerbsfähiger zu gestalten. Es scheint nun die Aufgabe zu sein, ein praktikables
und sozial gerechtes Modell zu entwickeln und zu etablieren. Ein adaptionsfähiges
44
Forsa-Umfrage zu Studiengebühren im Auftrag des CHE und des Stifterverbandes, Februar 1998.
104
Modell für Universitäten in Deutschland wurde vom Stifterverband und dem CHE 1998
entworfen.45
Da die Erhebung von Studiengebühren nur im Konsens zwischen Staat und
Hochschule möglich ist, muss eine gesetzliche Regelung gefunden werden. Im
Augenblick werden Studienbeiträge vom Hochschulrahmengesetz nicht
ausgeschlossen, und bei den Landeshochschulgesetzen gibt es unterschiedliche
Lesarten. Sowohl eine gesetzliche Verpflichtung als auch eine gesetzliche
Ermächtigung der Hochschulen zur Erhebung von Studiengebühren auf Bundes- oder
Länderebene ist vorstellbar. Mit der Einführung auf Länderebene wären
unterschiedliche Modelle parallel möglich, bei denen sich die beste Alternative im
Wettbewerb durchsetzen könnte. Bis jetzt hat sich aber noch kein Land gefunden, das
die Vorreiterrolle ausfüllen möchte.
Die oft kontroverse Diskussion für und wider Studiengebühren soll hier nur soweit
Gegenstand der Betrachtung sein, sofern sie wirtschaftliche Aspekte berührt.
Untersucht werden soll, ob die finanzielle Situation der Hochschulen mit der Erhebung
von Studiengebühren im Sinne frei verfügbarer Mittel ausschlaggebend verbessert
werden kann.
Die Erstausbildung an einer Hochschule ist aus wirtschaftlicher Sicht ein marktfähiges
Gut. Mit Studiengebühren verkaufen Hochschulen Leistungen im Bereich Lehre an
private und öffentliche Nachfrager und gehen mit der Leistung durch den Nachfrager
und der eigenen Gegenleistung eine direkte Kundenbeziehung ein.
Wenn am Studium Interessierte zu den Kosten entgangenen Einkommens auch
direkte Ausbildungskosten trügen, würden sie vermehrt wirtschaftliche Überlegungen
in ihre Entscheidungen, ein Studium anzufangen bzw. zu Ende zu führen mit
einbeziehen. Solche, den Gegenwert des Studiums betreffende Fragen werden umso
bedeutender, je höher die Studiengebühren sind.
Wenn ihre Einkünfte davon abhängen, müssen Hochschulen diese Überlegungen der
studentischen Nachfrager berücksichtigen. Dies auch umso stärker, je höher der Anteil
der Studiengebühren an den Einnahmen ist. Die Ausbildung von Studierenden kann
dann keine lästige Dienstaufgabe der Hochschulen mehr sein. Zusätzlich wird der
interuniversitäre Wettbewerb um gebührenzahlende Studierende zu einer Erweiterung
des Angebots für die Studierenden und zu einer höheren Qualität des Angebots, also
zu steigenden Ausgaben unter anderem auch in Form eines eigenen
Marketingbudgets führen. Da die gegenwärtige Unterfinanzierung eher zu einem
Leistungsabbau geführt hat, ist ein solcher Effekt durchaus wünschenswert.46
Was sich in all dem ausdrückt, ist eine in hohem Maße notwendige Reinvestition der
Mittel in die Lehre an den Hochschulen, eine hohe Zweckgebundenheit.
Studiengebühren können nur durchgesetzt werden, wenn sich ein entsprechender
Markt entwickelt. Da dieser generell Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringt, ist
anzunehmen, dass der hierzulande bestehende Nachfrageüberschuss vermindert
wird. Für die Sozialverträglichkeit einer Studiengebührenerhebung ist es wichtig, dass
die individuelle Entscheidung jedes Studierfähigen für oder wider ein Studium nicht
aufgrund von fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten getroffen wird. Eine Finanzierung
45
46
Vgl. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Hg., 1998).
Vgl. Monopolkommission (2000).
105
der Ausbildung erfolgt entweder aus Eigenkapital, das dem Studierenden zur
Verfügung steht oder gestellt wird, aus Fremdkapital, also einem zurückzuzahlenden
Darlehen, oder aus einem Stipendium. Der kritische Punkt ist das Darlehen, das aus
Gründen der Sozialverträglichkeit mit Zugeständnissen, wie z. B. einer
einkommensabhängigen Rückzahlung, ausgestattet sein muss und bei dem insofern
Ausfälle bei der Rückzahlung drohen. Aufgrund dieser sozialen Komponenten hat sich
auch in Ländern mit einer längeren Tradition bei Studiengebühren kein
funktionierender rein privater Kapitalmarkt für Ausbildungsdarlehen entwickelt. Um
dies auszugleichen, muss die Darlehensvergabe vom Staat, von Stiftungen oder von
Universitäten übernommen oder private Darlehen durch Übernahme der Risiken
unterstützt werden. Da in Deutschland die Erhebung von Studiengebühren eher mit
einer Entlastung der öffentlichen Haushalte in Verbindung gebracht wird, kann
realistischerweise nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Staat weiter
finanziell engagiert. Sollten die Universitäten die Aufgabe der Ausfallsicherung bei
Inanspruchnahme von Darlehen auch nur zu Teilen übernehmen, müssten sie aus den
Einnahmen bei Studiengebühren Rücklagen für Zahlungsausfälle bilden können.
Die Höhe der notwendigen Rücklagen ist selbst bei Kenntnis der Ausgestaltung des
Modells für die Studiengebühren, Höhe der Gebühren, Auswahl der
gebührenpflichtigen Studiengänge, etc., oder des Modells für das Darlehen, Art der
sozialen Komponenten, theoretisch schwer zu bestimmen. Gründe für
Rückzahlungsausfälle ergeben sich aus der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit unter
Akademikern bei ca. 4 %, einem Erwerbsausfall durch Familie und Kind bei ca. 5 %
und aufgrund der Tatsache, dass ca. 28 % der Universitäts-Absolventen vier Jahre
nach dem Examen nur einen befristeten Arbeitsvertrag haben47. Je nach Häufigkeit
der Inanspruchnahme des Darlehens und der Verteilung der Gründe für
Zahlungsausfälle auf die Gruppen der Inanspruchnehmenden und
Nichtinanspruchnehmenden ergeben sich sehr verschiedene Werte. Geht man
vereinfachend von einer generellen Inanspruchnahme aus, müsste man entsprechend
obiger Angaben höchstens ein Drittel der Einnahmen für Rücklagen verwenden.
Auch die Sozialverträglichkeit einer Doppelbelastung von BAföG-Empfängern48 durch
ein weiteres Darlehen wird diskutiert. Es muss überlegt werden, ob diese Gruppe
freizustellen ist.
Über die Sozialverträglichkeit hinaus würde bildungspolitisch ein Fehler gemacht
werden, wenn Begabte durch Gebühren vom Studium abgehalten werden. Es besteht
umgekehrt sogar ein besonderes gesellschaftliches Interesse, Begabten Anreize zu
bieten, ein Studium aufzunehmen. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Förderung
von begabten Studierenden in Deutschland unterentwickelt. Von den elf
überregionalen Stiftungen wurden 1999/2000 gerade mal knapp 13.000 Studierende
und Graduierte gefördert, das sind deutlich weniger als 1 % der Immatrikulierten. Die
Mittel stammen fast ausschließlich, bei den parteinahen Stiftungen sogar zu 100 %,
aus den öffentlichen Haushalten. Anzustreben wäre ein höherer Anteil privat
finanzierter Stipendien, wie er in vielen Ländern selbstverständlich ist. Um die Qualität
der eigenen Universität zu fördern, müssen sich die Universitäten aktiv um solche
Stipendien bemühen. Im Ausland nutzen gut situierte Universitäten ihre eigenen
Einnahmen für die Vergabe von Stipendien an Hochbegabte. Die hierdurch induzierten
47
48
Vgl. o. V. (2000), o. V. (2000a).
BAföG-Empfänger sind ca. 20 % der Studierenden.
106
Ausgaben sind gut investiert, sollen bei dieser Abschätzung aber nicht das
Aufkommen von Studiengebühren mindern.
Die Verwaltungskosten für vergleichbare Studiengebührenmodelle in anderen Ländern
schlagen mit ca. 3 % zu Buche. Unter der Prämisse, dass die staatliche
Grundfinanzierung in voller Höhe parallel zu der Erhebung von Studiengebühren
beibehalten wird, also die neue Einnahmequelle nicht dem Staat, sondern den
Universitäten erschlossen wird, kann entsprechend der obigen Bedingungen für die
Sozialverträglichkeit und für die Verwaltungskosten mit einem sofortigen Mittelzufluss
von ca. 50 % des Gebührenaufkommens gerechnet werden.49
Bei Gebühren je Student, die ungefähr 20 % der Summe der durchschnittlichen
laufenden staatlichen Grundmittel für Lehre und Forschung je Student an
Universitäten entsprechen, d. h. ca. 750 € je Semester; V = Anzahl der Studenten x
1500 €, würde der sofortige Mittelzufluss entsprechend 10 % dieser Grundmittel
ausmachen. Geht man davon aus, dass sich die Grundmittel zu gleichen Teilen auf
Lehre einerseits und Forschung und Verwaltung andererseits aufteilen, dann würden
für die Lehre 20 % mehr Mittel zur Verfügung stehen. Das wären je nach Größe einer
Universität insgesamt mindestens zwischen 8 und 45 Millionen € mehr im Jahr.
Unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen Kundenbeziehung ist bei der
Verwendung der Studiengebühren auf äußerste Transparenz und den effektiven
Einsatz der Mittel zu achten. Damit die Akzeptanz der Kunden gewahrt bleibt und die
der zukünftigen gewonnen wird, sollte der Gegenwert jedes gebührenpflichtigen
Studiengangs bereits in der Vergangenheit darstellbar sein sowie eine Steigerung des
Gegenwerts bis zum Optimum vor Ort und nach außen vermittelbar und
kommunizierbar sein. Ein Service, der auch den soziokulturellen Umständen der
speziellen Kundengruppe Studenten gerecht wird und einen Wohlfühlfaktor generiert,
kann nur unterstützend wirken. Auf keinen Fall wird es den Kunden zu vermitteln sein,
dass der Mittelzufluss zur freien Verwendung der Universität zur Verfügung steht,
solange auch nur ein das Studium verzögernder Umstand seitens der Universität
vorliegt.
All dies zeigt in welch hohem Maße die Mittel zweckgebunden für die Lehre bzw. die
Studenten eingesetzt werden müssen. Da der Lehrbereich aus den verschiedensten
Gründen vernachlässigt wurde, besteht hier zusätzlich ein großer Nachholbedarf.50
Obwohl mit Studiengebühren somit kaum zusätzlicher finanzieller Handlungsspielraum
im Sinne frei verfügbarer Mittel gewonnen werden kann, würde doch zusätzliches Geld
in die Universität geholt werden, mit dem Investitionen in einem wichtigen Bereich, der
auch ansonsten freie Mittel binden würde, getätigt werden könnten.
Die notwendigen Anfangsinvestitionen sind bei Studiengebühren ein ambivalentes
Thema. Einerseits müsste in den Bereich Lehre auch im Vorfeld investiert werden,
andererseits könnten die Anfangsinvestitionen auf den Teil des zur Ersterhebung der
Gebühren absolut notwendigen Apparats beschränkt, also minimal gehalten werden.
49
Einnahmen abzüglich Verwaltungskosten, Freistellung von BAföG-Empfängern, entfallende
Rückzahlung wegen Arbeitslosigkeit unter Akademikern*), Erwerbsausfall durch Familie und Kind*)
und der befristeten Arbeitsverträge*) ergibt die theoretische Mindestrendite R = 50 %; *) bezogen auf
80 % der Gebührenpflichtigen.
50
Die Rendite R ist auf absehbare Zeit vernachlässigbar.
107
Allerdings müssen sich die Universitäten dann im Falle eines Alleingangs bei
Studiengebühren gut überlegen, ob sie es sich erlauben können für alle Fächer
Gebühren zu verlangen. Reicht die Profilierung bei angebotenen Fächern nicht aus,
wird es in diesen Fächern zu einer Abwanderung der Studenten zu gebührenfreien
oder -günstigeren Universitäten kommen.
Bei ca. 750 € je Semester wurde davon ausgegangen, dass sich die deutschen
Universitäten im Schnitt im guten Mittelfeld in Europa befinden. Sollten sich einige
Universitäten durch eine stärkere Profilierung an die Spitze europäischer Universitäten
schieben können und sollte damit die Nachfrage von Studenten nach bestimmten
Fächern oder der gesamten Universität gesichert sein, können natürlich, im Rahmen
einer genehmigten Preisspanne, die Preise und damit auch die Renditen erhöht
werden. Denkbar ist auch die Freigabe der Gebührengestaltung für Studenten von
außerhalb der EU, wie das in England schon seit längerem praktiziert wird. Dies wäre
der Schritt in den globalen Wettbewerb.
Auftragsforschung
Auftragsforschung, das sind Aufträge von privaten Auftraggebern, ist zu differenzieren
von Drittmittelforschung, die als Oberbegriff auch Aufträge oder Zusendung von
öffentlichen Förderinstitutionen oder Förderprogrammen einschließt.
Bei Förderprogrammen gibt es festgelegte Vergütungsstrukturen, die für alle
Empfänger gleich sind. Das bedeutet, dass nur durch höheren Akquisitionserfolg, das
heißt die Gewinnung einer größeren Zahl von Aufträgen, die Einnahmen gesteigert
werden können. Förderprogramme öffentlicher Einrichtungen, die wiederum aus
Steuermitteln finanziert werden, tragen in der Regel zu einem großen Anteil zu den
Drittmitteln bei, am Beispiel der Humboldt Universität Berlin sind dies 71 %.
Auftragsforschung ist bisher schon eine Einnahmequelle von Universitäten, die jedoch
bei Spitzenuniversitäten erheblich steigerbar ist. Die Steigerung kann die Zahl der
Aufträge betreffen als auch die jeweils erzielbare Vergütung. Werden Leistungen
unterhalb der Vollkosten erbracht, was gleichbedeutend ist mit dem Einsatz von
Steuergeldern, so würde dies eine Subvention des Auftraggebers bedeuten und als
Wettbewerbsverzerrung anzusehen sein. Praxis ist allerdings, dass für
Auftragsforschung nicht nur Drittmittelpersonal eingesetzt wird, sondern auch Personal
auf Planstellen, das aus den Landesbudgets finanziert wird. Da für dieses Personal
keine weiteren Kosten entstehen, wird dieser Aufwand oft nicht in Rechnung gestellt.
Die Argumentation lautet: „Die Mitarbeiter sind ja schon bezahlt“. Nicht nur, dass auf
diese Weise die Problematik Subvention aufkommt, der Universität wird auch eine
mögliche Einkunft vorenthalten. Natürlich wird es für den einzelnen Professor
einfacher sein, einen Auftrag zu niedrigem Preis zu akquirieren; jedoch kann ein
derartiger Quasi-Erfolg derzeit nur geduldet werden, weil die Universität im bisherigen
Finanzierungssystem nicht auf diese Einnahmen angewiesen ist.
Dennoch gibt es an diesen Universitäten Institute oder Lehrstühle, die über erstaunlich
viele Drittmittel verfügen. Es gibt aber auch welche, die keinen Erfolg anstreben und
dies damit begründen, dass sie sich nicht in die Abhängigkeit der Wirtschaft begeben
möchten. In einigen Fächern ist es allerdings nicht oder kaum möglich, Aufträge zu
erhalten.
108
Drittmittel sind allerdings zweckgebundene Mittel. Eine Gegenleistung muss erbracht
werden, die in der Regel dem vergüteten Aufwand entspricht. Das heißt auch, dass
Drittmittel keinen finanziellen Handlungsspielraum belassen, wenn kostendeckend
verkauft wird. Allerdings kann Auftragsforschung zu personellem Wachstum über die
Haushaltsstellen hinaus beitragen und den beteiligten Mitarbeitern interessante
anwendungsnahe Tätigkeit ermöglichen.
Berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildung
Für die berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildung besteht ein großer Bedarf,
auch wenn sich die Nachfrage derzeit noch nicht recht entwickelt hat, weil die
Entstehung von Wissen sich rasch weiterentwickelt. Die derzeit noch übliche
einmalige Ausbildungsphase vor der Berufsausübung trägt dieser Entwicklung nicht
Rechnung. Zur Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit wird das lebenslange Lernen
unvermeidlich sein.
Universitäten sind prädestiniert als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung, weil sie
über alle erforderlichen Ressourcen verfügen und ohne zusätzliche Investitionen den
Markt erschließen könnten. Dennoch sind sie bisher kein maßgeblicher
Marktteilnehmer. Welche Gründe gibt es dafür?
Die bisher dominierende Argumentation ist, dass es keine geeigneten
Vergütungsmodelle gäbe. Gemeint ist die private Liquidierung zusätzlich erbrachter
Leistungen der Professoren.
Welchen Vorteil bringt es nun der Universität, wenn Einnahmen aus der Weiterbildung
in private Taschen fließen? Direkte finanzielle keine. Weiterbildungsaktivitäten können
die Reputation steigern, neue Kontakte herstellen und in Folge Industrieaufträge oder
Spenden ermöglichen. Bei unzureichender Ausübung kann jedoch auch Schaden
entstehen. Im Prinzip kann wissenschaftliche Weiterbildung die Qualität der Lehre
verbessern, weil die Empfängergruppe reifer ist, den Dozenten mehr fordert und als
zahlender Kunde auftritt, der andere inhaltliche und qualitative Anforderungen stellt.
Außerdem kann der Praxisbezug erhöht werden, falls dies im Interesse des Dozenten
ist.
Wie aber kann eine Universität über unzureichende Finanzierung klagen, wenn
Lösungen für die zusätzliche private Liquidierung gefordert werden? Hinderlich für das
Auftreten der Universität als Anbieter wissenschaftlicher Weiterbildung sind die
Regelungen der zeitlichen Verpflichtung von Professoren und Vergütungssysteme, die
Mehreinnahmen als Leistung in Nebenbeschäftigung zulassen, nicht aber
Mehrvergütung für die Erbringung zusätzlicher Leistungen für die Universität. Aus
unternehmerischer Sicht ist das leistungsverhindernd und kontraproduktiv.
Bereits die nichtmonetären Vorteile müssten Anreiz genug sein, wissenschaftliche
Weiterbildung anzubieten.
109
Lizenzierung von Patenten und Unternehmensbeteiligungen
Lizenzierung und Unternehmensbeteiligungen sind Formen des Technologietransfers,
also der Weitergabe von beim Technologieanbieter Universität generierten Wissen
und Können an kooperierende Wirtschaftsunternehmen, den Technologieabnehmer.
Dabei können kooperierende Wirtschaftsunternehmen auch Ausgründungen aus dem
Universitätsumfeld sein, da diese in wissensbasierten Technologiefeldern häufig der
schnellste Weg sind, Wissen von Forschern kommerziell zu nutzen. An diesen Spinoffs oder Start-ups können die Universitäten in geeigneter Form Anteile halten.
Die Ziele des Technologietransfers für die Universität sind der Erhalt bzw. die
Verstärkung des Anwendungsbezuges von Forschung und Lehre sowie zusätzliche
Einnahmen. Die Ziele für den Technologieabnehmer sind die Erweiterung des
Wissens, der Fachkenntnisse und der technischen Möglichkeiten verknüpft mit einer
verstärkten Wettbewerbsfähigkeit. Technologietransfer kann entlang der gesamten
Wertschöpfungskette von der wissenschaftlichen Idee bis zur Fertigstellung und
Vermarktung eines Produkts stattfinden.
Da der Erfolg einer modernen Industrienation im internationalen Wettbewerb sich
immer mehr danach bemisst, wie schnell Wissen in neue Produkte und Verfahren
umgesetzt werden kann, hat auch der Staat erneut sein vitales Interesse durch sein
Aktionsprogramm Wissen schafft Märkte bekundet. Bis zum Jahr 2003 werden
innerhalb dieses Aktionsprogramms mit der Verwertungsoffensive allein für den
Aufbau und Betrieb von Patent- und Verwertungsagenturen, die mit professioneller
Patentverwertung an den Hochschulen beginnen, ca. 35 Millionen € zur Verfügung
gestellt. Auch für Ausgründungen will das Aktionsprogramm im Rahmen der
Ausgründungsoffensive ein Förderprogramm auflegen, das gründungswillige
Wissenschaftler aller Technologiebereiche in allen Hochschulen und
Forschungseinrichtungen in der Frühphase bis zum Abfassen eines Businessplans
finanziell und beratend unterstützt.51
Da Lizenzierung und Unternehmensbeteiligungen immer wieder als profitable
Einnahmequellen für Hochschulen dargestellt werden, muss gefragt werden, warum
diese Quellen nicht bereits erschlossen wurden und einer so massiven Förderung
bedürfen. Sie werden deshalb im Folgenden hinsichtlich der nötigen
Anfangsinvestition, der Rendite und des finanziellen Spielraums, den sie Hochschulen
bieten, untersucht.
Das Geschäftsmodell ist einleuchtend. Für Erfindungen, die an einigen Hochschulen
quasi ein Abfallprodukt wären, werden gewerbliche Schutzrechte geltend gemacht, die
von den Hochschulen gehalten werden. Durch Vermarktung der Schutzrechte, also
durch ihre Auslizenzierung oder ihren Verkauf, werden entweder direkt Einnahmen
generiert oder sie werden gegen Anteile an eine Ausgründung abgegeben. Hier
fließen entsprechende Einnahmen erst bei erfolgreicher Veräußerung der Beteiligung.
51
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung/Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie (Hg., 2001).
110
So einfach dieser Prozess klingt, so aufwendig ist es, die richtigen Bedingungen zu
schaffen und aufrecht zu erhalten, um das vorhandene Potenzial an Erfindungen und
Gründungswilligen zu nutzen und zu fördern. Hierzu gehört ein umfangreiches System
unterstützender Maßnahmen, die als vertrauensbildende Maßnahme und, um
Missbrauch auszuschließen, vor Ort der jeweiligen Institution zur Verfügung gestellt
werden sollten:
•
•
•
•
•
•
Rechtsabteilung: Vertragsgestaltung. Bei Drittmitteln beispielsweise verbleiben
entstehende Schutzrechte bei der Hochschule. Vertragspartner bekommen ein
zeitlich limitiertes Vorrecht zur Nutzung der Lizenz wie im Fall der Oxford
University UK.
Technologietransferstelle und Business Liaison: Koordination aller
Transferaktivitäten. Kontaktzentrale in die Wirtschaft.
Patent- und Verwertungsagentur: Identifizierung und Bewertung von
Forschungsergebnissen für die kommerzielle Verwertung, Begleitung des
Patentierungsprozesses und Verwertung von Patenten und Technologien.
Gründerberatung und Entrepreneurship Center: Förderung unternehmerischen
Denkens und Handelns bis zu Existenzgründungen.
Gründerzentrum: Erste Unterkunft von Neugründungen.
Fonds und Fondsmanagement: Zur Investition in den Patentierungsprozess,
den Erhalt von Patenten, die Frühphase von potenziellen Unternehmen bis zur
Erstellung eines Business Plans und zur partiellen Investition in Gründungen.
Dieser Aufwand mag übertrieben erscheinen, aber alle in diesen Bereichen wirklich
erfolgreichen Hochschulen in Amerika oder auch Großbritannien halten diese
Institutionen unter verschiedenen Namen und in verschiedenen Kombinationen vor.
Dabei beziehen auch diese Hochschulen nicht all diese Aktivitäten in eine
Investitionsberechnung für den Technologietransferprozess im Sinne von
Lizenzierungen und Unternehmensbeteiligungen mit ein.
Doch selbst wenn die Anfangsinvestition, die durch eine Patent- und
Verwertungsagentur sowie einen Fonds für Patente und Unternehmensbeteiligungen
nötig wird, isoliert betrachtet wird, ist sie für deutsche Hochschulen schwer zu
bewältigen. Da erste Rückflüsse durch Lizenzierung erst nach 1 bis 3 Jahren und ein
Break even erst nach 5 bis 8 Jahren zu erwarten sind, muss man allein in diesem
Bereich für ein schlagkräftiges Team mit Investitionen um die 3 Millionen € rechnen.
Hinzu kommen noch die Kosten für den externen Patentierungsprozess und -erhalt bei 20 bis 30 Patenten pro Jahr noch einmal die Summe von ca. 4 Millionen € 52. Für
Hochschulen in Deutschland, die, wie bereits dargelegt wurde, keine oder kaum Mittel
zur freien Verfügung haben, eine undenkbare Aufgabe, woran auch die Förderung mit
Obergrenzen je Agentur für Patentierung und Verwertung kaum etwas ändern dürfte.
Zum Vergleich sollen hier die Ausgaben für das seit einigen Jahren erfolgreiche
Technology Licensing Office, TLO, am MIT stehen, die im Jahre 2000 bei 6,2 Millionen
US $ lagen. Diesen Ausgaben standen auf der anderen Seite auch Einnahmen von
34,5 Millionen US $ gegenüber. Der Anteil von Lizenzierungen an Start-UpUnternehmen betrug am MIT in diesem Jahr etwa 15 %. Ähnlich verhielt es sich bei
Stanford University, University of California, Oxford University UK, usw. Dabei gilt es
zu beachten, dass ein Großteil der Einnahmen von jeweils einigen wenigen Patenten
52
Europäisches Patentamt, persönliche Mitteilung.
111
eingespielt wird und, dass diese Top-Universitäten nicht alle Kosten anderer
Institutionen der Universität, die zu diesem Erfolg beitragen, gegenrechnen. Die
meisten Hochschulen, die professionelle Patent- und Verwertungsagenturen
aufgebaut haben, sind froh, wenn diese ohne Zuschüsse auskommen.
An den aufgezählten Beispielen wird deutlich, dass weltweit nur ausgewählte
Universitäten eine derart positive Bilanz ziehen können. Damit soll keinesfalls
ausgeschlossen werden, dass gerade in Deutschland einige Hochschulen, bei
entsprechender Anfangsinvestition und Geduld, in der Lage sind, ähnliche Zahlen zu
generieren; vor allem, da von Februar 2002 an die Hochschulen durch das novellierte
Arbeitnehmererfindungsgesetz das Recht erhielten, Erfindungen aller ihrer
Mitarbeiter53 zum Patent anzumelden.
Es soll darauf hingewiesen werden, dass interessante Renditen, nur bei wenigen
Hochschulen, vor allem solchen mit stark entwickelten technischen Fachbereichen zu
erwarten sind und, dass sich bei isolierter Betrachtung des finanziellen Interesses nur
bei diesen Hochschulen die hohe Investition lohnt.
Die auf diese Weise erwirtschafteten, frei zur Verfügung stehenden Mittel wachsen
selbst in den erfolgreichen Fällen in den USA nicht gen Himmel, sondern beschränken
sich auf maximal 1 bis 3 % des Gesamtbudgets der Hochschulen.
Eine Erhöhung des finanziellen Handlungsspielraums durch dieses Gebiet ist
potenziell durch den Verkauf der von der Universität gehaltenen Anteile an Spin-outUnternehmen möglich. Die oft hohen Buchwerte kommen erst nach einem
professionell begleiteten, erfolgreichen Ausstieg aus der Beteiligung zum Tragen.
Beteiligungen der Hochschulen an Spin-out-Unternehmen erfolgen in anderen
Ländern normalerweise über das Einbringen von Patenten oder die direkte finanzielle
Beteiligung an frühen Entwicklungsphasen. Letzteres setzt jedoch zusätzliche Mittel in
Form eines hochschuleigenen Seed Fund voraus, dessen Grundstock in
Nachbarländern, wie z. B. England, den Hochschulen vom Staat zur Verfügung
gestellt wird. So besitzt die Oxford University einen University Challenge Seed Fund
mit immerhin 6 Millionen € staatlichen Geldern54.
Auch die Universität Maastricht in den Niederlanden hat einen Seed Fund, um Spinoffs zu unterstützen. Das normale Procedere bei einem Forschungsprojekt, das eine
Erfindung mit Marktpotenzial zum Ergebnis hat, ist, dass eine GmbH gegründet wird,
in der die Erfindung bis zur Marktreife, dem Prototyp, weiterentwickelt wird. Die
Erfindung oder die ganze GmbH wird dann verkauft, wobei das Recht an der
Erfindung meist in der GmbH liegt55.
In beiden Fällen, sowohl in England als auch in den Niederlanden, werden diese
Aktivitäten von marktwirtschaftlich organisierten Töchtern der Universitäten gemanagt.
Die oben erwähnten Entrepreneuship Centers, Gründerzentren, etc. stellen diesen
Prozess ermöglichende und stark unterstützende Institutionen dar.
53
Vgl. Wegfall des Hochschullehrerprivilegs.
Vgl. ISIS Innovation Limited Technology Transfer from the University of Oxford.
55
Frederix, R., Universität Maastricht, persönliche Mitteilung.
54
112
Beratung, Erstellung von Gutachten und sonstige wissenschaftliche
Dienstleistungen wie Spezialmessungen, Spezialanalytik
Die mit Hilfe des Universitätsumfelds generierten Zusatzeinkünfte deutscher
Professoren, die ihre Gehälter nicht selten um ein Vielfaches übersteigen, werden als
mögliche Einkunftsquelle für die Hochschulen kaum erörtert. Ob es sich um
Schutzrechte, Beratung, Gutachten oder sonstige Dienstleistungen handelt, man
bewegt sich mit abenteuerlichen Konstrukten in rechtlichen Grauzonen und denkt nicht
über eine saubere, integrative Lösung nach, von der alle profitieren.
Dabei spielt in dieser potenziellen Einnahmequelle durchaus Musik. Obwohl über das
Volumen nur spekuliert werden kann, geht es an spezialisierteren oder
forschungsintensiveren Hochschulen und Hochschulkliniken hier sicherlich um einige
100 Millionen €, die insgesamt fließen könnten. Bei einem Overhead von 10 bis 20 %,
der sich als eventuelle Einnahme für die Hochschule daraus ergeben könnte, kommt
rasch ein stattlicher Betrag zusammen.
Auch sind die Anfangsinvestition und die laufenden Kosten überschaubar, außer man
möchte das vorhandene Know-how von vorneherein mit hohem Aufwand vermarkten
bzw. ein aufwendiges Knowledge Managementsystem installieren. Damit ergeben sich
sowohl für die Umsatzrendite als auch für den finanziellen Spielraum bei
entsprechender Qualität der Hochschulen interessante Möglichkeiten. Diese können,
ein weiterer großer Vorteil, schon morgen genutzt werden.
Beispiel für eine jüngst installierte Einbeziehung dieser Verdienstmöglichkeit ist Oxford
University Consulting, OUC. Die OUC ist eine Gesellschaft, die zu 100 % der
Universität gehört und Beratungsdienstleistungen sowie wissenschaftliche
Dienstleistungen aller Forscher und Wissenschaftler der Universität Oxford anbietet.
Von der vermittelten Vertragssumme gehen 15 % an OUC und nach Abzug aller
Kosten an die Universität. Ein Professor kann auf diese Weise 30 Tage eines Jahres
offiziell verkaufen, wenn er die Erlaubnis des entsprechenden Departments hat. Die
entsprechenden Mehreinnahmen des Wissenschaftlers werden zusammen mit seinem
üblichen Gehalt ausgezahlt. Weitere Vorteile neben Vermittlung, Vertragsgestaltung
und Projektmanagement, falls gewünscht, sind die offizielle Nutzung der
Universitätszugehörigkeit und der dazugehörige Rechtsschutz.
Das große Problem für Deutschland wird es sein, die Akzeptanz bei Professoren für
eine derart geteilte Einnahmequelle zu erreichen. Nur durch Gesetzesänderungen z.
B. bei dem Nebentätigkeitsrecht für Professoren, ein in die eigene Tasche
Wirtschaften verhindern zu wollen, kann zu einer Abwanderung oder
Verweigerungshaltung führen. Oft sind es ja gerade die aktiven Professoren einer
Hochschule, die sich besondere Einkünfte erschlossen haben und die man als
Renommeeträger bzw. -verstärker nicht bremsen möchte.
Der Weg muss einerseits, eventuell ergänzend zu Gesetzesänderungen, über ein
überzeugendes internes Dienstleistungsangebot laufen, das die Erbringung für die
Dienstleister nach außen deutlich erleichtert und eine gleichzeitige Stärkung des
Identitätsgefühls für die eigene Institution generiert.
113
Fundraising
Viele amerikanische und englische Universitäten haben Fundraising als zentrale
Aktivität definiert, welche die primären Geschäftsfelder wesentlich beeinflusst.
Fundraising bietet die finanziellen Möglichkeiten, Qualitätssteigerung und Wachstum
in eigener Entscheidungsverantwortung der Universität zu fördern. Fundraising gibt
erhebliche finanzielle Handlungsfreiheit. Fundraising muss strategisch erfolgen und
langfristige Ziele unterstützen.
Fundraising sichert die Finanzierung zu Krisenzeiten, wenn es gelingt, eingeworbene
zweckfreie Mittel, endowments, ertragssicher anzulegen. Ziel von Fundraising darf
nicht sein, nur Mittel zur Finanzierung von Defiziten und Lücken zu akquirieren.
Fundraising dient auch dazu, Vorsorge zu betreiben, indem Kapital wie Geld, Länder,
Gebäude erworben und angelegt wird. Einige Universitäten gehen bei der
Kapitalanlage konservativ vor, andere streuen Risiko und Sicherheit, andere gehen
riskant vor wie beispielsweise das Dartmouth College in New Hampshire mit einer
Rendite von 41 %.
Fundraising heißt, Personen, Stiftungen oder Unternehmen zu gewinnen, die der
Universität Werte anvertrauen für Zwecke, die sie mittragen, weil sie gesellschaftlich
relevant sind und die Universität der Empfänger ist, der in den Augen des Spenders
größeren Nutzen generieren kann als alle anderen potenziellen Empfänger. Dies setzt
Vertrauen in die Universität voraus, dass sie die Werte sorgsam verwendet. Und es
setzt ein überlegenes Image voraus, weil sich auch andere Universitäten um den
Spender bemühen. Spender wollen an dem herausragenden Image der bespendeten
Universität teilhaben und profitieren.
Eine zweite Möglichkeit, Spender zu gewinnen, ist emotionale Bindung herzustellen.
Die Zielgruppe sind in erster Linie Alumni, die an amerikanischen Universitäten eine
bedeutende Spendergruppe sind. Die Einwerbung von Spenden der Alumni ist eine
Daueraktivität der Alumni Relations Offices, während Großspender in sogenannten
mehrjährigen Kampagnen durch die Development Offices begleitet werden.
Die intensive persönliche Betreuung der gerade das Elternhaus verlassenden jungen
Studenten bindet diese an ihre Universität und lässt sie, wenn sie später beruflich
erfolgreich und vermögend oder einflussreich sind, dankbar und großzügig an ihre
Universität erinnern. Die Prägung und Bindung der Studenten findet in den USA und
England während des Bachelorstudiums statt, dem Zeitraum, in dem in Deutschland
die Studenten am meisten vernachlässigt werden. Die Studenten in den USA werden
nicht nur in die sozialen Aktivitäten eingebunden wie Sport, Kultur, Campusleben,
Freizeit; an den Eliteuniversitäten, z. B. Harvard, werden diese Studenten ebenfalls
durch die Universität in ein gesellschaftliches Netzwerk eingeführt, das ihren
beruflichen Erfolg quasi vorbestimmt. Alle diese Leistungen, die eine Investition in die
Studenten darstellen, werden sich später auszahlen. Dass gerade diese Zeit bindend
ist, belegen die Aussagen der führenden Universitäten, die ihren Graduates
empfehlen, den Masterstudiengang an einer anderen Universität zu absolvieren, wohl
wissend, dass sie diese nicht als Alumni verlieren werden.
114
Universität der Zukunft
Anhang B
Personalmanagement
Autoren:
Dr. Ekkehard Franzke, Bain & Company Germany; [email protected]
Dr. Franz-Robert Klingan, Bain & Company Germany; [email protected]
115
116
VII. Anhang B: Personalmanagement
Der Worte sind genug gewechselt,
Laßt […] endlich Taten sehn!
J.W. Goethe, Faust I
B.1. Einleitung
Die Universität der Zukunft soll eine Bildungseinrichtung, ein Ort für freie Forschung
und Lehre bleiben. Dazu müssen Universitäten auf geänderte Rahmenbedingungen
reagieren, um im internationalen Umfeld noch eine Zukunft zu haben. Die neuen
strategischen Leitworte heißen Dienstleistung, Exzellenz und Effizienz.
Entsprechend kann das Personalmanagement einer Hochschule nicht isoliert
betrachtet werden, sondern es muss im Gesamtzusammenhang der Strategie, der
Organisation, insbesondere der Führungsorganisation, gesehen werden. Personal
folgt nach traditionellem Verständnis der Strategie und der Organisation und doch sind
es gerade in Hochleistungsorganisationen Führungspersönlichkeiten, die die
entscheidenden Impulse geben.
Personal verliert damit gerade in diesem Kontext seinen derivativen Charakter und
wird zum einem der wichtigste singuläre Baustein und zum anderen die größte
Barriere für notwendige Reformen auf dem Wege zur Universität der Zukunft: Personal
ist Strategie!
Personalmanagement muss in Folge dessen einen gesamtheitlichen Anspruch
besitzen. Auch wenn der Grundsatz der Freiheit von Lehre und Forschung weiterhin
bestehen bleibt, heißt das nicht, dass die Universität der Zukunft vielerorts weiterhin
aus zentraler Verwaltungsbürokratie und atomisierten Einzelprofessuren mit
entsprechend individualisierten Unterbauten bestehen kann. Personalmanagement
darf in diesem Zusammenhang auch nicht zum Experimentierfeld auf dem Weg hin zu
einer hier und da etwas effizienteren Organisation missverstanden werden. Hier
besteht die Gefahr unstrukturierter Koexistenz verschiedener
Personalmanagementsysteme bzw. ihrer verschiedenen Entwicklungsstufen. Dies
erzeugt Friktion und mindert die Effizienz der entsprechenden Einheiten. Sowohl
strategische als auch operative Exzellenz muss das Ziel für die gesamte Universität
und nicht nur für einzelne Teilbereiche sein.
Verfolgt man den aktuellen Diskussionstand in der einschlägigen Literatur und auf
zahlreichen Konferenzen, so fällt auf, dass viele Notwendigkeiten bereits ausführlich
und häufig recht theorielastig erörtert wurden, jedoch wenig wirklich neue Gedanken
hinzugekommen sind. Letztendlich geht es in der Hauptsache um ein gewaltiges
Implementierungsdefizit, das wesentlich mit dem Thema Personal zusammenhängt.
Mittelfristiges Ziel dieser Studie sollte daher auch nicht eine weitere Schleife in der
akademischen Diskussion, sondern, wenn möglich, die Vorbereitung eines konkreten
Pilotprojekts für eine wirkliche Universität der Zukunft sein.
117
Diesem Kapitel wird der besondere Dank an die verschiedenen Interviewpartner und
Teilnehmer der zu diesem Zweck abgehaltenen Workshops vorangestellt. Ihre Zeit
und Aufmerksamkeit hat es ermöglicht, sich in effizienter Weise den wichtigsten
Elementen des Problemkreises zu nähern und wichtige Anregungen, besonders für
die Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen im öffentlich-rechtlichen Bereich in
diese Arbeit einzubringen.
Struktur des Beitrags
Im Nachfolgenden sollen, in mehreren Thesen verdichtet, erneut die wichtigsten
Bausteine aufgezeigt werden, die an den Hochschulen an der Spitze der sogenannten
To-Do-Liste stehen sollten.
Dabei werden zunächst in B.2. die Rahmenbedingungen und dann der Einfluss der
Corporate Governance, die wesentliche Aspekte des Personalmanagements
dominiert, behandelt. Anschließend fokussiert B.3. ausgewählte Aspekte, besonders
bestehende Defizite entlang einer theoretischen Wertschöpfungskette für die Prozesse
des Personalmanagements. In diesem Kontext werden die wesentlichen
Personalgruppen wie Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie die
Mitarbeiter in der Verwaltung untersucht. Abschließend unterstreichen
Zusammenfassung und Ausblick die bestehenden und zukünftigen Notwendigkeiten.
Soweit angemessen, werden Beispiele oder Analysen aus dem Bereich der freien
Wirtschaft, besonders der Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen in gesonderten
Kästen und Schaubildern in die einzelnen Thesen eingebracht. Ohne Anspruch auf
Vollständigkeit werden dort ergänzende Aspekte beleuchtet und praktische Beispiele
für die erwähnten Zusammenhänge erläutert, ohne die eigentliche Argumentation zu
behindern.
118
B.2. Rahmenbedingungen und Corporate Governance
Das vorliegende Kapitel hat den Anspruch, durch eine Übersetzung der derzeit
akademisch geführten Diskussion innovative Impulse für ein professionelles
Personalmanagement der Hochschule der Zukunft zu geben. Diese resultieren aus
positiven Erfahrungen aus unterschiedlichen Sektoren wie Dienstleistungssektor,
ausländische Hochschulen und private Hochschulen mit vergleichbaren
Anforderungen.
These 1: Politik und Gesetzgebung haben grundsätzliche Autonomie zugestanden
und so erste institutionelle Voraussetzungen für ein professionelles
Personalmanagement geschaffen, schrecken aber vor einschneidenden
Maßnahmen in der Umsetzung zurück.
Politik und Gesetzgeber auf Bundes- sowie auf Landesebene haben mit der
Hochschulreformgesetzgebung wichtige institutionelle Voraussetzungen für ein
professionelles Personalmanagement geschaffen, beispielsweise
-
Bekenntnis zur Leistungs- und belastungsorientierten
Hochschulbewirtschaftung,
-
Experimentierklausel zur Erprobung hochschulspezifischer
Organisationsformen,
-
Zuständigkeit der Hochschulleitung für die Ressourcen Sach- und
Personalbudget sowie für Räumlichkeiten bzw. Gebäude,
-
Aufhebung lebenslanger Berufungszusagen zum 30.09.2000 und
-
Modernisierung der Professorenbesoldung.
Die Gesetzgebung geht hierbei aus politischen Gründen nicht gesamthaft vor, sondern
ändert Stück für Stück die Rahmenbedingungen der Hochschullandschaft. Dieses
führt zum einen zu einer hohen Komplexität aus bestehenden und geänderten
Vorschriften. Zum anderen müssen viele Rahmenbedingungen länder- bzw.
universitätsspezifisch ausgestaltet werden. Es gibt für die einzelne Universität immer
größere Gestaltungs-, aber auch Interpretationsspielräume. In Folge dessen weist die
heutige Hochschullandschaft in Deutschland ein sehr differenziertes Bild in Bezug auf
effiziente und effektive Personalstrukturen und –prozesse auf. Einige
experimentierfreudige Vorreiter stehen sehr vielen konservativen Nachzüglern
gegenüber.
Autonomie hat hier zwei Dimensionen: zum einen die Unabhängigkeit von inhaltlicher
und operativer täglicher Kontrolle durch die führende Instanz, zum anderen die
Übernahme der mit der Autonomie verbundenen Verantwortlichkeit für eigenes
Handeln und die zur Verfügung gestellten Mittel.
119
Zur Unabhängigkeit der Universität gehört inhaltlich primär die Freiheit, Gegenstände
von Forschung und Lehre im Rahmen der verfügbaren Ressourcen selbst zu
bestimmen. Damit muss aber sekundär auch die Verfügbarkeit der Ressourcen für die
Hochschule gesichert sein. Neben der Frage der Globalbudgetierung56 ist es
insbesondere notwendig, die Anstellung der Professoren sowie aller anderer
Personalgruppen durch die Hochschule und nicht das Ministerium57 vorzunehmen.
Umgekehrt sind nicht nur diese dann auch für der Hochschule für ihre Leistung
verantwortlich, sondern die Hochschulleitung insgesamt für die mit den zur Verfügung
gestellten Ressourcen erwirtschaftete Leistung: Handeln und Haften.
An dieser Stelle sei kurz auf Implikationen für die Freiheit von Forschung und Lehre
eingegangen. Die oben skizzierten Änderungen stärken primär die kollektive
Autonomie der Hochschule, was notgedrungen die individuelle Autonomie des
einzelnen Lehrenden, insbesondere im Rahmen der Verantwortlichkeit gegenüber der
Hochschule einschränkt. Dieser hat aber die Möglichkeit, durch einen Wechsel der
Hochschule eine inhaltlich attraktivere Umgebung zu finden bzw. muss letztlich den
Anspruch der finanzierenden Stakeholder auf Kontrolle des wissenschaftlichen
Rahmens respektieren. Das Bewusstsein der Hochschule als Ganzes um den Wert
der wissenschaftlichen Freiheit auf der Basis der demokratischen Grundordnung sollte
ausgeprägt genug sein, um sich Strömungen zu widersetzen, derenthalben die Väter
des Grundgesetzes diesen Artikel aufgenommen haben.
Die genannten Änderungen der institutionellen Rahmenbedingungen beinhalten
insgesamt hoffnungsvolle Ansätze, gehen aber z. B. bezüglich des Beamtenstatus und
der Unabhängigkeit von staatlicher Führung noch nicht weit genug.
These 2: Das Berufsbeamtentum sowie der heutige BAT müssen auf dem Wege zur
Entwicklung von Spitzenuniversitäten fallen.
Das die Universitäten derzeit beherrschende Berufsbeamtentum beinhaltet ungeachtet
der grundsätzlichen Frage der Hoheitlichkeit von Universitäten eine Reihe von
Implikationen, die ein professionelles Personalmanagement verhindern oder deutlich
erschweren. Exemplarisch lassen sich hier Aspekte von einer mit dem Beamtentum
nicht grundsätzlich verbundenen, aber dennoch oft zu beobachtenden
Beamtenmentalität bzw. -kultur über das Fehlen finanzieller Anreiz- und
Motivationsmechanismen bis hin zu der deutlich erschwerten Personalfreisetzung
nennen. Gleichzeitig werden durch die Fortführung der Verbeamtungen in
unverantwortlicher Weise Lasten auf kommende Generationen von Steuerzahlern
verschoben, um kurzfristig den fiktiven Preisvorteil eines Beamten gegenüber dem
Angestellten zu realisieren.58
56
Vgl. These 6.
Vgl. These 7.
58
Berechnungen der Universität Mannheim bezüglich der Umstellung des Beamten- auf ein
Angestelltenverhältnis für alle Betroffenen haben gezeigt, dass über einen Zeitraum von fünf Jahren
mit der Verdoppelung der Personalkosten (Bildung der Rückstellungen für eine vergleichbare
Rentenversorgung, fällige Sozialabgaben, Abfindung im Beamtenverhältnis erworbener sonstiger
Ansprüche, sonstige Kosten der Umstellung) zu rechnen ist, bevor sie auf den (durch
57
120
Daher wird für die Universität der Zukunft unterstellt, trotz der zu erwartenden
Widerstände, eine Abschaffung des Berufsbeamtentums und somit innerhalb einer
vorgegebenen Bandbreite die Möglichkeit der freien Aushandlung von
Arbeitsverträgen im wissenschaftlichen und administrativen Bereich.
Dazu müssen in die Hochschullandschaft neuartige Rahmenbedingungen Einzug
erhalten:
Wettbewerbsfähigkeit
Das Tarifsystem muss wettbewerbsfähiger werden. Die Hochschule muss bei der
Aushandlung der Arbeitsverträge für ihre Angestellten lokale Gegebenheiten
berücksichtigen dürfen. Die Attraktivität des Arbeitsplatzes muss unter Beachtung des
Stellenprofils, z. B. IT-System-Administrator, der lokalen Arbeitsmarktlage, Ost- vs.
Westdeutschland und der lokalen Lebenshaltungskosten, z. B. München vs.
Oldenburg vs. Paris, gewährleistet sein. Das bedeutet auch, dass Tarifbandbreiten
einer Hochschule gegenüber vergleichbaren Dienstleistungsbranchen wie
beispielsweise die Finanzdienstleistungen wettbewerbsfähig werden.
Leistungsorientierung
Das Tarifsystem muss leistungsgerechter werden. Die heutige Beamtenbesoldung und
der BAT fördern Leistungsorientierung nur marginal. Es besteht eine Tendenz zum
Mittelmaß, in dem der Dienst nach Vorschrift an der Tagesordnung steht und die
Unternehmenskultur beherrscht. Klare informelle Verhaltensnormen haben sich
herausgebildet, die dem Kollektiv und damit auch der Konservierung des Mittelmasses
dienen. Engagement wird teilweise durch latentes oder teilweise aktiv betriebenes
Mobbing unterbunden. Leistung zahlt sich nicht aus. Dementsprechend sind in der
Universität der Zukunft vermehrt variable Vergütungsbestandteile einzuführen. Diese
sind sowohl an die Leistung des Einzelnen oder an die Leistung in der Gruppe bzw.
das Team zu koppeln.
Flexibilität
Das Vergütungssystem muss flexibler werden. Wichtige Hemmschwellen für den
freien Transfer von Personalressourcen zwischen öffentlichem Hochschulsektor und
der Privatwirtschaft müssen beseitigt werden, um einen wünschenswerten
Personalaustausch zu ermöglichen. Die Übertragbarkeit von Renten- bzw.
Pensionsansprüchen über Sektorgrenzen hinaus wäre ein wesentlicher Schritt in diese
Richtung. Dass dies umgesetzt werden kann, zeigt das Beispiel Schweiz, ETH Zürich
Die Trennung zwischen Beamtentum und Nicht-Beamtentum muss dazu aufgelöst
werden. Die einfachste Lösung wäre der vollständige Verzicht auf Beamtenstellen an
der Hochschule in öffentlicher Trägerschaft.
wettbewerbsfähige Gehälter, Sozialabgaben etc. geprägten) langfristigen Wert vom eineinhalbfachen
des heutigen zurückgehen würden.
121
These 3: Das Personalmanagement folgt der strategischen Ausrichtung der
Universität und bildet die Basis für nachhaltige Differenzierung.
Die Universität der Zukunft sollte eine Universität sein, die unter dem Gesichtspunkt
der Qualitätsoptimierung zunächst ihre Zielsetzung definiert, ihre Programme in
Forschung und Lehre sorgfältig mit ihren Zielen abstimmt und fortlaufend aktualisiert,
ihre personellen und sächlichen Ressourcen in Kongruenz zu ihren Programmen
bestimmt, auswählt und einsetzt, sowie ihre Entscheidungs- und
Organisationsstrukturen auf die Verwirklichung ihrer Ziele ausrichtet und gestaltet.59
Die Abkehr von dem Recht auf ein Hochschulstudium, wenn man die erforderliche
Qualifikation, in der Regel das Abitur, nachweist, hin zu einem Modell, in dem
Universitäten Ihre Studenten auswählen60 und sich Studenten frei an bestimmten
Universitäten bewerben, könnte den größten Veränderungsdruck erzeugen, sofern die
Universitäten dabei ihre volle Strategiefähigkeit erhielten. Wenn die Studenten Kunden
sind, folgt aus dieser neuen Wahlfreiheit der Zwang zur Kundensegmentierung und
damit zu einer klaren strategischen Ausrichtung bezüglich einer Zielgruppe.
Der Trend zur Ausdifferenzierung hat sich in der Privatwirtschaft insbesondere in den
neunziger Jahren in vielen Industrien durchgesetzt. Erfolgsmodelle wie Aldi im
Lebensmitteleinzelhandel, Charles Schwab im Retail Banking oder Porsche im
Automobilbau basieren auf der einfachen aber weitreichenden Erkenntnis, dass ein
erfolgreiches Geschäftsmodell auf eine sauber segmentierte Kundengruppe
zugeschnitten sein muss. Diese Erkenntnis kann sich auf den Hochschulbereich
ausdehnen und wird tendenziell zu einer weiteren Ausdifferenzierung der
Universitätslandschaft und möglicherweise zu den im ersten Kapitel beschriebenen
Hochschultypen, Lehre vs. Forschung, Spezialisierung vs. Breitenangebot führen.
Für eine beispielhaft gewählte spezialisierte Ausbildungsuniversität würde sich dies in
folgenden schematischen Schritten widerspiegeln:
59
60
-
Festlegung auf die Strategie und entsprechend der Spezialisierung auf die
Fachrichtung;
-
Auswahl eines für die Fachrichtung und den dort erwarteten Ausbildungsbedarf
geeigneten Fächerportfolios, das laufend auf Relevanz überprüft wird;
-
Planung des Personalbedarfs, Auswahl und Anstellung der geeignetsten
Lehrer, das beste Team, für das Fächerportfolio, Ausbildung und Prüfung eines
Jahrgangs;
-
Überprüfung und Anpassung von Portfolio und Lehrkörper anhand eindeutiger
Benchmarks, z. B. Nachfrage nach Studienplätzen, Nachfrage nach
Vgl. Wolff, K. D. (2002).
Im Rahmen neuartiger Studiengänge ist es schon heute möglich individuelle Eignungsfeststellungen
durchzuführen wie an der TU München in Biochemie und Molekularer Biotechnologie, Universität
Mannheim bei der Umstellung des Studiensystems in den Geisteswissenschaften, Universität
Bayreuth bei den Sport– und Gesundheitsökonomen, FH Reutlingen im BWL-Bereich, etc.
122
Absolventen, durchschnittliches Anfangsgehalt des Absolventenjahrgangs,
usw.) während und nach der Ausbildungsphase.
Dabei können ein hervorragendes Lehrangebot, Fächer und Professoren umfassend,
und die Nachfrage durch die besten Studenten verstärkend aufeinander wirken.
Solange ein sich verbesserndes, immer konkurrenzfähiges Lehrangebot die besten
Studenten und potenziell höchsten Studiengebühren) anzieht, wird die Universität für
potenzielle Mitglieder des Lehrkörpers attraktiver, die nicht nur beste Studenten,
sondern auch den Austausch innerhalb der Fakultät suchen usf. Auf dieser Basis hat
die Universität die Möglichkeit, ihre Strategie nachhaltig zu verfolgen und ihre
Differenzierung kontinuierlich gegen den Wettbewerb zu erhalten.
Ein professionelles Personalmanagement folgt dieser Ausrichtung und ist im Detail
darauf abgestimmt.
These 4: Für die Corporate Governance bietet ein Vorstandsmodell breite, nach
Strategietyp differenzierbare Lösungsmöglichkeiten.
Eine neu zu gestaltende Corporate Governance legt die Basis für eine
zukunftsweisende Personalstrategie und ein Personalmanagement für die
Hochschule.
Von der grundsätzlichen Ausgestaltung ist hier ein den Kapitalgesellschaften
angelehntes Führungsmodell61 geeignet, die vom Hochschulrahmengesetz seit 1998
gewährten Freiheiten der Organisationsgestaltung auszufüllen.62 Eine so zu
verankernde Führungskultur kann der Schaffung bzw. Aufrechterhaltung einer mehr
unternehmerisch geprägten Organisation dienen. Dabei besteht kein Widerspruch
zwischen einer unternehmerisch geprägten Führungs- und Entscheidungskultur und
den für eine Universität notwendigen akademischen Freiheiten.63 Eine Nivellierung des
vorherrschenden Kollegialitätsprinzips meint in diesem Kontext nicht die Abschaffung,
sondern eine ideologiefreie, neugestaltete Form der Partizipation von
Hochschulmitgliedern an den Entscheidungsprozessen der Hochschule.64
Zum Aufbau einer derartigen, unternehmerisch geprägten Führungsstruktur wird
Anlehnung an die typische amerikanische Universitätsverfassung genommen:
-
Aufsicht führt ein Board of Trustees, Treuhänder, im Falle der öffentlichen
Universität häufig ein Board of Regents, das von der Executive ernannt wird
oder auf der Landesebene für festgelegte Amtsperioden gewählt wird. Fast
immer sind dies externe Mitglieder in stark variierender Anzahl. Die
61
AG, GmbH oder amerikanisches Board-System für die Inc.
Vgl. Frackmann, E./De Weert, E., (1993), sowie ausführlich Müller-Böling, D. (2000). In diesem
Zusammenhang sei auf die Möglichkeiten der Ko-Existenz verschiedener Formen der Organisation
innerhalb einer Institution hingewiesen.
63
Vgl. Fulda, J. (1998).
64
Müller-Böling geht in diesem Kontext auf die „doppelte Legitimation” von Entscheidungsträgern im
Rahmen eines Gegenstromprinzips ein. Vgl. Müller-Bölling, D./Fedrowitz, J., (1998), insb. S. 30ff.
62
123
Hauptzuständigkeit der Boards liegt in der Finanzaufsicht und in der Ernennung
des Universitätspräsidenten.
-
Die Amtszeit des Präsidenten liegt im Durchschnitt bei fünf Jahren, oft at the
pleasure des Board of Trustees, d. h. jederzeitige Entlassung ist möglich. Der
Präsident hat weitgehend freie Hand bei der Ernennung der Vice Presidents.
Der Präsident stellt sich also sein Führungsteam analog dem Vorstand einer
AG zusammen. Der Präsident ernennt und entlässt auch die Dekane, die in der
Regel eine Amtszeit von 5-10 Jahren haben. Die Suche erfolgt durch
sogenannte search committees.
-
Die Verantwortung für die Lehrpläne liegt bei den Fachbereichen, Fakultäten
und unter Umständen bei der Professorenschaft. Die Initiative für Berufungen
geht von den Fachbereichen aus. Der Präsident hat ein Vetorecht. Die Gehälter
der Berufenen werden auf Vorschlag des Dean, Dekan, vom Provost, also dem
Kanzler, gelegentlich nach Konsultation mit dem Präsidenten festgesetzt.
-
Auf Ebene der Fachbereiche können bei Überschreitung einer gewissen Größe
kaufmännische Geschäftsführer eingesetzt werden.
Insgesamt ist dieser Typus des Führungssystems flach und flexibel, mehr auf
Kommunikation und Pragmatismus als auf Einhaltung der Verwaltungsvorschriften
ausgelegt.
Auch in den deutschsprachigen Ländern gibt es Beispiele von
Führungsorganisationen, die diese Ansprüche verwirklichen.65 Es sei allerdings darauf
hingewiesen, dass für eine friktionsarme Veränderung der herrschenden Leitungs- und
Führungsstrukturen sicherlich Widerstand von verschiedenen Seiten zu antizipieren
ist, da
65
-
der Einfluss und die Betätigungsfelder der Wissenschaftsministerien der Länder
schwinden,
-
die Entscheidungsbefugnisse der zentralen Hochschulleitung bzw. des
Fachbereichs auf Kosten der einzelnen Professoren gestärkt werden,
-
die Hochschulleitung undankbare Entscheidungen alleinverantwortlich vertreten
muss, statt sich hinter dem Ministerium zu verstecken,
-
die Verantwortlichkeit der Hochschule bzw. Hochschulleitung für die Qualität
von Forschung und Lehre messbar und damit offensichtlich wird, ebenso die
Konsequenzen für Fehlentscheidungen,
-
die teilweise Erhebung von Studiengebühren unumgänglich wäre.
Vgl. Kasten 1.
124
Kasten 1: Innovative Führungsstrukturen für Universitäten im deutschsprachigen
Raum
Die Universität Mannheim hat in Deutschland die wahrscheinlich innovativste
Führungsstruktur. Der Senat ist für alle akademischen Angelegenheiten zuständig, sowie für
die Wahl des Rektorats, das durch eine paritätisch besetzte Kommission unter Vorsitz des
Universitätsrats gefunden wird.
Das Rektorat ist als Unternehmensvorstand verantwortlich für die operative Ebene:
-
Haushalt
-
Personal
-
Genehmigung der Prüfungs-, Habilitations-, Promotions- und Studienordnungen
Ein Universitätsrat fungiert als Kontrollorgan für die operative Ebene.
Der Präsident der ETH Zürich wird von der Regierung ernannt und ist zusammen mit drei
Vizepräsidenten verantwortlich für die Führung der Universität. Die Vizepräsidenten
verantworten drei unterschiedliche strategische Aufgabenbereiche
-
Lehre (Rektor)
-
Forschung und Wirtschaftsbeziehungen
-
Planung und Logistik
Der Rektor hat die akademische Leitung und wird durch die Professorenschaft gewählt. Alle
Professoren sind Angestellte der Universität.
Der Schulrat, als Aufsichts- und strategisches Leitungsorgan, ist mit Personen aus der Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft besetzt.
Insgesamt würden aber die Vorteile, insbesondere die Vereinfachung von Abläufen
und die gesteigerte Transparenz und Verantwortung den Aufwand zur Überwindung
der Widerstände in jedem Fall rechtfertigen.
These 5: Die Administration der Universität wertet sich auf und wird zum effizienten
Manager eines wissenschaftlichen Hochleistungsbetriebs.
Der zentralen Verwaltung haftet heute an vielen Universitäten der Ruf einer
ineffizienten, regulierungswütigen Zwangsvollstreckung an. Dabei sind
Selbstverständnis und Leistungsfähigkeit des handelnden Personals eine ebenso
wesentliche Komponente wie antiquierte bzw. unbrauchbare
Verwaltungsverfahrensvorschriften.
125
Auf dem Weg zur Universität der Zukunft muss die Hochschule ein positives
Selbstverständnis einer Hochleistungs-Unternehmung besitzen, in der alle Einheiten
gemeinsam an einem Strang ziehen. Administration und wissenschaftlicher Bereich
müssen auf dem Weg zu dieser Vision stärker zusammenfinden. Diese Entwicklung
beruht nicht so sehr auf Veränderungen organisatorischer Merkmale, sondern basiert
vielmehr auf dem Selbstverständnis der Verwaltung und auf der Akzeptanz durch den
wissenschaftlichen Bereich.
Organisatorische Effizienz und effektive Unterstützung der Forschungs- und
Lehraktivitäten, je nach Ausrichtung, müssen die Charakteristika der Administration
der Hochschule der Zukunft sein. Die Effizienz im Hochschulverwaltungsbereich hat
sich aber historisch betrachtet, trotz technischem Fortschritt und
Erfahrungszugewinnen, nicht wesentlich erhöht.
Kasten 2: Verwaltungseffizienz
In einer Bain-Analyse66 wurde das Verhältnis von Verwaltungspersonalstellen zu
wissenschaftlichen Personalstellen über die letzten sieben Jahre untersucht. Dieses reduzierte
sich nur unwesentlich von 1,90 auf 1,89. Gleichzeitig stieg aber das Verhältnis von
Verwaltungspersonalstellen im Bezug zu der Summe aus wissenschaftlichen Personalstellen
und Studierenden sogar leicht von 0,11 auf 0,12.
Eine weitere Analyse vergleicht die Personalrelation67 zwischen Verwaltungsbereich und
wissenschaftlichem Bereich (Mitarbeiter plus Studenten) nach Bundesländer in 1999. Dabei
variieren die einzelnen Bundesländer relativ stark um den Durchschnittswert von 0,17. Es
scheint, dass die einzelnen Länder mit Hinblick auf Ihre Politik zur Hochschulwirtschaftlichkeit
sehr unterschiedlich dastehen. Noch größere Unterschiede lassen sich auch innerhalb eines
Bundeslandes zwischen einzelnen Hochschulen ausmachen, die in diesem Maße
betriebswirtschaftlich nicht zu erklären sind.
Eine letzte Analyse stellt private und staatliche Universitäten gegenüber. Hier ergibt sich, dass
die sechs untersuchten kleineren privaten Institutionen68 mit einem Durchschnittswert von 0,11
fast doppelt so effizient sind als die staatlichen mit einem Wert von 0,18.
Daraus folgt, dass die Verwaltungsapparate an vielen Hochschulen die Grenzen ihrer
Effizienz noch nicht erreicht haben. Dieses stellt auch die Sinnhaftigkeit der
derzeitigen Hochschulbewirtschaftung von oben nach unten in Frage. Hochschulen
müssen auf dem Weg zu mehr Effizienz vollen Gestaltungsspielraum aber damit auch
volle Verantwortung übertragen bekommen, um maßgeschneiderte und schlagkräftige
Verwaltungseinheiten aufzubauen.
66
Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, kurz BMBF, (Hg., 2000).
1999 tätiges Personal, nicht Personalstellen, vgl. BMBF (Hg., 2000).
68
HHL Leipzig, EBS Oestrich-Winkel, WHU Koblenz, Uni Eichstätt, Uni Bruchsal, IMT Stuttgart.
67
126
Schaubild 1
Verhältnis Verwaltungspersonal zu wissenschaftlichem Personal und
Studenten
Insgesamt müssen sich alle Einrichtungen immer wieder im Hinblick auf Effizienz,
Effektivität und Qualität ihrer administrativen Bereiche auf den Prüfstand stellen
lassen. Dabei soll eine Dienstleistungs- bzw. Serviceorientierung die bisher
vorherrschende Verwaltungsorientierung ablösen. Eng damit verbunden ist das Primat
der Kundenorientierung gegenüber Studenten und Wissenschaftlern. Nur in
Konkurrenz um Mittel, die bei einer modernen Budgetierung direkt in Forschung und
Lehre investiert werden könnten, werden Verwaltungen nachhaltig zur zielkonformen
Wertschöpfung angeregt.
Umgekehrt wird eine effizientere, dienstleistungsorientierte Verwaltung dazu führen,
dass sich der wissenschaftliche Bereich im Rahmen einer deutlich effektiveren und
effizienteren Arbeitsteilung des Dienstleistungsangebots bedient und dieses
entsprechend wertschätzt. Dieses führt wiederum zu einem wertsteigernden
Miteinander. Hierbei ist auch die Hochschulleitung gefordert. Das Vorleben einer
einheitlichen Hochschulvision und eines personalpolitischen Leitbilds ist in diesem
Zusammenhang eine ihrer wichtigsten Aufgaben.
Fragwürdig bleibt auch die organisatorische Aufhängung und Ausgestaltung des
zukünftigen Verwaltungsbereichs der Hochschule. An einigen Hochschulen gehen
Bestrebungen in die Richtung, Verwaltungseinheiten zu dezentralisieren und auf der
Ebene der Fachbereiche zu installieren.
Die Frage von Zentralisierung vs. Dezentralisierung kann nicht grundsätzlich und
allgemeingültig entschieden werden. In der Praxis sollte sich in Anlehnung an
erfolgreiche Dienstleistungsunternehmen der Privatwirtschaft ein organisatorischer Mix
127
durchsetzen, der sich auch nach der Größe und strategischer Positionierung, breit vs.
Fokussiert, der Hochschule richtet. Tendenziell scheint eine Dezentralisierung eher an
größeren Universitäten wie Köln oder München angemessen zu sein. Hier sollten
vormals zentrale Verwaltungseinheiten auf der Ebene der Fachbereiche angesiedelt
werden, insbesondere wenn diese an unterschiedlichen Standorten beheimatet sind.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Grundsatz, organisatorisch schlagkräftige
Einheiten zu bilden, die groß genug sind, um sich möglichst eigenständig zu
verwalten. Einheiten von 50-200 Mitarbeitern können hier aus der Privatwirtschaft als
Richtgröße angeführt werden.
Schlagkräftige, sich selbstverwaltende wissenschaftliche Einheiten unter dem
gemeinsamen Dach der Universität mit ihrer Führungsmannschaft sind grundsätzlich
als positiv anzusehen, weil sie besser im Stande sind, eine gemeinsame
Dienstleistungskultur entstehen zu lassen. Eine Dezentralisierung von
Verwaltungsaufgaben auf der Ebene von Fachbereichen setzt eine kaufmännische
Professionalisierung ebenda voraus. Es ist zweifelhaft, ob die derzeitigen, im
Turnusverfahren ernannten Dekane an vielen Hochschulen zum einen hierfür die
Voraussetzungen mitbringen, zum anderen aber auch die Motivation. In diesem
Zusammenhang ergeben sich zwei Lösungsansätze:
-
Aufwertung der Funktion des Dekans und Änderung des Wahlverfahrens, um
für diese Aufgabe geeignete Kandidaten zu gewinnen oder
-
Einsatz von Fachbereichsplanern oder kaufmännischen Geschäftsführern, die
den Dekan in den zukünftig anspruchsvollen Planungs-, Finanzierungs-, und
Verwaltungsangelegenheiten entlasten.
Zusätzlich zu den dezentralen Verwaltungseinheiten muss es weiterhin zentrale
Stabseinheiten geben, die zum einen die Hochschulleitung bei deren Aufgaben, z. B.
Budgetierung, IT-Landschaft, unterstützen, zum anderen auch Funktionen
wahrnehmen, die stark von Skaleneffekten, z. B. Lohnabrechnung, geprägt sind oder
intensives Experten-Know-how, z. B. Immobilienmanagement, erfordern.
Darüber hinaus ist es notwendig, dass statt eines anonymen Nebeneinander der
Austausch an Informationen und Expertise zwischen diesen einzelnen Einheiten
intensiviert wird. Grundlegende Instrumente wie bspw. regelmäßige Abteilungsleiter
Jour Fixes fehlen an vielen Hochschulen. In diesem Zusammenhang liegen auch in
neuen Kommunikationstechnologien deutliche Verbesserungspotenziale: gut
konzipierte Intranetlösungen können beispielsweise den Informationsfluss und die
insgesamt anzustrebende Unternehmenskultur des informierten Miteinander
wesentlich unterstützen.
B.3. Prozesse im Personalmanagement
Für das folgende Kapitel werden die wesentlichen Prozesse anhand einer Wertkette
für das Personalmanagement beleuchtet. Die Thesen folgen der unter Struktur des
Beitrags gezeigten Sequenz. Soweit sich einzelne Abschnitte zu den jeweiligen
Thesen speziell auf eine der drei Personalgruppen beziehen, sind sie mit P wie
Professoren, W wie wissenschaftlicher Nachwuchs und V wie Verwaltung
gekennzeichnet.
128
These 6: Die Personalplanung muss im Rahmen einer autonomen
Globalbudgetierung und Fachbereichsbudgetierung erfolgen.
Das Personalmanagement beginnt mit der strategiekonformen und weitestgehend
autonomen Personalplanung und –beschaffung. Der Personalbudgetierungsprozess
an Hochschulen folgt heute größtenteils einmalig festgelegten69 oder vorgegebenen
Regeln70, die selbst bei erheblichen Veränderungen der Hochschullage oder –
strategie nicht von der Hochschulleitung anpassbar sind.
Der Planungshorizont ist teilweise sehr kurzfristig und beschränkt sich vielerorts auf
ein Kalenderjahr. Eine Fernzielplanung oder ein strategischer Mittelfristplan existieren
nicht. Anstelle von Personalmitteln erhalten die Hochschulen von den
Landesministerien eine Anzahl von Stellen entsprechend des BAT oder des
Beamtenrechts, die meist nach dem „Fortschreibungsprinzip“, häufig schon der
individuellen Hochschulstruktur nach gegliedert, verabschiedet werden. In diesem
rigiden Rahmen bleiben angemessene Umstrukturierungen aus. Beförderungen
können nur umgesetzt werden, wenn eine Stelle in der höheren Tarifgruppe frei ist.
Personalkostenflexibilität besteht nicht. Darüber hinaus ist es nicht möglich,
Personalkosten mit anderen Kostenarten, Titeln, zu verrechnen. Die Mittel dürfen nur
in der betreffenden budgetierten Ausgabekategorie verwendet werden, sachliche
Bindung, und dürfen nicht in das folgende Steuerjahr übertragen werden, sondern
müssen unbedingt in der laufenden Periode verbraucht werden, zeitliche Bindung.
Diese Gegebenheiten stehen dem modernen, zukunftsgerechten
Budgetierungsprozess einer Hochschule entgegen, der gekennzeichnet sein sollte
durch
-
unterschiedliche Planungshorizonte wie Quartal, Jahr, 3 Jahre,... etc.,
-
iterativer Planungsprozess, top-down vs. bottom up,
-
unterjährige Flexibilität, Budgetanpassungsstichtage,
-
Verrechnungsmöglichkeiten, Kostenarten,
-
Rückstellungsmöglichkeiten, Perioden.
Ein solcher Budgetierungsprozess ist heute Standard in der Privatwirtschaft. In
deutschen Grossunternehmen wie Allianz oder Daimler Chrysler sind beispielsweise
ganze Mitarbeiterstäbe damit betraut, für alle organisatorischen Teileinheiten eine
detaillierte Budgetierung für unterschiedliche Planungshorizonte aufzustellen und nach
unterschiedlichen Berichtsstrukturen zusammenzuführen. Aber auch moderne,
mittelständische Unternehmen setzen auf komplexe Planungssysteme und haben hier
in den letzten Jahren stark in Know-How und Ressourcen investiert.
69
70
Erstberufung.
Vgl. Stellenplan des Bildungsministeriums.
129
Globalbudgetierung wird heute bereits erfolgreich an ausländischen Hochschulen wie
der ETH Zürich und an deutschen privaten Universitäten beispielsweise der WHU
Koblenz und HHL Leipzig betrieben. Hierbei werden die Fachbereiche und Fakultäten
in einem bottom-up Planungsschritt aktiv in den Gesamtprozess eingebunden. Dies
erfordert konsequenterweise entsprechend qualifizierte Ressourcen auf diesen
Ebenen. Auch für die Universität der Zukunft ist diese Form der Budgetierung und
Planung richtungsweisend.
These 7: Für den Personalrekrutierungsprozess muss eine eindeutige, persönliche
Verantwortung eine weitere Regulierung von Verfahrenselementen wie
Anforderungsprofil, Gremien etc. ersetzen.71
Auf Basis eines entsprechenden flexiblen Personalbudgets erfolgt dann eine
strategieadäquate Personalbeschaffung. Im wissenschaftlichen Bereich münden dabei
derzeit demokratische Mechanismen und Gremienarbeit in Entscheidungsprozesse,
die in diesem Kontext wechselhafte Wahl- oder Zielkoalitionen mit unvorhersehbarem
Ausgang bedingen. Die Entscheidungen sind im Grenzfall zufallsbedingt und führen
leicht zu einer Nivellierung ins Mittelmaß. Einigungen auf dem kleinsten gemeinsamen
Nenner von unterschiedlichsten individuellen Interessen folgen hier kaum einem
universitären Gesamtinteresse.72 Nur eine Zusammenführung von Handeln und
Haften, also die Schaffung konkreter und persönlicher Verantwortlichkeiten, kann
dementsprechend notwendige Voraussetzung für einen zielkonformen
Auswahlprozess sein.
Ad P: In dem favorisierten Vorstandsmodell werden die Professoren auf Empfehlung
einer Auswahlkommission durch den Dekan ernannt. Der Präsident hat ein Vetorecht.
Die Dekane als Entscheidungsträger erhalten dabei regelmäßig fachliche
Unterstützung durch zentrale Personalmanagement-Experten. Dies geschieht
beispielsweise durch
-
Zugriff des Dekans auf moderne Personalauswahlinstrumente wie Leitfaden,
Personalanzeigen-Vordruck, Stellenbörse Webseite, etc bzw. durch
-
Schulung des Dekans in Personalauswahl, also der Auswertung von
Lebensläufen, dem Führen strukturierter Interviews und Berufungsverhandlung,
etc.
Ad W: Die Einstellung von wissenschaftlichen Nachwuchskräften ist besonders im
Hinblick auf ihre zukünftige Eignung für Forschung und bzw. oder Lehre kritisch. Hier
muss das Verfahren mehr als bisher die Chancen einer günstigen
Personalentwicklung auf den entsprechenden Dimensionen beurteilen, um gegenüber
71
Die Diskussion um eine mögliche verordnete Abschaffung der Habilitation halten die Autoren nicht für
zielführend. Vielmehr sollte die Habilitation ihre Berechtigung im freien Spiel der Marktkräfte unter
Beweis stellen, wobei je nach Fachbereich und strategischer Ausrichtung der einzelnen Universität
bereits heute andere Zugänge gleichberechtigt neben der Habilitation existieren. Die Verknüpfung
von Habilitationsverfahren und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist allerdings zu
überprüfen.
72
Vgl. Müller-Bölling, D. (2000), S. 15ff.
130
den Bewerbern fair zu sein und gleichzeitig einen effizienten Umgang mit den zur
Verfügung stehenden Mitteln zu sichern. Gegenüber dem heutigen Stand ist hier eine
stärkere Übernahme der Verantwortung durch die betreuenden Mitglieder der
Professorenschaft dringend angezeigt .
Ad V: Eine entsprechende Professionalisierung ist zudem bei der Personalauswahl im
administrativen Bereich notwendig, die verantwortungsvoll durch die einzelnen
Abteilungsleiter, gegebenenfalls mit Vetorecht des Kanzlers, zu erfolgen hat.
Ad P, W, V: In der Privatwirtschaft haben sich für Eignungsprüfungen bei
Einstellungen unterschiedliche Verfahren durchgesetzt73, die die unterschiedlichen
Anforderungsprofile der entsprechenden Branchen und Unternehmensgrößen
reflektieren und sich bei entsprechender Auslegung auf die Ziele der Universität
zumindest teilweise übertragen lassen.
73
Vgl. dazu Kasten 3, S. 131.
131
Kasten 3: Gängige Auswahlverfahren in der Industrie
Fast alle deutschen Grossunternehmen wie Axa Colonia, Lufthansa oder Deutsche Telekom
wählen neue Mitarbeiter in Assessment Centern, im Folgenden AC genannt, aus. Der AC ist
ein Auswahlverfahren, bei dem bis zu zwölf Kandidaten gemeinsam über einen längeren
Zeitraum, 1 bis 7 Tage und meist unter Zeitdruck von mehreren geschulten Beobachtern, fast
immer aus dem Bereich Personal, auf Herz und Nieren geprüft werden. Ein Standard-AC
gibt es dabei nicht. Bestimmte Prüfbausteine tauchen jedoch immer wieder auf:
Selbstpräsentation, Gruppendiskussion, Rollenspiel, Fallstudie und Postkorbübung.
Banken verzichten hingegen immer mehr auf Assessment Center. Bei der Deutschen Bank
beispielsweise gibt es diese nicht mehr. Eine Reihe von Interviewrunden überprüft hingegen
die fachliche Qualifikation und die Persönlichkeit des Einzelnen nach Ansicht der
Verantwortlichen dabei genauer. Insbesondere bei Investmentbanken, wo
Durchhaltevermögen, Stressresistenz und Identifikation mit der Firmenkultur sehr wichtige
Einstellungskriterien sind, ist eine mehrstufige Serie von bis zu 20 Einzelinterviews mit
potenziellen Kollegen unterschiedlicher Hierarchiestufen nichts Außergewöhnliches.
Unternehmensberatungen operieren seit langem mit einer Anzahl von bis zu sechs
halbstrukturierten Einzelinterviews, in deren Fokus nicht so sehr der Lebenslauf des
Kandidaten, sondern vielmehr das Lösen von Fallstudien, die die jeweiligen Berater aus der
Praxis mitbringen und damit testen wollen, wie analytisch geschult, vielseitig und geistig
flexibel der jeweilige Kandidat ist. Einige Häuser operieren ergänzend noch mit
Kurzpräsentationen und schriftlichen Analytik- oder Sprachtests. In einem gemeinsamen Debriefing aller Interviewer wird das Stärken-Schwächenprofil des Kandidaten diskutiert und
einheitlich entschieden, ob es zu einem Angebot kommen soll.
Jede Universität der Zukunft muss sich sicherlich ein individuelles, ihren Bedürfnissen
angepasstes Personalauswahlverfahren geben. So kann zum Beispiel eine Serie von
mehr oder weniger strukturierten Einzelinterviews durchgeführt werden. Hierbei lernt
der Kandidat sowohl einen Teil seiner direkten Kollegen, seinen Vorgesetzten als auch
dessen Vorgesetzten kennen und wird von diesen nach einem einheitlichen
Kriterienkatalog fachlich wie persönlich beurteilt. In einem sich anschließenden Debriefing sammelt und konsolidiert der direkte Vorgesetzte alle Meinungen und
Beobachtungen seiner Kollegen und trifft letztendlich die Personalauswahl.
These 8: Für jeden Mitarbeiter soll eine den persönlichen Qualifikationen
entsprechende Personalentwicklung stattfinden.
Eine Hochschuleinrichtung, die sich jenseits eines überkommenen Bürokratiemodells
an den strategischen Erfordernissen und ihren Stakeholder orientiert, erfordert neben
einer zieladäquaten Personalbeschaffung auch ein Konzept, das einen Übergang von
einer reinen Personaladministration hin zu einem strategisch orientierten
Personalmanagement gewährleistet. Personalentwicklung findet derzeit jedoch an
132
deutschen Universitäten vielerorts de facto nicht oder nur kaum statt. Geeignete
Ansätze zur Personalentwicklung werden hier getrennt nach Mitarbeitergruppen
erörtert.
Professoren
Auf Professorenebene bedeutet dies neben eher operativen Fortbildungsmaßnahmen
vor allem, dass die Entwicklung nach Erreichen des C4-Niveaus nicht einfach
kommentarlos abgebrochen wird. Die üblicherweise weder in Managementtechniken
noch in angewandter Soziologie bewanderten Professoren, die sich nicht allein auf die
Erreichung wissenschaftlicher Höchstleistungen konzentrieren wollen, müssten
idealerweise gezielt für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben vorbereitet und
weitergebildet werden.
Individuell gestaltete Karrierepfade sollten dementsprechend, in Anlehnung an die
strategischen Ziele der Universität, eine Veränderung der Rollen der einzelnen
Hochschullehrer über die Zeit zulassen. Auf der anderen Seite sollte eine solche
Karriereplanung auch die Möglichkeit eines Ausscheidens aus dem akademischen
Dienst vor Erreichen des Rentenalters ermöglichen. Zeitlich befristete Verträge, bspw.
auf 5 Jahre, deren Verlängerung in Abhängigkeit der persönlichen und fachlichen
Entwicklung stehen, sollten in diesem Zusammenhang eher die Regel als die
Ausnahme darstellen.74
Bei Universitäten, deren Schwerpunkt mehr auf der Lehrtätigkeit liegt, wäre eine
Entwicklung von der reinen Methodenkenntnis, applied science, hin zu einem
Transmissionsriemen zwischen Wissenschaft und Praxis bzw. in Richtung einer
Schirmherren-Funktion – wenn entsprechend in den Zielvereinbarungen verankert –
denkbar.
Auch bei Forschungsuniversitäten können unterschiedliche Karrierephasen nach dem
Erreichen der C-4 Professur entwickelt werden. So ist auch hier eine bspw.
Ausdehnung bzw. Verlagerung der Tätigkeiten vom reinen Forscher zum
Wissensmanager denkbar. Grundsätzlich halten die Autoren in diesem
Zusammenhang ein ausgewogenes Verhältnis unterschiedlicher Senioritätsgrade und
Rollen innerhalb der Professorenschaft für einen entscheidenden Erfolgsfaktor.
Unabhängig vom jeweiligen Universitätstypus sollte eine wesentliche Aufgabe von
erfahreneren Professoren die Mentoring-Funktion für jüngere Professoren sowie für
den wissenschaftlichen Nachwuchs sein. Gezielte Förderung des hochqualifizierten
Nachwuchses findet heute wenig oder teilweise in sehr opportunistischer Art statt.
Wissenschaftlicher Nachwuchs
An dieser Stelle stellt sich die Frage einer günstigen Art der Personalentwicklung für
Nachwuchs-Wissenschaftler. Problematisch ist hier vor allem das teilweise stark
ausgenutzte Abhängigkeitsverhältnis der wissenschaftlichen Mitarbeiter bzw.
Assistenten von einem einzelnen Professor. Lösungsvorschlag könnte die Kopplung
74
Vgl. These 10.
133
der Mitarbeiterleistung an die Leistungsevaluation des zuständigen MentoringProfessors bei gleichzeitiger Schaffung eines unabhängigen Vorgesetzten auf
Fachbereichslevel sein.
Eine der wichtigsten Aufgaben dieses Fachbereichsvorgesetzten sollte neben der
möglichen Vermittlung bei Konflikten zwischen Nachwuchswissenschaftler und
akademischem Ziehvater die auf Fachbereichsebene gültige und öffentlich
kommunizierte Definition und nachfolgende Überwachung einer
Qualifizierungslaufbahn, dem Tenure Track, mit zu erreichenden Endpunkten, den
Points of Arrival, für die Nachwuchswissenschaftler gerade auf dem Wege einer
Qualifikation für das Professorenamt sein.75 Dieser Tenure Track ist abhängig von den
Zielen und der Strategie der spezifischen Hochschule und sollte sich – ähnlich wie die
Prüfungsordnungen für Diplomstudiengänge – dem Wettbewerb um die besten
Kandidaten verschreiben und aussetzen.
Kasten 4: Tenure Track als Teil der Personalentwicklung
Klassischerweise werden bei professionellen Beratungsdienstleistern bestimmte – sich meist
nur durch Bezeichnung und Aufgliederung unterscheidende - Karrierestufen durchlaufen,
wobei jede Karrierestufe auf dem Profil und der Erfahrung der vorhergehenden aufbaut. In
partnerschaftlich organisierten Dienstleistungsunternehmen ist dabei aus der Sicht des
Unternehmens ein wesentliches Ziel die Auswahl geeigneter Mitinhaber, Partner und Vice
Presidents, die das Unternehmen langfristig erfolgreich führen.
Das Erreichen der einzelnen Karrierestufen und die hierzu benötigte Zeit ist
leistungsabhängig. Durch gezielte Trainingsmaßnahmen, Erfahrung auf Projekten und ein
detailliertes Beurteilungssystem wird das Erreichen der nächsten Karrierestufe, Point of
arrival, unterstützt. Die Relation zwischen den per Beurteilung erreichten Werten und einer
absoluten Skala, Expected performance level und Track, entscheidet über die Fälligkeit und
den Zeitpunkt der nächsten Beförderung.
Die Beurteilungsskala nimmt dabei für jede Leistungsstufe eine gewisse Entwicklungszeit an,
innerhalb derer ein ausreichend begabter Kandidat den nächsten Punkt erreichen sollte. Damit
liegen Regelzeiten für das Erreichen der nächsten Stufe, auf der eine deutlich höhere
Verantwortung übernommen werden muss, fest, Tenure Track. Zeigt sich im
Beurteilungsprozess, dass keine Aussicht besteht, den point of arrival innerhalb der
vorgesehenen Zeit zu erreichen, trennen sich Unternehmen und Kandidat in der Regel
innerhalb kürzester Frist; up-or-out, grow-or-go, etc.
Zu den großen Vorteilen des Verfahrens gehören die kurzen Beurteilungszyklen, die eine
zielgenaue Steuerung der Fort- und Weiterbildung ermöglichen. Das Unternehmen hat so
stets ein aktuelles Bild vom Qualifikationsstatus und der Verfügbarkeit von neuen Mitarbeitern
für verantwortungsvollere Aufgaben. Die hohe Transparenz der individuellen
Leistungsentwicklung ermöglicht die frühzeitige und klare Reaktion auf Abweichungen, was
verhindert, dass der Einzelne im Fall einer unterdurchschnittlichen Leistung wertvolle Zeit für
die Umorientierung auf eine neue Aufgabe verliert.
75
Vgl. Kasten 4.
134
Verwaltung
Der administrative Bereich ist durch immer flachere Hierarchien gekennzeichnet, was
eine traditionelle vertikale Personalentwicklung immer schwieriger werden lässt. Um
damit einhergehende Probleme der Organisationsverstopfung und -verkrustung zu
vermeiden, müssen die Personalverantwortlichen in Zusammenarbeit mit den
Personalexperten der Hochschule über neue Formen der Personalentwicklung
nachdenken. Hierzu gehören insbesondere
a) stellenbezogene Personalentwicklung: Job enrichment – Job enlargement
Da es immer weniger Führungsebenen in der Aufbauorganisation der Universität der
Zukunft geben wird, kommt der Besetzung von schlagkräftigen Teams und damit der
Ausgestaltung der einzelnen Stellenprofile eine immer größere Bedeutung zu. Auch
ohne direkte Führungsverantwortung müssen Mitarbeiter über Zeit weiterentwickelt
werden und einen größeren Aufgabenbereich verantworten wie beispielsweise eine
Teilbudgetverantwortung. Die Führungskraft wird entsprechend immer mehr zum
Coach, der partiell Entscheidungskompetenz im Sinne eines Management by
Objectives an seine Akteure weiter gibt.
b) horizontale Personalentwicklung: Job rotation – Job transfering
Veränderungen müssen nicht immer in vertikaler Richtung vonstatten gehen.
Interessante Karriereentwicklungen kann es auch auf horizontaler Ebene geben wie
von der Sachbearbeitung Personaladministration zur Sachbearbeitung
Personalentwicklung, von der Sachbearbeitung Finanzkontrolle zur Sachbearbeitung
Finanzplanung. Hierbei ist auch zur Vermeidung eines Not-invented-here Syndroms
von entscheidender Bedeutung, dass die Führungskräfte über den eigenen Tellerrand,
sprich über die eigenen Abteilungsgrenzen, hinausschauen, um solche Karrierepfade
zu erkennen und vermitteln zu können.
c) unternehmensübergreifende Personalentwicklung
Personalentwicklung darf nicht mehr an der Unternehmensgrenze halt machen.
Befristete Freistellungen sollten gewährt werden, um einzelnen Mitarbeitern zu
ermöglichen, akademische oder andere Zusatzqualifikationen zu erlangen. Diesen
Anspruch muss insbesondere eine Universität der Zukunft haben. Es sollte als normal
und wünschenswert angesehen werden, dass junge, motivierte Mitarbeiter keine
lebenslange Karriere in nur einer Organisation anstreben, sondern die Karriere
gegebenenfalls in einem anderen Unternehmen oder Umfeld fortführen. Dies kann die
Neuorientierung zu mehr Leistungsbereitschaft im gesamten Mitarbeiterstamm
unterstützen und eröffnet der Universität die Chance auf neue, frische Impulse von
nachfolgenden, möglicherweise externen Mitarbeitern.
135
These 9: Anreizsysteme müssen zielkongruent gestaltet werden können und eine
deutliche Differenzierung nach Leistung ermöglichen.
Eine leistungsgerechte, im Gehaltssystem reflektierte Anreizstruktur ist eine weitere
Grundvoraussetzung für die Universität der Zukunft. Als Dienstleistungsunternehmen
definiert sich die Hochschule über motivierte Mitarbeiter. Leistungsorientierung und
-gerechtigkeit müssen instrumental verankert sein.
Im derzeitigen Vergleich zu Spitzen- und Breiteninstitutionen vergleichbarer
Industrienationen ist der fixe Anteil der Professorenbesoldung inklusive der
Versorgungsleistungen am Gesamtgehalt zu hoch und insbesondere ohne
Berücksichtigung der Nebentätigkeiten die Varianz zu gering, um eine sinnvolle
monetäre Anreizkomponente für Spitzenleistungen der Professoren zu bieten.76
Schaubild 2
Barwert der Vergütung einer
Professoren-Laufbahn
Gleichzeitig fehlen zusätzliche Motivations- und Sanktionsmechanismen
weitestgehend. Die wissenschaftliche Diskussion zum ähnlich gelagerten Problem der
managerial discretion kommt zu dem Schluss, dass es trotz Anreiz- und
76
Anmerkung: 1.) Barwert bezogen auf Bruttogehalt und diskontiert auf den Zeitpunkt des
Studienabschlusses. 2.) Leistungsaufschlag bezogen auf überdurchschnittliche ProfessorenLaufbahn. 3.) Risiko eines Abbruches der Professoren-Laufbahn nicht berücksichtigt. 4.) Verhältnis
absolute Barwerte D:USA staatlich:USA privat währungsbereinigt 1:1,2:1,3. In diesem
Zusammenhang sei trotzdem darauf hingewiesen, dass die meisten der heutigen Professoren die
Basisbesoldung eher als Hygiene- und weniger als Begeisterungsfaktor interpretieren.
136
Bestrafungssystemen nur in Ansätzen gelingt, den Handlungsspielraum eines
Managers im Sinne der Kapitaleigner bzw. Stakeholder zu regeln.77
Wie könnte eine sinnvolle Reglung bezüglich des Handlungsspielraums - dieser wird
bei den meist intrinsisch motivierten Professoren gerade als Anreiz genannt aussehen, die von den motivierten Professoren nicht als einschneidende Einengung
wahrgenommen wird, aber bei unmotivierten Professoren trotzdem wirksam ist?
Hier wäre eine auf einer sinnvoll definierten Qualitätskontrolle aufbauende Skala von
Anwendungen vorzuschlagen, die von steigender oder sinkender Anerkennung aus
dem Kreise der Fakultät bzw. der durch eine mögliche Schlechtleistung ebenfalls
beeinträchtigten Kollegen bis hin zu Verzicht auf Verlängerung der obligatorischen
Zeitverträge78 für Professoren reichen kann.79
Als wichtig bei dieser Qualitätskontrolle ist zu beachten, dass der in der normalen
Wirtschaft vorkommende Feedback-Prozess, der auch entsprechend motivierend
wirken kann, meist wesentlich schneller abläuft als in der Wissenschaft.
Dementsprechend gilt es, Zielvereinbarungen etwa über einen etwas längeren
Zeitraum zu definieren bzw. Nachverhandlungen zuzulassen. Zudem sei darauf
hingewiesen, dass eine solche Kontrolle weniger an formalen Sekundär-TugendVerpflichtungen ansetzt, sondern Qualität im Sinne eines Management by Objectives
verstanden und gemessen werden sollte. Es handelt sich also nicht notwendigerweise
um eine Einschränkung der akademischen Freiheiten der einzelnen Akteure, sondern
vielmehr um deren Lenkung im Sinne eines gemeinsam definierten individuellen
Zielkanons.
Soziale Kontrolle bzw. Motivation meint an dieser Stelle die institutionalisierte
Förderung des Teamgedankens unter den Hochschullehrern, die Schaffung einer
Schicksalsgemeinschaft Fachbereich. Diese Schicksalsgemeinschaft ist nicht über die
isolierte Evaluation der Leistung einzelner Hochschullehrer80 alleine, sondern vielmehr
durch eine mehrdimensionale, aber nicht überkomplizierte Art der Leistungsevaluation,
die dann ex post durch den Dekan kalibriert werden kann, zu erreichen. So könnte
eine Bewertung als gewichteter Mittelwert über quantitative und qualitative Aspekte
wie z. B.
-
Self Assessment,
-
externe Evaluation der eigenen Leistung,
-
-
Befragung bzw. Evaluation durch Peers,
-
Befragung bzw. Evaluation durch Absolventen nach 3 Jahren,
Zielerreichungsgrad entsprechend der revolvierend definierten bzw.
ausgehandelten individuellen Ziele durch den Dekan,
77
Vgl. bspw. Schreyögg, G. (1984), S. 36ff.
Vgl. These 10.
79
Osterwalder berichtet von dem bereits erprobten Instrument der Nichtwiederwahl an der ETH Zürich.
Vgl. Osterwalder, K., in: Melzer. A., Casper. G. (Hg., 2001), S. 83-95.
80
Diese könnte bspw. über die Bewertung mittels externer Professoren, die bereits einen Ruf an die
entsprechende Universität erhalten, aber abgelehnt haben, erfolgen.
78
137
-
Bewertung der Leistung des betreuten wissenschaftlichen Nachwuchses durch
den Fachbereichsvorgesetzten,
-
Bewertung der gesamten Fakultätsentwicklungsleistung von oder durch
Präsident und Dekan, entsprechende Koppelung an die Ressourcenverteilung
bzw. finanzielle Zuweisung über z. B. Untersuchungen über Studienverläufe,
Jobsituationen, etc.
erfolgen.
Eine solche Bewertung und darauf aufbauende Anreiz- und Sanktionsmechanismen,
monetäre sowie nicht-monetäre81 könnten, wenn individuell sinnvoll eingesetzt,
latente Principal-Agent-Probleme82 insofern einschränken, als dass eine längerfristige
Zielkongruenz zwischen einzelnen Hochschullehrern und der Universität als Ganzem
entsprechend ihrer strategischen Ausrichtung zumindest teilweise geschaffen würde.83
Kasten 5: Abbildung von Anreizmechanismen in der Vergütung von Sozietäten
Obwohl bei einem führenden HR- Beratungsunternehmen keine internen Aufzeichnungen über
die von den einzelnen Partnern erwirtschafteten Honorarumsätze geführt werden, besitzen die
Kollegen ein sehr genaues Gespür dafür, wie viel jeder Einzelne für den Erfolg des Ganzen
beiträgt. Das System wird getragen von sozialer Kontrolle, informal peer pressure und der
Überzeigung, dass Transparenz und Kollegialität Free-Riding von einzelnen verhindert.
Gleichwohl wurden in naher Vergangenheit [...] Meßsysteme implementiert, die die
Produktivität des einzelnen Büros aufzeichnen. [...] Partner, deren Leistungen längere Zeit
hinter den Erwartungen zurückbleiben, müssen mit der Befassung des Board of Directors und
eventuell mit einer daraus folgenden Kürzung ihrer anrechenbaren Partnerschaftsjahre
rechnen.
Partner erhalten ein festes Basiseinkommen und einen bestimmten Prozentsatz des
Gesamtprofites entsprechend der folgenden Systematik: Vom gesamten Profit, der jedes Jahr
an die Partnerschaft ausgeschüttet wird, werden 60 Prozent in gleichen Teilen an die Partner
verteilt, während 40 Prozent nach Seniorität ausgezahlt werden.
Zudem wäre es möglich, über einen Lock-step-approach Leistungsträger langfristig
und zielkonform an die Universität zu binden84. Incentives könnten neben der Leistung
in einer bestimmten Periode noch zusätzlich an die Zugehörigkeit zum Fachbereich
gekoppelt sein, um so die Verlängerung eines bestehenden Vertrages für
81
Gerade die Wertschätzung der eigenen Leistung durch Kollegen oder Mitarbeiter kann in dieser
Schicksalsgemeinschaft einen starken Motivator darstellen.
82
In einer Principal-Agent-Beziehung hängt typischerweise der Nutzen bzw. Output des einen Akteurs
(Principal – hier die Stakeholder der Universität) von den Handlungen eines anderen (Agent – hier die
Professoren) ab. Durch Unsicherheit, asymmetrisch verteilte Information und Opportunismus birgt
diese Konstellation besondere Risiken für den Principal, welche dieser unter Aufwendung von
sogenannten Transaktionskosten zu verringern sucht. Vgl. hierzu grundlegend Thiel, M. (1994) sowie
die dort angegebene Literatur.
83
Vgl. hierzu auch Maister, D. H. (1997), S. 88ff. Für eine theoretische, institutionenökonomisch
geprägte Darstellung der Problematik sowie empirische Befunde für mögliche Anreizvariablen vgl.
stellv. Küpper, H.-U. (1998).
84
Vgl. Kasten 5
138
Leistungsträger im Vergleich zur ständigen Neubewerbung an anderen Instituten
attraktiver zu gestalten.85
Ad V: Leistungsgerechte Bezahlung ist darüber hinaus im gesamten administrativen
Bereich der Hochschule einzuführen. Hierbei hat sich in der Privatwirtschaft über alle
Ebenen hinweg die Teilung des Gehaltes in einen fixen, 80-90 % der Gesamtbezüge,
und in einen variablen Anteil, 10-20 %, bewährt. Der Leistungsbonus ist an das
jeweilige Stellenprofil gekoppelt und setzt entsprechend ein detailliertes
Leistungsbeurteilungsverfahren voraus. Dieses bildet gleichermaßen die Grundlage
für die Vereinbarung von Personalentwicklungsmaßnahmen. Leistungsbeurteilung und
entsprechender Leistungsbonus sind dem Mitarbeiter in einem turnusmäßig
stattfindenden Gespräch zu kommunizieren und zu besprechen. Erste Schritte in diese
Richtung haben deutsche Privatuniversitäten schon für einige ausgewählte Positionen
unternommen. Auch an ausländischen Hochschulen, z. B. ETH Zürich, wird
ganzheitlich über leistungsgerechte Anreizstrukturen nachgedacht. Projekte zur
Konzeption und Umsetzungsvorbereitung sind bereits initiiert.
Für die Universität der Zukunft sind solche Anreizstrukturen keine Revolution sondern
integraler Bestandteil ihrer Leistungskultur.
These 10: Erst ein transparentes Leistungsmanagement schafft die zur Entstehung
eines attraktiven Personalmarktes auf dem Hochschulsektor notwendige
Bewegung.
Die für Professoren und Verwaltung vorherrschenden Anstellungsverhältnisse als
Beamte bzw. im öffentlichen Dienst gehen heute von einer Beschäftigung bis zum
Renten- bzw. Pensionsalter aus. Durch die erschwerte Trennung von Mitarbeitern und
fast unzumutbar erschwerte Sanktionsmöglichkeiten wird Leistungsmanagement,
wenn überhaupt durch interne Versetzung betrieben. Unbeschadet einer Beurteilung
dieser Vorgehensweise verhindert sie das Entstehen eines dringend benötigten
Marktes für Fach- und Führungskräfte auf dem Hochschulsektor.
Dieser würde zum Vorteil von Hochschule und Beschäftigten ermöglichen, einerseits
geeignete Mitarbeiter extern zu gewinnen, gleichzeitig aber könnten bei stark
verflachten Hierarchien Mitarbeiter durch den Wechsel von einer kleineren zu einer
größeren Hochschule systematisch ihre Fähigkeiten erweitern, um ihre persönliche
Entwicklung zu beschleunigen86.
Ad P: Zur Vermeidung von Intransparenz oder unangemessenen Erwartungen sollten
grundsätzlich auf der Ebene der Professoren nur noch zeitlich befristete Verträge
vergeben werden. Dies entspricht dem Vorgehen bei der Anstellung von
85
Grundsätzlich werden solche Incentives meist aus einem Profit-Pool gespeist. Ein gewisser Teil des
Gewinns wird direkt an die Berechtigten z. B. innerhalb der Fakultät in verschiedener Form, teilweise
zeitversetzt, ausgeschüttet. Der Rest wird an die Zentrale abgeführt und für die Verfolgung von für die
Gesamtunternehmung wichtigen Vorhaben und Investitionen sowie zur Glättung der Incentives,
beispielsweise zur Zahlung eines neuen Partners im ersten Jahr aus den Mitteln der Zentrale,
verwandt. Für das angeführte Beispiel vgl. Müller-Stewens, G./Drolshammer, J./Kriegmeier, J. (Hg.,
1999), insb. S. 109.
86
Vgl. These 8.
139
Geschäftsführern oder Vorstandsmitgliedern in der freien Wirtschaft, wo eine Periode
von fünf Jahren üblich ist. Dadurch wird eine problemlose Trennung ermöglicht, wenn
die von der Hochschule erwarteten Leistungen nicht erbracht wurden.
Ad W: Für wissenschaftliche Mitarbeiter bietet sich eine derartige Sollbruchstelle, ggf.
mit anderer Periode, zumindest für die Stellenbeschreibungen an, die auf die
Qualifikation zum Professor gerichtet sind. Hier ist ein sinnvoller Kontrollpunkt im
Rahmen der Personalentwicklung ohnehin ein Gebot der Fairness. Er kann, z. B. im
Rahmen des erwähnten Tenure Track mit dem zeitgerechten Erreichen einer
bestimmten Qualifikation bzw. Beförderung zusammengelegt werden. Eine
Verlängerung über zwei Perioden hinaus, die dann auch jeweils sechs Jahre lang sein
können, sollte durch einen dann anstehenden Ruf nicht notwendig werden. Umgekehrt
können gerade im Rahmen der Vertragsverlängerung während der
Verlängerungsperiode Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, die auf einen
Wechsel in die freie Wirtschaft vorbereiten, falls die Fortsetzung einer universitären
Laufbahn unwahrscheinlich wird.
Ad V: Diese Gedanken sind grundsätzlich auf die Verwaltung übertragbar, wenn auch
die Überführung der Vertragsverhältnisse aus dem Beamten- bzw. öffentlichen
Arbeitsverhältnis in verlängerbare Verträge, soweit möglich, eine gewisse Zeit
beanspruchen wird.
Um eine gezielte Trennung von Mitarbeitern zu ermöglichen, muss die Universität der
Zukunft im Rahmen ihrer Finanzplanung eine entsprechende Vorsorge für
entstehende Versorgungsansprüche aus den Verweilzeiten der einzelnen
Beschäftigten treffen. Die Übertragbarkeit von Ansprüchen aus verschiedenen
Beschäftigungsverhältnissen wurde in These 2 bereits behandelt. Die Finanzierung
von angemessenen Maßnahmepaketen im Rahmen eines erwünschten
Beschäftigungswechsels ist auch Maßstab der Attraktivität der Universität für
Mitarbeiter, mit denen die dann freiwerdenden Stellen besetzt werden sollen.
140
Kasten 6: Vertragsbeendigung und outplacement
Gezielte Trennung von Mitarbeitern auf der Basis abnehmender Überlappung von persönlicher
Entwicklung und Anforderungsprofil des Unternehmens gehört im Bereich von
Beratungsdienstleistungen zur täglichen Praxis.
In Top-Strategieberatungen unterstützt das Unternehmen entweder im Rahmen seiner
Kundenbeziehungen oder über eigene Dienstleister das outplacement aktiv. Dabei werden
mehrere Ziele gleichzeitig erreicht:
-
Das Unternehmen sichert sich gegen den Leistungsabfall durch Fehlbeförderung und
divergierende Personalentwicklung ab.
-
Der in der Regel gut ausgebildete und leistungswillige Ehemalige wechselt in eine
herausgehobene Position eines Wirtschaftsunternehmens, das eine andere
Entwicklungsperspektive bietet, Sprungbrett.
-
Das Unternehmen baut so ein langfristiges stabiles Netzwerk von potenziellen Kunden
und Förderern auf, das von unschätzbarem Wert für die weitere Entwicklung ist.
Investmentbanken tendieren dagegen dazu, Übergänge durch ein großzügiges
Abfindungspaket zu regeln, das dem Mitarbeiter je nach aktueller konjunktureller Lage,
Beschäftigungsdauer etc. erlaubt, über längere Zeit sorgenfrei zu leben und sich dabei z. B. im
Rahmen eines Aufbaustudiums oder eines sabbaticals neu zu orientieren, um danach eine
neue Aufgabe außerhalb der Bank zu übernehmen.
Abschließend muss festgehalten werden, dass im Fall von mangelnder Leistung oder
fehlender Übereinstimmung der Profile von Beschäftigten und Universität bzw.
Fakultät nur eine konsequent nachgehaltene Personalfreisetzung der Universität die
Freiheit gibt, ihre Strategie aktiv und konsequent auszufüllen. Der Verzicht auf dieses
Instrument des Personalmanagements richtet dagegen durch die negative
Signalwirkung auf motivierte Mitarbeiter nicht unerheblichen Schaden an. Dadurch
wird außerdem verhindert, dass der dringend benötigte Markt für Fach- und
Führungskräfte im universitären Bereich anhand von hinreichender Nachfrage zeitnah
die lange benötigte Dynamik entwickelt und so zum Motor einer Umgestaltung des
Personalmanagements in Richtung auf eine Universität der Zukunft wird.
141
B.4. Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Bereich Personalmanagement einer
der zentralen strategischen Erfolgsfaktoren für Hochleistungsorganisationen wie
Universitäten ist.
Die in der Vergangenheit für jegliche Art der Veränderung hemmend wirkenden
externen Rahmenbedingen sind vom Gesetzgeber angepasst worden und erlauben
nun eine Vielzahl von erfolgsversprechenden Initiativen. Diese können an
verschiedenen Stellen bereits beobachtet werden. Allerdings wurde durch die
Beibehaltung der Anwendbarkeit verschiedener gesetzlicher Regelungen, des
Beamtentums und des BAT die Abschaffung des größten Stolpersteins zur
Professionalisierung des Personalbereichs an den Hochschulen weiterhin ausgespart.
Hier besteht Handlungsbedarf.
Auf Ebene der Hochschulen ist es analog zu Unternehmen in der freien Wirtschaft
weder wünschenswert noch möglich eine ideale University out of the box zu
entwerfen. Dennoch lassen sich einige grundsätzliche Aussagen treffen. Erst eine
sinnvoll ausgestaltete Corporate Governance ermöglicht erst ein professionelles
Personalmanagement an Hochschulen. Die Zusammenführung von Handeln und
Haften bspw. in Form eines Vorstandsmodells könnte ein vielversprechender Ansatz
zur Schaffung günstiger institutioneller Rahmenbedingungen sein.
Wettbewerb nicht nur zwischen den einzelnen Hochschulen, sondern auch innerhalb
dieser kann zusätzlich durch die Einführung von Globalbudgets zu einer Verstärkung
der Leistungsorientierung führen.
Auch auf der Ebene einer universitären Personalwertschöpfungskette lassen sich
einige allgemeine Handlungsempfehlungen ableiten:
-
Bei der Personalrekrutierung ist nicht primär eine Definition von
Anforderungskriterien wichtig, sondern wer aus welcher Motivation die
Entscheidungen trifft und sie daher anschließend auch verantwortet.
Basisdemokratie stellt hier kein geeignetes Verfahren dar.
-
Personalentwicklung findet an deutschen Hochschulen de facto nicht oder
kaum statt. Es gilt individuell mögliche Karrierepfade für Professoren zu
erarbeiten, die ein lebenslanges Lernen und eine Veränderung der Rollen
ermöglichen. Die direkte Abhängigkeit des wissenschaftlichen Mittelbaus sollte
von der Ebene der Professoren bzw. Lehrstühle auf Ebene des Fachbereichs
verlagert werden. Der Wandel von einer reinen Personaladministration zu einer
Personalentwicklung hat in Abhängigkeit der strategischen Ausrichtung,
Archetypen, der Universität zu erfolgen.
-
Die Schaffung finanzieller Anreize stellt zwar nur einen Hygienefaktor dar, sollte
aber dennoch ermöglicht werden. Eine auf eine mehrdimensionale
Qualitätsmessung beruhende Incentivierung der Professoren kann zudem über
Ressourcenzuweisung erfolgen. Kritisch in diesem Zusammenhang ist die
Schaffung einer Schicksalsgemeinschaft Fachbereich.
142
Grundsätzlich lässt sich auch für den Bereich der Hochschuladministration anführen,
dass weniger die konkrete organisatorische Ausgestaltung, sondern vielmehr das
Selbst- und Fremdverständnis entscheidend für den Erfolg sein muss:
Vom staatlich alimentierten und administrierten Verwaltungsapparat hin zum
Dienstleister für die Hochleistungsorganisation.
B.5. Ausblick: Es gibt kein Ideendefizit, sondern ein massives
Umsetzungsdefizit
Zum Thema Universität der Zukunft und deren Ausgestaltung existiert heute bereits
eine Vielzahl von Analysen, Kommentaren und Studien. Bei der Herbeiführung
grundlegender Änderungen liegt mit Ausnahme der finanziellen Belastungen bei der
Umstellung der Beamtenverhältnisse weniger ein intellektuelles Problem vor, es geht
nicht um das Können sondern um das Wollen.87
Vor einem konkreten Vorschlag zur Anpassung der Organisationsstrukturen und –
prozesse müssen politische und finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden,
die einen weitgehenden Transformationsprozess unterstützen, wenn die Universitäten
ein erfolgreiches Modell im öffentlichen System bleiben wollen. Dazu gehören unter
anderem (i) ein Verzicht auf einen absoluten, bundesweiten
Gleichbehandlungsanspruch der Universitäten untereinander, der auf dem Klageweg
durchgesetzt, den Veränderungsprozess auf Jahre lähmen kann, (ii) ein aktiver, auf
Grund der mangelnden anfänglichen Größe, das Ausland einbeziehender,
Arbeitsmarkt für Spitzenpositionen in der universitären Verwaltung und (iii) die
Bereitstellung einer Anschubfinanzierung unabhängig, ob öffentlich oder privat, um
den Übergang auf eine nachhaltige Personalwirtschaft und ggf. Beseitigung weiterer
Übergangsdefizite zu ermöglichen.
Für einen sinnvollen, konkreten Vorschlag, wie das Vorgehen bei der Anpassung der
Organisationsstrukturen und -prozesse gestaltet werden sollte, werden in der
betriebswirtschaftlichen Forschung verschiedene, teilweise diametrale Ansätze
diskutiert.88
An dieser Stelle gilt es pro Universität die möglichen Dimensionen wie rationalanalytisch, politisch, emotional etc. eines strategischen Change Managements zu
untersuchen und gewichten, um entsprechende geeignete Maßnahmen ableiten zu
können. Tendenziell kann die Vermutung geäußert werden, dass an reinen
Forschungsuniversitäten eher weniger mit retardierenden Kräften zu rechnen ist als an
Lehruniversitäten.
87
Turner macht in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Interessengruppen aufmerksam,
die zu diesem Reformstau beitragen. Vgl. Turner, G. (2001).
88
Während die Vertreter eines Evolutionsansatzes die Gefahr eines Muddling Through in Kauf nehmen,
versprechen klassische Restrukturierungen im Sinne von sog. Umbruchmodellen zwar meist
deutlichere Hebelwirkungen, diese treten in Folge organisatorischer Trägheitsmomente allerdings
nicht immer erfolgreich und teilweise erst recht langsam ein. Vgl. bspw. Greiner, L. (1998) Haiss, P.
(1996) sowie in ähnlichem Zusammenhang Ghemawat, P. (1991).
143
Eine Standardlösung kann und wird es jedoch weder bezüglich der Ausgestaltung
noch bezüglich der Implementierung geben. Ein in der freien Wirtschaft denkbares,
erfolgreiches Pilotprojekt, das auf breiter Front Nachahmer findet, tritt hier aufgrund
der rechtlichen Rahmenbedingungen zurück. Dagegen wird eine gemeinsame
Anstrengung aller reformwilligen Kräfte, die die grundsätzliche Bedeutung des
Humankapitals für die Überwindung der finanziellen und intellektuellen
Reformbarrieren verstehen, der entscheidende Schritt für die Universität der Zukunft
sein.
144
Universität der Zukunft
Anhang C
Die Balanced Scorecard als strategisches Wissensmanagement- und
Steuerungsinstrument
Autoren:
Dr. Kathrin Möslein, Technische Universität München
Ingo Deking, Technische Universität München
145
146
VIII. Anhang C: Die Balanced Scorecard als strategisches
Wissensmanagement- und Steuerungsinstrument
C.1. Wissensmanagement und Steuerung in der Universität:
Skizzierung der aktuellen Ausgangssituation
Universitäten sind Wissensorganisationen par excellence. Wissen ist ihre Ressource,
Wissen ist ihr Produkt. Ihre Produktionsprozesse sind Prozesse der Wissensgenerierung, -beschaffung und -fortentwicklung, der Wissensverteilung und
Wissensvermittlung, der Speicherung und des Transfers von Wissen sowie seiner
Anwendung. Der Umgang mit Wissen ist für Universitäten folglich weder neu noch
ungewohnt. Im Gegenteil: Der Umgang mit Wissen ist gerade die Kernkompetenz der
Institution Universität und ihrer Mitglieder. Über den Umgang mit Wissen – so steht zu
vermuten – können Unternehmen auf dem Weg zur Wissensorganisation von
Universitäten als Erfahrungsträger in diesem Feld einiges lernen. Dennoch scheint es
geboten, den Themenkomplex des Wissensmanagements für die Universität der
Zukunft ins Blickfeld zu nehmen. Denn es mangelt Universitäten zwar nicht an
Erfahrung, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit Wissen, ein Management des
Wissens in Universitäten findet bislang bestenfalls rudimentär statt.
Der vorliegende Themenkomplex setzt sich daher mit der Frage auseinander, wie das
Management des Wissens in der Universität der Zukunft konzipiert werden kann,
welche Rolle ihm zukommt und welche Potenziale es eröffnet. Hierzu sind zunächst
die Spezifika der Universität als Wissensorganisation herauszustellen und der
Rahmen abzustecken, der die Reichweite, Dimensionen und Handlungsfelder des
strategischen Wissensmanagements für die Universität der Zukunft deutlich macht.
Spezifika der Universität: Universitätsprozesse
Universitäten sind spezifische Organisationen, die im Folgenden prozessorientiert
betrachtet werden.89 Eine solche prozessorientierte Betrachtung lenkt den Blick
unmittelbar auf die zentralen Aufgabenfelder der Universität: die beiden universitären
Hauptprozesse Forschung sowie Studium bzw. Lehre einerseits und die
Serviceprozesse der Universitätsadministration sowie Infrastrukturgestaltung
andererseits. Die Darstellung folgt in Abbildung 1:
Universitätsprozesse
Hauptprozesse:
Forschung
Serviceprozesse:
Administration /
Infrastrukturgestaltung
Studium/Lehre
Abb. 1: Prozessbetrachtung der Universität90
89
90
Vgl. Küpper, H.-U./Sinz, E. (Hg., 1998).
Vgl. Küpper, H.-U./Sinz, E. (Hg.,1998).
147
Was bedeutet Wissensmanagement in diesem Kontext?
Wissensmanagement befasst sich mit der Entwicklung, Gestaltung und Lenkung der
organisationalen Wissensbasis. Anders ausgedrückt beinhaltet das organisationale
Wissensmanagement die klassischen Managementfunktionen der Planung,
Organisation, Führung, Kontrolle und des Wandels. Es kann ebenfalls als Prozess
aufgefasst werden, der sich aus unterschiedlichen Phasen zusammensetzt und von
der Wissensidentifizierung über die Wissensstrukturierung bis hin zum Wissensabbau
reicht und ggf. um Regelungen für Wissenszugang, -pflege und -schutz ergänzt wird.91
Strategisches Wissensmanagement setzt unmittelbar an der Strategie der Hochschule
an. Die Universitätsstrategie bildet damit den grundlegenden Ansatz- und
Ausgangspunkt für das strategische Wissensmanagement. Seine Aufgaben umfassen
entsprechend der Zusammenfassung in Abbildung 2:
•
die Gestaltung der Kompetenzen der Universität und ihrer Mitglieder,
•
die Gestaltung der internen Strukturen der Universität sowie
•
die Gestaltung der externen Strukturen zwischen der Universität und ihren
Stakeholdern.
Entwicklung und
Nutzung des
1 Humankapitals
2
• für die „Forschung“
Forschung
• für Studium
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für die „Administration“
Administration
Gestaltung
der internen
Struktur
3
Gestaltung
der externen
Struktur
• für die „Forschung“
Forschung
• für Studium
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für die „Administration“
Administration
• für die „Forschung“
Forschung
• für Studium
„Studium&&Lehre
Lehre“
• für die „Administration“
Administration
Abb. 2: Stufenkonzept des Wissensmanagements92
Damit wird die konkrete Aufgabe in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt, für deren
Bewältigung die entsprechenden Kompetenzen zu suchen und entsprechende
Strukturen zu gestalten sind. Für Universitäten lässt sich diese Aufgabe über die
bereits identifizierten Prozesse Forschung, Studium oder Lehre und Administration
konkretisieren. Abbildung 2 verdeutlicht das Stufenkonzept des
Wissensmanagements.
91
92
Vgl. z. B. Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (1997).
Vgl. Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. (2001) und Picot, A./Scheuble, S. (1999).
148
•
Auf der Ebene der Gestaltung der Kompetenzen, Stufe 1, geht es um die
Identifizierung, Entwicklung, Nutzung und Pflege des Humankapitals der Universität
sowie insbesondere um den Aufbau internen Wissens durch Interaktion und
Qualifikation.
•
Im Rahmen der Gestaltung der internen Strukturen, Stufe 2, sind Infrastrukturen und
Regeln zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe das notwendige Wissen identifiziert,
repräsentiert, kommuniziert und transferiert werden kann.
•
Bei der Gestaltung der externen Wissensstrukturen, Stufe 3, ist vor dem Hintergrund
der zugrundeliegenden Aufgaben und der vorhandenen Kompetenzen zu überlegen,
welche Vernetzungen mit externen Wissensquellen aufzubauen und zu pflegen sind,
wie die externen Wissensquellen optimal einbezogen werden können und wie der
Austausch zu gestalten ist.
Theoretisches
W issen
Praktisches
W issen
Kollektives W issen
Individuelles W issen
Kontext
Gegenstand
Theoretisches W issen eines Individuums,
das leicht transferiert werden kann.
Transferierbares Nicht
W issen
W issen
Transferierbarkeit
Abb. 3: Systematisierung von Wissen93
Abbildung 3 systematisiert Wissen in seinen grundsätzlichen Ausprägungsformen.
Dieser Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Wissensformen ist bei der Gestaltung des
Wissensmanagements Rechnung zu tragen. Immer hängt die konkrete Gestaltung
dabei letztlich davon ab, ob tazites bzw. implizites oder explizites Wissen im
Vordergrund steht.
Fazit: Wissen als zentraler Produktionsfaktor lässt sich managen. Ziel des
Wissensmanagements ist es, die Wissensflüsse einer Organisation aufgabengerecht
zu gestalten. Durch seine Verankerung im organisatorischen Kontext befindet sich das
Wissensmanagement zugleich in einem Spannungsfeld zwischen Koordination und
93
Vgl. Scheuble, S. (1998), S. 10.
149
Motivation.94 Koordinations- und Motivationsmaßnahmen determinieren in hohem
Maße das Können und Wollen der Mitarbeiter, die als Träger von Wissen in der
Universität fungieren. In diesem Sinne ist es eine wichtige Aufgabe der Führung, einen
geeigneten Koordinations- und Motivationsrahmen zu schaffen. Nur so kann
organisationales Wissensmanagement gelingen.
Einführend wurde bislang das Gestaltungsfeld des Wissensmanagements für
Universitäten in seiner gesamten Breite aufgespannt. Die vorliegende Studie zielt
jedoch auf den Entwurf eines konkreten Bildes der Universität der Zukunft und die
Generierung umsetzungsorientierter Handlungsempfehlungen für Universitäten, die
diesen Zukunftspfad beschreiten möchten. Die Untersuchung zum Wissensmanagement im Hinblick auf diese Zielsetzung zuzuschneiden, verlangt daher eine
klare Fokussierung. In der Konsequenz kann nur ein Ausschnitt des Gesamtkomplexes behandelt werden. Die aufgespannte Gesamtsicht sowie weiterführende
Quellenangaben werden dabei helfen, das Gesamtbild im Auge zu behalten.
Abbildung 4 zeigt die Grundlogik des Themenkomplexes. Der Fokus wird dabei auf ein
Wissensmanagement gerichtet, welches auf die Strategie der Universität
abzustimmen ist und sich praxisorientiert aus den Strategieentscheiden der
Hochschule in Bezug auf die Profilbildung der Universität ableitet. Letztlich geht es
also um die Förderung der Attraktivität der Hochschule bei einer klaren Positionierung
im Portfolio grundsätzlicher Universitätstypen und um die Unterstützung der
Produktion vermarktbarer Ergebnisse in Forschung und Lehre95. Der Blick richtet sich
damit im Folgenden primär auf die universitären Hauptprozesse.
Ausgangspunkt:
Strategie der Universität
Profilbildung
Ableitung der W issensstrategie
Forschung
Lehre
Steuerung des Wandels
mittels
Balanced Scorecard
Abb. 4: Fokussierung des Themenkomplexes
94
95
Vgl. Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. (2001).
Vgl. Möslein, K./Piller, F. (2002) sowie Piller, F./Möslein, K. (2002, 2002a).
150
Strategisches Wissensmanagement: Werkzeug wettbewerbsstrategischer
Positionierung
Strategisches Wissensmanagement als Werkzeug wettbewerbsstrategischer
Positionierung der Universität setzt also, wie Abbildung 4 zeigt, an der Strategie der
Hochschule an. In Deutschland hat die explizite und regelmäßige Formulierung von
Strategiepapieren in Universitäten im Unterschied zur Wirtschaft und Politik keine
ausgeprägte Tradition. Mit der Vorlage von Hochschulentwicklungsplänen wurde
dieser Weg in den letzten Jahren jedoch bereits konsequent eingeschlagen.
Hochschulentwicklungspläne geben Auskunft über die strategischen Entwicklungsziele
einer Hochschule in kurz-, mittel- und langfristiger Projektion, sie legen i. d. R.
Maßnahmen fest, die zur Zielerreichung in Angriff zu nehmen sind und sollten Kriterien
fixieren, mit Hilfe derer die Zielerreichung zu überwachen ist. Obwohl heutige
Hochschulentwicklungspläne nicht immer die vollständige Trilogie aus Zieldefinition,
Maßnahmengenerierung und Festlegung von Bewertungskriterien zur Zielerreichung
umfassen, können aus ihnen dennoch bereits heute wertvolle Erkenntnisse für eine
geeignete Schwerpunktsetzung im Bereich des Wissensmanagements gewonnen
werden. Für die vorliegende Untersuchung mit der Basisannahme
wettbewerbsstrategisch agierender Hochschulen kann noch einen Schritt weiter
gegangen werden. Es kann angenommen werden, dass Ziele, Maßnahmen und
Evaluierungskriterien der Hochschulentwicklung in ihren Grundzügen fixiert sind. Sie
bilden einen grundlegenden Ansatz- und Ausgangspunkt für das strategische
Wissensmanagement. Da sie darüber hinaus bereits Konkretisierung im Bezug auf die
Profilbildung der Hochschule erfahren haben, bilden sie eine solide Grundlage auf der
die Entwicklung einer Wissensstrategie aufbauen kann.
Für die Entwicklung der Wissensstrategie gilt dieselbe Trilogieforderung, die an jeden
Strategieprozess zu stellen ist96. Es sind
•
die strategischen Entwicklungsziele,
•
die konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung sowie
•
die Evaluierungskriterien der Zielverfolgung.
In Bezug auf das Wissensmanagement in der Universität der Zukunft festzulegen.
Dies ist eine weitreichende Forderung, deren Implikationen deutlich herausgestellt
werden müssen: Bei der Entwicklung und Umsetzung einer Wissensstrategie für die
Universität der Zukunft geht es nicht in erster Linie um die Implementierung der
zahlreichen, meist technologiegetriebenen Bausteine des Wissensmanagements, die
heute die Diskussion um das Wissensmanagement in Theorie und Praxis häufig
dominieren: Wissensportale und Internetmarktplätze, Datenstrukturen für Problemlösungen und Datenbanken für Projekte und Produkte, Recherchetools und BrokerPlattformen, Content-Managementsysteme und einheitliche Taxonomien für
Wissensobjekte. Ebenso wenig geht es um Einzelmaßnahmen im Bereich
personenorientierter Bausteine des Wissensmanagements wie die Einrichtung von
Expertenzirkeln und interdisziplinären Teams, die Erprobung neuer Lehr- und
Lernformen, die Ernennung von Knowledge Officern und Knowledge Managern oder
96
Vgl. Reichwald, R./Höfer, C./Weichselbaumer, J. (1996).
151
die Durchführung von Peer-Evaluationen. All diese Maßnahmen sind richtig und
wichtig – und sie finden sich als Einzelmaßnahmen bereits heute in unterschiedlicher
Intensität und Ausprägung an den meisten Hochschulen.
Es geht im Rahmen des strategischen Wissensmanagements vielmehr um die
Positionierung der Universität am Markt. Die bestehende Maßnahmenlandschaft ist
mit der Wissensstrategie abzugleichen und im Hinblick auf die wissensstrategischen
Ziele fortzuentwickeln; Handlungsrahmen für zukünftige Investitionen. Notwendig ist
ein Implementierungskonzept, das die konsequente Umsetzung einer universitären
Wissensstrategie unterstützt und ihre inkrementelle Fortentwicklung sicherstellt.
C.2. Wettbewerbsfähigkeit durch Wissensmanagement: Die
Rolle der Balanced Scorecard
Versteht man strategisches Wissensmanagement als Werkzeug wettbewerbsstrategischer Positionierung der Universität, so geht es im Kern darum, die
universitären Informations-, Kommunikations- und Wissensstrukturen in einer Weise
zu gestalten, die die Umsetzung der gewählten Wettbewerbsstrategie der Hochschule
effektiv und effizient unterstützt. Gesucht ist also ein Konzept der
Strategieimplementierung, das den Fokus auf Information, Kommunikation und
Wissen setzt. Deswegen soll hier mit der Balanced Scorecard ein mögliches
Instrument diskutiert werden, das diesen Anforderungen entspricht.
Die Grundidee der Balanced Scorecard
Kaum ein anderes Managementinstrument hat in den letzten 10 Jahren so viel
Aufmerksamkeit und Anwendung in Theorie und Praxis gefunden wie die Balanced
Scorecard.97 Sie ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes, das Anfang der
neunziger Jahre mit zwölf US-amerikanischen Unternehmen durchgeführt wurde98, mit
dem Ziel, ein innovatives Konzept zur Unternehmenssteuerung zu entwerfen, das die
Probleme vieler traditioneller Strategie- und Steuerungsmethoden beheben soll.99
Kaplan und Norton haben vier spezifische Hindernisse für die Strategieumsetzung
identifiziert:
•
„Es ist schwierig, konkrete Steuerungsgrößen für die Strategie zu definieren.
•
Die Zielvorgaben und Incentives einzelner Mitarbeiter sind schwer mit den
Strategien zu verknüpfen.
•
Zwischen der Strategie und der operativen Planung besteht keine Verbindung.
•
Es finden nur operative Ergebniskontrollen und keine strategischen Kontrollen
statt.“ 100
97
Das Konzept der Balanced Scorecard wurde von dem Harvard Business School Professor Robert
Kaplan und von David Norton, dem Chief Executive Officer des Nolan Norton Institute, einem
Forschungsinstitut der Unternehmensberatung KPMG, entwickelt und im Jahre 1992 erstmals
vorgestellt. Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (1992) und Wurl, H.-J./Mayer, J. (2000).
98
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1998) und Kaplan, R. (1998).
99
Vgl. Steinle, C./Henning, T./Lange, M. (2001), S. 29 und Kapitel 4.1.
100
Kaplan, R./ Norton, D. (1997), S. 193.
152
Aus diesen Schwächen ist das Konzept der Balanced Scorecard101, mit der Idee, eine
verständliche Transformation der Strategie und der Vision eines Unternehmens in ein
geschlossenes Bündel qualitativer und quantitativer Zielsetzungen und Kennzahlen zu
erreichen, entstanden.102
Der Ausgangspunkt ist folglich eine klare und verständliche Vision und Strategie. Dies
wird in konkrete strategische Einzelziele übersetzt, für die anschließend Maßgrößen
und Zielwerte auf der Basis von Ursache-Wirkungsketten definiert werden.103 Dadurch
werden kausale Wirkungszusammenhänge zwischen der finanziellen Ebene und ihren
vorlaufenden Leistungstreibern abgebildet.104 Dieses Vorgehen erstellt ein Modell der
Organisation, das die relevanten Ziele für die strategischen Aspekte und damit deren
Kennzahlen erfasst. Das Denken in Ursache-Wirkungsketten trägt nicht nur dazu bei,
dass die Modelle im Team diskutiert und kritisch hinterfragt werden, sondern es hat
gleichzeitig den Effekt, dass sonst verschlossenes, implizites Wissen preisgegeben
wird.105 Parallel hilft diese Betrachtungsweise konkrete Sachverhalte zu erkennen und
dadurch die Komplexität signifikant zu reduzieren.106
Überwacht wird die Umsetzung der Strategie durch verschiedene erfolgskritische
Steuerungsgrößen, die Key Performance Indicators. Kontinuierliches Messen der
Zielerreichung setzt einen Feedbackzyklus107 in Gang, der letztendlich die Strategie in
den Organisationen verbindlich verankert und immer wieder neu ausrichtet.108 Anders
als bei den bisherigen Methoden erfolgt durch dieses Double-loop-Learning109 eine
Rückkopplung nicht nur auf der operativen Ebene, sondern auch auf der strategischen
Ebene, die für das Verankern und letztendlich für den strategischen Lernprozess
verantwortlich ist.110 Die Entwicklung einer Balanced Scorecard ist demnach kein
einmaliger Prozess. Eine einmal festgelegte Scorecard soll laufend hinterfragt und,
gegebenenfalls, neu ausgerichtet werden. Dadurch wird sichergestellt, dass
veränderte Umweltbedingungen berücksichtigt werden und sich die Organisation im
Sinne einer lernenden Organisation fortentwickelt.
101
Vgl. Deking, I. (2002).
Vgl. Steinle, C./Henning, T./Lange, M. (2001), S. 29.
103
Vgl. Seidenschwarz, W. (1999), S. 252.
104
Vgl. Wurl, H.-J./Mayer, J. (2000), S. 5.
105
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1998), S. 10.
106
Vgl. ebenda, S. 15.
107
Vgl. Abbildung 5.
108
Vgl. Seidenschwarz, W. (1999), S. 253.
109
Vgl. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 21 und grundlegend zum Double-Loop-Learning auch Argyris,
C./Schön, D. A. (1978).
110
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1998), S. 5.
102
153
Translate the Strategy
Rationalize & Align
the Organization
FORMULATE
Comprehensive
Communication to
Create Awareness
COMMUNICATE
Testing Hypotheses,
Adapting & Learning
Executive Teams
Manage Strategic
Themes
NAVIGATE
Strategic Feedback
Encourages Learnimg
Align Goals &
Incentives
EXECUTE
Align Resources &
Initiatives
Create
Knowledge
Networks
Abb. 5: Strategischer Managementprozess der Balanced Scorecard111
Der Prozess von der Strategieentwicklung bis hin zur Ableitung der
Steuerungsgrößen, dem Fassbarmachen der Strategie, muss vom Management
initiiert und von den Mitarbeitern der Organisation verstanden und unterstützt werden.
Die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens, die zu einem gemeinsamen
Strategieverständnis führen soll, ist somit ein wichtiger Punkt bei der Einführung der
Balanced Scorecard.112 Eine Organisation sollte dabei verschiedene
Kommunikationskanäle wählen, damit sichergestellt ist, dass jeder einzelne Mitarbeiter
erreicht wird, Feedbackmöglichkeiten bekommt und größtmögliche Transparenz
erreicht wird.113 Die Balanced Scorecard ist dabei ein hilfreiches
Kommunikationsinstrument sowohl für die Strategie als auch für die Prozesse und
Systeme für deren Umsetzung. Sie verschafft den Mitarbeitern ein klares Verständnis,
wie ihre jeweilige Aufgabe mit den Gesamtzielen der Organisation zusammenhängt.
Sie sorgt für eine visuelle Vorstellung der erfolgskritischen Vorgaben und wesentlichen
Beziehungen zwischen den Faktoren, die für die betriebliche Leistung wichtig sind. In
der Balanced Scorecard wird demnach für den Mitarbeiter deutlich, welche
Kenntnisse, Qualifikationen und Systeme gebraucht werden, damit die Organisation
innovativ wird und gleichzeitig die richtigen Kapazitäten freisetzen kann, damit
marktgerechte Wertangebote gemacht werden können.114 Die Umsetzung der
Balanced Scorecard ist kein einmaliger Ansatz, sondern vielmehr ein kontinuierlicher
Prozess, ein Managementsystem, das oftmals einen organisationalen Wandel zur
Folge hat bzw. ihn gestalten hilft.115
111
Vgl. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 16.
Vgl. Seidenschwarz, W. (1999), S. 251.
113
Vgl. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 17.
114
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2000) und (2001).
115
Vgl. Deking, I. (2003).
112
154
Die Komponenten der Balanced Scorecard
Wenn von der Balanced Scorecard gesprochen wird, kann nicht von einem einzigen
Instrument, einem Pappkärtchen, einer Software-Lösung oder einem Berichtsblatt
gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um einen ganzheitlichen Ansatz, einen
Managementprozess mit verschiedenen, stark verbundenen Elementen, die im
Folgenden detaillierter vorgestellt werden.116
Der Strategieimplementierungsprozeß
Basis der Balanced Scorecard ist der Vorgehensprozess zur Strategieumsetzung, in
dem die zentralen Ziele der Balanced Scorecard angestrebt werden:117
•
Klärung einer unternehmensweiten Vision und Erarbeitung einer
verständlichen, von allen Mitarbeitern getragenen Strategie inklusive Motivation
und Kommunikation
•
Verknüpfung der strategischen Managementebenen mit operativen
Handlungsebenen; translating strategy into action
•
Erarbeitung der wirklichen Leistungstreiber der Organisation und Festelegung
ihrer Messbarkeit; what gets measured gets done118
•
Vernetzung der Mitarbeiter und strategisches Lernen.
Zur Implementierung in der Organisationspraxis sind in der Literatur und auch durch
die verschiedenen Beratungshäuser, die sich des Themas angenommen haben,
Vorgehenskonzepte ausgearbeitet worden. Exemplarisch soll das Umsetzungsmodell
von Horváth herausgegriffen werden.119
Horváth orientiert sich sehr stark an dem originären Konzept von Kaplan und Norton
und kann für den deutschsprachigen Raum als wichtigster Vertreter angesehen
werden, der auch über seine Beratung zahlreiche Implementierungserfahrungen
vorweisen kann. Ist der originäre Ansatz von Kaplan und Norton auf
Großunternehmen ausgelegt120, die schon über ausreichende Ressourcen und
fundierte Erfahrung im Planungs- und Strategieprozess verfügen, kann der HorváthAnsatz auch leichter bei mittelständischen Organisationen angewendet werden. Das
Implementierungsmodell ist hier detaillierter ausgelegt und nimmt in praxisorientierter
Weise die vor- und nachgelagerten Prozesse der Balanced Scorecard-Entwicklung mit
auf121. Der Kernprozessschritt ist dabei die mittlere Stufe, die eigentliche Balanced
Scorecard-Entwicklung, die die Schritte der Visionsklärung, der Strategieableitung,
des Aufstellens der Ursache-Wirkungs-Beziehungen, der Messgrößenbestimmung
sowie der Aktionsfestlegung umfasst.
116
Vgl. zum Gesamtkonzept der Balanced Scorecard ausführlich Deking, I. (2002).
Vgl. ausführlich zu den Kernfunktionen der Balanced Scorecard Seidenschwarz, W. (1999), S. 251ff.
118
Vgl. auch Seidenschwarz, W. (2001), S. 15, der die Balanced Scorecard als potenzielles Instrument
zur Steuerung des unternehmerischen Wandels sieht und dies mit „What gets measured gets
changed“ zum Ausdruck bringt.
119
Vgl. Horváth & Partner (Hg., 2000), S. 56ff. oder Horváth, P./Gaiser, B. (2000), S. 22ff.
120
Vgl. Friedag, H./Schmidt, W. (2000), S. 94.
121
Vgl. Abbildung 6.
117
155
Strategische
Grundlagen klären
• Voraussetzungen
überprüfen
• Strategische
Stoßrichtungen
festlegen
• Balanced Scorecard
in
Strategieentwicklung
integrieren
Organisatorischen
Rahmen schaffen
• Balanced ScorecardArchitektur
bestimmen
• Projektorganisation
festlegen
• Projektablauf
gestalten
• Information,
Kommunikation und
Partizipation
sicherstellen
• Methoden und
Inhalte
standardisieren und
kommunizieren
• Kritische
Erfolgsfaktoren
berücksichtigen
Eine
Balanced Scorecard
entwickeln
Roll-out managen
• Strategische Ziele
• Balanced Scorecard
ableiten
unternehmensweit
• Ursache-/
einführen
Wirkungsbeziehungen • Balanced Scorecard
aufbauen
auf nachgelagerte
• Meßgrößen
Einheiten
auswählen
herunterbrechen
• Zielwerte festlegen
• Balanced Scorecards
• Strategische Aktionen zwischen den
bestimmen
Einheiten
abstimmen
• Qualität sichern und
Ergebnisse
dokumentieren
Kontinuierlichen
Balanced ScorecardEinsatz sicherstellen
• Balanced Scorecard in
Management- und
Steuerungssystem
integrieren
• Balanced Scorecard in
das Planungssystem
integrieren
• Mitarbeiter mit Hilfe
der Balanced
Scorecard führen
• Balanced Scorecard in
das Berichtswesen
integrieren
• Balanced Scorecard
mit Shareholder Value
verknüpfen
• Qualitätsmanagement
und Balanced
Scorecard abgestimmt
einsetzen
Abb. 6: Das Implementierungsmodell nach Horváth & Partner122
Nach der Entwicklung der Balanced Scorecard für die Organisationseinheit steht nach
dem Horváth-Modell der Roll-out an.123 Neben der praktischen Nutzung, in vielen
Fällen auch EDV-gestützt, ist damit die Überführung in weitere Organisationseinheiten
gemeint. Dies kann in vertikaler Sicht geschehen, indem die Balanced Scorecard auf
nachgelagerte Bereiche heruntergebrochen wird oder auf horizontaler Ebene, bei dem
auf gleicher Hierarchiestufe Scorecards eingeführt werden und aufeinander
abgestimmt werden. Hier dient die Balanced Scorecard auch als Kommunikationsund Informationsmedium zwischen den Abteilungen. Die letzte Phase bezieht sich auf
die Sicherung des langfristigen Einsatzes der Balanced Scorecard. Darunter ist
einerseits der regelmäßige Feedback-Prozeß, der das organisationale Lernen
unterstützt, und andererseits die Integration mit anderen Management-Systemen im
Unternehmen gemeint. Nur wenn die Balanced Scorecard mit z. B. dem
Berichtswesen, dem Planungssystem oder den Anreizsystemen verknüpft ist, kann
eine unternehmensweite Akzeptanz gewährleistet und Synergien im Unternehmen
erzielt werden.
Die Dimensionen
In den eben beschriebenen Vorgehensmodellen sind schon die wesentlichen
Bestandteile des Balanced Scorecard-Konzeptes genannt. Zum Kernstück gehören
die Dimensionen und Kennzahlen, mit denen in der Regel die Balanced Scorecard am
ehesten assoziiert wird. Das lässt sich bereits aus dem Namen herausfiltern. Mit der
Scorecard wird schnell die Verbindung zu einem Scoring-Modell oder
Kennzahlensystem hergestellt. Durch die ausgewogene Betrachtung über vier statt
der traditionell nur eine Ebene umfassende finanzielle Dimension der Erfolgsmessung
122
123
In Anlehnung an Horváth & Partner (Hg., 2000), S. 56 und Friedag, H./Schmidt, W. (2000), S. 95.
Vgl. Horváth & Partner (Hg., 2000), S. 63ff.
156
wird die Scorecard balanced. Diese ganzheitliche Sichtweise ist sicherlich einer der
wichtigsten Pluspunkte der Balanced Scorecard. Innerhalb des Strategieprozesses
wird die begrenzte Sichtweise des Managements mit dem Fokus auf monetäre Ziele
durch das vorgegebene Hilfs-Framework mit den vier Perspektiven automatisch
erweitert.
Getragen wird der Strategieprozess durch die verschiedenen Perspektiven einer
Balanced Scorecard, in denen die strategischen Ziele kategorisiert werden. Neben der
finanziellen Perspektive ist die Kunden-, die interne Prozess- und die Lern- und
Wachstumsperspektive zu berücksichtigen. Alle Dimensionen bzw. deren Inhalte sind
nicht unabhängig, sondern sind erstens aus der Vision und der Strategie der
Organisationseinheit abgeleitet, und zweitens sind die Ziele der verschiedenen
Perspektiven untereinander verbunden bzw. stehen in UrsachenWirkungszusammenhängen. In jeder Perspektive werden die strategischen Ziele der
Organisationseinheit abgebildet. Um die Komplexität nicht unnötig zu erhöhen, sollte
die Anzahl der Ziele auf insgesamt ca. 20, ungefähr fünf pro Perspektive124, begrenzt
sein. Mehr Informationen würden einen eher nachteiligen Effekt erbringen, da das
Management die Komplexität nicht mehr langfristig erfassen könnte und die
Fokussierung auf die wichtigen Themen verlieren würde. Hier liegt auch eine der
besonderen Leistungsfähigkeiten der Balanced Scorecard, die anhand eines
einfachen, gut zu visualisierenden Rahmens eine Reduktion der komplexen
Unternehmens- und Wettbewerbsprozesse erlaubt125.
Die Perspektiven der Balanced Scorecard stellen die strategisch relevanten Sichten
auf eine Organisation dar.126 Es geht um den Blickwinkel, aus dem die Organisation
von Kunden, Mitarbeitern etc. gesehen wird bzw. welche Schwerpunkte betont werden
sollen. Diese Beschränkung auf vier Perspektiven wird empirisch und pragmatisch
begründet. Sie ist jedoch nicht als Zwangsjacke gedacht, sondern kann je nach
Vorhandensein von Anspruchsgruppen und gewählten Strategien der Unternehmung
situativ ausgestaltet werden. Im Folgenden werden die vier klassischen Perspektiven
der Balanced Scorecard kurz skizziert.
Die finanzielle Perspektive stellt durch die Verwendung traditioneller
Finanzkennzahlen, welche sich auf die Rentabilität, Wachstum, Gewinn oder den
Unternehmenswert beziehen, die Auswirkungen der Strategie auf das
Unternehmensergebnis dar.127 Hier ist festzustellen, ob eine neue Strategie tatsächlich
auch das Ergebnis verbessert. Ein möglichst hoher Gewinn oder eine hohe
Umsatzrentabilität ist immer ein wesentliches Hauptziel und auch der Grund, warum
die Ziele aller Perspektiven und die damit verbundenen Kennzahlen mittels einer
Ursache- Wirkungskette immer in der Finanzperspektive enden. Hier besteht somit
eine Doppelfunktion der finanziellen Kennzahlen, da sie als Endziel der restlichen
Perspektiven dienen und die entsprechende finanzielle Leistung widerspiegeln.128
Aufgabe der Kundenperspektive ist es, Kennzahlen wie Kundentreue, Marktanteil,
Kundenzufriedenheit oder -rentabilität den für das Unternehmen relevanten
Kundengruppen und Marktsegmenten zuzuordnen sowie die strategischen Ziele
124
Diese geringe Zahl wird zudem durch diverse psychologische Untersuchungen unterstützt. Man
spricht auch von der magischen Zahl Sieben, da der Mensch in der Regel nur in der Lage ist, sich
auf einmal nur ca. sieben Zeichen, Chunks oder Daten zu merken. Vgl. Miller (1956), S. 81ff.
125
Zur Rolle der Visualisierung für den strategischen Wandel von Organisationen vgl. Möslein, K.
(2000).
126
Vgl. Friedag, H./Schmidt, W. (1999), S. 197.
127
Vgl. Horváth, P. (1996), S. 567.
128
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2000), S. 3ff.
157
darzustellen.129 Die Kundenperspektive kann auch als Partnerperspektive verstanden
werden, die strategische Ziele über andere Stakeholdergruppen wie Lieferanten, die
Öffentlichkeit oder Kooperationspartner aufnimmt. Darüber hinaus werden hier die zur
Erreichung der finanziellen Ziele notwendigen kunden- und marktbezogenen
Treibergrößen identifiziert.
In der internen Geschäftsprozessperspektive werden Aussagen über die Effizienz und
Effektivität der betriebsinternen Prozesse wiedergegeben, welche wesentlich dazu
beitragen, die Ziele der Finanzperspektive und Kundenperspektive zu erreichen.130 Die
Kennzahlen dieser Perspektive geben Auskunft, was intern getan werden muss, um
die Erwartungen der Kunden zu erfüllen.131 Beispiele sind hierfür insbesondere die
Relation von Durchlauf- zu Bearbeitungszeit, Leistungsfähigkeiten von IT-Systemen
oder das Potenzial von Logistikprozessen.132
Durch die Lern- und Entwicklungsperspektiven soll die Infrastruktur geschaffen
werden, die notwendig ist, die Ziele der ersten drei Perspektiven zu erreichen.133 Mit
der Ausarbeitung dieser Perspektive tun sich die meisten Unternehmen schwerer. Oft
finden hier weichere Größen zum Humankapital oder zum Innovationspotenzial
Niederschlag. Dabei finden zumeist Kennzahlen Verwendung, die unter längerfristigen
Gesichtspunkten als Quellen des Organisationserfolges angesehen werden können,
sogenannte Potenzialtreiber wie z. B. die Mitarbeiterzufriedenheit.
Finanzperspektive
(Sicht der Anteilseigner)
Wie sollen wir
gegenübern
Anteilseignern auftreten,
um finanziellen Erfolg
zu haben?
Ziele
Kennzahlen
Geschäftsprozeßperspektive
(Innovation, Leistungserstellung ...)
In welchen Geschäftsprozessen müssen wir die
besten sein, um unsere
Kunden und Teilhaber
zu befriedigen?
Sollwerte Aktionen
Ziele
Kennzahlen
Sollwerte Aktionen
prozessorientierte
Sicht
Lieferantenperspektive
Shareholder
bzw.Kreditgeberperspektive
externe
Sicht
Kommunikationsperspektive
Mission / Vision
Strategien
öffentliche
Perspektive
(Land, Kommune)
Einführungsperspektive
(Software u.ä.)
interne
Sicht
humanorientierte
Sicht
Kundenperspektive
(Sicht der Kunden)
Wie sollen wir gegenüber
unseren Kunden
auftreten, um unsere
Vison zu verwirklichen?
Ziele
Kennzahlen
Organisationsperspektive
Mitarbeiterperspektive
(Sicht Lernen und Entwicklung)
Wie können wir
Veränderungs- und
Wachstumspotentiale
fördern, um unsere
Vision zu erreichen?
Sollwerte Aktionen
Ziele
Abb. 7: Die Perspektiven der Balanced Scorecard134
129
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (1997), S. 62.
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2000), S. 4.
131
Vgl. Horváth, P. (1996), S. 568.
132
Vgl. Friedag, H./Schmidt, W. (1999), S. 144.
133
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (1997), S. 121.
134
Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 9 und Friedag/Schmidt (2000), S. 39.
130
158
Kennzahlen
Sollwerte Aktionen
Die vier vorgeschlagenen Perspektiven sind nicht zwingend einzuhalten. Sie bilden
nur einen Ansatzpunkt, Zusammenhänge und Potenziale zu betrachten, die bisher als
nicht relevant betrachtet wurden und sind hinsichtlich Bezeichnung und Anzahl
flexibel. Zwar verwenden die meisten Unternehmen vier Perspektiven135, doch finden
sich in der Praxis ebenso Scorecards mit 2-6 Perspektiven. Auch die Inhalte der
Dimensionen sind nicht unbedingt eins zu eins zu übernehmen. In vorheriger Grafik
sind schon einige potenzielle weitere Dimensionen als Vorschlag abgebildet. Denkbar
wären eine Lieferantenperspektive, eine Mitarbeiterperspektive, eine
Innovationsperspektive oder eine Organisationsperspektive, die alle nur Beispiele
sind, die in der Praxis vorzufinden sind.
In vielen aktuellen Darstellungen wird eine Balanced Scorecard auch als Art Tabelle
dargestellt, in der die Dimensionen untereinander stehen und so automatisch die
Beziehungslinie visualisiert wird. Grundsätzlich ist die übergeordnete Wirkungskette
für die Dimensionen, wie folgt, in vereinfachter Denkstruktur zu verstehen: Die Ziele
und Aktionen der Potenzialperspektive, Lernen und Entwicklung, wirken auf die
Leistungsfähigkeit der internen Prozesse. Diese sind wiederum verantwortlich für das
Leistungsergebnis, das dem Kunden angeboten werden kann. Der Kunde letztendlich
honoriert diese Leistung monetär und dies führt zum finanziellen Erfolg des
Unternehmens.
Die Balanced Scorecard bildet die Ziele und Strategien eines Unternehmens
übersichtlich und durch die verschiedenen Perspektiven strukturiert ab. In jeder der
Perspektiven werden also genauere Angaben zu strategischen Zielsetzungen in den
entsprechenden Bereichen Finanzen, Kunden, Prozesse als auch Lernen- und
Entwicklung bzw. zu den unternehmensspezifisch gewählten Bereichen gemacht. Sie
sind aus der Unternehmensvision abgeleitet und machen Angaben zu strategischen
Stoßrichtungen. Um jetzt eine laufende Kontrolle der strategischen Zielerreichung
durchführen zu können, werden die jeweiligen Ziele mittels geeigneter Kennzahlen
messbar gemacht. Damit die Messergebnisse für das Unternehmen bewertbar und
aussagekräftig werden, wurde den Kennzahlen vorab ein Vorgabewert oder Sollwert
zugeordnet. Somit ist ein einfacher Soll-Ist-Vergleich der Vorgaben, Sollwert, und
tatsächlichen Ergebnissen, Istwert, möglich. Ein Maßnahmenplan, gelegentlich auch
als Aktionsplan bezeichnet, beschreibt die Umsetzung einzelner strategischer Ziele in
konkrete Handlungen oder Aktivitäten des Unternehmens und rundet in Verbindung
mit Benennung von Verantwortlichkeiten für die Kennzahlen und Aktionen die
Balanced Scorecard ab.
Mit den Dimensionen schließt sich der Kreis, in dem der Bezug zwischen dem 3Ebenen-Modell des Wissensmanagements, der Balanced Scorecard und dem Begriff
des Intellektuellen Kapitals nochmals klar herausgestellt wird.
135
In Deutschland verwenden ca. 80 % der Nutzer vier Perspektiven. Vgl. Ruhtz, V. (2001), S. 12.
159
Knowledge Scorecard:
Linking Intellectual Capital
to the Balanced Scorecard
Knowledge = Intellectual Capital:
- Human Capital
- Relationship-Capital
- Structural Capital
Financial
Financial
Partner
Partner
Vision
Process
Process
Learning
Learning&&
Innovation
Innovation
Abb. 8: Intellektuelles Kapital und sein Bezug zur Balanced Scorecard
Wissensmanagement bezieht sich auf 3 Ebenen:
•
die Ebene der Gestaltung der Kompetenzen: sie betrifft insb. den Faktor Human
Capital und findet sich in der Balanced Scorecard in der Lern- und
Entwicklungsperspektive wieder;
•
die Ebene der Gestaltung der internen Struktur: sie betrifft insbesondere den
Faktor Structural Capital und findet sich in der Balanced Scorecard in der
Prozessperspektive wieder;
•
die Ebene der Gestaltung der externen Struktur: sie betrifft insb. den Faktor
Relationship Capital und findet sich in der Balanced Scorecard in der
Kundenperspektive wieder.
Die Balanced Scorecard wird so selbstverständlich zu einem integrierten Bestandteil
des Wissensmanagements, der dazu beitragen kann, die vielen, aber häufig nur
vereinzelt und patchworkartig eingesetzten Einzelbausteine des
Wissensmanagements zu einem House of Knowledge zusammenzuführen. Sie ist der
Kitt, mit dem sich die zahlreichen Einzelbausteine des Wissensmanagements in
geeigneter Form zu einem stabilen Gebäude des Wissensmanagements verbinden
lassen.
Die Strategy Map
160
Aus den Erfahrungen einer Vielzahl von Balanced Scorecard Umsetzungen wurde von
Kaplan und Norton ein weiteres methodisches Rahmengerüst zusammengefügt, das
auf dem Konzept der Balanced Scorecard fußt. Die Strategy Map ist das Ergebnis der
Strategieanalyse und visualisiert diese. Alle Ziele und Messgrößen sind in einem
ganzheitlichen Ursache-Wirkungssystem zusammengefasst, um so die
Zusammenhänge der strategischen Aktionen und Ziele verständlich zu machen und
die notwendigen Voraussetzungen zu erkennen: „Strategy Maps beschreiben somit
den Umwandlungsprozess von immateriellen Vermögenswerten zu materiellen Werten
im Hinblick auf Kunden und Finanzen. Sie stellen der Unternehmensleitung somit ein
System zur Verfügung, das die Beschreibung und Steuerung der Strategie in der
Wissensökonomie ermöglicht.“136 Alle Ursachen-Wirkungszusammenhänge bilden
zusammen ein System aus Hypothesen, da Strategien auch als Hypothesen über die
vermuteten Auswirkungen von organisationalen Aktionen auf die unternehmerische
Wettbewerbsposition verstanden werden können. Die Strategy Map an sich ist kein
Strategieentwicklungsinstrument, sondern, wie vorher schon erläutert, muss die
Strategie im Vorfeld im Rahmen des gesamten Balanced Scorecard Ansatzes
entwickelt werden. Sie kann aber den Entwicklungsprozess durch das vorgeschlagene
Framework137 unterstützen und vor allem dazu beitragen, die Strategie in der
Organisation zu kommunizieren und zu vermitteln. Sie ist also ein klassisches
Wissensmanagementinstrument zur Diffusion von strategischen Inhalten, mit dessen
Hilfe implizites Wissen, die strategischen Hypothesen der Manager, externalisiert und
kodifiziert wird. Durch diesen Wissensaustausch wird eine abgestimmte und
kooperative Zusammenarbeit bei strategischen Zielen innerhalb des Managements
wie auch über Abteilungsgrenzen hinweg gefördert.138
Mit dieser Vorlage der Strategy Map steht Organisationen ein Instrument zur
Verfügung, ihre eigene Strategie zu entwickeln, zu optimieren oder auch besser
kommunizierbar und verständlich zu machen. Das dargestellte Rahmengerüst ist
natürlich den unternehmensspezifischen Anforderungen und Themen anzupassen und
zu konkretisieren. Der große Vorteil liegt in der integrierten Erarbeitung und Abbildung
multipler strategischer Themen der Organisation in einem Instrumentarium.139 Die
Strategy Maps sind entsprechend dem übergeordneten Balanced Scorecard Konzept
auch regelmäßig auf ihre Berechtigung und Gültigkeit hin zu überprüfen. In der
laufenden Kontrolle der strategischen Hypothesen liegt einer der größten Werte, in
dem organisatorisches Lernen praktiziert wird und über die strategischen Themen
wertvolle Knowledge Assets aufgebaut werden.140
136
Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 63.
Vgl. Abbildung 9.
138
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2000), S. 60.
139
Vgl. Norton, D. (2002).
140
Vgl. Norton, D. (2001).
137
161
Finanzperspektive
Steigerung des Shareholder Value
Umsatzwachstumsstrategi e
Produktivitätsstrategie
Aufbau der Marktmacht
Steigerung des
Kundennutzens
Verbesserung der
Kostenstruktur
• Neue Umsatzquellen
• Kundenrentabilität
• Kosten je Einheit
Kundenakquisition
Kundenperspektive
Shareholder Value
ROCE
Produktführerschaft
Kundenverbundenheit
Operative Exzellenz
Wertangebot für den Kunden
Qualität
• Auslastungsgrad der
Vermögenswerte
Kundenbeibehaltung
Produkt- /Dienstleistungseigenschaften
Preis
Verbesserung des
Auslastungsgrades der
Vermögenswerte
Zeit
Kundenbeziehung
Funktionalität
Service
Image
Beziehung
Marke
Lernen &
Entwi cklung
Prozeßperspektive
Kundenzufriedenheit
„Aufbau der
Marktmacht“
(Innovationsprozesse)
„Steigerung des
Kundennutzens“
(Kundenmanagementprozesse
„Entwicklung zu
einem verantwortungsvollen
Bürger“
(Regulierte und
Umweltbezogene
Prozesse
„Erreichung
der operationalen
Exzellenz“
(Operationale
Prozesse)
Motivierte und geschulte Arbeitskräfte
Strategis che Kompetenzen
Strategische Technologien
Aktivitätsorientiertes Klima
Abb. 9: Vorlage einer Strategy Map141
Die organisatorische Verankerung der Balanced Scorecard
Wenn bisher von strategischen Zielen gesprochen wurde, waren in erster Linie das
Top-Management bzw. das Gesamtunternehmen angesprochen. Doch es gibt
innerhalb einer Organisation auf verschiedenen Ebenen Strategieansätze. Strategien
sind auf Gesamtunternehmensebene, auf der Ebene der Geschäftseinheiten, auf
Abteilungsebene bis hin zum individuellen Mitarbeiter möglich, die jeweils ihre eigenen
Geltungs- und Verantwortungsbereiche sowie Inhalte aufweisen. Zumeist werden die
Inhalte, je weiter die Strategie nach unten heruntergebrochen wird, detaillierter und
operativer. Die einzelnen Ebenen sind dabei nicht voneinander unabhängig, sondern
weisen vertikale Ursache-Wirkungsbeziehungen auf.142 Den einfachsten Weg der
Strategieableitung stellt ein Top-down-Ansatz143 dar, bei dem die Vorgaben von oben
nach unten durchgesetzt werden. Daneben steht die alternative Methode der Bottomup-Aggregation, bei der zuerst die unteren Unternehmenseben die strategischen
Informationen erarbeiten und zusammentragen, um sie dann nach oben
141
In Anlehnung an Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 88.
Vgl. Töpfer, A. (2000), S. 81.
143
Der Top-down-Ansatz sollte nicht bei der Entwicklung auf das Wissen der nachfolgenden Ebenen
verzichten, sondern zusätzlich in einem Bottom-up-Verfahren das Wissen der unteren Ebenen mit
aufnehmen.
142
162
weiterzuleiten, wo sie wiederum im Abgleich mit den anderen Informationen verdichtet
werden. Als Königsweg kann die Kombination in Form eines beidseitigen
Gegenstromprinzips genannt werden, bei dem in iterativen Schritten die Strategien
über die einzelnen Ebenen hinweg aufgestellt werden.
Entsprechend den strategischen Ebenen in der Organisation können für die einzelnen
Organisationsbereiche verschiedene Balanced Scorecards eingeführt werden.144 Dies
entspricht auch dem originären Balanced Scorecard Gedanken, dass die Balanced
Scorecard für das Gesamtunternehmen die Orientierungshilfe für die Balanced
Scorecards der nachfolgenden Organisationseinheiten bildet. Neben der TopBalanced Scorecard können so für die jeweiligen Organisationseinheiten,
Funktionsbereiche, Abteilungen und bis zum einzelnen Mitarbeiter Scorecards
abgeleitet werden.145 Hier kommt der Balanced Scorecard Ansatz wieder seiner
Funktion als Wissensmanagementinstrument nach, indem durch die Ableitung
Mitarbeitern auf allen Unternehmensstufen eine gewisse Transparenz über die
Unternehmensstrategie verschafft wird und weiter dargelegt wird, was dies für ihre
Abteilung und für sie selbst bedeutet. Dieses strategische Wissen ist leider in einer
Vielzahl von Unternehmen nicht vorhanden. Besonders den Mitarbeitern auf den
unteren Ebenen fehlt häufig das Wissen über die unternehmenseigenen
Strategievorstellungen. Dies belegen empirische Untersuchungen: Eine Studie von
Renaissance in Zusammenarbeit mit dem CFO Magazin in den USA und
Großbritannien ergab z. B., dass nur 71 % des Top-Management, in UK nur 59 %, 40
% des mittleren Management, in UK auch 40 %, und nur 3 % der Linienangestellten, in
UK 7 %, die Unternehmensvision klar verstanden haben.146 Dieser Informationsverlust
ergibt sich durch die verschiedenen Verantwortungsebenen in einer Organisation. Man
geht davon aus, dass nach fünf Hierarchieebenen nur noch 20 % der ursprünglichen
Information ankommen.147
Eine stringente Balanced Scorecard Einführung für alle Organisationseinheiten kann
diesem Informationsverlust entgegenwirken. Eine durchgehende, abgestimmte
Umsetzung, wie es nachfolgende Abbildung darstellt, ist in der Unternehmenspraxis
des Öfteren nicht vorzufinden. Man kann Insellösungen antreffen, die durch ein
inkonsequentes Vorgehen bei der Einführung entstanden sind. Mangelnde
Abstimmung vor, während und nach der Einführung können solche Lücken
hervorrufen. Horváth & Partner empfehlen deshalb für den Roll-out verschiedene
nachgelagerte Methoden148, die eine stringente Ableitung fördern. Nach dem Roll-out
sollte in regelmäßigen Abständen ein Abgleich auf horizontaler und vertikaler Hinsicht
erfolgen, der die Ziele, Indikatoren, Sollwerte und Maßnahmen umfasst.149 Das
ganzheitliche Vorgehen für die Gesamtunternehmung widerspricht aber nicht dem
Gedanken des Starts mit einem Pilotierungsfeld. In einer kleineren
Organisationseinheit können erste Erfahrungen gemacht werden, um später beim evtl.
Roll-out auf das Gesamtunternehmen mögliche Fehler zu vermeiden.
144
Vgl. Frick (2000), S. 24, Meyer, C./Köhle, I. (2000), S. 15.
Vgl. Ackerman (2000), S. 14, Horstmann, W. (2000), S. 16.
146
Vgl. Gentia (1998), S. 4.
147
Vgl. Hinterhuber, H./Al-Ani, A./Handlbauer, G. (Hg., 1996), S. 119.
148
Die Beschreibung der Methoden findet sich in Horváth & Partner (Hg., 2000), S. 225f. wieder.
149
Vgl. Horváth & Partner (Hg., 2000), S. 238.
145
163
Top Balanced Scorecard
Gesamtunternehmen
Input und
Feedback –
Top-downund Bottomup-Prozess
Unit Balanced Scorecard
Gruppen/
Individuelle
Scorecard
Abstimmung
Abstimmung
Abb. 10: Das kaskadische Organisationsprinzip der Balanced Scorecard
Das Herunterbrechen auf die verschiedenen Ebenen, im Extremfall bis auf den
einzelnen Mitarbeiter, kann auch die Voraussetzung dafür sein, die Balanced
Scorecard für die Mitarbeiterführung einzusetzen. Dies geschieht, wie es von vielen
Seiten gefordert wird, um der Balanced Scorecard die entsprechende Bedeutung zu
geben, in der Verknüpfung des Anreizsystems mit den Zielen der Balanced
Scorecard.150 In einer Art Management by Objectives gelten für Mitarbeiter einzelne
Ziele der Balanced Scorecard, die in ihrem Verantwortungsbereich liegen, als
Zielgrößen, die mit einer variablen Entlohnung oder einem Prämiensystem gekoppelt
sind.151
C.3. Eine kritische Würdigung der Balanced Scorecard
Das vorgestellte Konzept der Balanced Scorecard erscheint bestechend schlüssig,
logisch und einfach. Dies trifft aber nur auf das Konzept zu. Die Kunst liegt in der
erfolgreichen Implementierung der Balanced Scorecard im Unternehmen. Gerade in
diesem Aspekt halten sich die Autoren Kaplan und Norton sehr bedeckt.152 Nur einige
undifferenzierte, normative Gestaltungsempfehlungen liegen vor. So wird bspw. weder
eine klare Vorgehensweise zur Verbindung der Strategie mit messbaren Kenngrößen
vorgeschlagen noch die Handhabung der unterschiedlich langen zeitlichen
Verzögerungen der verschiedenen Leistungstreiber des finanziellen Erfolgs
präzisiert.153 Ebenso wird den Autoren teilweise vorgeworfen, dass es sich bei der
150
Vgl. Ittner, C./Larcker, D./Meyer, M. (1997).
Diese konsequente Umsetzung der Kopplung an Anreizsysteme wird in Deutschland noch nicht in
vollem Umfang genutzt. Eine Umfrage ergab, dass bei 37 % der Führungskräfte und bei nur 20 %
der Mitarbeiter ein Anreizsystem an die Balanced Scorecard geknüpft ist. Vgl. Ruhtz, V. (2001), S.
31.
152
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1998).
153
Vgl. Matheis, M./Schalch, O. (1999), S. 38.
151
164
Balanced Scorecard um einen Modetrend154 oder um alten Wein in neuen
Schläuchen155 handelt. Dies ist zum Teil richtig, da es z. B. schon lange Ansätze zur
Steuerung mit quantitativen Größen oder Methoden der Strategieoperationalisierung
gibt.156 Das Neue ist das schlüssige Gesamtkonzept, das leicht kommunizierbare
Framework und der konsequente gedankliche Ansatz einer strategiefokussierten
Organisation. Dabei baut das Konzept auf vielen Methoden und vorhandenem Wissen
der Unternehmensführung auf: Strategieentwicklung, Performance Measurement
Systeme oder Anreizsysteme, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Für eine
erfolgreiche Umsetzung ist somit auf weitere Konzepte, die zweifelsohne in vielen
Bereichen in der Literatur vorliegen157, zurückzugreifen. So lässt sich auch eine häufig
fehlende Detaillierung des Vorgehens bei Kaplan und Norton erklären. Aus diesem bei
einigen Unternehmen fehlenden Wissen und der Komplexität der Aufgabenstellung
lassen sich besonders bei der Einführung und Umsetzung der Balanced Scorecard
auftretende Problembereiche und Grenzen des Balanced Scorecard Konzeptes
erklären.
0 = überhaupt keine Probleme bis 100 = sehr große Probleme
25
Akzeptanz der Unternehmensleitung
34
Hohe Kosten der Einführung
Akzeptanz der Balanced Scorecard beim Betriebsrat
35
Akzeptanz der Balanced Scorecard bei Führungskräften
35
42
Akzeptanz der Balanced Scorecard bei Mitarbeitern
45
Herunterbrechen von Steuerungskriterien auf nachgeordnete Ebenen
46
Aggregieren der der Einzel-Balanced Scorecards
Geringe Verfügbarkeit der Daten in der Balanced Scorecard
47
Geringe Datenqualität der Meßgrößen in der Balanced Scorecard
47
Verbinden der Balanced Scorecard mit Zielvereinbarungen
48
Erekennen von Ursache-Wirkungsbeziehungen
48
Umsetzen des Balanced Scorecard-Konzeptes in quantitative Indikatoren
50
Analysieren von Werttreibern mit dem Balanced Scorecard-Konzept
50
Beschränkung auf relativ wenige Steuerungskriterien in allen Balanced Scorecards
50
53
Koppln der Zielerreichung der Balanced Scorecard mit finanziellen Anreizen
54
Einführungsprozeß dauert zu lange
56
Schaffung einer veränderten Unternehmenskultur mit mehr Transparenz
0
10
20
30
40
50
60
Abb. 11: Einführungs- und Umsetzungsprobleme bei der Balanced Scorecard;
n=127158
154
Vgl. Kieser (1996), S. 21ff.
Vgl. Friedag, H. (1998).
156
Vgl. Eccles, R./Noriah, N./Berkley, J. (1992), S. 157f., Reichmann, T./Lachnit, L. (1976), S. 708f.
oder Schott, G. (1991), S. 291.
157
Vgl. Literatur aus dem Strategischen Management bzw. der Strategischen Planung: Szyperski,
N./Müller-Böling, D. (1980), Rau, K.-H. (1985), S. 291ff., Quinn, J./Mintzberg, H./James, R. (1988),
Rabl, K. (1990), Franz (1993), S. 189ff., Hungenberg, H. (1993), S. 238, Mintzberg, H. (1994), S.
329ff., Hamprecht (1996), S. 73ff. oder Goedel (1997), S. 87ff.
158
Die Befragungsergebnisse stammen aus einer Befragung von insgesamt 194 deutschen
Wirtschaftsunternehmen durch die Universität Dresden. Vgl. Töpfer, A./Lindstädt, G./Förster, K.
(2002), S. 82.
155
165
Bezüglich der Probleme bei der Einführung und der ersten Nutzung liegen mittlerweile
erste Erkenntnisse aus empirischen Beobachtungen und Erhebungen vor.159 Einen
stellvertretenden Überblick über die potenziellen Probleme gibt Abbildung 11. Auffällig
am genannten Ergebnis ist, dass die notwendige und gewünschte Schaffung einer
veränderten Unternehmenskultur, die von Transparenz und offenen Strukturen
geprägt ist, am schwersten fällt. Sicherlich unterstützt gerade die Balanced Scorecard
dieses Anliegen, jedoch muss man berücksichtigen, dass es sich bei der
Unternehmenskultur vor allem um Einstellungen der Mitarbeiter handelt. Und eine
Einstellungsänderung zu bewirken, dauert, wie die Einstellungsforschung lehrt, eine
lange Zeit, die bis zu 8 Jahren betragen kann. Weiterhin beklagen viele Unternehmen
die lange Einführungszeit, die oft unterschätzt wird. So liegt eine durchschnittliche
Implementierungsphase für eine Organisationseinheit bei insgesamt 6-12 Monaten, für
eine Gesamtorganisation sind mindestens über die verschiedenen Einheiten 12-24
Monate anzuberaumen.160 Bezogen auf die Balanced Scorecard an sich tun sich viele
Unternehmen schwer mit dem Handling der Kennzahlen und ihrer Zusammenhänge.
Dies beginnt bei der Ermittlung der obersten Key Performance Indicators und über die
Ermittlung von einzelnen Messgrößen in den verschiedenen Dimensionen. Besonders
in der Lern- und Entwicklungsperspektive treten die größten Lücken bei potenziellen
Metriken auf. Aufgrund der Historie der Unternehmensführung und ihrer kontrollierten
Größen liegen hier zuwenig Erfahrungen und Werte vor. Weitere Schwierigkeiten mit
den Kennzahlen können die Datenqualitäten und -verfügbarkeiten sein, die
Aggregation der Kennzahlen, besonders bei eher qualitativen Werten sowie die
Verbindung untereinander und die Abstimmung auf horizontaler und vertikaler Ebene.
Vorab schließt sich hier die Diskussion um die Bildung der Ursachen-Wirkungsketten
an, bei der die einzelnen strategischen Ziele, abgeleitet von der Vision und den Key
Performance Indicators, zur Strategy Map verbunden werden. Die dabei erwarteten
und teilweise eingetroffenen Hürden sind vor allem darin begründet, dass hier von
Konzeptseite kein Vorgehensmodell oder Tipps zur Seite gestellt wurden. Für ein
erfolgreiches Vorgehen bei der Einführung, das hohes Commitment des
Managements und der Mitarbeiter erfordert, hat sich gezeigt, dass eine umfassende
Vorabinformation, Maßnahmen zum Verständnisaufbau über das Konzept,
Akzeptanzgewinnung und Motivation auf allen beteiligten Unternehmensebenen von
großer Bedeutung sind.161
Dass die Balanced Scorecard eine Modeerscheinung ist oder war, kann nicht bestätigt
werden. Besonders in den letzten Jahren ist sie zum Management-Bestseller
geworden, der in der Literatur wie auch in Organisationspraxis relativ großen Zuspruch
findet. In dieser Zeit sind ebenfalls erste größere empirische Untersuchungen über
den Verbreitungsgrad und erste Implementierungs- und Nutzungserfahrungen
durchgeführt worden.162 Die einzelnen Befragungen weisen zwar gewisse
Unterschiede in den erhobenen Daten auf, aber ein gewisser Erfolg der Balanced
Scorecard ist nicht zu leugnen. Der Bekanntheitsgrad bei deutschen Unternehmen
liegt bei 60-70 %163. Bei der Einführung einer Balanced Scorecard schwanken die
159
Vgl. für den deutschsprachigen Raum z. B. Ruthz (2001), Zimmermann, G./Jöhnk, T. (2000),
Brabänder, E./Hilcher, I. (2001) oder Töpfer, A./Lindstädt, G./Förster, K. (2002).
160
Vgl. Töpfer, A./Lindstädt, G./Förster, K. (2002), S. 83 und Brabänder, E./Hilcher, I. (2001).
161
Vgl. Steinle, C./Thiem, H./Lange, M. (2001), S. 34.
162
Für den deutschsprachigen Raum vgl. Ruthz, V. (2001), Speckbacher, G./Bischof, J. (2000),
Zimmermann, G./Jöhnk, T. (2000), Brabänder, E./Hilcher, I. (2001), Bischof, J. (2001) und Töpfer,
A./Lindstädt, G./Förster, K. (2002).
163
Vgl. Töpfer, A./Lindstädt, G./Förster, K. (2002), S. 80.
166
Daten zwischen 16 %164, 24 %165 bis 46 %166. Darüber hinaus planen ca. ein Drittel
der jeweils befragten Organisationen eine Einführung der Balanced Scorecard in der
nächsten Zeit. Eine ähnliche Verbreitung ist den USA zu verzeichnen: Dort arbeiten
zwischen 36-40 % der Fortune 1000 Unternehmen mit der Balanced Scorecard.167
Was treibt diese Unternehmen, die Balanced Scorecard für sich zu nutzen? Wie
bewerten die Unternehmen den Nutzen nach der ersten Einführung?168 Auch hier lässt
sich mittlerweile auf erstes Datenmaterial aus empirischen Erhebungen zurückgreifen.
Stellvertretend sollen hier die Ergebnisse von Zimmermann und Jöhnke erwähnt
werden169, die ein gutes Bild von der Nutzenerwartung und der realisierten Effekte
geben. Klares Hauptziel ist die Unterstützung der Strategieimplementierung,170 des
weiteren das Vorantreiben einer durchgängigen strategieausgerichteten Organisation.
Dazu gehört eine bessere Verbindung der strategischen Ziele mit der operativen
Ebene und eine weiterentwickelte Möglichkeit der Kontrolle der strategischen
Ausrichtung und Umsetzung. Weiterhin sollen die strategischen Vorgaben verstärkt im
Unternehmen kommuniziert und visualisiert werden, was dann im zweiten Schritt für
die einzelnen Führungskräfte und Mitarbeitern auf den verschiedenen Ebenen als
Vorgabe dienen kann. Zuletzt sei hier genannt, ohne einen vollständigen Überblick
über potenzielle Ziele der Balanced Scorecard geben zu können, die Einführung eines
erweiterten Kennzahlensystems mit nicht-monetären Größen und Potenzialtreibern,
die eine tiefgreifendere Steuerung der Organisation erlauben sollen.
Ziele/Einsatzgebiete der Balanced Scorecard (Rangfolge)
Realiserte Effekte (Rangfolge)
Einsatzgebiet
Mittelwert Effekt
Verbesserung der strategischen
Strategieimplementierung
1,08
Kontrolle/Frühwarnung
Überführung der Strategie in konkrete
Verbesserung der Kommunikation über die
(operative) Maßnahmen
1,38
Strategie bei den Führungskräften
Erhöhung des Kenntnisstandes bzgl. der
Überprüfung der Strategieimplementierung
1,42
Strategie bei den Führungskräften
Bessere Identifikation der kritischen
Kommunikation der Strategie im Unternehmen
1,50
Einflußfaktoren auf den Unternehmenserfolg
Bessere Verbindung von strategischer und
Strategieformulierung
2,21
operativer Planung
Meßbarkeit monetärer und nichtmonetärer
Strategische Frühwarnung
2,21
Effekte
Erweitertes Kennzahlensystem zur
Unternehmenssteuerung
2,22
Realisation einzelner strategischer Ziele
Zielvorgabe für
Erhöhung des Kenntnisstandes bzgl. der
Abteilungen/Gruppen/Mitarbeiter
2,50
Strategie bei den sonstigen Mitarbeitern
Überprüfung der vermuteten Kausalketten
2,87
Klare Vorgaben für einzelne Maßnahmen
Kommunikation der Strategie nach außen
3,76
Mittelwert
1,74
1,78
1,78
1,82
1,91
1,91
2,29
2,43
2,47
Abb. 12: Rangfolgen der Ziele und realisierten Effekte der Balanced Scorecard171
164
Vgl. Brabänder, E./Hilcher, I. (2001), S. 254.
Vgl. Töpfer/Lindstädt/Förster (2002), S. 80
166
Vgl. Ruhtz, V. (2001), S. 7.
167
Vgl. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 15 und Rigby, D. (2001), S. 2.
168
Hier bleibt anzumerken, dass langzeitliche Studien noch nicht vorliegen, da kaum ein Unternehmen,
besonders im deutschsprachigen Raum, einen Erfahrungshorizont von mehr als 1-3 Jahren
vorzuweisen hat.
169
Vgl. Abbildung 12.
170
Vgl. Bischof, J. (2001), S. 36, Morganski, B. (2001), S. 31ff., Mauerer, F./Töpfer, A. (2000), S. 350f.,
Ruhtz, V. (2001), S. 33 oder Kinsey, G. (2000), S. 168f.
171
Vgl. Zimmermann, G./Jöhnke, T. (2000), S. 603.
165
167
Die Erreichung eines Großteils der angestrebten Ziele konnte nach Einführung der
Balanced Scorecard von der Unternehmenspraxis bestätigt werden. Oben an steht die
Verbesserung der Kontroll- und Frühwarnmöglichkeiten auf strategischer Ebene.
Daneben kann als Haupteffekt ein besseres Verständnis für die Strategie sowie für die
Unternehmenspotenziale und ihre Einflussgrößen verzeichnet werden. Man erkennt
diese Ziele an dem erhöhten Kenntnisstand der Führungskräfte und Mitarbeiter, an
dem Wissen über die kritischen Erfolgsfaktoren des Unternehmens, die sich u. a. aus
mehreren Komponenten des Intellectual Capital zusammensetzen und über nichtmonetäre Messgrößen abgebildet werden und der nachvollziehbaren Verbindung des
strategischen mit dem operativen Management.
Die Balanced Scorecard als Instrument des strategischen
Wissensmanagements
In den vorangegangenen Ausführungen wurde die Balanced Scorecard als Konzept
der Strategieimplementierung in ihren Grundzügen vorgestellt. Dabei wurde bereits
deutlich, dass ihr zugleich der Charakter eines Kommunikationsinstruments zukommt.
Indem die Balanced Scorecard dazu veranlasst, Ziele und Schritte strategischer
Wandlungsprozesse zu kommunizieren, initiiert sie selbst den Wandel. Denn
organisatorischer Wandel geschieht letztlich nur, wenn er in den Köpfen der
Mitarbeiter stattfindet.172 Wandel lässt sich daher nur über Kommunikation initiieren
und Strategien lassen sich nur über Kommunikation umsetzen. Organisatorische
Leitbilder, Visionen und Strategien bleiben totes Machwerk, solange sie nicht
kommuniziert, interpretiert, diskutiert und hinterfragt werden. Ihre Umsetzung erfolgt
als Kommunikationsprozess und eben jener wird über das Konzept der Balanced
Scorecard initiiert, strukturiert und moderiert.
C.4. Management von Non-Profit-Organisationen mit der
Balanced Scorecard
Im Zentrum dieser Studie stehen nicht klassische privatwirtschaftliche Unternehmen,
sondern das Augenmerk richtet sich auf sogenannte Non-Profit-Organisationen, die
eben nicht die Mehrung der monetären Basis verfolgen, sondern andere Missionen.
Eine Vielzahl dieser Non-Profit-Organisationen sind der staatlichen bzw. öffentlichen
Hand zuzuordnen. Typische Beispiele sind Behörden, Krankenhäuser oder karitative
Einrichtungen. In einem ersten Schritt sollen deshalb die spezifischen Anforderungen
und Umsetzungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, um dann den spezifischen Fall
einer Balanced Scorecard-Konzeption für Universitäten zu fokussieren.173 Die
Umsetzungsmöglichkeiten von Balanced Scorecard Konzeptionen für Non-ProfitOrganisationen174 erscheinen auf den ersten Blick ungewöhnlich, doch gibt es gerade
in der letzten Zeit Bestrebungen, genau für diese Organisationen Projekte zu
172
Vgl. Kieser, A./Hegele, C./Klimmer, M. (1998).
Vgl. Deking, I. (2002).
174
Zu Non-Profit-Organisationen gibt es unterschiedliche Definitionsbemühungen. Hauptmerkmal, das
von der amerikanischen wie europäischen Literatur geteilt wird, ist die
Überschussverwendungsbeschränkung. Non-Profit-Organisationen dürfen also Gewinne erzielen,
aber dessen Verwendung unterliegt bestimmten Einschränkungen. Vgl. Badelt, C. (1997). Im
Normalfall ist die Organisation nicht auf eine monetäre Zielrichtung ausgelegt, sondern durch eine
Sachzieldominanz, jeweilige Mission, geprägt. Vgl. Berens, W./Karlowitsch, M./Mertes, M. (2000), S.
24.
173
168
entwickeln. Auch Kaplan und Norton widmeten in ihrem neuesten Buch diesem Thema
ein eigenes Kapitel.175 Zuerst aber sollen die relevanten Spezifika von Non-ProfitOrganisationen im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Unternehmen betrachtet werden.
Hier lassen sich einige Hürden herausarbeiten, die einer möglichen, erfolgreichen
Umsetzung entgegenstehen könnten und somit im Vorfeld berücksichtigt werden
sollten:176
Management und Kontrollstruktur: Während die meisten privatwirtschaftlichen
Unternehmen eine feste Organisationsstruktur mit Managementinstitutionen, z. B.
Vorstand, Kontrollgremien, z. B. Aufsichtsrat, und klare Weisungs- und
Sanktionsmechanismen haben, ist dies bei den Non-Profit-Organisationen noch
komplexer und nicht so klar definiert. Stakeholder und Kontrollorgane stellen z. B.
wieder andere öffentliche Organe, die Medien oder die Öffentlichkeit dar. Das genaue
Oberziel ist im Vergleich zu gewinnwirtschaftlichen Unternehmen mit Shareholder
Value-Bestrebungen oder langfristigen Unternehmenssicherungszielen nicht eindeutig
ausgeprägt. Hier werden qualitative, oft in der Führung nicht klar definierte Ziele
verfolgt, die in der Regel eine Bedürfnisbefriedigung der breiten Öffentlichkeit
beinhalten wie Ausbildung, Sicherheit, etc. Das Management von öffentlichen
Unternehmen ist somit mit einer Vielzahl von verschiedenen Interessengruppen
konfrontiert.
Strategie: Privatwirtschaftliche Unternehmen besitzen in der Regel das Verständnis
für die Notwendigkeit einer Unternehmensstrategie, unabhängig davon in welcher
Qualität sie vorliegt. Bei Non-Profit-Organisationen ist diese Erkenntnis der
notwendigen Strategiebestimmung oft nicht so stark ausgeprägt. Ihre Vorlagen liegen
meistens in der Erfüllung einer Aufgabe und dies soll zu möglichst geringen Kosten
erfolgen, Budgetvorgaben. Erst langsam tritt ein Wandel in der Denkweise ein, dass
es nicht nur um Kostenkontrolle geht, sondern auch darum, wie dem Kunden ein
möglichst hoher Mehrwert geboten werden kann. Diesen Wandel müssen zurzeit die
aufgrund von Deregulierungsbestrebungen auf einen Wettbewerbsmarkt geworfenen
Unternehmen wie Strom- oder Wasserwerke durchmachen.
Anreizsysteme: Die konsequente Umsetzung von Strategien erfordert ein hohes
Commitment und eine hohe Motivation der Mitarbeiter; beides wird bei
privatwirtschaftlichen Unternehmen durch den Einsatz von Anreizsystemen gefördert.
Ziele innerhalb einer Balanced Scorecard sollten, wenn möglich, bei den jeweils
verantwortlichen Mitarbeitern an ihr persönliches Incentive-System gekoppelt werden.
Diese Unterstützungsmaßnahme ist allerdings bei Non-Profit-Organisationen sehr
schwer umzusetzen, da aufgrund streng vorgegebener Besoldungsrichtlinien solche
Systeme nicht angedacht sind. Sehr vereinzelt findet man solche Incentive-Systeme
bei öffentlichen Unternehmen. Im Zuge einer mehr wettbewerbsorientierten
Ausrichtung sollten aber auch solche Instrumente dort Einzug finden.
Bestimmung der Wirkungseffekte: Zentraler Punkt einer Balanced Scorecard ist die
Anfertigung der Strategy Map mit den Wirkungszusammenhängen und der darauf
175
176
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 119ff.
Vgl. Kaplan, R. (2002).
169
basierenden Kontrolle und Steuerung über die festgelegten Messgrößen. Bei den
Aufgaben, die Non-Profit-Organisationen häufig zu erfüllen haben, handelt es sich oft
um langzeitliche Aktionen, deren Erfolg erst Jahre später festzustellen ist. Dabei ist an
Senkung von Kriminalitätsraten, die Anhebung des Bildungsniveaus, die Förderung
des Umweltschutzes oder Stärkung einer Krankheitsprävention zu denken. Dass vor
allem kurzfristig bei solchen Programmen die Kontrolle schwer fällt, liegt auf der Hand.
Erschwert wird die Überprüfung durch die Tatsache, dass es sich zumeist um große,
integrierte Themen handelt, die nicht alleine von einer Organisation angegangen
werden können. Stellt man sich z. B. die Arbeiten einer Umweltschutzbehörde vor, die
sich das Ziel gesetzt hat, die Waldqualität zu erhöhen, muss diese in breiten
Programmen mit der Industrie, dem Wirtschaftministerium, forstwissenschaftlichen
Einrichtungen und weiteren Forschungsinstitutionen zusammenarbeiten, die ebenso
zum Erfolg beitragen. Solche Netzeffekte erschweren die Analysemöglichkeit für eine
Organisation.
Neben diesen strategieprozessrelevanten Eigenschaften lassen sich eine Reihe von
weiteren Charakteristika aufzählen, die typisch für Non-Profit-Organisationen sind.177
So liegt eine andere Finanzierungsstruktur vor, die hauptsächlich aus staatlichen
Zuwendungen, Spenden und Forschungsgeldern aus öffentlicher und privater Hand
besteht. Rechtsformen weichen in der Regel von den aus der Wirtschaft gewohnten
Kapital- oder Personengesellschaften ab. Das Personal setzt sich teilweise aus
ehrenamtlichen Mitarbeiter zusammen, die nicht in das klassische
Mitarbeiterführungssystem passen. In vielen Fällen kann nicht auf ein vorhandenes,
umfangreiches Berichtswesen bzw. Controlling aufgebaut werden. Zusätzlich impliziert
die Sachzieldominanz und Kontextspezifität starke Implementierungswiderstände
gegen neues betriebswirtschaftliches Gedankengut. In einigen Bereichen sind
Operationalisierungs- und Quantifizierungsprobleme festzustellen, Charakteristik von
immateriellen Vermögensgegenständen.
An diesen ausgewählten Vergleichen zwischen privatwirtschaftlichen und Non-ProfitOrganisationen lässt sich leicht erkennen, dass eine Balanced-Scorecard-Umsetzung
nicht unbedingt leichter wird, wenn es sich um eine Non-Profit-Organisation handelt.
Aber dennoch sollten genau diese Organisationen die Chance und die Potenziale des
Managements über die Balanced Scorecard erkennen und so einen weiteren Schritt in
Richtung einer marktwirtschaftlichen, wettbewerbsorientierten Ausrichtung und
Steuerung gehen. Vor dem Hintergrund von zahlreichen Deregulierungsmaßnahmen,
einer immer lauter werdenden Forderung nach mehr Kundenorientierung sowie einer
effizienteren und effektiveren Leistungserstellung bei öffentlichen Unternehmen bietet
sich eine strategisch fokussierte Organisation auch für diesen Sektor an.
Diese Herausforderung nehmen in letzter Zeit auch schon einige Non-ProfitOrganisationen an und sind dabei, eine Balanced-Scorecard-Implementierung
durchzuführen oder haben sie bereits durchgeführt. Die Konzeption ist aber für diesen
Sektor nicht eins zu eins zu übernehmen. Der Tatsache, dass Non-ProfitOrganisationen eben nicht die langfristige Gewinnerzielung bzw. -steigerung im Ziel
haben, sondern eigenständige auf ihre Kunden bzw. die Öffentlichkeit ausgerichtete
177
Vgl. zu den weiteren Kennzeichen Horak, C. (1995), S. 604, Haddad (1998), S. 58 und Berens,
W./Karlowitsch, M./Mertes, M. (2000), S. 24.
170
Missionen verfolgen178, muss Rechnung getragen werden. In den meisten Fällen der
bisherigen Balanced-Scorecard-Umsetzungen in diesem Sektor wurde deswegen eine
Änderung der Grundstruktur der Balanced Scorecard bzw. der Strategy Map
vorgenommen. Änderungen ergeben sich in der Reihenfolge der Dimensionen, die
Ursache-Wirkungs-Beziehung, und in der Definition der Perspektiven. An oberster
Stelle steht hier meistens die Mission, d. h. die oberste Auftragserfüllung. Darunter
siedelt sich dann die Kundenperspektive an, die aus mehreren Dimensionen bestehen
kann. Mögliche Kundendimensionen sind die potenziellen Nutzer, z. B. Studenten
einer Universität, die Öffentlichkeit oder die Geldgeber wie Staat und Stiftung. Zur
Erreichung dieser Kundenwertangebote sind wie gewohnt Ziele der
Prozessperspektive und dann Ziele der Potenzialperspektive mit ihren langfristigen
Leistungstreibern angesiedelt. Eine finanzielle Perspektive, die oft nur eine
Kostenperspektive darstellt, kann z. B. an die Dimension der Kundenziele179 bzw. der
Geldgeber, Rechenschaft für Verwendung der Gelder, oder an die
Potenzialperspektive, Kapital als Potenzialfaktor zum Betrieb der operativen
Leistungserstellungsprozesse,180 angesetzt werden. Eine nähere Erläuterung dazu
geben die zwei Beispiele der City of Charlotte und des May Institute.
Das Beispiel der City of Charlotte ist für den Non-Profit-Bereich sicherlich eines der
meist genannten Beispiele. Schon 1990 legte sich die Stadt eine eigene Mission und
Vision zu, die den Bürgern ein verbessertes Leistungsangebot bringen sollten:
„Gemeinde mit hoher Wohnqualität, guten Arbeitsbedingungen und einem breiten
Spektrum an Freizeitmöglichkeiten“.181 Bei den anfänglichen Umsetzungsbemühungen
wurde eine ineffiziente Ressourcenallokation und Abstimmung der ersten,
beschlossenen Maßnahmen festgestellt. Eine durchgängige Strategie zur Umsetzung
der Mission fehlte. Deswegen wurden Projektteams ins Leben gerufen, die sich um die
Konzeption einer Balanced Scorecard Lösung kümmern sollten. Ergebnis war im
Jahre 1996 eine umfassende Balanced Scorecard Einführung über die verschiedenen
Verwaltungsebenen der Stadt. Das Konzept besteht bis heute und wird laufend
weiterentwickelt; so wurde die ursprüngliche Zahl der Ziele von 21 auf 18 reduziert.182
Nachfolgende Abbildung zeigt für den Gemeinderat der City of Charlotte eine
Scorecard, die Teil der Gesamtkonzeption ist.
178
Nach Horak können für Non-Profit-Organisationen Leistungswirkungsziele,
Leistungserbringungsziele, Potenzial- und Verfahrensziele und Formalziele unterschieden werden.
Vgl. Horak, C. (1995), S. 603f.
179
Vgl. nachfolgendes Beispiel der City of Charlotte.
180
Vgl. nachfolgendes Beispiel des May Institute.
181
Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 123.
182
Aktuelle Informationen sind unter www.ci.charlotte.nc.us/cibudget/index.htm zu finden.
171
City Council Focus Areas
Community
Safety
City within a
City
Restructering
Government
Transportation
Economic
Development
Corporate Scorecard
Customer
Perspective
Reduce
Crime
Increase
Perception
of Safety
Strengthen
Neighborhoods
Enhance
Service
Delivery
Maintain
Competitive
Tax Rate
Provide Safe,
Convenient
Transportation
Promote
Economic
Opportunity
Financial
Perspective
Secure Funding
Partners
Maximize
Benefit/Cost
Grow the Tax
Base
Maintain AAA
Rating
Internal
Process
Perspective
Enhance
Customer Service
Promote
CommunityBased Problem
Solving
Improve
Productivity
Increase
Infrastructure
Capacity
Learning &
Growth
Perspective
Enhance
Information
Management
Achieve Positive
Employee Climate
Close Skills Gap
Abb. 13: Die Strategy Map des Gemeinderates der City of Charlotte für das Jahr
2002/03183
Erkennbar ist, dass abgeleitet aus den strategischen Themen die Kundenperspektive
an oberster Stelle steht. Danach schließt sich die Finanz-, die Interne, Lern- und
Entwicklungsperspektive an.184
Ein anderes an dieser Stelle aufgeführtes Beispiel soll das May Institute185 sein, das in
den USA der größte Anbieter von psychologischen Betreuungsleistungen, im
Bildungswesen und von Rehabilitationsprogrammen für Erwachsene ist.
Ausgangspunkt für die Projektinitiierung der Balanced-Scorecard-Einführung war ein
Expansionsplan und der Wunsch einer verbesserten Steuerungsmöglichkeit der
zunehmenden Aktivitäten. Die Balanced Scorecard wurde anfangs von den dortigen
Projektmanagern genutzt, um ihre jeweiligen Verbesserungsprogramme zu fördern.
Erst nach einem Lernprozess wurde der Nutzen zur übergeordneten
Strategiefestlegung erkannt.186 Daran zeigt sich der für Non-Profit-Organisationen
typische Sachverhalt, dass die laufenden Aktivitäten schwer von der Strategie
abgegrenzt werden können bzw. diese in eine übergeordnete Strategie zu integrieren.
Für die Mitarbeiter stellt dies einen kulturellen Lernprozess dar. Wie an nachfolgender
Grafik zu kennen ist, wurde die Kundenperspektive187 an die oberste Stelle platziert.
183
Die aktuelle Corporate Scorecard ist abzurufen bei City of Charlotte, URL: www.charmeck.org/ Departments/Budget+-+City/City+Budget+Dates+FY2004.htm.
184
Vgl. für eine ausführliche Beschreibung des Beispiels ICMA (2001) oder Kaplan, R. (1998a).
185
Weitere Informationen über die Organisation sind zu finden bei The May Institute, Inc., URL:
www.mayinstitute.org.
186
Für eine weitere Bewertung des Beispieles s. S. Drucker Foundation (2001).
187
Für das May Institute setzt sich der Kundenkreis aus Konsumenten bzw. Patienten, Geldgebern, der
akademischen Gemeinschaft, den Medien und dem Gesetzgeber zusammen.
172
Die Lern- und Entwicklungsdimension188 wurde direkt darunter neben die Prozesse
gestellt. Die Inhalte der Finanzperspektive bedeuten für das Institut die Sicherung der
Überlebensfähigkeit und somit die Voraussetzung für Mitarbeitervergütung und
Bereitstellung der Infrastruktur.
Ein bemerkenswerter Lerneffekt stellte sich bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates ein,
der sich vorwiegend aus Geschäftsleuten zusammensetzte, die auf traditionelle
Geschäftszahlen fokussiert waren. Die Erkenntnisse aus der Entwicklung und dem
Umgang mit der Balanced Scorecard bewirkten bei den Aufsichtsratsmitgliedern eine
Awareness-Schaffung für wichtige strategische Themen, die Leistungstreiber für die
Kundenangebote sind: z. B. bekamen Personalaufgaben, Personalqualifizierung und
Rekrutierung einen wesentlich höheren Stellenwert in der Diskussion.189
Unsere Mission:
Die Bereitstellung exzellenter Dienstleistungen, Forschung und Weiterbildung sowie das E rreichen hö chstmöglicher Standards in der
psychologisch en Gesundheitsfürsorge und der Rehabilitation unserer Konsumenten, die Probleme wie Autismus,
Gehirnsch ädigungen, mentalem Unvermögen und anderen physisch en und psychischen K rankh eiten gegenüberstehen. Durch die
Zusammenarbeit stärken wir die individuelle Unabhängigkeit und fördern ein e maximale Integration in die Gesellsch aft.
Kundenperspektive
1. Zufriedene Konsumenten, Familien und
Geldgeber
2. Führungsposition in der Forschung
3. Verbesserung der Lebensqualität
4. Anerkennung der Führungsposition in den
Medien und bei den Gesetzgebern
—Objectives—
Interne Perspektive
Lern- und Entwicklungsperspektive
1. Effektive und umfassende Informationssysteme
(externe und interne Kommunikation)
2. Effektive, umfassende und wirtschaftliche
Versorgung der Konsumenten
3. Wahrung der Rechte, Verantwortung und Ethik
durch Bewilligungsbüro
4. Effektive Zusammenarbeit und Partnerschaten
mit weiteren Behörden und Anbietern
1. Einhaltung der Performanceverbesserung
über PDCA Methoden
2. Karriereentwicklung und Übernahmen von
Mentorschaften für alle Mitarbeiter
3. Strategische Job-Evaluation auf allen Ebenen
4. Produktiv arbeitende Mitarbeiter – gesteuert
durch die Balanced Scorecard
—Objectives— Finanzperspektive
1. Kontinuierliche Verbesserung der Vermögens- und
Liquiditätssituation als Basis für neue Dienstleistungen
2. Effektive Verknüpfung von Entscheidungen sowie
klinischen und finanziellen Datensystemen
3. Effektive Verknüpfung von Mitarbeitervergütung,
Performance und Serviceangebot
4. Umfassende finanzielle Unterstützung sämtlicher
Programme/Dienstleistungen
Abb. 14: Die Balanced Scorecard des May Institute190
188
Der Mitarbeiterbereich hat für das May Institute einen sehr hohen Stellenwert, da nach seiner
Meinung die Qualität der Mitarbeiter den größten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit hat.
189
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 132.
190
Nach Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 133.
173
C.5. Eine Balanced Scorecard für die Universität der Zukunft
In einem nächsten Schritt soll die Anwendbarkeit des Balanced Scorecard Konzeptes
für die spezifische Form der Non-Profit-Organisationen der Universität näher analysiert
werden.191 Dazu werden zuerst aktuelle Entwicklungen aufgezeigt, um dann in einem
zweiten Schritt exemplarisch mögliche Formen der Balanced Scorecard Umsetzungen
für Universitäten in Deutschland zu entwickeln, wie sie zukünftig Einzug in den
Universitätsalltag halten könnten. Für Universitäten gelten die gleichen Eigenschaften
wie für die Non-Profit-Organisationen im Allgemeinen.192 Zusätzlich können speziell für
Universitäten geltende Eigenschaften genannt werden: So dominiert als Ressource
und Output der Mensch, das Humankapital, den Leistungsprozess. Universitäten sind
an abweichende Weisungsrichtlinien gebunden. Herrschen in Lehre und Forschung
eine Ungebundenheit vor, ist die Universität bei Ressourceneinsatz oder
Personalpolitik bestimmten gesetzlichen Rahmenbedingungen unterworfen oder es ist
bei einer Vielzahl von Universitäten ein ständiger Finanzierungsengpass festzustellen.
Doch neben diesen konstanten Eigenschaften ist ein Wandel in der Universitätswelt
festzustellen. Angesichts von Globalisierungstendenzen, dem Streben nach höherer
Effizienz in den Universitätsprozessen, verstärkter Konkurrenz durch andere
Ausbildungsformen oder der Forderung nach praxisgerechter Ausbildung mit kurzen
Studienzeiten, um nur ein paar Beispiele zu nennen, ist ein Trend zu
Reformbewegungen und Reorganisationsprozessen zu erkennen.193 Beispiele für
diese Reformbewegungen sind die Einführung von neuen Studienabschlüssen194,
neuen Prüfungsordnungen195 oder eines Universitätscontrolling mit der
Unternehmenssteuerungs-Software SAP.196 Aber auch für die Unterstützung der
Strategieentwicklung, deren Kommunikation und Steuerung sind innovative
Instrumente im Kommen. Wie bei den schon vorgestellten Beispielen der Non-ProfitOrganisationen wird auch für Universitäten die Nutzung der Balanced Scorecard für
diesen Bereich in Erwägung gezogen. Weltweit lassen sich bereits einige, wenige
Vorreiter in der Universitätswelt erkennen, die sich mit der Thematik der Balanced
Scorecard beschäftigen oder sie bereits eingeführt haben:
•
In Finnland formierte sich 1998 ein Konsortium aus drei Universitäten, dem
Bildungsministerium und einem lokalen Software-Anbieter, zusammen, um ein
Konzept für Balanced Scorecard an finnischen Universitäten zu entwickeln.197
•
Das australische Commonwealth Department of Education, Science and
Training empfiehlt den Einsatz von Balanced Scorecard zum Benchmarking von
Universitäten.198
•
An der Corporate University der Anheuser-Busch Brauerei wurde Ende der
90er eine Balanced Scorecard zur Organisationssteuerung eingeführt.199
191
Vgl. Deking, I. (2002).
Vgl. vorhergehenden Abschnitt.
193
Zu Gründen von Reformprozessen an Universitäten vgl. Einig, B. (2001), S. 412ff.
194
Zu denken ist hier z. B. an den aus der anglo-amerikanischen Welt übernommenen Abschluss des
Bachelor nach 6 Semestern.
195
So konnte das sogenannte Credit-Point-System an vielen Universitäten die durchschnittliche
Studienzeit verkürzen.
196
So gibt es auch an der Technischen Universität München eine SAP-Einführung. Mehr Informationen
zu SAP-Einführungen direkt bei SAP AG, URL: www.sap.com.
197
Vgl. Lindgren, N./Lappalainen, A. (1999) und Hölttä, S./Lappalainen, A. (1998).
198
Vgl. McKinnon, K./Walker, S./Davis, D. (2000).
192
174
•
Die umfassendsten und am weitesten fortgeschrittenen Entwicklungen zur
Balanced Scorecard im Universitätsbereich finden sich in Kalifornien. Der
dortige Universitätsverbund Universities of California, der sich aus neun
individuellen Universitäten zusammensetzt200, hat ein Rahmengerüst für eine
Balanced Scorecard Architektur erarbeiten lassen, das von den einzelnen
Universitäten entsprechend ihrer Anforderungen umgesetzt wurde.201
Entwicklungen an der University of California
Von den letztgenannten sollen zwei Beispiele herausgegriffen und vorgestellt werden:
Die Balanced Scorecard an der University of California in San Diego und in
Berkeley.202
University of California at San Diego (UCSD)
Der Startschuss für die Balanced Scorecard Einführung an der UCSD fiel 1993,
nachdem schon 1991 ein erstes Konzept für eine zeitgerechte Management-Struktur
für den Universitätsbetrieb erarbeitet wurde. Am Anfang stand der Vergleich von
Leistungsprozessergebnissen zu national vergleichbaren Institutionen. 1993 begann
man für 30 Geschäftsfunktionen der Universitätsverwaltung über die Gebiete des
Lehrens, des Lernens und der Forschung eine regelmäßige Befragung der Studenten
und Mitarbeiter durchzuführen. 1997 wurde das Balanced-Scorecard-Konzept mit der
Aufnahme von finanziellen Daten komplettiert. Die Balanced Scorecard ist auf den
Business-Administration- und -Operations-Bereich der Universität ausgelegt und
bisher noch nicht auf den akademischen Bereich ausgedehnt. Daher erklären sich die
stark vertretenen Prozessziele und die Ziele über den Erfüllungsgrad der Leistungen
gegenüber allen Kundengruppen, die in der folgenden Darstellung der Balanced
Scorecard zu entnehmen sind.
199
Vgl. o. V. (1999).
Dazu gehören die Universitäten von Berkeley, Davis, Irvine, Los Angeles, Riverside, San Diego, San
Francisco, Santa Barbara and Santa Cruz. Vgl. Hafner, K. (1998), S. 5.
201
Vgl. Kennedy, W. 2000.
202
Mehr Informationen zum Gesamtkonzept aller Universities of California sind anschaulich unter UC
Business Initiatives, URL: www.ucop.edu/ucophome/businit.
200
175
Customer Perspective:
How do customers see us?
•Customer satisfaction
•Value to stakeholders
Innovation & Learning Perspective:
How do our employees feel?
Vision:
Building the world`s best university partnership
with our faculty an academic leadership
•Employee satisfaction
•Skilled workforce aligned to the mission
•Effective use of technology
•Entrepreneurial and innovative culture
•Continuous improvement
Internal Process Perspective:
Are we productive and effective?
•Policy effectiveness
•Process efficiency
•Anticipation of the future
•Accountability
Financial Perspective:
How do we look to resource providers?
•Stewardship & fiduciary responsibility
•Cost effectiveness
•Revenue generation
Abb. 15: Die Balanced Scorecard des Business Administration & Operations der University of California203
Die Daten für die Befüllung der einzelnen Ziele stammen, wie teilweise schon erwähnt,
für die Finanzperspektive aus den klassischen Bilanzen, Gewinn- und
Verlustrechnungen und Budgetberichten. Für die Kunden-, Innovations- und
Lernperspektive setzen sich die Informationen aus Befragungsergebnissen
zusammen, die regelmäßig bei Studenten, Wissenschaftlern und weiteren
Universitätsmitarbeitern erhoben werden. Für die interne Geschäftsperspektive
werden Produktivitäts- und Effizienzkennzahlen genommen. Über alle Perspektiven
wird so weit wie möglich versucht, alle Daten mit vergleichbaren Universitäten zu
benchmarken. Der Benchmarking-Service wird von der NACUBO-Organisation204
bereitgestellt.205 Was man vermisst, ist die Darstellung und die dafür notwendige
vorherige Herunterbrechung der strategischen Ziele aus den Oberzielen der
Universität. Eine Übersicht über die Wirkungs-Ursachen-Beziehungen, z. B. in Form
einer Strategy Map, ist nicht zu finden. Daran kann man denn auch die Nutzung der
Balanced Scorecard an der UCSD erkennen: Es liegt nicht der Fokus auf
Strategieentwicklung und -kommunikation, sondern mehr auf dem Performance
Measurement und dessen Außendarstellung. Die Anwendung lässt sich auch anhand
des nachfolgend dargestellten Performance-Management-Prozesses der Universität
erkennen. Im Großen ist er auch auf andere Universitäten übertragbar, sollte aber um
die Komponenten der Strategieentwicklung und nach der Aufstellung der Ziele durch
Indikatoren und die strategische Maßnahmenplanung ergänzt werden.206
Neben nachweislich erzielten Kosteneinsparungen und Effektivitätssteigerungen bei
einigen Universitätsprozessen kann als Erfolg der Wandel hin zu einer
leistungsorientierteren Kultur gesehen werden. Die Einschätzung von Kristine Hafner
gibt zusammenfassend die Beurteilung von Seiten der Universität wieder: „The
balanced scorecard has helped sharpen our focus and better align our day-to-day
activities with longer-term strategies. In the process, we are also building trust, better
203
Nach Hafner, K. (1998) und Relyea, S./Hafner, K. (1998).
Mehr Informationen sind hierzu unter www.nacubo.org zu finden dazu sind zu finden bei NACUBO,
URL: www.nacubo.org.
205
Vgl. Relyea, S. (1998).
206
Einen vollständigen Managementprozess s. S. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 16.
204
176
collaboration and dialogue, higher levels of active employee participation in shaping
the future of our operations, and a culture of evidence, where performance information
is woven into the fabric of our administrative management philosophy.”207
Festlegung der Vision
Feedback,
Kommunikation, Lernen
Ableitung der Ziele
Kopplung zu MitarbeiterAnreizsystem
Aufstellen der Meßgrößen
Bezug zu Maßnahmenplan
herstellen
Zusammenführen zur
Balanced Scorecard
Leistungsfeststellung/
Benchmarking
Sammlung und Analyse der
Daten
Abb. 16: Der Performance Management Process der University of California208
University of California at Berkeley209
Aufbauend auf dem gleichen Framework wird auch in Berkeley mit der Balanced
Scorecard gearbeitet. Sie ist hier ebenfalls für den Business Administrative and
Service-Bereich ins Leben gerufen worden. Zum Jahresbeginn 2002 erfolgte dort
bereits in 8 der 19 Units eine Umsetzung. Der Unterschied zu San Diego liegt neben
Detailfragen zu Metriken und Bezeichnungen in dem noch engeren Strategiebezug,
was auch das Ziel der Balanced Scorecard Einführung in Berkeley zum Ausdruck
bringt: „The aim of our Balanced Scorecard is to implement strategy by promoting the
best alignment of our people, our processes, and our resources to fulfill our customers'
needs. Each of our initiatives for improvement will contribute to one or more of these
strategic pillars.” Mit der Mission wird das Ziel zum Ausdruck gebracht, die
strategischen Vermögenswerte in Kundenwertangebote zu transformieren. Daraus
ergeben sich die vier Dimensionen der Balanced Scorecard: Service, Kundenwerte als
oberster Ouput, People, Fähigkeiten, Kompetenzen und Motivation der Mitarbeiter,
Resources, physische und finanzielle und Processes. Durch die vier Perspektiven
ziehen sich wiederum vier Themen, die als strategische Oberziele dienen und
Ausgangspunkt für weitere Unterziele sind, wodurch ein Zielsystem aufgestellt werden
kann. Die strategischen Oberziele und mögliche Unterziele sind:
207
Hafner, K. (1998), S. 13.
Nach Hafner, K. (1998), S. 14.
209
Alle Informationen zur Balanced Scorecard Einführung und Nutzung sowie deren jährliche
Ergebnisdarstellung sind ausführlich unter UC Berkeley, Our Balanced Scorecard, URL:
128.32.241.181/BalancedScorecard/Home.htm zu finden.
208
177
•
Expand our vision: new ways of doing business, new services, products & markets
•
Increase value for our customers: lower costs, faster turnaround, more accurate
and effective service, better interpersonal relationships…
•
Achieve operational excellence: improve productivity, redesign processes
•
Engage the larger community (our wider base of customers): use our resources
to address community needs, share knowledge, expertise, and viewpoints, influence regulations and legislation, always seek to identify and achieve the
greater public good
Die strategische Ausrichtung des Universitätsbereiches ist in nachfolgender Abbildung
zusammengefasst.
Resources:
We use our
resources wisely
People:
We enable and develop
our people for progress
Engage the Larger Community
Processes:
We continously
improve our processes
Achieve operational Excellence
Increase Value for Customers
Expand Vision
Service:
We anticipate and respond to the
needs of our customers
Abb. 17: Die strategischen Themen und Dimension des Balanced-ScorecardAnsatzes in Berkeley
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass bei beiden dargestellten Beispielen der
Fokus der Balanced Scorecard Anwendung auf der Leistungssteuerung, deren
Kontrolle sowie der Kommunikation liegt. So sind alle Daten für jedermann frei
erhältlich und z. B. einfach im Internet abzurufen. Nicht so stark wird die Balanced
Scorecard zur Unterstützung von Neuentwicklungen von Strategien genutzt. Die
Inhalte der Scorecards beziehen sich auf die klassischen Indikatoren zur
Universitätsprozessbeurteilung, insbesondere auf die Universitätsverwaltung.
Inhaltliche strategische Themen zur akademischen Lehre und Forschung fehlen bis
auf die Prozessbetrachtung. Einen Schritt weiter gehen einige der anderen
Universitäten wie die UC Davis, die auch für den akademischen Bereich, z. B. für
einen Lehrstuhl oder eine Fakultät, einen Vorschlag bereithält. Nachfolgende Grafik
gibt einen möglichen Überblick über potenzielle strategische Fragen, die den
178
einzelnen Dimensionen zugeordnet sind und Hinweise für die individuelle Bestimmung
von Zielen und Indikatoren liefern kann.
I. Financi al Perspective
Are financial resources managed to ensure
achievement of the unit's vision?
• What steps has this unit taken to ensure that it
has the fiscal cap acity to maintain and ren ew
itself?
• Are its resources deployed in a manner consistent
with its vision and with campus-wide priorities?
(How could reallo cation of existing resources
better serve its vision?)
• Is this unit getting the most it can from its
existing resources?
• How successful have development efforts b een?
• Is the funding request consistent with the
campus' long-term plan fo r this unit?
III. Internal Process Per spective
Has the unit designed its key internal processes to ensure
achievement of its vi sion?
•
•
•
•
How good is the unit's planning pro cess?
What is the level and quality of faculty involvement?
Does this unit successfully execute its academic plans?
How successful has this unit been in recognizing and capitalizing on
major extramural funding opportunities?
• How efficient are key administrative pro cesses in this unit?
• Does the unit administer its key pro cesses in a quality, timely manner?
• Does the unit continuously improve its pro cesses and services?
IV. Innovation and Renewal Perspective
II. Stakeholder Perspective
To achieve its vi sion, how should the unit
appear to key external constituencies?
• How do extramural funding and accrediting
agen cies (federal, state, private) view this unit?
• How do acad emic peers view this unit?
• How do current and prospective students view
this department?
• How do alumni view this unit?
• What role does this unit play in campus/
community relationships?
• How do key stakeholders (e.g.
Regents/legislature) view this department?
Does the unit have in place the mechanisms which enable it to
sustain excellence over time?
• If this unit is outstanding, what are the th reats to its continued
vitality? What steps has the unit taken to recognize and manage th ese
threats?
• If this unit is very good, in what key areas must it improve to become
an outstanding department?
• If this unit is mediocre, do we (1) take steps to en courage
improvement, or (2) redirect resources to more promising endeavors?
• Is this unit successful in recruiting and retaining:
• a faculty complement that is consistent with its vision?
• a staff complement that efficiently and effectively serves the
unit’s mission?
• Is the unit providing faculty and staff with the required training and
tools?
Abb. 18: Beispielfragen zur Ermittlung der Balanced Scorecard Ziele für einen
akademischen Bereich210
Die Bestrebungen in den USA bezüglich der Balanced-Scorecard-Umsetzungen an
Universitäten sind sicherlich noch nicht so weitgehend und ganzheitlich angelegt wie
dies schon im privatwirtschaftlichen Bereichen bei vielen Unternehmen gemacht
worden ist. Optimierungspotenzial besteht in der stärkeren Betonung der
Strategieentwicklung und Ausdehnung der Themen auf den akademischen Bereich.
Nichtsdestotrotz stellen diese Bemühungen einen großen Schritt zur Reorganisation
der Universitätssteuerungsprozesse dar.
Die Balanced Scorecard für die Universität der Zukunft in Deutschland
Aufbauend auf den Erkenntnissen des originären Balanced-Scorecard-Konzeptes und
den Umsetzungen in privatwirtschaftlichen Unternehmen sowie bei den
amerikanischen Universitätsbeispielen, soll nun ein mögliches Vorgehen für zukünftige
Umsetzungen an deutschen Universitäten gegeben werden. Die vorgestellten Ideen
210
In Anlehnung an UC (2000).
179
sind für die oberste Universitätsleitung gedacht und können eine sogenannte TopBalanced-Scorecard darstellen. Eine weitere Kaskadierung auf weitere
Universitätsbereiche wie Fakultäten, Lehrstühle, zentrale Serviceeinheiten und evtl.
auch auf den einzelnen Universitätsangestellten ist möglich und anzustreben. Die
Intention der nachfolgenden Ausführungen liegt nicht in der möglichst detaillierten
Beschreibung der Messbarkeit von Universitätsprozessen und -vermögenswerten,
sondern in der Darstellung der Möglichkeit die Universität stärker hin zu einer
strategiefokussierten Organisation zu bewegen. Als Kunden bzw. Stakeholder sind die
Studenten, die Gesellschaft und Fachöffentlichkeit, die Wirtschaft und der Staat zu
betrachten. Die Kundenleistungen erstrecken sich auf oberster Abstraktionsebene
über die Lehre und die Forschung zu Imagetransferleistungen.211 Die Breite und Tiefe
der einzelnen Angebote bei Lehre und Forschung hängt von der strategischen
Ausrichtung der Universität ab, über die sie sich im Vorfeld einigen sollte. Analog zu
den Wettbewerbsstrategien von Unternehmen nach Porter212 oder Treacy und
Wiersma213 können auch für Universitäten vier grundsätzliche Wettbewerbsstrategien
aufgezeigt werden:214
•
spezialisierte Forschungsuniversität; Schwerpunkt auf öffentlicher und privater
Forschung bzw. Vertragsforschung über wenige, hochaktuelle Themen;
•
breit angelegte Forschungsuniversität; Schwerpunkt auf anwendungsnaher, oft
interdisziplinärer Forschung;
•
breit angelegte Ausbildungsuniversität; Schwerpunkt auf hoher Lehrqualität mit
breitem Fächerangebot und internationaler Ausrichtung;
•
spezialisierte Ausbildungsuniversität; Schwerpunkt auf Ausbildung in
spezialisierten Gebieten mit dem Ziel, internationales Renommee zu erlangen.
Für das optimale Angebot der jeweiligen Kundenleistungen sind entsprechende
Universitätsprozesse zu durchlaufen und zu managen. Als Prozesskategorien können
z. B. vier Bausteine einer Universitätswertschöpfungskette definiert werden:
Forschungs-, Kundenmanagement-, operationale und Kommunikationsprozesse. Zum
erfolgreichen Betrieb dieser Prozesse sind die verschiedenen Ressourcen notwendig.
Als interne Lern- und Entwicklungspotenziale können z. B. bestimmte Wissensfelder,
wichtige Technologien, ein hochqualifizierter Mitarbeiterstab oder auch das
Universitätsklima angesehen werden. Eine wichtige Ressource stellt die Finanzbasis
dar. Zu dieser Finanzperspektive gehört einerseits die Sicherstellung ausreichender
Finanzierungsquellen aus öffentlicher und privatwirtschaftlicher Hand und andererseits
der effiziente Umgang mit den Geldern, die Kostenkontrolle.
211
Für den Imagetransfer gibt es mehrere Möglichkeiten. Z. B. kann ein Student stolz sein, an einer
renommierten Universität zu sein oder der Staat freut sich über eine große Anzahl von Universitäten
mit Weltruf.
212
Vgl. Porter, M. (1992), S. 31ff.
213
Vgl. Treacy, M./Wiersma, F. (1995), S. 31ff.
214
Die Einteilung der Wettbewerbsstrategien für Universitäten basiert auf vorausgegangenen
Überlegungen innerhalb dieser Studie.
180
Kundenperspektive
Erfüllung der Universitätsmission
Wertangebot für den Kunden
Stakeholder
Gesellschaft
Wirtschaft
Finanzperspektive
Lernen &
Entwicklung
Prozeßperspektive
Kundenakquisition
Leistungsangebote
Staat
Kundenzufriedenheit
„Teamorientierte
Zusammenarbeit,
Kooperationen
und Vernetzung“
(Forschungsprozesse)
Breite Ausbildung
Spezialisierte Ausbildung
Breite Forschung
Spezialisierte Forschung
Studenten
Lehre
Forschung
Image
Kundenbeibehaltung
„Erreichung
der operationalen
Exzellenz“
(Operationale
Prozesse)
„Steigerung des
Kundennutzens“
(Kundenmanagementprozesse)
„ Aufbau
internationaler
Reputation“
(Kommunikationsprozesse)
Hochqualifizierte Wissenschaftler und motivierte, geschulte Arbeitskräfte
Aufbau strategisch er
Kompetenzen und Wissen
Erwerb und Entwicklung
strategisch er Technologien
Förderung
Wissenschaftsnachwu chs
Sicherung der Finanzbasis
Aktivitätsorientiertes
Klima
Kostenkontrolle
Erwerb von Drittmitteln
(Vertragsforschung)
Zufriedenstellung der
Stakeholder, Sicherung
der Förderung
Verbesserung der
Kostenstruktur
• Neue Umsatzquellen
• Kundenrentabilität
• Kosten je Einheit
Verbesserung des
Auslastungsgrades der
Vermögenswerte
• Auslastungsgrad der
Vermögenswerte
Abb. 19: Vorlage einer Strategy-Map für Universitäten215
Aus diesen Überlegungen lässt sich analog zu der schon gezeigten Strategy Map von
Kaplan/Norton eine Vorlage für eine Strategy Map für Universitäten generieren, bei die
Kundenperspektive an oberster Stelle steht und sich die weiteren Dimensionen der
Prozesse, der internen Potenziale und der Finanzen anschließen (vgl. vorherige
Abbildung).
Die Strategy Map kann der Universitätsleitung als zentrales Instrument dienen, ihre
Vision und strategische Grundausrichtungen in strategische Oberthemen und
abgeleitete strategische Zielsetzungen zu übersetzen. In Ergänzung mit der
Festlegung von entsprechenden Indikatoren für die Ziele und Bestimmung von
Maßnahmen zur Erreichung der angestrebten Ziele ergibt sich dann das gesamte
Balanced-Scorecard-Konzept für eine Universität. Dieses sollte natürlich in den schon
dargestellten Managementprozess der Balanced Scorecard eingebettet sein, der als
kontinuierlicher Prozess von der Strategiedefinition bis zum regelmäßigen Feedback
reicht.216 Eine mögliche Umsetzung für eine breitangelegte Forschungsuniversität
zeigt nachfolgendes Schaubild. Die Balanced Scorecard arbeitet hier mit fünf
Perspektiven; aufgrund der Betonung der Ausbildungsqualität könnte eine eigene
215
Das vorherige Beispiel von Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 88 wurde hier auf die spezifischen
Eigenschaften von Universitäten angepasst. Das Beispiel zeigt eine Fokussierung für eine
spezialisierte Forschungsuniversität.
216
Vgl. Norton, D./Kappler, F. (2000), S. 6 und das Beispiel der University of California.
181
Lehrdimension aufgenommen werden. Die Dimensionen sind auf drei Ebenen
angesiedelt217, einer Leistungswirkungsebene, der Kunden- und Lehrperspektive,
einer Verfahrensebene, der Prozessperspektive und einer Potenzialebene, der
Innovations-, Lern- sowie Finanzperspektive. In der Dimension sind die einzelnen
strategischen mit möglichen Messgrößen abgebildet. Es ist zu erkennen, dass
entscheidende Elemente als Input oder Output einer Universität Komponenten des
Intellectual Capital sind. Aus diesen aufgezeigten Analysen können im Rahmen einer
Balanced Scorecard Einführung an Universitäten nachhaltige Vorteile generiert
werden:218
•
Die Balanced Scorecard kann auch bei Universitäten über alle Stufen den
Strategieprozess wirksam unterstützen; Entwicklung, Steuerung, Kontrolle.
•
Die Universitätsleitung kann die Übersetzungs- und Kommunikationsfunktion
der Balanced Scorecard als wichtige Eigenschaft für sich nutzen; oft erstmalige
Missionsformulierung.
•
Die Balanced Scorecard basiert auf Abstimmungsprozessen, die im Gegensatz
zu reinen Top-down-Implementierungen von Anfang an Commitment erzielen
wollen.
•
Da das Steuerungssystem zudem nicht zwangsläufig finanzielle Aspekte
fokussiert, sind niedrige Akzeptanzprobleme zu erwarten.
•
Die Gefahr der Übersteuerung ist gering, da Universitäten selten über
ausgeprägte Management-Informationssysteme verfügen.
•
Explizite Berücksichtigungsmöglichkeiten von bedeutenden qualitativen Größen
und immateriellen Werten wie Intellectual Capital, insbesondere Humankapital,
ist möglich.
•
Rahmen, Ziele und Steuerungsgrößen können exakt auf den Kontext der
einzelnen Universität zugeschnitten werden.
•
Eine Überwindung der kameralistischen Betrachtungsweise und eine
verbesserte Diskussionsbasis über die Ressourcenzuordnung und -entwicklung
wird unterstützt.
•
Eine abgestimmte Implementierung ist über die verschiedenen
Organisationseinheiten möglich; Leitung, Fakultäten, Lehrstühle, zentrale
Einheiten.
217
218
Zu den Ebenen vgl. ähnlich Horak, C. (1995), S. 603f.
Vgl. ähnliche Nutzenbeschreibungen bei Lindgren, N./Lappalainen, A. (1999), o.V. (1999), Relyea,
S./Hafner, K. (1998), McKinnon, K./Walker, S./Davis, D. (2000), Kennedy, W. (2000) und UC
(2000a), S. 33ff.
182
Leistungswirkungsebene
Universitätsmission:
“Wir verstehen uns als breit angelegte Forschungsuniversität, die interund transdisziplinäre Forschung betreibt und eine hochqualitative
Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zum Ziel hat..”
Kundenperspektive
—Objectives—
Forschungsperspektive
1. Steigerung von Industriepartnerschaften
(Anzahl Kooperationen)
2. Förderung des wissenschaftlichen
Nachwuchses (Übernahmequoten von
Studenten in die Organisation)
3. Verbesserung Imageposition in Gesellschaft
(Ratingeinstufung)
1. Erzielung herausragender, interdisziplinärer
Forschungsergebnisse (Ratings)
2. Sicherstellung hoher Ausbildungsqualität
(Studentenbefragung)
3. Internationalisierung (Ausländeranteil bei
Mitarbeitern und Anzahl internationaler
Forschungsprojekte)
Verfahrensebene
Prozeßperspektive
1. Einführung von e-Business-Lösungen für die
Universitätsverwaltung und bei Interaktionen mit
Stakeholdern (Anteil an Gesamtprozessen)
2. Reduzierung von Studienzeiten (durchschn. Dauer)
3. Bereitstellung moderner Infrastruktur für Forschung
und Lehre (Befragungsergebnisse)
Innovations- & Lernperspektive
Potentialebene
—Objectives— Finanzperspektive
1. Kostenkontrolle (Budgeteinhaltung)
2. Überdurchschnittliche Generierung von
Drittmitteln (Überregionales Benchmarking)
3. Umsatzsteigerung aus Lizenz-und
Patentvermarktung sowie Merchandising
(Umsatzsteigerung)
1. Erreichung und Sicherstellung hoher
Mitarbeiterzufriedenheit (Zufriedenheitswerte)
2. Schaffung eines einheitlichen Wissensmanagement (Ergebnis KM-Assessment)
3. Gewinnung Professoren mit Schlüsselqualifikationen (Abgleich Anforderungsprofil)
Abb. 20: Eine Balanced Scorecard mit Zielen und möglichen Messgrößen (in
Klammern) für eine breit angelegte Forschungsuniversität
183
C.6. Schlussfolgerungen und Grenzen für das Management
von Wissen in Universitäten
Die folgenden Zitate zur grundsätzlichen Frage der Führbarkeit von Universitäten
sollen den Beitrag beschließen219. Sie machen die grundlegende Problematik
deutlich, der eine Strategieimplementierung in Universitäten gegenübersteht. Sie
zeigen aber zugleich auch die Notwendigkeit der Führung trotz jeder
Führbarkeitsproblematik.
Sind Universitäten führbar?
Zitate von Entscheidungsträgern in Leitungsfunktionen von Universitäten.
Es handelt sich dabei um Antworten auf die Frage
"Sind Universitäten führbar?".
Die Zitate entstammen Interviews, die im Rahmen eines Forschungsprojektes des Instituts für
Organisation und Lernen der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität
Innsbruck unter dem Titel Steuerung und Veränderungsfähigkeit von Universitäten durchgeführt
wurden (Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft 2000).
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: Ich hoffe.
Frage: Worauf gründet sich Ihre Hoffnung?
Antwort: Warum sollten sie nicht führbar sein?
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: Man kann die Universität sicher managen - ob man sie führen kann, weiß ich nicht, weil
Führung hieße, dass man ein Ziel hat.
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: Grundsätzlich sind natürlich Universitäten führbar. Ist ja klar. Allerdings ist die Führung
aufgrund diverser - sagen wir einmal - Imponderabilien - besonders schwierig und erfordert natürlich
ein besonderes Maß an Führungsqualität.
Frage: Was wären solche Imponderabilien?
Antwort: Ach, das will ich gar nicht näher ausführen, sonst wird das Interview zu lang.
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: (Kichern) Universitäten werden geführt. Da müssen sie in irgendeiner Weise auch führbar
sein. Das ist natürlich partiell so, dass dieses Führen darin besteht, bestimmte Prozesse zu
moderieren und nach Möglichkeit so zu moderieren, dass sie in eine generelle Linie hineinpassen.
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: Ich würde sagen, nein. Diese Meinung, dass sie eigentlich nicht führbar sind, hat sich vor
etwa 20 Jahren festgesetzt in mir, und es sind eigentlich keine überzeugenden Gegenbeweise
gekommen bis jetzt.
Frage: Sind Universitäten führbar?
Antwort: Ob sie führbar sind - weiß ich nicht. Aber geführt müssen sie werden, wie jede Einrichtung.
Aber das ist halt so etwas Merkwürdiges.
Die Balanced Scorecard wurde im vorliegenden Beitrag als strategisches Instrument
des Wissensmangements und der Steuerung von Universitätsprozessen vorgestellt
und diskutiert. Dabei wurde ihr in erster Linie die Rolle eines Instruments zur
219
Vgl. Wissenschaftliche Kommission Hochschulmanagement, URL: www.wiso.uni-dortmund.de/
LSFG/E/wisskom/projuibk.htm.
184
Initiierung und Moderation von Kommunikationsprozessen zugeschrieben. Versteht
man strategisches Wissensmanagement als Werkzeug wettbewerbsstrategischer
Positionierung der Universität, so geht es im Kern darum, die universitären
Informations-, Kommunikations- und Wissensstrukturen in einer Weise zu gestalten,
die die Umsetzung der gewählten Wettbewerbsstrategie der Hochschule effektiv und
effizient unterstützt. Aus dieser Perspektive wird die Balanced Scorecard zu einem
möglichen Schlüsselkonzept der Strategieimplementierung, das den Fokus auf
Information, Kommunikation und Wissen setzt, das Kommunikationsprozesse initiiert
und moderiert und somit organisatorischen Wandel gerade in einer
Wissensorganisation gestaltbar macht. Dass Strategieimplementierung auf Basis
derart moderierter Kommunikation immer auch fortwährende Prozesse der
Strategiereflexion und –redefinition mit sich bringt, macht die Universität – so steht zu
hoffen - zu einer lernenden, nicht nur lehrenden Institution.
185
C.7. Literaturverzeichnis
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Personalführung, Wiesbaden.
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Universität der Zukunft
Anhang D
The Virtualization of University Education:
Concepts, Strategies and Business Models
Autor:
Prof. Kelvin W. Willoughby, Professor of Management and Entrepreneurship, Westminster College, USA; President, Willoughby International Incorporated
195
196
IX. Anhang D: The Virtualization of University Education:
Concepts, Strategies and Business Models
Virtualization — the New Wave in University Education
In the wake of the emergence of “virtual reality,“ the “virtual office,“ and “virtual
organizations“ — to name just of few of the catch phrases the new century has
brought with it — has come the “virtual university.“ Almost every country in the world,
and every regional educational authority, has at some time during the previous decade extolled the virtues of virtual education. Internationally, there has been an explosion in policy studies, experiments in inter-governmental cooperative programs, and
new initiatives in virtual education by universities, both private and public.
Some of the experiments are driven by the desire of quality universities to enhance their offerings and to differentiate themselves from lower tier institutions; some
are driven by upstart universities seeking cost-effective means for expanding their
student enrolments under conditions of constrained resources, in competition with
the more established universities; while others are founded on public policy goals of
expanding access to university education to social groups previously excluded from
participation. Some are even motivated simply by the desire of universities to make
money by serving new “markets“ for educational services.
The time has come to take stock. We need to assess the variety of models extant so that we may discern which strategies are realistic and sustainable, in a pragmatic sense, and which strategies are educationally valuable for students. We also
need to understand under which circumstances each of the ideal models may be
feasible and, by implication, what concomitant resources and arrangements need to
be put in place to ensure success.
The explosion of experimentation with the virtual university has taken place
concurrently with the creation and rapid development of the World Wide Web. Many
of the experiments have been founded on application of Web technologies and associated innovations in computing and information technology. The rapid pace of technological change has allowed little time for the development of solid theoretical
frameworks to guide planning and decision making.
Many educational institutions have been swept up in a fashion of “technologizing“ education with only minimal understanding of the pedagogical, managerial and
financial implications of their actions. In short, the plethora of virtual education experiments we have witnessed during the last decade has been driven as much by
opportunism, enthusiasm for new technology, and a desire to “let’s try it and see
what happens,“ as by careful consideration of pedagogical processes, educational
goals, and organizational realities.
Following the maelstrom of virtual education experiments through which we
have just journeyed it is now prudent to step back and reflect theoretically about the
nature of the phenomenon. With this goal in mind, this chapter will attempt to systematically map the variety of forms of university-level virtual education, identify vari197
ous best-practice examples, and outline some of the strategic issues associated with
selected approaches.
WHAT IS VIRTUAL UNIVERSITY EDUCATION?
The predominant understanding of “virtual education“ found in the literature,
and among practitioners, is that it is education delivered through the internet or delivered via some other platform of information and telecommunication technologies. In
this study we define “virtual university education“ as university education in which the
relationships between the students and the primary faculty and facilities of the university are either extended spatially or mediated by technological or organizational
vehicles. In other words, it is university education that takes place indirectly rather
than through direct contact with the university’s primary faculty and facilities at its
primary location.
Rather than focus on just one type of virtualization — technology mediated
education — we differentiate between three different categories of virtualization of
university education: technological virtualization, geographical virtualization, and organizational virtualization. Each category has its own unique logic, its own distinctive
advantages, and its characteristic problems. These categories may be characterized
as follows.
Technological Virtualization of Education
Technological virtualization of education exists when the learning processes of
students are mediated by technology. Technological virtualization is the creation of “virtual classrooms” through use technological frameworks such as
internet learning platforms, multi-media telecommunications systems, or other
configurations of information and communications technology. Technological
virtualization may take place either on the main facility of the university or as a
component of distance education.
Geographical Virtualization of Education
Geographical virtualization is the distribution of educational activities (or the
“classroom”) over multiple geographical locations. In other words, physical
space may mediate the relationship between the students and the primary
faculty and facilities of the university.
Organizational Virtualization of Education
Organizational virtualization is the use of inter-organizational arrangements for
the delivery of educational programs. In other words, a university may choose
to cooperate with, or enter into contractual arrangements with, other organizations for part, or all, of the educational process. A third party may mediate the
relationship between students and the primary faculty of a university, in whole
or part.
198
In principle, as illustrated by various examples outlined below, each type of virtualization can develop in its own right, independently of the others. As a general
tendency, however, most universities tend to combine more than one type of virtualization at the same time. From the perspective of strategy the really interesting challenge is to understand the general pattern of the relationships between the three different types of virtualization. In other words, while the three different types of virtualization are discrete categories, independent of each other, it may be that under certain circumstances the implementation of one type of virtualization may be necessary
for the optimal implementation of another type.
For example, while it is certainly possible for a university to provide courses of
study at multiple geographical locations, without the use of modern communications
technology and without employing the services of other organizations as subcontractors, there may in fact be good reasons to consider doing both of those
things. While it is indeed possible for conventional “chalk and talk” classroom instruction, or classroom-based discussion modalities, to be employed in satellite locations,
a university may nevertheless find that the quality of its students’ education may be
enhanced by combining remote instruction with technology-mediated learning or by
utilizing the services of outside experts in that remote location.
The special challenge here, for educators, is to determine when is it appropriate to combine different types of virtualization, and how the optimum mix can be determined for each particular situation. In this chapter we seek to provide a first attempt to answer these questions. We do this by reporting our observations of some
representative examples, using the categorization scheme we have developed. In
particular, we seek to provide provisional answers to these questions by examining
what kinds of organizational arrangements seem to be indicated when various combinations of geographical and technological virtualization are combined. In a sense,
we view organizational arrangements as necessary aspects of strategy for successful
geographical and technological virtualization.
Before summarizing the variety of categories of virtual university education
that we have identified, it is appropriate to outline some of the key themes that underlie our approach.
BASIC THEMES IN MANAGING THE VIRTUALIZATION PROCESS
Given that so much of what is going on in university virtualization is centered
on the use of new technology it is important to place the technological dimensions of
the process in a normative context.
First, it is imperative that choices of educational mode not be driven by naive
and uncritical acceptance of the latest technology. The choice of technologies and
the choice of technical systems by universities should be driven by their educational,
organizational, and geographic goals, together with a prudent assessment of their
business circumstances — not the other way around. It is particularly important that
educational considerations be given the strongest weighting in the decision-making
and design of virtualization strategies.
199
Second, while early experiments in the virtualization of education were hampered by crude or clumsy technology, we may confidently say that, by the turn of the
millennium, some sophisticated and robust technological platforms have finally been
produced that make realizing the dream of quality virtual university education possible. In other words, technological systems have been developed that are powerful
enough to mediate teacher-student and student-student relationships in a manner
that truly competes with the best of conventional face-to-face classroom learning.
However, we cannot overstate how important it is to recognize that that such technological systems will only work properly as educational media if the right supporting
factors, or complementary assets, are put in place. These supporting factors include:
-
adequate financing arrangements
adequate technical support staff
appropriate organizational systems and routines
sophisticated training for educators and administrators
committed and competent program managers
properly planned integration, or coupling, with the general systems and
traditions of the university
a strategy for managing the evolution of the systems
enlightened leadership.
In the absence of such supporting factors major investments in the technological virtualization of university education will, at worst, result in embarrassing and costly failures or will, at best, lead to inferior educational experience for students.
Third, university leaders and managers should be aware of the risk that poorly
planned, or poorly implemented, programs for technological virtualization may inadvertently be used as a substitute for good education rather than as a vehicle to enhance the educational experience of students. In the most egregious form of this
phenomenon, modern information and communication technologies may be used as
little more than delivery mechanisms for the digital equivalent of textbooks, while authentic teacher-student or student peer interactions disappear behind a glossy, yet
superficial, façade of Web based instruction. In its more benign form, poorly planned
or poorly implemented technological virtualization may result in otherwise excellent
teachers inadvertently shifting their professional balance from being educators towards being de facto system administrators. It is important that university leaders and
teachers be watchful to ensure that technological virtualization be properly approached as a means of deepening the educational experience of students rather
than as an unintended means for undermining educational standards.
Fourth, and finally, while we insist that innovation in the application of educational technology should be driven by educational considerations, rather than the
other way around, we also wish to caution against rigidity in the maintenance of traditional pedagogies. In other words, technological innovation may actually pave the
way sometimes for valuable modifications to traditional teaching that might not otherwise have been envisioned. Valuable improvements to education may sometimes
be gained by modifying teaching methods to accommodate technological advance.
While educational principles should always have primacy, management of the technological virtualization of university education should artfully recognize the dual direction of the influence between educational innovation and technological innovation.
200
VARIETIES OF TECHNOLOGICAL VIRTUALIZATION
The use of technology to mediate the relationship between students and the
primary faculty and facilities of an educational institution is not new. The “School of
the Air“ in outback Australia is an obvious example. Under that system, which has
been in operation for decades, real-time communication between students and
teachers located in isolated outback stations, often hundreds of miles apart, takes
place via two-way radio systems.
The use by universities of educational films or television broadcasts to complement conventional classroom lectures are further examples is another example of
time honored technological extensions to traditional classroom lectures. It is the
complexity, variety and ubiquity of technological media for education that makes the
contemporary situation distinctive. The variety of forms of technological virtualization
that constitute much of the new educational environment will now be reviewed.
Web-enhanced Conventional Education
Technology does not need to completely replace established teaching methods in order to have an impact. Conventional methods for delivering education —
including classroom lectures, laboratory training, tutorials, group discussions and library research — can be augmented by the use of the Web as a vehicle for delivering complementary materials and exercises. Examples would include course bulletin
boards, list-serves, on-line access to digital course materials (including multi-media
documents), Web-based communication between students and teachers, and Webbased communication between students themselves.
The WebCT system developed at the University of British Columbia, or the
SmartWeb system employed at Indiana University, are examples. Use of Web technologies in this manner is quite widespread. A recent study by the University of
Twente identified almost three hundred cases in the USA, the UK, Australia, Finland
and Belgium, alone, in which Web technologies were used by universities as complementary tools to conventional modes of instruction.i
Conventional Distance Education Techniques
Long before the emergence of the Internet, conventional distance education
was augmented by the use of technology-mediated communication. In conventional
distance education, materials (e.g., textbooks, course readers, videos, software
packages) are sent to students by the regular mail, and students’ work is also submitted by mail. However, instructor-student communications that generally take place by
correspondence, may be augmented by technological means such as telephone and
fax. More recently, electronic mail has been added to the repertoire.
Murdoch University and Deakin University, in Australia, or the University of
South Africa, are examples of institutions that have made wide use of this approach
during the last quarter century. While not particularly surprising or radical, these ex201
amples illustrate that technology has played a useful role in mediating educational
communications for quite some time.
Television-enhanced Distance Education
Conventional distance education may be enhanced by the use of educational
television broadcasts, either on standard television channels at non-prime times, or
through special educational television channels. This approach has the advantage
that it may reach a large audience in a standardized manner without investment in
specialized infrastructure.
An outstanding example of a university that has made superb use of this tool
is the Open University in the United Kingdom. The Open University, which has been
in operation for about three decades, is Britain’s largest university, with over 200,000
students and customers. The University is currently home to 22 % of the nation’s
part-time higher education students. Nearly all of the Open University’s students
study part-time and about 70 % of undergraduate students remain in full-time employment throughout their studies. The delivery techniques developed by the Open
University are particularly suitable for part-time students.
Television has the disadvantage that it is not very flexible and it is generally
only cost effective for large audiences of students studying similar or identical curricula. An example of an innovative attempt to overcome that obstacle is the Utah Education Network, a publicly funded consortium enabling Utah’s public universities and
colleges to offer “telecourses” to over 5,000 students each year. Any one of the participating member institutions may offer a telecourse and, in most cases, students at
other institutions that are members of the consortium may take the courses as credit.
Uni-directional Audio-Visual Instruction
An alternative to television broadcasts is the employment of uni-directional
transmission of audio-visual material to specific groups of students in specific locations. Lectures (either live or pre-recorded) may delivered from the core campus to
remote classrooms (by either direct satellite links, or other broadband communications vehicles such as ISDN). This approach is superior to television when there is
only a modest number of students in the educational program. It works best when
students are clustered in one or two remote locations and may easily be assembled
in a limited number of common locations to receive transmissions.
A good example of this approach is the EngiNet system of the engineering
schools in the multi-campus system of the State University of New York. A variant on
this approach is the distribution of videotapes of lectures to students in remote locations or to students who, for one reason or another, may not be able to attend normal
campus-based classroom lectures. A disadvantage of this approach is that it does
not allow for the human interaction that may be possible in a classroom setting. An
202
advantage is that it may be more cost effective than replicating live classroom instruction at multiple locations.
Interactive Audio-Visual Communication
A solution to the problems of the previous approach, such as the EngiNet system, is to employ interactive Audio-Visual communications, or video-conferencing. In
this solution, lectures, seminars and classroom discussions may be conducted synchronously at two or more remote locations, through the use of audio-visual telecommunications (normally by either direct satellite links, or other broadband communications channels such as ISDN). Two-way interaction may take place between instructor and students, or between students themselves.
A good example of this approach is the adoption of video-conferencing by the
Fontainebleau based business school, INSEAD, to link classrooms in its campuses in
France and Singapore. This approach is educationally superior to the uni-directional
video-transmission approach, but has the disadvantage of being more expensive to
operate.
Conventional Distance Education Augmented by Web-based Services
A number of universities with a tradition of offering paper-based distance education are now augmenting their conventional services with Web-based services.
Certain teaching resources (e.g., supplementary lecture materials, or bibliographic
references) are mounted on the Web, and limited use is made bulletin boards and
other forms of Internet communication for notices and student discussions.
Athabasca University, in Alberta, has over 20,000 enrolled students and is a
leading Canadian example of a university that is gradually introducing on-line components to its courses, as either optional enhancements or as requirements.
The United States Open University, a sister institution to Britain’s Open University, has moved even further in this direction. It provides its students with a password to access specialized course web pages on the Internet, along with their other
course materials. Students may view a course demonstration site and download a
structured study calendar from the site. The course web sites may also contain study
assignments and other learning resources and allow computer conferencing with
other students and with the personal Associate Faculty Member allocated to each
student. Submission of assignments, and provision of feedback and grading from
instructors, may also take place online.
Scotland’s Herriot-Watt University, which originated in Edinburgh in the early
1800s as a school for engineers, is an example of a comprehensive research university that provides a flexible approach to learning in which students may choose between classroom, paper-based distance education and online education for their
studies. Herriot-Watt offers a global paper-based distance-education version of its
203
MBA degree, through its Edinburgh Business School. This global program involves
an international network of local support services in a variety of countries, increasingly augmented by online services.
Web-based Delivery of Conventional Distance Education
Some universities have stepped beyond using the Internet as a tool to enhance conventional distance education by delivering whole courses or degree programs completely online. In this approach all educational materials (e.g., textbooks,
course readers, videos, or software packages) are made available to students in digital format, accessible over the Internet. Online degree programs are similar to conventional distance education in most other respects (e.g., lectures are not included
as basic elements of the course). Correspondence between students and the instructor takes place mostly by email, or occasionally by telephone, and students’ work is
submitted by email or through specialized Web-based platforms.
Capella University, founded in the United States in 1993 and accredited by the
North Central Association of Colleges and Schools, is an example of a new type of
higher education institution dedicated to helping working adults with busy lives to integrate distance education into their complicated schedules through “e-learning.”
Capella University offers over 400 accredited courses and degree programs over the
Internet, in formats that are accessible to students at any time and from any location.
Other examples of the many universities that now provide distance-education
courses and degree programs over the web are: California State University at Chico
(which provides a wide range of bachelors degrees, minors and some masters degrees); Empire State College (part of the SUNY system in New York State, which
provides customized degrees for non-traditional students); the State University of
New York at Stony Brook (which offers complete masters degree in educational
computing, over the Web); the University of Maryland, University College (which offers its 63,000 students more than 70 different degree and certificate programs
online); or the Concord Law School (a recently created private virtual law school with
over 800 students).
Interactive Education on the Web: Asynchronous Learning
Many universities — ranging from the University of Paisley in Scotland, to
Charles Sturt University in New South Wales, Australia, the University of British Columbia in Canada, or Duke University, in North Carolina — seek to incorporate elements of the interactivity and communication of classroom or campus education into
online education, using web-learning platforms such as Blackboard or proprietary online learning services such as that provided by Hong Kong based company, OnLine
Education Limited. With a variety of new internet learning platforms, distance education can be delivered over the Web in a way that includes genuine discussion-style,
or collaborative, learning. Students may engage in structured, archived discussions
with each other or the instructor at any time of the day or night; participation may take
204
place from anywhere in the world; and the timing of an individual’s participation may
be customized to match his or her convenience or work schedule.
One of the best international examples of this kind of technological virtualization is the New School Online University, based in New York City. In 1994, The New
School (now the New School University) launched its unique distance learning program, DIAL, with fourteen courses drawn from across the school's curriculum. DIAL,
which was recently renamed the “New School Online University“ (NSOU), is an asynchronous, computer-conferencing teaching and learning environment available 24
hours a day, seven days a week from any computer that can be connected to the
World Wide Web. Since its establishment as an online learning service, NSOU has
evolved into an entire online university for the New School University — a virtual
campus complete with courses, public events and programs, a library, student services such as advising, admissions and financial aid, and even several social venues
for extracurricular discussions. Currently, more than 3,000 students each year participate in over 300 courses; student participants are drawn from throughout the
United States and over 60 other countries.
NSOU students can participate in courses for degree credit, general credit
courses (courses for transfer to other institutions), and non-credit courses. All NSOU
interactions takes place online, and all students are provided with a one-week online
orientation to the environment prior to their first course. The NSOU currently offer
courses in the social sciences, culture and society, humanities, science, lifelong
learning, foreign languages, English language studies, theatre arts, music, fine arts,
communication, business, computer applications, and culinary arts. Programs are
also available through the NSOU from the Milano Graduate School of Management
and Urban Policy, the Parsons School of Design, and the Eugene Lang College. All
of the NSOU courses and online programs are fully interactive. Students and instructors “meet“ asynchronously in classrooms and project areas where they share information, ask and answer questions, and complete assignments. The New School University, which (under its original name of the “New School for Social Research“) was
probably the first university in the world to focus attention on providing accessible
education for full-time working adults, is playing a pioneering role again by extending
its original mission in the online mode.
Another pertinent example lies with the University of Phoenix, a private forprofit university that was founded in 1976. The university has rapidly grown to become the largest private accredited university in the United States, with over 100,000
degree-seeking students. The university claims to provide a “relevant, real-world
education“ to working adults, which is delivered at more than 107 campuses and
learning centers in the continental US, Hawaii, Puerto Rico and Canada, and via the
Internet.
In 1989 the university created the “University of Phoenix Online“ to as a vehicle to offer complete degree programs online. Students enrolled in degree programs
through the University of Phoenix Online never have to attend campus; every requirement, including registration, administration, purchase of materials and books, or
counseling, in addition to the educational activities themselves, can be conducted
online.
205
The University of Phoenix Online emphasizes group learning on shared Web
spaces or, as the University prefers to describe the approach, online communication
is “many-to-many“ rather than “one-to-one.“ Each class shares its own group mailbox, which serves as an electronic classroom. While communication between individuals is common, each class uses a group forum where students put their work and
ideas before classmates for comment. The University claims that this discipline upgrades the quality of most work before it is reviewed formally by the academic instructor. Students are also able to gain access to research materials from the University's Electronic Library.
The Online program is designed to benefit full-time working people in a number of ways. Classes are offered one at a time, in sequence. There are no semesters
or terms, so students can begin a course of study during any month of the year. A
student may concentrate on one subject at a time, and when a class is completed he
or she may move on to the next class until all the degree requirements are met.
Each online class lasts five or six weeks. A student can sign on at any time of
the day or night. Students tend to devote an average of fifteen to twenty hours a
week to their studies.
Typically, on the first day of the week during an online class the instructor
sends introductory information on the week's topic and confirms the assignments,
such as textbook readings, completing a case study, or preparing a paper on the
topic at hand. The instructor typically also posts a short lecture or elaborates on the
material, and provides discussion questions related to the topic. Throughout the
week students work individually on readings and assignments. In addition, students
use the University’s computer conferencing system to participate in the class discussion, to ask questions, and to receive feedback. Assignments are submitted online
and instructors also return graded assignments, with comments, back to the students
online.
Educational programs offered by the University of Phoenix Online are mostly
practice-oriented or profession-oriented, in applied fields such as business administration or computer science. The New School Online University, in contrast, offers a
broad range of liberal arts and professional courses online, ranging from humanities
and music to design or urban policy. The University of Phoenix Online is an example
of a recently created organization using technological means to pursue profitable
new markets for educational services. The New School Online University, an independent non-profit educational institution, is an example of a university with a long
tradition seeking to provide enhanced access to liberal and professional education
opportunities for those students who might not otherwise be able to participate.
In summary, a variety of Web-based software and hardware platforms are now
available that allow universities to mimic or, in some cases, even improve on, the
peer-to-peer and student-to-teacher interactions that have historically made orthodox
classroom-based education pedagogically and emotionally more attractive than distance education. The asynchronous mode of Web-based educational communication
allows considerable flexibility in the timing of students’ participation and it requires
less investment in sophisticated telecommunications and computing infrastructure
than is required for synchronous modes.
206
Interactive Education on the Web: Synchronous Learning
Despite the advantages of Web-based education, especially when asynchronous interaction is included as part of the package, some schools are resisting the
temptation to jump on the online bandwagon. Chief among the reasons is their concern that the rich and subtle interactions, that are the hallmark of the best classroom
pedagogy, may be compromised. Harvard University’s Business School, for example,
which has long been a leading proponent of discussion-learning and of the casediscussion method of classroom teaching, believes that its classroom educational
experience could never be replicated online. For this reason even Professor W. Earl
Sasser, the director of Harvard Business School’s HBS Interactive initiative, recently
vowed, ”We will never offer a Harvard MBA online.”ii
One of the virtues of the well-managed classroom experience is the possibility
of live multi-dimensional interaction, involving multiple people, in real time. The asynchronous mode of interaction, adopted by most universities in their online programs,
has the advantage of allowing flexibility for participants. The value of the asynchronous mode vis-á-vis convenience is, however, counterbalanced by its neglect of instantaneous human interaction. For this reason some Web educational platforms
also allow for synchronous learning modes. In other words, they include software that
allows genuine discussion-style, or collaborative, learning over the Web in real time.
Synchronous learning, whether conducted in the conventional classroom or over the
World Wide Web, lacks — by definition — the flexibility of the asynchronous mode,
because students and instructors are required to be present in the “classroom” (either physically or virtually) at pre-set times.
At present there are over 100 technology platforms, including software, hardware and infrastructure, available to universities for use in online learning. In a sample of 50 of these technology platformsiii reviewed for this study, 72 % of the platforms include synchronous chat capability. They are: WebCT, BlackBoard, Learning
Space, IntraLearn, Authorware, First Class, Docent, Generation 21, LearnLinc, The
Learning Manager, EduSystem, VCampus, Phoenix Pathlore, Serf, LUVIT, WebBoard, Mentorware, PlaceWare, SiteScape Forum, Eloquent, IVLE, Saba Learning
Enterprise, InterWise Millennium, Theorix, Embanet, Jones e-education, Trainersoft,
Prometheus, eCollege, Anlon, U4all.com, Click2learn ToolBook, MaxIT LearnerWeb,
Learning Vista Express, Centra Symposium, and Educator. It appears reasonable to
conclude that the majority of producers of online learning technology believe providing synchronous learning capability to be an important component of their business.
Synchronous chat capability makes it possible for all participants logged in at
a particular time to simultaneously view the text messages of participants. Synchronous chat capability is essentially real-time, live on the screen, instantaneous group
email. Instantaneous text communication, however, does not allow the subtlety,
complexity and dynamism of communication — particularly tacit communication —
that forms such an important part of live classroom discussions. The producers of
some platforms have sought to remedy this deficiency by incorporating additional
synchronous features, such as Web-based teleconferencing and videoconferencing.
The following platforms (30 % of the sample) incorporate both of these two features:
Learning Space, Docent, Generation 21, LearnLinc, The Learning Manager, Phoenix
207
Pathlore, Mentorware, PlaceWare, InterWise Millennium, Theorix, Jones e-education,
Trainersoft, U4all.com, Click2learn ToolBook, and Educator.
Real time text communications can only replicate a certain amount of the
classroom learning experience. The visual components of classroom communication
— for example whiteboard/blackboard diagrams, Powerpoint presentations, live projection of computer graphics or computerized data analysis on to a screen, and other
kinds of audio-visual aids — are critically important to a rich learning experience. In
some of the currently available technology platforms (34 % of the sample) this problem has been addressed by the addition of a virtual white-board function and an application-sharing function to the basic synchronous chat capability. Platforms that incorporate all three of these capabilities include: WebCT, BlackBoard, Learning
Space, IntraLearn, LearnLinc, EduSystem, Phoenix Pathlore, Serf, LUVIT, InterWise
Millennium, Theorix, Embanet, Jones e-education, Trainersoft, Click2learn ToolBook,
MaxIT LearnerWeb, and Centra Symposium.
However, only 6 % of the sample incorporate a broad and versatile suite of
synchronous communication functions for the virtual classroom, including synchronous chat capability, a virtual white board, application sharing, virtual space, and
teleconferencing. These platforms are: LearnLinc, Phoenix Pathlore, and Trainersoft.
None of the platforms (0 %) in the sample incorporate a full repertoire of synchronous
learning functions: synchronous chat, voice chat, virtual whiteboard, application sharing, virtual space, group browsing, teleconferencing, and videoconferencing. To obtain a truly comprehensive, versatile and robust platform that makes possible a reliable multi-dimensional synchronous online communications capability, it currently
appears necessary to turn to companies operating primarily outside the educational
market. One example is WebEx, a company that supplies Web-based conference
platforms primarily for the high-priced corporate meetings market. The WebEx platform, and others like it, is used by multinational corporations to facilitate corporate
board meetings when board members are geographically dispersed, or to enable
multinational project groups to manage complex projects at a distance.
To conclude this brief review of synchro
nous online learning opportunities we may conclude that there is a wide variety of
platforms already available, and many more emerging, that make it possible for
online education to mimic aspects of the real-time interactivity of the classroom learning experience. The choice ranges from those platforms that provide simple textbased chat capability to those providing complex multi-media communications capability. Despite the technological feasibility of rich synchronous online university education, it appears that very few universities actually make use of this capability in
anything other than an ad hoc and experimental manner. It is virtually impossible to
find a university that advertises the use of synchronous Web communications as part
of its online course offerings.
There appears to be several reasons for this situation. First, the true multimedia synchronous learning platforms tend not to work properly unless they are accompanied by excellent technical support services (reliably available on demand),
wide-bandwidth communications channels, sophisticated computing skills amongst
both students and teachers, and robust computing and communications infrastructure. Second, the best systems tend to be quite expensive and are generally beyond
the range of any but the most wealthy of universities (or for specialized applications
208
such as high-priced executive education programs). Third, it appears that the flexibility of the asynchronous mode (i.e., the freedom to log in at an time whatsoever) is
sufficiently attractive to students, teachers and administrators to counterbalance the
educational disadvantages of missing out on rich real-time virtual classroom interactions.
Technological means are already available by which virtual classrooms may
mimic many of the functions of the traditional live classroom. It appears, however,
that pragmatic, managerial and financial considerations, together with circumstantial
preferences of the new online student audiences, are currently limiting the use of
synchronous online educational tools. This situation may well change in the near future as technology matures, synchronous platforms become more affordable, and the
necessary complementary technological capabilities of students, teachers and administrators, are more ubiquitous.
Multi-media, Mixed-mode, Synchronous and Asynchronous Learning
The evolution and convergence of complex digital communications and computing technologies, combined with advanced digital imaging and audio systems, has
reached the point where competition between the virtual classroom space and the
conventional physical classroom space can no longer be ignored. Despite the very
real limitations of both asynchronous and synchronous online educational platforms
outlined above, some notable experiments in truly sophisticated technology mediated
distance education have already taken place. These presage the future of competition between universities in the digital age. One of the most interesting examples is
an experiment in geographically dispersed education for business executives recently conducted by the Wharton School, the business school of the University of
Pennsylvania.
The Wharton School, as part of its executive education initiatives, has developed a number of short not-for-credit courses in business administration for simultaneous delivery over several weeks to full-time working adults in multiple locations
throughout the United States. In this program students meet simultaneously in “electronic classrooms” in several cities throughout the country (e.g., New York, Atlanta,
San Francisco, Seattle) at specified times and are linked live with professors from
Wharton’s main facility in Philadelphia. The classrooms are real, physical classrooms
(not virtual classrooms), fully “wired” and networked together with the main facility in
Pennsylvania through broadband multi-media communications links. Each classroom
is equipped with remote-controlled cameras, microphones and audio-visual display
systems; and each student has a personal computer networked with the whole system.
Wharton’s instructors in Philadelphia give lectures in a manner not unlike normal classroom lectures, and students clustered across the country in the special
wired classrooms receive a live broadcast of the lecture. What differentiates this system from normal broadcast lectures is the degree of interactivity incorporated in to
the program. Throughout the classroom session students may send questions or
comments to the instructors by email, in real time, analogous to the manner in which
students in normal classrooms raise their hands to ask questions. A team of trained
209
teaching assistants at Wharton answers the students’ questions immediately, by
email, as the lecture is in progress. However, at the behest of either a teaching assistant or the main instructor, a question from a particular student may be selected for
special attention. The instructor, who has access to a console from which the whole
system may be controlled, may choose to focus a camera on the student in the remote location who asked the question. All of the students, in the several different locations, are able to hear and see both the speak, and the instructor respond. The
instructor may also use the computer network to take instant polls from the students,
or to administer live quizzes, during the session.
In addition to the synchronous multi-media communication that takes place
throughout the distributed electronic classrooms, the Wharton system also involves
the use of asynchronous web-based learning during the periods between live physical-cum-virtual classroom lectures.
In short, the Wharton system is an exciting example of distributed education
(distance education) that combines real classroom contact between students with
both asynchronous virtual learning and synchronous virtual learning. It is a sophisticated system that manages to allow an extraordinary level of real-time interaction
between students and between students and the instructor.
Currently, the system has been deployed to only a limited extent, mainly for
price-elastic corporate-sponsored audiences. The constraints of the system are that
to fulfill its extraordinary potential it requires an extraordinary level of infrastructure,
support staff, coordination, marketing and managerial ability. It is also expensive to
establish and operate. In short, it requires resources and a skill set not normally
found among faculty in a typical academic setting.
In conclusion, the Wharton experiments in mixed-mode, multi-media virtual
learning, along with the other examples of technological virtualization described
above, reveal three key lessons. First, it is already technologically feasible to mount
virtual learning programs that rival conventional classroom programs, more or less, in
educational quality and interactivity. Second, the challenge for educators is no longer
to discover whether or not such programs are feasible; but, rather, to develop prowess at matching the mode and mix of technologies to the particular goals and circumstances of the institution and its students. Third, embarking on the technological virtualization of an educational program requires the prudent assembly of complementary assets and services, such as adequate funding, organizational capability, technical support, and managerial acumen.
VARIETIES OF GEOGRAPHICAL VIRTUALIZATION
While the desire by university leaders to provide distance education to students is often the primary reason used to justify experiments with technological virtualization, the technological virtualization of education and the geographical virtualization of education are conceptually distinct modalities. As we have seen, technological
virtualization can, and does, happen in programs where the students and the university are co-located. All students at Wake Forest University, in North Carolina, for ex210
ample, receive laptop computers and are required to interact in a virtual classroom
space as an integral part of their studies.
Geographical virtualization, which occurs when physical space mediates the
relationship between the students and the primary faculty and facilities of the university, may happen with or without technological virtualization. Herriot-Watt University,
as we earlier observed, has conducted a paper-based MBA program internationally
for a number of years prior to the introduction of technological learning media. Before
proceeding to analyze the nature of the relationship between geographical virtualization and geographical virtualization, we will briefly survey the variety of ways in which
universities can organize the geographical distribution of their students.
Single Integrated Campus (Not Virtual)
The simplest form of geographical organization of educational services is the
conventional approach to university education in which instructors, students and
most basic educational resources are co-located on one campus, or in one central
location. In fact, this form of organization is so ubiquitous and so well established that
the word “university” is often used synonymously to describe both the institution and
the place. Recent developments in higher education, worldwide, are prompting more
care with nomenclature. The word “university” should denote the institution, not to the
physical space where the institution has historically been headquartered.
University with a Main Campus and Some Satellite Facilities, Under Single Public Jurisdiction
A variant of the conventional single-location “university” is the university with a
single main campus and one or more satellite facilities, organized under one public
jurisdiction. In this approach academic systems are largely centralized on the main
campus, and student enrolments are generally centrally organized, but a variety of
activities or programs are distributed at specialized facilities (not full campuses) at
remote locations.
A typical example would be Technische Universität München, operating under
the auspices of the State of Bavaria. It has a main “campus” — or facility — in central
Munich, and some subsidiary facilities at Garching and Weihenstephan, both also
located in Bavaria. Another example would be Cornell University, with its main campus in Ithaca in upstate New York; it also has branch facilities elsewhere in New York
State, including an agricultural field station on Long Island and a medical complex in
Manhattan. A third example would be the Prince of Songkla University, in Thailand.
PSU’s main campus is located in the southern city of Hat Yai, with specialized branch
facilities in Phuket and Pattani, also in southern Thailand.
211
Multiple-campus University, Under Single Public Jurisdiction
Another model is the centralized university with multiple campuses in, each located in a different place and each covering a broad array of academic fields and
programs. In some cases each campus may develop a special set of competencies
unique to that campus, but in all cases the scope of academic expertise on each
campus is wide. Each campus co-locates students, instructors and basic educational
resources. Each campus has a degree of autonomy (in some cases great autonomy)
but certain managerial functions remain at a central campus, or central location. This
model is basically that of the single integrated campus, replicated in more than one
place, but governed through a centralized system. Typically, the multiple campuses
are located within one common geographical territory, such as a state or province,
under a single public jurisdiction such as a provincial government.
A shining example of this model is the University of California. The University
of California is a state university consisting of ten discrete campuses and several
specialized academic centers (such as the Hastings Center for the Laws, a law
school located in central San Francisco). Some of the campuses, such as U.C.
Berkeley and U.C.L.A., are extraordinary centers of learning with an international
reputation that transcends the system within which they are located. All of the campuses (including U.C. Irvine, U.C. San Diego and U.C. Davis, etc.) are quality comprehensive research “universities” in their own right. The university also manages a
number of prominent federal research laboratories, such as the Lawrence Berkeley
Laboratory and the Lawrence Livermore Laboratory. While each U.C. campus effectively operates as an independent university, certain policies and procedures, such
as tuition levels, admissions policies, financial rules, or intellectual property management functions, are centralized in the University of California System-wide Administration, headquartered in Oakland. The System-wide administration also manages selected academic and quasi-academic activities, such as the University of
California Agricultural Issues Center, which is physically located on the Davis campus.
Similar examples in the United States can be found in the multi-campus systems of the University of Colorado, the University of Wisconsin, the University of
Texas, or the University of Maryland. Typically, the central university administration in
each of these systems plans and manages the whole system to fulfil state government educational policies. These policies may involve distributing quality higher education equitably across the state, ensuring that areas of academic specialty are clustered in appropriate locations to ensure that a critical a mass is reached, or seeking
to ensure that certain regional community needs are properly addressed.
An extreme example of the multi-campus university system under a single
public jurisdiction is the State University of New York. The University, known by its
acronym “SUNY,” consists of over 60 separate campuses controlled from the central
SUNY administration in Albany (the seat of the New York State government). The
remarkable thing about the SUNY system, besides its size, is that it encapsulates a
full spectrum of higher-education institutions. These range from the elite research
universities, such as SUNY Stony Brook or SUNY Buffalo, to specialized educational
institutions such as the Fashion Institute of Technology, in Manhattan, and a huge
array of colleges, institutes, and specialized facilities throughout the State of New
212
York, in both remote and metropolitan locations. The incredible variety of organizations within the State University of New York creates very interesting managerial and
political challenges, as the State seeks to maintain unity within diversity.
Multiple campus universities have also emerged in other countries, such as
Australia, in recent years in response to changes in government education policies
and new opportunities in the education market.
Central Campus with Wide Geographical Distribution of Students
A third form of geographical virtualization is the university with a single, or primary, campus, but with students distributed over a wide geographical territory. In this
case students are not clustered in particular locations, but are dispersed spatially in a
random or semi-random manner. Under these circumstances, students tend by necessity to be connected to the main campus through distance-education systems and
technologies.
The Open University in the United Kingdom is probably the best example of
this kind of virtualization. A small sample of other representative examples in this
category include: Deakin University (Geelong, Australia), Athabasca University (Alberta, Canada), Arizona State University (Tempe, Arizona), Auburn University (Alabama), Washington State University (Pullman, Washington), The University of London (London, England), The Empresarial University of Costa Rica (San Jose, Costa
Rica), The University of Guelph (Ontario, Canada), or Rochester Institute of Technology (Rochester, New York).
In this form of spatially distributed education it is almost impossible to create
the kind of complex multi-dimensional learning experiences associated with conventional campus based learning.
Central Campus with Students Clustered in One or More Remote Locations
In another model there is one central campus, or primary campus, and remote
students are clustered in certain distinct satellite locations. The geographical clustering of remote students means that some conventional classroom-based pedagogical
methods may be employed in the educational process in addition-to, or instead-of,
various distance-education technologies and systems. There are at least four variants of this model that universities may follow in delivering educational services to
remote clusters of students: (a) one or more satellite locations with no dedicated facilities; (b) one or more satellite locations with modest facilities, dedicated to one program only; (c) one or more mini-campuses at satellite locations, with a variety of programs; and (d) one or more substantial campuses in satellite locations. We will review each one of these variants.
213
Central Campus with Satellite Locations but No Dedicated Facilities
In this model a university offers one or more educational programs in specific
remote locations, but no serious capital outlay is made, and no investment is made in
dedicated facilities under the control of the university. This is not distance education,
in the sense in which the term is normally understood; it is conventional classroom
instruction in remote locations. Classroom space and office space may be leased
from another educational institution, or may even be rented from corporations, hotels,
or other kinds of organizations. In addition, the university may purchase educational
support services and logistical support services from local suppliers.
A typical example of this model is the Helsinki School of Economics and Business Administration (which offers a series of specialized MBA degree programs in
Seoul, Korea). Other examples include: the New York Institute of Technology (which
offers MBA degrees in Taiwan and Egypt); Utah State University (which offers an
MBA degree in Taiwan); the State University of New York at Stony Brook (which offers a Master of Science degree in Seoul, Korea); and the University of Western Australia (which offers a variety of management degrees, including the MBA, in Singapore and Jakarta, Indonesia).
Central Campus with Modest Facilities at Satellite Locations, One Program Only at
Each Facility
In this model a university offers one program only (e.g., an MBA program), or
a set of programs in one field (e.g., business or technology management), in a specific remote location. Modest investment is made in a dedicated facility of the university in that location. It may consist of classrooms, office space, and dedicated support
staff under the employ of the university. This approach requires more commitment
and more investment by the university than required under the previous model; nevertheless, it is narrow in scope, thereby limiting risk and allowing the university to experiment in a relatively low key manner.
An excellent example of this approach is the recent establishment of facilities
in Singapore and Barcelona by the Graduate School of Business of the University of
Chicago, primarily for its MBA degree program. Related examples, also in the field of
business administration, include: the establishment of a facility in Santa Clara
County, California (“Silicon Valley”) by the Harvard Business School; the establishment of a facility in San Francisco by the Wharton School; the establishment of a facility by INSEAD in Singapore.
Examples in a field other than business administration might include the Paris
and Tokyo facilities of the Parsons School of Design, or the Milan facility of the Fashion Institute of Technology.
Central Campus with a Mini-campus and Multiple Programs at One or More Satellite
Locations
214
In this model the university seeks to provide something of a more balanced
and rounded educational opportunity for its students in remote locations. It does so
by offering multiple academic programs, probably in complementary or related fields,
in a specific remote location. Mid-level investment is made in a dedicated facility of
the university in that location, capable of accommodating a wide variety of educational activities and pedagogical methods. The investment may consist of classrooms, office space, and other facilities designed to house an array of activities other
than simple instruction. Dedicated support staff will be employed by the university,
and a modest level of services and facilities required across academic fields will be
provided in the satellite location.
This model differs from one other model discussed above (a “university with a
main campus and some satellite facilities, under single public jurisdiction”) in one respect. It involves operating across the boundaries of at least two public jurisdictions.
This fact brings with it a number of legal, diplomatic, administrative and managerial
challenges. However, it also brings with it some potentially valuable opportunities for
cross-cultural educational enrichment.
It is difficult to find successful examples of this form of geographical virtualization, probably because the risk-benefit trade-offs are so great. The Tokyo campus of
the Philadephia-based Temple University is probably the best example. The proposed venture by Technische Universität München to establish a science and engineering oriented campus in Singapore may be another example.
Central Campus with One or More Substantial Campuses in Remote Locations, Multiple Public Jurisdictions
This model is similar to another model discussed above (“multiple-campus
university, under single public jurisdiction”). However, in this case the remote campus, or campuses, may be located in a different country, or within a different public
jurisdiction, subject to different laws, different educational traditions, or different market conditions. Typically, the remote campus will cater for a full range of academic
activities (not just teaching) and will be provided by the University with a substantial
repertoire of support services and infrastructure, catered to the activities of the satellite campus.
There are few fully-fledged examples of this mode of virtualization. However, it
is entirely plausible that the current wave of international collaborations and experiments between universities (as evidenced by the recent activities of prominent institutions such as Columbia University, the London School of Economics, New York
University, HEC Paris, and Duke University, may lead to some interesting multinational universities in the not so distant future.
At present the two best examples of this ambitious category of geographical
virtualization lie with RMIT University, in Australia, and the Monterrey Institute of
Technology, in Mexico. RMIT University (based in Melbourne, Australia, and previously known as the “Royal Melbourne Institute of Technology”) is currently establishing two full satellite university campuses in Vietnam, one in Ho Chi Minh City and one
in Saigon.
215
The most exciting, and most well developed, example is the Monterrey Institute of Technology. Its official name, “Instituto Tecnológico y de Estudios Superiores
de Monterrey,” is often abbreviated to its acronym, “ITESM.” In Mexico it is known
colloquially as “Tec de Monterrey.” ITESM is a high quality private university with 26
full campuses in 25 cities throughout Mexico. These campuses are spread throughout multiple public jurisdictions (states and cities). ITESM also has a total of nine
campuses in other Latin American countries (including Brazil, Chile, Peru, Colombia,
Venezuela, Ecuador, and Panama), and two in Europe (Dijon, France, and Maastricht, The Netherlands). Campuses are also under development in Vancouver, Canada, and in the United States (in Boston and Washington, D.C.). The ITESM system
is headquartered at the university’s main campus in Monterrey, Mexico.
The remarkable national and international expansion of the Monterrey Institute
of Technology presages what will probably be a new phenomenon in spatially dispersed education: multi-mode education in multiple locations, combining the best of
traditional classroom instruction with the best of contemporary technology-mediated
learning.
Multiple-campus University, Under Multiple Public Jurisdictions (No Central
Campus)
The final category of geographical virtualization is the university with multiple
campuses across multiple public jurisdictions but with no obvious hierarchy between
programs in the main campus and programs in the satellite campuses. The only example we have identified in this category is the University of Phoenix, which currently
has 106 campuses throughout the United States (including Hawaii and Puerto Rico)
and one in Canada. As we discussed above, the University of Phoenix offers a variety of programs online (though its University of Phoenix Online, subsidiary) but its
main business (at least until recently) has been in providing classroom-based, oncampus education for full-time working adults. While the university does indeed have
a campus is Phoenix, Arizona, that may in some formal manner qualify as a primary
campus, that campus really has no more priority from the students’ experience than
do any of the other campuses.
It is not clear whether the model created by the University of Phoenix will be
imitated elsewhere. It is currently almost exclusively American in style and scope. In
addition, the range of subjects covered is currently rather limited, suggesting that the
model might not work so well for universities seeking to offer a more comprehensive
scope of academic subjects, or a traditional liberal education. The verdict is still out.
VARIETIES OF ORGANIZATIONAL VIRTUALIZATION
Integrated Sole-Venture (Conventional University Management System)
The university (the core university, or primary university) operates its activities
in each location entirely in its own right, without a venture partner. This principle may
be applied at any location, whether core campus or satellite venture.
216
Sole-Venture, with Some Non-academic Services Contracted-out
The university operates its activities in each location, whether the core campus or a satellite venture, entirely in its own right, without a venture partner. However,
it chooses to purchase certain non-academic services (e.g., supply of physical space,
secretarial services, marketing services, accounting, janitorial work, and perhaps
even record-keeping) from outside organizations. In some cases a sole-source provider may be used; in other cases, a different supplier may be chosen for each service.
Sole-Venture, with Some Academic Services Contracted-out
The university operates its activities in each location, whether the core campus or a satellite venture, entirely in its own right, without a venture partner. It probably chooses to purchase certain non-academic services from outside organizations. It
also contracts-out some academic activities, such as certain teaching assignments,
evaluating (or pre-evaluating) student applications for admission, grading student
work, providing counseling services to students, or day-to-day organization of classroom activities. In this model, the university maintains formal control over all academic functions, but allows other persons or organization to conduct some of the university’s normal academic business, under supervision. For example, while it may
recruit faculty from local universities to teach courses in an adjunct capacity, the university will retain full control of the curriculum; or, while it may recruit teaching assistants from the local community to grade student papers or exams, those assistants
would be supervised by university faculty.
Joint-Venture with Another University, Subservient Venture Partner
The university (the primary university) operates its activities in a satellite location as a joint venture with another university. The secondary university may own a
campus at that location which it makes available to the primary university for the delivery of that university’s satellite programs. The secondary university will probably
provide administrative services and various kinds of logistical assistance to the primary university. The secondary university may provide academic faculty to teach
courses, and the primary university may even incorporate courses from the secondary university into its own program. However, the degree remains the property of
the primary university; and the primary university carefully guards the control of its
curriculum, or curricula, and its academic standards. Under this model, the secondary university is a subservient partner who is prepared to enter in to the relationship
because of certain financial advantages, access to expertise that would otherwise not
be available, or because of some perceived academic prestige associated with the
primary university.
217
Joint-Venture with Another University, Equal Venture Partners
The university (the primary university) operates its activities in a satellite location as a joint venture with another university. The secondary university may own a
campus at that location which it makes available to the primary university, or the two
universities may decide to pool resources to establish a new facility. Under this
model the two universities consider themselves to be academic equals, even if the
academic and practical repertoires of the two institutions are not identical. The two
universities may offer a joint degree of some kind, officially cross-articulate their respective degrees, or agree upon some kind of structured protocol for addressing matters of curriculum design, entrance requirements and performance standards.
Joint-Venture with a Non-Academic Institution, “Equal” Venture Partners
The university operates its activities in a satellite location as a joint venture
with another organization. It may be an industrial company, a non-profit institute, a
government instrumentality, or some other kind of business enterprise. However, it
must not be an academic organization. Even though the two organizations may be
quite different in style—in terms of assets, capabilities, public image, or ways of doing business—they must be equal partners, in the sense of vesting equal stakes in
the venture, taking similar or equivalent risks, and expecting equivalent returns. The
key advantage of this model of cooperation is that the risk of conflict over academic
authority and territory is almost non-existent. It also has the advantage that each organization contributes something to the partnership that represents its strongest asset, e.g., educational prowess, university brand-name, financial capital, or logistical
and management expertise.
Meta-program Based on a Group of Geographically Distributed Universities
In this model, no new campus is created and no new facility is constructed.
Rather, each member-university of a group of geographically dispersed universities,
makes its resources (tangible and intangible) available to contribute to a “virtual university” that transcends the boundaries of each individual university, yet draws upon
the assets of each member in each place. In other words, a meta-university is created in which one or more academic programs are delivered in multiple locations simultaneously—drawing upon the equivalent academic capabilities (or, at least, complementary academic capabilities) of each university in each location. In one variant
of this model there would be a “lead university” in a primary management role; in another variant there would be some kind of flat or distributed management structure.
Joint-Venture Between Co-located but Academically Distinct Universities
In this model, no new campus is created and no new facility is constructed.
Rather, each member-university of a pair (or group) of academically dissimilar uni218
versities, contributes resources to build a new program that would otherwise not be
possible. For example, a university with a strong medical school may collaborate with
a university with a strong engineering school to develop a new joint program in bioengineering. Alternatively, a university with excellent technology-oriented faculty
could collaborate with a university with excellent management faculty to create a joint
program in management of technology.
i
Betty Collis and Marijk van der Wende, Eds., The Use of Information and
Communication Technology in Higher Education (Enschede, Netherlands: Center
for Higher Education Policy Studies, Universiteit Twente, 1999).
ii
W. Earl Sasser, quoted by William C. Symonds in “Giving it the Old Online
Try,” Business Week (December 3, 2001), 80.
iii
The 50 platforms reviewed for this study are: WebCT, BlackBoard, Learning
Space, IntraLearn, Top Class, eCollege, Click2learn ToolBook, Authorware,
First Class, Docent, LearnLinc, Virtual-U, SiteScape Forum, Generation 21,
Phoenix Pathlore, Saba Learning Enterprise, Knowledgesoft, VCampus, EduSystem, Serf, LUVIT, Mentorware, The Learning Manager, QuestionMark, Eloquent,
Trainersoft, WebBoard, Convene.com, Quest, PlaceWare, Embanet, Educator,
IVLE, Integrity eLearning, InterWise Millennium, Theorix, Jones eeducation, Prometheus, Anlon, Class Act!, Colloquia, Southrock, U4all.com,
Yahoo! Education, Centra Symposium, Trivantis Lectora Publisher, MaxIT
LearnerWeb, Learning Vista Express, Manager`s Edge, and Designer`s Edge.
Data source: Center for Curriculum, Transfer & Technology (British Columbia, Canada), Online Educational Delivery Applications: A Web Tool for Comparative Analysis, November 2001 (http://www.ctt.bc.ca/landonline/).
219