Schauspiel zum Saisonschluss bei Kultur in Mogelsberg

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Schauspiel zum Saisonschluss bei Kultur in Mogelsberg
Veranstaltung vom 7. Juni 2008 Shirley Valentine oder die heilige Johanna der Einbauküche Eine Frau in der Lebenskrise Bild: Michael Hug Schauspiel zum Saisonschluss bei Kultur in Mogelsber g Mit «Shirley Valentine oder die heilige Johanna der Einbauküche» gastierte am Samstag ein Schauspiel im «Rössli». Es gab viel zu lachen – und zu mitleiden. Shirley Valentines aktuelle Lebenssituation ist tatsächlich mitten aus dem Leben vieler Zeitgenossinnen gegriffen. Es geht aber nicht so sehr um ein Geschlechterklischee oder ­ kampf, diese besagte Situation könnte durchaus auch auf das männliche Geschlecht zutreffen. Doch in Willy Russells wiederholt auf grossen und kleinen Bühnen gespielte Kultkomödie ist Sirley Valentine eine Frau. Eine ausgelebte, frustrierte Ehefrau in einem Liverpooler Vorort. Dienstleistungsver hältnis Die Kinder sind aus dem Haus, die Ehe mit Joe ist ein Dienstleistungsverhältnis und ihre einzige Zuhörerin ist die Küchenwand. Wann hat Shirley Valentine aufgehört, Shirley Valentine zu sein? Wie, wann und vor allem warum ist aus ihr die brave, selbstlose und devote Ehefrau geworden, zur heiligen Johanna der Einbauküche mutiert? Desperat scheint ihre Erkenntnis: «Die Ehe ist wie der Nahe Osten. Es gibt keine Lösung.» Mit zotigen Phrasen und bitterer Selbsterkenntnis rettet sie sich auch durch ihr Sexleben: «Sex ist ein Supermarkt. Es wird geschubst und gedrängelt und wenn du raus kommst, hast du weniger, als du denkst.»
Hinter sinnige Komödie Dies sind die lustigen, etwas gar offensichtlich effektheischenden Stellen in dieser hintersinnigen Komödie. «Sex sells» gilt nun auch beim Kleintheater. Doch die Geschichte hat viel mehr Metaphorik und ist im Grunde vollkommen unlustig. Ute Hoffmann, die Schauspielerin in diesem von Regisseurin Romy Forlin inszenierten Stück, hält den Zuschauenden den Spiegel vor. «Wann hat es aufgehört gut zu sein?» hat sich mancher oder manche gewiss auch schon gefragt. Die Umstände, die Umgebung, die eigene Entscheidungsunfähigkeit haben schon unzählige Shirley Valentines in diese schier ausweglose Lage gebracht. Angst vor dem Leben Ute Hoffmann bringt die Angst Shirleys «vor dem Leben jenseits der Küchenwand» glänzend zum Ausdruck. Irgendwann in der Mitte des Stücks vergeht den Zuschauenden das Lachen und das ist auch auf die schauspielerische Leistung zurückzuführen. Unerwartet, und vor allem von unerwarteter Seite dazu inspiriert dreht sich die aussichtslose Lage dann doch zum Guten und somit Befreienden. Shirley bricht aus, lässt ihren Pascha zu Hause unversorgt sitzen und fliegt nach Griechenland in einen Urlaub. Endlich, denkt sich der Zuschauende, und atmet durch. Shirley Valentine packt die Koffer und verschwindet hinter der Küchenwand.Verdienter Applaus.

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