Rheumatoide Arthritis – ein Handbuch
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Rheumatoide Arthritis – ein Handbuch
Elke M. M. Meier Rheumatoide Arthritis – ein Handbuch Rheumatoide Arthritis – ein Handbuch Elke M. M. Meier Mit einem Vorwort von Professor Alan Tyndall Danksagung Besonders danken möchte ich Professor Alan Tyndall von der Uni versität Basel für die Bereitstellung der klinischen Bilder, für das Lesen und Korrigieren dieses Handbuchs und seinen wertvollen Rat. Mein Dank gilt auch Nina Olschowka von Phadia (jetzt Thermo Fisher Scientific) für die detaillierten Korrekturen und ihre hilfreiche Unterstützung. Übersetzung aus dem Englischen von Katja Gromann, Freiburg 3. Ausgabe © 2011 by Phadia GmbH Munzinger Straße 7, D-79111 Freiburg Rheumatoide Arthritis – ein Handbuch Elke M.M. Meier mit einem Vorwort von Professor Alan Tyndall Vorwort Die frühzeitige Diagnose von rheumatoider Arthritis (RA) hat seit Beginn des neuen Jahrtausends aufgrund der Verfügbarkeit effektiver Basismedikamente (engl.: disease modifying agents) eine hohe Priorität erlangt. Diese Medikamente verbessern nicht nur das Wohlbefinden des Patienten, sondern können auch den Krankheitsverlauf und die damit verbundenen Gelenkschädigungen entscheidend positiv beeinflussen. Das so genannte „Window of Opportunities“ für eine Therapieentscheidung bleibt in vielen Fällen nicht lange offen. Die ACR-Kriterien für die Diagnose und Klassifizierung von rheumatoider Arthritis wurden für die manifeste Erkrankung entwickelt, es fehlt ihnen jedoch die Sensitivität für Synovitis im Frühstadium, bei der einige Patienten einen selbstbegrenzenden und nicht destruktiven Verlauf erleben, andere jedoch eine Bindegewebeerkrankung wie SLE entwickeln. Der klassische IgM-Antikörper-Rheumafaktor bleibt auch weiterhin der goldene Standard für das Bekräftigen von Diagnosen und Aufstellen von Prognosen, er ist jedoch von geringer Spezifität und kann bei früher RA noch negativ sein oder auch nie positiv werden. Aus diesem Grund bedeutet die Entwicklung des Anti-CCPAntikörper-Assays (CCP: cyclische citrullinierte Peptide) für den Arzt einen großen Fortschritt, denn er muss bereits früh entscheiden, ob er symptomatisch behandeln kann oder sofort eine aggressive Behandlungsstrategie einleiten muss. Bereits bei ihrer ersten Beschreibung im Jahr 1998 wurde die Bedeutung bestimmter Antikörper für die Diagnostik im Bereich der RA deutlich. Damals fanden Schellekens und Mitarbeiter im Serum von RA-Patienten spezifische Antikörper, die gegen synthetische Peptide gerichtet waren, welche die Aminosäure Citrullin (ein Argininrest, der nach der Translation modifiziert wird) enthielten. Hoch gereinigt reagieren diese Antikörper auch auf Epitope in Keratin und Filaggrin. Ob sie uns Informationen über die 3 Ursachen von RA liefern können, bleibt eine kritische und zugleich faszinierende Frage der Grundlagenforschung, die derzeit intensiv untersucht wird. Ungeachtet dieser ätiologischen Frage hat der CCP-Antikörpertest in der Klinik längst Einzug gehalten, insbesondere bei Fällen mit negativem Rheumafaktor. Bei diesem Test handelt es sich um ein Verfahren, das ebenso sensitiv wie der klassische Rheumafaktor ist, aber eine höhere Spezifität besitzt. Das vorliegende Handbuch führt prägnant und übersichtlich durch eine klinisch orientierte „Tour“ der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wobei besonderes Augenmerk auf den Einsatz von Anti-CCP-Tests gelegt wird. Alan Tyndall Professor und Leiter der Rheumatologischen Universitätsklinik, Universität Basel 4 Inhalt Vorwort 3 Vorbemerkung 9 1. Was ist rheumatoide Arthritis? 10 1.1 Definition 1.2 Epidemiologie 1.3 Symptome und Diagnose 1.4 Therapie 1.4.1 DMARDs (LWAR) 1.4.2 NSAIDs (NSAR) 1.4.3 Zytostatika/Immunsuppressiva 1.4.4 TNFα-Hemmer 1.4.5 Kortikosteroide 10 11 14 28 29 32 33 34 35 2.Basismerkmale der serologischen Analyse von RA 2.1 Einführung 2.2 Was ist ein Rheumafaktor? 2.3 Was sind Anti-CCP-Antikörper? 2.4 Rheumafaktor als Hilfe bei der Diagnose von RA 2.5 Anti-CCP-Antikörper als Hilfe bei der Diagnose von RA 2.6 Vorhersagewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 3.1 Einführung 3.2 Häufige Differenzialdiagnosen 3.2.1 Bindegewebeerkrankungen 3.2.1.1 SLE 37 37 38 44 52 55 61 66 67 67 69 69 5 Inhalt 3.2.1.2 Sklerodermie (Systemische Sklerose) 76 3.2.1.3 Polymyositis/Dermatomyositis 81 3.2.1.4 Undifferenzierte Bindegewebeerkrankung (UCTD: Undifferentiated Connective Tissue Disease)86 3.2.2 Seronegative Spondylarthropathie 87 3.2.2.1 Spondylitis ankylosans 88 3.2.2.2 Reaktive Arthritis (Reiter-Krankheit) 92 3.2.2.3 Arthritis psoriatica 95 3.2.2.4 Entzündliche Darmerkrankung 99 3.2.3 Bakterielle (infektiöse) Arthritis 102 3.2.4 Virale Arthritis 105 3.2.5 Osteoarthritis 108 3.2.6 Gicht (Arthritis urica) 112 3.2.7 CPPD-Ablagerungskrankheit (CPPD: Calciumpyrophosphat-Dihydrat)115 3.2.8 Fibromyalgie 118 3.2.9 Polymyalgia rheumatica 120 3.2.10 Behçet-Krankheit 123 3.2.11 Lyme-Arthritis 125 3.2.12 Glukokortikoid-Entzugssyndrom 127 3.2.13 Weitere medizinische Gegebenheiten, die mit Arthropathie einhergehen können 128 4. Zusammenfassung 129 Quellen 131 Index 143 6 Liste der Abkürzungen ACR American College of Rheumatology (Amerikanische Gesellschaft für Rheumatologie) AKAAnti-Keratin-Antikörper ANA Antinukleäre Antikörper APF Antiperinukleärer Faktor ASCAAnti-Saccharomyces-cerevisiae-Antikörper B-Zellen Lymphozyten, die sich im Bursaäquivalent bilden BiPSchwerketten-Bindungsprotein BSGBlut(körperchen)senkungsgeschwindigkeit CCP Cyclisches citrulliniertes Peptid CENP-BZentromer-Bindungsprotein COXCyclooxygenase CPPDCalciumpyrophosphat-Dihydrat CRP C-reaktives Protein DAS Disease Activity Score (Krankheitsaktivitätsindex) DIPDistales Interphalangealgelenk (Endgelenk von Fingern und Zehen) DMARD Disease Modifying Antirheumatic Drug (dt.: krankheitsmodifizierende Antirheumatika; LWAR: Langwirksame Antirheumatika) FabAntigen-bindendes Fragment von Immunglobulinen (engl.: fragment antigen binding) FcKristallisierbares Fragment von Immunoglobulinen (frz.: fragment crystalline) HAQ Health Assessment Questionnaire (Fragebogen zur Selbsteinschätzung durch Patienten) HEp-2 Humane Epitheloidzelllinie HLA Human Leukocyte Antigen (engl.) IBDEntzündliche Darmerkrankung (eng.: inflammatory bowel disease) 7 Liste der Abkürzungen IIF Indirekte Immunfluoreszenz IL-1 Interleukin 1 MCP Metacarpophalangealgelenk (Gelenk der Mittelhand) MRI Magnetic Resonance Imaging (dt.: MagnetresonanzTomographie) MTP Metatarsophalangealgelenk (Gelenk des Mittelfußes) NK-Zelle Natürliche Killerzelle NMRNuclear Magnetic Resonance (dt.: Kernspinresonanz) NSAIDNonsteroidal Anti-Inflammatory Drug (dt.: Nicht-steroidale Antirheumatika: NSAR) PADPeptidylarginindesaminase p-ANCA Perinukleäre, antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (engl.: perinuclear antineutrophil cytoplasmic antibodies) PIP Proximales Interphalangealgelenk (Mittelgelenk von Fingern und Zehen) PMR Polymyalgia rheumatica RA Rheumatoide Arthritis RFRheumafaktor SLE Systemischer Lupus erythematodes TNFTumor-Nekrose-Faktor Topo I Topoisomerase I (Scl-70) 8 Vorbemerkung Die rheumatoide Arthritis, im deutschen Sprachgebrauch auch chronische Polyarthritis (cP) genannt, war bereits im Altertum bekannt. Paläopathologische Untersuchungen von 3000 bis 5000 Jahre alten Proben lieferten Hinweise darauf, dass bereits die Ureinwohner Nordamerikas an rheumatoider Arthritis gelitten hatten. Beweise für rheumatoide Arthritis in Europa tauchten erstmals in der Kunst des frühen 17. Jahrhunderts, möglicherweise bereits des 15. Jahrhunderts auf. Definiert wurde die Krankheit erstmals im Jahre 1859 von Garrod. Heutzutage stellt die rheumatoide Arthritis eine weit verbreitete, häufig zur Invalidität führende Krankheit mit erheblichen Auswirkungen auf das Gesundheitsweisen dar. Insbesondere im Frühstadium bleibt die Diagnose dieser Krankheit jedoch schwierig, und es sind dringend zusätzliche, effiziente Diagnosemittel erforderlich. Im Jahr 1998 beschrieben Schellekens und Mit arbeiter einen neuen Marker-Antikörper für rheumatoide Arthritis (Anti-CCP-Antikörper). Seitdem wurde diesen Antikörpern viel Beachtung geschenkt. Zahlreiche Studien führten zu vielversprechenden Ergebnissen, und der Assay wurde im Mikrotiter plattenformat vermarktet. Als Folge dieser Entwicklung lancierte Phadia (jetzt Thermo Fisher Scientific) im November 2004 einen Anti-CCP-Antikörper-Assay im EliA® Format. Dieses Ereignis ermutigte uns dazu, dieses Handbuch zu schreiben. Im ersten Kapitel wird eine kurze Einführung in die rheumatoide Arthritis gegeben. Im zweiten Kapitel werden grundlegende Merkmale sowie das diagnostische Potential von AntiCCP-Antikörpern im Vergleich zum Rheumafaktor näher untersucht. Im dritten Kapitel werden schließlich die grundlegenden Aspekte der aktuellen Diagnostik (einschließlich der wichtigsten Differenzialdiagnosen) dargestellt. Das Handbuch richtet sich an Interessierte, die sich insbesondere über diese neue, aufregende Möglichkeit im Bereich der RA-Diagnostik informieren wollen. Ziel ist dabei nicht die Vollständigkeit der Informationen, sondern vielmehr die Anregung, sich näher mit diesem Thema zu befassen. 9 1 Was ist rheumatoide Arthritis? 1.1Definition Arthritis bedeutet wörtlich „Entzündung des Gelenks“ (griech.: arthron = Gelenk; -itis = Entzündung). Da verschiedene Faktoren zu einer Gelenkentzündung führen können, gibt es viele Arten von Arthritis, wie beispielsweise Osteoarthritis, Arthritis psoriatica, rheumatoide Arthritis oder Gicht. Wenn die Diagnose von rheumatoider Arthritis (der häufigsten Form von entzündlichen Gelenkerkrankungen) gestellt werden soll, müssen alle anderen Formen von Arthritis ausgeschlossen werden. Eine umfassende Liste hierzu finden Sie in Kapitel 3.2, „Häufige Differenzialdiagnosen“. Die richtige Diagnose rheumatoider Arthritis stellt für jeden Arzt eine echte Herausforderung dar. Unter rheumatoider Arthritis (RA) versteht man eine chronische, systemische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem das Gewebe des Erkrankten selbst angreift. Sie kann aufgrund chronischer Entzündungen zu schweren Schädigungen der Gelenke (z. B. der Hände und Füße) führen. RA ist gekennzeichnet durch symmetrische, erodierende Gelenksynovitis (Entzündung der Synovialis, einer Gewebeschicht, die die Gelenke umgibt und schmiert). Da es sich um eine systemische Krankheit handelt, können darüber hinaus zahlreiche andere Organsysteme betroffen sein, wie z. B. Herz, Lunge, Haut oder Augen (siehe Kap. 1.3, „Symptome und Diagnose“). Infektiöse Agenzien wie Bakterien (Mykoplasma, Mykobakterien, Enterobakterien) oder Viren (Retrovirus, Herpes-Virus, Epstein-Barr-Virus, Rubella, Parvovirus) wurden bereits in die Ätiologie miteinbezogen, bisher ist deren Beteiligung jedoch nicht erwiesen. Der starke HLA-Bezug (siehe Kap. 1.2, „Epidemiologie“) stützt die These, dass Antigenerkennungsprozesse eine Rolle spielen könnten. Dies scheint nachvollziehbar, da bei Autoimmun erkrankungen die Differenzierung zwischen körpereigenen und fremden Substanzen (Fremdeindringlingen wie Bakterien oder Viren) gestört ist. Ebenfalls diskutiert wird die Beteiligung freier Radikale an der Pathogenese. Die Ätiologie muss jedoch weiterhin 10 als ungeklärt gelten. Die Auslöser der RA lassen sich nur schwer untersuchen. Vermutet werden physische oder emotionale Traumata, Infektionen und Impfungen. Keiner dieser Faktoren konnte jedoch bisher wissenschaftlich untermauert werden. Derzeit ist keine Heilung der rheumatoiden Arthritis möglich. Die heutigen Behandlungsmethoden sind darauf ausgelegt, Schmerzen zu lindern, die Entzündung abzumildern, die Gelenkzerstörung zu verlangsamen oder zu stoppen und die Funktionskapazität zu verbessern (siehe Kap. 1.4, „Therapie“). Auf den Punkt gebracht Definition: Rheumatoide Arthritis Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronische, systemische Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem des Patienten das körpereigene Gewebe angreift. Sie ist gekennzeichnet durch symmetrische, erodierende Gelenksynovitis. Die Ätiologie ist ungeklärt, die Beteiligung von Bakterien und Viren wird jedoch untersucht. 1.2 Epidemiologie Rheumatoide Arthritis ist die häufigste Form entzündlicher Gelenkerkrankungen und kommt weltweit bei 0,8 – 1 % der Allgemeinbevölkerung vor. In den USA sind 2,1 Millionen Menschen betroffen, weltweit gibt es 165 Millionen RA-Patienten. Die Prävalenz ist bei der indianischen Bevölkerung Nordamerikas höher und in bestimmten Gebieten Italiens und Europas niedriger. Bei den Indianern liegt die Prävalenz bei 3,5 % bis 5,3 %. In den ländlichen Gebieten Südafrikas und in China ist die RA hingegen außergewöhnlich selten verbreitet. Frauen sind zwei bis vier Mal häufiger betroffen als Männer. Die Prävalenz steigt mit dem Alter und erreicht bei Frauen über 55 einen Wert von 5 %. In den USA verursachte die rheumatoide Arthritis im Jahr 1992 aufgrund von Produktivitätsverlust und medizinischer Versorgung Kosten von ungefähr 65 Milliarden US-Dollar bzw. 0,3 % des Bruttoinlands- 11 1. Was ist rheumatoide Arthritis? produkts. Die direkten medizinischen Kosten für Patienten mit RA im Frühstadium beliefen sich Berichten zufolge auf durchschnittlich 5.913 US-Dollar pro Krankheitsfall und Jahr, während die indirekten Kosten bei durchschnittlich 11.750 US-Dollar pro Fall und Jahr lagen. 50 % der RA-Patienten erleben in den ersten beiden Jahren der Krankheit eine zunehmende Einschränkung der Funktionskapazität und gelten innerhalb von 10 Jahren als funktionell schwer beeinträchtigt und arbeitsunfähig. Jüngere Ergebnisse zeigen, dass RA möglicherweise mit einer verkürzten Lebensdauer in Zusammenhang steht. Berichten zufolge müssen RA-Patienten mit einer um 3 bis 10 Jahre verkürzten Lebenserwartung rechnen. Bei Erwachsenen liegt die Inzidenz neuer Fälle bei circa 10– 20/100.000/Jahr bei Männern und bei 20–40/100.000/Jahr bei Frauen. Sie steigt mit dem Lebensalter. Im Gegensatz zur Inzidenz von Diabetes Typ I wurde bei der Inzidenzrate von rheumatoider Arthritis im Verlauf der letzten 40 Jahre ein Rückgang verzeichnet. Die Inzidenzrate von rheumatoider Arthritis hängt von verschiedenen Variablen ab. Sie ändert sich nicht nur mit der geografischen Lokalisation, mit Geschlecht und Alter, sondern auch mit dem Zeitraum zwischen dem erstmaligen Auftreten einer undifferenzierten rheumatoiden Erkrankung und der Manifestation (30,8/100.000 bei Frauen und 12,7/100.000 bei Männern nach einer Verlaufsbeobachtung von einem Jahr im Vergleich zu 54,0/100.000 bei Frauen und 24,5/100.000 bei Männern nach einer Verlaufsbeobachtung von 5 Jahren laut einer 1999 durchgeführten Studie). Eine genauere Einschätzung der Inzidenzrate von rheumatoider Arthritis erfordert eine langfristige Verlaufsbeobachtung von Patienten mit undifferenzierter entzündlicher Polyarthritis. Ferner tritt die RA in der nördlichen Hemisphäre im Winter häufiger erstmalig auf als im Sommer. Rheumatoide Arthritis weist einen starken Zusammenhang mit dem Klasse-II-Haupthistokompatibilitätskomplex (Human Leukocyte Antigen: HLA) auf, der auf Chromosom 6 lokalisiert ist. Dieses dimere Protein ist an der Interaktion zwischen T-Lymphozyten und Antigen-präsentierenden Zellen beteiligt (Antigenpräsentation). Die Anfälligkeit für RA wurde einer Sequenz des HLA-DRB1-Moleküls zugeordnet („gemeinsames 12 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Epitop“, „Suszeptivitätskassette“). Diese Sequenz ist identisch mit einer Sequenz im Glykoprotein(gp)110 des Epstein-Barr-Virus, der in gewissem Zusammenhang mit der Pathogenese von RA steht. Immunkomplexe, die gp110 enthalten, binden sich an spezifische B-Zellen, die sie den T-Zellen präsentieren und von spezifischen T-Zellen Hilfe erhalten. Im Rahmen einer Studie an der Mayo Clinic in den USA trugen 68 % der bezüglich des Rheumafaktors seronegativen Patienten das gemeinsame Epitop im Vergleich zu 97 % der Patienten, die seropositiv waren. Die RA-assoziierten HLA-Typen sind bei Nordeuropäern und Amerikanern HLA-DR4, Dw4 (HLA-DRB1*0401), HLA-DR4, Dw14 (HLA-DRB1*0404) und HLA-DR1, Dw1 (HLA-DRB1*0101), bei Italienern, in Israel lebenden Juden und einigen Hispanoamerikanern ist es der Typ HLA-DR1, Dw1 (HLA-DRB1*0101) und bei den YakimaIndianern am Nordwestpazifik ist es HLA-DR6, Dw16 (HLADRB1*1402). HLA-DR4 kann bei bis zu 70 % der Patienten mit RA vorhanden sein. Eine gewisse familiär bedingte Häufung von RA konnte zwar festgestellt werden, ist jedoch nicht stark ausgeprägt. Der Vergleich von monozygoten und dizygoten Zwillingen im Rahmen einer Studie ergab eine 3 bis 4 Mal höhere Konkordanz von RA, was auf eine erhebliche Bedeutung genetischer Faktoren für die Erkrankung schließen lässt. Auf den Punkt gebracht Epidemiologie • Rheumatoide Arthritis ist die häufigste Form entzündlicher Gelenkerkrankungen, an der 0,8 bis 1 % der Allgemeinbevölkerung leiden. • Die Wahrscheinlichkeit, an RA zu erkranken, ist bei Frauen zwei bis vier Mal hö- her als bei Männern. Die Prävalenz steigt mit dem Alter und erreicht 5 % bei Frauen über 55 Jahren. • Rheumatoide Arthritis steht in engem Zusammenhang mit dem Klasse-IIHaupthistokompatibilitätskomplex (Human Leukocyte Antigen: HLA). • Eine familiär bedingte Häufung von RA ist erkennbar, allerdings nur in geringem Maße. 13 1. Was ist rheumatoide Arthritis? 1.3 Symptome und Diagnose Die Diagnose von RA erfolgt im Wesentlichen nach klinischen Gesichtspunkten. Der serologische Nachweis kann jedoch als zusätzlich stützender Wert dienen. Die Krankheit beginnt in wenigen Fällen (bei 8–5 %) plötzlich (innerhalb eines Zeitraums von 24 bis 48 Stunden). Typischerweise (bei 55–70 % aller Fälle) entwickelt sich die RA jedoch insidiös über einen Zeitraum von mehreren Wochen. Bei 15–20 % der Patienten wird ein intermittierender Krankheitsbeginn beobachtet. Die ersten Symptome können systemisch oder artikulär auftreten. Manche Patienten beklagen als erste Symptome Müdigkeit, Unwohlsein oder diffuse Schmerzen des Bewegungsapparats. Häufig bemerken Patienten zuerst die Morgensteifigkeit in einem oder mehreren Gelenken, die normalerweise von Schwellungen, Schmerzen bei Bewegung und Druckempfindlichkeit der Gelenke begleitet wird. Damit einhergehen kann die lokale Überwärmung, Erytheme treten jedoch nicht auf. Die Morgensteifigkeit ist wahrscheinlich auf die Ansammlung von Ödemflüssigkeit während des Schlafens zurückzuführen. Die Abb. 1.1: Rheumatoide Arthritis im Frühstadium mit Schwellungen der proximalen Interphalangealgelenke, die zum spindelförmigen Aussehen der Finger führen 14 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Abb. 1.2: Rheumatoide Arthritis im Spätstadium mit Zeichen einer chronischen Schwellung im Handgelenk, dem Metacarpophalangealgelenk (Mittelhandgelenk) und in den proximalen Interphalangealgelenken sowie eine sichtbare Atrophie der Musculi interossei Dauer der Morgensteifigkeit in Minuten und die Messung der Kraft beim Greifen (engl.: grip strength) sind häufig verwendete Indizes der Krankheitsaktivität. Die Anzahl der betroffenen Gelenke ist äußerst variabel, aber in nahezu allen Fällen führt der Krankheitsprozess schließlich zur polyartikulären Ausprägung. Die durchschnittliche Verzögerung nach erstmaligem Auftreten der Erkrankung bis zur Diagnose beträgt 9 Monate. Im typischen Fall tritt die entzündliche Polyarthritis beidseitig und symmetrisch auf und betrifft kleine und große Gelenke in den oberen und unteren Extremitäten. Das Achsenskelett bleibt mit Ausnahme der Halswirbelsäule verschont. Bei den meisten Patienten sind anfangs die kleinen, proximalen Gelenke von Fingern und Zehen sowie Fuß- oder Handgelenke betroffen. Die Schwellungen der proximalen, nicht aber der distalen Interphalangealgelenke (Grund- und Mittelgelenke von Fingern und Zehen) und der Gelenke der Mittelhand verleihen den Fingern ein spindelförmiges Aussehen (siehe Abb. 1.1 und 1.2). Im Verlauf der Krankheit werden auch Knie (bei 80 % der Patienten), 15 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Abb. 1.3: Histologie von Rheumaknoten: der zentrale Nekrosebereich ist von einer Fibroblastenschicht umgeben Ellenbogen, Schultern (bei 60 % der Patienten) und die Halswirbelsäule (bei 60–70 % der Patienten) in Mitleidenschaft gezogen. Die Entzündung konzentriert sich typischerweise auf die Synovialmembran. Sie wird begleitet von einer vermehrten Proliferation von Synovialdeckzellen und einem verstärkten Abziehen von Synovialzellen aus dem Knochenmark. Hierdurch wird die Synovialschicht in Falten geworfen, was zu der für RA charakteristischen Synovialproliferation führt. Darüber hinaus findet ein massiver Zustrom von Leukozyten in das Synovialstroma statt. Zu den bei RA auftretenden Gelenkschädigungen gehören Knorpelabbau, Knochenerosionen und Schädigungen von Sehnen und Bändern. Der Pannus bildet ein destruktives Element in der rheumatoiden Synovialis. Es handelt sich hierbei um eine Fibroblasten Abb. 1.4: Histologisches Detail eines Rheumaknotens 16 Nekrotischer Bereich 1. Was ist rheumatoide Arthritis? wachsende entzündliche Masse von Synovialdeckzellen, die sich in Gelenkknorpeln und Knochen ausbreitet. Der durch RA bedingte Synovialpannus ist sehr gefäßreich und mit entzündeten Zellen gefüllt. Zellen im Pannusgewebe zeigen viele Merkmale t ransformierter Zellen und dringen beispielsweise in Knorpel und Knochen ein. Darüber hinaus werden hohe Konzentrationen von Zytokinen und destruktiven Enzymen, z. B. Matrix-Metalloproteasen, exprimiert. Dies führt zu Knorpelund Knochenschädigungen. Eine feine, bereits früh auftretende Veränderung bei RA ist die Abb. 1.5: Rheumaknoten Entwicklung einer Muskelatrophie um die Gelenke. Wichtige klinische Merkmale der RA sind symmetrische Poly arthritis mit Morgensteifigkeit und subkutanen Knoten, die sich in späteren Krankheitsstadien bei ungefähr 20–35 % der Patienten entwickeln. Rheumaknoten bestehen aus einem zentralen nekrotischen Bereich (Ur sache Vaskultitis), der von einer Fibroblastenschicht und einer Kollagenkapsel umgeben ist (siehe Abb. 1.3 und 1.4). Meistens entstehen sie an knöchernen Bereichen mit erhöhter Druckbelastung, z. B. an Ellenbogen, Fingergelenken oder im Bereich von Sitz- oder Kreuzbein (siehe Abb. 1.5). Bei nahezu allen Patienten mit Rheumaknoten ist der Abb. 1.6: Gelenknahe Osteopenie der Hand, keine Knochenerosionen 17 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Rheumafaktor im Serum nachweisbar. Auch die Radiologie kann typische Veränderungen zum Vorschein bringen. Charakteristische radiologische Kennzeichen von rheumatoider Arthritis sind Knochenerosion, Knorpelverlust, gelenknahe Osteopenie (Abnahme der Knochendichte) und Weichteilschwellungen. In frühen Krankheitsstadien jedoch sind einfache Röntgenaufnahmen für die meisten Patienten nicht hilfreich, da sie normalerweise nur Weichteilschwellungen oder gelenknahe Osteopenie (siehe Abb. 1.6) abbilden. Erst im späteren Verlauf tritt die Gelenkzerstörung mit Beeinträchtigung der Gelenkfunktion und/oder -strukturen ein. Röntgenaufnahmen können Gelenkspaltverschmälerung, diffuse Osteoporose und schließlich marginale Knochenerosionen zeigen, die sich zu subchondralen Erosionen fortentwickeln können (siehe Abb. 1.7 bis 1.10). Deformitäten von Händen und Füßen, Sehnenrupturen und Instabilität der Halswirbelsäule sind weitere Merkmale von RA im Spätstadium (siehe Abb. 1.11 und 1.12). Zu den Deformitäten der Hand gehören die Ulnardeviation (der Mittelhandgelenke) und die Schwanenhals-Deformität (Beugung der Fingerend- und Mittelhandgelenke bei gleichzeitiger Überstreckung der Fingermittelgelenke). Die Verwendung der Arthroskopie ermöglicht den Rheuma tologen eine direkte Untersuchung der Synovialis. Durch den Einsatz dieses Verfahrens kann das Fortschreiten der Krankheit eingestuft werden, bevor radiologische Veränderungen erkennbar sind. In Stadium I ist ein pathologischer Befund der Synovialis sichtbar, es findet jedoch noch keine Invasion der Knorpel statt. In Stadium II dringt die proliferierende Synovialis bis zu den Knorpeloberflächen vor, und es zeigen sich periphere Knorpelerosionen. Bei der radiologischen Untersuchung sind weder Gelenkspaltverschmälerungen noch Erosionen nachweisbar. Erst in den Stadien III und IV sind radiologische Veränderungen erkennbar. Die Knochenszintigraphie stellt ebenfalls ein hilfreiches bildgebendes Verfahren zur Untersuchung von RA dar. Sie bildet den empfindlichsten Indikator für eine aktive Erkrankung, da sie Hyperämie und Entzündung belegt. Die MagnetresonanzTomographie (Magnetic Resonance Imaging: MRI) weist 18 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Abb. 1.7 – 1.8: Rheumatoide Arthritis in den Händen (Spätstadium): Gelenkspaltverschmälerung, diffuse Osteoporose und Knochenerosionen eine höhere Empfindlichkeit bezüglich der Feststellung von Knochenerosionen auf als die Radiologie. Ihr Einsatz im Bereich der RA-Diagnostik befindet sich derzeit in der Entwicklungsphase. Die vier Stadien der RA wurden nach klinischen, funktionalen und radiologischen Kriterien entsprechend definiert (Stadium I: Gelenkschwellung ohne 19 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Abb. 1.9 – 1.10: Progressive Erosionen bei RA: linke Hand und rechter Fuß einer 28jährigen Frau im Frühstadium der Erkrankung und nach 18 Monaten alternativer Behandlung Beeinträchtigung der Aktivitäten; Stadium II: Synovitis mit leichten Bewegungseinschränkungen, gelenknahe Dekalzifikation; Stadium III: Deformierungen, Muskelatrophie, Tendinitis, eingeschränkte Funktionskapazität, Knochendestruktion; Stadium IV: ausgeprägte Deformierungen, Gelenk instabilität, hochgradige Einschränkung der Funktions kapazität (Rollstuhlabhängigkeit oder Bettlägerigkeit, fortgeschrittene Gelenkzerstörung). Die Krankheit verläuft in manchen Fällen monozyklisch, mit einer Rückbildung über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr (bei 20 % der Patienten). Bei 70 % der Fälle verläuft die RA 20 1. Was ist rheumatoide Arthritis? jedoch polyzyklisch mit teilweiser Remission und mit Progression. Nur etwa 10 % der Patienten erleben eine komplette Remission. Leider ist das Krankheitsmuster bei den einzelnen Patienten nicht vorhersehbar. Es sind allerdings Risikofaktoren für eine ungünstige Prognose bekannt (siehe Kap. 2.6, „Prognosewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern“). Aus noch unbekannten Gründen nimmt die RA bei Männern und älteren Menschen typischerweise einen schlimmeren Verlauf. Die RA-Aktivität sinkt bei etwa 70 % der Frauen während der Schwangerschaft. Palindromer Rheumatismus kennzeichnet sich durch wiederkehrende Schmerzepisoden, Schwellungen und Überwärmung (über einen Zeitraum von mehreren Tagen bis Wochen), die in der Regel ein bis drei Gelenke betreffen. Symptomfreie Intervalle dauern normalerweise Wochen bis Monate. Bei 30–40 % der Patienten werden die wiederkehrenden Episoden häufiger und können in rheumatoide Arthritis übergehen. Möglicherweise entwickelt sich eine Seropositivität in Bezug auf den Rheumafaktor. Die Krankheitsaktivität von RA wird normalerweise durch eine Selbsteinschätzung des Patienten eingestuft. Diese Art der Einstufung ist bei RA Standard und wird bei klinischen Tests routinemäßig durchgeführt. Der sogenannte Stanford Health Assessment Questionnaire (HAQ) ist das am häufigsten eingesetzte Instrument zur Messung der funktionellen Kapazität. Es handelt Abb. 1.11 – 1.12: Deformitäten von Hand und Fuß (RA im Spätstadium) 21 1. Was ist rheumatoide Arthritis? sich dabei um einen 20 Punkte umfassenden Fragebogen mit einer Skala von 0 bis 3. Weitere Fragebogen zur Selbsteinschätzung sind der Functional Disability Index (FDS) sowie Arthritis Impact Measurement Scales (AIMS). Eine Beurteilung durch den Arzt ist eine weitere Möglichkeit, ein Maß der Krankheitsaktivität zu erfassen. Der DAS (Disease Activity Score: Krankheitsaktivitäts index) berücksichtigt die Anzahl der empfindlichen Gelenke, die Anzahl der geschwollenen Gelenke, die BSG (Blutsenkungsge schwindigkeit) sowie die allgemeine Beurteilung des Patienten. Neben artikulären Krankheitszeichen können auch systemische Symptome wie Müdigkeit, Unwohlsein, Gewichtsverlust, Anämie, Thrombozytose und unspezifische, diffuse Schmerzen des Bewegungsapparats auftreten. Auch grippeähnliche Sympto me sind nicht ungewöhnlich. Etwa 20 % der Patienten entwickeln Rheumaknoten, häufig an knöchernen Bereichen mit hoher Druckbelastung wie z. B. an den Ellenbogen. Bei der systemischen RA können sich weitere extraartikuläre Symptome manifestieren. Dazu gehören ein positiver Rheumafaktor, systemische Vaskulitis, Lungenknötchen, interstitielle Fibrose, Perikarditis und Keratoconjunctivitis sicca als Teil des sekundären SjögrenSyndroms (siehe unten) (siehe Tab. 1.1). Tabelle 1.1: Extraartikuläre Manifestationen von RA Organ Manifestation Blutgefäße Systemische Vaskulitis (kleine Gefäße) Lunge Lungenknötchen Interstitielle Fibrose Herz Perikarditis Augen Keratoconjunctivitis sicca, Episkleritis und Skeleritis Haut Subkutane Knoten (Rheumaknoten) Immunsystem Rheumafaktor 22 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Felty-Syndrom: Splenomegalie, Leukopenie, bakterielle Infektion, Ulzera Etwa 1 % der RA-Patienten leiden unter dem Felty-Syndrom. Neben den RA-Symptomen treten dabei Splenomegalie, Leukopenie, bakterielle Infektionen und Ulzera auf. Ferner liegt ein erhöhtes Risiko lymphoproliferativer Malignitäten vor. 18–30 % der Patienten mit einer RA zeigen das sekundäre Sjögren-Syndrom. Dieses Syndrom ist neben den RA-Symptomen durch trockene Augen und trockenen Mund (Sicca-Syndrom), Hypoazidität des Magens und exokrine Pankreasinsuffizienz gekennzeichnet. Im Gegensatz zu Patienten mit primärem SjögrenSyndrom sind Patienten mit sekundärem Sjögren-Syndrom häufig seronegativ in Bezug auf Anti-SSA/Ro- und Anti-SSB/LaAntikörper. In diesem Zusammenhang relevante Laborwerte sind solche, die eine Entzündung anzeigen, wie beispielsweise eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), ein erhöhter CRP-Wert (Creaktives Protein) und der Rheumafaktor (RF). Die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) stellt einen allgemein gültigen und einfachen Marker für eine Entzündungsaktivität in Zusammenhang mit RA dar und wird seit mehr als 65 Jahren verwendet. Sie basiert auf den Auswirkungen von Veränderungen in den Plasmaproteinen auf die Geschwindigkeit, in der rote Blutkörperchen aufgrund der Schwerkraft durch das Plasma fallen. Bei RA korreliert eine erhöhte BSG häufig mit dem Schweregrad der Entzündung. Bei manchen Patienten ist die Blutsenkung jedoch völlig normal. Eine Erhöhung der BSG ist nicht spezifisch für rheumatoide Arthritis, sondern ist auch bei anderen Zuständen festzustellen, wie z. B. SLE, Anämie, Infektionen, Schwangerschaft, Trauma, Malignität, Lebererkrankungen und Stress. Auch das Alter kann eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit mit sich bringen. Die Messung von C-reaktivem Protein (CRP) liefert einen weiteren Marker für systemische Entzündungen, der zur Beurteilung von RA-Patienten dient. CRP wird von der Leber produziert. Die Messung von CRP erfolgt durch Immunassay oder Nephelometrie. Serienbestimmungen von CRP dienen dazu, den Krankheitsverlauf der RA und das Ansprechen auf die Therapie 23 1. Was ist rheumatoide Arthritis? zu überwachen. Ein erhöhter CRP-Wert ist nicht spezifisch für RA, sondern tritt unter ähnlichen Umständen wie eine erhöhte BSG auf. Verwirrenderweise ist bei Patienten, die positiv auf eine Therapie ansprechen, nicht unbedingt auch ein fallender BSGund CRP-Wert zu beobachten. Der Rheumafaktor (RF) liegt bei RA häufig vor: Bei etwa 75– 80 % der RA-Patienten wird ein positiver Rheumafaktor gegen IgM nachgewiesen (detaillierte Informationen hierzu siehe Kap. 2.2, „Was ist ein Rheumafaktor?“ und Kap. 2.4, „Rheumafaktor als Hilfe bei der Diagnose von RA“). Da die Bestimmung des RF jedoch einen Test von bescheidener Sensitivität und nur geringer Spezifität darstellt, kann weder sein Vorhandensein noch seine Abwesenheit eine klare Differenzierungshilfe zwischen rheumatoider Arthritis und anderen Erkrankungen bieten. Nur 25 % der RF-positiven Patienten leiden tatsächlich unter RA, alle übrigen sind entweder gesund oder leiden unter einer anderen Autoimmun- oder Infektionskrankheit. Obwohl Laborergebnisse wie der Rheumafaktor eine gewisse Vermutung stützen können, sind Diagnose und Differenzialdiagnostik zur Abgrenzung der RA von anderen, verwandten Erkrankungen hauptsächlich von klinischen Merkmalen abhängig (siehe Kap. 3.2, „Häufige Differenzialdiagnosen“). Im Jahr 1987 entwickelte das American College of Rheumatology (ACR), die wissenschaftliche Fachgesellschaft der US-amerikanischen Rheumatologen, revidierte Kriterien für die Klassifikation der rheumatoiden Arthritis: Tabelle 1.2: Revidierte ACR-Kriterien für die Klassifikation von RA Patienten gelten als RA-Patienten, wenn mindestens vier der sieben Kriterien erfüllt sind Kriterium Definition Morgensteifigkeit1) In Gelenken und Gelenknähe von wenigstens einer Stunde Dauer 24 1. Was ist rheumatoide Arthritis? 1) Kriterium Definition Arthritis in drei oder mehr Gelenkregionen1) Von einem Arzt festgestellt, gleichzeitig auftretend, mit Weichteilschwellungen oder Gelenkergüssen, nicht nur Knochenüberwucherung. Zu den 14 möglicherweise betroffenen Gelenkregionen gehören rechte oder linke proximale Interphalangealgelenke (Mittel- und Grundgelenke von Fingern und Zehen), Metacarpophalangealgelenke (Fingerknöchel) , Hand-, Ellenbogen-, Knie- und Sprunggelenke sowie Metatarsophalangealgelenke (Mittelfußgelenke) Arthritis an Handgelenken1) Arthritis an Handgelenken, Metacarpophalangealgelenken oder proximalen Interphalangealgelenken Symmetrische Arthritis1) Gleichzeitig beidseitiger Befall der gleichen Gelenkregionen Rheumaknoten Von einem Arzt festgestellte, subkutane Knoten über Knochenvorsprüngen, Muskelstreckseiten oder gelenknahen Regionen Rheumafaktor im Serum Nachweis von abnormalen Mengen von Rheumafaktor im Serum mit einer Methode, deren positiver Nachweis bei einer normalen Kontrollgruppe unter 5 % liegt Radiologische Veränderungen RA-typische Veränderungen bei Hand- und Handgelenksradiographien (posterior-anterior), die Erosionen oder eindeutige Knochendekalzifikation in den betroffenen Gelenken bzw. am ausgeprägtesten nahe der betroffenen Gelenke zeigen müssen muss während mindestens 6 Wochen bestehen Diese Kriterien wurden zwar als Hilfsmittel für die Krankheitsklassifikation zu epidemiologischen Zwecken entwickelt, sie können jedoch auch als Richtlinien beim Aufstellen einer Diagnose nützlich sein und werden daher häufig als diagnostisches Mittel 25 1. Was ist rheumatoide Arthritis? herangezogen. Das Fehlen der Kriterien schließt jedoch, besonders bei Patienten im Frühstadium der Erkrankung, die Krankheitsdiagnose nicht aus. Die bei den Kriterien verwendeten Parameter spiegeln den Status der chronischen Erkrankung einschließlich Knoten und Erosionen wider. Aus den ACR-Kriterien lässt sich ableiten, dass eine definitive Diagnose erst nach einer mehrwöchigen oder längeren Präsentation der Krankheit möglich ist; vorher können nur Verdachtsdiagnosen gestellt werden. Einer akkuraten Diagnose von RA im Frühstadium stehen inhärente Schwierigkeiten im Wege. Ein Problem hierbei bildet die Tatsache, dass das Definitionsmerkmal der rheumatoiden Arthritis schlechthin die Chronizität ist, die sich aber naturgemäß erst über einen gewissen Zeitraum entwickeln kann. Patienten, die sich erstmals bei praktischen Ärzten oder Rheumatologen vorstellen, erfüllen in vielen Fällen die Kriterien der Krankheitsklassifikation nicht und zeigen atypische Symptome und Anzeichen. Ihr Zustand wird häufig als undifferenzierte Polyarthritis oder undifferenzierte entzündliche Arthritis bezeichnet. Andererseits können bei ungefähr 90 % der RA-Patienten bereits nach zwei Jahren Schädigungen radiologisch nachgewiesen werden. Aus diesem Grund ist eine frühe, wenngleich äußerst schwierig zu stellende Diagnose von RA unerlässlich für die Verordnung einer frühzeitigen Therapie (siehe Kap. 1.4, „Therapie“). Darüber hinaus ist es wichtig, die Patienten mit vermutlich schlechten Prognosen zu identifizieren, um sie mit einer adäquaten Therapie unterstützen zu können. Die ACR-Kriterien zeigten bei Anwendung auf RA-Patienten, die sich in Sekundärbehandlung befanden, eine Sensitivität zwischen 83,5 % und 90 %, bei einer Spezifität zwischen 86 % und 90 %. Bei Anwendung der Kriterien auf 486 Patienten mit entzündlicher Arthritis im Frühstadium (Erkrankungsdauer 1–39 Monate), die sich in Primärbehandlung befanden, stellten sich bei einer Verlaufsbeobachtung von drei Jahren lediglich eine Sensitivität von 57 % und eine Spezifität von 67 % heraus. Dieses Ergebnis veranschaulicht, dass die ACR-Kriterien, die basierend auf ihrer Fähigkeit entwickelt wurden, eine Unterscheidung zwischen 262 Patienten mit manifester RA (durchschnittliche Erkrankungsdauer 7,7–8,6 Jahre) und 262 Patienten mit anderen rheumatischen Er- 26 1. Was ist rheumatoide Arthritis? krankungen herbeizuführen, für die Diagnose von RA im frühesten Stadium in ihrer aktuellen Form nicht geeignet sind. Möglicherweise könnte durch die Verlängerung des Zeitraums der Symptome auf 3 Monate einerseits und durch die Aufnahme von bildgebenden Verfahren (in den Kriterienkatalog) andererseits ein besseres Ergebnis bei der frühen Diagnose erzielt werden. Die Magnetresonanz-Tomographie kann sowohl eine Synovitis als auch Knochenveränderungen sichtbar machen, und anhand der Ultraschalldiagnostik können Erosionen entdeckt werden, noch bevor diese mit Hilfe einfacher Radiologie nachweisbar sind. Die Diagnose einer RA im Frühstadium ist als wahre Herausforderung zu sehen, da zum Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens der Erkrankung weder radiologische noch immunologische Merkmale pathognomonisch für rheumatoide Arthritis sind. Bei etwa 50 % der Patienten ist der Röntgenbefund beispielsweise unauffällig, 60 % haben einen negativen Rheumafaktor und bis zu 60 % zeigen keine Akutphasenreaktion. Aus diesem Grund könnte ein hoch krankheitsspezifischer serologischer Marker, wie Anti-CCP-Antikörper, als wichtiges zusätzliches Hilfsmittel bei der frühzeitigen Diagnose von RA dienen (siehe Kap. 2.3, „Was sind Anti-CCP-Antikörper?“, Kap. 2.5, „Anti-CCP-Antikörper als Hilfsmittel bei der Diagnose von RA“ und Kap. 2.6, „Prognosewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern“). 27 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Auf den Punkt gebracht Symptome und Diagnose • Z u den wichtigsten klinischen Merkmalen von RA zählen symmetrische Poly arthritis mit Morgensteifigkeit und subkutane Knoten. • Im Jahr 1987 entwickelte das American College of Rheumatology revidierte Kri- terien für die Klassifikation von rheumatoider Arthritis. Diese Kriterien werden häufig zum Diagnostizieren der Krankheit herangezogen. Eine definitive Diagnose unter Verwendung dieser Kriterien kann jedoch erst erfolgen, wenn die Krankheit über mehrere Wochen oder länger besteht; vorher handelt es sich um eine Verdachtsdiagnose. • E ine frühzeitige Diagnosestellung von RA gestaltet sich sehr schwierig, andererseits ist sie unerlässlich für die rasche Einleitung einer Therapie. Die Diagnose von RA im Frühstadium gilt als echte Herausforderung, da zum Zeitpunkt der Präsentation weder radiologische noch immunologische Merkmale für die rheumatoide Arthritis pathognomonisch sind. • Im Fall der systemischen RA treten extraartikuläre Manifestationen auf. • F ür die Entzündung relevante Laborwerte sind erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und C-reaktives Protein (CRP). • E s wurden anhand von klinischen, funktionellen und radiologischen Kriterien vier Stadien der RA definiert. • D ie Krankheitsaktivität von RA kann über eine Selbsteinschätzung des Patienten eingestuft werden. Der Stanford Health Assessment Questionnaire (HAQ) ist das am häufigsten eingesetzte Instrument zur Beurteilung der funktionellen Kapazität. 1.4 Therapie Heute ist bekannt, dass die schlimmsten Schädigungen durch RA bereits in den ersten beiden Jahren der Erkrankung eintreten. Gelenkschädigungen lassen sich innerhalb von sechs Monaten nach Einsetzen der Symptome radiologisch nachweisen (Gelenk erosionen können unter Einsatz empfindlicherer Techniken, wie beispielsweise der Magnetresonanz-Tomographie, bereits vier Monate nach Krankheitsbeginn sichtbar gemacht werden). Daher sind frühzeitige Diagnose und Behandlung entscheidend. Aus diesem Grund wurde das früher angewendete Behandlungsmodell 28 1. Was ist rheumatoide Arthritis? der „progressiven Pyramide“ (schwächere Medikamente zu Behandlungsbeginn und anschließendes Steigern der Wirksamkeit) von einem aggressiveren Ansatz abgelöst. Obwohl der Beweis nur schwer zu erbringen ist, so gibt es in der Literatur doch Anhaltspunkte dafür, dass eine frühzeitige Therapie, insbesondere mit Hilfe einer TNF-α-Blockade, den Verlauf einer andernfalls progressiven Erkrankung stoppen kann. Neben der konservativen Behandlung (physikalische Therapie und Ergotherapie, Ruhe) und dem operativen Eingriff ist die medikamentöse Therapie zum Eindämmen der Entzündung von äußerster Wichtigkeit. Bei der medikamentösen Therapie von RA wird unterschieden zwischen Schmerzmitteln (Analgetika), krankheitsmodifizierenden Medikamenten (engl.: disease-modifying anti-rheumatic drugs: DMARDs), nicht-steroidalen Antirheumatika, NSAR (engl.: non-steroidal anti-inflammatory drugs: NSAIDs), zytotoxischen Medikamenten/Immunsuppressiva und biologischen Agenzien (TNF-alpha-Hemmern). 1.4.1 DMARDs (LWAR) Während Patienten mit neu diagnostizierter RA in der Vergangenheit über Wochen oder Monate ausschließlich mit NSAIDs behandelt wurden, setzt ein neuerer Trend darauf, bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Therapie auch so genannte krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs: disease modifying anti-rheumatic drugs) einzuführen, die im Deutschen auch häufig als langwirksame Antirheumatika (LWAR) bezeichnet werden und früher als Basismedikamente bekannt waren. DMARDs zögern die durch RA verursachten Gelenkschäden hinaus, indem sie in die Zytokinproduktion der T-Lymphozyten eingreifen. Hierdurch wird die Akutphasenreaktion unterdrückt und die lokale Gewebeschädigung verhindert. Daneben tritt eine Linderung der mehr systemischen Merkmale der RA ein. Die Behandlung wird normalerweise über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren, möglicherweise auch lebenslang fortgesetzt. DMARDs wirken im Allgemeinen nur langsam, es können daher vier bis sechs Monate vergehen, bevor eine überzeugende Wirkung erkennbar wird. 29 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Zu dieser Gruppe von Therapeutika gehören Hydroxychloroquin (Resochin®), Methotrexat (Matrex® etc.), Sulfasalazin (Salazo pyrin® etc.), D-Penicillamin, Leflunomid (Arava®) sowie par enteral oder oral verabreichtes Gold (Myocrisin®, Ridaura®, Auranofin® etc.) Hydroxychloroquin und Methotrexat werden normalerweise bei der frühen Therapie eingesetzt. Wenige Rheumatologen verwenden Gold an Stelle von Methotrexat. Nach Meinung einiger Autoren sind Sulfasalazin und Methotrexat aufgrund ihrer günstigeren RisikoNutzen-Profile und dem vergleichsweise raschen Wirkungseintritt bei RA im Frühstadium die derzeitigen DMARDs der Wahl. Dies wird jedoch aufgrund der hohen Toxizität von Sulfasalazin von anderen Wissenschaftlern in Frage gestellt. Methotrexat wird wegen seiner hohen Wirkungsrate und der relativen Sicherheit standardmäßig als erste DMARD-Therapie eingesetzt. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen von Sulfasalazin gehören Knochenmarkdepression und Magen-/Darmunverträglichkeit. Die Behandlung mit Sulfasalazin kann auch zu SLE-artigen Symptomen führen, insbesondere in Zusammenhang mit bestimmten HLAHaplotypen und ANA-Positivität. Die häufigsten Nebenwirkungen von Methotrexat sind Übelkeit, Mundschleimhautentzündungen und selten Pneumonitis. Hydroxychloroquine (Antimalariamittel) können Hautausschläge und Magenschmerzen verursachen. Oral verabreichtes Gold ist weniger wirkungsvoll, weist aber auch weniger Nebenwirkungen (Magen-/Darm-Toxizität) auf als par enteral verabreichtes Gold (Proteinurie, Thrombozytopenie, Hautausschlag). Eine positive Wirkung ist normalerweise nach zwei bis vier Monaten erkennbar. Das Monozyten/MakrophagenSystem bildet das wahrscheinlichste Ziel der Aktivität von Goldsalzen (Blockieren der Antigenpräsentation und anderer Komponenten der Makrophagenfunktion). Bei Gegenreaktionen oder fehlender Wirkung wird ein anderes DMARD ausgewählt. D-Penicillamin wurde in den 60er-Jahren eingeführt. Es wird normalerweise Patienten verordnet, die auf Hydroxychloroquin, Methotrexat oder Goldsalze nicht ansprechen oder diese Medikamente nicht vertragen, und bei denen die Krankheit noch aktiv ist. Das Gleiche gilt für Patienten mit fibrotischen Manifestationen. D-Penicillamin wird heute nur noch selten 30 1. Was ist rheumatoide Arthritis? zur Behandlung von RA eingesetzt. Leflunomid wurde in jüngster Vergangenheit für die Verwendung gegen RA zugelassen und ist bei einer Erkrankung moderater Intensität indiziert. Die meisten DMARDs können Nebenwirkungen verursachen und ihre Verwendung erfordert daher regelmäßige Blut- und/ oder Urinkontrollen. In Anbetracht der potenziellen Toxizität von DMARDs liegt die Bedeutung einer exakten Diagnose auf der Hand. Kombinationen von DMARDs empfehlen sich nur bei Patienten, die auf die Monotherapie nicht angemessen ansprechen. Um die Therapie kontinuierlich dem Verlauf der Krankheit anpassen zu können, muss nach Meinung des ACR eine regelmäßige Beurteilung der Krankheitsaktivität erfolgen. Gleichzeitig müssen entsprechende Änderungen der DMARD-Behandlung eingeleitet werden (siehe Abb. 1.13). Abb. 1.13: ACR-Behandlungsalgorithmus für RA (ACR Committee: Guidelines for the Management of Rheumatoid Arthritis. Arthritis Rheum 2002, 46:328–46) 31 1. Was ist rheumatoide Arthritis? 1.4.2 NSAIDs (NSAR) NSAIDs (non-steroidal anti-inflammatory drugs) werden im Deutschen auch als nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) bezeichnet. Sie hemmen die Entzündung und wirken gleichzeitig schmerzlindernd, haben jedoch keine signifikant modifizierende Wirkung auf den zu Grunde liegenden Krankheitsprozess. Während Patienten mit neu diagnostizierter RA in der Vergangenheit ausschließlich mit NSAIDs behandelt wurden, geht der jüngste Trend dahin, bereits im frühen Krankheitsstadium DMARDs einzusetzen, insbesondere bei Patienten mit schlechten Prognosen. NSAIDs bieten kurzfristige Besserung in dem Zeitraum, bevor DMARDs ihre Wirkung zeigen (mehrere Wochen oder Monate). Es gehört zur anerkannten Praxis, RA-Patienten über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg mit NSAIDs zu behandeln. Hinweise deuten auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass sich die entzündungshemmenden Effekte von NSAIDs zur Wirkung von DMARDs addieren. Häufig müssen mehrere NSAIDs ausprobiert werden, um die richtige Therapie für den einzelnen Patienten zu finden. Zu den NSAIDs gehören Naproxen (Naprosyn® etc.), Ibuprofen (Brufen®, Nurofen®, Motrin® etc.), Diclofenac (Voltaren®, Diclomax® etc.), Indometacin (Indocid® etc.), Nabumeton (Reliflex® etc.), Piroxicam (Feldene®) und Aspirin. Sie hemmen die Cyclooxygenasen, die (die von Membranlipiden freigesetzte) Arachidonsäure in Prostaglandine und Prostacycline umwandeln, die ihrerseits als Mediatoren bei Entzündungen, Fieber und Schmerzen fungieren (COX-Hemmer). NSAIDs sind die am häufigsten verschriebenen Arzneimittel gegen arthritische Schmerzen. Sie bilden die weltweit am häufigsten verordnete Substanzklasse. Schätzungen zufolge verwenden zwei bis vier Millionen US-Amerikaner und 30 Millionen Menschen weltweit täglich NSAIDs. Nachfolgend sind die schädlichen Nebenwirkungen traditioneller NSAIDs aufgelistet: – Geschwürbildung, Blutung, Perforation oder Obstruktion des oberen Magen-Darm-Trakts – Nierenschäden 32 1. Was ist rheumatoide Arthritis? – verstärkte Neigung zu blauen Flecken aufgrund mangelnder Funktion der Blutplättchen Cyclooxygenase tritt in zwei Isoenzymen auf (COX-1 und COX2). Konstitutiv exprimiertes COX-1 produziert Prostaglandine, die die Magenschleimhaut vor dem Angriff der Magensäure schützen. Induzierbares COX-2 produziert Prostaglandine meist an Entzündungsherden, aber auch konstitutiv, z. B. in den Nieren. COX-2 liegt in vivo im Synovialgewebe von RA-Patienten vor. Es wird vermutet, dass die entzündungshemmende Wirkung von NSAIDs auf die Hemmung von COX-2 zurückzuführen ist. Die bislang bekannten NSAIDs hemmen die beiden Enzyme unterschiedlich stark und verursachen dabei beträchtliche Nebenwirkungen auf den Magen (durch die Hemmung von COX-1). Aus diesem Grund wurden selektive COX-2-Hemmer entwickelt. Zu dieser Untergruppe der NSAIDs zählen Celecoxib (Celebrex®) und Lumiracoxib (Prexige®). Die COX-2-spezifischen NSAIDs reizen den Magen in viel geringerem Maße, sind jedoch ebenso wirksam wie die bisher üblichen NSAIDs. Sie werden bei Patienten mit hohem Risiko bezüglich Magenproblemen angewendet, bei älteren Menschen sowie bei Patienten, die in der Vergangenheit bereits unter NSAID-vermittelten Magenirritationen oder -unverträglichkeiten litten. Im Rahmen einer Studie, bei der Celecoxib zum Einsatz kam, traten bei nur zwei von 5.285 Patienten signifikante MagenDarm-Komplikationen auf. Alle NSAIDs können Leberentzündungen und Nierenprobleme verursachen. Daher müssen regelmäßig Routineuntersuchungen durchgeführt werden. Insbesondere ältere Patienten sind engmaschig zu überwachen (Hypertonie, Stauungsinsuffizienz, Diabetes, Niereninsuffizienz). 1.4.3 Zytostatika/Immunsuppressiva Azathioprin (Oprisine®, Imuran®) ist ein Purinanalog, das in die DNA-Synthese eingreift. Bei der Behandlung von RA bringt es nur den bescheidenen Nutzen, dass die Glukokortikoid-Dosis gegebenenfalls entsprechend gedrosselt werden kann. Als wichtigste Nebenwirkung ist Knochenmarkdepression mit Neutropenie bekannt. 33 1. Was ist rheumatoide Arthritis? Cyclophosphamid (Endoxan®) gehört zu den Alkylanzien, die die DNA-Stränge vernetzen und die Zellen so in allen Phasen ihres Wachstumszyklus behindern. Dieser Wirkstoff weist eine hohe Toxizität auf (Knochenmarkdepression, Gonadalsuppression, Alopezie, Magen-/Darm-Überempfindlichkeit), seine Anwendung kann jedoch bei RA-Patienten mit schwerer Vaskulitis und anderen extraartikulären Erscheinungen sinnvoll sein. Bei Cyclosporin A handelt es sich um ein Pilzpeptid, das im Bereich der Organtransplantation ein weit verbreite ter Wirkstoff ist. Es besitzt eine hemmende Wirkung auf Lympho zyten (Zytokinproduktion). Auf dem Gebiet der RA sollte die Verabreichung von Cyclosporin A auf Patienten mit guter Nierenfunktion und schwerem progressivem Krankheitsverlauf beschränkt bleiben. Zu den wichtigsten unerwünschten Arznei mittelwirkungen gehören Nierentoxizität und Hypertonie. 1.4.4 TNF-α-Hemmer TNF-α (Tumor-Nekrose-Faktor) kommt im rheumatoiden Gelenk in großen Mengen vor. Er ist auf vielfache Weise proinflammatorisch aktiv, indem er beispielsweise die Expression von Gefäßadhäsionsmolekülen sowie die Expression von Matrix-Metalloprotease-1 hochreguliert. In der jüngeren Vergangenheit wurden drei TNF-α hemmende Substanzen für die Verwendung gegen RA zugelassen: Etanercept (Enbrel®), ein löslicher TNF-α-Rezeptor, Infliximab (Remicade®), ein chimärischer Anti-TNF-α-Antikörper und Adalimumab (Humira®), ein vollständig humanisierter, monoklonaler Antikörper. Etanercept und Adalimumab werden zwei Mal wöchentlich bzw. jede zweite Woche subkutan verabreicht. Nach Erreichen einer klinischen Reaktion wird Infliximab alle 6 bis 8 Wochen intravenös verabreicht. Randomisierte, kontrollierte Studien über 3–12 Monate ergaben einen Rückgang der Krankheitsaktivität und der Gelenkentzündung bei RA-Patienten, die auf DMARDs nicht angesprochen hatten. Die kurzfristige Toxizität ist gering, die Langzeitfolgen können jedoch noch nicht abgeschätzt werden. Berichten zufolge führte die Behandlung mit Infliximab bereits zur Produktion von Autoantikörpern wie IgM- 34 1. Was ist rheumatoide Arthritis? dsDNA-Antikörpern und gelegentlich zum sich selbst limitierenden SLE. Zu den am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen von Adalimumab gehören lokale Entzündungen der Einstichstelle, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen. Bei Kineret® handelt es sich um einen löslichen Interleukin1-Rezeptor, der IL-1 bindet und damit die Beseitigung aus der Zirkulation ermöglicht. Es wird täglich subkutan verabreicht. Diese biologischen Medikamente (engl.: Biologicals) der „ersten Generation“ haben krankheitsmodifizierende Eigenschaften bewiesen (sie hemmen die so genannte Röntgenprogression) und erzielten bessere klinische Ergebnisse als bisherige Therapien gegen rheumatoide Arthritis. 1.4.5 Kortikosteroide Im Jahr 1949 wurde erstmals die günstige Wirkung von Glukokortikoiden auf RA beobachtet. Einige Anzeichen deuten auf eine krankheitsmodifizierende Wirkung (Hemmung der Entwicklung neuer Erosionen und der Röntgenprogression) bei Langzeitanwendung hin, wenn Patienten über 2 Jahre hinweg niedrige Dosierungen von Kortikosteroiden erhalten. Orale Kortikosteroide werden jedoch nicht für den routinemäßigen Gebrauch empfohlen, da kein nachhaltiger klinischer oder funktioneller Nutzen nachgewiesen wurde und die Langzeiteinnahme mit einem hohen Toxizitätsrisiko einhergeht. Diese Medikamente sind nur unter einigen besonderen Bedingungen angezeigt, wie beispielsweise bei Vaskulitis, bei schweren Hauterythemen oder als Überbrückungstherapie zu NSAIDs. Die Glukokortikoide können nach ihrer Wirkdauer in kurz wirksame (t1/2 8–12 Stunden: Cortison, Cortisol), mittelfristig wirksame (t1/2 12–36 Stunden: Prednison, Prednisolon, Methylprednisolon, Triamcinolon) und langwirksame Mittel (t1/2 36–72 Stunden: Paramethason, Dexamethason, Betamethason) eingeteilt werden. Kortikosteroide weisen eine Reihe unerwünschter Nebenwirkun gen auf wie z. B. Wasserretention und Gewichtszunahme, Rundung des Gesichts, verzögerte Wundheilung, verstärkte Neigung zu blauen Flecken, Diabetes, Glaukome, erhöhter Blutdruck, Osteo porose, Suppression des Immunsystems, Störungen des zentralen 35 Nervensystems, Magenirritationen und andere. Aus diesem Grund sollten Kortikosteroide stets in möglichst niedriger Dosierung über einen möglichst kurzen Zeitraum angewendet werden. Intraartikuläre Kortikosteroid-Injektionen sind allerdings bei der Behandlung lokal auftretender Hauterytheme hilfreich. Gegenreaktionen sind hier selten. Als ernsthafteste Komplikation infolge einer Injektion ist die septische Arthritis mit einer Inzidenz von 1/17.000 bis 1/50.000 bekannt. Auf den Punkt gebracht Therapie • E s gibt Anhaltspunkte dafür, dass eine frühe Therapie den andernfalls progressiven Verlauf der Erkrankung ändern kann. • N eben der konservativen Behandlung und operativen Eingriffen ist die medikamentöse Therapie zur Eindämmung der Entzündung von äußerster Wichtigkeit. • B ei der medikamentösen Therapie der RA unterscheidet man zwischen Analgetika, krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs), nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAIDs), Zytostatika/Immunsuppressiva und biologischen Agenzien (TNF-α-Hemmern). • K rankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) verzögern die Gelenkzerstörung und unterdrücken die systemischen Merkmale von RA. Die Behandlung mit diesen Medikamenten wird normalerweise über mindestens 5 Jahre, möglicherweise lebenslang fortgesetzt. DMARDs weisen im Allgemeinen einen langsamen Wirkungseintritt auf. • N icht-steroidale Antirheumatika (NSAIDs) wirken sowohl entzündungshemmend als auch schmerzlindernd, haben allerdings keinen signifikant modifizierenden Einfluss auf den zu Grunde liegenden Krankheitsprozess. •W ährend Patienten mit neu diagnostizierter RA in der Vergangenheit ausschließlich mit NSAIDs behandelt wurden, geht ein neuerer Trend dahin, insbesondere bei Patienten mit schlechter Prognose, bereits im Frühstadium der Krankheit mit einer DMARD-Therapie zu beginnen. 36 2 Basismerkmale der serologischen Analyse von RA 2.1 Einführung Die Unterscheidung der RA von ihren häufigsten Differenzial diagnosen wird in Kapitel 3.2 beschrieben. Es wird deutlich, dass sich die klinische Diagnose der rheumatoiden Arthritis kompliziert gestaltet und häufig Zweifel hinterlässt. In vielen Fällen sind mehrere klinische Analysen notwendig. Aus diesem Grund könnte ein serologischer Marker mit hoher Sensitivität und Spezifität für RA zusätzlichen Nutzen bringen. Insbesondere die frühe Diagnose von RA, die für die Einleitung einer effizienten Therapie unerlässlich ist, gilt als schwierig. Im Rahmen einer retrospektiven Studie von 98 Patienten lag die mittlere Dauer von Beginn der Erkrankung bis zur Diagnose bei 36 Wochen (Bereich: 4 Wochen bis > 10 Jahre). Dieses Ergebnis ist repräsentativ und verdeutlicht die Notwendigkeit von adäquaten, zusätzlichen Markern für RA. Zwei serologische Marker stehen hier im Mittelpunkt des Interesses: Rheumafaktor (RF) und Anti-CCP-Antikörper. Der Rheumafaktor wurde 1940 erstmals beschrieben und hat sich zu einem bewährten Analyt entwickelt. Er wird in Zusammenhang mit den Differenzialdiagnosen von RA in Kapitel 3.2 näher erläutert. Sein diagnostischer Wert ist jedoch, wie später beschrieben wird, aufgrund seiner eingeschränkten Spezifität für RA begrenzt. Anti-CCP-Antikörper wurden hingegen erst vor wenigen Jahren erstmals beschrieben. Sie bieten den Vorteil einer hohen Spezifität für RA. Daher überrascht es nicht, dass bereits zahlreiche Studien durchgeführt wurden, um deren Eigenschaften näher zu erforschen. Die Anti-CCP-Antikörper sind nicht in den Erläuterungen der Differenzialdiagnosen in Kapitel 3.2 enthalten. Sie stellen ein zusätzliches Hilfsmittel bei der Diagnose von RA dar. In den folgenden Kapiteln werden die charakteristischen Merk male von Rheumafaktor und Anti-CCP-Antikörpern dargelegt. Darüber hinaus werden diagnostischer Nutzen und Prognosewert dieser Marker näher behandelt. 37 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Auf den Punkt gebracht Basismerkmale der serologischen Analyse von RA – Einleitung • D ie klinische Diagnose der rheumatoiden Arthritis ist kompliziert. Insbesondere die frühzeitige Diagnose von RA, die für die Einleitung einer effizienten Therapie unerlässlich ist, gilt als schwierig. • F ür die Serodiagnostik von RA sind der Rheumafaktor (RF) und Anti-CCP-Antikörper von Bedeutung. • D er RF wurde 1940 entdeckt und ist ein bewährter Analyt, während die AntiCCP-Antikörper erst in der jüngeren Vergangenheit beschrieben wurden. Ihre Spezifität für RA ist jedoch sehr vielversprechend. 2.2 Was ist ein Rheumafaktor? Die Bezeichnung „Rheumafaktor“ (RF) beschreibt eine Serie zirkulierender Immunglobuline, die die C-Termini der konstanten Region (Fc) autologer IgG-Moleküle erkennen. Der RF von RAPatienten bindet alle IgG-Subklassen. Rheumafaktoren reagieren mit nativem IgG, ihre Reaktionsfreudigkeit ist gegenüber aggregiertem oder denaturiertem IgG in Immunkomplexen (aufgrund der Multivalenz) jedoch ungleich höher. Der Rheumafaktor (RF) kann in Form verschiedener Isotypen wie IgG, IgM, IgA und IgE vorliegen. IgM ist die reaktionsfreudigste Form (Abb. 2.1) und bildet daher den Mittelpunkt des klinischen Interesses. Etwa die Hälfte der RF binden Konformationsdeterminanten auf der Fc-Oberfläche, während die restlichen RF lineare Poly peptiddeterminanten binden, die über 8 Regionen von Cγ2 und 12 Regionen von Cγ3 verteilt sind. Die Glykosylierung von RF ist wichtig für die IgG-Bindung. Die Häufigkeit von RF-spezifischen B-Zellen-Vorläufern im Blut von seropositiven RA-Patienten ist im Vergleich zu seronegativen Patienten zwar nicht höher, die Häufigkeit von RF-spezifischen Synovialzellen ist bei seropositiver RA jedoch vier Mal höher. Dies lässt den Schluss zu, dass der Großteil von Serum-RF in den Gelenken produziert wird. Der RF (von RA-Patienten, nicht jedoch von gesunden Kontrollen) 38 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA geht häufig auch eine Kreuzreaktion mit IgG von anderen Spezies, insbesondere von Kaninchen, ein. Lymphozyten der RA-Synovialis produzieren RF in vitro mit einer erhöhten Bindungsavidität gegenüber menschlichem im Vergleich zu Kaninchen-IgG und einer Selektivität für IgG3. Andererseits sezernieren Lymphozyten aus RA-Blut einen RF, der menschliches IgG und Kaninchen-IgG gleichermaßen bindet und für IgG1 und IgG2 selektiv ist. Eine idiotypische Ähnlichkeit zwischen a ntibakteriellen Peptidoglykan-Antikörpern und RF lässt vermuten, dass Rheuma faktoren möglicherweise Anti-Idiotypen zu antimikrobiellen Antikörpern sind. Daher entwickeln mit RF immunisierte Mäuse sowohl Anti-RF-Idiotyp- als auch Anti-Streptokokken-Peptidoglykan-Antikörper. Diese Beobachtung könnte relevante Hinweise für den Mechanismus der RF-Induktion liefern. Zu den Nachweisverfahren zählen Agglutinationstests, Laser nephelometrie, indirekte Immunfluoreszenz (IIF), Radioimmun assay und ELISA. ELISA und IIF eignen sich für den Nachweis einzelner RFIsotypen. Agglutinationstests weisen vorwiegend IgM nach, während IgG-RF und IgA-RF möglicherweise nicht erfasst werden. Beim Latexfixationstest werden mit aggregiertem humanem IgG beladene Partikel verwendet, die von IgM-RF sichtbar agglutiniert werden. Der Titer entspricht der höchsten Serumverdünnung, die eine Agglutination verursacht. Ein Titer größer als 1:80 gilt visuell als positiv. Der Latex-Fixationstest besitzt eine höhere Sensitivität als der mit IgG-sensibilisierten Kaninchen-Erythrozyten durchgeführte Agglutinationstest (Waaler-Rose-Test). Letzterer ist hingegen spezifischer. Der RF ist bei Patienten mit RA erhöht. Die Kombination von erhöhtem IgM-RF und IgA-RF ist (unabhängig von IgG-RF) das bei RA-Patienten am häufigsten vorzufindende RF-Muster. RFTests finden als Teil der ACR-Kriterien für RA (siehe Tab. 1.2) weite Verbreitung in der klinischen Praxis. Die Sensitivität von RF-Tests bei RA-Patienten liegt je nach angewandter Methode sowie Schwere und Dauer der Erkrankung bei einem Wert von 60–90 %. Der Spezifitätsgrad ist allerdings gering (70–90 %). Bei der kaukasischen Allgemeinbevölkerung lässt sich der Rheumafaktor bei 1–5 % nachweisen, bei den über 39 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA 70-Jährigen kann er bei 10–25 % festgestellt werden. Bei einigen nordamerikanischen Indianerstämmen liegt die Häufigkeit von RF-positiven Personen in einem Bereich von bis zu 30 %. Der bei der Allgemeinbevölkerung festgestellte RF ist polyreaktiv mit geringer Affinität. Ferner stehen auch andere Erkrankungen als RA in Zu sammenhang mit zirkulierendem RF. Beispiele hierfür sind systemische Autoimmunerkrankungen (SLE, Sklerodermie, Mischkollagenose (MCTD) und besonders das Sjögren-Syndrom), Viruserkrankungen (AIDS, Hepatitis, Influenza), chronisch bakterielle (Tuberkulose, Syphilis, Lepra, Salmonellose, subakute bakterielle Endokarditis) und parasitäre Infektionen (Malaria, Schistosomiasis etc.), Neoplasmen und weitere hyper-γ-globuline Zustände (chronische Lebererkrankung, Sarkoidose, andere chronische Lungenerkrankungen etc.). In Tabelle 2.1 ist die Prävalenz von RF bei verschiedenen Krankheiten dargestellt. Der Rheumafaktor ist transient assoziiert mit vielen Infektionskrankheiten. Dies ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass monomeres IgG zwar nicht sehr effizient im Induzieren von RF ist, IgG jedoch auf eine komplexe, immunogene Art und Weise angeordnet wird, wenn mehrere Epitope auf einem Mikroorganismus aufgereiht sind. Tabelle 2.1: Prävalenz von RF (mittels Latex-Agglutination) bei verschiedenen Krankheiten Erkrankung Prävalenz RF RA 80 % Sjögren-Syndrom 70 % Gemischte Kryoglobulinämie 70 % SLE 30 % Mischkollagenose 25 % Polymyositis 20 % 40 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Erkrankung Prävalenz RF Systemische Sklerose 20 % Juvenile chronische Arthritis 15 % Subakute bakterielle Endokarditis 40 % Infektiöse Hepatitis 25 % EBV-, CMV-Infektionen 20 % Lepra 25 % Tuberkulose 15 % Trypanosomiasis 15 % Syphilis 10 % Sarkoidose 10 % Makroglobulinämie Waldenström 30 % Leberzirrhose 25 % Lungeninterstitialerkrankung 25 % Gesunde Kontrollen <5% Ältere Menschen (> 70 Jahre) 15 % Aus: Smolen JS (1994) Autoantibodies in Rheumatoid Arthritis; Manual of Biological Markers of Disease C 1.1, 1‑18; Kluwer Academic Publishers Wie in Tabelle 2.1 gezeigt wird, ist der RF bei vielen verschiedenen Störungen, insbesondere jedoch bei Autoimmun- und Infektionskrankheiten, nachzuweisen. Neben seinem Vorkommen bei RA tritt er am häufigsten beim Sjögren-Syndrom und der gemischten Kryoglobulinämie auf. Das Sjögren-Syndrom kann dabei entweder als Primärerkrankung oder in Zusammenhang mit RA oder 41 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA SLE vorliegen. Bei RA leiden 18–30 % der Patienten unter dem sekundären Sjögren-Syndrom und dem damit verbundenen SiccaSyndrom (Trockenheit von Mund und Augen). Beim sekundären Sjögren-Syndrom liegt die Häufigkeit von RF bei 85–90 %. Die gemischte Kryoglobulinämie kennzeichnet sich durch die Formierung von Rheumafaktoren mit Immunkomplexen, die bei Kälte als Präzipitate ausfallen. Diese Krankheit kann als idiopathische Entität vorliegen oder verbunden sein mit Bindegewebeerkrankungen, lymphoproliferativen Störungen oder Infektionskrankheiten, insbesondere Hepatitis C. Aufgrund seiner unzureichenden Sensitivität und der begrenzten Spezifität ist der RF-Test kein taugliches Mittel für die Bestätigung oder den Ausschluss einer rheumatoiden Arthritis. Er kann bei der Prognose (in Bezug auf den Schweregrad von Erosionen) von gewissem Nutzen sein und wird als guter prädiktiver Marker für Patienten diskutiert, die ein erhöhtes Risiko der Entwicklung von ernsteren extraartikulären Manifestationen wie Vaskulitis, Augenentzündung und Rheumaknoten aufweisen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass RA-Patienten mit erhöhtem IgA-RF eine schwerere Erkrankung mit Knochenerosionen und extraartikulären Manifestationen entwickeln (siehe Kap. 2.6, „Prognosewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern“). Es gibt Bemühungen, die Spezifität durch eine kombinierte Analyse verschiedener Isotypen zu steigern. Dies ginge allerdings mit einer geringeren Sensitivität einher. Aus Tierversuchen ergaben sich Hinweise darauf, dass Rheuma faktoren eine patho gene Rolle bei der rheumatoiden Arthritis spielen, z. B. durch Komp lementbindung von Immunkomplexen (einschließlich derer, die Anti-KnorpelAntikörper enthalten), durch Induktion der Abb. 2.1: Struktur des IgMRheumafaktor-Moleküls 42 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Zytokinproduktion durch Killerzellen sowie durch die Antigenpräsentation von B-Zellen. Ferner wird vermutet, dass Rheumafaktoren bei der gesunden Bevölkerung an der Wirtsreaktion auf zahlreiche infektiöse Organismen beteiligt sind und einen Beitrag zur Wirtsabwehr leisten, indem sie bei der Antigenpräsentation durch RF-positive B-Zellen sowie beim Beseitigen von Immunkomplexen helfen. Auf den Punkt gebracht Was ist ein Rheumafaktor? • D ie Bezeichnung „Rheumafaktor“ (RF) beschreibt eine Gruppe von Immunglo- bulinen, die den C-Terminus der konstanten Region (Fc) autologer IgG-Moleküle erkennen. • RF ist bei Patienten mit RA erhöht. Der RF-Test hat als eines von sieben ACRKriterien für RA einen hohen Stellenwert erlangt und ist in der klinischen Praxis weit verbreitet. • Zu den Nachweismethoden gehören Agglutinationstests, Lasernephelometrie, indirekte Immunfluoreszenz, Radioimmunassay und ELISA. Der Latex-Fixationstest weist zwar eine höhere Sensitivität, aber eine geringere Spezifität auf als der mit IgG-sensibilisierten Kaninchenerythrozyten durchgeführte Agglutinationstest (Waaler-Rose-Test). • Die Sensitivität der RF-Tests bei RA-Patienten liegt bei 60–90 %. • Die Spezifität ist eher gering (70–90 %), da der RF nicht nur bei einem relativ hohen Anteil der gesunden Bevölkerung, sondern auch bei vielen anderen Erkrankungen, insbesondere bei Autoimmun- und Infektionskrankheiten (z. B. Sjögren-Syndrom, gemischte Kryoglobulinämie, subakute bakterielle Endokarditis) festgestellt werden kann. • Aufgrund seiner unzureichenden Sensitivität und der begrenzten Spezifität ist der RF-Test für die Bestätigung oder den Ausschluss einer rheumatoiden Arthritis ungeeignet, er kann jedoch als nützlicher prädiktiver Marker für die Entwicklung einiger der ernsthafteren extraartikulären Manifestationen dienen. 43 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA 2.3 Was sind Anti-CCP-Antikörper? Heute wird angenommen, dass Anti-CCP-Antikörper (anti-CCP: anti-cyclic citrullinated peptide) dasselbe Antigen erkennen wie Antikörper gegen den perinukleären Faktor (APF), gegen Keratin (AKA) und gegen Filaggrin. Diese Antikörper wurden bereits vor den Anti-CCP-Antikörpern beschrieben. Als erster Antikörper dieser Gruppe wurde APF entdeckt und 1964 von Nienhuis und Mandena beschrieben, als sie nach einem neuen ANA-Substrat forschten. Als Nachweisverfahren dient die indirekte Immunfluoreszenz (IIF) auf Zellen der menschlichen Mundschleimhaut. Bei einem positiven APF-Test ist eine Komponente der den Zellkern umgebenden Keratohyalinkörnchen (zytoplasmatische Aggregate) markiert (siehe Abb. 2.2). Die klinische Sensitivität dieser Methode liegt für RA zwischen 49 % und 91 %. Die Spezifität erreicht 73 % bis 99 % – Werte also, die beträchtlich höher sind als beim Rheumafaktor. Die sehr geringe Inzidenz von APF innerhalb einer „normalen“ Kontrollpopulation wurde von verschiedenen Autoren nachgewiesen. Dennoch wurde die Bestimmung von APF nicht als Rou tineanalyse eingeführt. Es handelt sich um ein Verfahren der indirekten Immunfluoreszenz (IIF) an frisch isolierten Zellen der Mundschleimhaut. Dies ist eine komplizierte, aufwändigeTechnik, die Spezial kenntnisse erfordert und deren Ergebnisse schwer zu interpretieren sind. Darüber Abb. 2.2: APF-Markierung bei Zellen der menschlichen Mundschleimhaut (Bild freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. Dr. Pierre Youinou, Centre Hospitalier Régional et Universitaire, Brest, Cedex, Frankreich) 44 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Abb. 2.3: Anti-Keratin-Antikörper auf Rattenösophagus durch IIF dargestellt (Bild freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. René L. Humble, Laboratoire Luxembourgeois d’ImmunoPathologie) hinaus erweist sich die Beschaffung des für APF-Tests erforderlichen Substrats als schwierig: nur 11–69 % der Spender besitzen geeignete Zellen. Zellkulturen können nicht eingesetzt werden. Ferner variiert die Qualität der Zellen von Spender zu Spender, von Tag zu Tag und von Zelle zu Zelle, und überdies ist das Antigen bei der Lagerung labil, was zu einer unsteten Sensitivität führt. Der auf diese Weise festgestellte Titer bewegt sich zwischen 1:5 bei gesunden Menschen und 1:800 bei RA-Patienten. Das durch den antiperinukleären Faktor erkannte Antigen wurde 1995 als (Pro-)Filaggrin identifiziert (siehe unten). Die zweiten, in Verbindung mit Anti-CCP-Antikörpern relevanten Antikörper sind Anti-Keratin-Antikörper (AKA). AKA wurden 1979 erstmals von Young und Mitarbeitern beschrieben. Sie werden durch die indirekte Immunfluoreszenz (IIF) im Ösophagus von Ratten nachgewiesen. Dabei werden Gefrierschnitte bevorzugt aus dem mittleren Drittel des Ösophagus, ohne vorherige Fixation verwendet. Wie in Abbildung 2.3 dargestellt, ergeben AKA eine typische, linear laminierte Färbung, die sich auf die obere Hornschicht, das Stratum corneum, des Epithels beschränkt. Die klinische Sensitivität von AKA-Tests liegt für die rheuma toide Arthritis bei 40–60 %, die Spezifität zwischen 95 % und 99 %. Dieses Verfahren wurde trotz seiner hohen Spezifität nicht als Routinetestmethode eingeführt, da es sich um eine indirekte Immunfluoreszenztechnik handelt, die geringe Sensitivität bietet. Überdies ist das Substrat nur schwer verfügbar, und es existieren keine allgemein gebräuchlichen Standards. 45 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Das Antigen, das von AKA erkannt wird, war über einen langen Zeitraum unbekannt. Es stand jedoch früh fest, dass das Antigen (trotz der Bezeichnung „Anti-Keratin-Antikörper“) nicht mit Cytokeratinen in Zusammenhang steht. Der experimentelle Nachweis dazu wurde folgendermaßen geführt: a) Die Sättigung von Gefrierschnitten mit einem Kaninchen-Antiserum gegen Cytokeratine hat keinen Einfluss auf die AKAReaktivität. b)Die Präadsorption von RA-Seren mit humanen Cytokeratinen der Epidermis beeinflusst die Reaktivität nicht. c)Der Titer von AKA ist unabhängig vom Titer der Anti-Cytokeratin-Antikörper. d)Immunoblotting von RA-Seren mit Cytokeratinen ist schwach oder nicht vorhanden und steht in keinem Zusammenhang mit der AKA-Aktivität der Seren. Im Jahr 1993 extrahierten Simon und Mitarbeiter aus der menschlichen Epidermis ein Protein von 40 kD, das von 75 % der RASeren immunspezifisch erkannt und von den Forschern als neutrale/saure Form von Basisfilaggrin identifiziert wurde. Dabei wurde der folgende experimentelle Nachweis geführt: a)Filaggrin-spezifische, monoklonale Antikörper reagierten mit dem 40-kD-Protein. b)Autoantikörper aus RA-Seren, affinitätsgereinigt auf dem 40kD-Protein, erkannten gereinigtes Filaggrin. c)Die Reaktivität von RA-Seren auf das 40-kD-Protein verschwand nach der Immunadsorption mit gereinigtem Filaggrin. d)Das 40-kD-Protein und Filaggrin wiesen eine ähnliche Aminosäurezusammensetzung auf. e)Letztlich wurde durch Immunadsorption gezeigt, dass die Autoantikörper gegen das 40-kD-Protein und AKA größtenteils identisch waren. Bei epidermalem Filaggrin handelt es sich um ein kationisches Protein mit einem apparenten Molekulargewicht von 37 kD. Es ist an der Anordnung von Cytokeratin-Filamenten in Makrofibrillen beteiligt (erleichtert die Generierung von Disulfidbrücken), die ih- 46 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA rerseits die dichte Zellmatrix von Corneozyten in der Epidermis bilden. Filaggrin wird im Stratum corneum der Epidermis als Profil aggrin synthetisiert und in Keratohyalinkörnchen gespeichert. Profilaggrin ist ein histidinreiches, unlösliches Protein und besteht aus 10 bis 12 Filaggrin-Einheiten, die durch Brückenpeptide (7 Aminosäuren) verbunden sind. Profilaggrin weist ein apparentes Molekulargewicht von 200–400 kD auf. Es wird in den Spätstadien der Epidermisdifferenzierung exprimiert und reichert sich in einer stark phosphorylierten Form im Stratum corneum des keratinisierenden Epithelgewebes an. Die Umwandlung in Filaggrin (Dephosphorylierung, begrenzte Proteolyse) ist wahrscheinlich Ca++-abhängig. Filaggrin enthält 10–12 % Histidin. Die Funktion von Basis filaggrin ist das Anordnen von Cytokeratin-Filamenten zu Makro fibrillen in den Corneozyten. Zu einem späteren Zeitpunkt in seinem Lebenszyklus wird das Basisfilaggrin posttranslational durch Peptidylarginyl-Desaminase (PAD) modifiziert. Von diesem Enzym gibt es mehrere Isotypen. In der entzündlichen Synovialis von RA-Patienten sind PAD2 und PAD4 in großen Mengen vorhanden. Das Enzym desaminiert etwa 20 % der Argininreste und wandelt sie dabei in Citrullin um (siehe Abb. 2.4). Die Funktion der Citrullinierung ist noch nicht geklärt. Möglicherweise steht sie in Zusammenhang mit Proteolyse oder Apoptose. Durch die Citrullinierung wird neutrales oder saures Filaggrin generiert, das eine geringere Affinität gegenüber Cytokeratin-Fila menten aufweist und sich durch eine große Ladungsheterogenität auszeichnet. Im späteren Verlauf seines Lebenszyklus wird neutrales oder saures Filaggrin durch Proteolyse vollständig abgebaut, und die generierten Aminosäuren erzeugen einen hohen osmotischen Druck in den oberflächlichen Hornschichten. Darüber hinaus absorbieren sie ultraviolette Strahlung. Im Jahr 1993 identifizierten Simon und Mitarbeiter (neutrales oder saures) citrulliniertes Filaggrin als Zielantigen von AntiKeratin-Antikörpern. Später wurde gezeigt, dass auch der antiperinukleäre Faktor citrulliniertes Filaggrin als sein Antigen erkennt. Hoet und Mitarbeiter hatten 1991 mit Hilfe der doppelten Immunfluoreszenz die Kolokalisation von perinukleärem Faktor 47 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Abb. 2.4: Citrullinierung und Profilaggrin in Zellen der menschlichen Mundschleimhaut beobachtet. Vier Jahre später, 1995, fanden Sebagg und Mitarbeiter heraus, dass es sich bei APF und AKA größtenteils um dieselben Autoantikörper handelt. Sie erkennen citrulliniertes Filaggrin als Antigen; die Epitope können allerdings unterschiedlich sein. Gegen Filaggrin gerichtete Antikörper können auch mittels ELISA oder Immunoblotting nachgewiesen werden. Bei diesen Verfahren wird gereinigtes Hautfilaggrin oder rekombinantes Filaggrin verwendet, das in-vitro citrulliniert wurde. Die erreichte Sensitivität liegt in den meisten Fällen zwischen 40 % und 50 % (Vincent et al., 1998; Nogueira et al., 2001), sie kann jedoch stark variieren (12,2 %–75 %) (Slack et al., 1998; Vincent et al., 2002). Dies ist wahrscheinlich auf den unterschiedlichen Grad der Citrul linierung (z. B. je nach Präparationsverfahren) zurückzuführen. Aus diesem Grund wurde die Methode nicht als Routinetestverfahren eingeführt. Die Spezifität ist hoch (95 %–99 %), bei älteren Menschen etwas geringer. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Spezifität des Filaggrin-Tests beim Serum älterer Menschen geringer ist als die des Anti-CCP-Tests (Palosuo et al., 2003). Fi- 48 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA laggrin-Antikörper können bei der frühen Diagnose von Nutzen sein und stellen möglicherweise einen Marker für die Schwere der Erkrankung dar (Forslind et al., 2000; Aho et al., 1999). Im Jahr 1999 zeigten Girbal-Neuhauser und Mitarbeiter, dass die Epitope von Filaggrin Citrullinreste enthalten. Schellekens und Mitarbeiter präsentierten 1998 ein neues Verfahren zum Nachweis von Antikörpern gegen citrulliniertes Filaggrin. Sie stellten einen ELISA mit citrullinierten Peptiden vor. Die Peptide wurden entsprechend der COOH-Endung von Profilaggrin synthetisiert und kovalent an die Platte gekoppelt. Die Wissenschaftler zeigten, dass citrullinierte Peptide das Immunoblotting von Filaggrin-Antikörpern hemmen, während nicht citrullinierte Derivate ohne Wirkung bleiben. Ferner erzeugten Antikörper, die aus einer Affinitätssäule mit citrulliniertem Peptid eluiert worden waren, die charakteristischen Immunfluoreszenzmuster von APF und AKA. Folglich erkennen die anhand des ELISA mit citrullinierten Peptiden nachgewiesenen Antikörper dasselbe Antigen wie APF-, AKA- und FilaggrinAntikörper. Die Reaktivität dieser Antikörper mit Serumkollektiven ist allerdings nicht identisch. Aufgrund der Beteiligung unterschiedlicher Epitope oder methodischer Diskrepanzen werden stets unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Insgesamt wurden 9 verschiedene citrullinierte Peptide getestet. Dabei ergaben sich Sensitivitäten für RA zwischen 27 % und 65 % und klinische Spezifitäten zwischen 97,4 % und 99,4 %. Eine kombinierte Auswertung führte zu einer Sensitivität von 76 % und einer Spezifität von 96,1 %. Um die Sensitivität zu steigern, stellten Schellekens und Mitarbeiter im Jahr 2000 ein cyclisches citrulliniertes Peptid (CCP, siehe Abb. 2.5) als Antigen in einem ELISA vor. Die beobachtete klinische Sensitivität lag bei 68 %, die klinische Spezifität erreichte sogar 98 %. Diese Publikation bildete die Basis für Anti-CCP-An- HQCHQES TX GRS RGRCGRSG S Abb. 2.5: Cyclisch citrulliniertes Peptid (CCP) (erste Generation), X = Citrullin; Balken stellen chemische Bindungen zwischen den beiden Cystein-Resten dar. 49 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA tikörper-Tests und gilt als Beginn einer neuen Ära im Bereich diagnostischer Marker für RA. Der ELISA für Anti-CCP-Antikörper wurde für Europa von Euro-Diagnostica auf den Markt gebracht. Ende 2002 wurde ein Anti-CCP-Assay der zweiten Generation mit anderen cyclischen Peptiden (die echten konformationellen Epitopen nachempfunden sind) eingeführt. Dieser Assay zeichnet sich durch verbesserte Leistungsmerkmale (99 % Spezifität und 80 % Sensitivität) aus und wurde von Euro-Diagnostica für Europa und Axis-Shield für die USA kommerzialisiert (mit weltweiten Verkaufsrechten für beide Unternehmen aufgrund einer gegenseitigen Lizenzvereinbarung). Die diagnostischen Merkmale des Tests sind in Kapitel 2.5, „Anti-CCP als Hilfe bei der Diagnose von RA“, die prognostischen Eigenschaften in Kapitel 2.6, „Vorhersagewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern“ beschrieben. Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich die interessante Frage nach dem natürlichen Autoantigen von Anti-CCP-Antikörpern. Wie oben bereits erwähnt, handelt es sich bei (Pro-)Filaggrin um eine spezifische Komponente, die ausschließlich in verhornten, mehrschichtigen, schuppigen Epithelien vorkommt. Aus diesem Grund werden Kreuzreaktionen eingehende, citrullinierte Proteine in der Synovialis postuliert. Bislang wurden Fibrin (MassonBessiere et al., 2001) und Vimentin (das jedoch wahrscheinlich von Sa-Antikörpern erkannt wird) diskutiert. Die Frage, ob diese citrullinierten Synovialantigene eindeutig für RA-Patienten sind, bleibt sehr umstritten. In einer vor wenigen Jahren durchgeführten Studie (2001) fanden Baeten und Mitarbeiter citrullinierte Proteine in den Gelenken von RA-Patienten, nicht jedoch bei Patienten mit anderen Gelenkerkrankungen. Im Rahmen eines Tierversuchs (Mäuse mit Arthritis) wurde Peptidylarginin-Desaminase-4-mRNA (PADI 4), die in der gesunden Synovialis gar nicht vorhanden war, von Neutrophilen, die das Synovialgewebe während einer vorliegenden Entzündung infiltrierten, bereitwillig transkribiert und übersetzt. Als Folge davon wurden mehrere Synovialproteine, einschließlich Fibrin, der Citrullinierung unterzogen (Vossenaar et al., 2003). Auch bei RAPatienten konnten Expression und Regulation von PADI-2- und PADI-4-Genen in den Monozyten demonstriert werden (Vossenaar 50 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA et al., 2004a). Das PADI-4-Gen wurde als Suszeptivitätsort für RA bei Menschen beschrieben (Suzuki A. et al., 2003). Neuere Informationen führen zu der Annahme, dass Anti-CCPAntikörper am Krankheitsprozess von RA beteiligt sein könnten. Es wird vermutet, dass verschiedene, mit RA in Zusammenhang stehende, genetische Faktoren über eine Modulation der Produktion von Anti-CCP-Antikörpern oder von citrullinierten Antigenen funktionell mit der Erkrankung verbunden sind. Die Citrullinierung stellt möglicherweise eine funktionelle Verbindung zwischen Suszeptivitätsgenen und RA dar (Vossenaar et al., 2004c; Utz et al., 2004). Darüber hinaus wurde die Citrullinierung auch als posttranslationale Modifikation des Myelinbasisproteins, des wichtigsten Autoantigens bei Multipler Sklerose beschrieben. Neben dem RF und der Familie der Filaggrin-verwandten Antikörper wurden verschiedene Autoantikörper in Seren von Patienten mit RA festgestellt. Sa-Antikörper (nach dem Namen des ersten Patienten, in dessen Serum sie 1989 festgestellt wurden) färben eine Doppelbande von ungefähr 50 kD auf Western Blots von Extrakten aus normaler menschlicher Plazenta, Milz und rheumatoidem Gewebe. Sie sind hochspezifisch für RA (Spezifität > 95 %) und mäßig sensitiv (Sensitivität etwa 40 %) (Despres et al., 1994). Unlängst wurde berichtet, dass Sa-Antikörper gegen citrulliniertes Vimentin, ein Intermediärfilamentprotein des Zytoskeletts, gerichtet sind (Vossenaar et al., 2004b). Einige Hin weise deuten darauf hin, dass dieser Antikörper insbesondere bei männlichen Patienten ein frühes Vorhersagepotential für schwere RA in sich birgt. Anti-RA-33-Antikörper (hnRNP-A2) wurden erstmals 1989 von Hassfeld und Mitarbeitern beschrieben. Sie weisen eine mäßige Spezifität (85–89 %) auf, die durch eine Differenzialauswertung (Ausschluss) von Sm- und U1snRNP-Antikörpern auf Werte von etwa 96 % gesteigert werden kann. Die Sensitivität liegt bei ca. 35 %. Bläss und Mitarbeiter entdeckten im Jahr 1995 Anti-68kDAntikörper. Sie wurden als hochspezifisch (99 %) und relativ sensitiv (64 %) beschrieben. Vor wenigen Jahren wurde das Antigen als ubiquitär exprimiertes Stressprotein BiP (Schwerketten-Bin dungsprotein) identifiziert (Bläss et al., 2001). 51 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Auf den Punkt gebracht Was sind Anti-CCP-Antikörper? • H eute wird angenommen, dass Anti-CCP-Antikörper dasselbe Antigen erkennen wie die Antikörper gegen den perinukleären Faktor (APF), gegen Keratin (AKA) und gegen Filaggrin. APF-, AKA- und Filaggrin-Antikörper zeigten eine bessere Sensitivität und Spezifität als RF. Aus verschiedenen Gründen wurde ihr Nachweis jedoch nicht als Routineanalyse eingeführt. • Im Jahr 1998 wurde ein ELISA mit citrullinierten Peptiden zum Nachweis von Antikörpern gegen citrulliniertes Filaggrin präsentiert. Insgesamt wurden neun verschiedene citrullinierte Peptide getestet. Eine kombinierte Auswertung führte zu einer Sensitivität von 76 % und einer Spezifität von 96,1 %. Später steigerte die Verwendung von Antigenen cyclisch citrullinierter Peptide die klinische Sensitivität und Spezifität. • E in Anti-CCP-Assay der zweiten Generation mit anderen cyclischen Peptiden (die echten konformationellen Epitopen nachempfunden sind) und verbesserten Leistungsmerkmalen (99 % Spezifität und 80 % Sensitivität) wurde 2002 eingeführt. • N euere Informationen lassen den Schluss zu, dass Anti-CCP-Antikörper möglicherweise am Krankheitsprozess von RA beteiligt sind. 2.4 Rheumafaktor als Hilfe bei der Diagnose von RA Der Nachweis des Rheumafaktors (RF) im Serum ist Bestandteil der revidierten ACR-Kriterien für rheumatoide Arthritis (siehe Tab. 1.2). Es handelt sich daher um einen Analyten, der in der ärztlichen Praxis breite Verwendung findet, obwohl seine Leistungsmerkmale nicht optimal sind und die Diagnose von RA im Allgemeinen nach klinischen Gesichtspunkten erfolgt. Die Sensitivität von RF-Tests liegt zwischen 60 und 90 %, die Spezifität ist relativ niedrig und liegt in den meisten Fällen weit unter 90 %. Die tatsächlich erzielten Leistungsdaten sind von der Art des eingesetzten Verfahrens (Nephelometrie, Waaler-RoseTest oder ELISA), von Schwere und Dauer der Erkrankung sowie vom Typ der ausgewählten Kontrollseren abhängig. Zusätzlich 52 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA beeinflussen Alter und Geschlecht die Häufigkeit seronegativer Krankheitsfälle. Patienten, bei denen die RA erst im fortgeschrittenen Alter begann, und weibliche RA-Patienten sind in Bezug auf den Rheumafaktor häufiger negativ als jüngere oder männliche Patienten. Die Prävalenz der RF-Positivität ohne vorliegende Gelenkserkrankung steigt von weniger als 5 % bei Personen unter 55 Jahren auf bis zu 25 % bei Menschen im Alter von über 70 Jahren. Darüber hinaus wurde auch bei verschiedenen anderen Krankheiten häufig von einem positiven RF berichtet (siehe Tab. 2.1). Der Rheumafaktor ist kein für die RA eindeutiges, spezifisches Merkmal und ist überdies nur bei etwa 75–80 % der RA-Patienten vorhanden. Aus diesem Grund kann die Diagnose einer RA anhand des Rheumafaktors weder ausgeschlossen noch bestätigt werden. Dennoch wird der Nachweis des RF in vielen Fällen verwendet, um der Diagnose zusätzlich Gewicht zu verleihen. Im Rahmen einer Untersuchung von 8.287 Patienten, die an eine ambulante Rheumaklinik überwiesen worden waren, ermittelten Wolfe, Cathey und Roberts im Jahr 1991 bei RF-Tests mittels Latexfixation eine Sensitivität von 82 % und eine Spezifität von 97 % in Bezug auf nicht inflammatorische Rheumaerkrankungen. Der positive Vorhersagewert lag bei 80 %, der negative bei 96 %. Dieses hohe Maß an klinischem Nutzen des RF-Tests war nicht erwartet worden und konnte mit der höchst selektiven Population der Untersuchung in Zusammenhang gebracht werden. Bei einer jüngeren Studie (Suarez-Almazor et al. 1998) mit 711 Patienten, die praktische Ärzte an Rheumatologen der University of Alberta überwiesen hatten, lag der positive Vorhersagewert in Bezug auf den RF nur bei 44 % der RA-Patienten. Die klinischen Merkmale, die praktische Ärzte häufig zur Anforderung von RF-Tests veranlassen, waren diffuse Schmerzen des Bewegungsapparats und Erschöpfung. Im Falle solch unspezifischer Beschwerden ist der RF mit seiner begrenzten Spezifität offensichtlich wenig hilfreich bei der Diagnose von RA. Sinclair und Hull untersuchten 2003 im Rahmen einer Studie die Gründe, die Allgemeinärzte zur Anforderung von RF-Assays für die Diagnose veranlassen, sowie die Entscheidungen, die sie aufgrund der Ergebnisse fällen (bei 5-jähriger Verlaufsbeobach- 53 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA tung der Patienten). Die klinische Sensitivität bzw. die Spezifität für die RF-Tests (alle drei Isotypen) lag in diesem Fall bei 74 % respektive 88 %. Zu den häufigsten Gründen für die Anforderung einer RF-Untersuchung zählten die vier wichtigsten Kriterien der klinischen Diagnose von RA (Morgensteifigkeit, Arthritis von drei oder mehr Gelenken, Arthritis der Handgelenke, symmetrische Schwellung der Hände), das am häufigsten auftretende Symptom schien allerdings die Polyarthralgie zu sein. Das Ergebnis der Studie lässt nach Meinung der Autoren darauf schließen, dass Anforderungen von RF-Tests durch Allgemeinärzte normalerweise mit entsprechenden klinischen Anzeichen der RA beim Patienten einhergehen und vom klinischen Standpunkt her zu vertreten sind. Die Ergebnisse der RF-Tests waren für die praktischen Ärzte jedoch schwer zu interpretieren. 52 % der RF-positiven Patienten wurden an einen Rheumatologen überwiesen, 15 % sollten potenziell an einen anderen Spezialisten überwiesen werden und 25 % wurden gar nicht überwiesen. Im Gegensatz dazu wurden von der Gruppe der RF-negativen Patienten nur 14 % an einen Rheumatologen überwiesen, 17,6 % sollten potenziell zu einem anderen Spezialisten geschickt werden und 66 % wurden nicht weiter überwiesen. Die Patienten in der RF-negativen Gruppe zeigten allerdings ähnliche Symptome wie die grenzwertigen und die RFpositiven Patienten. Die Entscheidung zur Überweisung schien folglich stets auf der Basis des RF-Nachweises gefallen zu sein. Die Allgemeinmediziner hatten sich im Hinblick auf eine Überweisung offensichtlich in hohem Maße auf das Ergebnis des RFTests verlassen. In diesem Vorgehen kann ein inadäquater Umgang mit dem Test gesehen werden, da hier eine Überweisungsentscheidung hinsichtlich eines Zustands beeinflusst wird, dessen Diagnose grundsätzlich klinisch bleibt. Besonders besorgniserregend ist die Gefahr, dass Patienten mit klaren klinischen Krankheitszeichen möglicherweise nicht überwiesen werden, wenn der RF-Test negativ ausfällt. Seronegative RA macht jedoch einen Anteil von ungefähr 25 % der gesamten RA-Patienten aus. Rheumafaktoren schließen eine RA weder aus, noch bestätigen sie diese. Insgesamt betrachtet wurde den Ergebnissen von RF-Tests in dieser Studie eine weitaus größere Bedeutung beigemessen, als 54 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA sich dies rechtfertigen lässt. Offenbar herrschte hier zu großes Vertrauen in die Resultate von RF-Bestimmungen. Auch im Hinblick auf die langfristige Behandlung von Patienten wurde den Ergebnissen mehr Gewicht verliehen, als dies nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten legitim ist. Weitere Studien werden zeigen, ob dies ein allgemeines Problem beim Einsatz von RF-Tests in der klinischen Praxis darstellt. Bereits jetzt festzustellen ist allerdings eine offenkundige Diskrepanz zwischen dem begrenzten Diagnosewert von RF-Tests und ihrer breiten Verwendung in der routinemäßigen Gesundheitsvorsorge. Auf den Punkt gebracht Rheumafaktor als Hilfe bei der Diagnose von RA • D er Nachweis des Rheumafaktors (RF) ist Bestandteil der revidierten ACR-Kriterien für RA. Aus diesem Grund ist die RF-Bestimmung in der klinischen Praxis weit verbreitet. • Die Sensitivität von RF-Tests bewegt sich zwischen 60 und 90 %, die Spezifität ist relativ niedrig und liegt in den meisten Fällen deutlich unter 90 %. • Die Existenz des RF kann die Diagnose von RA weder ausschließen noch bestätigen. Dennoch wird der RF häufig bestimmt, um der Diagnose zusätzlich Gewicht zu verleihen. • Es herrscht ein zu großes Vertrauen in die Ergebnisse von RF-Tests. 2.5 Anti-CCP-Antikörper als Hilfe bei der Diagnose von RA Die Bestimmung des Rheumafaktors (RF) stellt eines der ACRKriterien für rheumatoide Arthritis dar. Obwohl dieser Test keine optimalen Leistungsmerkmale aufweist, wird er bei der Diagnose von RA häufig als Hilfe eingesetzt. Der RF ist verhältnismäßig sensitiv in Bezug auf RA-Patienten, besitzt jedoch eine niedrige Spezifität, ist also auch bei einer Reihe anderer Krankheiten, z.B. nicht rheumatischen Autoimmunerkrankungen und Infektionen und sogar bei gesunden, älteren Menschen vorzufinden. Der Rheumafaktor kann rheumatoide Arthritis weder bestätigen noch 55 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA ausschließen. Anti-CCP-Antikörper-Tests wurden erheblich später (im Jahr 2000) als RF-Tests (1940) eingeführt. Sie haben seither jedoch weitaus bessere Leistungsmerkmale bewiesen als RF-Tests. Von besonderer Relevanz ist in diesem Zusammenhang die sehr hohe Spezifität, die bei Anti-CCP-Tests erzielt wird. In Tabelle 2.2 sind einige der bislang zu diesem Thema durchgeführten Studien zusammengefasst. Tabelle 2.2: Sensitivität und Spezifität von Anti-CCP-Antikörpern und IgM-RF Sensitivität Spezifität Sensitivität Spezifität von Anti-CCP von Anti-CCP von IgM RF von IgM RF 68 % 96 % 41 % 97,8 % 62 % 84 % 42,6 % 97,5 % 50,4 % 93,4 % 56 % 90 % 73 % 82 % 87,6 % 88,9 % 69,8 % 81,7 % 47,1 % 97,4 % 82 % * 98 % * 80 % 88 % 66 % * 90,4 % * 71,6 % 80,3 % 80 % * 98 % * 80 % * 99 % * 71,4 % * 95,2 % * 91,4 % 31 % Quelle Schellekens et al, 2000 Bizzaro et al, 2001 Jansen et al, 2002 Bas et al, 2003 Suzuki K et al, 2003 Zeng et al, 2003 Van Venrooij et al, 2002 Lee et al, 2003 Pinheiro, 2003 Van Venrooij et al, 2003 Girelli et al, 2004 * = CCP-Test der zweiten Generation laut Boekel et al. Aus der Tabelle geht klar hervor, dass mit Anti-CCP-Tests eine deutlich höhere Spezifität als mit RF-Tests erzielt wurde (in fast allen Studien 96 % oder höher). Die Sensitivität lag bei Werten zwischen 41 % und 87,6 % und war damit vergleichbar mit der Sensitivität von RF-Tests. Die Unterschiede zwischen den Studienergebnissen können teilweise aus den ausgewählten Serumpopulationen abgeleitet werden. Wenn ROC-Analysen durchgeführt wurden, war bei Anti-CCP-Antikörper-Tests die Fläche unterhalb der Kurve (Area under the Curve: AUC) größer als bei anderen Tests wie RF- oder Anti-Filaggrin-Antikörper-Tests (z. B. Suzuki K et al., 2003). 56 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Die wesentlich höhere Spezifität von Anti-CCP im Vergleich zu RF wurde im Rahmen einer von Medikawe und Mitarbeitern durchgeführten Studie (2001) ebenfalls demonstriert. Die Wissenschaftler beobachteten eine RF-Positivität von 18 % verglichen mit einer Positivität von 0,5 % in Bezug auf Anti-CCP bei 231 SLE-Patienten mit nicht erosiver Erkrankung. Von 10 SLE-Patienten mit erosiver Erkrankung waren 6 seropositiv in Bezug auf RF, verglichen mit 2 Patienten, die bezüglich Anti-CCP-Antikörpern positiv waren. Das gleichzeitige Vorkommen von Anti-CCP-Antikörpern und RF ist Gegenstand einiger Auseinandersetzungen. Während bei einigen Studien Anti-CCP-Antikörper mit RF korrelierten, wurden sie in anderen als voneinander unabhängige Marker beschrieben. In mehreren Untersuchungen wurden im Serum von Patienten mit RF-negativer RA Anti-CCP-Antikörper nachgewiesen. Das Kombinieren von Anti-CCP-Tests mit RF-Ergebnissen führt zu einer verbesserten Sensitivität und hoher Spezifität und wird daher oft empfohlen. Es stellte sich heraus, dass Anti-CCP-Antikörper in den meisten Fällen mit AKA, APF, Anti-Filaggrin-Antikörpern und Sa korrelieren. Die Leistungsmerkmale von Anti-CCP-Tests sind offensichtlich besser als die von RF-Tests. Anti-CCP-Antikörper-Tests können bei der Diagnose von RA vor allem aufgrund ihrer hohen Spezifität und ihres hohen positiven Vorhersagewerts eine wertvolle Hilfe darstellen. Ein Beispiel hierfür ist die bessere Unterscheidung zwischen Patienten mit RA und denen mit chronischer Hepatitis-C-Virusinfektion mit einhergehender Gelenkbeteiligung, wie von Bombardieri und Mitarbeitern (2004) beobachtet wurde. Die Autoren ermittelten eine Sensitivität von 76,6 % und eine Spezifität von 100 % für Anti-CCP-Antikörper im Vergleich zu einer Sensitivität von 90 % und einer Spezifität von 63 % für RF (in Bezug auf Patienten mit Hepatitis-C-Infektion und polyartikulärer Beteiligung). In Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen RA und Polymyalgia rheumatica stellte sich bezüglich Anti-CCP-Antikörpern eine Sensitivität von 65 % und eine Spezifität von 100 % heraus (Lopez-Hoyos et al., 2004). Moderne Behandlungskuren unter Verwendung von DMARDs 57 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA sind darauf ausgerichtet, die Entwicklung erheblicher irreversibler Schäden (die radiologisch festgestellt werden können) durch frühzeitigen Eingriff in den Krankheitsprozess zu verhindern. Die grundlegende Voraussetzung für diesen Ansatz ist eine klare Diagnose zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Aus diesem Grund sind die diagnostischen Eigenschaften von Anti-CCP-Antikörper-Tests bei früher RA und undifferenzierter Arthritis von großer Relevanz. Der Begriff „frühe Arthritis“ bezieht sich im Allgemeinen auf eine Symptomdauer von weniger als drei Monaten. Verschiedene Studien belegen die Tatsache, dass Anti-CCPAntikörper-Tests zwar eine sehr hohe Spezifität bei früher RA (Schellekens et al., 2000: 96 %; Goldbach-Mansky et al., 2000: 91 %) aufweisen, dabei aber eine etwas geringere Sensitivität (Schellekens et al, 2000: 48 %; Goldbach-Mansky et al., 2000: 41 %; Jansen et al., 2003: 32 %; Nell et al., 2003: 30 %) zeigen. In einer von Kroot und Mitarbeitern im Jahr 2000 durchgeführten Studie wurden jedoch bei nahezu 70 % der Patienten mit neu aufge tretener RA Anti-CCP-Antikörper nachgewiesen, und Meyer und Mitarbeiter stellten 2003 bei 191 RA-Patienten mit Erkrankungsbeginn innerhalb des vorangegangenen Jahres eine Anti-CCPAntikörper-Positivität von 58,9 % fest. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Citrullinierung von Synovialantigenen und die Produktion von Antikörpern gegen diese citrullinierten Antigene bereits im sehr frühen Krankheitsstadium eingeleitet werden. Im Rahmen einer 2004 von van Gaalen und Kollegen durchgeführten Studie wurden 936 Patienten getestet, die kurz zuvor mit Arthritis überwiesen worden waren. Die Autoren konnten 318 Patienten (34 %) nicht klassifizieren und bezeichneten ihre Krankheit als undifferenzierte Arthritis. Bei 21 % dieser Patienten wurden Anti-CCP-Antikörper nachgewiesen. Drei Jahre später wurde bei 40 % der Gruppe mit undifferenzierter Arthritis die Diagnose RA gestellt. Bei 93 % der Anti-CCP-positiven Patienten wurde ein Fortschreiten des Krankheitsverlaufs zur RA beobachtet. Anhand von Multivarianzanalysen wurden Polyarthritis, symmetrische Arthritis, auf Röntgenaufnahmen erkennbare Erosionen sowie Anti-CCP-Antikörper als wichtige prädiktive Marker für RA identifiziert. Anti-CCP-Antikörper deuten bei undifferenzierter Arthritis offensichtlich auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der 58 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Progression zur RA hin und können die Diagnose von RA daher erleichtern. Wolfe und Mitarbeiter testeten 1993 im Rahmen einer vergleichbaren Studie zum Rheumafaktor 532 Patienten mit undifferenzierter Polyarthritis und einer Symptomdauer von weniger als zwei Jahren. 11 % der Patienten waren RF-positiv, und innerhalb dieser Gruppe wurde nach zwei Jahren bei 43 % die Diagnose RA gestellt, verglichen mit 13 % bei der Gruppe der RF-negativen Patienten. Das Vorhandensein von Anti-CCP-Antikörpern kann den klinischen Symptomen von RA sogar vorausgehen. Bei einer von Rantapää-Dahlqvist und Mitarbeitern 2003 durchgeführten Studie wurden 83 Personen mit RA identifiziert, die vor dem Auftreten von Symptomen einer Gelenkerkrankung Blut gespendet hatten (Medianwert 2,5 Jahre vor RA). Bei den Proben, die vor dem Einsetzen der RA entnommen worden waren, lag die Prävalenz von Autoantikörpern bei 33,7 % für Anti-CCP-Antikörper, bei 16,9 % für IgG-RF, 19,3 % für IgM-RF und 33,7 % für IgA-RF. Bei 382 speziell ausgewählten Kontrollpersonen waren lediglich 1,8 % positiv in Bezug auf Anti-CCP-Antikörper, 5,5 % bezüglich IgGRF, 6,0 % bezüglich IgM-RF und 5,5 % bezüglich IgA-RF. Die jeweilige Sensitivität im Hinblick auf die Entdeckung dieser Autoantikörper in einem Zeitraum von mehr als 1,5 Jahren bzw. weniger als 1,5 Jahren vor dem Auftreten von RA-Symptomen lag bei 25 % bzw. 52 % für Anti-CCP-Antikörper, bei 15 % bzw. 30 % für IgM-RF, bei 12 % bzw. 27 % für IgG-RF und bei 29 % bzw. 39 % für IgA-RF. Die Titer von Anti-CCP-Antikörpern stiegen mit dem Näherrücken des Krankheitsbeginns. In logistischen Regressionsmodellen stellten sich Anti-CCP-Antikörper und IgA-RF als wichtige Prädiktoren von RA heraus, wobei Anti-CCP-Antikörper den höchsten Vorhersagewert besaßen (31,4 % für < 1,5 Jahre und 29,6 % für > 1,5 Jahre). Der positive Vorhersagewert von Anti-CCP-Antikörpern für die zukünftige Entwicklung von RA in der Allgemeinbevölkerung lag jedoch nur bei 16 %. Daher sollte der Anti-CCP-Antikörper-Test mit der Beurteilung anderer Risikofaktoren, wie beispielsweise radiologischer Veränderungen, genetischer Prädisposition, Familiengeschichte sowie Seropositivität bezüglich anderer Autoantikörper kombiniert werden. 59 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA In einer ähnlichen Studie, die 79 RA-Patienten umfasste, waren 49 % der Patienten bereits vor der Entwicklung von RA-Symptomen (Medianwert 4,5 Jahre vor Symptombeginn) positiv bezüglich Anti-CCP-Antikörpern und/oder IgM-RF, während bei nur 1,1 % von 2.138 Kontrollpersonen (Blutspendern) IgM-RF und bei lediglich 0,6 % von ihnen Anti-CCP-Antikörper festzustellen waren (Nielen et al., 2004). In mehreren, z. T. noch nicht veröffentlichten Studien wurden Anti-CCP-Antikörper bis zu 10 Jahre vor Auftreten der ersten RASymptome festgestellt. Bis zu 30 % der vor RA-Beginn entnommenen Seren enthalten AKA und/oder APF. Gemäß einer Hypothese entwickeln sich Autoimmunerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 1 oder SLE möglicherweise in drei Stufen: Die Anfangsphase wird definiert als Zustand der Suszeptivität aufgrund genetischer Risikofaktoren (Typ HLA-DR), die zweite Stufe ist gekennzeichnet durch den Übergang zur Auto reaktivität (z. B. Bildung von Autoantikörpern), die durch Umwelt faktoren ausgelöst werden kann, und die dritte Stufe bildet schließlich die Entwicklung der klinisch apparenten Erkrankung. Dieses Modell gilt möglicherweise auch für rheumatoide Arthritis. In diesem Zusammenhang höchst interessant sind die Ergebnisse einer vergleichbaren retrospektiven Studie in Bezug auf SLE, die im Jahr 2001 von Arbuckle und Mitarbeitern durchgeführt wurde. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass 55 % der 133 SLE-Patienten bis zu 9,3 Jahre vor der Diagnose des klinischen SLE bereits Anti-dsDNA-Antikörper hatten. 60 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Auf den Punkt gebracht Anti-CCP-Antikörper als Hilfe bei der Diagnose von RA • D ie Beurteilung der Sensitivität und Spezifität von Anti-CCP-Antikörpern war b ereits Gegenstand verschiedener Studien. Die Spezifität lag dabei zwischen 88,9 % und 99 % und war in allen Fällen beträchtlich höher als die von RF-Tests. Die Sensitivität hingegen bewegte sich zwischen 41 % und 87,6 % und war damit vergleichbar mit der Sensitivität von RF-Tests. • In mehreren Studien wurden Anti-CCP-Antikörper im Serum von Patienten mit RF-negativer RA festgestellt. Die Kombination von Anti-CCP-Tests mit RF-Ergebnissen führt zu einer verbesserten Sensitivität und einer höheren Spezifität und wird daher häufig empfohlen. Anti-CCP-Antikörper korrelierten in den meisten Fällen mit AKA, APF, Anti-Filaggrin-Antikörpern und Sa. • Der Test auf Anti-CCP-Antikörper kann, insbesondere dank seiner außergewöhnlich hohen Spezifität und seines hohen positiven Vorhersagewerts, als wertvolles Instrument bei der Diagnose von RA dienen. • Zahlreiche Studien belegen, dass Anti-CCP-Antikörper-Tests eine äußerst hohe Spezifität in Bezug auf RA im Frühstadium, allerdings eine relativ geringe Sensitivität aufweisen. Im Rahmen einiger bisher noch unveröffentlichter Studien konnten Anti-CCP-Antikörper bis zu 10 Jahre vor Auftreten der ersten RA-Symptome festgestellt werden. • Offensichtlich weisen Anti-CCP-Antikörper auf eine hohe Wahrscheinlichkeit des Fortschreitens einer undifferenzierten Arthritis zur RA hin und können daher die Diagnose von RA möglicherweise erleichtern. 2.6 Vorhersagewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern Die Behandlungsstrategien für rheumatoide Arthritis bewegen sich hin zu einem aggressiveren Ansatz zu einem früheren Zeitpunkt im Krankheitsverlauf als zuvor. Ebenfalls äußerst wichtig ist allerdings die Vorhersage des langfristigen Krankheitsausgangs auf individueller Ebene, um die optimale Behandlung auswählen zu können. Aus diesem Grund ist der Vorhersagewert von serologischen Markern wie RF oder Anti-CCP-Antikörpern von großem Interesse. 61 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Ein hoher IgM-RF-Titer, Rheumaknoten, radiologische Veränderungen, die Anzahl der betroffenen Gelenke, hohe Konzentrationen von Immunkomplexen, extraartikuläre Manifestationen, psychosoziale Probleme, eine hohe BSG sowie eine hohe CRP-Konzentration wurden bereits als Vorhersagemarker für einen schweren Krankheitsverlauf dargelegt. Immungenetische Untersuchungen können in diesem Zusammenhang ebenfalls hilfreich sein. Weitere Parameter, wie Lymphokine oder Produkte aus dem veränderten Bindegewebeumsatz stehen gegenwärtig zur Diskussion. Studien zur Röntgenprogression bei Patienten, die über einen Zeitraum von einem bis zu neun Jahren beobachtet wurden, haben gezeigt, dass 40–83 % der nachfolgenden Progression anhand einer Kombination prädiktiver Faktoren, wie z. B. Gelenkbeteiligung, hoher Konzentration von CRP und RF-Positivität vorhergesagt werden kann. In den ersten beiden Jahren der RA korreliert der SerumRF nicht mit der Krankheitsaktivität. Serum-IgM-RF kann dem Beginn von RA um mehrere Jahre vorausgehen. Bei manifester RA korrelieren Serum-IgM-RF und IgG-RF häufig mit dem Auftreten von Vaskulitis und Rheumaknoten. Bei langjähriger Krankheit kann das Vorhandensein von IgA-RF oder IgG-RF ein Vorhersagemarker für eine systemische Erkrankung sein. IgA-RF hat sich als Marker für Schleimhautentzündung und Knochenero sionen erwiesen. t=0 t = 2 Jahre sich selbst limitierend Arthritis permanent, nicht erosiv permanent, erosiv Abb. 2.6: Schematische Darstellung der Vorhersagewerte, die durch Bewertung der 7 Variablen für jeden Patienten generiert werden (Visser et al., 2002) 62 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Anti-CCP-Antikörper auf schwere, radiologisch sichtbare Schäden in der Zukunft hinweisen können. Patienten mit Anti-CCP-Antikörpern entwickelten erhebliche, radiologisch nachweisbare Schäden nach 6 Jahren der Beobachtung in einer Studie von Kroot und Mitarbeitern (2000), nach 2 Jahren in einer Studie von Jansen und Mitarbeitern (2003) und nach 5 Jahren in einer Studie von Meyer und Mitarbeitern (2003). Auch APF, AKA und Filaggrin-Antikörper liefern Berichten zufolge einen Vorhersagewert hinsichtlich radiologisch sichtbarer Schäden (Genevay et al. (2002), Forslind et al. (2001). Der Vorhersagewert von Anti-CCP-Antikörpern im Vergleich zu dem von RF bildet gegenwärtig ein Thema von Diskussionen. Während Meyer und Mitarbeiter im Jahr 2003 berichteten, dass Anti-CCP-Antikörper für die Vorhersage von totalen Gelenkschädigungen und die Progression von Gelenkschäden nach 5 Jahren ein besserer Marker als RF sind, fanden Bas und Mitarbeiter 2002 heraus, dass IgM-RF einen besseren Vorhersagewert für den Schweregrad der Erkrankung darstellt. Schellekens und Mitarbeitern (2000) zufolge war die Vorhersagefähigkeit der beiden Tests bezüglich erosiver Erkrankung bei zweijähriger Verlaufsbeobachtung vergleichbar. In jedem Fall liefert die Bestimmung von Anti-CCP-Antikörpern einen zusätzlichen Vorhersagewert neben RF. Eine kombinierte Analyse von Anti-CCP-Antikörpern und IgMRF gilt als vielversprechend (Vencovsky et al., 2003). Allerdings können Anti-CCP-Antikörper-Test weder allein noch in Kombination mit RF-Tests zuverlässig Personen identifizieren, die für schwere, radiologisch sichtbare Schäden anfällig sind, da innerhalb der Gruppe positiver Patienten nur ein Teil tatsächlich eine schwere Krankheit entwickelt. Der Vorhersagewert von Anti-CCP-Antikörpern bzw. der Kombination aus Anti-CCPAntikörper-Tests und RF-Tests liegt vorwiegend in der Fähigkeit, (durch Ausschluss von Reaktivität) eine leichte Erkrankung zu prognostizieren. Ein Vorhersagemodell für permanente (erosive) RA von Visser und Mitarbeitern (2002) setzt sich aus 7 Variablen zusammen: vorangegangene Symptomdauer beim ersten Arztbesuch, Morgensteifigkeit von mindestens einer Stunde, Arthritis in mindestens drei Gelenken, bilaterale Druckschmerzen in den Metatarsopha- 63 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA langealgelenken (MTP), RF-Positivität, Anti-CCP-Positivität sowie die Präsenz von Erosionen. Die Anwendung des Modells auf 524 aufeinander folgende, kurz zuvor überwiesene Patienten mit Arthritis im Frühstadium resultierte nach einer zweijährigen Verlaufsbeobachtung in drei klinisch relevanten Vorhersagewerten für jeden Patienten: einem Wert für sich selbst limitierende Arthritis, einem für permanente, nicht erosive Arthritis und einem für permanente, erosive Arthritis. Die Fläche unterhalb der ROC-Kurve (AUC) ergab einen Wert von 0,84 für die Unterscheidung zwischen sich selbst limitierender und permanenter Arthritis und von 0,91 für die Unterscheidung zwischen permanenter, nicht erosiver und permanenter, erosiver Arthritis. Bei Anwendung der ACR-Klassifikationskriterien für RA waren die entsprechenden Werte erheblich niedriger (0,78 bzw. 0,79). Den Autoren ist es offensichtlich gelungen, ein klinisches Vorhersagemodell zu entwickeln, das die hervorragende Möglichkeit bietet, bereits beim ersten Arztbesuch des Patienten zwischen drei Verlaufsformen von Arthritis zu unterscheiden. Den stärksten Zusammenhang mit permanenter Arthritis wiesen die Kriterien Symptomdauer und Anti-CCP-Positivität auf. Nach der Permanenz assoziierte die erosive Arthritis ebenfalls am stärksten mit dem Kriterium Anti-CCP-Positivität. Dies unterstreicht den Vorhersagewert von Anti-CCP-Antikörpern. 64 2. Basismerkmale der serologischen Analyse von RA Auf den Punkt gebracht Vorhersagewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern • S erum-IgM-RF kann dem Beginn von RA um mehrere Jahre vorausgehen. In den ersten beiden Jahren von RA korreliert Serum-RF nicht mit der Krankheitsaktivität. Bei manifester RA geht Serum-RF häufig mit Vaskulitis und Rheumaknoten einher und kann ein prädiktiver Marker für die systemische Erkrankung sein. IgARF soll ein Marker für Schleimhautentzündung und Knochenerosionen sein. • Es wurde nachgewiesen, dass Anti-CCP-Antikörper schwere, radiologisch sichtbare Schäden vorhersagen können. Diese Fähigkeit wurde auch von APF, AKA und Filaggrin-Antikörpern berichtet. • Ein gegenwärtiges Diskussionsthema bildet der Vorhersagewert von Anti-CCPAntikörpern im Vergleich zu RF. In jedem Fall kommt der Bestimmung von AntiCCP-Antikörpern neben dem RF ein zusätzlicher prognostischer Wert zu. Eine kombinierte Analyse von Anti-CCP-Antikörpern und IgM-RF gilt als vielversprechend. • Der Vorhersagewert von Anti-CCP-Antikörpern oder der Kombination aus AntiCCP und RF besteht hauptsächlich darin, leichte Erkrankungen durch Ausschluss dieser Antikörper vorherzusagen. • In einem Vorhersagemodell für permanente (erosive) RA von Visser und Mitarbeitern (2002) stellt die Anti-CCP-Positivität eine von 7 Variablen dar. Dieses klinische Vorhersagemodell bietet die hervorragende Möglichkeit, bereits beim ersten Arztbesuch des Patienten zwischen drei Verlaufsformen von Arthritis zu unterscheiden: sich selbst limitierender Arthritis, permanenter, nicht erosiver Arthritis und permanenter, erosiver Arthritis. 65 3 Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 3.1 Einführung Je früher die Therapie von RA mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) eingeleitet wird, umso effektiver ist sie (siehe Kap. 1.4, „Therapie“). Aus diesem Grund lastet auf einem behandelnden Arzt derzeit ein hoher Druck im Hinblick auf eine frühe Diagnose von rheumatoider Arthritis. In Anbetracht des potenziellen Risikos von DMARDs liegt andererseits auch die Bedeutung einer exakten Diagnose auf der Hand. Was also offenkundig benötigt wird, ist eine Methode für die genaue und frühe Diagnose von RA. Bei Betrachtung der ACR-Kriterien für die Diagnose von rheumatoider Arthritis (siehe Tab. 1.2) wird jedoch deutlich, dass vier der sieben Kriterien (Morgensteifigkeit, Arthritis von drei oder mehr Gelenkregionen, Arthritis der Handgelenke und symmetrische Arthritis) über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen bestehen müssen. Dieser Aspekt ist hinsichtlich der Differenzierung von nur kurz andauernden Arthritiden, z. B. viraler Arthritis (siehe Kap. 3.2.4, „Virale Arthritis“) von besonderer Bedeutung. Ferner sind die ACR-Kriterien, wie oben bereits beschrieben (siehe Kap. 1.3, „Symptome und Diagnose“) weder sensitiv noch spezifisch für die Diagnose von früher RA. Zum heutigen Zeitpunkt ist eine zuverlässige Diagnose von rheumatoider Arthritis nicht möglich, wenn die Krankheitsgeschichte bezüglich Polyarthritis noch kurz ist. Es besteht folglich der Bedarf an zusätzlichen Hilfsmitteln für die Diagnose von RA, die das Feststellen einer Erkrankung im Frühstadium erleichtern. Für neu aufgetretene Arthralgie-Symptome (Gelenkschmerz) steht eine breite Palette von Differenzialdiagnosen zur Verfügung (siehe Kap. 3.2, „Häufige Differenzialdiagnosen“). Die Krankheiten, die als Differenzialdiagnosen von RA relevant sind, werden in den Kapiteln 3.2.1 bis 3.2.13 behandelt. In diesen Kapiteln wird jeweils ein kurzer Überblick über die wichtigsten Merkmale ge- 66 geben, durch die sich die entsprechende Krankheit von RA unterscheidet. Die serologische Untersuchung von RA-Patienten kann weitere diagnostische Unterstützung bieten. Das Vorhandensein des Rheumafaktors kann jedoch trotz seines gewissen diagnostischen und prognostischen Werts aufgrund der naturgemäß niedrigen Spezifität nicht alle Anforderungen erfüllen (siehe Kap. 2.2, „Was ist ein Rheumafaktor?“ und Kap. 2.4, „Rheumafaktor als Hilfe bei der Diagnose von RA“). Eine Hilfe bei der frühen Diagnose von RA könnte die Aufnahme von Anti-CCP-Antikörper-Tests in die Diagnosestrategie darstellen (siehe Kap. 2.3, „Was sind Anti-CCPAntikörper?“, Kap. 2.5, „Anti-CCP-Antikörper als Hilfe bei der Diagnose von RA“ und Kap. 2.6, „Vorhersagewert von RF und Anti-CCP-Antikörpern“). Im Gegensatz zum RF, der einen bereits etablierten Analysewert darstellt, werden die Anti-CCP-Antikörper in Kapitel 3.2, „Häufige Differenzialdiagnosen“ nicht als Hilfe bei der Diagnose von RA beschrieben. Neben den im folgenden Kapitel dargestellten Merkmalen kann der Nachweis von Anti-CCP-Antikörpern zukünftig vielleicht als zusätzliches Instrument bei der frühen und genauen Diagnose von RA dienen. 3.2 Häufige Differenzialdiagnosen In den nachfolgenden Kapiteln 3.2.1 bis 3.2.13 sind Krankheiten beschrieben, die als potenzielle Differenzialdiagnosen der RA von Bedeutung sind: Tabelle 3.1 Relevante Differenzialdiagnosen der RA 1. Bindegewebeerkrankungen (siehe 3.2.1) (SLE, systemische Sklerose, Polymyositis/Dermatomyositis, undifferenzierte Kollagenose (undifferentiated connective tissue disease: UCTD), Churg-Strauss-Syndrom , primäres SjögrenSyndrom 2. Seronegative Spondylarthropathien (siehe 3.2.2) (Spondylitis ankylosans, reaktive Arthritis, Arthritis psoriatica, entzündliche Darmerkrankung) 67 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 3. Bakterielle (infektiöse) Arthritis (siehe 3.2.3) 4. Virale Arthritis (siehe 3.2.4) 5. Osteoarthritis (degenerative Arthritis) (siehe 3.2.5) 6. Gicht (siehe 3.2.6) 7. Pseudogicht (siehe 3.2.7) 8. Fibromyalgie (siehe 3.2.8) 9. Polymyalgia rheumatica (siehe 3.2.9) 10. Behçet-Krankheit (siehe 3.2.10) 11. Lyme-Arthritis (siehe 3.2.11) 12. Glukokortikoid-Entzugssyndrom (siehe 3.2.12) 13. Weitere medizinische Gegebenheiten, die mit Arthropatie einhergehen können (Sarkoidose, Malignität etc.) (siehe 3.2.13) Zu den Differenzialdiagnosen der RA zählen vergleichsweise häufig auftretende Krankheiten, wie Spondylarthropathien, Gicht, reaktive Arthritis, Virusinfektionen, Fibromyalgie, Pseudogicht und Osteoarthritis, während andere relativ selten vorkommen (z. B. Lyme-Arthritis). Darüber hinaus gibt es weitere, noch seltenere Erkrankungen, wie beispielsweise die Whipple-Krankheit, die hier nicht aufgelistet sind. Osteoarthritis und Pseudogicht bilden die häufigsten Differenzialdiagnosen der rheumatoiden Arthritis. Die folgenden Laboruntersuchungen können bei der Diagnose von RA eine allgemeine Hilfe darstellen: – Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) – C-reaktives Protein (CRP) – Blutbild – Harnstoff und Elektrolyte – Leberfunktionstests 68 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA – Harnsäure – Analyse der Synovialflüssigkeit – Urinstatus – Rheumafaktor – Anti-CCP-Antikörper – ANA – Virale Titer 3.2.1 Bindegewebeerkrankungen Die folgenden Bindegewebeerkrankungen sind als Differenzial diagnosen der rhreumatoiden Arthritis von Bedeutung: – SLE – Sklerodermie – Polymyositis/Dermatomyositis – Undifferenzierte Bindegewebeerkrankung (UCTD: Undifferentiated Connective Tissue Disease) 3.2.1.1 SLE Klinische Merkmale Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) handelt es sich um eine systemische Autoimmunkrankheit ungeklärter Ätiologie, von der vorwiegend junge Frauen betroffen sind. Die Prävalenz liegt bei 300 bis 500 Krankheitsfällen pro Million bei einem Verhältnis von Frauen zu Männern von 9:1. Afroamerikaner und Asiaten weisen dabei ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auf. Zwillings- und Familienstudien belegen eine genetische Suszeptivität. SLE ist in Bezug auf klinische Manifestation und serologische Faktoren sehr heterogen. Das American College of Rheumatology (ACR) hat Klassifikationskriterien entwickelt, die zur Auswahl von Patienten für klinische Studien, Studien der Grundlagenforschung sowie für genetische Studien dienen (siehe Tab. 3.2). 69 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Tabelle 3.2: Revidierte ACR-Kriterien für SLE; Aktualisierung von 1997 1. Schmetterlings erythem Starre Erytheme, flach oder erhaben, im Jochbogen-Wangen-Bereich, meist Aussparung der Nasolabialfalten 2. Scheibenförmige Erytheme Erythematöse, erhabene Flecken 3. Photo sensitivität Hautausschlag infolge ungewöhnlicher Reaktion auf Sonnenlicht 4. Orale Ulzera Orale oder nasopharyngeale Ulzeration, normalerweise schmerzfrei 5. Arthritis Nicht erosive Arthritis an zwei oder mehr peripheren Gelenken, gekennzeichnet durch Druckempfindlichkeit der Gelenke, Schwellungen oder Ergüsse 6. Serositis a) Pleuritis ODER b) Perikarditis 7. Nierenstörungen a) Permanente Proteinurie von mehr als 0,5 Gramm/Tag ODER b) Zellzylinder 8. Neurologische Störungen a) Anfälle mangels gegenwirksamer Medikamente oder bekannte stoffwechselbedingte Geistesgestörtheit ODER b) Psychose mangels gegenwirksamer Medikamente oder bekannte stoffwechselbedingte Geistesgestörtheit 9. Hämatologische Befunde a) Hämolytische Anämie ODER b) Leukopenie ODER c) Lymphopenie ODER d) Thrombozytopenie 70 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 10. Immunologische Befunde a) Anti-DNA: Antikörper gegen native DNA in abnormalem Titer ODER b) Anti-Sm: Präsenz von Antikörpern gegen nukleäres Sm-Antigen ODER c) Positiver Befund von Antiphospholipid-Antikörpern (abnormale Serumkonzentration von IgG- oder IgMAnticardiolipin-Antikörpern ODER Lupus-Antikoagulans ODER ein seit mindestens 6 Monaten bekannter, falsch positiver serologischer Test auf Syphillis) 11. Antinukleäre Antikörper Abnormaler Titer von antinukleären Antikörpern im Immunfluoreszenztest oder äquivalentem Assay zu einem beliebigen Zeitpunkt und in Abwesenheit von Arzneimitteln, die bekanntermaßen mit dem medikamenteninduzierten Lupus erythematodes in Zusammenhang stehen. *) Die vorgeschlagene Klassifikation basiert auf 11 Kriterien. Zum Zwecke der Identifizierung von Patienten im Rahmen klinischer Studien gilt eine Person als SLE-Patient, wenn sie während eines beliebigen Beobachtungszeitraums von den 11 Kriterien beliebige 4 Kriterien nacheinander oder gleichzeitig erfüllt. Ungeachtet der Tatsache, dass die ACR-Kriterien für die Klassifizierung von Patienten zu Studienzwecken bestimmt sind, machen Rheumatologen, Internisten und zahlreiche andere Spezialisten ausgiebig Gebrauch von diesen Kriterien. Sie nutzen die Kriterien jedoch nicht nur zum Klassifizieren der Patienten, sondern in manchen Fällen auch zum Diagnostizieren der Krankheit und weiten damit ihren eigentlichen Verwendungszweck unangemessen aus. In den meisten Fällen beginnt SLE mit insidiös auftretenden, konstitutionellen Anzeichen (Unwohlsein, Abb. 3.1: Typischer mukokutaner Hautausschlag bei SLE 71 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.2: Photosensitive Alopezie bei SLE Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit), mit photosensitiven Hautausschlägen (siehe Abb. 3.1 bis 3.3) oder nicht erosiver und im Allgemeinen nicht deformierender Arthritis. Die am häufigsten beobachtete Hautmanifestation bei SLE ist das so genannte Schmetterlingserythem, ein erythematöser, malarer Hautausschlag, der häufig durch Sonnenlicht ausgelöst wird (siehe Abb. 3.4). Im späteren Stadium der Erkrankung können praktisch alle Organsysteme betroffen sein. Etwa 50 % der Patienten leiden unter Nierenstörungen. Zu den zahlreichen neurologischen und psychiatrischen Begleiterscheinungen (Beteiligung des zentralen Nervensystems) zählen beispielsweise hartnäckige Kopfschmerzen, Krampfanfälle, akute Schlaganfälle, Bewegungsstörungen und psychische Störungen (Depression, Psychose). Auch der Magen-Darm- sowie der Respirationstrakt können betroffen sein (siehe Abb. 3.5). Ferner können Serositis (Pleuritis, Perikarditis, Peritonitis), Alopecie und Schleimhautulzera auftreten. Bei den meisten Patienten sind leichte Anämie, Thrombozytopenie und Leukopenie festzustellen. Die Beteiligung lebenswichtiger Organe, insbesondere der Nieren und des zentralen Nervensystems, erklärt die beträchtliche Morbidität und Mortalität. Der Krankheitsverlauf ist im Allgemeinen durch Remissionen und Rückfälle (engl. flares: so genannte flammende Röte) gekennzeichnet. Ein typisches Merkmal von SLE ist das Vorhandensein antinukleärer Antikörper (ANA) und hoch krankheitsspezifischer Antikörper. Der Nachweis von ANA erfolgt durch indirekte Immunfluoreszenz (IIF) auf einer humanen Epitheloidzelllinie (HEp2-Zellen). Ein negatives ANA-Ergebnis schließt einen aktiven unbehandelten SLE (mit einer Wahrscheinlichkeit von 95–99 %) praktisch aus. Auf der anderen Seite sind ANA keinesfalls spezifisch für SLE, sondern 72 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.3 (links): Photosensitiver Hautausschlag auf der Brust bei SLE Abb. 3.4: Erythematöser malarer Hautauschlag bei SLE, so genanntes „Schmetterlingserythem“ (Bild mit Genehmigung von Elsevier nachgedruckt aus: Rheumatology, Klippel und Diepe (Hrsg.), 2/E, ©1998 Mosby) sind auch bei einer großen Anzahl anderer Krankheiten festzustellen. Daher werden im nächsten Schritt spezifische Marker-Antikörper analysiert. Folgende Antikörper können bei SLE auftreten: Antikörper gegen Nukleosomen (Anti-dsDNA: 70–90 %, Anti-Histone: 70–90 %, Anti-Nukleosom: 88 %, LE-Zelltest), Antikörper gegen Ribonucleoprotein-Partikel (AntiSm: 25 %, AntiU1-snRNP: 40 %), Anti-SSA/Ro (40– 50 %) und AntiSSB/La (15 %), Antikörper gegen Abb. 3.5: Pleura-Erguss bei SLE 73 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.6: Polyarthritis in den Händen eines SLEPatienten ohne Gelenkerosionen Phospholipide (Anticardiolipin: 20–40 %, Anti-β2-Glykoprotein I, Lupus Antikoagulans) und schließlich verschiedene Spezifitäten, wie Antikörper gegen anti-ribosomales Protein P (15–40 %) oder Anti-Ku (20–40 %). Antikörper gegen Anti-dsDNA, Anti-Sm und Anti-ribosomales P-Protein sind hoch krankheitsspezifisch, während die übrigen Antikörper auch bei anderen Erkrankungen, wie z. B. Sjögren-Syndrom oder Mischkollagenose, vorhanden sein können. Anti-dsDNA-Antikörper werden auch als Monitoring-Instru ment benutzt, da sich der Titer, insbesondere in Bezug auf Nierenstörungen, parallel zur Krankheitsaktivität verhält. Ferner steht zur Diskussion, ob diese Antikörper von pathogener Relevanz sind. Die Konzentration der Komplementfaktoren C3 und C4 wird ebenfalls zum Beurteilen der Krankheitsaktivität herangezogen, da die Verschlimmerung der Krankheit mit einer Abnahme dieser Substanzen verbunden ist. Zirkulierende Immunkomplexe und C-reaktives Protein sind hier nur von geringer Bedeutung. Niedrig dosierte Kortikosteroide, NSAIDs undAntimalariamittel (Hydroxychloroquin) spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von leichtem SLE. Patienten mit ernster oder progressiver Organbeteiligung werden kurzzeitig mit hoch dosierten Kortikosteroiden und/oder Zytostatika (z. B. Cyclophosphamid) behandelt. Konventionelle Differenzierung zwischen SLE und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) SLE kann mit einer RA-ähnlichen symmetrischen Polyarthritis von Händen, Handgelenken und Knien einhergehen (siehe Abb. 3.6). SLE-Patienten weisen jedoch normalerweise zusätzliche ex- 74 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA traartikuläre Manifestationen auf, wie Hautausschlag („Schmetterlingserythem“), Fieber, Beteiligung von Nieren oder zentralem Nervensystem, Pleuritis (Entzündung der Pleura) und Auffälligkeiten der Blutwerte, z. B. eine geringe Anzahl von weißen und roten Blutkörperchen sowie der Blutplättchen. Anders als bei der rheumatoiden Arthritis wandert die Polyarthritis bei SLE. 95–99 % aller SLE-Patienten sind positiv in Bezug auf antinukleäre Antikörper (ANA). Dieser Befund ist allerdings nicht spezifisch: Etwa 30 % aller RA-Patienten besitzen ebenfalls ANA. Daher bildet ein negativer ANA-Befund hauptsächlich ein Ausschlusskriterium für SLE. ANA-positive Patienten müssen im Hinblick auf die Entwicklung von SLE-Symptomen sehr sorgfältig beobachtet werden. Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit zwischen SLE und rheumatoider Arthritis bilden vorhandene, hoch krankheitsspezifische Autoantikörper bei SLE: dsDNA-Antikörper werden mit einer Prävalenz von 70–90 % festgestellt, Sm-Antikörper können bei etwa 25 % aller SLE-Patienten nachgewiesen werden, und Antikörper gegen ribosomales Protein P treten bei 15–40 % der SLE-Patienten auf. Diese Antikörper sind bei RA hingegen nicht vorhanden. Der Rheumafaktor kann trotz seines Zusammenhangs mit RA nicht als Unterscheidungskriterium herangezogen werden, da ungefähr 30 % der SLE-Patienten in Bezug auf den Rheumafaktor ebenfalls seropositiv sind. Tabelle 3.3 Unterscheidung zwischen SLE und RA SLE Rheumatoide Arthritis ACR-Kriterien für SLE ACR-Kriterien für RA Extraartikuläre Manifestationen („Schmetterlingserythem“, Nieren oder ZNS-Beteiligung, niedrige Werte von weißen und roten Blutkörperchen und Blutplättchen) Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) 75 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA SLE Rheumatoide Arthritis Keine Knochenerosionen Erosive Gelenkerkrankung Wandernde Arthritis Permanente Arthritis ANA (95–99 %); geringe Krankheitsspezifität ANA (30 %) dsDNA-Ak (70–90 %) – Sm-Ak (ca. 25 %) – Ak gegen ribosomales Protein P (15–40 %) – RF (30 %) RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität 3.2.1.2 Sklerodermie (Systemische Sklerose) Klinische Merkmale Die Bezeichnung Sklerodermie bedeutet „Verhärtung der Haut“, was gleichzeitig das charakteristische Symptom der Krankheit ist. Die systemische Sklerose ist weltweit verbreitet mit einer Prävalenz von 126–250/Million und einer Inzidenzrate von 0,6– 19/100.000/Jahr. Die Prävalenz der Sklerodermie wird in Japan auf 7 Erkrankte pro Million Menschen geschätzt, während bei einem nordamerikanischen Indianerstamm eine Prävalenz von 472 pro Million festgestellt wurde. Frauen bergen im Vergleich zu Männern ein drei- bis achtfaches Erkrankungsrisiko, wobei die Differenz bei jüngeren Altersgruppen größer ist. Die ersten Symptome treten normalerweise im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. Die Sklerodermie ist eine multisystemische Krankheit, die durch eine zunehmende Verdickung und Verhärtung der Haut gekennzeichnet ist und sich häufig auf die viszeralen Organe ausbreitet. Bei nahezu allen Sklerodermie-Patienten tritt das RaynaudPhänomen auf. Das charakteristische Merkmal dieses Phänomens 76 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.7 (links): RaynaudPhänomen Abb. 3.8: Digitale vertiefte Narben und Ulzera, häufig auftretend bei systemischer Sklerose ist die durch Kälte oder Stress ausgelöste Vasokonstriktion von einem oder mehreren Fingern, die zum Weißwerden und anschließend zur Hyper ämie führt, die dann eine Hautrötung bewirkt (siehe Abb. 3.7). Häufig geht ein neu aufgetretenes, stark ausgeprägtes Raynaud-Phänomen mit schwerer digitaler Ischämie mit Fingerspitzenulzeration einher, die an systemische Vaskulitis erinnert (siehe Abb. 3.8). Aufgrund der Heterogenität des Krankheitsbildes fällt die Klassifizierung von Sklerodermie oft schwer. Das American College of Rheumatology (ACR) hat klinische Kriterien zur Klassifizierung von Sklerodermie entwickelt. Danach gibt es zwei Haupttypen der Sklerodermie. Die lokalisierte Sklerodermie umfasst verschiedene Unterformen, wie Morphaea (einzelne Stellen verhärteter Haut), lineare Form (auf darunter liegende Knochen und Muskeln begrenzte Hautverhärtung) und Sclérodermie on coup de sabre (säbelhiebartige Sklerodermie ausschließlich am Kopf und im Gesicht). Die systemische Sklerodermie kann hingegen in zwei Unterformen eingeteilt werden: begrenzte Sklerodermie und diffuse Sklerodermie. Bei der diffusen Variante kann die Fibrose der Haut und anderer Organe sich weit auf den Körper ausbreiten und lebensbedrohlich sein. Ungefähr 95 % der Patienten zeigen charakteristische Veränderungen der Haut (Sklerose, siehe Abb. 3.9), bei ca. 77 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.9: Hautverhärtung mit Hyperpigmentierung von Brust und Bauch eines Patienten mit diffuser Sklerodermie 90 % tritt das Raynaud-Phänomen auf, 95 % haben geschwollene Finger und 96 % leiden unter Arthralgien. Bei etwa 50 % der Patienten wird in der Frühphase der Krankheit eine Magen-Darm- oder Lungenbeteiligung erkenn bar. Zusätzlich können sich (bei ca. 10 % der Fälle) Myo kardiopathie und Einschränkungen der Nierenfunktion entwickeln. Die begrenzte Sklero dermie bleibt hingegen auf die Finger oder distalen Extremitäten (keine Rumpfbeteiligung) beschränkt und verläuft weniger schmerzhaft und günstiger. Die meisten Patienten mit begrenzter Sklerodermie entwickeln die typischen Merkmale des CREST-Syndroms: Calcinosis cutis (subkutane Kalkablagerungen), Raynaud-Phänomen (99 % der Fälle), ösophageale (engl.: esophageal) Bewegungsstörungen (90 % der Fälle), Sklerodaktylie (dünne, blasse, sklerotische Finger, siehe Abb. 3.10) und Teleangiektasie (bleibende Erweiterung Abb. 3.10: Finger- und Hand-Sklerodermie – fortgeschrittene Hautverhärtung, die den Patienten unfähig macht, eine Faust zu bilden 78 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.11: Punktförmige Telangiektasien auf den Wangen bei seit langem bestehender, begrenzter Sklerodermie. Die straffe, glatte Haut im Gesicht führt zu einer zunehmenden Verkleinerung der Mundöffnung und radialer Furchenbildung um die Lippen kleiner, oberflächlicher Blutgefäße, siehe Abb. 3.11) (90 % der Fälle). Es gibt allerdings Forderungen, die in diesem Zusammenhang verwendete Bezeichnung „CREST-Syndrom“ solle durch „begrenzte Sklerodermie“ ersetzt werden, da viele Patienten nicht alle Merkmale von CREST aufweisen. Die Beteiligung innerer Organe bleibt im Allgemeinen auf den Ösophagus und andere Teile des Magen-DarmTrakts beschränkt. Die Behandlung umfasst Gefäßtherapie (Warmhalten, Vaso dilatatoren), Immunmodulation (z. B. Cyclophosphamid) und antifibrotische Arzneimittel (D-Penicillamin, Interferon-α, Inter feron-γ, Colchicin). Darüber hinaus ist möglicherweise eine organ spezifische Therapie notwendig. Konventionelle Unterscheidung zwischen Sklerodermie und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Trotz augenscheinlicher Krankheitsmerkmale, die klar von der RA zu unterscheiden sind, stellt die Sklerodermie eine Differenzialdiagnose der rheumatoiden Arthritis dar. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Sklerodermie mit moderaten bis schweren Allgemeinsymptomen und einer leichten Polyarthritis der proximalen Interphalangealgelenke (PIP) und der Metacarpophalangealgelenke (MCP) beginnt, ähnlichen Symptomen also, wie sie bei RA auftreten. Die Differenzierung zwischen einer beginnenden Sklerodermie und RA kann anhand der Bestimmung spezifischer Antikörper erfolgen. Antikörper gegen Anti-topo-I (Scl-70) sind gegen Topoisomerase I gerichtet, ein nukleäres Schlüsselenzym, das 79 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA überspiralisierte DNA in die erforderlichen Konformationen für die normale DNA-Replikation und -Transkription überführt. AntiTopo-I-Antikörper sind hoch spezifisch für diffuse Sklerodermie und weisen eine Sensitivität von ungefähr 30 % auf. Autoantikörper gegen die RNA-Polymerasen I und III sind ebenfalls hoch spezifisch für diffuse Sklerodermie, insbesondere in Zusammenhang mit Nierenstörungen. Hoch spezifische Autoantikörper gegen Zentromer- oder Kinetochorproteine (z. B. Anti-CENP-B) können im Serum von bis zu 90 % der Patienten mit begrenzter Sklerodermie nachgewiesen werden. Im Vergleich zu Patienten mit Anti-Topo-I-Antikörpern erleben Patienten mit Anti-Zentromer-Antikörpern einen günstigeren und längeren Krankheitsverlauf. Anti-Zentromer-Antikörper können auch bei Patienten mit primärem Raynaud-Syndrom festgestellt werden, einer Gruppe, bei der häufig ein späteres Fortschreiten zur begrenzten Sklerodermie zu beobachten ist. Neben Sklerodermie-spezifischen Antikörpern können für die Unterscheidung zwischen neu aufgetretener Sklerodermie und rheumatoider Arthritis auch extraartikuläre Manifestationen herangezogen werden. Der Rheumafaktor, der bei etwa 75–80 % der RA-Patienten nachgewiesen werden kann, ist ungeeignet für die Differenzierung, da etwa 20 % der Sklerodermie-Patienten ebenfalls seropositiv in Bezug auf den RF sind. Tabelle 3.4 Unterscheidung zwischen Sklerodermie und RA Sklerodermie Rheumatoide Arthritis Ak gegen Anti-Topo-I (Scl 70): 30 % d. Patienten mit diffuser Sklerodermie; Anti-RNA-Polymerase I und III spezifisch für diffuse Sklerodermie – Ak gegen Zentromer (CENP-B): 90 % der Patienten mit begrenzter Sklerodermie – 80 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Sklerodermie Rheumatoide Arthritis – ACR-Kriterien für RA RF (20 %) RF (75–80 %), geringe Krankheitsspezifität Raynaud-Phänomen Sklerose Extraartikuläre Manifestationen (grippeähnliche Symptome, Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) 3.2.1.3 Polymyositis/Dermatomyositis Klinische Merkmale Die berichtete Gesamtinzidenz von Polymyositis/Dermatomyositis beläuft sich auf ungefähr 2–10/100.000/Jahr, mit einem Altersgipfel im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt und einem weiteren, aber weniger ausgeprägten Gipfel im Kindesalter. Die Prävalenz liegt bei 20–50/Million, das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Patienten ist dabei 2:1. Die Krankheit tritt bei Schwarzen häufiger auf als bei Weißen. Polymyositis/Dermatomyositis ist gekennzeichnet durch eine chronische Entzündung der quergestreiften Skelettmuskulatur (Polymyositis) und manchmal zusätzlich der Haut (Dermatomyositis). Das charakteristische Merkmal der Myositis bildet die symmetrische Muskelschwäche. Bei manchen Pa tienten mit Polymyositis/Der ma tomyositis entwickelt sich die Myositis akut, mit Fieber, Unwohl sein, Gelenkschmerzen und Nieren insuffizienz, in den meisten Fällen beginnt die Krankheit jedoch sub akut. Abb. 3.12 : Bläulich violetter Ausschlag und Lidödeme bei einem Jungen mit Dermatomyositis 81 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Anders als bei der Poly myositis ist die zusätzlich zu den Muskelsymptomen auftretende Hautbeteiligung bei der Dermatomyositis nahezu pathognomonisch. Sie besteht aus einem erythematösen, schmetterlings förmigen Ausschlag der Abb. 3.13: Gottron-Papeln, ein erythema sonnenlichtexponierten Haut töser, schuppender Ausschlag an den auf Wangen, Nasenrücken Fingerknöcheln und auf den Handrücken und Stirn mit Verfärbung bei früher Dermatomyositis der Augenlider (siehe Abb. 3.12), verschiedenen anderen, typischen Ausschlägen (z. B. Gottron-Papeln, siehe Abb. 3.13) und Teleangiektasien (bleibende Erweiterung kleiner, oberflächlicher Blutgefäße). Kalkablagerungen können zum spät auftretenden, behindernden Problem Abb. 3.14: Kalkablagerungen in den bei chronischer DermatomyWeichteilen ositis werden, insbesondere bei Krankheitsbeginn in der Kindheit. Bei im Erwachsenenalter erstmals aufgetretener Erkrankung sind Kalkablagerungen ungewöhnlich (siehe Abb. 3.14). Im Gegensatz zur Polymyositis sind bei der Dermatomyositis erhebliche Gefäßschädigungen zu beobachten. Forscher haben bereits einen Zusammenhang zwischen Dermatomyositis und Malignität bei älteren Menschen beschrieben. Bei der Polymyositis/Dermatomyositis tritt neben der Muskel schwäche normalerweise eine Atrophie auf. Muskelschmerzen und Druckempfindlichkeit können zwar vorkommen, sind aber bei manifester Synovitis im Allgemeinen stärker ausgeprägt. Die Creatinkinase-Aktivität im Serum ist generell erhöht und korreliert mit der Krankheitsaktivität (in Akutphasen bis zu 50fache Erhöhung des Normalwerts). Die Elektromyographie bringt ein 82 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA typisches Myopathiemuster zum Vorschein, das allerdings nicht spezifisch für Autoimmunkrankheiten der Muskeln ist. Während akuter Stadien können mit Hilfe des Magnetresonanzverfahrens Muskelödeme festgestellt werden. Die Muskelbiopsie stellt schließlich das definitive Diagnoseinstrument zum Identifizieren der Polymyositis/Dermatomyositis dar. Andere Organsysteme, wie Gelenke, Lunge (Fibrose), Herz und Magen-Darm-Trakt, können ebenfalls betroffen sein. Bei Gelenkbeteiligung tritt Polyarthralgie und/oder Polyarthritis mit RA-ähnlichen Symptomen auf. Am häufigsten betroffen sind die Handgelenke, die Knie sowie die kleinen Gelenke der Hand. Die Morgensteifigkeit ist stark ausgeprägt. Arthritis kommt besonders oft bei Patienten mit Overlap-Syndrom sowie bei Patienten mit Antikörpern gegen die Untergruppe der Anti-tRNA-Synthetasen vor (siehe unten). Der Nachweis von Myositis-spezifischen Autoantikörpern stellt eine weitere Diagnosehilfe dar. Zu den am häufigsten festgestellten Antikörpern gehören Antikörper gegen die Aminoacyl-tRNA-Synthetasen, besonders Histidyl-tRNA-Synthetase, die ursprünglich als Jo-1 beschrieben wurde. Diese Antikörper werden bei bis zu 20 % der Patienten mit Polymyositis oder Dermatomyositis festgestellt, und zwar vorwiegend bei Patienten mit Lungenfibrose. Ebenfalls beschrieben wurden Autoantikörper gegen Alanyl- (PL-12), Threonyl- (PL-7), Glycyl- (EJ) und Isoleucyl-tRNA-Synthetasen (OJ). Bei an Polymyositis Erkrankten seltener beobachtet werden Autoantikörper gegen SRP (Signal Recognition Particle). Patienten mit diesen Antikörpern neigen zu einer sehr schweren, Steroid-resistenten Myositis mit akutem Beginn und schlechter Prognose, die normalerweise mit einer Herzbeteiligung einhergeht. Anti-Mi-2-Antikörper sind charakteristisch für DermatomyositisPatienten (15–35 %). Diese Antikörper sind gegen eine Helikase gerichtet. Aufgrund ihrer geringen Krankheitsspezifität (Vor kommen bei 5 % von SLE-Patienten) ist ihr Nutzen für die Diagnose begrenzt. Wenn Patienten gleichzeitig unter Myositis und systemischer Sklerose leiden, spricht man von einem Overlap-Syndrom. Etwa 25 % dieser Patienten besitzen Antikörper gegen das nukleo- 83 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA läre Antigen PM-Scl. Das PM-Scl-Autoantigen besteht aus einem Komplex von 11–16 Proteinen im Bereich von 20 kD bis 110 kD. In den meisten Fällen richtet sich die Immunreaktion gegen ein 100-kD-Protein, eine Reaktivität ist jedoch auch gegen eine 70- oder 75-kD-Komponente zu verzeichnen. In Japan wurde bei einigen Patienten mit Overlap-Syndrom festgestellt, dass ihre Autoantikörper nicht gegen das PM-Scl-Antigen, sondern hauptsächlich gegen das 70-kD/80-kD- Ku-Antigen gerichtet waren. Ferner können bei Myositis-Overlap-Syndromen auch Autoantikörper gefunden werden, die typischerweise mit anderen Bindegewebekrankheiten assoziiert sind (z. B. Anti-U1RNP, AntiPM-Scl, Anti-SS-A, Anti-Zentromer). Die Behandlung besteht normalerweise aus einer KortikosteroidTherapie. Falls ein Patient auf diese Therapie nicht anspricht, werden Methotrexat und andere Immunsuppressiva eingesetzt. Manche Patienten sprechen Berichten zufolge auch auf Plasmapherese und γ-Globulin an. Konventionelle Unterscheidung zwischen Polymyositis/Dermatomyositis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die autoimmun bedingte Muskelkrankheit ist eine potenzielle Differenzialdiagnose der RA. Dies ist einerseits auf die Tatsache zurückzuführen, dass sich im Verlauf von RA eine Myopathie entwickeln kann, und andererseits die autoimmun bedingte Muskelkrankheit häufig mit moderaten bis schweren Allgemeinsymptomen und leichter Arthritis der proximalen Interphalangeal- (PIP) und der Metacarpophalangealgelenke (MCP) beginnt. In seltenen Fällen können bei einem Patienten beide Krankheiten koexistieren. Die Unterscheidung zwischen Polymyositis/Dermatomyositis und RA erfolgt durch eine Analyse von Myositis-spezifischen Merkmalen. Im Rahmen dieser Analyse wird beispielsweise die CK-Aktivität (CK: Creatinkinase) im Serum bestimmt, es werden NMR-Untersuchungen durchgeführt, und anhand von Biopsieproben werden schließlich typische Veränderungen festgestellt. Charakteristische Hautveränderungen sind bei Dermatomyositis zu beobachten. Zusätzlich bietet die Existenz von Myositis-spezifischen Antikörpern, wie Jo-1 oder anderer 84 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA spezifischer Antikörper (PL-12, Pl-7, EJ, OJ) eine Hilfe bei der Unterscheidung zwischen autoimmun bedingter Myopathie und RA. Auf der anderen Seite sind die ACR-Kriterien und typische extraartikuläre Manifestationen (z. B. Rheumaknoten) charakteristisch für RA und helfen bei der Abgrenzung gegenüber Polymyositis/Dermatomyositis. Der Rheumafaktor ist für eine Differenzierung ungeeignet, da etwa 20 % der Polymyositis-/Dermatomyositis-Patienten in Bezug auf RF ebenfalls seropositiv sind. Tabelle 3.5 Unterscheidung zwischen Poly-/Dermatomyositis und RA Poly-/Dermatomyositis Rheumatoide Arthritis Erhöhter CK-Wert – Veränderungen in Muskel-NMR erkennbar – Typische Veränderungen in der Muskelbiopsie erkennbar – Autoantikörper (Jo-1 (20 %), PL-12, PL-7, EJ, OJ) - Leichte Arthritis von PIP- und MCPGelenken ACR-Kriterien RF (20 %) RF (75–80 %), geringe Krankheitsspezifität Hautbeteiligung im Fall von Dermatomyositis Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) 85 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 3.2.1.4 Undifferenzierte Bindegewebeerkrankung (UCTD: Undifferentiated Connective Tissue Disease) Klinische Merkmale Mit der Bezeichnung undifferenzierte Bindegewebeerkrankung (UCTD: Undifferentiated Connective Tissue Disease) wird ein Zustand beschrieben, bei dem sich eine Kollagenose zwar schon äußert (möglicherweise mit weiteren Krankheiten assoziiert), sich aber noch nicht bis zu einem Punkt entwickelt hat, an dem sie leicht zu identifizieren wäre. Die Ärzte wissen daher nicht genau, mit welcher Krankheit sie es zu tun haben. Nicht selten sind zwar mehrere Symptome der Krankheit vorhanden, aber nicht in geeignetem Maße, um eine eindeutige Diagnose zu erlauben. Zu den häufig auftretenden Symptomen zählen Myositis, Vaskulitis und Raynaud-Phänomen. Aus der undifferenzierten Bindegewebeerkrankung können sich Krankheiten wie SLE, Sklerodermie, Polymyositis, Vaskulitis, RA, Sjögren-Syndrom und Fibromyalgie entwickeln. In vielen Fällen werden verschiedene Gruppen von Autoantikörpern festgestellt (z. B. Anti-Zentromer). Die Mischkollagenose (MCTD: Mixed Connective Tissue Dis ease) wird ebenfalls oft dieser Untergruppe zugeordnet und manchmal auch als „undifferenzierte Bindegewebeerkrankung“ bezeichnet. Patienten mit M ischkollagenose weisen Merkmale von zwei oder mehr Bindegewebekrankheiten auf, wie SLE, Sklerodermie und Polymyositis/Dermatomyositis und haben gleichzeitig charakteristisch hohe Titer von Antikörpern gegen die 70-kD-Komponente des U1-snRNP- Partikels. Zu den typischen klinischen Merkmalen zählen Raynaud-Phänomen, Polyarthritis, Handschwellungen, Sklerodaktylie, Arthralgien, Myositis, restriktive Lungenkrankheit und Funktionsstörungen des Ösophagus. Es handelt sich um eine seltene Krankheit mit einem Verhältnis von weiblichen zu männlichen Patienten von 4:1. Ein Anteil von 60–70 % der Patienten leidet unter Arthritis. Die Unterscheidung von RA kann schwierig sein, da sich in vielen Fällen eine deformierende, erosive Arthritis entwickelt. 86 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Konventionelle Unterscheidung zwischen UCTD und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die Mischkollagenose wird anfangs möglicherweise als RA dia gnostiziert. Eine Hilfe bei der Unterscheidung zwischen den beiden Krankheiten bietet der Nachweis von Anti-70-kD-Antikörpern im Falle der Mischkollagenose. Ferner sind die extraartikulären Manifestationen charakteristisch für RA. Der Rheumafaktor kann allerdings nicht als Unterscheidungskriterium dienen, da er auch bei etwa 25 % der Patienten mit Mischkollagenose festzustellen ist. Die UCTD kann von der RA einerseits anhand ihrer spezifischen Antikörpergruppen und andererseits anhand der ACRKriterien und extraartikulären Manifestationen von RA unterschieden werden. Tabelle 3.6: Unterscheidung zwischen UCTD/Mischkollagenose und RA Undifferenzierte Bindegewebeerkrankung (UCTD); Mischkollagenose Rheumatoide Arthritis Mischkollagenose: Ak gegen Anti-70kD (95–100 %); UCTD: verschiedene Antikörpergruppen – – ACR-Kriterien Raynaud-Phänomen Polymyositis Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) RF (25 % bei Mischkollagenose) RF (ca. 75–80 %), geringe Krankheitsspezifität 3.2.2 Seronegative Spondylarthropathie Die folgenden seronegativen Spondylarthropathien sind als Differenzialdiagnosen der rheumatoiden Arthritis relevant: Spondylitis ankylosans, reaktive Arthritis, Arthritis psoriatica und entzündliche Darmerkrankung. 87 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.15 (links): Junger Mann mit Spondylitis ankylosans Abb. 3.16: Seitenansicht der Lumbosakralwirbelsäule mit dünnen und prägnanten Syndesmophyten von Spondylitis ankylosans (so genannte Bambusstabwirbelsäule) 3.2.2.1 Spondylitis ankylosans Klinische Merkmale Spondylitis ankylosans kommt bei Männern häufiger vor als bei Frauen (Verhältnis 5:1) und beginnt meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Bei Kaukasiern bewegt sich die Prävalenz von Spondylitis ankylosans normalerweise in einem Bereich von 0,5–1,0 %. In den USA liegt die Inzidenz bei 6,6/100.000/Jahr. Diese chronische Form von Arthritis betrifft primär das Achsenskelett und nur sekundär dessen (die Extremitäten betreffenden) Grenzgelenke. Am häufigsten präsentiert sich die Krankheit mit Schmerzen und Steife im unteren Rücken. Die Symptome werden durch mangelnde Bewegung verstärkt und durch leichte Übungen gemildert. Charakteristisch sind radiologische Veränderungen (Erosion und Sklerose) im Iliosakralbereich (zwischen Kreuzbein und Hüfte), die jedoch erst nach einigen Jahren der Erkrankung sichtbar wer- 88 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.17: Akute anteriore Uveitis mit circumcornealer Kongestion (Stauung um die Hornhaut) und irregulärer Pupille den. Früher einsetzende Symptome sind verminderte Thoraxausdehnung aufgrund der Beteiligung der Rippenwirbelgelenke. Im fortgeschrittenen Stadium kann die gesamte Wirbelsäule einsteifen (knöcherne Ankylose), so dass keine Bewegung mehr möglich ist (siehe Abb. 3.15 und 3.16). Klassifizierungskriterien wurden erstmals 1961 eingeführt (Rom-Kriterien: Schmerzen und Steife im unteren Rücken, Schmerzen und Steife im Thoraxbereich, eingeschränkte Bewegung in der Lendenwirbelsäule (LWS), begrenzte Thoraxausdehnung und Manifestation von Iritis) und 1966 revidiert (New YorkKriterien: frühere oder aktuelle Schmerzen im Bereich des dorso-lumbalen Übergangs oder in der Lendenwirbelsäule, Bewegungseinschränkung bei Anteriorflexion, Lateroflexion und Extension sowie eingeschränkte Thoraxausdehnung). In Europa wurden von der European Spondyloarthropathy Study Group (ESSG) weitere Klassifizierungskriterien entwickelt. Eine vorübergehende, akute Arthritis der peripheren Gelenke tritt bei ungefähr 50 % der Fälle auf, während permanente Veränderungen in den peripheren Gelenken, meist der Hüften, Schultern und Knie bei etwa 25 % der Erkrankten beobachtet werden. Die Arthritis ist in der Regel symmetrisch ausgeprägt. Die am häufig sten auftretende Beteiligung außerhalb der Wirbelsäule bei Patienten mit Spondylitis ankylosans ist die (auch als akute Iritis oder Iridozyklitis bezeichnete) akute Uveitis anterior (siehe Abb. 3.17). Weitere mögliche Organmanifestationen außerhalb der Wirbelsäule sind Amyloidose (extravaskuläre Ablagerung von fibrillären Proteinen und nachfolgende Störung des Metabolitentransports) oder IgA-Nephropathie. Die spondylitische Herzkrankheit, die 89 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA hauptsächlich durch atrioventrikuläre Reizleitungsstörungen und Aorteninsuffizienz gekennzeichnet ist, kann bei 3–5 % der Patienten mit lang bestehender, schwerer Krankheit auftreten. Das Serum von Patienten mit Spondylitis ankylosans ist in Bezug auf den Rheumafaktor fast immer negativ. Die Erkrankten weisen erhöhte BSG- und CRP-Werte auf, die jedoch nicht in Zusammenhang mit der Krankheitsaktivität stehen. Die Inzidenz von HLA-B27 ist drastisch erhöht. Das MHC-Klasse-I-Molekül HLA-B27 (das von 6 verschiedenen Allelen codiert wird) ist bei 90–95 % der Patienten mit Spondylitis ankylosans festzustellen, im Gegensatz zu 4–13 % bei gesunden Kaukasiern. Die Prävalenz von HLA-B27 in der Allgemeinbevölkerung deutet auf beträchtliche geographische Unterschiede hin und bewegt sich zwischen 52,9 % in Papua-Neuguinea und 0 % in Guatemala und Afrika. Dies hat signifikante Auswirkungen auf das Vorkommen HLA-B27-relevanter Störungen. Mit Ausnahme von Patienten mit anderen seronegativen Spondylarthropathien (reaktive Arthritis, Arthritis psoriatica, entzündliche Darmerkrankung), ist bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen keine erhöhte Inzidenz von HLA-B27 festzustellen. Die enge Verknüpfung von seronegativen Spondylarthropathien mit HLA-B27 spiegelt wahrscheinlich die direkte Beteiligung des HLA-B27-Genprodukts an der Pathogenese wider. Spondylitis ankylosans kann auch mit Psoriasis, chronisch entzündlicher Darmerkrankung und reaktiver Arthritis assoziiert sein. Neben physikalischer Therapie und Beschäftigungstherapie besteht die Standardbehandlung von Spondylitis ankylosans aus der Verabreichung von NSAIDs. Darüber hinaus werden infolge neuer Behandlungsansätze auf diesem Krankheitsgebiet auch DMARDs, Immunsuppressiva oder TNF-α-Hemmer (Remicade® und Enbrel®) eingesetzt (siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“). In Sonderfällen werden isolierte Gelenke mit Strahlentherapie behandelt. Konventionelle Unterscheidung zwischen Spondylitis ankylosans und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Anders als bei RA ist bei Spondylitis ankylosans primär das Achsen skelett (Kreuzschmerzen) betroffen. Die rheumatoide 90 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Arthritis kann sich zwar letztlich ebenfalls auf die Wirbelsäule ausdehnen, dies geschieht jedoch typischerweise im Bereich der Halswirbelsäule. Eine vorliegende Knochenproliferation mit normaler Mineralisation und knöcherner Ankylose (Gelenksteife) sowie das Fehlen von Osteoporose sind bei der Unterscheidung von Spondylitis ankylosans und rheumatoider Arthritis der peripheren Gelenke nützlich. Zu Beginn sollte eine konventionelle Röntgenaufnahme gemacht werden. Magnetresonanz-Tomographie und Computer-Tomographie spielen eine wichtige Rolle bei der Abbildung verschiedener Abschnitte der Wirbelsäule. Konstitutionelle Symptome, wie sie bei rheumatoider Arthritis auftreten, kommen bei den meisten Patienten mit Spondylitis ankylosans nicht vor. Aus diesem Grund können die extra artikulären Manifestationen der rheumatoiden Arthritis als weiteres Unterscheidungskriterium dienen. Tabelle 3.7 Unterscheidung zwischen Spondylitis ankylosans und RA Spondylitis ankylosans Rheumatoide Arthritis Vorwiegend Beteiligung des Achsenskeletts (Iliosakralbereich!); Kreuzschmerzen Bei Beteiligung des Achsenskeletts nur HWS-Bereich HLA-B27 (90–95 %) HLA-B27-Häufigkeit nicht erhöht (4–13 % bei gesunden Euro-Kaukasiern) – RF (ca. 70 %); geringe Krankheitsspezifität Charakteristische radiologische Veränderungen (Iliosakralbereich) Typisches Röntgenbild von Händen und Füßen Reduzierte Thoraxausdehnung Keine Auswirkung auf Thoraxausdehnung 91 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Spondylitis ankylosans Rheumatoide Arthritis Knochenproliferation ohne Demineralisation; knöcherne Ankylose (Gelenksteife) Osteoporose, Erosionen, Dekalzifikation, Gelenkspaltverschmälerung – ACR-Kriterien für RA Iritis als extraartikuläre Manifestation Keratoconjunctivitis als extraartikuläre Manifestation – Extraartikuläre Manifestationen (grippeähnliche Symptome, Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) 3.2.2.2 Reaktive Arthritis (Reiter-Krankheit) Klinische Merkmale Bei der reaktiven Arthritis handelt es sich um eine Entzündung mehrerer Gelenke, die durch eine Infektion in anderen Körperteilen ausgelöst wird. Sie kann einer durch verdorbene Lebensmittel hervorgerufenen Infektion mit Salmonella, Shigella, Yersinia oder Campylobacter folgen oder aus bestimmten, durch sexuellen Kontakt übertragenen Infektionen des Urogenitaltrakts (z. B. Chlamydia trachomatis, HIV) hervorgehen. Ferner kann die auslösende Infektion auch in den Atemwegen ihren Ursprung haben (Chlamydia pneumoniae und andere, z. B. Streptococci). Die ursächlichen Erreger dringen im Allgemeinen nicht in die Gelenke ein. Die Arthritis entwickelt sich typischerweise 6–14 Tage nach einer Magen-Darm-Infektion. In den meisten Fällen handelt es sich um eine asymmetrische, wandernde Mono- oder Oligoarthritis der stützenden Gelenke (Knie, Sprunggelenke, Hüften). Darüber hinaus können Entzündung und Schwellung ganze Zehen oder Finger betreffen (Daktylitis). Enthesopathien können sich ebenso entwickeln. Die Arthritis limitiert sich häufig selbst und dauert 1–5 Monate. Bei nahezu 30 % der Patienten treten mehrere Arthritisepisoden auf, und bei 5–20 % der Erkrankten wird die 92 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Arthritis chronisch. Die meisten Patienten zeigen (oft heftige) konstitutionelle Symptome (Fieber, Anorexie, Müdigkeit), und einige entwickeln extraartikuläre Manifestationen, die hauptsächlich die Augen (Uveitis, Konjunktivitis) und das Urogenitalsystem (Urethritis, Zervizitis) betreffen. Die Prävalenz von HLA-B27 ist erhöht (60–80 %). Häufig sind auch Haut- und Schleimhautläsionen zu beobachten. Antibiotika können bei der Behandlung von reaktiver Arthritis nur helfen, wenn eine aktive bakterielle Infektion vorliegt. Die meisten Patienten mit reaktiver Arthritis werden mit nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAIDs), wie Indometacin (Indocin®) oder Ibuprofen (Motrin®) behandelt. Bei Arthritis im Knie helfen in manchen Fällen intraartikuläre Injektionen von Kortikosteroiden. Zur Therapie von chronischer reaktiver Arthritis werden DMARDs eingesetzt (siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“). Konventionelle Unterscheidung zwischen reaktiver Arthritis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die reaktive Arthritis ist gekennzeichnet durch die Beteiligung mehrerer Gelenke (Entzündung, Schwellung, Schmerzen), die durch eine Infektion in anderen Teilen des Körpers verursacht wird. Anders als bei der bakteriellen Arthritis sind im Allgemeinen mehrere Gelenke betroffen, und in der Synovialflüssigkeit sind keine Bakterien nachweisbar. Ebenfalls häufig zu beobachten sind Hautmanifestationen. Charakteristisch für die reaktive Arthritis sind Enthesopathien (Entzündungen der Sehnen bzw. Sehnenansätze), insbesondere im Sternum und in den Fingern oder Füßen. Für die Unterscheidung von der rheumatoiden Arthritis ist eine vorangegangene Infektion wichtig. Diese Infektion kann die Harnwege, Genitalien oder den Magen-Darm-Trakt betreffen. Die der Arthritis vorausgehenden Magen-Darm-Symptome sind häufig nur minimal ausgeprägt oder nicht vorhanden, was eine definitive Diagnose zusätzlich erschwert. Aufgrund einer genetischen Suszeptivität tritt die reaktive Arthritis (obwohl sie nicht ansteckend ist) tendenziell bei mehreren Familienmitgliedern auf. 70–80 % der Patienten mit reaktiver Arthritis sind Träger des Gens HLA-B27. 93 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Ein weiteres Unterscheidungskriterium kann das Fehlen der typischen extraartikulären Manifestationen der rheumatoiden Arthritis darstellen. Antikörper gegen die Erreger, besonders vom Typ IgA, können ebenfalls hilfreich bei der Abgrenzung gegenüber rheumatoider Arthritis sein. Der serologische Nachweis ist allerdings nicht sehr spezifisch, da Antikörper einerseits auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen feststellbar sind und andererseits nicht immer eine Unterscheidung der Bakterien möglich ist. Da Patienten mit reaktiver Arthritis in Bezug auf RF normalerweise seronegativ sind, ist ein vorhandener RF ein Indikator für RA. Tabelle 3.8: Unterscheidung zwischen reaktiver Arthritis und RA Reaktive Arthritis Rheumatoide Arthritis Vorangegangene Infektion (Gastrointestinal-, Urogenital-, Respirationstrakt) Spontaner, insidiöser Beginn Serologischer Nachweis (Antikörper gegen infektiöse Organismen) – – RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität HLA-B 27 (70 – 80 %) Häufigkeit von HLA-B27 nicht erhöht (4–13 % bei gesunden euro-kaukasischen Kontrollpersonen) – ACR-Kriterien für RA Urethritis, Zervizitis Hautläsionen Extraartikuläre Manifestationen (grippeähnliche Symptome, Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) Enthesopathien Synovitis 94 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Reaktive Arthritis Rheumatoide Arthritis Wandernde Arthritis Permanente Arthritis Tendenz zu familiärer Häufung Schwache familiäre Assoziation 3.2.2.3 Arthritis psoriatica Klinische Merkmale Unter Psoriasis versteht man eine chronische, entzündliche Hautkrankheit, von der ungefähr 2 % der kaukasischen Bevölkerung betroffen sind. Typische Merkmale sind scharf begrenzte, gerötete, durch übermäßige Abschilferung von Epithelzellen mit silbernen Schuppen bedeckte Herde und häufig psoriatische Nagelveränderungen (siehe Abb. 3.18 und 3.19). Ärzte unterscheiden einschließlich der gemeinen Placken-Psoriasis vier verschiedene Formen von Psoriasis. Bislang noch vagen Vermutungen zufolge stellt die Psoriasis eine Autoimmunkrankheit dar. Dieser Ansatz wird bekräftigt durch den Frauenüberschuss unter den Patienten (obwohl das Verhältnis kleiner ist als 2:1), durch die wahrscheinlich polygene Vererbung, die beobachteten HLA-Assoziationen und die Anhäufung von T-Lymphozyten in der Dermis sowie das gute Ansprechen von Läsionen auf topisch angewandte Kortiko steroide. Die relevanten Autoantigene konnten jedoch noch nicht identifiziert werden. Etwa 5–8 % der Patienten mit Psoriasis entwickeln eine entzündliche Oligo- oder Polyarthritis (Gesamtprävalenz: 0,1 %), die der rheumatoiden Arthritis in vielen Aspekten ähnelt. Unter scheidungsmerkmale sind Sero negativität in Bezug auf den Rheumafaktor, das Fehlen von Rheumaknoten, die Beteiligung distaler Gelenke (besonders der Finger, siehe Abb. 3.20), Abb. 3.18: Typischer Nagelbefund bei Arthritis psoriatica 95 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.19: Füße eines Mannes mit Arthritis psoriatica mit Nagelveränderungen, Hauterythemen und typischer „Wurstzehe“ Enthesopathie (Entzün dung der An sätze von Bändern und Sehnen am Knochen) und häufig Spondylarthropathie. Ferner ist die Gelenkbeteiligung bei etwa 40 % der Fälle asymmetrisch ausgeprägt (siehe Abb. 3.21). Bei symmetrischem Auftreten ist die Arthritis nicht zu unterscheiden von der RA, da in beiden Fällen die kleinen Gelenke von Händen und Füßen, Handgelenke, Sprunggelenke, Knie und Ellenbogen betroffen sind. Anders als bei RA führt die Beteiligung der DIP-Gelenke allerdings häufig zu Daktylitis („Wurstfingern“). Bei der Mehrheit der Fälle (75 %) geht die Psoriasis der Gelenkbeteiligung voraus, bei 15 % der Fälle ist ein synchrones Auftreten zu beobachten und bei 10 % tritt die Arthritis vor der Psoriasis auf. Ungefähr 70 % der Patienten mit Symptomen des Achsenskeletts sind Träger des HLA-B27-Allels, 25 % der Patienten weisen dieses Allel nicht auf. Zu den typischen radiologischen Befunden gehört die Proliferation an Sehnenansätzen. Normalerweise ist keine Beziehung zwischen der Aktivität von Haut- und Gelenksymptomen vorhanden. Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität können serologische Messungen von BSG und CRP herangezogen werden. Bei Fällen von leichter Arthritis psoriatica wird eine Therapie mit NSAIDs angewandt. Fälle mit progressivem Verlauf werden mit DMARDs, z. B. Sulfasalazin oder Methotrexat und mit Abb. 3.20: Entzündung des distalen Inter phalangealgelenks bei Arthritis psoriatica 96 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.21: Oligoarthritis bei Arthritis psoriatica manifestiert an einem großen Gelenk (rechtes Knie) und kleinen Gelenken (typischerweise einem oder zwei Interphalangealgelenken und einem daktylitischen Finger oder Zeh) Zytostatika/Immunsuppressiva, z.B. Azathioprin und CyclosporinA oder einer Kombinationstherapie behandelt. Unlängst wurden auch TNF-α-Hemmer erfolgreich eingeführt (siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“). Konventionelle Unterscheidung zwischen Arthritis psoriatica und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Ein Anteil von 5–8 % der PsoriasisPatienten entwickelt eine Arthritis psoriatica. In den meisten Fällen geht die Psoriasis der Arthritis voraus. Häufig sind alle Gelenke eines Fingers oder Fußes („Strahlbefall“, Daktylitis) sowie die Weichteile betroffen. Dieses Krankheitsmuster ist auch bei Lyme-Arthritis und reaktiver Arthritis, nicht aber bei RA zu beobachten. Einige Patienten mit Arthritis psoriatica entwickeln auch Schmerzen und Steifigkeit im unteren Rücken (ähnlich wie bei Spondylitis ankylosans), während die Beteiligung des Achsenskeletts bei der RA auf den Bereich der Halswirbelsäule beschränkt ist. In manchen Fällen entwickelt sich eine symmetrische Abb. 3.22: Verdeckte Psoriasis in der Gesäßspalte 97 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Polyarthritis, die klinisch nicht von rheumatoider Arthritis zu unterscheiden ist. Patienten mit Arthritis psoriatica sind normalerweise seronegativ in Bezug auf den RF. Die häufigste Organmanifestation neben der Arthritis ist die Uveitis (Augenentzündung). Wenn die Krankheit voll ausgeprägt ist, können Röntgenaufnahmen zur Unterscheidung von der RA herangezogen werden. Bei Auftreten einer asymmetrischen, seronegativen Oligoarthritis (besonders in Zusammenhang mit Daktylitis oder DIP-Gelenkbeteiligung) kann häufig eine zuvor nicht erkannte Psoriasis in einer Körperfalte, dem behaarten Kopf oder den Nägeln festgestellt werden (Abb. 3.22). Die Diagnosen von Arthritis psoriatica und rheumatoider Arthritis schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie können als simultane, voneinander unabhängige Störungen koexistieren. Tabelle 3.9: Unterscheidung zwischen Arthritis psoriatica und RA Arthritis psoriatica Rheumatoide Arthritis Gleichzeitige Psoriasis Normalerweise keine Hautbeteiligung – ACR-Kriterien für RA Betrifft möglicherweise die Fingerspitzen; Daktylitis Fingerspitzen nicht betroffen Kann mit Kreuzschmerzen einhergehen (Iliosakralgelenk) Beteiligung des Achsenskeletts auf Halswirbelsäule beschränkt Enthesopathien – HLA-B27 (bei Symptomen des Achsenskeletts 70 %, ohne diese Symptome 25 %) Häufigkeit von HLA-B27 nicht erhöht (4–13 % bei gesunden Euro-Kaukasiern) Uveitis ist die häufigste extra artikuläre Organmanifestation Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc.; siehe Tab. 1.1) 98 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Arthritis psoriatica Rheumatoide Arthritis Normalerweise seronegativ in Bezug auf RF RF (ca. 75–80 %); niedrige Krankheitsspezifität Radiologische Unterscheidung (Proliferation an Sehnenansätzen) Radiologische Unterscheidung (Gelenkspaltverschmälerung, Erosionen, Dekalzifikation) 3.2.2.4 Entzündliche Darmerkrankung Klinische Merkmale Die entzündliche Darmerkrankung (Inflammatory Bowel Disease: IBD) betrifft meist Erwachsene im Alter zwischen 25 und 45 Jahren. Sie besteht aus zwei separaten, eigenständigen Krankheitsbildern, die eine Darmentzündung verursachen und zu Arthritis führen können: – Unter Morbus Crohn (Enteritis regionalis Crohn) versteht man eine Entzündung aller Schichten der Dünn- oder Dickdarmwand (Prävalenz: 500–1.000/Million) – Colitis ulcerosa ist gekennzeichnet durch Ulzerationen und Entzündungen der Dickdarmschleimhaut (Prävalenz: 750/ Million). Bauchschmerzen, die häufig mit blutiger Diarrhoe einhergehen, sind das primäre Symptom der entzündlichen Darmerkrankung. Die Arthritis bildet die am häufigsten auftretende extraintestinale Manifestation der chronischen Colitis ulcerosa und ist gleichzeitig ein Merkmal des Morbus Crohn. Etwa 30 % der IBD-Patienten leiden unter Arthritis. Zu den Symptomen von IBD-Arthritis gehören Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeit der Gelenke. Die mit der entzündlichen Darmerkrankung assoziierte Arthritis kann sich entweder auf das Achsenskelett oder auf die peripheren Gelenke beziehen. Arthritis des Achsenskeletts tritt in Form von Spondylitis ankylosans (1–25 % bei Colitis ulcerosa, 2–7 % bei 99 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Morbus Crohn) oder in Form von Sakroileitis auf. Der Schweregrad der Arthritis steht dabei nicht unbedingt mit dem der Darmkrankheit in Zusammenhang. Eine Erkrankung der peripheren Gelenke tritt bei bis zu 20 % der Patienten mit IBD (besonders bei Morbus Crohn) auf. Bei der peripheren Arthritis können ein oder mehrere Gelenke betroffen sein, und die Symptome wandern oft von einem Gelenk zum anderen. Am häufigsten beteiligt sind Knie, Sprunggelenke und MTP-Gelenke. Der Schweregrad der Arthritis korreliert bei diesen Fällen mit dem der Darmerkrankung. Die Entzündung der Gelenke ist normalerweise asymmetrisch. Sie hält nur über einen kurzen Zeitraum (2–6 Wochen) an, kann danach zwar wiederkehren, verursacht aber keine permanente Deformität. Die Entwicklung einer Chronizität tritt möglicherweise zusammen mit radiologisch sichtbaren, erosiven Läsionen auf. Periphere Enthesopathien sind nicht selten. Patienten mit IBD-Arthritis sind normalerweise seronegativ in Bezug auf den Rheumafaktor und entwickeln keine Rheumaknoten. Bei Colitis ulcerosa soll mit der operativen Entfernung des Dickdarms eine heilende Wirkung auf die erkrankten peripheren Gelenke erzielt werden können. Eine akute Uveitis ist bei 3–11 % der Patienten festzustellen. Ebenfalls vorkommen können Eisenmangelanämie, Leukozytose, Thrombozytose sowie Erhöhung von BSG und CRP. Die Häufigkeit von HLA-B27 ist bei Patienten mit IBD vermehrt, insbesondere in Zusammenhang mit Spondylitis (60 %) und Sakroileitis (40 %). Ein Anteil von 50–80 % der Patienten mit Colitis ulcerosa ist positiv in Bezug auf p-ANCA, während 60 % der Patienten mit Morbus Crohn Antikörper gegen Saccharomyces cerevisiae (ASCA) besitzen. ASCA sind hoch krankheitsspezifisch, p-ANCA hingegen können auch bei einer Reihe anderer Krankheitszustände nachgewiesen werden, z. B. bei bis zu 50 % der Patienten mit RA. Bei der Behandlung der IBD-Arthritis werden nicht-steroidale Antirheumatika (NSAIDs, siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“), wie Ibuprofen, Naproxen-Natrium oder Indometacin eingesetzt. Alternativ werden Sulfasalazin und 5-Aminosalicylate oder Immunsuppressiva (z. B. Methotrexat) verwendet. Bei schweren Symptomen werden Kortikosteroide verschrieben. Der chimärische Antikörper Infliximab wurde von der FDA für die Behandlung 100 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA von Morbus Crohn zugelassen. Daneben sind Krankengymnastik sowie Ruhe bei schweren Schüben wichtig. Konventionelle Unterscheidung zwischen entzündlicher Darmerkrankung und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die Symptome der mit IBD einhergehenden peripheren Arthritis sind Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeit der Gelenke. Je schwerer die entzündliche Darmerkrankung, desto schwerer sind die Symptome der peripheren Arthritis. Die Abgrenzung gegenüber der RA wird durch die Tatsache erleichtert, dass der Arthritisentwicklung in den meisten Fällen Darmsymptome vorausgehen. Darüber hinaus helfen die unterschiedlichen Entzündungsmuster (normalerweise asymmetrisch, wandernde Beteiligung von Hüften, Knien und Sprunggelenken) und die kurze Dauer der Arthritis bei IBD sowie das Vorhandensein des Rheumafaktors und die typischen extraartikulären Manifestationen bei rheumatoider Arthritis bei der Unterscheidung zwischen den beiden Erkrankungen. Tabelle 3.10 Unterscheidung zwischen IBD-Arthritis und RA Entzündliche Darmerkrankung Rheumatoide Arthritis Meist vorausgehende Darmsymptome Keine Darmsymptome – ACR-Kriterien für RA Gelenkentzündung normalerweise asymmetrisch Symmetrische Gelenkentzündung Arthritis nicht destruktiv Erosive Krankheit Symptome wandern häufig von einem Gelenk zum anderen Permanente Arthritis Gelenksymptome dauern nur 2–6 Wochen an Chronische Krankheit Häufig periphere Enthesopathie – 101 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Entzündliche Darmerkrankung Rheumatoide Arthritis HLA-B27 erhöht (60 % bei Patienten mit Spondylitis, 40 % bei Patienten mit Sakroileitis) Keine vermehrte Häufigkeit von HLA-B27 (4–13 % bei gesunden Euro-Kaukasiern) – RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität Colitis ulcerosa: 50–80 % p-ANCA Morbus Crohn: bis zu 60 % ASCA Hautbeteiligung (Erytheme) p-ANCA: bis zu 50 % der RA-Patienten Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc.; siehe Tab. 1.1) 3.2.3 Bakterielle (infektiöse) Arthritis Klinische Merkmale Die bakterielle (septische oder infektiöse) Arthritis wird durch eine direkte Infektion des betreffenden Gelenks verursacht. Die Bakterien können entweder von einer Infektion in anderen Körperregionen ausgehend in das Gelenk eindringen oder unmittelbar nach einer Operation oder Verletzung dort auftreten. Am häufig sten erfolgt die hämatogene Aussaat, wobei zugrunde liegende, immunschädigende Zustände prädisponierende Faktoren bilden. Die bakterielle Arthritis setzt normalerweise plötzlich (über Nacht) ein, ebenfalls möglich ist ein verzögerter Krankheitsbeginn. In jedem Fall schwillt das infizierte Gelenk an, entzündet sich und schmerzt (siehe Abb. 3.23, 3.24 und 3.25). Die infektiöse Arthritis wird oft von Fieber und Schüttelfrost begleitet. Anders als bei der reaktiven Arthritis ist die Infektion oft monoarthritisch ausgeprägt. Am häufigsten betroffen sind Knie, Hüfte, Handgelenk, Iliosakralgelenk oder Wirbelkörper. Die Bakterien 102 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.23: Septische Arthritis der Schulter, erkannt anhand von Distention, erhöhter Hauttemperatur und Druckempfindlichkeit sind in der Regel sowohl in der Synovia als auch im Blut nachweisbar. Die jährliche Inzidenz bewegt sich zwischen 15 und 30/100.000 in der Allgemeinbevölkerung und zwischen 30 und 70/100.000 bei RA-Patienten und Patienten mit Gelenkprothesen. Akute bakterielle Gelenkinfektionen können nach ihren typischen Er regern in zwei allgemeine Gruppen unterteilt werden: Gonokokkeninfektionen und Infektionen durch andere Erreger. Die bakterielle Arthritis aufgrund einer disseminierten (durch Neisseria gonorrhoeae verursachten) Gonokokkeninfektion tritt meist bei jungen, gesunden Erwachsenen auf. Bei mehr als 50 % der Patienten entwickelt sich eine Polyarthritis mit meist migratorischer oder additiver und asymmetrischer Ausprägung. Die Blut kultur fällt bei weniger als 10 %, die Kultur der Gelenkflüssigkeit bei etwa 25 % der Patienten positiv aus. Ein Anteil von 30–50 % der Patienten entwickelt Hautläsionen (kleine Papeln, Pusteln oder Bläschen mit erythematöser Basis) am Rumpf und an den distalen Extremi täten. Bei den häufiger vorkommenden, nicht durch Abb. 3.24 und Abb. 3.25: Durch Salmonella ausgelöste, reaktive Oligoarthritis bei einem jungen Mann 103 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Gonokokken verursachten Infektionen zählen Staphylococcus aureus (68 % der Fälle) und Streptococci (20 % der Fälle) zu den wichtigsten infizierenden Organismen. Auch Mykobakterien oder Pilze können beteiligt sein. In diesem Fall verläuft die infektiöse Arthritis im Gegensatz zu der akuten bakteriellen Form chronisch. Der nicht durch Gonokokken verursachte Typ der bakteriellen Arthritis tritt häufig bei sehr jungen und älteren Menschen sowie bei Personen mit geschwächtem Immunsystem (Patienten mit behandelten Autoimmunkrankheiten, HIV-Patienten, Drogenkonsumenten) auf. Bei mehr als 85 % der Erkrankten entwickelt sich eine Monoarthritis. Die Blutkultur ist bei ungefähr 50 % der Fälle, die Kultur der Gelenkflüssigkeit bei 85–95 % der Fälle positiv. Die Behandlung umfasst hohe Dosen Antibiotika, die das Problem normalerweise innerhalb von 3 bis 6 Wochen beseitigen. Mit einer ersten Antibiotikatherapie sollte so rasch wie möglich begonnen werden, ohne die Endergebnisse der Kulturen abzuwarten. Nach Vorliegen der Ergebnisse kann die Therapie entsprechend modifiziert werden. Die Antibiotika werden anfangs meist parenteral verabreicht. Darüber hinaus werden am betroffenen Gelenk täglich (oder sogar häufiger) Saug-Spül-Drainagen durchgeführt, bis sich keine Flüssigkeit mehr ansammelt. Bei schwer zugänglichen Gelenken oder, wenn der Patient nicht rasch (innerhalb von 5 Tagen) auf die Antibiotikabehandlung anspricht, ist möglicherweise ein operativer Eingriff erforderlich. Konventionelle Unterscheidung von bakterieller Arthritis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Für die Diagnose einer bakteriellen Arthritis und zur Unterscheidung von der rheumatoiden Arthritis ist die Analyse der Synovialflüssigkeit von äußerster Wichtigkeit. Die Gelenkaspiration und nachfolgende Gram-Färbung, Kultur, Leukozytenzählung sowie Kristalluntersuchung der Gelenkflüssigkeit unter dem Polarisationsmikroskop sind unerlässlich. Die Präsenz infizierender Organismen bei der septischen Arthritis unterscheidet die beiden Krankheiten voneinander, während bei Gicht und Pseudogicht doppelbrechende Kristalle (negativ doppelbrechend: Gicht, positiv doppelbrechend: Pseudogicht) ein charakteristisches Merkmal bilden. 104 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Anhand einer Röntgenaufnahme können destruktive Veränderungen in Form von Gelenkspaltverschmälerungen und Erosionen nach 10–14 Tagen der Infektion sichtbar gemacht werden. Hier ist anzumerken, dass die septische Arthritis auch bei RA-Patienten auftreten kann. Bei diesen chronisch kranken Patienten mit reduzierter Gelenkfunktion, die unter Behandlung mit Immunsuppressiva stehen, können lokale Injektionen von Steroiden das Risiko zusätzlich erhöhen. In diesem Fall ist die bakterielle Arthritis nur schwer zu diagnostizieren, da sie einem Schub der rheumatoiden Arthritis ähneln kann. Tabelle 3.11: Unterscheidung zwischen bakterieller Arthritis und RA Bakterielle Arthritis Rheumatoide Arthritis Häufig Monoarthritis (bei nicht durch Gonokokken verursachten Infektionen) Polyarthritis Meist Isolierung von Bakterien aus der Synovia möglich Keine Bakterien in der Synovia Polyarthritis meist migratorisch oder additiv und asymmetrisch Permanente, symmetrische Arthritis – ACR-Kriterien für RA Fieber Schüttelfrost Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, Rheumafaktor, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) 3.2.4 Virale Arthritis Klinische Merkmale Zahlreiche Virusinfektionen sind mit Polyarthritis assoziiert. In Westeuropa und Nordamerika sind (entsprechend der zugrunde liegenden Infektion) fünf Formen der viralen Arthritis von Be- 105 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA deutung: HIV, Parvovirus B19, Röteln, Hepatitis B und Hepatitis C. In Afrika, im westpazifischen Raum und in Südamerika lösen eine Reihe von Moskitoviren Polyarthritisepidemien aus. Zu den Begleitsymptomen von viraler Arthritis gehören im Allgemeinen Fieber, Hautausschläge, Atemwegs- oder Magen-Darm-Symptome, Erhöhung der Leberenzymwerte und regionale Lymphadenopathie (Lymphknoten abnormal in Größe, Konsistenz oder Anzahl). Ein charakteristisches Merkmal ist die nur kurz (Tage bis Wochen) anhaltende Gelenkbeteiligung. Ein Anteil von 5–10 % der mit Parvovirus B19 infizierten Kinder und etwa 78 % der infizierten Erwachsenen entwickeln deutliche Gelenksymptome. Die Arthritis ist normalerweise symmetrisch ausgeprägt. Sie setzt 1–3 Wochen nach der Erstinfektion (über den Respirationstrakt) ein. Bei den meisten Patienten ist innerhalb von 2 Wochen eine Besserung zu beobachten. Die Arthritis limitiert sich bei 90 % der Erkrankten selbst, bei 10 % verläuft sie chronisch und dauert bis zu 10 Jahre. Hepatitis B in der präikterischen Phase und Hepatitis C können als RA-ähnliche Krankheiten in Erscheinung treten (typisch symmetrische Polyarthritis, oft Beteiligung von Händen und Knien, Morgensteifigkeit), und der Nachweis von RF bei Patienten mit Hepatitis-C-assoziierter Arthritis oder Kryoglobulinämie erschwert die Differenzierung zusätzlich (siehe Kap. 2.2 „Was ist ein Rheumafaktor?“). Leberfunktionsproben ermöglichen hier eine Unterscheidung. Die Arthritis geht der viralen Hepatitis oft voraus. Mit Eintreten des Ikterus löst sich die Arthritis in der Regel auf, ohne Spuren zu hinterlassen. Die HIV-Infektion kann von akuten Arthralgien begleitet werden, die gleichzeitig mit der anfänglichen Virämie auftreten und wenige Tage andauern. Im Falle von AIDS kann sich eine Oligoarthritis der unteren Extremitäten oder eine permanente Polyarthritis entwickeln. Zusätzlich kann eine reaktive Arthritis oder Arthritis psoriatica vorliegen. Die Behandlung besteht vorwiegend aus der Verabreichung von NSAIDs (nicht-steroidalen Antirheumatika, siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“), wie Aspirin oder Ibuprofen, um die Symptome des Bewegungsapparats zu kontrollieren. 106 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.26: Klassisches Wangenbild („Ohrfeige“) eines Kindes mit viraler Arthritis, verursacht durch Parvovirus Konventionelle Unterscheidung zwischen viraler Arthritis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Eine Möglichkeit der Diagnose von viraler Arthritis ist die Bestimmung von virusspezifischen Antikörpern, z. B. Anti-Parvovirus-B19-IgM-Antikörpern, deren Werte über einen Zeitraum von zwei Monaten nach der akuten Infektion erhöht sind. Bei einem anderen Diagnoseansatz macht man sich die Erkenntnis zunutze, dass die virale Arthritis sich selbst limitiert, und beobachtet den Arthritisverlauf in dem Zeitraum, bevor die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis gestellt werden kann (laut ACR-Kriterien ist eine Symptomdauer von mindestens 6 Wochen erforderlich). Schließlich kann die virale Arthritis anhand der Präsenz spezifischer, extraartikulärer Manifestationen von RA ebenfalls unterschieden werden (Beispiel siehe Abb. 3.26). Der Rheumafaktor kann nicht zur Differenzierung dienen, da er bei etwa 25 % der Fälle von Hepatitis B/C und gemischter Kryoglobulinämie und manchmal auch bei Parvovirus nachweisbar ist. Tabelle 3.12: Unterscheidung zwischen viraler Arthritis und RA Virale Arthritis Rheumatoide Arthritis Serologischer Nachweis (Anti-Virus-Antikörper, z. B. Anti-Parvovirus-B19-IgM oder AK gegen virale Oberflächenantigene, z. B. Hepatitis B) – Kurze Dauer (Tage bis Wochen) der Gelenkbeteiligung Normalerweise progressive chronische Krankheit 107 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA – ACR-Kriterien für RA Andere extraartikuläre Manifestationen (Hautausschläge, Symptome des Respirations- und Gastrointestinaltrakts, Lymphadenopathie) Extraartikuläre Manifestationen (Rheumafaktor, Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) RF (25 % bei infektiöser Hepatitis, Kryoglobulinämie) RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität 3.2.5 Osteoarthritis Klinische Merkmale Radiologische Studien haben gezeigt, dass Osteoarthritis (degenerative Arthritis) durch das Brechen von Knorpeln gekennzeichnet ist, was zu Schmerzen bei der Bewegung, Bewegungseinschränkungen sowie Steifigkeit führt. Dieser Prozess geht normalerweise nicht mit einer Entzündung einher. Bei Osteoarthritis handelt es sich um die am häufigsten vorkommende Gelenkerkrankung der Welt. Die Prävalenz steigt dabei mit zunehmendem Alter. Osteoarthritis tritt bei der Mehrheit der Bevölkerung bis zum 65. Lebensjahr und bei etwa 80 % der Menschen über 75 Jahren auf und wird gehäuft in den Knien von Übergewichtigen festgestellt. Viele Gelenke mit pathologischen oder radiologischen Osteoarthritis-Befunden bleiben jedoch symptomfrei. Die Bezeichnung Osteoarthritis umfasst ein breites und heterogenes Spektrum von idiopathischen Gelenkerkrankungen. Die Krankheit kann entsprechend ihrer Verteilung (z. B. Hüfte oder Knie), prädisponierender Faktoren (z. B. lokales Trauma, genetische Disposition) oder entsprechend des Krankheitsausgangs in Untergruppen eingeteilt werden. Osteoarthritis kann alle Gelenke, einschließlich der Gelenke der gesamten Wirbelsäule betreffen. Zu den am häufigsten beteiligten Gelenken gehören Hüften, Knie und Finger, aber auch Lenden- und Halswirbelsäule. Nutzungsbedingte Gelenkschmerzen, Steifigkeit aufgrund von Inaktivität und redu- 108 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA zierte Gelenkfunktion sind die wichtigsten Symptome. Weitere Anzeichen sind Druckempfindlichkeit um das betroffene Gelenk, feste Schwellungen des Gelenkrands, Gelenk-Crepitatio (Knarren oder Sperren) und Instabilität. Die Gelenkbeteiligung ist in der Regel asymmetrisch. Die Schmerzen sind typischerweise morgens am ausgeprägtesten, lassen bei normaler Bewegung nach und werden im späteren Tagesverlauf wieder stärker. Bei Anspannung nehmen die Schmerzen ebenfalls zu. Anders als bei der RA dauert die Morgensteifigkeit im Allgemeinen weniger als 30 Minuten. Im Endstadium können die betroffenen Gelenke bei Osteoarthritis und RA gleich aussehen. Bei der Osteoarthritis werden 5 verschiedene Grade radiologischer Veränderungen unterschieden. Die Röntgenaufnahme lässt typische Merkmale erkennen, wie Gelenkspaltverschmäle rung, Osteophytose, subchondrale Läsionen etc. (siehe Abb. 3.27) Weitere Informationen können Magnetresonanz-Tomographie und Szintigraphie liefern. Die Behandlung umfasst Dehnungsübungen, chiropraktische Handgriffe, Wassertherapie und die Anwendung von schmerzlindernden Medikamenten, wie Paracetamol (nicht verschreibungspflichtige Medikation) oder NSAIDs (siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“). In einigen Fällen können intraartikuläre Injektionen von Kortikosteroiden angezeigt sein. Auch operative Eingriffe sind manchmal erforderlich. Abb. 3.27: Hypertrophe Osteoarthritis mit Osteophytbildung 109 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Konventionelle Unterscheidung zwischen Osteoarthritis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Bei der Osteoarthritis wird der degenerative Prozess des Knorpels im Unterschied zur RA im Allgemeinen nicht von einer Entzündung begleitet. In einigen Fällen kann sich im betroffenen Gelenk jedoch eine Entzündung entwickeln („aktivierte Arthritis“), die eine Unterscheidung von der rheumatoiden Arthritis erschwert. Die Gelenkbeteiligung ist bei der Osteoarthritis im Normalfall asymmetrisch ausgeprägt und verschlimmert sich, wenn das Gelenk unter Spannung steht. Zu den typischen Regionen der Osteoarthritis-Beteiligung gehören die Endgelenke der Finger, ein Knie oder eine Hüfte, der Hals und der untere Rücken. Die Verteilung der Osteoarthritis in den Gelenken unterscheidet sich folglich von der Verteilung bei RA und kann daher zur Abb. 3.28a Abb. 3.28b Abb. 3.28a/b Verteilungsmuster von Arthritis in der Hand (Abb. 3.28a) und im Handgelenk (Abb. 3.28b) für Osteoarthritis (OA), rheumatoide Arthritis (RA) und Pseudogicht oder CPPD-Ablagerungskrankheit 110 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Differenzierung der Krankheit von rheumatoider Arthritis herangezogen werden. Schwere symmetrische entzündliche Arthritis der Ellenbogen und Schultern verweist fast immer auf RA. Auch in der Hand und im Handgelenk sind unterschiedliche Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke zu beobachten (siehe Abb. 3.28). Die Radiologie kann ebenfalls eine Hilfe bei der Abgrenzung der beiden Krankheiten voneinander darstellen. Da die Osteoarthritis sehr häufig vorkommt, kann sie bei manchen Patienten gleichzeitig mit rheumatoider Arthritis bestehen. Tatsächlich wird bei den RA-Patienten, die sich Gelenkersatzoperationen unterziehen müssen, als endgültige Ursache der Gelenkzerstörung normalerweise Osteoarthritis festgestellt, die sekundär zur anfangs RA-bedingten Schädigung aufgetreten ist. Tabelle 3.13: Unterscheidung zwischen Osteoarthritis und RA Osteoarthritis Rheumatoide Arthritis Normalerweise asymmetrische Verteilung der Arthritis Normalerweise symmetrische Arthritis Keine Entzündung Entzündungsprozess in der Synovialis – ACR-Kriterien für RA Andere Verteilung der betroffenen Gelenke (Fingerendgelenke, Knie, Hüfte, unterer Rücken) Andere Gelenkbeteiligung (proximale Gelenke der Finger und Zehen, Sprunggelenke, Handgelenke, Schultern) Andere Arthritismuster in den Gelenken, z. B. den Händen und im Handgelenk, verglichen mit RA (siehe Abb. 3.28) Andere Arthritismuster in den Gelenken, z. B. den Händen und im Handgelenk, verglichen mit Osteoarthritis (siehe Abb. 3.28) 111 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Osteoarthritis Rheumatoide Arthritis Morgensteifigkeit normalerweise weniger als 30 Minuten; Schmerzen nehmen im Verlauf des Tages und bei Aktivität zu Morgensteifigkeit über mindestens eine Stunde Normalerweise seronegativ in Bezug auf RF RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität – Extraartikuläre Manifestationen (grippeähnliche Symptome, Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) Anderes Röntgenbild in frühen Krankheitsstadien Anderes Röntgenbild in frühen Krankheitsstadien 3.2.6 Gicht (Arthritis urica) Klinische Merkmale Die Gicht war bereits im Altertum bekannt. Die Beschreibungen dieser Krankheit gehen auf die Zeit Babyloniens zurück. Heutzutage liegt die Prävalenz bei der erwachsenen Bevölkerung bei ungefähr 1 %. Männer sind häufiger betroffen als Frauen (5:1), und der Altersgipfel der Inzidenz liegt bei Männern bei 40–50 Jahren und bei Frauen bei über 60 Jahren. Die Gicht wird durch eine Entzündungsreaktion auf Mononatrium-Uratmonohydrat-Kristalle ausgelöst, die sich bei Menschen mit Hyperurikämie (Uratkonzentration im Serum oder Plasma > 7,0 mg/dl) bilden. Die Hyper urikämie ist eine Voraussetzung für die Entwicklung von Gicht, genügt jedoch für deren Auslösung allein nicht aus. Die Gicht setzt normalerweise plötzlich (über Nacht) ein und äußert sich mit Röte, Überwärmung und extremen Schmerzen des betroffenen Gelenks. Zu den hauptsächlich beteiligten Gelenken gehören das erste Metatarsophalangealgelenk (Groß zehengrundgelenk) (90 %), das Fußwurzelgelenk, Knie, Hände und Ellenbogen. Die unteren Gliedmaßen sind häufiger beteiligt 112 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA als die oberen Gliedmaßen. In den meisten Fällen klingt ein Anfall innerhalb von 1–7 Tagen ab. Im Allgemeinen tritt eine vollständige Remission mit symptomfreien Intervallen auf, denen oft polyartikuläre Anfälle folgen, die nur schwer von rheumatoider Arthritis zu unterscheiden sind. Zu den Merkmalen der gichtbedingten Arthritis, die den RA-Merkmalen ähneln können, gehören Polyarthritis, symmetrische Beteiligung, Gelenkschwellungen, subkutane Knoten und die subakute Präsentation von Anfällen. Bei den ersten Anfällen bleiben die radiologisch nachweisbaren Veränderungen normalerweise auf die Weichteile beschränkt. In fortgeschritteneren Erkrankungsstadien können Erosionen sichtbar werden, anders als bei der RA tritt jedoch keine gelenknahe Osteoporose oder Gelenkspaltverschmälerung ein. Im späten Krankheitsprozess sind die radiologischen Befunde denen von RA sehr ähnlich. Ferner kann sich im Spätstadium der Krankheit eine chronische, progressive, erosive und destruktive Arthritis mit Tophi (intradermale Uratkristallablagerungen, siehe Abb. 3.29) und schweren Deformationen entwickeln. In diesem Fall klingen die Symptome zwischen Exazerbationen nur unvollständig ab. Der Rheumafaktor wurde bei beachtlichen 30 % der Patienten mit chronisch-tophöser Gicht festgestellt. Neben der direkten Ursache, der Hyperurikämie, wurden auch indirekte Risikofaktoren für Gicht identifiziert: Fettleibigkeit (Obesitas), Diabetes, Hyperlipidämie, Hypertonie, Atherosklerose, Alkoholgenuss und Niereninsuffizienz. Die Koexistenz von Gicht und RA kommt viel seltener als bislang angenommen vor. Seit 1881 wurden in den USA nur Abb. 3.29: Gichttophus am ersten MetatarsophalangealGelenk. Patienten leiden normalerweise mindestens 10 Jahre an Gicht, bis sich Tophi ausbilden 113 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 10 Fälle beschrieben, obwohl unter Berücksichtigung der dortigen Prävalenz der Krankheiten 10.617 Patienten mit RA und Gicht zu erwarten gewesen wären. Zur Behandlung von akuten Anfällen werden nicht-steroidale Antirheumatika (NSAIDs, siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“) (z.B. Indometacin, Diclofenac oder Naproxen), Colchicin oder Kortikosteroide eingesetzt. Als vorbeugende Maßnahmen werden niedrig dosiertes Colchicin oder NSAIDs angewandt, Risikofak toren für Hyperurikämie (z. B. regelmäßiger Alkoholgenuss, purin reiche Nahrung, Fettleibigkeit) möglichst ausgeschaltet und bei Bedarf Urikosurica (zur Steigerung der Uratausscheidung) oder Urikostatika (zur Minderung der Uratsynthese) verabreicht. Konventionelle Unterscheidung zwischen Gicht und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Der klassische Gichtanfall ist klinisch vergleichsweise leicht zu erkennen. Im Gegensatz zur RA äußert sich Gicht typischerweise mit plötzlichem Einsetzen und einer akuten Entzündung eines einzelnen Gelenks, in den meisten Fällen der großen Zehe. Probleme bei der Differenzierung können jedoch andere Krankheitsbilder, wie beispielsweise polyartikuläre Gicht bereiten. Die Untersuchung der Synovialflüssigkeit ist ein hilfreiches Mittel bei der Unterscheidung zwischen Gicht und rheumatoider Arthritis: Bei Gicht werden zusätzlich zu einem Entzündungsherd negativ doppelbrechende (anisotrope) Uratkristalle festgestellt, die von polymorphkernigen Leukozyten phagozytiert werden. Bei rheumatoider Arthritis sind nur die Entzündungszeichen (Leukozytenzahl: 2.000–75.000/µl Synovialflüssigkeit) vorhanden. Die Uratkonzentration im Serum ist bei Gichtpatienten erhöht. Dies ist allerdings kein spezifisches Kriterium, da viele Menschen mit Hyperurikämie keine Gicht entwickeln. Eine weitere Möglichkeit zur Abgrenzung von Gicht gegenüber der rheumatoiden Arthritis ist die Tatsache, dass die Gelenksymptome bei Gicht normalerweise intermittierend auftreten, während sie bei rheumatoider Arthritis in den meisten Fällen kontinuierlich präsent sind. 114 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Tabelle 3.14: Unterscheidung zwischen Gicht und RA Gicht Rheumatoide Arthritis In den meisten Fällen Entzündung eines einzelnen Gelenks ACR-Kriterien für RA Negativ doppelbrechende Kristalle in der Synovialflüssigkeit – Intermittierende Symptome Normalerweise progressiver Verlauf Normalerweise plötzliches Einsetzen In den meisten Fällen insidiöses Auftreten Uratkonzentration im Serum erhöht (nicht spezifisch) Kein Hyperurikämie-Bezug RF bei bis zu 30 % der Fälle von chronisch-tophöser Gicht RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität In frühen Erkrankungsstadien andere radiologische Befunde als bei RA In frühen Erkrankungsstadien andere radiologische Befunde (gelenknahe Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung) als bei Gicht 3.2.7 CPPD-Ablagerungskrankheit (CPPD: Calciumpyrophosphat-Dihydrat) Klinische Merkmale Bei der CPPD-Ablagerungskrankheit (CPPD: Calciumpyrophosphat-Dihydrat) handelt es sich um eine kristall-induzierte Krankheit, die in klinischer Hinsicht der Gicht ähnelt. Epidemiologische Daten sind spärlich, es wird jedoch davon ausgegangen, dass überwiegend Frauen betroffen sind. Die Prävalenz steigt mit dem Alter drastisch an (10–15 % im Alter von 65–75 Jahren; 30–60 % im Alter > 85 Jahren). Von der CPPD-Ablagerungskrankheit sind viele verschiedene 115 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Formen bekannt, vom Syndrom der indolenten Arthritis bis zu dem des akut überwärmten Gelenks. Etwa 5 % der Patienten entwickeln eine chronische Arthritis. Es werden zwei Haupttypen der CPPD-Ablagerungskrankheit beschrieben: Pseudogicht (akute Synovitis) und chronische Pyrophosphat-Arthropathie. Die akute Pseudogicht äußert sich in den meisten Fällen monoartikulär. Zu den am häufigsten beteiligten Gelenken gehören Knie, Handgelenk, Ellenbogen, Schulter, Hüfte und Sprunggelenk. Synovitis tritt normalerweise akut auf und limitiert sich selbst. Die klassische Manifestation der Pseudogicht ist die häufigste Ursache akuter Monoarthritis bei älteren Menschen. Dabei sind akute Attacken möglicherweise das einzige Symptom. Die typische Attacke entwickelt sich rasch, meist innerhalb von 6–24 Stunden, und geht mit starken Schmerzen, Steifigkeit und Schwellungen einher. Ein Trauma, Operationen oder Ischämie können eine Attacke provozieren. Die symptomfreien Intervalle zwischen den Schmerzattacken dauern in der Regel länger als bei Gicht. Im Rahmen der Pseudogicht können Kalzifikationen in den Menisken und in Sehnen oder Kapseln der Schulter oder entlang der Wirbelsäule auftreten. Die chronische Pyrophosphat-Arthropathie äußert sich in chronischen Schmerzen, Steifigkeit am Morgen und bei Inaktivität sowie funktionellen Einschränkungen. Die Symptome beschränken sich häufig auf nur wenige Gelenke (meist Knie, aber auch Handgelenke, Schultern, Ellenbogen, Hüften). Die betroffenen Gelenke weisen üblicherweise Zeichen von Osteoarthritis auf. Eine Differenzierung kann anhand des Gelenkbeteiligungsmusters (siehe Abb. 3.28), der oft stark ausgeprägten Entzündungskomponente und des Auftretens akuter Attacken gelingen. Die Behandlung umfasst die Gabe nicht-steroidaler Antirheu matika (NSAIDs, siehe Kap. 1.4 „Therapie von RA“) und bei der monoarthritischen Form auch intraartikuläre Injektionen von Glukokortikoiden. Konventionelle Unterscheidung zwischen CPPD-Ablagerungskrankheit und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die Pseudogicht ähnelt der Gicht (siehe Kap. 3.2.6 „Gicht“) und unterscheidet sich in den meisten Fällen von der RA. Die Gelenk- 116 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Abb. 3.30 (rechts): Chrondrokalzinose, lineare Kalzifikation Abb. 3.31: Chondrokalzinose im Handgelenk einer Frau mit Pseudogicht symptome treten meist intermittierend auf, während sie bei der RA häufig permanent existieren. Röntgenaufnahmen sind bei Vorliegen einer Chondrokalzinose (Kalzifikation von Knorpeln) zwar sehr hilfreich (siehe Abb. 3.30 und 3.31), CPPD-Ablagerungen können jedoch auch vorhanden sein, wenn auf dem Röntgenbild keine Kalzifikation erkennbar ist. Bei älteren Patienten mit chronischer Pyrophosphat-Arthropathie können die Symptome den RA-Symptomen ähneln. Als Haupt unterscheidungsmerkmale dienen die selten vorkommende MTPGelenkbeteiligung, ein selten systemischer Krankheitsbeginn, das Fehlen extraartikulärer Merkmale, das Fehlen einer starken Seropositivität in Bezug auf den Rheumafaktor sowie charakteristische radiologische Befunde. Eine definitive Bestätigung für das Vorliegen einer CPPDAblagerungskrankheit kann darüber hinaus eine Gelenkaspiration mit Demonstration von positiv doppelbrechenden (anisotropen) Calciumpyrophosphat-Kristallen in Neutrophilen der Synovial flüssigkeit des entzündeten Gelenks bringen. Die Harnsäurekristalle der echten Gicht sind negativ doppelbrechend. Die Gelenkaspiration weist Abb. 3.32: Akute Synovitis („Pseudogicht“) in den Handgelenken 117 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA eine höhere diagnostische Sensitivität als radiologische Befunde auf. Typisch sind schließlich auch die Verteilungsmuster der Arthritis in Hand und Handgelenk (siehe Abb. 3.28 und Abb. 3.32). Tabelle 3.15: Unterscheidung zwischen CPPD-Ablagerungskrankheit und RA Chronische PyrophosphatArthropathie Rheumatoide Arthritis Positiv doppelbrechende Kristalle in der Synovialflüssigkeit – Selten MTP-Gelenkbeteiligung MTP-Gelenke sind betroffen Andere Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke in Hand und Handgelenk (siehe Abb. 3.28) – – ACR-Kriterien – Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) – RF (ca. 75–80 %); geringe Krankheitsspezifität 3.2.8 Fibromyalgie Klinische Merkmale Die Fibromyalgie ist gekennzeichnet durch Müdigkeit, Steifigkeit und weit verbreitete Schmerzen in Muskeln und Weichteilen. Dieser Symptomkomplex betrifft ungefähr 2 % der Allgemeinbevölkerung und tritt bei Frauen siebenmal häufiger (meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren) auf als bei Männern. Zu den Risikofaktoren gehören eine Krankengeschichte des Patienten oder seiner Familienmitglieder hinsichtlich Depression, vorangegangene phy- 118 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA sische oder emotionale Traumata, rheumatische Erkrankungen und HIV-Infektion. Normale Laborwerte sind bei der Fibromyalgie die Regel und unterscheiden die Krankheit von der Polymyalgia rheumatica. Es sind keine Entzündungszeichen, Gelenkveränderungen oder Bewegungseinschränkungen festzustellen. Gelegentlich kann Morgensteifigkeit auftreten, was die Differenzierung von der rheumatoiden Arthritis erschweren kann. Eine Synovitis ist bei der Fibromyalgie nur in seltenen Fällen nachweisbar. Für eine Diagnose ist das Vorhandensein von so genannten Druckpunkten (definierte, nichtartikuläre Schmerzpunkte) an bis zu 18 spezifischen Körperregionen von Bedeutung. Die Diagnose basiert auf dem positiven Befund von mehreren (mindestens 11 von 18) Druckpunkten sowie den Berichten des Patienten über chronische, generalisierte, diffuse Schmerzen über mindestens 3 Monate sowie Müdigkeit und/oder Schlafstörungen. Die Behandlung umfasst regelmäßige, leichte Kranken gymnastik, ein schlafförderndes Antidepressivum in niedriger Dosierung und Analgetika, wie beispielsweise Acetaminophen, zur Schmerzbewältigung. Konventionelle Unterscheidung zwischen Fibromyalgie und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Im frühen Verlauf der Krankheit können rheumatoide Arthritis und Osteoarthritis der Fibromyalgie ähneln. Charakteristisch für die Fibromyalgie sind das Vorhandensein definierter Druckpunkte und diffuse, generalisierte Muskelschmerzen. Typische Symptome der rheumatoiden Arthritis, die bei ihrer Differenzierung von Fibromyalgie helfen, sind Morgensteifigkeit, die sich bei Bewegung bessert, Gelenküberwärmung und -schwellungen. Fibromyalgie und rheumatoide Arthritis können auch gleichzeitig auftreten. Im Rahmen einer Studie wurde bei 13 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis und bei 10 % der OsteoarthritisPatienten eine gleichzeitige Fibromyalgie festgestellt. 119 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Tabelle 3.16: Unterscheidung zwischen Fibromyalgie und RA Fibromyalgie Rheumatoide Arthritis Druckpunkte in Verbindung mit generalisierten Schmerzen – Gelegentlich Morgensteifigkeit Morgensteifigkeit (über mindestens eine Stunde), Gelenküberwärmung, Schwellungen Normale Laborwerte RF (75–80 %), geringe Krankheitsspezifität; erhöhte BSG- und/oder CRP-Werte Keine Entzündungszeichen Entzündete Synovialis; 2.000–75.000 Leukozyten/mm3 Synovialflüssigkeit – ACR-Kriterien – Extraartikuläre Manifestationen (grippeähnliche Symptome, Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) 3.2.9 Polymyalgia rheumatica Klinische Merkmale Bei der Polymyalgia rheumatica handelt es sich um eine systemische Entzündungskrankheit, die primär bei Patienten im Alter von über 50 Jahren auftritt. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Krankheit ist in den nordeuropäischen Ländern häufiger verbreitet. In den USA entwickeln Schätzungen zufolge 500/100.000 Menschen der Allgemeinbevölkerung im Alter von über 50 Jahren eine Polymyalgia rheumatica. Die Krankheit beginnt meist insidiös, sie kann aber auch über Nacht einsetzen. Das Durchschnittsalter der Patienten bei Krankheitsbeginn liegt bei 70 Jahren. Die Erkrankung dauert typischerweise 2 bis 3 Jahre. 120 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Die Patienten leiden in der Regel unter symmetrischen (Muskel-) Schmerzen und Steifigkeit im Nacken, in den Schultern und in der Hüftgegend im Gegensatz zur vorwiegenden Hand- und Fußbeteiligung bei der rheumatoiden Arthritis. Die Steifigkeit ist das beherrschende Merkmal. Sie ist beim Aufwachen oder nach einer Ruhepause stärker ausgeprägt und dauert normalerweise länger als 30 Minuten. Die Synovitis fällt gegebenenfalls leichter aus als bei der RA und bleibt fast immer auf die Handgelenke und Hände beschränkt. Obwohl die Symptome vorwiegend in den Muskeln auftreten, ist noch nicht genau bekannt, ob es sich um eine Erkrankung der Gelenke, der Muskeln oder der Arterien handelt. Zu den charakteristischen Befunden zählen Müdigkeit, grippeähnliche Symptome, Fieber, Gewichtsverlust, Depression, dramatisch erhöhte BSG und Anämie. Elektromyographie und Biopsie weisen nicht auf eine selektive Muskelschwäche oder eine Muskelerkrankung hin. Die Kreatinkinasewerte sind normal. Die Wirkung von geringen Dosen von Kortikosteroiden, meist Prednison, kann (innerhalb von 24–48 Stunden) dramatisch sein. Bei Behandlung verschwinden die Symptome oft rasch. Die Therapie wird in der Regel mit geringer Dosis über einen Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren fortgesetzt. Bei Rückfällen oder ernsthaften Kortikosteroid-bedingten Nebenwirkungen wurden auch mit Azathioprin und Methotrexat als Ersatzmittel bereits Behandlungserfolge erzielt. Häufig tritt gleichzeitig eine Arteriitis temporalis (HortonRiesenzellarteriitis) auf (in den USA bei etwa 15 % der Patienten mit Polymyalgia rheumatica). Diese Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine Entzündung der Arterien im Kopf (meist der Arteria temporalis), im Nacken und in den Armen, die zu einer Arterienverengung und Reduktion des Blutflusses führt. Symptome wie Kopfschmerz, Sehstörungen (Verschwommenoder Doppelsehen) und Schmerzen des Kiefermuskels müssen mit Vorsicht beobachtet werden. Daneben kann durch eine physische Untersuchung eine abnormale Schläfenarterie festgestellt werden (schmerzempfindlich auf Druck, entzündet, mit reduziertem Puls). Aufgrund der Gefahr der permanenten Erblindung empfiehlt sich in den meisten Fällen eine Biopsie der Schläfenarterie. Eine Arteriitis temporalis sollte sofort nach der Diagnosestellung 121 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA behandelt werden. Die Therapie besteht aus einer hohen Dosis von Kortikosteroiden (Prednison) über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten und anschließender Reduzierung der Dosis. Bei richtiger Behandlung sind Rezidive der Horton-Riesenzellarteriitis selten. Konventionelle Unterscheidung zwischen Polymyalgia rheumatica und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Polymyalgia rheumatica und rheumatoider Arthritis ergibt sich aus den unterschiedlichen anatomischen Regionen, die jeweils betroffen sind. Während bei rheumatoider Arthritis eine symmetrische Beteiligung vorwiegend von Händen und Füßen vorliegt, zeigen sich die Symptome von Polymyalgia rheumatica hauptsächlich in den Schultern und in der Hüftgegend. Darüber hinaus unterscheidet sich die Polymyalgia rheumatica von rheumatoider Arthritis durch das typische Fehlen von Synovitis der kleinen Gelenke, erosiver oder zerstörender Krankheit, Rheumafaktor und Rheumaknoten. Weitere Hilfen bei der Differenzierung bieten Skelettszintigraphie und Ultraschalluntersuchung der Schulter. Schließlich ist bei Poly myalgia rheumatica die BSG drastisch erhöht, und es ist ein sehr schnelles Ansprechen auf Kortikosteroide zu beobachten. Polymyalgia rheumatica und rheumatoide Arthritis können gleichzeitig auftreten und ihre Klassifizierung stellt in manchen Fällen ein Problem dar. Besonders RA-Patienten mit spätem Krankheitsbeginn können unter polymyalgischen Symptomen leiden, die manchmal nur schwer von Polymyalgia rheumatica zu unterscheiden sind. Derzeit stehen keine eindeutigen klinischen Merkmale oder Routinelabormarker zur Verfügung, die eine frühe Unterscheidung zwischen Polymyalgia rheumatica und RA mit polymyalgischem Beginn erlauben. 122 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Tabelle 3.17: Unterscheidung zwischen Polymyalgia und RA Polymyalgia rheumatica Rheumatoide Arthritis Hauptsächlich Beteiligung von Schultern und Hüftgegend (Ultraschalluntersuchung der Schultern). Füße sind nur selten betroffen Hauptsächlich Beteiligung von Händen und Füßen Keine erosive oder destruktive Gelenkerkrankung, keine auffallenden Schmerzen oder Schwellungen der peripheren Gelenke Synovitis mit Schmerzen, Schwellungen, Druckempfindlichkeit und späteren Erosionen – ACR-Kriterien – Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) Normalerweise seronegativ in Bezug auf RF RF (ca. 75–80 %), geringe Krankheitsspezifität Dramatisch erhöhte BSG BSG möglicherweise moderat erhöht Sehr schnelles Ansprechen auf Kortikosteroide Langsames Ansprechen auf Glukokortikoide Assoziiert mit Arteriitis temporalis – 3.2.10 Behçet-Krankheit Klinische Merkmale Bei der Behçet-Krankheit handelt es sich um eine seltene Vaskulitis mit einer Prävalenz von ungefähr 40/Million in den USA. Die Krankheit setzt meist im dritten Lebensjahrzehnt ein und tritt bei Männern doppelt so häufig auf wie bei Frauen. Das Syndrom ist gehäuft entlang der alten Seidenstraße in den Mittelmeerländern und bestimmten asiatischen Ländern, besonders in Japan, zu beobachten. Die Ursache ist unbekannt. 123 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Zu den üblicherweise auftretenden Symptomen gehören bei fast allen Patienten wiederkehrende, schmerzhafte Ulzera am Mund, die denen bei aphthöser Stomatitis ähneln. Vergleichbare Ulzera bilden sich an den Genitalien. Weitere Symptome folgen nach Tagen bis Jahren, wie beispielsweise Augenveränderungen (rezidivierende Uveitis), Meningoenzephalitis, Erkrankungen der großen Gefäße oder Hautläsionen (Papeln, Pusteln, Bläschen etc.). Ein Anteil von 50–60 % der Patienten leidet unter einer asymmetrischen Polyarthritis, die relativ leicht, sich selbst limitierend und nicht destruktiv ist. Sie betrifft vorwiegend die Knie, Sprunggelenke und Handgelenke und dauert in der Regel wenige Wochen. Das Syndrom ist im Allgemeinen chronisch und gut in den Griff zu bekommen. Remissionen und Rezidive können von Wochen bis zu Jahren anhalten und sich sogar über mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die Behandlung erfolgt hauptsächlich symptomatisch und umfasst bei Bedarf Methotrexat und Cyclosporin-A. Konventionelle Unterscheidung zwischen Behçet-Krankheit und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Die Behçet-Krankheit kann von der rheumatoiden Arthritis durch ihre Multiorganbeteiligung und den rezidivierenden Verlauf unterschieden werden. Darüber hinaus fehlen die extraartikulären Manifestationen der RA. Tabelle 3.18: Unterscheidung zwischen Behçet-Krankheit und RA Behçet-Krankheit Rheumatoide Arthritis Multiorganbeteiligung (Mundulzera, Hautläsionen, Augenveränderungen) Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten, grippeähnliche Symptome etc., siehe Tab. 1.1) Asymmetrische, leichte Arthritis Symmetrische, erosive Arthritis – ACR-Kriterien 124 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Behçet-Krankheit Rheumatoide Arthritis – RF (ca. 75–80 %), geringe Krankheitsspezifität Strikt rezidivierender Verlauf Häufig permanente Symptome, progressiver Verlauf 3.2.11 Lyme-Arthritis Klinische Merkmale Die Krankheit ist nach einem kleinen Ort in Connecticut (USA) benannt, wo 1976 erstmals eine vermehrte Häufigkeit von Arthritis mit negativem Rheumafaktor beschrieben wurde. Die LymeArthritis wird durch Bisse von Ixodes ricinus (Holzbock) in Europa, von Ixodes scapularis(Rehzecken) im Nordosten und mittleren Norden der USA und von Ixodes pacificus an der Westküste der USA ausgelöst, die mit den Spirochaeten Borrelia burgdorferi infiziert sind. Bei einer infizierten Zecke, die weniger als 24 Stunden am Körper haftete, ist die Übertragung einer Infektion unwahrscheinlich. Nahezu 100 % der Übertragungen erfolgen jedoch, wenn mehr als 74 Stunden nach dem Anklammern der infizierten Zecke vergangen sind. Die Krankheit ist weltweit verbreitet. Der Krankheitsbeginn liegt meist zwischen Mai und November, mit einem Erkrankungsgipfel in den Monaten Juni und Juli. In Stadium I (erste Wochen bis Monate) entwickelt sich ein Erythema chronicum migrans, ein rotes Erythem, häufig mit teilweiser zentraler Abblassung, das sich 3 bis 32 Tage nach der Infektion an der Bissstelle bildet und sich zentrifugal bis zu einer Größe von mehr als 5 cm ausbreiten kann. Ein Erythema chronicum migrans ist bei 60–70 % der Patienten mit Lyme-Arthritis zu beobachten. Darüber hinaus können grippeähnliche Symptome auftreten. Stadium II (disseminierte Krankheit) beginnt Wochen bis Monate nach dem Biss/Erythem. Dieses Stadium kann bei 15 % aller Patienten mit einer neurologischen Beteiligung, wie bei- 125 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA spielsweise Meningitis, Enzephalitis, Chorea etc. einhergehen. Ein Anteil von 5 % der Erkrankten zeigt in diesem Stadium möglicherweise eine Herzbeteiligung. Darüber hinaus werden kurze Attacken von entzündlicher Mono- oder Polyarthritis in den großen Gelenken, vor allem der Knie, beobachtet. Arthritis tritt in den USA bei etwa 60 % der Patienten mit unbehandelter LymeBorreliose auf. Stadium III (chronische, permanente Krankheit) ist gekennzeichnet durch chronische, neurologische Symptome, chronische Arthritis und chronische Hautbeteiligung (vorwiegend in Europa). Zu den Arthritis-Symptomen gehören anfangs asymmetrische, oligoartikuläre, intermittierende Schmerzen und Schwellungen. Die Arthritis-Episoden werden häufig im zweiten oder dritten Jahr der Erkrankung länger und dauern dann eher Monate als Wochen. Bei ungefähr 20 % der unbehandelten Patienten setzt während dieser Periode eine chronische Arthritis ein. Der chronischen Lyme-Arthritis liegen wahrscheinlich immungenetische Faktoren (Häufung von HLA-DR4 oder HLA-DR2) zu Grunde. Nur eine Minderheit der Erkrankten entwickelt radiologisch sichtbare Läsionen. Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi mittels ELISA, der durch einen Western Blot bestätigt wird. Falsch negative Ergebnisse können in den ersten 3 bis 4 Wochen der Krankheit erzielt werden, falsch positive Ergebnisse können durch Treponema pallidum, Escherichia coli und einige andere Krankheitszustände verursacht werden. Die Behandlung besteht aus Antibiotikagaben in definierter Dosis und Abfolge. Konventionelle Unterscheidung zwischen Lyme-Arthritis und RA (ohne Berücksichtigung von Anti-CCP-Antikörpern) Das arthritische Stadium der Lyme-Krankheit ist der rheumatoiden Arthritis sehr ähnlich und geht ebenfalls mit episodischer Krankheitsaktivität und Synovitis einher. Bei Kindern ähnelt es in hohem Maße der mono- oder oligoartikulären Form der juvenilen rheumatoiden Arthritis. Unterscheidungsfaktoren sind die neurologische und kardiovaskuläre Beteiligung im Fall der Lyme-Arthritis sowie der 126 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA Anamnesehinweis auf einen Zeckenbiss und ein Erythema chronicum migrans. Schließlich ist auch der Nachweis von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi ein charakteristisches Merkmal. Auf der anderen Seite fehlen die meisten typischen Merkmale von rheumatoider Arthritis (Knoten, Rheumafaktor, Morgensteifigkeit, ACR-Kriterien). Tabelle 3.19: Unterscheidung zwischen Lyme-Arthritis und RA Lyme-Arthritis Rheumatoide Arthritis Zeckenbiss – Erythema chronicum migrans (60–70 %) – Neurologische und kardiovaskuläre Beteiligung (20 %) Extraartikuläre Manifestationen (Rheumaknoten etc., siehe Tab. 1.1) Antikörper gegen Borrelia burgdorferi – – ACR-Kriterien Normalerweise seronegativ in Bezug auf RF RF (75–80 %), geringe Krankheitsspezifität Normalerweise keine radiologischen Veränderungen Radiologische Veränderungen (Erosionen, Gelenkspaltverschmälerung, gelenknahe Osteopenie, Dekalzifikation) 3.2.12 Glukokortikoid-Entzugssyndrom Die Symptome eines Glukokortikoidentzugs werden häufig mit RA verwechselt. Die betroffenen Patienten, die auf nicht-rheumatische Erkrankungen behandelt werden, können unter diffusen polyartikulären Schmerzen, besonders in den Händen leiden, wenn die Glukokortikoid-Dosis zu abrupt herabgesetzt wird. 127 3. Aktuelle Diagnostik auf dem Gebiet der RA 3.2.13 Weitere medizinische Gegebenheiten, die mit Arthropathie einhergehen können Zusätzlich gibt es eine Reihe von Störungen und Gegebenheiten, die gelegentlich zu RA-ähnlichen Symptomen führen können: – Paraneoplastische Syndrome (besonders im Fall von Leukämie, Lymphom, Brustkrebs) – Schilddrüsenerkrankung (Hyper- oder Hypothyreose) – Bakterielle Endokarditis – Orale Kontrazeptiva –Sarkoidose –Hämochromatose – Familiäres Mittelmeerfieber –Hämoglobinopathien –Hämophilie –Hyperlipoproteinämie – Hypertrophe Osteoarthropathie – Multizentrische Retikulohistiozytose –Polychondritis – Rheumatisches Fieber –Sweet-Syndrom –Ochronosis – Purpura Schoenlein-Henoch –Lipidstoffwechselstörungen – Akute Leukämie – Cheiroarthropathia diabetica –Plasmozytom – Multiples Myelom 128 4 Zusammenfassung Bei der rheumatoiden Arthritis handelt es sich um eine weit verbreitete Autoimmunerkrankung (Prävalenz: 0,8–1 %) mit erheblichen Auswirkungen im Gesundheitssektor. Sie ist gekennzeichnet durch eine entzündliche Gelenkzerstörung, die zu progressiver Funktionseinschränkung und erhöhter Mortalität führt. Aufgrund einer beträchtlichen Anzahl klinisch ähnlicher Krankheiten (z. B. Bindegewebeerkrankungen, Spondylarthropathien, bakterieller und viraler Arthritis, Gicht und Fibromyalgie) kann insbesondere bei einer neu aufgetretenen Krankheit nicht immer eine klare Diagnose gestellt werden. In Kapitel 3 sind die wichtigsten Kriterien für die Differenzialdiagnose der RA 12 relevanten Krankheitsgruppen gegenübergestellt. Ein stetig wachsender Bestand wissenschaftlicher Erkenntnisse deutet darauf hin, dass Gelenkdestruktion und Funktionsabbau durch frühzeitiges therapeutisches Eingreifen gemildert werden können. Vor allem mit Hilfe einer frühen und aggressiveren Therapie mit DMARDs konnten bereits Erfolge erzielt werden. Hierfür ist eine eindeutige Diagnose zu einem frühen Zeitpunkt erforderlich. Die Diagnose von RA stützt sich zwar hauptsächlich auf klinische Merkmale, aber auch hoch spezifische und sensitive serologische Marker können hilfreich sein. Der Rheumafaktor ist ein bewährter Marker für rheumatoide Arthritis, obwohl seine Spezifität für die Krankheit begrenzt ist. Er wurde erstmals 1940 beschrieben. In der jüngeren Vergangenheit wurden Anti-CCP-Antikörper als neue Marker-Antikörper für rheumatoide Arthritis eingeführt. Sie weisen eine hervorragende Krankheitsspezifität auf. AntiCCP-Antikörper wurden auch im Serum von Patienten mit RF-negativer RA gefunden, obwohl die Sensitivität beider Assays ähnlich ist. Eine kombinierte Analyse kann daher im Vergleich zum ausschließlichen RF-Test die Sensitivität steigern. Aufgrund ihrer beträchtlich höheren Spezifität bieten Anti-CCP-Antikörpertests die Möglichkeit, (frühe) RA besser von anderen entzündlichen Polyarthritiden zu unterscheiden als RF-Tests. In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass Anti-CCP-Antikörper und RF bis zu mehrere Jahre vor Auftreten klinischer Symptome bereits 129 bei RA-Patienten vorhanden sein können. Dieses Ergebnis legt die Vermutung nahe, dass der Nachweis von Anti-CCP-Antikörpern auch beim Identifizieren von RA-Patienten noch vor dem Auftreten von Symptomen und destruktiver Synovitis nützlich sein kann. Ferner können Anti-CCP-Antikörper als Vorhersagewert für Röntgenprogression dienen. Die beschriebenen Antikörper können folglich in Kombination mit dem Rheumafaktor, aber auch eigenständig, eine wesentliche, zusätzliche Unterstützung bei der eindeutigen und frühzeitigen Diagnose von RA bieten. 130 Quellen ACR Committee (2002) Guidelines for the Management of Rheumatoid Arthritis. Arthritis Rheum 46, 328 – 346 Aho K, Palosuo T, Lukka M, Kurki P, Isomäki H, Kautiainen H, von Essen R (1999) Antifilaggrin Antibodies in Recent-Onset Arthritis. 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30 Antiperinukleärer Faktor (APF) 44 Arachidonsäure 32 Arteriitis 121 Arthritis Impact Measurement Scales 22 Arthritis psoriatica 95 Ätiologie 95 Behandlung 96 Unterscheidung von RA 97 Arthritis urica siehe Gicht 112 Arthroskopie 18 Aspirin 32 Azathioprin 33 B Bakterielle Arthritis 102 Ätiologie 103 Behandlung 104 Unterscheidung von RA 104 Basismedikamente 29 Bechterew-Krankheit siehe Spondylitis ankylosans 90 Behçet-Krankheit 123 Ätiologie 123 Unterscheidung von RA 124 Betamethason 35 Biologicals 35 BiP 52 Blutsenkungsgeschwindigkeit 23 Borrelia burgdorferi 125 143 Index C C-reaktives Protein 23 Calciumpyrophosphat-Ablagerungskrankheit siehe CPPD-Ablagerungskrankheit 115 Campylobacter 92 Celebrex 33 Celecoxib 33 Chlamydia 92 Chromosom 6 12 Chondrocalcinosis 117 Citrullin 47 Citrullinierte Peptide 49 Citrullinierung 47 Colchicin 114 Colitis ulcerosa 99 Cortisol 35 Cortison 35 COX-2-spezifische NSAIDs 33 COX-Hemmer 32 CPPD-Ablagerungskrankheit 115 Ätiologie 115 Behandlung 116 Unterscheidung von RA 116 Cyclooxygenase 33 Cyclooxygenase-Hemmer 32 Cyclophosphamid 34 D D-Penicillamin 30 Depression 118 Dexamethason 35 Diclofenac 32 144 Disease Activity Score 22 Disease modifying anti-rheumatic drugs (DMARDs) 29 DMARDs 29 Nebenwirkungen 30 Doppelbrechende Kristalle 104, 117 E ELISA 39 Endoxan 34 Entzündliche Darmerkrankung 99 Behandlung 100 Unterscheidung von RA 101 Epstein-Barr-Virus 13 Erythema chronicum migrans 125 Etanercept 34 F Felty-Syndrom 23 Fibrin 50 Fibromyalgie 118 Ätiologie 118 Behandlung 119 Unterscheidung von RA 119 Filaggrin 47 Functional Disability Index 22 Funktionskapazität 12 G Gemeinsames Epitop 13 genetische Suszeptivität 51 Gicht 112 Index Ätiologie 112 Behandlung 114 Unterscheidung von RA 114 Gleichzeitiges Vorkommen 57 Glukokortikoid-Entzugssyndrom 127 Glukokortikoide 35 Gold 30 Gonokokkeninfektion 103 gouty tophus 113 H Haupthistokompatibilitätskomplex 12 Hepatitis 57, 106 HIV 92, 106, 119 HLA-B27 90, 93, 96, 100 HLA-Typen 13 Human Leukocyte Antigen 12 Hydroxychloroquin 30 Hyperämie 18 Hyperurikämie 112 I Ibuprofen 32 Immunsuppressiva 33 Imuran 33 Indirekte Immunfluoreszenz 39 Indometacin 32, 93 Infektiöse Arthritis siehe Bakterielle Arthritis 102 Infliximab 34, 101 Interleukin-1-Rezeptor 35 Iridozyklitis 89 Isotypen 38, 42 Ixodes 125 K Kineret 35 Konjunktivitis 93 Kortikosteroide 35, 114 Nebenwirkungen 35 Kosten 12 Krankheitsbeginn 14 Kryoglobulinämie 42 L Langwirksame Antirheumatika (LWAR) 29 Lasernephelometrie 39 Latexfixationstest 39 Leflunomid 30 Lumiracoxib 33 Lyme-Arthritis 125 Behandlung 126 Unterscheidung von RA 126 M Magnetresonanz-Tomographie 18 Meningoenzephalitis 124 Methotrexat 30 Methylprednisolon 35 Mischkollagenose 86 Mononatrium-UratmonohydratKristalle 112 Morbus Crohn 99 Moskitoviren 106 145 Index Multiple Sklerose 51 Myelinbasisprotein 51 Mykobakterien 104 Myositis-Overlap-Syndrom 84 N Nabumeton 32 Naproxen 32 Nebenwirkungen 30, 32, 35 Neisseria gonorrhoeae 103 New York-Kriterien 89 Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) 32 Nicht durch Gonokokken verursachte Infektion 103 Non-steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs) 32 NSAIDs Nebenwirkungen 32 O Oprisine 33 Osteoarthritis 108 Ätiologie 108 Behandlung 109 Unterscheidung von RA 110 Osteopenie 18 P PADI-2-Gen 51 PADI-4-Gen 51 146 Palindromer Rheumatismus 21 Pannus 16 Paracetamol 109 Paramethason 35 Parvovirus B19 106 Peptidylarginin-Desaminase 4 (PADI 4) 50 Peptidylarginyl-Desaminase (PAD) 47 Pilze 104 Piroxicam 32 Polymyalgia rheumatica 58, 120 Ätiologie 120 Behandlung 121 Unterscheidung von RA 122 Polymyositis/Dermatomyositis Behandlung 84 Prednisolon 35 Prednison 35 Prexige 33 Profilaggrin 47 Prostacycline 32 Prostaglandine 32 Pseudogicht siehe CPPD-Ablagerungskrankheit 116 Psoriasis 95 Purinanalog 33 Pyrophosphat-Arthropathie siehe CPPD-Ablagerungskrankheit 116 R Radioimmunassay 39 Radiologie 18 RA 33 51 Reaktive Arthritis 92 Index Behandlung 93 Unterscheidung von RA 93 Rehzecken 125 Reiter-Krankheit siehe Reaktive Arthritis 92 Remission 21 Rheumafaktor 24, 38, 52 Prävalenz 53 Prvalenz 40 Sensitivität 39, 53, 56 Spezifität 39, 53, 56 Vorhersagewerte 53 Rheumaknoten 17 Rheumatoide Arthritis Activitiy Score 21 Anfälligkeit 12 Ätiologie 10 Definition 10 Diagnose 14 Differenzialdiagnosen 67 Epidemiologie 11 erste Symptome 14 genetische Assoziation 12 Inzidenz 12 Klassifikationskriterien 24 Krankheitsaktivität 21 Labormarker 23 Pathogenese 13 Prävalenz 11 Therapie 28 Riesenzellarteriitis 121 ROC-Analyse 64 ROC-Analysen 57 Rom-Kriterien 89 Röteln 106 S Sa-Antikörper 50, 51 Saccharomyces cerevisiae 100 Salmonella 92, 103 Schwanenhals 18 Schwangerschaft 21 Septische Arthritis siehe Bakterielle Arthritis 102 Shigella 92 Sicca-Syndrom 23 Sjögren-Syndrom 23 Spirochaeten 125 Spondylitis ankylosans 88 Ätiologie 88 Behandlung 90 Klassifizierungskriterien 89 Unterscheidung von RA 90 Stanford Health Assessment Questionnaire 21 Staphylococcus aureus 104 Streptococci 92, 104 Sulfasalazin 30 Symmetrische Arthritis 25 Synovialdeckzellen 16 Synovialproliferation 16 Szintigraphie 18 T T-Lymphozyten 12 Tierversuch 50 TNF-a-Hemmer 34 Tophus 113 Trauma 119 147 Index Triamcinolon 35 Tumor-Nekrose-Faktor 34 U Ulzera 124 Undifferenzierte Bindegewebe erkrankung Unterscheidung von RA 87 Undifferenzierte Bindegewebe erkrankung (UCTD) 85 Undifferenzierte Polyarthritis 26 Uveitis 89, 93, 98, 100, 124 V Verlaufsstadien 19 Verlaufsstadium 18 Vimentin 50, 51 Virale Arthritis 105 Behandlung 106 148 Unterscheidung von RA 107 Vorhersagemarker 62 Vorhersagewert 61 W Waaler- Rose-Test 39 Weichteilschwellungen 18 Y Yakima-Indianer 13 Yersinia 92