ARD - Ratgeber Recht

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ARD - Ratgeber Recht
ARD-Ratgeber Recht
aus Karlsruhe
Sendung vom:
14. Dezember 2013, 17.03 Uhr
im Ersten
DEKO-TERROR
WEIHNACHTEN
Zur Beachtung!
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ARD-Ratgeber RECHT vom 14.12.2013
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Moderation: Dr. Frank Bräutigam
Was sind Sie denn so für ein Typ in Sachen Weihnachtsdeko am Haus. Eher ganz puristisch,
also höchstens mal eine kleine Lichterkette, oder eher sowas hier, also großes Kino? Kann
man als Nachbar eigentlich etwas dagegen tun, wenn es zu wild wird? Wenn also der liebe
Nachbar zum Beispiel das dritte beleuchtete Rentier in den Vorgarten stellt?
Beitrag:
Autorin:
Deko-Terror Weihnachten
Stephanie Zuehlsdorff
Das Licht geht an bei Familie S. und die Südenstraße in Stutensee bei Karlsruhe ist hell erleuchtet. Tausende LED-Lichter geben alles. Hier leuchten Weihnachts- und Schneemann im
Vorgarten um die Wette. Und bis zur Dachspitze glitzert und blinkt einfach alles. Und zwar die
ganze Nacht, bis morgens um 6 Uhr!
Elli S.,
Weihnachtsfan
„Ich liebe bunt! Und bunt und leuchtend und funkelnd, das finde ich
einfach klasse. Und deswegen machen wir es eben schön bunt. Weil
ich finde, an Weihnachten, da muss es leuchten.“
Aber dieses Lichterfest zu Weihnachten kommt nicht bei allen so gut an. Bei den Nachbarn
gegenüber wird es ganz schön hell. Und auch beim Fest der Liebe und Harmonie gibt es mal
Streit! So einen Weihnachtsbaum hat ein Nachbar schon mal aus Wut aus dem Vorgarten
herausgerissen und 100 Meter weiter weggeworfen. Die S‘s lassen sich dadurch aber nicht
beirren:
Elli S.,
Weihnachtsfan
„Dann würde ich sagen, die können die Rollläden runterlassen. Die
lassen ja sowieso die Rollläden runter, wenn es dunkel ist. Und dann
sehen sie es ja nicht mehr, ne?“
Naja, stimmt das? Was sagen denn die Leute auf dem Karlsruher Weihnachtsmarkt? Muss
man sich auch eine so schrille Beleuchtung als Nachbar gefallen lassen?
Passant
„Wenn sich jemand wirklich gestört fühlt und wenn der dann nicht
schlafen kann oder so, dann müsste man es eigentlich schon ausmachen.“
Passant
„Es gibt ja Nachtruhe, vielleicht gibt es dann sowas mit Helligkeit?
Naja, es gibt ja auch Straßenbeleuchtung. Also ich glaube nicht, dass
es da speziell was gibt.“
Passant
„So wie das üblich ist in Deutschland, dass man ab 10 Uhr ruhig sein
muss, und auch alles ausschalten muss.“
Passant
„Ein kleines Lichtlein im Fenster oder ein kleiner Lichterkranz im
Fenster, das finde ich noch schön und damit muss es dann gut sein.“
„Das würde mich echt nicht stören, ich kann ja den Rollladen runtermachen.“
Die Nachbarn der S‘s stört die Beleuchtung auch nicht, aber in anderen Fällen mussten sich
schon öfter deutsche Gerichte mit Weihnachtsbeleuchtung beschäftigen. Und sie haben klare
Passant
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Regeln aufgestellt: Ist die Beleuchtung zu hell und leuchtet in das Schlafzimmer des Nachbarn, dann muss sie um 22 Uhr ausgeschaltet werden. Der Hinweis auf Rollläden oder Gardinen hilft nicht. Niemand kann verpflichtet werden, Rollläden runterzulassen oder sich Gardinen
anzuschaffen.
So viele Freiheiten bei der Deko haben aber auch nur Hauseigentümer. Bei Mietern hört der
Spaß schon viel früher auf!
Die Faustregel heißt: In der eigenen Wohnung darf gemacht werden, was gefällt. Egal wie
grell oder schrill!
Aber schon im Hausflur hört die Freiheit für den Mieter auf: Weihnachtsbäume oder andere
Deko im Treppenhaus müssen vom Vermieter genehmigt werden. Das sind Gemeinschaftsräume, die darf man nicht verschönern wie man möchte.
Und sogar das Versprühen von weihnachtlichem Zimt-Duftspray im Hausflur hat das Oberlandesgericht Düsseldorf einem Mieter verboten.
Und wie ist das mit dem Balkon? Das ist die schwierigste Frage. Zum Beispiel mit diesen beliebten Nikoläusen, die den Balkon, die Regenrinne oder den Fenstersims herauf klettern?
Oder den Lichterketten am Geländer?
Was denken dazu die Karlsruher? Darf man auch als Mieter dekorieren wie mal will?
Passant
„Abgesehen davon, dass die Nikoläuse ziemlich gruselig sind, finde
ich, kann man eigentlich schon, wenn man das gemietet hat, machen
was man will, solange es nicht die anderen einschränkt.“
Passant
„Ich weiß von einem Nachbarn, da hat es richtig Ärger gegeben, weil
da hat jemand die Polizei angerufen, weil er dachte ein Einbrecher
wäre da, weil er es nachts gesehen hat und seine Brille nicht auf hatte.“
Passant
“Die sind echt hässlich und die finde ich überhaupt bescheuert, aber
da wird kein Vermieter was dagegen sagen, vermute ich.“
Passant
„Also erstens mal mache ich ja die Fassade nicht kaputt, Strom ist es
ja meiner, den ich zahlen muss, wieso soll ich dann was fragen. Nee,
würde ich nicht.“
Passant
„Solange es nicht runterfällt und jemanden verletzt, warum nicht?“
Richtig! Nikoläuse und normale Lichterketten sind am Balkon erlaubt. Muss aber zur Befestigung des Nikolauses zum Beispiel die Fassade angebohrt werden, ist auf jeden Fall die Zustimmung des Vermieters erforderlich. Und sicher muss der Weihnachtsschmuck angebracht
werden. Auch Wind und Sturm müssen die Weihnachtsmänner überstehen!
Außerdem darf die Deko nicht über den Balkonschmuck hinausgehen. Solche Lichter quer
über die Fassade sind eine beeinträchtigende bauliche Veränderung. Und um eine Leuchtre-
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klame an Hausfassaden anzubringen, müsste man ja auch eine Baugenehmigung haben, so
die strengen Richter.
Na, Gott sei Dank sind die S‘s keine Mieter! Sonst wäre mit ihrem Weihnachtszauber vermutlich ziemlich schnell Schluss. Und das wäre doch irgendwie...schade...
Zusatzinformationen:
Alle Jahre wieder werden in vielen Mietshäusern Fenster und Balkone weihnachtlich geschmückt.
Doch an der Fassade hochkletternde Nikoläuse und blinkende Lichterketten sind nicht jedermanns
Sache, insbesondere wenn dadurch das eigene Schlafzimmer taghell erleuchtet wird. Kann man sich
dagegen wehren? Und muss man die Erlaubnis des Vermieters einholen, bevor man sich ans Dekorieren macht?
Der Brauch, Haus und Garten weihnachtlich zu schmücken, kommt ursprünglich aus den USA. Auch hierzulande werden Rentiergespanne und mehrfarbige und blinkende Lichtgebilde immer beliebter. Grundsätzlich,
so heißt es beim Deutschen Mieterbund, haben Mieter das Recht, die eigene Wohnung, Fenster und Balkon
in der Vorweihnachtszeit je nach Geschmack und Phantasie zu dekorieren.
Außerhalb der Wohnung sind jedoch gewisse Grenzen zu beachten. Wer einen großen Weihnachtsmann
oder ähnliches an der Außenfassade anbringen will, muss vorher den Vermieter fragen. Wenn die Fassade
dazu angebohrt werden muss oder wenn der äußere Eindruck des Hauses beeinträchtigt wird, muss der
Vermieter dies nicht erlauben. Dabei spielt nicht nur der persönliche Geschmack des Hauseigentümers eine
Rolle, sondern auch örtliche Gegebenheiten. Stehen bei den Nachbarn schon Weihnachtsmänner oder ist
der Weihnachtsschmuck im Hinterhof von außen nicht sichtbar angebracht, kann der Vermieter nicht allein
mit dem Argument, das Haus werde optisch verschandelt, ein Verbot aussprechen. Scheint der Schmuck
jedoch sehr hell, blinkt auffällig oder leuchtet stark in benachbarte Wohnungen hinein, kann der Vermieter
sein Veto einlegen. Wichtig ist außerdem, dass Weihnachtsmänner, Tannenbäume & Co. richtig gesichert
werden, so dass sie auch bei Wind und Wetter nicht abstürzen und Passanten gefährden können.
Keine Störung zu nachtschlafener Zeit
Weihnachtsmuffel müssen also mit der – aus ihrer Sicht – kitschigen Pracht leben. Über Geschmack lässt
sich nun mal nicht streiten. Nicht hinnehmen muss man jedoch, dass man durch wild blinkende Lichterspiralen oder ähnliche Spielereien um den Schlaf gebracht wird. Hier kann man sich wehren und zum Beispiel
verlangen, dass die Beleuchtung ab 22 Uhr abgeschaltet wird. Ansprechpartner ist der Vermieter, ganz
gleich ob die Störung vom eigenen oder vom Nachbarhaus ausgeht. Der Vermieter ist verpflichtet, für Abhilfe
zu sorgen. Bei schwerwiegenden nächtlichen Störungen hat der Mieter das Recht, die Miete zu mindern.
Auch im Treppenhaus ist nicht alles erlaubt. Weihnachtliche Duftsprays dürfen dort nicht versprüht werden,
da sonst das Zusammenleben beeinträchtigt würde, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf vom 16. Mai 2003 – 3 Wx 98/03). Adventskränze an der Wohnungstür sind jedoch gestattet.
Insgesamt gibt es jedoch wenige richterliche Entscheidungen zu dem Thema – vermutlich auch, weil das
Thema Weihnachtsdekoration auf vier bis sechs Wochen im Jahr beschränkt ist. Das Landgericht Köln beschäftigte sich vor einigen Jahren mit einer Lichterkette, allerdings spielte sich der Streit in einer Wohnungseigentümergemeinschaft ab (LG Köln vom 11. Februar 2008 – 29 T 205/08). Das Gericht entschied, dass
eine weithin sichtbare, dauerhaft am Balkongeländer angebrachte Lichterkette eine beeinträchtigende bauliche Veränderung darstelle, die die übrigen Eigentümer nicht zu dulden brauchen. Von den Nachbarn könne
auch nicht verlangt werden, die lästigen Lichteinwirkungen durch Rollläden oder das Anbringen von Gardinen auf das zumutbare Maß abzusenken, urteilte das Landgericht Wiesbaden in einem anderen Fall (LG
Wiesbaden vom 19. Dezember 2001 – 10 S 46/01). Hier ging es allerdings um den Dauerbetrieb einer Außenleuchte, die den Nachbarn störte.

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