Ein grosser Tag für den EHC Winterthur

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Ein grosser Tag für den EHC Winterthur
SPORT
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der landbote M ONTAG, 29. märz 2010
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eishockey
Unihockey
fussball
Bruchlandung: Die Kloten
Flyers nach ihrem Heimdebakel
gegen den SC Bern seite 31
Red Ants: Den Playoff-Final
dank Doppelschlag gegen den
Meister geschafft seite 35
FCW: Vor einem wegweisenden
Spiel im Kampf um Rang 3 der
Challenge League seite 29
Ein grosser Tag für den EHC Winterthur
Dank einem 5:2-Sieg im
Erstliga-Final gegen MartignyVerbier ist der EHCW
Schweizer Amateur-Meister.
Zum ersten Mal seit 1969.
Nationalliga-Spielern aufrüsteten und
scheiterten – sondern der EHCW. Der
aber will gar nicht aufsteigen. «Rein
sportlich gesehen, würden wir es schon
gerne versuchen», erklärte Präsident
Rocco Leone. «Wenn ich sehe, wer
alles in die­se NLB hinaufwollte, dann
hätten wir wohl auch das spielerische
Potenzial dazu. Aber die für die NLB
be­nö­tig­ten 2 Mil­lio­nen Franken kriegen wir hier in Winterthur ohne einen
Mäzen nicht zusammen.»
Und das ist wohl gut so. Die meisten Aufsteiger der letzten Jahre sind
in der NLB über kurz oder lang finanziell kollabiert, spielen längst wieder
in der 1. Liga und sind dort schlechter
dran als vor dem Aufstieg. Sport, der
Begeisterung auslöst, ist auch in der
1. Liga möglich. Das hat der EHCW
in den letzten Wochen immer wieder
bewiesen. lURS KINDHAUSER
Spielbericht auf Seite 35
winterthur – Wer so lange auf
ein Ziel hin arbeitet, der darf auch
kräftig feiern. Und das taten sie, die
Mehrzahl der 2150 Zuschauer, was
ein Rekord für eine Erstliga-Spiel in
der Deutweghalle war, und natürlich
die Spieler und Trainer des EHC Winterthur. Als die Schlusssirene ertönte,
flogen Stöcke, Helme und Handschuhe
durch die Luft und die Winterthurer
stürmten auf ihren wieder einmal untadeligen Goalie Remo Oehninger zu.
Auf der anderen Seite versammelten
sich die Spieler Martigny-Verbiers,
schwer gezeichnet. Sie, die angetreten
waren, um in die Na­tio­nal League B
aufzusteigen, hatten an der Niederlage
sichtlich zu beissen. Gleichwohl mussten sie lange warten, bis sie sich in die
Kabinen zurückziehen durften.
STimmen zum
Meistertitel
Schwere Momente
So lange nämlich, bis Marco Bussola
den Pokal des Schweizer Meisters Regio League in die Höhe stemmen durfte: «Wir wussten, dass wir sie schlagen
können, wenn wir unser Spiel spielen, und das haben wir getan», sagte
der Captain des EHCW. «Es gab auch
schwierige Momente, aber die haben wir gut überstanden.» Die ganze
Mannschaft habe sich in etwas hinein­
gesteigert, meinte Ronny Früh, einer
von denen, die es nächste Saison zu ersetzen gilt. «Wir sind Schritt für Schritt
immer weitergegangen. Man darf nicht
vergessen, dass wir in dieser Saison
auch untendurch mussten.» Das galt
nicht nur sportlich. Noch im alten Jahr
erlag der langjährige Teambetreuer
Ruedi Moser seiner schweren Krankheit. Die Spieler erfuhren es am Tag
der Partie gegen Bülach. «Das hat uns
noch mehr zusammengeschweisst»,
glaubt Ronny Früh.
Für Sportchef Erwin Füllemann
war es «eine Willensleistung», die die
Mannschaft vollbracht habe. «Wir hatten vielleicht nicht das talentierteste
Der schönste Moment der Saison: EHCW-Captain Marco Bussola stemmt den Meisterpokal in die Höhe. Bild: Heinz Diener
Team, aber die Überzeugung gewinnen zu können, wenn wir unsere Leistung abrufen», ergänzte Trainer Markus Studer. Es habe gerade auch im
Spiel gegen Martigny Momente gegeben, in denen die Nerven etwas geflattert hätten. «Aber wir Trainer mussten
dann gar nicht viel sagen, die Spieler
wussten, was zu tun ist.» Das Spiel sei
zwar für den EHCW gelaufen, «aber
in den Momenten, in denen es schwierig wurde, sind wir wie so oft in dieser
Saison ruhig geblieben».
«Es gibt keine Wunder»
Seit Studer beim EHCW im Amt ist,
herrscht eine enorme Konstanz. Schon
im ersten Jahr erreichte die Mannschaft den Playoff-Final der Ostgruppe, was ihr damals niemand zugetraut
hätte. Im Jahr danach folgte der Gruppensieg, mit der Enttäuschung des in
den letzten Sekunden verlorenen Fi-
nals um die Amateur-Meisterschaft
gegen Zuchwil. Selbst 2008/2009, als es
weniger gut lief, erreichte der EHCW
den Gruppenfinal gegen Frauenfeld. Und jetzt steht er ganz oben im
Schweizer Amateur-Eishockey. «Wir
haben über all die Jahre einen guten
Kern der Mannschaft aufgebaut», erklärte Studer, «Spieler, auf die wir vertrauen konnten.»
Studers Leitmotiv stand als Motto auf den T-Shirts, die nach der Pokalübergabe verteilt wurden: «Es gibt
keine Wunder, nur harte Arbeit.» Den
Teamgeist bezeichneten viele Spieler
als Schlüssel zum Erfolg. Trainer Studer brachte es auf den Punkt: «Letztlich haben alle akzeptiert, dass das
Ganze wichtig ist.» Als Beispiel, das
für die ganze Mannschaft steht, bezeichnete Studer Marc Müller. Als 13.
Stürmer sei er ins Playoff gegangen,
am Ende wurde Müller als «Most va-
luable Player» (MVP) der Mannschaft
gewählt. «Es war eine harte Zeit»,
blickte Müller zurück. «Ich kenne meine Limiten und habe einfach versucht,
das Optimum herauszuholen.» Das tat
er fürwahr, mit seinen zwei Toren im
vierten Spiel des Playoff-Halbfinals
gegen Dübendorf trug er Entscheidendes zur Wende zum Guten bei,
auch am Dienstag gegen Huttwil und
im Final am Samstag gegen Martigny
gehörte er zu den Torschützen. «Ich
akzeptiere meine Rolle, egal was es ist.
Das ist meine Stärke»
Kein Geld für die NLB
Seine Rolle zu akzeptieren, wissen,
was machbar ist. Das gilt auch für den
EHCW als Verein. Den Meistertitel
haben sich nicht Huttwil oder Marti­
gny-Verbier geholt, die Klubs, die unbedingt aufsteigen wollten, ihre Mannschaften mit zahlreichen ehemaligen
René Vogler (27), der Altgediente: «Ich
habe jetzt die zwölfte Erstliga-Saison
gespielt, es wurde also langsam Zeit,
dass wir den Titel holen. Am Anfang der
Saison hätte ich es noch nicht gedacht.
Wir waren technisch vielleicht nicht die
Stärksten. Doch der Teamgeist hat es
ausgemacht.»
Marco Thaler (17), der Jüngste am
Ende seiner ersten Saison im Eins:
«Das ist einfach das Beste, das passieren konnte!»
Sven Kühni (28), der Rückkehrer: «So
schnell kann es gehen. Vor einem Jahr
habe ich mit Uzwil noch bis zur letzten
Runde gegen den Abstieg gekämpft,
jetzt darf ich den Meistertitel feiern.
Das zeigt: Irgendwann geht es immer
wieder aufwärts.»
Andreas Perret, mit 25 schon einer
der Routiniers: «Acht Jahre spiele ich
jetzt im Eins, endlich haben wir es geschafft. Ich hoffe einfach, es dauert
nicht mehr 41 Jahre bis zum nächsten
Mal.» (uk)
Erst Sieg vergeben, dann Punkt gewonnen
Marco Kurths Penalty in
der Schlusssekunde bringt
Pfadi bei St. Otmar ein 28:28
ein. Zuvor waren die Win­ter­
thu­rer lange auf Siegeskurs.
Schwer zu bremsen: Pfadis Markus
Krauthoff (gegen Fabian Christ). Bild: key
ST. gallen – Ganz am Schluss
mussten beide Mannschaften mit dem
einen Punkt zufrieden sein, der sie gemeinsam näher an den 3. Rang der
Schweizer Handballmeisterschaft heranbrachte. Die Winterthurer führten
bis zur 49. Minute konstant mit zwei
bis drei Toren, ehe sie vom 26:23 zum
26:27 die Wende einfingen und letztlich mit Müh und Not sowie Glück das
28:28 errangen. Die St. Galler konnten
sich über das Unentschieden als Lohn
nicht beklagen, weil sie diesen Spielstand seit dem 0:0 erst wieder in der
53. Minute erreichten.
«Übers Ganze gesehen, müssen wir
zufrieden sein», meinte St. Otmars
Winterthurer Linksaussen Raphael Liniger. «Für ein Unentschieden», sagte
Spielmacher Nejc Hojc, der einzige
gute St. Galler Aufbauer, nachträglich,
«hätte ich in der Pause noch unterschrieben.» Am Schluss aber trauerte
Hojc dem verpassten Sieg nach. Sein
Fussfehler, provoziert durch die gegnerische Abwehrarbeit, brachte Pfadi
25 Sekunden vor Schluss beim Stand
von 27:28 die Chance auf den letzten
Angriff ein. Erich Studer kam für Torhüter Martin Pramuk als siebter Feldspieler zum Einsatz. Drei Sekunden
vor Ende wurde Alexander Mierzwa
von Jan Keller am Kreis gefoult – und
Marco Kurth schritt zum Siebenmeterstrich. Zwei Penaltys nacheinander
hatte der In­ter­na­tio­na­le zuvor verschossen. Dass er den Ball zum dritten
Anlauf in die Hände nahm, ist ein weiteres Zeichen seiner Klasse. Diesmal
flog der Ball ins Netz. Das 28:28 war
Kurths siebter Treffer des Spiels, sein
vierter versenkter Siebenmeter.
Zwei Tore in der Schlussphase
Vor anderhalb Jahren hatten die
Winterthurer zum letzten Mal in der
Kreuzbleichehalle gepunktet – ebenfalls mit einem 28:28. «Ein Punkt in
St. Gallen ist nie schlecht», sagte Pfa-
di-Trainer Adrian Brüngger. Natürlich aber war auch ihm bewusst, dass
an diesem Tag mehr möglich gewesen
wäre. «45 Minuten lang haben wir dominiert …» Seiner Mannschaft gelang
es nie, sich vorentscheidend abzusetzen. Ein deutlicher Vorsprung wurde
bereits in der Startphase vergeben, als
klare «einfache» Chancen nicht verwertet wurden. Goalie Thomas Isenrich machte sich mit seinem Dutzend
Paraden der ersten Halbzeit zu St. Otmars Mann des Spiels. Mehr als drei
Tore betrug der Abstand in der zweiten Halbzeit nie. In den letzten zwölf
Minuten schossen die Winterthurer
nur noch zwei Tore, die­se Angriffsleistung kostete ihnen den zweiten Punkt.
Elf Tore in Halbzeit 2 reichten nicht
für einen Sieg. Mit ein Grund war, dass
die St. Galler Abwehr nun, als sie teils
offensiver stand, mehr Wirkung zeigte.
Vor allem von Pfadis Rückraum ging
nach der Pause zu wenig Torgefahr
aus. Daran änderte auch Jun-Hee Lee
nichts, der in der 52. Minute an Stelle
von Ladislav Tarhai (der in der ersten
Halbzeit fünf Tore erzielt hatte) sein
Comeback gab. Es schien, Lee wolle die
Wende zurück alleine schaffen, er kam
jedoch nicht über ein Tor und drei Fehlwürfe hinaus. Kurth, der Linkshänder
im Rückraum, schoss gestern die meisten Pfadi-Treffer. Der Winterthurer mit
der besten Abschlussquote aber war
Kreisläufer Markus Krauthoff, der wie
schon gegen die Kadetten und den BSV
Bern stark spielte. Fünf Tore aus sieben
Anläufen und drei herausgeholte Penaltys bildeten gestern seine Bilanz. Recht
gut war die Verteidigung, wobei sie sich
Mitte der zweiten Halbzeit etwas häufig von schnellen Anspielen überrumpeln liess. Pramuk hielt solid, Matthias
Baur kam für zwei Penaltys aufs Feld
und parierte gleich beide. «Wir zeigten
keine Exploits wie gegen die Kadetten
und den BSV. Aber insgesamt war die
Leistung der Mannschaft in Ordnung»,
stellte Brüngger fest.
Als Nächstes stehen zwei Spiele gegen GC Amicitia Zürich auf dem Programm: am Mittwochabend das Heimspiel in der Finalrunde und am 11.
April der Cupfinal in Sursee, der Saisonhöhepunkt. lURS STANGER

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