IKW-STATUSPAPIER 2010 zum Stand der Verwendung von Palm

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IKW-STATUSPAPIER 2010 zum Stand der Verwendung von Palm
Version vom 29.11.2010, aktualisiert 15. Dezember 2014:
IKW-Statuspapier zum Einsatz von Palm(kern)ölen in WPR-Produkten in Deutschland
IKW-STATUSPAPIER 2010
zum Stand der Verwendung von Palm(kern)ölen in Wasch-, Pflegeund Reinigungsmitteln in Deutschland
Einführung
Die Gesamtmenge der Inhaltsstoffe in Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln in den privaten
Haushalten (WPR-Produkten) betrug in Deutschland im Jahre 2010 circa 605.000 Tonnen
(ohne Wasser). Hierbei spielen die Tenside (waschaktive Substanzen) eine wichtige Rolle,
deren Einsatzmenge im Jahr 2010 circa 183.000 Tonnen betragen hat, was fast ein Drittel der
Gesamttonnage aller Inhaltsstoffe in WPR-Produkten in Deutschland darstellt.1 Als Rohstoffe
zur großtechnischen Tensidherstellung werden neben fossilen Ausgangsmaterialien (wie z.B.
Erdöl) auch nachwachsenden Rohstoffen2, wie z. B. bestimmte Pflanzenöle (vor allem Palmkernöl aus der Ölpalme und Kokosöl aus der Kokospalme ) eingesetzt, da sie einen hohen
Anteil an Fettsäuren mit mittlerer Kohlenstoffkettenlänge (C12-14)3 haben. Die in Mitteleuropa
erzeugten Pflanzenöle sind zur Tensidproduktion für die meisten Anwendungen derzeit technisch nicht geeignet. Die weltweiten Produktionsmengen für Palmkernöl bzw. Kokosöl betrugen im Jahr 2011 5,7 bzw. 3,7 Millionen Tonnen.4
Für die Produktion der einzelnen Tenside können sowohl petrochemische als auch nachwachsende Rohstoffe eingesetzt werden. Je nachdem in welchem Anteil diese Rohstoffe eingesetzt werden, lassen sich drei Möglichkeiten unterscheiden:5
1. Die Tenside bestehen ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen; diese spielen
in WPR-Produkten derzeit unter Kosten- und Leistungsaspekten eine eher untergeordnete Rolle.
2. Die Tenside enthalten ausschließlich nicht-nachwachsende, also petrochemische oder
anorganische Anteile (Mineralöl bzw. anorganische Grundstoffe). Sie sind mengenmäßig wichtiger als die unter 1 beschriebenen.
3. Die Tenside basieren sowohl auf Palmkern- oder Kokosöl als auch auf nichtnachwachsenden Rohstoffen. Sie machen annähernd die Hälfte der in Westeuropa in
WPR-Produkten eingesetzten Tenside aus.6 In Deutschland sind dies in WPRProdukten für Privatverbraucher circa 91.500 Tonnen. Der Anteil des Kohlenstoffs biogenen Ursprungs7 in diesen Tensiden wird auf 40 Prozent geschätzt.8 Dadurch ergibt
Bericht „Nachhaltigkeit in der Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittelbranche in Deutschland: Berichtsjahre 2011 und 2012“, Frankfurt am Main, IKW
2 Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (2007): Nachwachsende Rohstoffe sind land- und forstwirtschaftlich erzeugte Produkte, die einer Verwendung im Nicht-Nahrungsbereich zugeführt werden,
http://www.nachwachsende-rohstoffe.de/
3 Hierzu zählt die Laurinsäure, daher werden diese Öle im Englischen häufig als Laurics bezeichnet
4 Oil Seeds: World Markets and Trade, USDA-FAS, December 2011
5 Tenside, die durch biotechnologische Verfahren u. a. aus Stärke (z. B. aus Kartoffel oder Mais) gewonnen werden, spielen in der WPR-Industrie eine derzeit untergeordnete Rolle.
6 Patel, M. (2003), Surfactants Based on Renewable Raw Materials. Journal of Industrial Ecology, 7:
47–62: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1162/108819803323059398/pdf (Zugriff: März 2013)
7 Kohlenstoff, der im Gegensatz zu Kohlenstoff petrochemischen Ursprungs aus pflanzlichen oder tierischen Rohstoffen gewonnen wird.
8 Marktschätzung der Projektgruppe „Nachwachsende Rohstoffe“ im FORUM WASCHEN, Dezember 2012
1
sich für die Gesamtmenge der in Deutschland in WPR-Produkten für Privatverbraucher
eingesetzten Tenside ein Anteil biogenen Kohlenstoffs von circa 20 Prozent.
Eine genaue Aufschlüsselung der Anteile von Palmkern- und Kokosöl in diesen Tensiden liegt
derzeit nicht vor. Beide Öle sind technisch äquivalent und der Einsatz wird eher durch Preise
und Verfügbarkeit bestimmt.
Mit einer zunehmenden Nutzung von Produkten auf Basis nachwachsender Rohstoffe in der
WPR-Industrie wird eine verantwortungsvolle, glaubwürdige und transparente Kommunikation
der Fakten zu nachhaltigem Palmkernöl zunehmend wichtig, um den Verbrauchern bewusste
Entscheidungen zu ermöglichen. Gleichzeitig soll durch eine nachhaltige Verwendung die Ölpalme als Rohstofflieferant erhalten bleiben.
Die WPR-Industrie in Deutschland ist sicherlich nicht der Treiber für den zunehmenden Anbau
von Ölpalmen, steht aber zu ihrer Verantwortung als Nutzer des gewonnenen Palmkernöls.
Status der Verwendung von Palm(kern)öl in WPR-Produkten in Deutschland im
Jahr 2010
Aufgrund der öffentlichen Diskussion um die Gewinnung von Palm(kern)öl aus der Ölpalme
und der begründeten Forderung nach einer nachhaltigen Herstellung auf Basis von eindeutigen, strengen und überprüfbaren Kriterien wurde von der Geschäftsstelle des IKW der derzeitige Stand bei der Verwendung von Palm(kern)öl in WPR-Produkten in Deutschland ermittelt:
21 WPR-Hersteller im IKW gaben in einer IKW-Umfrage9 für das Jahr 2010 an, Tenside einzusetzen, die auf Basis von Palmkernöl gewonnen werden. Von diesen 21 Unternehmen
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informieren sich wiederum 12 beim Einkauf von Tensiden bei ihren Lieferanten über
Anbau und Produktion des verwendeten Palmkernöls.
fordern 12 ganz oder teilweise von ihren Lieferanten die Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien für Anbau und Ernte von Palmfrüchten oder, dass die Lieferanten
Zertifikate10 für nachhaltig produziertes Palm(kern)öl einkaufen.
erwerben bereits fünf dieser IKW-Mitgliedsfirmen bzw. deren Handelskunden Zertifikate, anhand derer nachgewiesen werden kann, dass entsprechende Mengen an Palmkernöl nachhaltig produziert und vermarktet wurden.
planen weitere 14 eine schrittweise Umstellung oder eine Umstellung zu einem bestimmten Zeitpunkt für den Bezug von Inhaltsstoffen auf Basis nachhaltig produzierten
Palmkernöls.
9
IKW-Umfrage zum Einsatz von Palm(kern)öl in WPR-Produkten für Privatverbraucher im Jahr 2010
(Umfragebeteiligung: circa 28 Prozent bzw. 34 von circa 120 WPR-Herstellerfirmen im IKW; geschätzte
WPR-Marktabdeckung der Umfrageteilnehmer in Deutschland: circa 80 Prozent)
10 Den ersten Schritt zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien für die Palmölwirtschaft hat die Initiative Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO, www.rspo.org) unternommen. Deren Mitglieder setzen
sich aus Vertretern der Ölpalmen-Plantagenbetreiber, Palm(kern)ölhändlern, weiterverarbeitender Industrie, Konsumgüterherstellern, Banken, Umwelt-/Naturschutzorganisationen und sozialen Organisationen zusammen. Der RSPO hat im November 2007 das erste Zertifizierungssystem für den nachhaltigen Anbau und Handel mit Öl aus Ölpalmen verabschiedet. Seit November 2008 sind erste Mengen
zertifiziertes Palm(kern)öl kommerziell verfügbar.
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Weitere Fakten zum Einsatz von WPR-Produkten finden sich im Faktenblatt vom FORUM
WASCHEN zur Verwendung von Palm(kern)ölen in Wasch-, Pflege- und Reinigungsmitteln in
Deutschland. Hierin werden zusätzlich die Unterschiede zwischen Palmöl und Palmkernöl einerseits sowie zwischen stofflicher und energetischer Nutzung dieser Öle andererseits beschrieben. Weiterhin werden darin die verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekte bei der Auswahl
von fossilen bzw. nachwachsenden Rohstoffen beleuchtet:
http://forum-waschen.de/files/content/pdf-waschen-abwaschen-reinigen/faktenpalmkernoel.pdf
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