Feedback der Englisch Fachschaft des Westfalen

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Feedback der Englisch Fachschaft des Westfalen
Feedback der Englisch Fachschaft des Westfalen-Kollegs Dortmund
zum neuen kompetenzorientierten Kernlehrplan Englisch
Abschaffung der verbindlichen Literaturvorgaben
Zunächst ein Lob vorweg: wir freuen uns sehr darüber, dass die in der Vergangenheit verbindlichen
Literaturvorgaben abgeschafft wurden und durch eine Empfehlungsliste ersetzt worden sind. Diese
Freiheit ist – sowohl für Lehrende als auch für Studierende - äußerst motivierend und inspirierend
und macht den Englischunterricht deutlich abwechslungsreicher und interessanter als das vorher der
Fall war.
Überlegungen zum neuen kompetenzorientierten Kernlehrplan für das Abendgymnasium und
Kolleg in Nordrhein-Westfalen.
Inhaltliche Aspekte
Als positiv bewerten wir, dass die Formulierung einiger Themen im neuen KLP Englisch deutlich weniger einengend ist als dies früher der Fall war (z.B. „Das Vereinigte Königreich im 21. Jahrhundert“
statt „the British Monarchy“ und „Postkolonialismus – Lebenswirklichkeiten in einem anglophonen
Kulturraum“ statt Fixierung auf „India“). Außerdem hat auch das Thema „Literatur und Medien in
ihrer Bedeutung für den Einzelnen und die Gesellschaft“ hohe Relevanz und bietet eine Fülle an
aktuellen Bezügen.
Für problematisch halten wir allerdings die Eins-zu-Eins-Übertragung der gymnasialen Vorgaben auf
das WbK, das vorsieht, dass in den Grundkursen Auszüge aus einer Shakespeare-Verfilmung und im
Leistungskurs Auszüge aus einem oder mehreren Shakespeare-Dramen zu behandeln sind. Obwohl
im Vorwort (S. 10/11) auf die besonderen Voraussetzungen am WbK hingewiesen wird, finden diese
Besonderheiten m.E. keine Berücksichtigung in den inhaltlichen Vorgaben. Unserer Meinung nach
sollte auch zukünftig auf das Thema Shakespeare im GK und LK verzichtet werden.
Wir hoffen außerdem, dass das Thema „Utopia – Dystopia“ auch im neuen KLP seinen Platz findet, da
aus dem Entwurf nicht hervorgeht, ob es auch in Zukunft vorgesehen ist. Es eignet sich ausgesprochen gut sowohl in Hinblick auf die Behandlung literarischer Texte und Sachtexte als auch bezogen
auf Filmanalyse und stößt darüber hinaus bei den Studierenden auf reges Interesse. Natürlich kann
anknüpfend an das Thema „Medien in ihrer Bedeutung für den Einzelnen und die Gesellschaft“ mit
entsprechendem Unterrichtsmaterial gearbeitet werden; jedoch würde – wenn wir die Formulierung
im Entwurf des neuen KLP richtig verstanden haben - vermutlich der wichtige Kernaspekt der politischen, ideologischen und sozialen Weltanschauungen und der damit verbundenen utopischen oder
dystopischen Gesellschaftsmodelle wegfallen. Dieses wäre ausgesprochen bedauerlich, da die
aktuellen politischen Entwicklungen durchaus Parallelen zu o.g. Aspekten erkennen lassen.
Teilkompetenzen aus dem Bereich der kommunikativen Kompetenz
In Bezug auf die Überprüfung der verschiedenen Teilkompetenzen aus dem Bereich der funktionalen
kommunikativen Kompetenz in (Abitur-) Klausuren geben wir Folgendes zu bedenken:
Die Überprüfung des Hör- und Hörsehverstehens in einer Klausursituation halten wir aus technischen
Gründen und auch im Hinblick auf unsere zahlreichen Nachschreiber für schwer umsetzbar. Dies
führt nicht nur dazu, dass die - aufgrund ihres regelmäßigen Einsatzes bei Einstufungstests und einem
erhöhten Maß an Studienleitungsaufgaben – ohnehin besonders belasteten Englischkollegen in Zukunft noch stärker als bisher zu Aufsichten bei Nachschreibklausuren herangezogen werden, sondern
überdies zu einer deutlich stärkeren Angleichung des Unterrichts (dann notwendigen verbindlichen
Absprachen bezüglich zu behandelnder Texte und anderer Materialien), was wiederum die von uns
deutlich begrüßten stärkeren Freiheiten bei der Text- und Materialauswahl wieder zunichtemacht.
Wir sind der Meinung, dass wir die o.g. Kompetenzen bereits genügend im Unterricht üben und
überprüfen. Überdies werden Hörverstehen und kommunikative Kompetenz (freies Sprechen und
Teilnehmen an Gesprächen) in der obligatorischen mündlichen Prüfung in der Qualifikationsphase
getestet, deren Einführung wir ausdrücklich begrüßen.
Die zusätzliche Einführung der Teilkompetenz „Sprachmittlung/Mediation“ sehen wir mit gemischten
Gefühlen. Einerseits entspricht sie zwar grundsätzlich Alltagssituationen im Umgang mit der Fremdsprache, stellt aber andererseits einen Rückschritt auf dem Weg zu einem möglichst einsprachigen
Unterricht und zum Denken in der Zielsprache dar. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Einführung dieser zusätzlichen Teilkompetenz eine Überfrachtung – insbesondere in den Grundkursen und
in Abitur-Online – des Englischunterrichts zur Folge haben wird und außerdem unsere zahlreichen
Studierenden mit Migrationshintergrund / nichtdeutscher Muttersprache benachteiligt, da sie dann
z.T. für ihren Ausdruck in der deutschen Sprache benotet werden. Das Leseverstehen
(comprehension) haben wir – wie wir meinen - bisher immer mit der Klausuraufgabe 1 (summary)
hinreichend geprüft.
Insgesamt finden wir die isolierte Überprüfung von Teilkompetenzen sehr unglücklich, da dadurch
der inhaltliche Zusammenhang in der Klausur verlorengeht. Man testet nur noch isolierte Kompetenzen, ohne dass diese inhaltlich in direktem Zusammenhang stehen. Dadurch wirkt die gesamte
Prüfungssituation noch künstlicher als sie ohnehin schon ist.
Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem dürfte das Finden geeigneten Textmaterials sein,
wenn zusätzliche Teilkompetenzen geprüft werden sollen. Wird beispielsweise eine Film- oder Radiosequenz im ersten Klausurteil bearbeitet, bedeutet dies, dass ein dann folgender Text zur Prüfung
der Schreibkompetenz kürzer sein muss als bisher oder bleibt die Länge in etwa gleich? Im ersten Fall
wird es dann noch schwieriger werden als bisher – insbesondere für Grundkurse – geeignete Texte zu
finden, im zweiten Fall müsste den Studierenden mehr Zeit zur Bearbeitung gegeben werden um die
Zusatzbelastung auszugleichen, was wiederum zu erhöhtem Aufsichtsbedarf und damit zu Mehrarbeit für die Englischkolleginnen und -kollegen führt.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob angesichts dieser Vorgaben in Abiturklausuren überhaupt
noch eine Text- bzw. Materialauswahl möglich sein wird. Die bisherige Praxis, zwei unterschiedliche
Texte anzubieten und dazu im dritten Klausurteil zwei unterschiedliche Aufgaben zur Auswahl zu
stellen, hat sich bisher sehr gut bewährt und wir würden es ausdrücklich begrüßen, wenn es bei
diesem Klausurformat bliebe.
Abschließend ein Vorschlag: Wäre es denkbar, statt der geforderten drei Kompetenzen in jeder
Klausur beispielsweise die zweite Klausur im 4. Semester durch eine gezielte Überprüfung des Hörund/oder Hör-Sehverstehens (schriftlich und/oder mündlich) zu ersetzen? Dies würde die Umsetzung der Vorgaben des neuen KLP in der Praxis deutlich erleichtern und eine Zerstückelung der
Klausuren vermeiden.
I.A. der Fachkonferenz Englisch des Westfalen-Kollegs Dortmund
Ulrike Miehlisch
(Fachkonferenzvorsitzende)