„BAU- + IMMO-RECHT aktuell“ Juli/August 2005
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„BAU- + IMMO-RECHT aktuell“ Juli/August 2005
Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 ROLF KEMPER RECHTSANWALT „BAU- + IMMO-RECHT aktuell“ Juli/August 2005 Liebe Leserinnen & Leser, zu meinen Beratungsschwerpunkten zählen bekanntlich vor allem öffentliches & ziviles Baurecht plus Nebengebiete, kurz: Alles, was rund ums Bauen Recht ist! Die Rechtsprechung zu diesen Themen habe ich immer im Blick! Um Sie ebenfalls auf dem Laufenden zu halten, versende ich künftig in loser Folge knappe Auszüge aus wichtigen Entscheidungen – teils mit kurzer Anmerkung. Meine Zusammenfassungen lehnen sich wo sinnvoll vor allem an gerichtliche Leitsätze an, sind aber allenfalls teil- und ausnahmsweise Zitate. ARCHITEKTENRECHT Honorarminderung aufgrund fehlender Kostenermittlung Kostenermittlungen gemäß §15 Abs.2 HOAI schuldet der Architekt als Teilerfolge. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens hat der AG regelmäßig kein Interesse mehr an Kostenermittlungen, so dass ohne Fristsetzung eine Minderung des Honorars vorzunehmen ist. können, geben dem Auftraggeber keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Auftragsverhältnisses, solange die Planungsleistung trotz der Mängel genehmigungsfähig bleibt. Ebenso kann sich der AG nicht auf eine Überschreitung des Zeit- oder Kostenrahmes durch den Architekten berufen, sofern kein genauer Rahmen vorgegeben war und die Überschreitung nur unwesentlich ist. (LG Berlin, Urt. v. 6.4.2005 - 11 O 143/02 -) Architekt muss Vertragsrecht kennen Ein Architekt ist zur Rechtsberatung des Bauherrn weder berechtigt noch verpflichtet. Regelmäßig reicht, wenn er gängige Vertragsmuster aushändigt. Ein Architekt muss aber wissen, dass Vertragsstrafen in AGB nicht ohne Obergrenze vereinbart werden können. Bauüberwachung Kann der mit Bauplanung und Bauüberwachung beauftragte Architekt nicht darlegen, wie er während besonders kritischer Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, die Aufsicht konkret geführt hat, so muss er sich eine mangelhafte Bauaufsichtsleistung entgegenhalten lassen, wenn genau in dieser Phase Fehler bei der Bauausführung geschehen, durch die das Gebäude in der Folge beschädigt wird. (OLG Hamm, Urt. v. 15.2.2005 - 21 U27/04 -) (OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.4.2005 - 9 U 159/04 -) Keine Kündigung wegen mangelhafter, aber genehmigungsfähiger Planung Kleinere Mängel in der Planungsleistung des Architekten, die durch wenig aufwendige Nachbesserungen behoben werden Nachträgliche Honorarvereinbarung Nachträgliche Honorarvereinbarung ist abweichend von §4 Abs.1 HOAI möglich, wenn sich nach „eigentlicher“ Auftragserteilung das Leistungsziel ändert oder zu- (BGH, Urt. v. 11.11.2004 - VII ZR 128/03 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 1 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 sätzlich übertragene Leistungen den ursprünglichen Auftrag erweitern (OLG Dresden, Urt. v. 27.4.2005 - 9 U 506/03 -) Treuwidriges Mindestsatzverlangen Das spätere Verlangen der Mindestsätze ist treuwidrig, wenn zwei Ingenieurbüros per Subvertrag ein Pauschalhonorar unterhalb Mindestsatz vereinbart haben (OLG Stuttgart, Urt. v. 11.5.2004 - 10 U 203/03; Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH zurückgewiesen durch Beschluss v. 12.5.2005 - VII ZR 136/04 -) Stufenweise Beauftragung Sieht der Architektenvertrag stufenweise Beauftragung vor, so ist §4 HOAI auf jede Stufe gesondert anzuwenden und für jeden stufenweisen Abruf einer Leistungsphase auch die Schriftform zu verlangen. (OLG Bamberg, Urt. v. 13.5.2005 - 6 U 49/04 -) Keine öffentliche Kritik am AG Der Architekt darf seinen AG grundsätzlich (und erst recht wenn dies eine Gebietskörperschaft ist) nicht öffentlich per Leserbrief kritisieren. Dies gilt auch, wenn er selbst wegen verschiedener Querelen im Gemeinderat (vor allem aber wegen Verzögerung der Fertigstellung eines kommunalen Kindergartens infolge behaupteter Vergabemängel) ins Gerede gekommen ist. (OLG Bamberg, Urt. v. 13.5.2005 - 6 U 49/04 -) Prüfbarkeit der Architektenrechnung Das Gericht muss nach §139 ZPO konkret darauf hinweisen, was der Prüfbarkeit einer Schlussrechnung entgegensteht Die Vorlage einer neuen Schlussrechnung in der Berufungsinstanz ist zulässig (OLG Zweibrücken, Urt. v. 24.5.2005 - 8 U 116/04 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht BAUVERTRAGSRECHT Sofortige Kündigung, wenn AN Baubeginn von Nachtrag abhängig macht Wenn der AN den Baubeginn davon abhängig macht, dass der AG einen objektiv unberechtigten Nachtrag bzw. Mehrpreis anerkennt, so liegt darin eine ernsthafte, endgültige und unberechtigte Erfüllungsverweigerung. Der AG darf dann ohne Fristsetzung mit Kündigungsandrohung kündigen und Schadensersatz verlangen. (OLG Brandenburg, Urt. v. 9.2.2005 - 4 U 128/04 -) ANMERKUNG: Das Urteil bestätigt das hohe Risiko, in das die unberechtigte Leistungsverweigerung einen AN führen kann. Der AN hatte den AG per Nachtragsforderung unter Druck gesetzt, aus dem der AG sich mit sofortiger Kündigung und Beauftragung eines anderen Unternehmers „befreite“. Der AG verlangte sodann Schadensersatz in Höhe der - bereits an den AN geleisteten Vorauszahlung und - durch die Erfüllungsverweigerung entstandenen Mehrkosten. Der AN verlor zwei Instanzen (LG + OLG) – und dies unnötig teuer! Bei weitem sicherer wäre gewesen, die streitige Leistung unter Vorbehalt zu erbringen und den Streit auf diese zu beschränken. Der Fall stammt zwar aus der Zeit vor der Schuldrechtsreform (SRR), doch bestehen dieselben Risiken fort, denn die Grundsätze der PVV gelten über den durch die SRR geänderten §280 BGB überwiegend weiter. Unverzügliche Anfechtung eines irrtümlichen Angebots möglich Ein echter Kalkulationsirrtum i.S.d. §119 Abs.1 BGB ist – anders als ein unbeachtlicher Motivirrtum – anzunehmen, wenn eine fehlerhafte Preisangabe im Angebot auf einem Übertragungsfehler beruht. Deren Anfechtung muss eindeutig und unverzüglich erklärt werden. (OLG Brandenburg, Urt. v. 23.3.2005 - 4 U 158/04 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 2 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 PROJEKTSTEUERUNG Schadensersatz an Bieter Der für einen öffentlichen Auftraggeber tätige Projektsteuerer haftet dem übergangenen Bieter nach §826 BGB auf Schadensersatz, wenn er nach Angebotseröffnung das nicht verwertbare Nebenangebot eines nachrangig platzierten Bieters in Absprache mit diesem inhaltlich ändert, das Nebenangebot anschließend wertet und wegen des sich ergebenden Preisvorteils nunmehr Zuschlagserteilung an genau diesen Bieter empfiehlt. LG Köln, Grund-Urt. v. 17.11.2004 - 28 O 449/04 -) Fristlose Kündigung durch AG AG darf fristlos kündigen, wenn der Projektsteuerer Dritten gegenüber äußert, der AG erfülle seine Pflichten nicht (OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.4.2005 - 17 U 217/04 -) Anforderungen an schlüssige Ermächtigung des Projektsteuerers Zu den Anforderungen an die konkludente Genehmigung des Bauvertrags durch einen Grundeigentümer, in dessen Namen ein von ihm beauftragter Projektsteuerer Bauaufträge vergeben hat, ohne hierzu ermächtigt zu sein. (BGH, Urt. v. 23.6.2005 – VII ZR 144/03 -) Anmerkung: Der BGH hat die Sache an das OLG Frankfurt/ M. zurückverwiesen. Nach dem Sachverhalt des BGH-Urt. war und hat ein Projektsteuerer – ohne ermächtigt zu sein, aber auch ohne, dass der beklagte AG einschritt oder widersprach – stets Ansprechpartner des klagenden AN im Rahmen der Abwicklung des Bauvertrags, hat mehr als ein halbes Jahr lang Abschlagsrechnungen geprüft und freigegeben sowie Nachverhandlungen geführt. Anhand genau solcher Kriterien hat die Rechtsprechung eine konkludente Architektenvollmacht mehrfach bejaht. Bleibt abzuwarten, wie das OLG entscheidet. Vergabeberatung durch Projektsteuerer Öffentliche Auftraggeber müssen die Wertungsentscheidung selbst treffen und dürfen sie nicht Sachverständigem (Planungsbüro, Projektsteuerungsbüro) überlassen. (OLG München, Beschluss v. 15.7.2005 - Verg 14/05 -) VERGABERECHT Folgen unzureichender Dokumentation Unzureichende Dokumentation verletzt das Transparenzprinzip besonders schwerwiegend. Der muss der Regelinhalt des Vergabevermerks gem. §18 VOF umfassend angelegt sein. Im Vergabevermerk muss das gesamte Verfahren auch in Einzelheiten dokumentiert sein, so dass der Vergabevermerk einen erheblichen Detaillierungsgrad aufweisen muss. Im Falle unzureichender Dokumentation ist das Vergabeverfahren ab dem Zeitpunkt, in dem die Dokumentation unzureichend wird, zu wiederholen. (VK Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 4.5.2005 - VK 20/05 -) Vergaberechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte Der Verwaltungsrechtsweg im Sinne des §40 Abs.1 VwGO ist für die gerichtliche Überprüfung aller Vergaben eröffnet, die nicht in den Anwendungsbereich der §§97 ff. GWB fallen (OVG Koblenz, Beschluss v. 25.5.2005 - 7 B 10356/05 -) ANMERKUNG: Die herrschende Meinung praktiziert das deutsche Vergabe- bisher als Zweiklasssenrecht: - in der Oberklasse kann auf Zuschlag geklagt werden, - in der Unterklasse allenfalls auf Schadenersatz. Nur in der Oberklasse besteht also Primär-, in der Unterklasse nur sekundärer Rechtsschutz. Klassengrenzen bilden die (je danach, ob Bau-, Dienst- oder Freiberuflerleistungen vergeben Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 3 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 werden, unterschiedlich hohen) EU - Schwellenwerte. Das OVG Koblenz beseitigt den Klassenunterschied durch Anwendung der „Zwei-StufenLehre“. Deren vor allem durch die Rechtsprechung entwickelte, aber auch in der Literatur überwiegende Sichtweise differenziert zwischen - dem „OB“ (1.Stufe) und - dem „WIE“ (2.Stufe) eines Verwaltungsrechtsverhältnisses und unterwirft die Entscheidung über das OB immer dem öffentlichen Recht. Z.B. für das Subventionsrecht bedeutet dies, dass - die Bewilligung (1.Stufe) immer eine öffentlich-rechtliche Entscheidung ist, während - die Auszahlung (2.Stufe) auch privatrechtlich ausgestaltet werden darf. In diesem Sinne fasst das OVG Koblenz auch die Vergabeentscheidung nicht als rein privatrechtliche, sondern immer öffentlich - rechtlichen Bindungen unterworfene Entscheidung auf, deren gerichtliche Überprüfbarkeit wegen Art.19 Abs.4 GG möglich sein müsse. Der OVG-Beschluss überzeugt inhaltlich und auch vom Ergebnis her. Interessenverbände der Auftraggeberseite haben aber bereits kritisiert, Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte erhöhe den Verwaltungsaufwand und blockiere Investitionen. Dies lässt tief blicken, denn diese Argumentation übergeht, dass Vergabeentscheidungen auch ohne – nach dem Beschluss des OVG Koblenz nun aber bestehendes – Prozessrisiko sowieso immer formell und materiell richtig getroffen werden müssen. Diese Position hat in der bisherigen politischen Debatte aber die Einführung eines gesetzlich geregelten Vergaberechtsschutzes in der Unterklasse verhindert. Bleibt abzuwarten, ob der Beschluss hält und weitere (O)VG´s dem OVG Koblenz folgen. Änderung der Vergabeunterlagen Der AG darf Vergabeunterlagen nur ändern, wenn der zu ändernde Passus einen Vergaberechtsverstoß darstellt. Vergabeunterlagen dürfen so beschaffen sein, dass einzelne Bieter Kostenvorteile genießen, sofern der AG vernünftige, etwa wirtschaftlichkeitsbezogene Gründe hat. (VK Hessen, Beschluss v. 1.6.2005 - 69d-VK-33/2005) Schienenbau kann Sektorenvergabe sein Bauvergaben im Zusammenhang mit einem Eisenbahnnetz können Sektorenaufträge sein, wenn sie im Rahmen des Betreibens eines Schienennetzes erfolgen. (EuGH, Urt. v. 16.6.2005 - Rs. C-462/03 + 463/03 -) Vergabeberatung durch Projektsteuerer Siehe bei „PROJEKTSTEUERUNG“. MIETRECHT Nutzungsentschädigung Liegt kein wirksamer Mietvertrag vor, kann der Eigentümer vom Nutzer nach §812 Abs.1 BGB eine dem ortsüblichen Mietzins entsprechende Nutzungsentschädigung verlangen. Zusätzlich zur Nutzungsentschädigung können Nebenkosten in ortsüblicher Höhe verlangt werden, über die nicht abzurechnen ist. (KG, Urt. v. 7.3.2005 - 8 U 166/03 -) Schönheitsreparaturen Hat der Wohnraummieter im Mietvertrag die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen übernommen, so wird der entsprechende Anspruch des Vermieters – sofern kein Fristenplan vereinbart ist – fällig, sobald aus Sicht eines objektiven Betrachters Renovierungsbedarf besteht; darauf, ob bereits die Substanz der Wohnung gefährdet ist, kommt es nicht an. Gerät der Mieter während eines bestehenden Mietverhältnisses mit Schönheitsreparaturen in Verzug, kann der Vermieter einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Renovierungskosten verlangen (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 111,301). (BGH, U. v. 6.4.2005 - VIII ZR 192/04 -) Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung und Zahlung Verbindet der Vermieter von Wohnraum die Klage auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung mit einer Klage auf Zahlung der Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 4 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 erhöhten Miete, so bestehen im Berufungsverfahren gegen die Zulässigkeit der Zahlungsklage jedenfalls dann keine Bedenken (mehr), wenn der Mieter in I. Instanz verurteilt worden ist, der Mieterhöhung zuzustimmen, und diese Verurteilung vor der Berufungsverhandlung über die Zahlungsklage in Teilrechtskraft erwachsen ist. Die zweimonatige Kündigungssperre für Wohnraumvermieter nach §569 Abs.3 Nr.3 BGB gilt auch, wenn der Mieter rechtskräftig verurteilt worden ist, einer rückwirkenden Mieterhöhung zuzustimmen. Versammlung gefassten Beschlüsse in der Regel nichtig. (BayObLG, Beschluss v. 8.12.2004 - 2 Z BR 199/04 -) Holz- gegen Fenster aus Kunststoff Der Austausch von Holzfenstern gegen ähnlich gestaltete moderne Fenster aus Kunststoff stellt in der Regel keine bauliche Änderung dar, sondern eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung. (BayObLG, Beschluss v. 11.2.2005 - 2 Z BR 177/04 -) (BGH, Urt. v. 4.5.2005 - VIII ZR 5/04 -) Gestaltung der Mietsache Grundsätzlich ist ein Mieter in der geschmacklichen Ausgestaltung der Mieträume zwar weitgehend frei, doch darf er nicht die Grenzen des normalen Geschmacks in einer Weise überschreiten, dass eine Neuvermietung in dem geschaffenen Zustand praktisch unmöglich ist. (KG, Urt. v. 9.6.2005 - 8 U 211/04 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht Wärmecontracting Will der Vermieter von Wohnraum während eines laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer vorhandenen Heizungsanlage auf einen Dritten übertragen („Wärmecontracting“), bedarf dies der Zustimmung des Mieters, wenn eine ausdrückliche Regelung hierfür im Mietvertrag fehlt und dem Mieter daraus zusätzliche Kosten auferlegt werden sollen. (BGH, U. v. 6.4.2005 – VIII ZR 54/04 -) WOHNEIGENTUMSRECHT Tagungsort der WEG-Versammlung Wird einem Wohnungseigentümer der Tagungsort der Eigentümerversammlung vorsätzlich nicht mitgeteilt, sind die in der Rechtsfähigkeit der WEG Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (WEG) ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. (BGH, Beschl. v. 2.6.2005 - V ZB 32/05 -) ANMERKUNG: Bisher war streitig, ob die WEG teilrechtsfähig ist. Der dies nun bestätigende BGH-Beschluss wird sehr weit reichende rechtliche wie praktische Folgen haben. So wird künftig die bisher verbreitete Inanspruchnahme zahlungskräftiger Wohnungseigentümer anstelle der WEG nicht mehr möglich sein. Besitz- und Erlösauskehr an WEG bei unberechtigtem Dachausbau Baut ein Wohnungseigentümer ohne sich über die Aufteilungsverhältnisse zu unterrichten das seiner Wohnung nicht zugeordnete – und daher im Gemeinschaftseigentum stehende – Dachgeschoss auf eigene Rechnung zu Wohnungen aus und vermietete er diese, dann kann er dem Anspruch der WEG auf Herausgabe - des Besitzes und - - der erzielten Einnahmen keine eigenen Ansprüche aus - Verwendungsersatz oder - ungerechtfertigter Bereicherung entgegenhalten. (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.6.2005 - 3 Wx 13/05 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 5 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 WEG haftet wegen Beschlussversäumnis Unterlässt die WEG eine dringend notwendige Beschlussfassung, muss sie dem Wohnungseigentümer den hierdurch verursachten Mietausfall ersetzen. (KG, Beschluss v. 7.7.2005 - 24 W 97/03 -) IMMOBILIENRECHT „Schrottimmobilien“: OLG Schleswig opponiert offen gegen II. BGH-Zivilsenat Ein Anleger kann sich nicht auf Schadensersatzansprüche, die ihm gegen Fondsinitiatoren zustehen, gegenüber der seine Anlage finanzierenden Bank berufen. Aus einer Analogie zu §9 Abs.2 S.4 VerbrKrG lässt sich entgegen der Ansicht des BGH ein solcher Anspruch nicht herleiten. (entgegen BGH, Urteil vom 25.10.2004 - II ZR 397/02). Selbst bei Vorliegen einer Haustürsituation bedarf es nach einer Widerrufsbelehrung gemäß §7 VerbrKrG nicht zwingend weiterer Widerrufsbelehrung nach dem HWiG. (entgegen BGH, Urteil vom 14.6.2004 - II ZR 395/01). Das Kündigungsrecht kann nicht nur unmittelbar der Fondsgesellschaft gegenüber ausgeübt werden, sondern auch dadurch, dass der getäuschte Anleger (lediglich) - dem Finanzierungsinstitut mitteilt, er sei durch Täuschung zum Erwerb der Beteiligung veranlasst worden und - diesem die Übernahme seines Gesellschaftsanteils anbietet. Der Anleger ist nicht mehr zur Kreditrückzahlung verpflichtet, sondern das Kreditinstitut hat seinen Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta mit seiner aus der Einnahme der Stellung der Fondsgesellschaft resultierenden Verpflichtung zur Auszahlung des Abfindungsguthabens des Anlegers zu saldieren. Der Anleger bleibt aber – weil - ihm das Anlagerisiko nicht abgenommen werden kann und - er gegenüber den die Beteiligung aus eigenen Mitteln finanzierenden Gesellschaftern nicht privilegiert werden soll – verpflichtet, für den Fall, dass das Abfindungsguthaben niedriger ist als die noch offenen Darlehensvaluta, die Differenz an das Finanzierungsinstitut zu zahlen. (OLG Schleswig, Urt. v. 2.6.2005 - 5 U 162/01 -) Anmerkung: Mit diesem äußerst ungewöhnlichen Urt. hat der 5. Zivilsenat des OLG Schleswig sich ausdrücklich und offen gegen die umstrittenen Auslegungen des als (manchen zu) bankenfreundlich geltenden II. BGH-Senats gestellt und diese für mit dem Verbraucherkreditrecht unvereinbar erklärt. Die Wirtschaftspresse spricht von „Revolte“ und verlangt – zu Recht – ein Ende der Machtspiele beim BGH (FAZ v. 4.6.2005). Tatsächlich ist die Anrufung des Gemeinsamen Senats mehr als angezeigt. „Schrottimmobilien“: Anträge des EuGH-Generalanwalts gegen käuferfreundliche Vorlage des OLG Bremen Art.1 und 2 der Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG des Rates v. 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfträumen geschlossenen Verträgen (Haustür RiLi) sind in dem Sinn auszulegen, dass die Anwendung dieser Richtlinie, wenn ein Dritter im Namen oder für Rechnung des Gewerbetreibenden in die Aushandlung oder den Abschluss eines Vertrages eingeschaltet wird, von keinen anderen als den in ihrem Art.1 genannten Kriterien abhängig gemacht werden kann, insbesondere davon, dass der Gewerbetreibende das Handeln des Dritten kannte oder kennen musste. Art.5 u. 7 HaustürRiLi stehen bei einem einheitlichen Finanzgeschäft, das einen Realkreditvertrag und einen Immobilienkaufvertrag umfasst, einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, die im Fall des Widerrufs des Kreditvertrags die Verpflichtung für den Verbraucher vorsieht, die Darlehensvaluta an das Kreditinstitut zurückzuzahlen, wenn diese auf Anweisung des Darlehensnehmers unmittelbar vom Kre- Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 6 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 ditinstitut an den Immobilienverkäufer ausgezahlt wurde. Art.5 u. 7 HaustürRiLi stehen einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, die im Fall des Widerrufs eines Darlehensvertrags die Verpflichtung für den Verbraucher vorsieht, die aufgrund dieses Vertrages erhaltenen Beträge sofort an das Kreditinstitut zurückzuzahlen. Art.5 u. 7 HaustürRiLi stehen der Anwendung einer nationalen Vorschrift entgegen, die im Fall des Widerrufs eines Darlehensvertrags die Verpflichtung für den Verbraucher vorsieht, die marktüblichen Zinsen für die aufgrund dieses Vertrages erhaltenen Beträge zu zahlen, solange der Gewerbetreibende nicht gemäß seiner Verpflichtung aus Art.4 HaustürRiLi den Verbraucher über sein Recht, den Vertrag innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist zu widerrufen, belehrt hat. (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts v. 2.6.2005 im Vorlageverfahren des OLG Bremen - Rs. C-229/04 -) Anmerkung: Die Schlussanträge des Generalanwalts betreffen einen dem EuGH vom OLG Bremen vorgelegten „Schrottimmobilien“-Fall. Ein der Bank unbekannter Vermittler hatte Anlegern einen Realkredit der Crailsheimer Volksbank e.G. zur Finanzierung ihrer steuersparenden Beteiligung an einem Stuttgarter Hotel empfohlen und vermittelt. Das Hotel floppte und beteiligte Firmen wurden insolvent. Die Bremer Anleger konnten das Crailshaimer Darlehen nicht mehr bedienen und widerriefen den Realkreditvertrag nach „Haustürrecht“, weil er in einer Haustürsituation geschlossen worden sei. Das OLG hat dem EuGH deshalb Fragen zur europäischen Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG vorgelegt. Zum Vorteil der Anleger meint der Generalanwalt nun, ein Verbraucherrecht zum Widerruf des Haustürgeschäfts bestehe selbst dann, wenn der Gewerbetreibende – hier die Bank – die Vertriebspraxis nicht kannte. Allein das für Haustürgeschäfte typische Überraschungsmoment rechtfertige, den Verbraucher durch Widerrufsrecht zu schützen. Allerdings zum Nachteil – und das ist das Kernproblem – der Anleger müsse der Kredit dann sofort zurückbezahlt werden. Das LG Bochum hatte Anlegern helfen wollen und im dem EuGH vorliegenden Parallelfall „Schulte“ (- Rs. C-350/03 -) für möglich gehalten, dass sie der Bank anstelle Rückzahlung des Kredits die Immobilie übertragen (dazu Kemper, D-spezial 24/2004, S.5). Der Generalanwalt teilt diese Auffassung nicht (dazu Kemper, D-spezial 44/2004, S.5). Der EuGH hat auch hierüber noch nicht entschieden. Differenzierend beurteilt der Generalanwalt die Zinsansprüche: grundsätzlich spreche die Haustürgeschäfterichtlinie nicht gegen die Pflicht zur Zahlung marktüblicher Zinsen. Werde der Kredit zurück abgewickelt, sei logisch, dass der Kreditnehmer auch Einnahmen erstatten müsse, die er damit erzielt hat. Doch stehe die Haustürgeschäfterichtlinie einer Verzinsung für den Zeitraum entgegen, in dem der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, so die Bank dies vertreten muss. BAUPLANUNGSRECHT Ermittlung des sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags durch Zielbaumverfahren Zur Ermittlung des sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags ist jede Methode zulässig, mit der der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung und damit den Ausgleichsbetrag (Differenz zwischen Anfangs- und Endwert) zu ermitteln, erfüllt werden kann. Dies kann auch durch das Zielbaumverfahren erreicht werden. (BVerwG, Beschluss v. 16.11.2004 - 4 B 71.04 -) Naturschutzrechtliches Vermeidungsgebot schützt nicht allein den status quo Das naturschutzrechtliche Vermeidungsgebot schützt nicht nur den aktuellen Zustand eines Lebensraumes, sondern auch künftige naturräumliche Entwicklungen, soweit deren Eintritt zu erwarten ist. (BVerwG, Urt. v. 16.12.2004 - 4 A 11.04 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 7 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 Splittersiedlung Die positive Darstellung in einem Flächennutzungsplan lässt keineswegs den Schluss auf die Vereinbarkeit eines Wohnbauvorhabens mit allen anderen in §35 Abs.3 BauGB genannten Belangen zu. Die Anschlussbebauung von der bebauten Ortslage aus in den Außenbereich ist in der Regel ein Vorgang der – siedlungsstrukturell unerwünschten – Zersiedlung. (OVG Celle, Beschluss v. 10.1.2005 - 9 LA 310/04 -) Lärmschutz im Außenbereich Ein am Rande des Außenbereichs – wenn nicht gar im Außenbereich selbst - gelegenes Wohngrundstück kann nicht den für Wohngebiete geltenden Schutzmaßstab in Anspruch nehmen, sondern lediglich den Schutzmaßstab eines Misch- oder Dorfgebiets. Ist in einem Bebauungsplanverfahren eine prognostische Lärmabschätzung erforderlich, kann diese – je nach den Umständen des Falles – mehr oder weniger grob sein. Entscheidend ist, dass sie im Ergebnis hinreichend aussagekräftig ist, um die Wahrung der Zumutbarkeitsschwelle abwägungsgerecht beurteilen zu können. (OVG Münster, Beschluss v. 24.3.2005 - 10 B 2003/04 -) Ausnahme für Mobilfunkstation Fernmeldetechnische Nebenanlagen können in allen Baugebieten – auch reinen Wohngebieten – als Ausnahme zugelassen werden. Die Versagung einer Ausnahme kommt nur aus städtebaulichen Gründen in Betracht. (OVG Münster, Beschluss v. 6.5.2005 - 7 B 2752/04 -) Erweiterung des „CentrO“ in Oberhausen zulässig Das interkommunale Abstimmungsgebot gemäß §2 Abs.3 BauGB schützt Nachbargemeinden in ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörperschaften und Trägerinnen der Planungshoheit vor unzumutbaren städtebaulichen Auswirkungen auf ihre Innenstädte, nicht aber die dort ansässigen Einzelhandelsbetriebe vor Konkurrenz. Die geplante Erweiterung eines Einkaufszentrums um 30.000 qm Geschossfläche verletzt das interkommunale Abstimmungsgebot nicht, wenn durch ein methodisch einwandfreies Einzelhandelsgutachten plausibel dargelegt wird, dass in den Nachbarstädten lediglich Kaufkraftabflüsse von deutlich unter 5% zu erwarten sind und auch im Übrigen eine Verödung ihrer Innenstädte nicht zu befürchten ist. (OVG Münster, Urt. v. 6.6.2005 - 10 D 145/04 -) BAUORDNUNGSRECHT Kein Nachbarrecht gegen Freizeitpark aus zivilrechtlicher Abrede Der Inhalt einer pachtvertraglichen Abrede kann nur dann Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Nachbarwiderspruchs sein, wenn das zivilrechtliche Hindernis, dass der Baugenehmigung entgegensteht, offensichtlich nicht überwunden werden kann Aus den Gründen: „(…) können sich die Antragsteller nicht auf eine möglicherweise verletzte Vorschrift des öffentlichen Baurechts stützen, die auch ihren Interessen dient. Ihnen geht es ersichtlich darum, den Beigeladenen zum Abschluss eines günstigeren Pachtvertrages zu bestimmen, weil sie der Auffassung sind, der Pachtzins trage (…) nicht angemessen den baulichen Erweiterungswünschen des Beigeladenen Rechnung. Die Frage, ob der (…) Pachtvertrag die Errichtung der geplanten Fahrattraktion hergibt, ist aber eine allein zivilrechtlich zu beurteilende Frage, die gem. §75 Abs.3 Satz 1 BauO NRW („Die Baugenehmigung wird unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt“) allenfalls dann Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Nachbarantrags sein kann, wenn das zivilrechtliche Hindernis, das der Baugenehmigung ent- Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 8 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 gegensteht, offensichtlich nicht überwunden werden kann.“ (VG Köln, Beschluss v. 22.3.2005 - 11 L 400/05 -) ANMERKUNG: Die Entscheidung ist nicht nur wegen ihres praktischen Bezugs zum „Flughafen BerlinBrandenburg-International“, sondern vor allem wegen des letzten Satzes auch prozessrechtlich äußerst bemerkenswert! PLANFESTSTELLUNGSRECHT Rechtsanwalt Rolf Kemper Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht Miet- und Verkehrswerteinbuße nicht abwägungsrelevant Mietwerteinbußen gehören ebenso wenig wie Verkehrswerteinbußen zum planerischen Abwägungsmaterial. Anschlusspflicht für Eisenbahnfläche Für eisenbahnrechtlich gewidmete Flächen entsteht die Kanalanschlussbeitragspflicht nicht mit der bloßen Möglichkeit des Anschlusses, sondern frühestens mit tatsächlichem Anschluss. (BVerwG, Urt. v. 9.2.2005 - 9 A 80.03 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper Städtebau- und Planungsrecht • Vergaberecht Subventionsrecht • Bau- und Architektenrecht Gegenstand der Abwägung Die Planfeststellungsbehörde braucht Belange, die sich ihr bei ordnungsgemäß durchgeführtem Planfeststellungsverfahren nicht aufdrängen mussten, im Planfeststellungsbeschluss nicht abwägend zu behandeln. (VGH München, Urt. v. 11.3.2005 - 22 A 04.40063 -) Flughafen BBI / Schönefeld Die Klage gegen einen luftrechtlichen Planfeststellungsbeschluss hat nach §10 Abs.6 Satz LuftVG keine aufschiebende Wirkung, auch wenn sie sich gegen eine wasserrechtliche Erlaubnis richtet, die nach §14 Abs.1 WHG im Rahmen der Planfeststellung einen eigenständigen Entscheidungsbestandteil darstellt. Schließt der Gesetzgeber auf der Grundlage des §80 Abs.2 Satz 1 Nr.3 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aus, so schlägt das Vollzugsinteresse im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei offenem Prozessausgang in der dann gebotenen Interessenabwägung mit erheblichem Gewicht zu Buche. Das bedeutet aber nicht, dass sich dieses Interesse gegenüber dem Aufschubinteresse regelhaft durchsetzt. (BVerwG, Beschluss v. 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 -) (OVG Münster, Urt. v. 29.4.2005 - 15 A 2667.02 -) „Moselaufstieg“: Keine Planfeststellung ohne Finanzierbarkeit Kann ein Straßenbauprojekt innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht finanziert werden, dann ist die Planfeststellung verfrüht und wegen der damit verbundenen langfristigen Belastung des betroffenen Grundeigentums unzulässig. (OVG Koblenz, Urt. v. 12.5.2005 - 1 C 11472/05 + 1 C 11485/04 -) Flughafen Frankfurt - Hahn Das OVG Koblenz hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss abgelehnt und zu der Frage, ob die Trinkwasserversorgung durch die Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens gefährdet wird, festgestellt: Aus den Gründen: „Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (…) erweist sich bereits als unzulässig, weil das verfolgte Rechtsschutzziel (…) durch bloße nachträgliche Auflage sichergestellt werden kann (…). Ein Anfechtungsrecht gegenüber der planerischen Grundentscheidung ist demgegenüber nur gegeben, wenn die mangelnde Konfliktbewältigung lediglich mittels Eingreifens in die Grundzüge des maßgeblichen Planungsgeflechts zu beheben wäre.“ (OVG Koblenz, Beschluss v. 12.7.2005 - 7 B 10122/05 -) Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 9 Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 VERWALTUNGSVERTRAGSRECHT Kommune trägt Kostenrisiko Übernimmt eine Gemeinde im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Verpflichtung zur Errichtung einer Tiefgarage und damit bewusst das Kostenrisiko, so kann sie sich später nicht auf Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, wenn die Kosten der Tiefgarage weitaus höher liegen als vermutet. (OVG Koblenz, Urt. v. 2.2.2005 - 8 A 10846/04) „Görlitzer Parkhausstreit“: Kein Schutz des Investorenvertrauens in kommunale Konzepte und daher keine Haftung Die sinngemäße Anwendung des vertraglichen Schuldrechts auch auf öffentlichrechtliche Verhältnisse ist gerechtfertigt, wenn - ein besonders enges Verhältnis des Einzelnen zum Staat oder zur Verwaltung begründet worden ist und - mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein Bedürfnis zur Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts besteht. Besondere tatsächliche Lagen und Verhältnisse können für den Beamten zusätzliche Pflichten schaffen, also auch die Pflicht, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen belehrend aufzuklären oder in anderer Weise helfend tätig zu werden, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Betroffene seine Lage in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung nicht richtig zu beurteilen vermag, besonders wenn der Betreffende sonst Gefahr läuft, einen Schaden zu erleiden. Die Pflicht zur Aufklärung besteht vor allem, wenn erkennbar ist, dass jemand aufgrund des behördlichen Verhaltens veranlasst wird, Maßnahmen zu treffen, die für ihn erheblich nachteilige Folgen haben oder zumindest mit dem Risiko solcher Folgen behaftet sind. Eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der eine Auskunft erteilenden Behörde kommt nur in Betracht, wenn und soweit der Auskunftssuchende auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen durfte. Allein aus einem vorgelegten Parkraumkonzept darf ein Investor kein verlässliches Vertrauen dahin schöpfen, dass sich in Zukunft keine Veränderungen ergeben. Ein Konzept ist keine verbindliche Planung. Auch ist die Kommune grundsätzlich nicht gehindert, Planungsabsichten zu ändern. Der Investor hätte vielmehr konkret danach fragen und sich schriftlich und damit verbindlich die Umsetzung des Parkraumkonzeptes zusichern lassen müssen. Die im bürgerlichen Recht entwickelten Grundsätze über eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss sind grundsätzlich auch auf Verhandlungen anwendbar, die zum Abschluss einer öffentlichrechtlichen Vereinbarung zwischen Bürger und Staat führen sollen. Umfang und Inhalt vorvertraglicher Pflichten der an Vertragsverhandlungen beteiligten Parteien richten sich nach dem Inhalt des beabsichtigten Vertrages. (OLG Dresden, Urt. v. 27.4.2005 - 6 U 628/04 -) *** Fragen zu den Entscheidungen beantworte ich gern. Bitte beachten Sie, dass gerichtliche Entscheidungen nur bedingt und selten 1 zu 1 verallgemeinerbar sind, wenngleich insbesondere höchstgerichtliche Judikatur i.d.R. durch untere Instanzen nachvollzogen wird (eine Ausnahme bildet z.B. das o. g. Urt. des OLG Schleswig (siehe „IMMOBILIENRECHT„). Wegen genauerer Erläuterungen und Beratungen in allen dargestellten Bereichen erreichen Sie mich auch per [email protected] Ihr Rolf Kemper Rechtsanwalt Rolf Kemper • Grolmanstraße 39 • 10623 Berlin • Fon 030-889 20 90 • Fax 030-889 20 919 10