DAT 2010 - Forum Junge Anwaltschaft
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DAT 2010 - Forum Junge Anwaltschaft
Anwalt der Anwälte G 48742 02 /10 FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein DAT 2010 Thema: Forschung BERICHTE UND BILDER Wer nicht forscht bleibt dumm Richtig posen vor Gericht – die besten Sprüche Abmahnkanzleien und ihre Tricks Geheimwaffe Privatgutachten Erbenermittlung und Ahnenforschung FORUM Junge Anwaltschaft w w w. d a v f o r u m . d e Editorial Wer will was von wem woraus? Wer kennt sie nicht – die Faustformel des gestandenen Juristen für den schnellen Weg zu des Falles Lösung. Ob dabei allerdings sämtliche Unwägbarkeiten und Besonderheiten des Falles ausreichend Beachtung finden, wird von den jeweils Beteiligten oft unterschiedlich beurteilt. So sicherlich auch geschehen im Fall des FC Carl Zeiss, der gegen Heidenheim verlor und deswegen vom DFB aus Gründen der Gerechtigkeit eine menschliche Entscheidung wollte. Dies führt uns zu der Frage, wie denn nun der theoretisch geschulte Jurist den zu regelnden Sachverhalt für den Großteil der Bevölkerung nachvollziehbar und im Einklang mit dem herrschenden Rechtsverständnis und den einschlägigen Normen unter Einbeziehung des vormals Erlernten einer sinnvollen und realitätsnahen Klärung zuführen kann. Des Rätsels Lösung mag auch in dem Versuch der Beantwortung der Frage, was Wissenschaft und Forschung mit Anwälten zu tun hat, liegen, mit der sich der Text unter der hierzu durchaus passenden und für die zahlreichen Fans der Sesamstrasse er innerlichen Fragestellung: „Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum?“ (Seite 4) beschäftigt. Kommt der nach der Lösung des Falles forschende Jurist auch hiermit nicht weiter, so sollten wohl auch Menschenkenntnis, Fingerspitzengefühl und die eigene Intuition zur Anwendung kommen, was uns das „Lob des Bauchgefühls" (Seite 26) eindrucksvoll nahe legt. Wer aus unseren Reihen außer der Forschung nach den Ursprüngen der juristischen Theorien oder deren Begründern (Tipps zu ähnlichen Suchen gibt uns auch die „Zeitreise in die Vergangenheit“ ab Seite 10) anlässlich des 15-jährigen Bestehens des FORUMs Junge Anwaltschaft und der dazugehörigen Jubi- AdVoice Redaktionsteam RA Percy Ehlert, Berlin Redaktion und Autor läumsveranstaltung am 05.06.2010 in Berlin auch noch richtig zu leben und zu feiern verstanden hat, das gibt’s ab Seite 48 sowohl anzusehen, als auch nachzulesen. Und wenn mich die mir bekannten Grundsätze und mathematisch erforschten und belegten Gesetzmäßigkeiten nicht gänzlich täuschen, dann gibt es spätestens in drei Jahren nach Vollendung der Pubertät und mit Erreichen der Volljährigkeit wieder was zu feiern! Eure RAin Silke Waterschek Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses des FORUM Junge Anwaltschaft AUS DER REDAKTION Rote Roben & rote Teppiche „Sie halten für die beiden Ihre Hand ins Feuer?“ Der Wachmann am Eingang zum Gelände des Bundesgerichtshofes hat gute Laune. „Klar beide.“ Keine Frage – Herr Rechtsanwalt am BGH Dr. Matthias Siegmann hat mindestens genauso gute Laune und man kennt ihn hier in Karlsruhe. Gemeinsam gehen wir über einen Weg mit historischem Pflaster durch den parkähnlichen Vorplatz in das Gebäude, in dem die Roben rot sind. Ich muss zugeben –ein bisschen beeindruckt es mich schon, dieses altehrwürdige Gebäude mit den roten Teppichen im Treppenhaus. Die verleihen Flair und dämmen das Klack-Klack meiner Schuhe. Mein Protagonist begibt sich ins Anwaltszimmer, kommt mit roter Robe wieder raus und folgt geduldig den Anweisungen des Fotografen – ja, es lohnt sich, Zeit in eine Geschichte zu investieren – auch wenn ASM es am Ende „nur“ eine Doppelseite ist. RA Tobias Sommer, Berlin Chefredakteur RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Redaktion und Autorin RA Patrick Ruppert, Köln Redaktion und Autor Journalistin Stefanie Salzmann, Eschwege Zentralredaktion RA Jens Jenau Schloß Holte-Stukenbrock Bücherforum Andrea Vollmer, Berlin Fotografin und Bildredaktion ADVOICE 02/10 1 Inhalt Thema: Forschung Magazin DAT 2010 4 Wieso, weshalb, warum? Was Forschung mit Anwälten zu tun hat 26 Lob des Bauchgefühls Akribie allein reicht nicht 38 „DAT war juut“ Junganwalt Röhl über seinen DAT 6 Ich sehe was, was du nicht siehst Institut für Anwaltsforschung HU Berlin 28 Zwischen Dojo und Gerichtssaal Karate und Anwalt 40 DAT in Bildern 42 8 Recht im Abseits FC Carl Zeiss Jena bleibt in der 3. Liga 30 Rotationsguillotinen Blick der Medien auf Rechtsfälle Reden und Kommunikation Ein subjektiver Streifzug durch den DAT 43 10 Zeitreise in die Vergangenheit Menschen im Netz finden 31 Allein auf weiter Flur Der Feld-, Wald- und Wiesenanwalt Netzwerk, Netzwerk Wie fanden es die RBs? 44 12 Geheimwaffe Privatgutachten Vorteile und Kosten 32 Unterschiede bei Abmahnungen Diskussion und Praxis Sind vor Gericht alle gleich? Rolle und Aufgabe der Medien 44 14 Recht im Säulendiagramm Rechtstatsachenforschung 34 Neukölln Unlimited Rechtsdienstleistung im Film Verbraucherinsolvenz Die ARGE Insolvenzrecht 16 Forschung in Zahlen Oder: warum gibt es keine Studentenpartei? 36 Haftungsbeschränkung Haftung des eintretenden Partners 37 18 Ganz oben Anwalt am BGH Erfahrungsbericht Kanzleigründung Auf internationaler Schiene zum Erfolg 20 Posen vor Gericht Die besten lateinischen Imponiersprüche 22 Rechtsethik Das Stiefkind der Juristen 25 Das erste Plädoyer zählt Ankereffekt im Strafverfahren 2 ADVOICE 02/10 Inhalt Euer FORUM 46 Vorteile der FORUMs-Mitgliedschaft 47 Newsticker Traineelohn bis Frauenquote 47 Termine 48 15 Jahre FORUM Feiern bis der Anwalt kommt Bücherforum 58 Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess 62 Autorenverzeichnis ZPO Zivilprozessordnung 64 Das letzte Wort 64 Impressum Internationales Zivilprozessrecht Das arbeitsrechtliche Mandat Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Cyber-Mobbing 52 Tipps und Tricks für Gründer Bericht: Start in den Anwaltsberuf 53 Von wegen hohes Ross Vom Pferderechtstag München 54 FORUM regional Neue Regionalbeauftragte für LG Stuttgart Bundesrechtsanwaltsordnung Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung Formularsammlung gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Familiengerichtskostengesetz Münchner Anwaltshandbuch Mietrecht 54 FORUM international Länderbeauftragte stellen sich vor Italien 55 Ich bin nicht allein Portrait Manuela Lueck 56 FORUM vor Ort FORUM auf der CeBIT 100 Prozent Transportrecht Info + Service Praxiskommentar zum Straßenverkehrsrecht DAT 2010 BERICHTE UND BILDER Alles zum Anwaltstag in Aachen ab Seite 38 ADVOICE 02/10 3 Thema Wieso, weshalb, warum? Wer nicht forscht bleibt ... Was hat Forschung mit Anwälten zu tun? – Versuch eines Überblicks Die Anwaltszulassung besiegelt meist den Abstieg von geistigen Höhen zu den Ebenen der Handwerkerschaft. Zwar bleibt der Anwalt Forscher, aber nicht jeder ist forschender Anwalt. Wir haben es alle getan: Rechts-Wissenschaft studiert. Haben uns Regeln, Deutungs- und Auslegungsmuster eingeprägt, die etwas großspurig als „Theorien“ daherkommen. Haben eine oder zwei Seminararbeiten geschrieben und uns dabei im Miniatur-Format an wissenschaftlicher Arbeit versucht. Waren vielleicht am Lehrstuhl und hatten dort hoffentlich mehr als nur Kopier-Aufträge zu erledigen. und selber neuen Text zu produzieren. Mag sein, dass ein zukünftiger Arbeitgeber auch am wissenschaftlichen Ergebnis interessiert ist. In erster Linie wird es ihm auf den Forschergeist, das Strukturierungs- und das Stehvermögen ankommen, die der Doktortitel belegt. Dann kam die Examenszeit, in der wir die Wissenschaft Wissenschaft sein ließen und uns (meist mit Hilfe eines Repetitors) selbst dressierten, brav all die Theorie-Stöckchen zu apportieren, die uns in den Klausuren zugeworfen wurden. Im Referendariat wird es dann sehr pragmatisch, auch wenn am Ende eine weitere Prüfung mit wissenschaftlichem (?) Anspruch wartet. Das ent scheidend Neue ist hier, dass der zu bewertende Lebenssachverhalt erst ermittelt werden muss. Wenn das geschehen ist, entsteht dem rechtswissenschaftlich geschulten Cand. iur. die zutref fende juristische Einordnung quasi von alleine. Die Wissenschafts-Enthusiasten und die Karriereorientierten haben sich danach in das Abenteuer Promotion gestürzt. Oder sich einen LLM erarbeitet, oder gar beides! (Gibt es eine empirische Erfassung und Auswertung der Motive rechtswissenschaftlicher Doktoranten?) In langen Forschertagen und -nächten haben sie sich durch große Mengen Text gearbeitet, sich abgemüht, den Stoff zu ordnen 4 ADVOICE 02/10 Wissenschaft ./. Handwerk Die Zulassung zum Rechtsanwalt besiegelt den Abschied aus den geistigen Höhen von Forschung und Wissenschaft. Wir verwandeln uns in Hand werker – oder vielleicht etwas passender: Wortwerker – die in alltäglicher Routine die Rechtslage 1 so hinnehmen, wie die Rechtsprechung sie vorgibt. Keine Auseinandersetzung mehr mit herrschenden Lehr- oder Mindermeinungen: entscheidend ist die Ansicht des BGH, mag sie einem im Einzelfall auch absurd vorkommen. Die Aufgabe des Anwalts scheint es, dem Mandanten die Rechtswelt so zu erklären, wie die Obergerichte sie sehen. Selten genug die Fälle, in denen wir die Mandanten überzeugen wollen und können, gegen eine verfehlte obergerichtliche Rechtsprechung anzugehen und den Versuch zu unternehmen, eine Fußnote zur Rechtsgeschichte zu schreiben. Das mag in größeren Kanzleien anders sein. Dort gibt es Mandate und Mandanten, die eine umfassende Darstellung der denkbaren rechtlichen Einordnungen verlangen. Es geht das Vorurteil um, dass eine solche Einordnung darauf getrimmt ist, jegliches Haftungsrisiko der Kanzlei zu vermeiden. Klare Handlungsempfehlungen fehlen und der Mandant braucht jemanden, der ihm die Stellungnahme der Großkanzlei in seine eigene Sprache übersetzt. Foto: 1) Andrea Vollmer Thema Kreativität ./. Tunnelblick Auch zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen oder Zuarbeit – hierfür hat der Anwalt in der Großkanzlei potentiell mehr Gelegenheit (oder besser: Pflichten?) als die Kollegen in Einzel- und Kleinkanzleien, die ihre Mandate abarbeiten müssen. Aufsätze in Fachzeitschriften und Mitwirkung an Kommentaren bringen wissenschaftlichen Lorbeer oder wenigstens Fleißbienchen ein. Ganz nebenbei steigert man den fachlichen Ruf und den Bekanntheitsgrad der Kanzlei und stellt eine missliebige Rechtsprechung oder Gesetzeslage zur Diskussion. Und doch, auch der Anwalt in der Einzel- oder Kleinkanzlei ist mitten im Anwaltsleben von For schung und Wissenschaft umgeben. Im eigenen Interesse hält er sich über die Rechtsprechung zu seinen Tätigkeitsgebieten auf dem Laufenden. Er mag sich damit begnügen, die Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen. Als Training der eigenen Kreativität hinsichtlich zukünftig auftauchender Rechtsfragen empfiehlt es sich aber, auch den Weg zum Ergebnis und eine eventuelle Diskussion darüber nachzuvollziehen. Je nach Tätigkeitsgebiet ist außerdem die Beschäftigung mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen geboten. Wenn man sich darauf beschränkt, nur die Mechanik der Rechtsvorschriften zu überblicken, läuft man Gefahr, die Bedürfnisse der Mandanten nicht einordnen und erkennen zu können. Oder auch, wichtige Hilfsmittel nicht zu nutzen, um die Interessen der Mandanten durchzusetzen. Ein Strafverteidiger ohne kriminologische Kenntnisse ist nur bedingt einsatzfähig, ein Kapitalmarktrechtler ohne betriebswirtschaftlichen Hintergrund wäre für den Mandanten eine Zumutung. Tradition ./. Liberalisierung Forscher Anwalt Angesichts der in den letzten Jahren sich stark ändernden Vorgaben des Berufsrechts sind wir Anwälte auch hier auf eine wissenschaftliche Begleitung angewiesen. Forschung betrifft uns Anwälte. Die Frage ist nur, in welchem Umfang wir bereit sind, die Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen und für unsere eigene Tätigkeit nutzbar zu machen. Von der Robenpflicht über die Fachanwalts ordnung zur Werbung für die eigene Tätigkeit: Müssten wir alle diese Fragen jeweils alleine für uns ausmachen, gäbe es ein heilloses Durcheinander und die Verunsicherung in der Anwaltschaft wäre um ein Vielfaches höher als ohnehin schon. Hier begleiten uns die Wissen schaftler der Anwaltsinstitute an verschiedenen Universitäten. Forscher ist aber auch jeder Anwalt, der ein neues Mandat auf den Tisch bekommt. Gleich am Anfang steht die Aufgabe, den Sachverhalt und die Interessen des Mandanten zu klären. Das klingt banal und für den Laien selbstverständlich, ist aber alles andere als das. Diese haben es sich teilweise auch zur Aufgabe gemacht, das rechtswissenschaftliche Studium auf die Tatsache einzustellen, dass ein großer Teil der Studierenden künftig anwaltlich tätig sein wird. Kommunikation, Rhetorik und Verhandlungslehre haben Einzug in den Lehrplan gehalten, um den Studierenden die Grundlagen zu vermitteln, Berater und Vertreter der Interessen ihrer Mandanten auch außerhalb des Gerichtssaals sein zu können. Die sich ändernden berufsrechtlichen Regelungen sind ein Ausdruck weit reichender gesell schaftlicher, sozialer und wirtschaftlicher Änderungen. Demografischer Wandel, Anwaltsflut oder auch die Liberalisierung des Markts der Rechtsdienst el istungen stellen große und kleine Kanzleien vor bislang nicht gekannte Herausforderungen. Das Soldan-Institut für Kanzleimanagement hat es sich zur Aufgabe gemacht, solche Heraus forderungen wissenschaftlich zu erfassen und Handlungs em pfehlungen für die Bewältigung zu formu ileren. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Sachverhaltsund Interessenklärung sich vielfach gegenseitig bedingen. Der Anwalt, der eine vom Mandanten eingenommene Position nicht hinterfragt, riskiert genauso eine Bauchlandung wie jener, der die Sachverhaltsschilderung des Mandanten für die vollständige und unbezweifelbare Wahrheit hält. Gar nicht so selten ist, dass der Mandant vor dem Kontakt mit seinem Anwalt selber gar nicht so genau weiß, worauf es ihm ankommt. So ist jeder Anwalt ein Forscher, aber nicht jeder ist ein forscher Anwalt. Das können (müssen nicht!) solche sein, für die Sachverhalt, Rechtslage, die Ansichten der anderen Seite und des Gerichts völlig unerheblich sind. Sie wissen: Die Wahrheit ist mit den Besten und das sind Sie! RA Percy Ehlert, Berlin > Forscher. Forsch! Ehr? Er? Er-forsch-er. ADVOICE 02/10 5 Thema Ich sehe was, was du nicht siehst Lehre für neue Blickwinkel: das Institut für Anwaltsrecht der HU Berlin Er würde ohne weiteres als gestandener FORUMAnwalt durchgehen, hat aber die 40 schon knapp hinter sich gelassen. Dem FORUM ist er trotzdem verbunden, kennt die AdVoice und hat auf dem ExistenzgründerFORUM in Nürnberg referiert. Karl-Michael Schmidt ist einer der Geschäftsführer des Instituts für Anwaltsrecht der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Gespräch mit AdVoice schildert er die Arbeit des Instituts. Seitdem dieses berufspolitische Ziel umgesetzt worden ist, liegt der Schwerpunkt der Institutsarbeit darin, die Studierenden auf die anwaltliche Tätigkeit vorzubereiten. „Es war einfach an der Zeit, zur Kenntnis zu nehmen, dass 80 Prozent der Absolventen früher oder später als Anwälte tätig sind“, erklärt Schmidt. Anwälte der Zukunft Am Anfang ging es um § 5a des Deutschen Richtergesetzes. Die Bestimmung ist Richtschnur für die Studieninhalte auf dem Weg zum Ass. Jur. „Das frühere Leitbild der Juristenausbildung war der habilitationsfähige Oberlandesgerichtsrat“, fasst Schmidt zusammen. Auch dank der Arbeit der Institute für Anwaltsrecht u.a. in Berlin, Köln, Bielefeld, Heidelberg, Hannover, Rostock und Leipzig nennt § 5a DRiG jetzt Studieninhalte, die Schmidt für Schlüsselqualifikationen anwaltlicher Tätigkeit hält: Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Rhetorik, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit. Die Dozenten sind vielfach Praktiker. Am Institut in Berlin haben seit seiner Gründung schon über 100 Kollegen an verschiedenen Lehrveranstaltungen mitgewirkt. Ihre Aufgabe ist es, die Studierenden zu einem Perspektivwechsel zu bewegen. Weg von einem rein akademischen Gutachtenstil und hin zu einer Betrachtung der Angelegenheit mit Blick auf die Interessen des Mandanten. Regelmäßig geht es dem Mandanten darum, eine Lösung für sein Anliegen zu erhalten, und nicht, ein mehrseitiges Gutachten vorgelegt zu bekommen, so scharfsinnig das auch sein mag. Zu einem Perspektivwechsel müssen die Mitarbeiter des Instituts auch manchmal den lehrenden Praktikern verhelfen. Nicht alles, was einen Praktiker interessiert, ist auch für die Studierenden spannend. Die sind bei der Auswahl der Lehrveranstaltungen stark nutzen orientiert. Darum muss das Angebot so gefasst sein, dass dort Inhalte stattfinden, die auch für das Examen relevant sind. Rechtsgestaltung Wer glaubt, dass die Vermittlung von Methoden der Gesprächsführung und der Streitschlichtung einerseits und einer interessengeleiteten Betrachtung andererseits zu einem Jura-light-Angebot des Instituts führt, hat ganz sicher die falsche Perspektive. Der Kollege Schmidt legt großen Wert auf die Kautelar-Praxis und unterrichtet auch selber Rechtsgestaltung, etwa im Gesellschaftrecht. Das Credo der Institutsleitung ist, dass ein Anwalt nur dann die Interessen der Mandanten wirksam vertreten kann, wenn er die Anliegen als Vertrag formulieren und verbindlich machen kann. Das erfordert neben fundierten Rechtskenntnissen auch redaktionelle Fähigkeiten, etwa über den sinnvollen Aufbau eines Jurastudent Mario Merget Auge in Auge mit Friedrich dem Großen und Wilhelm I. in den Räumen des Instituts für Anwaltsrecht an der Humboldt-Uni in Berlin. 6 ADVOICE 02/10 Fotos: Andrea Vollmer Thema Vertrages. Schließlich soll der Vertrag nicht nur vollständig, sondern auch lesbar sein. Auch das müssen die Studierenden lernen: Verhandlung und Streitschlichtung sind kein Freifahrtschein für eine oberflächliche Behandlung der aufgeworfenen Rechtsfragen. Im Gegenteil: Eine informierte Entscheidung des Mandanten zu einem Verhandlungsvorschlag ist nur möglich, wenn sein Anwalt ihm zuvor präzise dargestellt hat, wie die Rechtslage für ihn und die andere Partei ist. Das gilt nicht nur für das materielle, sondern auch für das Prozessrecht. Denn regelmäßig definieren die Erfolgsaussichten in einem Gerichtsverfahren die sogenannte Beste Alternative zu einer Verhandlungslösung. Partner Prozessanwalt Daraus ergibt sich dann auch wieder die große Bedeutung der Prozessanwälte: Regelmäßig ist es die weitere Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung, die den Parteien Verhandlungsmacht verleiht und für Einigungsdruck sorgt. Das Angebot des Instituts richtet sich nicht nur an Studierende, sondern durchaus auch an Referendare und Anwälte, die sich fortbilden möchten. So bietet das Institut regelmäßig Veranstaltungen an, die zur Fortbildung nach § 15 FAO angerechnet werden können. Momentan ist die 6. Jahrestagung des Instituts in Vorbereitung, die am 12. November 2010 stattfinden und sich mit berufsrechtlichen Fragen sowie, unter Mitwirkung eines der zustän digen BGH-Richter, mit den neuesten Entwicklungen im anwaltlichen Berufs- und Haftungsrecht beschäftigen wird. Anders als der Name erwarten lässt, steht beim Institut für Anwaltsrecht der HU Berlin die wissenschaftliche Bearbeitung des anwaltlichen Berufsrechts nicht im Zentrum, sondern der Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung der anwaltlichen Perspektive in der Lehre. Reform der FAO? Stellt sich die Frage, ob der Einsatz für eine rechtsgestaltende, verhandlungsorientierte und streitschlichtende anwaltliche Tätigkeit nicht auch berufspolitisch stärker begleitet werden könnte. Hierzu besteht etwa mit Blick auf die Fachanwaltsordnung erheblicher Bedarf. Der FAO liegt unverblümt das Leitbild des Prozessanwalts zugrunde. Für Anwälte, die überwiegend verhandlungsorientiert und streitschlichtend arbeiten, ist es so gut wie ausgeschlossen, den Titel des Fachanwalts zu erhalten. Ohne die wichtige Rolle der Prozessanwälte schmälern zu wollen: Das kann nicht richtig sein! Aus der Perspektive des Verhandlungsanwalts muss die FAO kritisch diskutiert werden. Der Kollege KarlMichael Schmidt nimmt gerne die Anregung aus dem Gespräch mit der AdVoice auf, zu prüfen, ob das Thema zu einem Gegenstand der Arbeit des Instituts gemacht werden könnte. RA Percy Ehlert, Berlin K.-M. Schmidt, Geschäftsführer Anwaltsinstitut HU Berlin Hier wird geforscht Institut für freie Berufe Nürnberg-Erlangen www.institut-fuer-freie-berufe.de Soldan-Institut www.soldaninstitut.de Humboldt-Universität zu Berlin Institut für Anwaltsrecht http://ifa.rewi.hu-berlin.de/ Universität Bielefeld Institut für Anwalts- und Notarrecht www.jura.uni-bielefeld.de/Lehrstuehle/Barton/ Institute_Projekte/Anwaltsinstitut/index.html Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Anwaltsrecht und Anwaltspraxis www.arap.jura.uni-erlangen.de Justus-Liebig-Universität Gießen Institut f. anwaltsorientierte Juristenausbildung www.uni-giessen.de/cms/iaj Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht www.ipr.uni-heidelberg.de Universität zu Köln Institut für Anwaltsrecht www.institut-anwaltsrecht.de Dokumentationszentrum für Europäisches Anwalts- und Notarrecht, Köln www.uni-koeln.de/jur-fak/dzeuanwr Universität Leipzig Institut für Anwaltsrecht www.uni-leipzig.de/anwaltsinstitut Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Anwaltsrecht www.anwaltsrecht.de Westfälische Wilhelms-Universität Münster Forschungsstelle Anwaltsrecht www.anwaltsrecht.net Universität Rostock Institut für Anwaltsrecht www.jura.uni-rostock.de/ifa Universität des Saarlandes Institut für Anwaltsrecht (Starterzentrum) www.uni-saarland.de/de/fakultaeten/fak1/rewifak ADVOICE 02/10 7 Thema Recht im Abseits Der Rechtsbegriff am Fall des FC Carl Zeiss Jena, der in der 3. Liga bleiben muss Dass da was nicht stimmt, muss sogar den Heidenheimern selbst aufgefallen sein – im Verlauf der Saison fragten sie nämlich vorsichtshalber mal beim Verband nach, wie viele Verwarnungen der betreffende Spieler denn nun eigentlich auf seinem Konto habe. Die Fußball-Oberen hielten sich an die Spielberichte (woran auch sonst?) – und nannten prompt die falsche Zahl. Großes Hin und Her, offizieller Jenaer Protest, Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht. Resultat: Es zählt nur der Spielberichtsbogen, Videomaterial ist nach FIFA-Regeln als Beweismaterial nicht zugelassen, Protest abgeschmettert, Spielwertung bleibt bestehen. „Fuß-ball-ma-fia D-F-B!!!“ Wo bleibt die Gerechtigkeit? Martin Klarer, der Stein des Anstoßes, hätte eigentlich beim Spiel gegen den FC Carl Zeiss Jena gesperrt sein sollen. „Fuß-ball-ma-fia D-F-B!!! Fuß-ball-ma-fia D-F-B!!!“ Die Zuschauer in Jena sind sauer. So richtig bedient. Am letzten Spieltag der 3. Liga verliert der FC Carl Zeiss zu Hause, kommt in der Abschlusstabelle auf Platz 5. Aber nicht der müde Kick der thüringischen Rasentreter ist der Grund für das öffentliche Ärgernis. Nein – Fußball-Jena fühlt sich betrogen um die Chance zum Aufstieg in die 2. Bundesliga. Betrogen vom Verband höchstselbst. Zwei Wochen zuvor hat der Traditionsclub schon einmal verloren – gegen den 1. FC Heidenheim. Fans fiel danach auf, dass ein Heidenheimer Spieler gar nicht hätte auflaufen dürfen, da er in der vorangegangenen Partie seine zehnte Gelbe Karte kassiert hatte und damit automatisch gesperrt 8 ADVOICE 02/10 Die Empörung der Jenaer Fans – sie ist genauso gut nachzuvollziehen wie der Urteilsspruch des DFB-Sportgerichts. Irgendwie haben sie ja beide recht. Nur ein Beispiel von vielen für die Schwierigkeiten, die sich zuweilen auftun im Umgang mit Begriffen wie „Recht“, „Gerechtigkeit“, „Schuld“. Was hat hier mehr Gültigkeit – der Buchstabe des Gesetzes (in diesem Fall der DFB-Statuten) oder das verletzte Gerechtigkeitsempfinden der Betroffenen? War es nun rechtens, dass Heidenheim gewann unter Einsatz eines Spielers, der nach Faktenlage eigentlich gar nicht hätte antreten dürfen? Traf den Club wirklich keine Schuld, nachdem der DFB ihm (unwissentlich) eine falsche Auskunft gab? Und wo bleibt eigentlich die Gerechtigkeit, wenn der Verband selbst mal was verbockt? gewesen wäre. Hätte Heidenheim den Spieler tatsächlich schuldhaft regelwidrig eingesetzt – die Jenaer Niederlage hätte in einen Sieg „am grünen Tisch“ umgewandelt werden müssen, und der FC Carl Zeiss wäre weiter dicke drin gewesen im Auf stiegsrennen. Alles nachzulesen im Regelwerk des DFB. »Die normative Kraft des Gesetzes muss die Wissenschaft (und mit ihr der Mensch) erst selbst herstellen – und schafft damit doch immer nur eine Annäherung an eine umfassende Regelung zahlloser Einzelfälle.« Stimmt aber alles gar nicht, sagte der. Der betreffende Spieler war erst neunmal verwarnt wor den, zumindest laut den offiziellen Spielberichtsbögen. Einer davon ist aber fehlerhaft, entgegneten die Jenaer. In einer Partie der Hinrunde habe der Spieler eine Gelbe gesehen, die der Schiedsrichter im Spielbericht versehentlich einem anderen Spieler zugeordnet habe. Das sei durch Videoaufnahmen klar zu belegen. Zugleich illustriert diese – im Rückblick eher amüsante – Randnotiz aus dem Reich des Profifußballs das Grundproblem der Rechtswissenschaft: Die normative Kraft des Gesetzes muss die Wissenschaft (und mit ihr der Mensch) erst selbst herstellen – und schafft damit doch immer nur eine Annäherung an eine umfassende Regelung zahlloser Einzelfälle. Das ist der wesentliche Unter- Thema schied aller Geisteswissenschaften zu den empirischen Disziplinen der Sozial- oder der Naturwissenschaften. Deren Gesetze sind quasi a priori existent – unabhängig davon, ob irgendjemand sie schon einmal entdeckt und formuliert hat oder nicht. Selbst wenn Archimedes vor über 2000 Jahren nicht den statischen Auftrieb („Heureka!“) beschrieben hätte, wäre er doch vorhanden – und mit ihm die daraus resultierenden Konsequenzen: Dem Schiff, das auf dem Ozean schwimmt, ist der große Grieche reichlich egal. Eigene Gesetze Demgegenüber genau umgekehrt – nicht deduktiv, also vom vorhandenen Gesetz zur Beschreibung des Sachverhalts, sondern induktiv, also vom zu regelnden Sachverhalt zum Gesetz – funktioniert die Rechtswissenschaft. Der Mensch muss sich seine eigenen Gesetze und die damit verbundenen Konsequenzen erst mühsam schaffen – und die Basis dafür scheint eher dünn. »In vielen dieser Ausdrücke schwingt in der Wortbedeutung für „recht“ unterschwellig auch die Konnotation „richtig“ mit.« Sicher: Man mag vermuten, dass es so etwas wie ein dem Menschen grundsätzlich innewohnendes Rechtsverständnis durchaus gibt. Allein ein Blick in den deutschen Wortschatz liefert Ansatzpunkte dafür: Da ist ein Mensch „rechtschaffen“, etwas ist „recht und billig“, da ist einer „rechtzeitig“ am „rechten Ort“, findet das „rechte Maß“, und deshalb „hat er recht“. In vielen dieser Ausdrücke schwingt in der Wortbedeutung für „recht“ unterschwellig auch die Konnotation „richtig“ mit. Zwar haben beide Wörter trotz ihrer Ähnlichkeit keinen gemeinsamen Ursprung – dennoch scheint es eine gedankliche Verbindung zu geben. Etwas, das „recht“ ist, ist irgendwie auch „richtig“. „Richtig“ und „falsch“ Die konkrete Umsetzung solcher eher im Bereich moralischen Empfindens denn rationaler Erkenntnis angesiedelter Maßstäbe in konkrete, objektiv greifbare Normen und Gesetze aber – das ist und bleibt vor allem menschliches Handwerk, das einen immer fortwährenden Diskurs darüber erfordert, wie der Mensch ein möglichst gedeihliches Zusammenleben erreichen kann. »... zeigt, dass Recht, Gerechtigkeit, Schuld und Strafe vor allem eines sind: ein gesellschaftliches und damit menschliches Konstrukt.« Und dass es mit naturgegebenen Leitlinien oder gar Wahrheiten darüber, was „richtig“ ist und was „falsch“, nicht so weit her sein kann, weiß jeder, der schon einmal in Norwegen in eine Radarfalle gerast ist und bei Zahlung des entsprechenden Bußgeldes das Gefühl hatte, damit allein den norwegischen Staatshaushalt zu sanieren. Will sagen: Allein die Existenz bisweilen krass voneinander abweichender Normen und (bei deren Übertretung) Konsequenzen in unterschiedlichen Rechtssystemen zeigt, dass Recht, Gerechtigkeit, Schuld und Strafe vor allem eines sind: ein gesellschaftliches und damit menschliches Konstrukt. Sportgerichte mussten die Frage der gelben Karte klären. Was für die Rechtswissenschaft nichts anderes bedeutet, als sich weniger als dogmatische (Er-)Gründerin von Wahrheit zu verstehen, sondern vor allem als pragmatische Gestalterin von Lebenswelt. Folglich bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als wie eine Art Sisyphos immer und immer wieder Rück schau zu halten auf das, was Gesetz war und ist; zu korrigieren, was offenkundig nicht funktioniert und zu bewahren, was allgemeiner Konsens geworden ist – und ganz nebenbei vielleicht auch ein Stückweit schlauer zu werden darüber, wie wir Menschen eigentlich ticken. Womit dann auch wieder dem eigentlichen Anspruch von Wissenschaft, nämlich Wissen und Erkenntnis zu mehren, Genüge getan wäre. Erlegt die Rechtswissenschaft sich ein solches Selbstverständnis auf, dann erwächst daraus sogar die Chance, ein Rechtsvakuum wie im eingangs erwähnten – zugegeben eher trivialen – Fall nicht als Hindernis oder verstörenden Widerspruch zu begreifen, sondern als Möglichkeit, gestaltend einzugreifen in das Gemeinwohl. Den Fans des FC Carl Zeiss Jena allerdings, die nun ein weiteres Jahr Burghausen statt Berlin erleben, wird das freilich ziemlich schnuppe sein. Journalist Sascha Mönch, Weimar Fotos: Sascha Fromm Und allein die Tatsache, dass unsere Sprache sich zuweilen auf etwas bezieht, das in einem gewissen absoluten Sinne „richtig“ sein soll, verführt zu der Annahme, es gebe in jedem Menschen so etwas wie einen Kompass, der uns sagt, was richtig ist und was falsch – und damit, was Recht ist und was nicht. Und schon sind wir mittendrin in der schönsten Rechtsphilosophie ... Die kennt zum Beispiel den Begriff des Naturrechts, der einige Schnittmengen bildet mit einem hypothetischen, uns qua Geburt gegebenen Rechtsverständnis. Demnach sei der Mensch mit einer ganzen Reihe vorstaatlicher „unveräußerlicher“ Rechte ausgestattet, etwa dem Recht auf Leben oder körperliche Unversehrtheit – etwas, das wohl jeder Mensch dem Grunde nach erst einmal „richtig“ findet. ADVOICE 02/10 9 Thema Zeitreise in die Vergangenheit Wo man Menschen, Ahnen und Schuldner finden kann Die verflossene Liebe, Schulfreunde oder zahlungsunwillige Schuldner, wozu auch Ex-Mandanten gehören können. Das Internet findet sie fast alle, wenn man es richtig anpackt. Schwerer ist die Suche nach entfernten Verwandten, Ahnen und Urahnen. Fotos in Schuhkartons auf dem Speicher und vergilbte Schriftstücke in Sütterlinschrift zeigen anschaulich, wie unsere Urgroßeltern gelebt haben und die Welt damals aussah. Die Reise in die Vergangenheit sollte in der Gegenwart beginnen, und zwar bei sich selbst. Welche wichtigen Ereignisse gab es in meinem Leben und was kann durch Urkunden belegt werden? Ein Diktiergerät oder ein Notebook mit Webcam sind bei Gesprächen mit Familienangehörigen und Verwandten hilfreich. Fotos werden eingescannt und wieder zurückgegeben. Oft sogar als Freeware erhältliche GenealogieProgramme erleichtern die optische Gestaltung und den Ausdruck von Stammbäumen. Standesämter Die nächste Anlaufstelle bei Lücken im Stammbaum sind Standesämter. Dort kann man bei Nachweis eines rechtlichen Interesses auch über verschwundene Schuldner Auskünfte einholen. Private Familienforscher erhalten Akteneinsicht, wenn ein Verwandtschaftverhältnis besteht oder bei Geburts- oder Heiratseinträgen nach dem Tod der gesuchten Person mehr als 30 Jahre vergangen sind. Örtlich zuständig ist die Gemeindeverwaltung am Geburts-, Heirats- oder Sterbeort. Kirchenbücher & Foren Eine weitere wichtige Fundquelle sind - gerade für die Zeit vor Einführung von Standesämtern im Jahr 1876 – die Kirchenbücher der Pfarreien, wo Geburten, Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle erfasst wurden, sofern die Dokumente nicht im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) verbrannt oder in späteren Kriegswirren vernichtet wurden. Die Kirchenbücher lagern heute meist in regionalen Kirchenarchiven und sind meist mikroverfilmt. Oft kann man wesentliche Teile der Archivbestände auch über das Internet einsehen. Eine weltweite Linkliste findet man unter www.archivschule.de. Als Einsteiger wird man ohne Unterstützung von Profis stundenlang und meist vergeblich suchen oder an fehlenden Lateinkenntnissen scheitern. Deswegen sollte man Kontakte zu Familienforschern knüpfen. In fast jeder größeren Stadt gibt es Stammtischtreffen. Die Hilfsbereitschaft dort ist riesengroß. Dort findet man dann auch Profis wie den Erbenermittler und Genealogen Sascha Ziegler aus OberMörlen. Für ihn ist „das Internet ist ein wertvoller Helfer, wenn man Kontakte zu anderen Familienforschern nicht nur aus der eigenen Region sucht.“ Er gründete bereits 1998 das Genealogie-Onlineportal www.ahnenforschung.net, das heute zu den Marktführern zählt. Internet & Nachlassgerichte Ob gesuchte Personen verstorben sind, kann man oft schon über www.familienanzeigen.org herausfinden, wo Genealogen Todesanzeigen (und andere Familienanzeigen) aus Tageszeitungen sammeln und in einer Datenbank frei zugänglich veröffent- Dachböden sind heute längst nicht mehr die einzige Fundquelle für Ahnenforscher und Personensucher. Virtuelle Bibliotheken und das Internet haben den Suchradius enorm vergrößert. 10 ADVOICE 02/10 Fotos: 1) Scan_pixelio.de 2) Henrik-G.Vogel_pixelio.de Thema lichen. Eine offizielle Auskunft erhält man aber nur über das Nachlassgericht am letzten Wohnort des mutmaßlich Verstorbenen. Bei einem unbekannten Aufenthalt sollte man bei dem Standesamt am Geburtsort nachfragen. Bei einem Wegzug aus Deutschland helfen oft auch internationale Telefonverzeichnisse weiter, wie z. B. www.infobel.com/de/world. Öffentliche Bibliotheken Zeitsparende Literaturrecherchen sind auch über die Internetkataloge Öffentlicher Bibliotheken (Online Public Access Catalogues OPAC) möglich. Der Karlsruher Virtuelle Katalog ist ein MetaKatalog zum Nachweis von mehr als 500 Millionen Büchern und Zeitschriften in Bibliotheks- und Buchhandelskatalogen weltweit (www.ubka.unikarlsruhe.de/kvk.html). Gegebenenfalls kann man auch den kostenpflichtigen Dokumenten-Lieferdienst Subito (www.subito-doc.de) nutzen. Wer trägt eigentlich sonst noch meinen Geburtsnamen und wo leben Vorfahren oder auch Schuldner mit einem bestimmten Nachnamen? Hierfür ist eine interssante weltweite Übersichtskarte unter www.publicprofiler.org/worldnames abrufbar. Computergenealogie Die größte Website in Deutschland zum Thema Genalogie betreibt der in der Hansestadt Bremen ansässige Verein für Computergenealogie e. V. (www.genealogienetz.de bzw. www.genelaogy.net). Das wikipedia-ähnliche Genalogie-Projekt GenWiki http://wiki-de.genealogy.net kommt bereits auf rund 100.000 Artikel, weitere Projekte sind die Online-Bibliothek DigiBib und eine Mailingliste. www.ahnenforschung.net Forum zu Fragen der Genealogie Der Verein ist auch Herausgeber der Zeitschrift „Ahnenforschung – Ein Ratgeber für Einsteiger und Fortgeschrittene“ (4. Auflage 2010 ISBN 978-3937504-42-1, € 9,80). In dem Heft werden die ersten Schritte einprägsam erklärt. http://wiki-de.genealogy.net/ Kategorie:Genealogiesoftware Übersicht zu (Freeware-)Programmen zur Erstellung von Stammbäumen Wer in das Leben seiner Verwandten und Familienangehörigen eintaucht, merkt oft, dass der Beruf alles war und die Familie wenig zählte. Der Dank sind dann Grabsteininschriften wie z. B. „Arbeit war sein Leben. In Gedenken Ehefrau und Kinder.“ Spannen Sie trotz Umsatzdruck und Fristenstress aus und erholen Sie sich. Nur so bringt man morgen Topleistung. Niemand ist später einmal stolz, der reichste Mensch auf dem Friedhof zu sein. RA Martin Lang, München Verifizierte Daten für Deutschland findet man je doch unter http://christoph.stoepel.net/geogen oder www.verwandt.de/karten www.cyndislist.com Sites on the Internet www.verwandt.de Stammbäume und Familienkommunikation www.historicum.net/ lehren-lernen/archiveinfuehrung/einleitung Gebrauchsanleitung für Archive www.bundesarchiv.de Ziviles und militärische Archivgut des Bundes und seiner Vorgänger www.nachlassdatenbank.de www.archivschule.de/service/ archive-im-internet/archive-im-internet.html Fachhochschule für Archivwesen mit weltweiter Archivliste www.verwandt.de/karten www.publicprofiler.org/worldnames http://christoph.stoepel.net/geogen www.gen-evolu.de Nachnamen in Deutschland und weltweit 1/2/3/4 www.grass-gis.de/bibliotheken Wissenschaftliche Bibliothekskataloge aus dem deutschsprachigen Raum, Wörterbücher, Lexika, Tageszeitungsarchive und Bücher im Volltext www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html Meta-Katalog zum Nachweis von mehr als 500 Millionen Büchern und Zeitschriften http://catalog.loc.gov USA: "The Library of Congress Online Catalog contains approximately 14 million records representing books, serials, computer files, manuscripts, cartographic materials, music, sound recordings, and visual materials." www.infobel.com/de/world Weltweites Linkverzeichnis von Telefondatenbanken im Internet http://gov.genealogy.net Genealogisches Ortsverzeichnis Zusammengestellt von RA Martin Lang, München 3) hermann_pixelio.de 4) Scan_pixelio.de ADVOICE 02/10 11 Thema Geheimwaffe Privatgutachten Privat beauftragte Gutachten zwingen Gerichte zur Auseinandersetzung Sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung eines Bauprozesses spielen Privatgutachten eine wichtige Rolle. Fundierte technische Ausführungen, die sich der Jurist als technischer Laie nicht selbst erarbeiten kann, helfen bei der Formulierung von (Gegen-)Forderungen sowie der Risikoeinschätzung. Ein Privatgutachten kann auch dabei helfen, dass sich das Gericht mit einem gerichtlich eingeholten Gutachten kritisch auseinandersetzen muss. Ein Bauprozess ohne gerichtliches Sachverständigengutachten ist kaum vorstellbar. Die Erfahrung zeigt, dass das Gericht, sobald es auf den Kern der – zugegebenermaßen in technischer Hinsicht manchmal durchaus komplizierten – Sache zusteuert, sich schnell „zurücklehnt“ und dann verlauten lässt, dazu könne es ohnehin nichts sagen, es brauche ein Sachverständigengutachten. Sobald dieses dann vorliegt, folgt das Gericht in der Regel den Ausführungen des Sachverständigen und beweist insofern Konsequenz. Es konnte zuvor keine Sachkompetenz aufweisen, so dass es willkürlich erscheinen und auch schwer fallen würde, zu begründen, warum man den technischen Ausführungen nun nicht folgen wolle. Wer also den Sachverständigen auf „seiner Seite“ hat, hat den Prozess meist bereits gewonnen. »Andernfalls – so führt der Bundesgerichtshof aus – werde der Anspruch auf rechtliches Gehör der das Privatgutachten vorlegenden Partei verletzt.« BGH Beschluss vom 27.01.2010, VII ZR 97/08 Ist das wirklich so? Die Möglichkeiten, die das Gesetz vorsieht, auf ein Gerichtsgutachten zu reagieren, helfen in der Regel nicht weiter, sondern verzögern lediglich den Prozess. Die nachträglichen Angriffe durch Nachfragen und die Einholung eines Ergänzungsgutachtens sind erfahrungsgemäß nicht geeignet, das Gerichtsgutachten zu erschüttern. Auch Befangenheitsanträge bleiben in der Regel wirkungslos. Der Rechtsanwalt muss vielmehr bereits im Vorfeld eines Gerichtsgutachtens tätig werden, indem er versucht, auf den Beweisbeschluss Einfluss zu nehmen und darf sich beispielsweise nicht entgehen lassen, eine Gegenvorstellung zu formulieren. Hier zeigt sich der Vorteil eines selbständigen Beweisverfahrens, da dieses dem Rechtsanwalt ermöglicht, die Beweisfragen selbst vorzugeben und das Beweisthema sowie dessen Umfang zu bestimmen. Was kann helfen? 12 ADVOICE 02/10 Dem Gerichtsgutachten kann ein Privatgutachten gegenübergestellt werden. Damit lassen sich nicht immer Prozesse gewinnen, es kann aber zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Gerichtsgutachten führen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dem gerichtlich beauftragten Sachverständigengutachten ein in substantiierter Weise widersprechendes Privatgutachten entgegengesetzt wird. Das Gericht ist aufgrund aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 27.01.2010, VII ZR 97/08) dann gezwungen, die Streitpunkte mit dem Gerichtssachverständigen zu erörtern und seine Abwägung und Auseinandersetzung mit dem Privatgutachten in den Entscheidungsgründen zu belegen. Andernfalls – so führt der Bundesgerichtshof aus – werde der Anspruch auf rechtliches Gehör der das Privatgutachten vorlegenden Partei verletzt. Was sollte beachtet werden? Der Unterschied zum Gerichtsgutachten ist, dass das Privatgutachten auf einem von einer Partei einseitig erteilten privatrechtlichen Auftrag beruht, weshalb Bedenken gegen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Privatgutachters naheliegen können. Allein aus der privatrechtlichen Beauftragung und Vergütungspflicht heraus lässt sich eine Befangenheit des Privatgutachters nicht begründen und auch nicht die Annahme eines entsprechenden „Gefälligkeitsgutachtens“ rechtfertigen. Das Interesse der Partei, die ein Privatgutachten in Auftrag gibt, muss darin liegen, ein Gutachten zu erhalten, das einer Überprüfung und kritischen Auseinandersetzung in jedem Falle standhält. Dies sollte, auch wenn es sich um Selbstverständliches handelt, bei einer Auftragserteilung nachweislich zum Ausdruck gebracht werden. »Das Interesse der Partei, die ein Privatgutachten in Auftrag gibt, muss darin liegen, ein Gutachten zu erhalten, das einer Überprüfung und kritischen Auseinandersetzung in jedem Falle standhält.« Damit das Privatgutachten dem Gerichtsgutachten erfolgreich gegenübergestellt werden kann und entsprechende Berücksichtung bzw. Verwertung findet, sollte bei der Auswahl des Privatgutachters darauf geachtet werden, dass dieser die erforderliche Neutralität und die gleichen fachlichen Qualifikationen wie der Gerichtsgutachter aufweist. Es sollte sich beispielsweise ebenfalls um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit dem richtigen Bestellungsgebiet handeln. Vorteilhaft ist, dass die Partei sich den Spezialisten selbst auswählen kann. Den gutachterlichen Feststellungen sollte außerdem ein Ortstermin zugrunde liegen. Der inhaltliche Aufbau, die Form und der Umfang des Privatgutachtens müssen mit dem des Gerichtsgutachtens vergleichbar sein. Wichtig ist vor allem, dass die kritischen Punkte, denen widersprochen werden soll, von dem Privatgutachter dargestellt und diesbezüglich genaue Ausführungen gemacht werden. Bereits in den Jahren zuvor ergingen vergleichbare Entscheidungen auch von anderen Senaten des Bundesgerichtshofes. So beschloss der 6. Zivilsenat (Beschluss vom 18.05.2009, VI ZR 57/08), die Auf hebung und Zurückweisung mit der Begründung, auch ein erst in der Berufungsinstanz vorgelegtes und dem Gerichtsgutachten widersprechendes Privatgutachten könne nicht ohne Weiteres als unbeachtlich abgetan werden. Mit Urteil vom 24.09.2008 (IV ZR 250/06) entschied der 4. Zivilsenat, dass das Instanzgericht einem Gerichtsgutachter gegenüber einem widersprechenden Privatgutachter nicht den Vorzug geben dürfe, ohne dass es seine Entscheidung einleuchtend und nachvollziehbar begründe. Widersprüche müsse es im Zweifel aufklären lassen. Das Gericht kann das Privatgutachten also nicht als „nur qualifizierten Parteivortrag“ bezeichnen und bei seiner Entscheidungsfindung unberücksichtigt lassen. Damit ist auch bei einem ungünstigen Gerichtsgutachten noch nicht alles verloren und die Bedeutung von Privatgutachten wiederholt durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts hofes gestärkt. »Auch wenn das Privatgutachten auf einem privatrechtlichen Auftrag beruht, so verbleiben die dafür angefallenen Kosten nicht zwangsläufig beim Auftraggeber.« Wer trägt die Kosten? Auch wenn das Privatgutachten auf einem privatrechtlichen Auftrag beruht, so verbleiben die dafür angefallenen Kosten nicht zwangsläufig beim Auftraggeber. Vorgerichtliche Sachverständigenkosten sind nicht nur als Scha densersatz einklagbar, sondern als Kosten des Thema Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig. Dies setzt voraus, dass das Privatgutachten gezielt zur Vorbereitung des Prozesses eingeholt und auch im Prozess verwendet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.2008, VI ZB 72/06). Kommt es erst im Laufe eines Prozesses zu der Beauftragung eines Privatgutachtens, gelten strengere Maßstäbe und es erfolgt nur ausnahmsweise eine Kostenerstattung nach § 91 Abs. 1 ZPO. Da die Beweisnahme grundsätzlich nur im Rahmen gerichtlicher Beweisanordnungen stattfindet, kann eine einzelne Partei nicht ohne weiteres Dispositionen treffen, deren Kosten sie später einem anderen auferlegt sehen will. Die Einholung eines Privatgutachtens muss daher zwingend notwendig sein und den Prozessverlauf zugunsten der das Privatgutachten beauftragenden Partei positiv beeinflusst haben (OLG Bamberg, Beschluss vom 10.01.2008, 4 W 148/07). Ist das Privatgutachten also die Lösung aller Probleme? Nein. Auch die Vorlage eines Privatgutachtens führt meistens nicht dazu, dass das Gerichtsgutachten erschüttert wird und die Entscheidung des Gerichts zugunsten der Partei ergeht. Lassen sich die Zweifel auch bei kritischer Auseinandersetzung des Gerichts mit den widersprechenden Ausführungen des Privatgutachtens nicht beseitigen, beauftragt das Gericht ein neues Gutachten nach § 412 ZPO, das womöglich eine dritte Meinung kundtut. Der Gerichtsgutachter wird seine Ausführungen jedenfalls bis zuletzt verteidigen. Wirklich sinnvoll ist das Privatgutachten, um eine Beweislage zu schaffen, aufgrund derer die Ersatzvornahme angeordnet werden kann. Das Bauvorhaben wird zeitnah vorangebracht und die Kosten in einem sich anschließenden Prozess geltend gemacht oder zur Aufrechnung gestellt. Neben dem schriftlichen Gutachten, das vorgelegt werden kann, steht dann auch der Privatgutachter als sachverständiger Zeuge zur Verfügung. Das Privatgutachten ist außerdem sehr hilfreich, um ein selbständiges Beweisverfahren vorzubereiten, bei dem der Rechtsanwalt den Beweisbeschluss im Vorfeld formulieren kann. RAin Lena Rath, Frankfurt/Main Nachschub Sachverständigenkosten für vorgerichtliche Privatgutachten können als Schaden ersetz bar sein, wenn das Gutachten gezielt zur Vorbereitung des Prozesses eingeholt und im Prozess auch verwendet wurde vgl. BGH, Beschluss vom 04.03.2008, VI ZB 72/066 Pfusch am Bau ist häufiger Grund für die Beauftragung von Privatgutachten. Foto: Thomas Max Müller_pixelio.de ADVOICE 02/10 13 Thema Recht im Säulendiagramm Rechtstatsachenforschung der Uni Jena immer gefragter Die Forschungsergebnisse des Instituts für Rechtstatsachenforschung an der Uni Jena werden inzwischen international angefragt. Professor Dr. Walter Bayer ist Leiter des Instituts. Befragungsstudien, Stichproben, Regressionsanalysen, Signifikanztests – all das verbindet man nicht zwangsläufig mit der Rechtswissenschaft. Stehen hier doch normalerweise nicht das Messen, sondern das Ermessen und das Abwägen im Mittelpunkt. Juristen betrachten in der Regel den konkreten Einzelfall und richten ihren Blick weniger auf eine ganze Gruppe von Rechtssubjekten. Rechtspolitische Diskussionen gar finden oft fernab von empirischen Belegen statt. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Mit der Rechtstatsachenforschung halten Mittelwert und Median, Varianz und Signifikanz sowie Kreis-, Balken- oder Säulendiagramm Einzug in die rechtspolitische Diskussion. Ziel der Rechtstatsa chenforschung ist es, die Folgen bestehender oder veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen in der Rechtswirklichkeit empirisch zu untersuchen, so wie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, am Institut für Rechtstatsachenforschung zum Deutschen und Europäischen Unternehmensrecht von Prof. Dr. Walter Bayer. 14 ADVOICE 02/10 Die Arbeit seines Institutes ist in Deutschenland einmalig: „Empirische Forschung im Recht ist nicht neu. Doch bisher fand sie nur punktuell in einzelnen Dissertationen statt. Wir jedoch erheben regelmäßig und kontinuierlich Daten und werten sie aus.“ Zu recht klingt ein wenig Stolz mit in diesen Worten des Institutsleiters. Die Ergebnisse der Jenaer Rechtstatsachenforschung geben Impulse und Argumentationshilfen für rechtspolitische Diskussionen, versorgen Gesetzgeber, Rechtswissenschaft und Rechtspraxis mit aussagekräftigem statistischem Material. Das klingt sehr theoretisch, hat aber ganz konkreten praktischen Nutzen. Ein Beispiel In jüngster Zeit standen in Jena neben aktien-, mitbestimmungs- und kapitalmarktrechtlichen Untersuchungen vor allem empirische Arbeiten zum GmbH-Recht im Fokus. Das verwundert nicht, wurde doch im Jahre 2008 mit dem MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Be- 1 kämpfung von Missbräuchen) die größte Reform der Rechtsform GmbH seit Inkrafttreten des GmbHGesetzes im Jahre 1892 vollzogen. Ziel der MoMiG war es, die GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen, insbesondere gegenüber der britischen Limited, konkurrenzfähiger zu machen. Deutsche Unternehmensgründer griffen für ihre inländischen Geschäftsaktivitäten nämlich mehr und mehr auf Limiteds zurück, da hier weitaus geringere Anforderungen im Hinblick auf die Gründungsformalien und die Aufbringung des erforderlichen Mindeststammkapitals galten. Die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit („Centros“, „Überseering“, „Inspire Art“) setzte einen regelrechten Boom vom Limiteds mit deutschem Gründungshintergrund in Gang. Inwieweit Unternehmensgründer die Limited als Rechtsformalternative zur GmbH wahrnahmen und welchen Stellenwert diese ausländische Rechtsform bei Gründungsüberlegungen in Deutschland einnahm, untersuchte eine breit angelegte Befragungsstudie des Instituts für Rechtstatsachenforschung aus dem Jahre 2007 (Bayer/ Hoffmann, GmbH-Rundschau 2007, S. 414 ff.). Thema Forschungsgegenstand waren auch die in die rechtspolitische Diskussion mit eingebrachten Reformvorschläge zur Attraktivitätssteigerung der GmbH gegenüber der Limited. »Empirische Forschung im Recht ist nicht neu. Doch bisher fand sie nur punktuell in einzelnen Dissertationen statt.« Prof. Dr. Walter Bayer Dazu untersuchte das Jenaer Institut empirisch u. a. die Komplexität der Satzungsgestaltungen und die Gesellschafterstrukturen bei früheren GmbHGründungen. So ließen sich Rückschlüsse über die Sinnhaftigkeit einer im Regierungsentwurf zum MoMiG vorgesehenen „Mustersatzung“ für GmbHGründungen gewinnen. „Wir haben z. B. vor der Möglichkeit einer Gesellschaftsgründung per Mustersatzung gewarnt“, erinnert sich Prof. Bayer. Politisch sei etwas anderes gewollt gewesen, aber man habe „die Kurve“ ja noch bekommen. Zwar ist nunmehr eine Gründung durch ein so genanntes „Musterprotokoll“ möglich, eine notarielle Form wurde aber zumindest festgeschrieben. »Wir haben z. B. vor der Möglichkeit einer Gesellschaftsgründung per Mustersatzung gewarnt.« Prof. Dr. Walter Bayer „Einfluss auf ein Gesetz können wir am ehesten auf der Ebene des Referentenentwurfes nehmen. Ist der erst einmal im Rechtsausschuss, spielen eher politische Fragen eine Rolle.“ Die allerdings stünden für die Rechtstatsachenforschung eher nicht im Vordergrund. „Wir beschäftigen uns mit den Fakten“, erklärt Prof. Bayer. Kein Ende bei Gesetzeserlass Von Anfang an, seit dem Inkrafttreten des MoMiG zum 01.11.2008, verfolgte das Jenaer Institut für Rechtstatsachenforschung die Resonanz der Unternehmenspraxis auf die Gesetzesnovelle. Erst wö chentlich, dann im monatlichen Abstand, maßen und messen die Wissenschaftler, in welchem Um fang Unternehmensgründer von der neuen Unter nehmergesellschaft Gebrauch gemacht haben. Die stets aktualisierten Zahlen sind zu finden unter http://www.rewi.uni-jena.de/Forschungsprojekt_ Unternehmergesellschaft.html Die ermittelten Zahlen und Fakten zeigten schnell, dass die Unternehmergesellschaft weit erfolgreicher aufgenommen wurde, als zunächst gedacht. Bereits eineinhalb Jahre nach Einführung dieser Fotos: 1, 2) Anke Schiller-Mönch neuen Rechtsformvariante existierten schon rund 30.000 derartiger Rechtsträger in Deutschland. Doch nicht nur die reinen Gründungszahlen, auch die Art und Weise der Gründung, die Verbreitung des Musterprotokolls, die Gründungsdauer und besondere Auffälligkeiten im Gründungsprozess wurden erfasst und ausgewertet. Das Institut für Rechtstatsachenforschung in Jena Anlässlich des ersten Geburtstages des MoMiG legte das Jenaer Institut die Studie „Ein Jahr MoMiG in der Unternehmenspraxis. Rechtstatsachen zu Unternehmergesellschaft, Musterprotokoll, genehmigtes Kapital“ (Bayer/Hoffmann/Lieder, GmbHRundschau 2010, S. 9 ff.) vor. Das darin vorgestellte Zahlenmaterial liefert ein wichtiges Feedback an den Gesetzgeber und zeigt augenscheinlich die unmittelbaren Folgen der Reform des GmbHGesetzes auf. »Die ermittelten Zahlen und Fakten zeigten schnell, dass die Unternehmergesellschaft weit erfolgreicher aufgenommen wurde, als zunächst gedacht.« Prof. Dr. Walter Bayer Diese Ergebnisse stoßen in Politik und Wirtschaft auf großes Interesse. Dennoch: „Wir forschen in erster Linie aus Eigeninteresse. Ich schätze in 90 Prozent der Fälle ist das so. 10 Prozent unserer Forschungsarbeit basiert auf Anfragen von außen“, weiß Prof. Dr. Walter Bayer. Eine dieser konkreten Nachfragen kam im vergang enen Frühjahr. „Man wollte wissen, wie sich die neue Transparenz in den Gehältern der Vorstände widerspiegelt.“ Das Ergebnis war nicht das, was die per Gesetz eingeführte Transparenz der Gehälter eigentlich bezwecken wollte. „Statt weniger, bekommen Vorstände im Durchschnitt nun mehr Gehalt“, fasst Bayer das Ergebnis zusammen. „Dennoch ist Transparenz wichtig. Und das neueste Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung geht in die richtige Richtung.“ Auch wenn die externen Nachfragen und die damit verbundenen finanziellen Mittel nur zögerlich kommen, dass in Jena zu den Auswirkungen eines ge planten oder bereits erlassenem Gesetz geforscht wird, hat sich herum gesprochen, auch im Ausland. Namentlich Österreich interessiert sich für das Rechtstatsachenmaterial zur Unternehmergesellschaft und fragt immer wieder beim Institut nach den neuesten Entwicklungen. In der Alpenrepublik erwägt man ebenfalls eine Novelle des GmbH-Gesetzes. Da kann ein Blick auf die rechtstatsächlichen Entwicklungen in Deutsch land ganz hilfreich sein. Friedrich-Schiller-Uni in Jena 2 Seit 2005 wird in Jena am Institut für Rechtstatsachenforschung zum Deutschen und Europäischen Unternehmensrecht Forschung auf unternehmensrechtlichem Gebiet betrieben – und dies interdisziplinär. Das Institut an der Jenaer Friedrich-Schiller Universität wird geleitet von Prof. Dr. Walter Bayer. Nicht nur Juristen, sondern auch Wirtschaftswissenschaftler sind an den Projekten des Instituts beteiligt. Der souveräne Umgang mit großen Zahlenkolonnen und Statistiksoftware sowie die Programmierung von Datenbanken gehören am Institut ebenso zur Tagesordnung wie die Auseinandersetzung mit Paragraphen und Urteilstexten. Bisher sind in Jena ein knappes Dutzend rechtstatsächlich ausgerichtete Dissertationsschriften entstanden. Empirisch angelegte Auftragsstudien, wie für das Bundesministerium der Justiz oder die Hans-Böckler-Stiftung, fanden bereits ihren Abschluss. Fast einhundert kürzere und längere Publikationen des Instituts erschienen im Laufe der letzten fünf Jahre. Thomas Hoffmann, FSU Jena und RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar ADVOICE 02/10 15 Thema Zahlensalat Forschung zusammengestellt von RA Tobias Sommer, Berlin Die allerwahrste Wahrheit aus dem Zahlenmaterial zum Thema Forschung: Trend zur Promotion, mehr Uni-Personal pro Kopf, hoher Ausländeranteil • Mit mehr als 2 Millionen stellen Studierende einen ganz schön großen Anteil der Bevölkerung. Warum gibt es eigentlich keine Studentenpartei? Gut 4 % studieren Jura. • Auf einen JuraProfessor kommen etwa 65 Studenten. Die Quote pro Kopf bei abgeschlossenen Promotionen liegt bei 1,3. • Ganz schön viele schnuppern mal in Jura rein und bleiben dann auf der Strecke. Der hohen Zahl von Studienanfängern an Unis im Jahr 2008 von mehr als 12.000 stehen weniger als 8.000 Absolventen gegenüber. • Etwa jeder 10. Jurist hat promo - viert. • Viele Nichtdeutsche beginnen, Jura zu studieren. Anteil der Nichtdeutschen, die Jurastudium beginnen: fast 20 %. • Es gibt viel weniger (mehr als 20 %) Jura-Studierende als vor 10 Jahren. • Verlagerung auf Fachhochschulen: Es gibt mehr 1. Fach- als Hochschulsemester. Ist das ein Indiz für (noch) weniger Wissenschaftlichkeit und Forschung? • Echte, rechtswissen- schaftliche Forschung betreiben in Deutschland geschätzt gerade mal 4000-5000 Leute. Also Professoren und Doktoranden, bereinigt um die Zahl der Doktoranden, die nicht wirklich forschen und die Professoren, die nur Lehren, jedoch ergänzt um ehemalige Professoren und Doktoranden, die noch irgendwie an ihren • Im Verhältnis zu den Absolventenzahlen promovieren mehr Nichtdeutsche im Fach Rechtswissenschaften. • DIE ZAHL DER PROMOTIONEN STEIGT IMMER WEITER AN, Themen weiterarbeiten. OBWOHL DIE ZAHL DER JURABSOLVENTEN SINKT, D.H. MEHR ABSOLVENTEN ALS FRÜHER PROMOVIEREN. Forschung in Zahlen zum Thema Rechtswissenschaft: Juristische Fakultäten an deutschen Hochschulen: 47 / Österreich: 5 / Schweiz: 9 • Hochschulpersonal Rechtswissenschaften: 10.889 (1998: 7812) / Davon hauptberuflich 2008: 4.308 / Hauptberufliches Hochschulpersonal 2008 für Verwaltungswissenschaft: 1.268 / Hauptberufliches Hochschulpersonal 2008 für Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften: 47.698 • Davon Profes - soren: 1.328 (1998: 1.100)• Studierende Rechtswissenschaft 2008: 86.210 (1998: 110.366) • PROMOTIONEN 2008: 1.736 (1998: 1.439)• Masterabschlüsse 2008: 286 • Davon Deutsche: 105 • Zahl der Promotionen 1973-2008 (ohne DDR): 36.492 • Zahl der bestandenen juristischen Prüfungen 1973-2008 (ohne DDR): 347.555 • Quote: 10,5% • Anwaltsinstitute an juristischen Fakultäten: 12 • Anwaltsinstitute, die nicht an einer juristischen Fakultät angegliedert sind: 1 • Durchschnittliche Semesterzahl eines Jurastudiums: 9 • 2/3 beenden ihr Studium im 8. oder 9. Semester, etwa 5 % sind schneller • Studierende im Wintersemester 2009/2010 insgesamt: 2.119.485 • Studienanfänger 2009: 422.705 • Wissenschaftliches und künstlerisches Personal 2008: 274.769 • Studienanfänger Rewi 2008 im 1. Hochschulsemester: 12.846 • davon Deutsche: 10.343 / im 1. Fachsemester: 16.398 • Zahl derer, die im Jahr 2008 erfolgreich ein juristisches Staatsexamen abgelegt haben: 1. Examen: 7.865 (1998: 12.153) / 2. Examen: 8.345 (1998: 10.397) • Zahl der Referendare am 01.01.2009: 17.764 (ohne Schleswig- Holstein) • Zahl der Referendare, die 2008 eingestellt wurden: 7.757 16 ADVOICE 02/10 ZS E O R N MINARE Juristische Fachseminare FACHANWALTSLEHRGÄNGE STRAFRECHT & VERKEHRSRECHT ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ 10 % Sonderrabatt für Mitglieder Forum Junge Anwälte Hochqualifizierte und erfahrene Referenten Kleine Arbeitsgruppen – hohe Effizienz Tagungsgetränke sowie Kaffeepausen mit Snacks 3 Klausuren á 5 Stunden - zeitnah nach fünf Lehrgangstagen intensive Klausurvorbereitung 1.590 1.390 1.790 250 € € € € zzgl. zzgl. zzgl. zzgl. MwSt. MwSt. MwSt. MwSt. - RAe bis 3 Jahre nach Zulassung / Examen Referendare Rechtsanwälte 3 Klausuren Termine Strafrecht 16. Fachlehrgang Stuttgart 18. Fachlehrgang Düsseldorf 20. Fachlehrgang Dortmund 17.06.10 – 11.12.10 11.11.10 – 09.04.11 08.09.11 – 10.12.11 17. Fachlehrgang Hannover 19. Fachlehrgang Berlin 21. Fachlehrgang Hannover 26.08.10 – 18.12.10 10.02.11 – 18.06.11 03.11.11 – 31.03.12 Termine Verkehrsrecht 9. Fachlehrgang Dortmund 08.09.11 – 10.12.11 10. Fachlehrgang Hannover 03.11.11 – 31.03.12 10 STD. PFLICHTFORTBILDUNG – 1 TAG 8:30 – 20:00 Uhr – wechselnde Referenten / aktuelle Themen Nähere Infos und Anmeldung unter www.zorn-seminare.de ☛ Arbeitsrecht Fr 01.10.10 Sa 13.11.10 Hannover Berlin Sa 02.10.10 Fr 19.11.10 Dortmund Frankfurt/M. ☛ Familienrecht Fr 29.10.10 Fr 12.11.10 Hannover Leipzig Sa 30.10.10 Sa 13.11.10 Dortmund Berlin ☛ Verkehrsrecht Fr 24.09.10 Sa 02.10.10 Fr 19.11.10 Stuttgart Dortmund Frankfurt/M. Sa 25.09.10 Fr 12.11.10 Sa 20.11.10 ☛ Strafrecht Fr 29.10.10 Sa 30.10.10 Fr 19.11.10 Hannover München Frankfurt/M. Fr 29.10.10 Fr 12.11.10 Sa 20.11.10 Fr 12.11.10 Sa 20.11.10 Leipzig Nürnberg München Leipzig Nürnberg Fr 01.10.10 Sa 13.11.10 Hannover Berlin Stuttgart Leipzig Nürnberg Sa 30.10.10 Sa 13.11.10 Dortmund Berlin pro Teilnehmer 349,00 € zzgl. MwSt. RAe bis 2 Jahre nach Zulassung (bitte Nachweis faxen) 299,00 € zzgl. MwSt. 10 % Preisnachlass für Mitglieder Forum Junge Anwälte Inkl. umfangreicher Arbeitsunterlagen, Tagungsgetränken, 3 Kaffeepausen und Mittagessen Z O R N S E M I N A R E | Rita Zorn, Rechtsanwältin | Blumenweg 1 | 76593 Gernsbach Tel. 0 72 24 – 65 58 22 | Fax 0 72 24 – 65 67 70 | Email: [email protected] | www.zorn-seminare.de Thema Ganz oben Dr. Matthias Siegmann ist Anwalt am BGH und vermisst das Reisen In roter Robe auf rotem Teppich. Dr. Matthias Siegmann ist seit 2007 Anwalt am BHG. Anwälte können heute bundesweit prozessieren, vor allen Gerichten – fast allen. Wer dagegen als Anwalt vor dem BGH in Zivilsachen auftreten will, kann sich nicht einfach eine rotbraune Robe kaufen und loslegen. Er muss gesondert zugelassen werden. So sehen es §§ 782 Abs. 1 S, 3 ZPO, 162 ff BRAO vor. Immer dann, wenn der BGH es für notwendig erachtet, dass es neuer Anwälte mit BGH-Zulassung bedarf, kommt das Ernennungsverfahren in Gang. So war es auch im Herbst 2004. Da unterrichtete der Präsident des BGH die Präsidenten der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer am BGH, dass er beabsichtige, den entsprechenden Wahlausschuss einzuberufen, um ihm die Neuwahl von Rechtsanwälten vorzuschlagen, und bat um Vorschlagslisten. Auf der Liste der Bundesrechtsanwaltskammer stand auch Dr. Matthias Siegmann. Was nun folgte, waren Gespräche mit den so genannten Erst- und Zweitberichterstattern, das Vorlegen von Arbeitsproben und langes Warten. Warten darauf, ob und – wenn ja – an welcher Stelle der Vorschlagsliste er stehen wird. Der Wahlausschuss setzte 14 Anwärter auf die Liste und meinte: Sieben neue BGH-Anwälte sollten zugelassen werden. Dr. Siegmann hatten sie auf Nummer acht platziert. Ein weiterer Kollege 18 ADVOICE 02/10 hatte es gar nicht auf die Liste geschafft. Beide wehrten sich (unabhängig voneinander), ließen das Auswahlverfahren höchstrichterlich überprüfen. Das Ergebnis: Dr. Siegmann war (noch) nicht beschwert, da der abschließende Entscheidungsträger, das Bundesjustizministerium, ihn (noch) nicht abgelehnt habe. Und übrigens sei das Bundesjustizministerium weder an die Anzahl der laut Wahlausschuss benötigten Anwälte noch an die Reihenfolge, sprich: den Listenplatz, gebunden. Davon machte das Ministerium dann auch Gebrauch, benannte alle 13 verbliebenen Anwälte. Einer hatte zwischenzeitlich seine Bewerbung zurückgezogen. So wurden schließlich im Frühjahr 2007 dreizehn neue Anwälte zum BGH zugelassen. Dr. Matthias Siegmann war dabei, erfuhr von seiner Wahl Ende April 2007 per Fax. Seither fallen in seine Zuständigkeit BGH-Streitigkeiten. Und das sind nicht nur spektakuläre große Fälle, mit denen sich Rechtsgeschichte schreiben lässt: „Ein erheblicher Bruchteil der Fälle hat einen Streitwert unter 1.000 €. Da sind Insolvenzsachen, Betreuungssachen und Abschiebehaftsachen dabei“, berichtet Dr. Siegmann. Und für manche sei das ein Grund, sich dann doch nicht für die Zulassung beim BGH zu bewerben. Fotos: Sascha Mönch BGH als Revisionsinstanz Der BGH ist in erster Linie Revisionsinstanz. Hier wird wissenschaftlich argumentiert, werden Grundsatzentscheidungen getroffen, wird das Recht fortgebildet. Das erfordert besondere Kenntnisse, womit sich letztendlich auch der erlauchte Kreis der BGH-Anwältinnen und -Anwälte begründet. Wer einmal BGH-Anwalt ist, tritt ausschließlich vor dem BGH, den anderen Obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe, dem Bundesverfassungsgericht sowie zwischenstaatlichen Gerichten (z. B. dem Europäischen Gerichtshof) auf. Materiell-rechtlich sind BGH-Anwälte breit aufgestellt, entgegen dem Trend der Spezialisierung der Anwaltschaft. „Ja, das wird durchaus kritisiert. Aber ich arbeite ja nicht im luftleeren Raum, sondern auf Basis der Gerichtsakten. Und das materiell rechtliche Spezialwissen haben die Instanzanwälte.“ Die sind, jedenfalls bei Dr. Siegmann, mit Abgabe des Mandates nicht außen vor: „Ich spreche meine Schriftsätze mit den Instanzkollegen durch“, beschreibt Dr. Siegmann den Umgang mit den Kollegen und ist sich nicht zu schade, Änderungsvorschläge zu übernehmen. Seine Fälle bekommt er sehr oft durch Empfehlung gerade jener Instanzanwälte, die ihn kennen. Thema Nicht international zuständig Auch der Fall, der letztendlich in der BGH-Entscheidung VI ZR 23/09 (GRUR 2010, 461 ff) mündete, war eine solche Empfehlung. Eine Kölner Kanzlei klingelte bei Dr. Siegmann an: „Ich hab’ einen interessanten Fall – haben Sie Lust?“ Der russische, in Deutschland lebende Kläger ging gegen die Verlegerin der New York Times vor. Stein des Anstoßes war ein Artikel, der ihn als „Goldschmuggler“ und „Täter einer Unterschlagung“ bezeichnete, dessen Unternehmen laut amerikanischen und deutschen Ermittlungsbehörden Teil der russischen Kriminalität sei. Weiter ging es in dem Artikel um vermeintliche Verbindungen des Klägers zum organisierten Verbrechen in Russland. Der Bericht war im OnlineArchiv der New York Times weltweit abrufbar. Die beiden Vorinstanzen hatten die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit verneint. Ja, Rechtsanwalt beim BGH Dr. Siegmann hatte Lust, diesen Fall zu übernehmen. Nun folgte das, was üblicherweise folgt: Er ließ sich zunächst die beiden vorinstanzlichen Urteile schicken, auf dessen Grundlage er das Rechtsmittel, eine Nichtzulassungsbeschwerde, einlegte: „Die Akten fordere ich nicht selbst bei den Instanzgerichten an. Das macht auf entsprechenden Antrag der BGH und schickt sie mir dann zu.“ Ich bin erstaunt. Aber so ist das. BGH-Anwälte müssen ihre Kanzlei in Karlsruhe haben. Hoffen auf eine Idee Bevor es zu einer ersten Entscheidung über das Rechtsmittel kommt, nämlich, ob die Revision zugelassen wird, vergehen Monate: „Ich habe einen Monat Frist, das Rechtsmittel einzulegen, dann einen weiteren Monat gesetzliche Begründungsfrist und üblicherweise wird die um weitere zwei Monate verlängert.“ Dr. Siegmann überlegt kurz: „Dann hoffen Sie, dass Sie eine Idee haben.“ Er lacht. Im Fall des Artikels der New York Times im Internet gab es zur internationalen Zuständigkeit bis dato keine höchstrichterliche Entscheidung, aber unterschiedliche OLG-Rechtsprechung. Damit sah der BGH grundsätzliche Bedeutung und ließ die Revision zu. Die hatte schließlich Erfolg und Dr. Siegmann an der Rechtsfortbildung mitgewirkt, auch wenn das für ihn, wie er sagt, nur ein Nebenaspekt ist: „Primär bin ich Interessenvertreter meines Mandanten.“ Obwohl – sein Mandant war es ja nicht von Anfang an. Er tritt ja immer erst in der obersten Instanz in den Ring. Dann, wenn andere Kollegen bereits den Sachverhalt gestaltet und den Prozess geführt haben. Er lässt das in seiner Instanz immer nur überprüfen. „Ja, das Gestaltende fehlt schon. Dafür habe ich oft sehr interessante Themen und mache Bekanntschaft mit interessanten und besonderen Menschen“, resümiert Dr. Siegmann und fügt hinzu: „Ich hab ein wenig Ausgleich, da ich auch beratend tätig bin.“ Er überlegt kurz: „ Ganz ehrlich? Was mir wirklich fehlt, ist das Reisen.“ Dennoch – bereut habe er die Annahme des Mandats als BGH-Anwalt nicht. Gericht & Richter nicht neu Seine erste Verhandlung in der rotbraunen Robe hatte er zwei Wochen nach seiner Ernennung. Ganz neu waren ihm weder Gerichtssaal noch Richter. Bereits seit 1999 war er regelmäßig auch in mündlichen Verhandlungen vor dem BGH zugegen, hatte als amtlich bestellter Vertreter eines Kollegen in Verfahren mitgewirkt. Und nicht zuletzt war auch sein eigenes Verfahren um die Ernennung nicht ganz unbemerkt geblieben. So war an diesem ersten Verhandlungstag als Rechtsanwalt am BGH viel Vertrautes dabei. Dr. Siegmann erinnert sich noch sehr gut an die Verhandlung: „Der Vorsitzende führte aus, dass das Berufungsurteil falsch sei, da der geltend gemachte Anspruch bestünde. Dann meinte er: „Das ist der Teil, der Herrn Siegmann gefallen wird. Und nun kommt der andere Teil: Der Anspruch ist verjährt.’“ Dr. Siegmann trägt’s mit Fassung. Der Kollege aus den Vorinstanzen sei leicht blass geworden, meint sich Dr. Siegmann zu erinnern, weiß aber: „Natürlich kommt es vor, dass einem der Senat zeigt, was man hätte besser machen können. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer. So ein Fall entwickelt sich, Gegebenheiten verändern sich oder sind unterschiedlich zu beurteilen. Das heißt ja nicht, dass der vorinstanzliche Anwalt einen Fehler gemacht hätte.“ Und schließlich sei so mancher Senat immer für eine Überraschung gut. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Fotos: Sascha Mönch ADVOICE 02/10 19 Thema Ignorantia non est argumentum Die schönsten lateinischen Imponier-Sprüche für die mündliche Verhandlung Spätestens wenn der Richter die „exceptio praesentiae mandatorum“ erklärt, darf es kein Halten mehr geben: Ring frei für die Anwälte, um vor den mit zum Termin angereisten Mandanten zu posen, was das Zeug hält. Richter (und Juristen ganz allgemein) nicht rechnen könnten. Vielmehr ist gemeint, dass für die Richter nicht die schiere Zahl der Argumente entscheidend ist. Sondern, dass es vielmehr auf die juristische Qualität des einzelnen Arguments ankommt. non est in actis non est in mundo”. Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist nur (oder besser: sollte laut ZPO nur sein), was die Parteien schriftsätzlich vorgetragen oder zu Protokoll gegeben haben. Ob diese prozessleitende Maßnahme, deren Erfindung einem Richter am Arbeitsgericht Hamm nachgesagt wird, jemals in die ZPO Einzug halten wird, muss bezweifelt werden. Schaden kann es aber in keinem Fall, das Arsenal anwaltlichen Imponiergehabes mit ein paar lateinischen Sentenzen aufzurüsten. Wir haben in den Tiefen einer fast 3.000jährigen Rechtstradition geforscht, um – gewissermaßen mundgerecht für den heutigen Gebrauch – einige Stücke zu präsentieren, die es ermöglichen sollen, dem eigenen Plädoyer einen Hauch von Cicero zu verleihen. „Ignorantia iuris nocet“ meint eigentlich, dass Unkenntnis des Verbotsgesetzes nicht vor Strafe schützt. Lässt sich aber auch als freundlicher Hinweis an die Gegenseite verwenden, sich doch bitte zunächst mit der geltenden Rechtslage vertraut zu machen. Auf jeden Fall gibt es für diesen Satz mehr Snob-Punkte als für ein schlicht-deutsches „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!“ Wenn aber auch tausend Worte die Wirkung des unmittelbaren Eindrucks nicht ersetzen können, fordert man das Gericht zur Einnahme des Augenscheins auf: Überzeugen Sie sich selbst – „nulla est maior probatio quam evidentia rei”. Für Anfänger und zum Warmlaufen ist die „conditio sine qua non“, die nicht wegzudenkende Bedingung, die vermutlich jedermann noch aus der Deliktsrechtvorlesung bekannt ist. Gleiches gilt für „Pacta sunt servanda“. Dass Verträge einzuhalten sind, scheint eine Binsenweisheit zu sein. Doch machen gerade die zahlreichen tatsächlichen und vermeintlichen Ausnahmen zu dieser Regel einen Großteil der Arbeit der zivilrechtlich tätigen Anwälte aus. Vorsicht ist geboten bei der Verwendung von „Iudex non calculat“. Es geht nicht darum, dass Wenn nun die Gegenseite glaubt, das Urteil des Gerichts vorweg nehmen zu müssen, ist lässig ein „Iura novit curia“ anzubringen, um in Erinnerung zu bringen, dass immer noch das Gericht für die Urteilsfindung zuständig ist. Geprägt worden ist der Satz allerdings in dem Sinn, dass das Gericht das Recht kennt und anwaltlicher Rechtsvortrag daher nicht erforderlich ist. Soweit die Theorie. Erste Aufgabe des Anwalts ist es sicher, den entscheidenden Tatsachenvortrag zu bringen, damit das Gericht die – vom Anwalt selbstverständlich vorher erkannte, einzig mögliche – Rechtsfolge ausspricht: „da mihi facta, dabo tibi ius“. Denn schließlich gilt jedenfalls im Zivilprozess: „Quod Schön wie ein Pfau: Mit lateinischen Sentenzen wird der Auftritt in der mündlichen Verhandlung zum unvergesslichen Erlebnis. 20 ADVOICE 02/10 Wo wir schon bei der Beweisaufnahme sind: Immer wieder gibt es Zeugen und vor allem Sachverständige, die sich nicht auf ihre Wahrnehmungen zur Sache beschränken wollen, sondern sich zu rechtlichen Einschätzungen berufen fühlen. Das „Anti dotum“ hierfür lautet: „testis non est iudicare!“ Wenn die Gegenseite (oder auch das Gericht) sich in tollkühnen Versuchen der Rechtsfortbildung ergeht, sei als Gegenmittel ein kühles „a verbis legis non est recendum” empfohlen, um das juristische Expertengespräch wieder auf den Wortlaut des Gesetzestextes zurückzuführen. Dem verbreiteten Irrtum, aus nichtamtlichen Überschriften der Paragraphen (etwa im BGB) einen rechtlichen Gehalt ableiten zu können, begegnet man am besten mit „rubrica legis non est lex”. Thema Wo allerdings allzu kleinkariertes Kleben am Wortlaut des Gesetzes das im Sinne des eigenen Mandanten für recht und billig Erkannte zu beeinträchtigen droht, erkläre man selbstbewusst: „Scire leges non hoc est verba earum tenere, sed vim ac potestatem”. Der Rückgriff auf den (selbst erkannten) Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift eröffnet weite Räume schöpferischer Rechtsfindung. Poser-Latein – Die Übersetzung Ignorantia non est argumentum – Unwissenheit ist kein Argument Exceptio praesentiae mandantorum – soll heißen: Ausnahme der Anwesenheit der Mandanten Conditio sine qua non – Bedingung, ohne die nicht Und wo man sich der Gegenseite ohnehin in allen Belangen überlegen und des Sieges gewiss fühlt, garniere man den eigenen Vortrag mit einem ironischen „Id fieri potest, ut fallar” – Mag sein, dass ich mich täusche! Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Wir haben Cicero versprochen. Hier kommt Cicero: „Legibus idcirco omnes servimus ut liberi esse possimus“ – Den Gesetzen gehorchen wir nur deswegen, um frei sein zu können (Cicero, pro Cluentio 53, 146). Die Stunde des Pathos ist angebrochen, und so schicken wir gleich noch hinterher: „Idem ius omnibus“ (Gleiches Recht für alle) und „Aliis ne feceris, quod tibi fieri non vis”, denn: Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu! Iura novit curia – Das Gericht kennt das Recht. Wem es mit dem lateinischem Blendwerk zu bunt wird, der rufe aus: „Situs vilate inis et avernit!“ Bevor jetzt die Lateiner unter den FORUMsKollegen sich verzweifelt in ihren (oder von ihrem) Kleinen Stowasser stürzen, geben wir die Auflösung. Die setzt allerdings eine gewisse Vertrautheit mit dem rheinischen Sprachgebrauch voraus: Si(eh)t us wi(e) Latein, is et aver nit! A verbis legis non est recendum – Von den Worten des Gesetzes gibt es kein Abweichen. RA Percy Ehlert, Berlin Iudex non calculat – Der Richter rechnet nicht. Ignorantia iuris nocet – Rechtsunkenntnis schadet. Da mihi facta, dabo tibi ius – Gib mir die Tatsachen, ich werde dir das Recht geben. Quod non est in actis non est in mundo – Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt. Nulla est maior probatio quam evidentia rei – Es gibt keinen besseren Beweis als den Augenschein. Antidotum – Gegengabe, Gegengift Testis non est iudicare – Der Zeuge hat nicht zu urteilen. Rubrica legis non est lex – Die Überschrift des Gesetzes ist nicht das Gesetz. Scire leges non hoc est verba earum tenere, sed vim ac potestatem – Die Gesetze zu kennen heißt nicht, sich an ihren Wortlaut zu halten, sondern an ihren Sinn und Zweck (P. Iuventius Celsus). Id fieri potest, ut fallar – Es kann sein, dass ich mich irre. Aliis ne feceris, quod tibi fieri non vis – Tu anderen nicht, was du nicht willst, das dir geschehe. 1/2 Fotos: 1) Herbert Pelika-pixelio.de 2) Pippa West_fotolia.com 3) Tobias Sommer 3 ADVOICE 02/10 21 Thema Von Willkür, Macht und Männern Eine Nachhilfestunde in Rechtsethik Der Jurist im Allgemeinen und Speziellen tut sich schwer mit dem Begriff der Rechtsethik. Hat er doch gelernt, Gesetze, die ihm in die Hand gegeben werden, anzuwenden. Es ist ihm noch nicht einmal übel zu nehmen, bedenkt man, dass philosophische Fragestellungen, die rechtliches Handeln durchleuchten und reflektieren, schon an den Unis ein eher stiefmütterliches Dasein fristen. Hier täte gewiss Nachhilfe Not, denn die Gesetzesväter (es waren im Schwerpunkt Männer, was als historische Fehlentwicklung gedeutet werden mag) haben nämliche Rechtsethik zur Grundlage ihrer Rechtsetzung gemacht. Ein Blick in Nachschlagwerke wie Craifields, Brockhaus und Deutsches Rechtslexikon sorgt für Über raschung: Rechtsethik ist keinem Herausgeber ein eigenes Kapitel wert. Hat der Studenten-Mainstream also Recht, wenn er diesen nicht examensrelevanten Vorlesungen gleich von Anfang an fernbleibt? Nein, denn – zu früh gefreut! – will Rechtsethik als Unterdisziplin der Rechtsphilosophie verstanden werden. Erneutes Blättern in Enzyklopädien fördert Erfreuliches zutage. So der Brockhaus: „Wissenschaftszweig, der sowohl der Philosophie als auch der Rechtswissenschaft sowie der Politikwissenschaft zugeordnet werden kann und sich mit Ursprung, Zweck und Struktur, Legitimation, gesellschaftlicher Rolle und Geltung eines Rechts befasst ...“ Ethik und Recht, zunächst wesensverschieden, fließen zusammen und werden in ein Bedingungsgefüge verwoben. Denn Recht als im objektiven Sinne gemeinte Gesamtheit staatlich institutionalisierter Regeln trifft auf die Vorstellung von einer sittlich guten Lebensführung. Recht wird gewissermaßen weiter determiniert. Das, was gemeinhin als Moral bezeichnet wird, definiert Ethik, und zwar nicht auf eine einzelne Lebensanschauung bezogen, sondern auf die Summe aller Lebensentwürfe, die ein menschliches Zusammenleben ermöglichen. Ethik kann sowohl Lebensformen und Gewohnheiten beschreiben, so gesehen sie deskriptiv an setzt. Andererseits sie normativ, also vorschreibend Aussagen zum menschlichen Handeln trifft. Auf der Metaebene kann sie moralisches und unmoralisches Tun auf „richtig“ und „falsch“ analysieren und praktisch angewandt, kann sie sich mit unterschiedlichen Handlungskontexten befassen. 22 ADVOICE 02/10 Es gibt eine ganze Reihe von Berührungspunkten zwischen juristischer Praxis und der Rechtsethik, die in der thematischen Auseinandersetzung größeres Verständnis für Normen und letztlich auch die daraus resultierende Rechtsprechung fördert. Zivilrecht, § 138, 242 BGB Echte Klassiker im Grundstudium Rechtswissenschaften sind die „Einfallstore“ der Verfassung, nämlich jene Normen, die erst mit Grundgesetzbezug ausgefüllt werden. Bestens bekannt sind die Paragraphen 138 und 242 BGB. Solche Rechtsgeschäfte sind nichtig, die gegen die guten Sitten verstoßen, so § 138 Abs. 1 BGB. Leistungen sind in der Weise zu erbringen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, schreibt § 242 BGB vor. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie gute Sitten, Treue, ja Glauben bedürfen der Erläuterung. Äußerst hilfreich bei der Anwendung der Normen ist vorab ein profundes Gespür für das, was „gut“ und was „schlecht“ ist. Nach normativ ethischem Ansatz, vereinfachend auf den Punkt gebracht, könnte der Lehrsatz lauten: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Kantscher Imperativgedanke ertönt in Reinform. Der Blick in die juristischen Kurz-Kommentare zeigt, wenn auch nur kursorisch, eine Verbindung über verfassungsmäßige Grundsätze zu dem auf, was gut, also ethisch vertretbar ist und was nicht. Daraus leitet sich ab, dass solche Rechtshandlungen sittenwidrig werden, wenn sie das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verletzen. So sah es das Reichsgericht (RG 80, 221) und so sieht es auch der Bundesgerichtshof (BGH NJW 2004, 2668/70) noch heute. Eine klare Konkretisierung jedoch, was „richtig“ und was „falsch“ ist, kommt damit nicht zum Ausdruck. Unter Zuhilfenahme des im Grundgesetz verkörperten Wertesystems werden derlei unbestimmte Rechtsbegriffe erst handhabbarer gemacht. Die Motive, die sich hinter den Grundgesetzartikeln verbergen, können schlussendlich nur dann vollends nachvollzogen und verstanden werden, wenn ein geschichtliches Gespür aber auch eine ethische „Grundausbildung“ vorhanden sind. Strafrecht Anders als im Zivilrecht sind Strafrechtsnormen deskriptiv klar und vermeiden jegliche Unschärfe. Das resultiert aus verfassungsmäßigen Garantien wie dem Analogieverbot zu Lasten des Täters und dem Ausschluss der Rückwirkung. Dass Klarheit die Freiheit beschränkenden Gesetze regiert, ist keine Selbstverständlichkeit und geht unmittelbar auf ethische Überlegungen zurück, nämlich auf jene, die gleiche Teilhabe aller Menschen zum Inhalt hatten. Soziale Ungleichheit aufgrund ständischer Zugehörigkeit brachte Bürgern jahrhundertelang ein völlig unberechenbares Strafsystem, in welchem Folter legitim und Strafmaß allein der regierenden Klasse Zeichen der Macht waren. Willkürabschaffung, Beendigung feudaler bzw. totalitärer Strukturen und Hinwendung zu allgemeiner Gleichheit vor dem Gesetz sind ethisch-moralische Er rungenschaften der jüngeren Geschichte. Völkerrecht Über den Tellerrand der eigenen anwaltlichen Tätigkeit geschaut, offenbaren sich scheinbar fernliegende Rechtsthemen. Das Völkerrecht etwa tangiert nur den vermeintlichen Kriegsverbrecher, supranational tätige Energiekonzerne oder Entwicklungshilfeorganisationen. Doch bereits bei der Festlegung für weltweit geltende Humanstandards, in denen die Politik in besonderem Maße gefordert ist, greifen ethische Maßstäbe, nämlich solche der angewandten Ethik. So wäre es glatt verfehlt, beispielsweise die Frage der Klimaerwärmung nur aus der naturwissenschaftlichen Sicht zu betrachten. Darf ein Land, dass „humanitär interveniert“ hat, wie militärische Einsätze im UNO-Jargon bezeichnet werden, im Nachhinein über Recht und Unrecht, letztlich über die Konfliktparteien selbst richten? Eine Problemstellung, die schon bei den Nürnberger Prozessen (1945-1949) kontrovers besprochen wurde und heute an Aktualität nichts eingebüßt hat, was die Bildung von international agierenden Gerichten in unserer Zeit verdeutlicht. RA Patrick Ruppert, Köln Preisausschreiben Fachanwaltskurs zu gewinnen! Mit Beitrag für die AdVoice zum FA-Kurs bei der DAA Wir wollen mit Foto ein einer ! ✍ Geschichte Bei der Wahl des Themas seid Ihr frei - ein gewisser Bezug auf das Leben als Anwalt sollte aber erkennbar sein. Als Anregung können die Schwerpunkte der beiden nächsten Hefte dienen: Alter (III/10) und Reviere (IV/10). Das Bild brauchen wir in möglichst hoher Auflösung. Mit der Einsendung des Bildes erklärt Ihr, über die Bildrechte zu verfügen und der Veröffentlichung in der AdVoice zuzustimmen. Die Geschichte zum Bild darf sehr kurz, gerne aber auch eine kleine Reportage sein. Bei etwa 8.000 Zeichen (einschließlich Leerzeichen) ist allerdings Schluss. Der Text darf wissenschaftlich ambitioniert sein oder aus dem prallen Leben gegriffen oder einfach gut erfunden. Der Preis wird unter allen ernstzunehmenden Einsendungen ausgelost. Zu gewinnen ist ein Fachanwaltskurs der DeutscheAnwaltAkademie. Ort und Fachrichtung kann der Gewinner im Rahmen der Verfügbarkeit des Angebots frei wählen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Teilnahmeberechtigt sind Mitglieder des FORUM und alle, die jetzt schnell noch beitreten. Bitte schickt Euren Beitrag an [email protected] | Einsendeschluss ist der 30. Juli 2010 Nach Möglichkeit werden sämtliche eingereichten Beiträge in der AdVoice veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, die Beiträge zu bearbeiten. > www.davforum.de FORUM Junge Anwaltschaft Thema Denn das erste Plädoyer zählt Über den „Ankereffekt“ im Strafprozess In gerichtlichen Strafverfahren sieht es die Strafprozessordnung vor, dass dem Angeklagten das letzte Wort zukommt. Zumeist endet die Erhebung aller Informationen für die Urteilsfindung des Richters mit dem Plädoyer des Verteidigers, wenn der Angeklagte das Wort nicht ergreift. Wie Untersuchungsreihen in der Psychologie nunmehr belegen, beeinflusst eine zuerst genannte Zahl, somit auch die geforderte Strafhöhe eines Staatsanwalts, alle weiteren Ergebnisse maßgeblich. Dieses Phänomen wird als Ankereffekt bezeichnet. Gerade für die Arbeit von Strafverteidigern könnte die Beachtung dieses Effektes von hoher Bedeutung sein. In der sozialpsychologischen Grundlagenforschung wird der Ankereffekt den sogenannten Urteilsheuristiken zugerechnet. Hinter Heuristik verbirgt sich der Begriff, mit nur begrenztem Wissen und wenig Zeit, praktikable Lösungen zu finden. Unter der Ankerheuristik wird in der Kognitionspsychologie wiederum jene Urteilsheuristik verstanden, bei der sich das Urteil durch eine unbewusste mentale Abkürzung an einem solchen Anker orientiert. Dieser kann auch durchaus willkürlich gesetzt werden. Konkret bedeutet dies, dass eine vorher gegebene Information – hier in Form einer Zahl – zum Ausgangspunkt für die weitere Einschätzung oder auch Entscheidung gemacht und das Ergebnis an diese Zahl angepasst wird. Grundsätzlich benötigen Menschen Urteilsheuristiken, um in kurzer Zeit Entscheidungen treffen zu können, insbesondere wenn nur wenige Informationen vorliegen und das Ergebnis noch nicht fest steht. Tatsächlich kann dieser Ankereffekt zu Urteilsverzerrungen führen. Forschungen dazu haben unter anderem die Wissenschaftler Tversky und Kahnemann betrieben und im Jahr 2002 dafür den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten. Mit der Wirkung dieses Ankereffektes in juristischen Verfahren, gerichtlich und außergerichtlich, hat sich auch die Sozial- und Rechtspsychologin Prof. Dr. Birte Englich (Universität zu Köln) vertieft beschäf tigt und Resultate ihrer Arbeit auf dem 14. Media tions-Kongress zum Thema Empirie und Mediation der Centrale für Mediation am 29./30. April 2010 in Bonn vorgetragen. Englich hat bereits eine Vielzahl von Studien und Tests zu der Relevanz für Strafprozesse durchge führt. Im Rahmen ihrer Forschung ergab sich aus der Analyse von Justizakten, dass es einen Zusam menhang zwischen der Forderung des Staatsan- walts und dem richterlichen Urteil gibt, der auf den Ankereffekt schließen lässt. Um dieser Hypothese auf den Grund zu gehen, wurden in mehreren Versuchsreihen Juristen jeweils ein strafrechtlicher Fall vorgelegt, bei dem alle Probanden dieselben Informationen erhielten – mit der Ausnahme von unterschiedlichen Staatsanwaltsforderungen zur Strafhöhe. Englich vertritt die Auffassung, dass selbst bei einer intensiven Aufklärung über den Ankereffekt dieser nicht einfach überwunden werden könnte. Überlegenswert wäre, die Reihenfolge der Plädoyers zugunsten des Angeklagten so zu verändern, dass der Verteidiger das erste Wort hätte. Dies sei aber letztlich eher eine politische denn eine juristische Entscheidung. Um die Komplexität zu steigern, wurde als fiktive Straftat eine Vergewaltigung gewählt und zahlreiche schwierig zu bewertenden Zeugenaussagen eingebracht. Die Versuchsteilnehmer sollten dann ein Urteil fällen. Es zeigte sich, dass sich das Strafmaß bei den verschiedenen Testpersonen auffällig an der jeweiligen Forderung der Staatsanwaltschaft anlehnte. Um dem Ankereffekt entgegen zu wirken, nütze dass Wissen darum nicht allein. Stattdessen sei es aber hilfreich, sich hinreichend mit Gegenargumenten zu beschäftigen. Dies wirke allerdings nicht präventiv, sondern müsse nach der Nennung der ersten Zahl statt finden. Dennoch – ganz lasse sich diese Wirkung des Ankers nicht verhindern, so Englich. Bemerkenswerterweise kam es auch dann zu einem solchen Resultat, als die Versuchspersonen die staatsanwaltliche Forderung selbst erwürfeln mussten. Hierzu wurde ein Diebstahlsfall vorgegeben. Die beiden Würfel waren vorher so verändert worden, dass sie entweder eine Augenzahl von insgesamt 3 oder eine von 9 anzeigten. Die Versuchsteilnehmer sollten zunächst einschätzen, ob sie das erwürfelte Strafmaß für zu hoch, zu niedrig oder für angemessen hielten und danach zu einem eigenen Urteil kommen. Die skizzierten Experimente zeigen einen kleinen Ausschnitt aus der Forschung zum Ankereffekt. Daraus lässt sich jedoch erahnen, dass es sich vor allem für in der Strafrechtspflege tätige Rechtsanwälte lohnen dürfte, sich eingehend mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mandanten werden es danken. RAin Söhret Gök, Köln Urteilsrisiko Ankereffekt. Foto: Dieter Kreikemeier_pixelio.de Auch hier orientierte sich das so gefundene Strafmaß an der Zahl der erwürfelten Augen. Selbst als die Teilnehmer bemerkten, dass die Würfel manipuliert worden waren, hatte dies dem Ankereffekt keinen Abbruch getan. Englich unterstrich hierzu, dass es bereits ausreichend sei, wenn irgendeine Zahl in den Raum gestellt werde, über die einen kurzen Augenblick nachgedacht würde. In weiteren Versuchen, bei denen sich Verteidiger zu dem Strafmaß äußern sollten, nachdem sie wiede rum eine – manipulierte – staatsanwaltliche Forde rung gehört hatten, war ebenfalls eine Verzerrung durch den Ankereffekt beobachtet worden. Bei der anschließenden Frage an die Verteidiger, welche Verteidigungsstrategie sie verfolgt hätten, war häufige Antwort: sie hätten versucht, das Beste für den Mandanten herauszuholen oder es sei Ziel gewesen, ein Gegengewicht zur Staatsanwaltsfor derung zu bilden. Bei umgekehrtem Versuchsaufbau – der Verteidiger plädierte zuerst – war ein entsprechenden Ankereffekt sowohl beim Staatsanwalt als auch beim Richter feststellbar – die Strafe im Urteil orientierte sich am Verteidigervotum. ADVOICE 02/10 25 Thema Lob des Bauchgefühls Kriminalistische Akribie alleine reicht nicht Gefühl im Oberbauch: Kriminalistik und Kriminologie bieten feine wissenschaftliche Werkzeuge zur Aufklärung von Straftaten ... War er‘s oder war er‘s nicht? Jedem von uns, der schon einmal Strafsachen bearbeitet hat, schoss so manches Mal diese eine Gretchenfrage durch den Kopf. Entschuldigt bitte, dass ich bewusst die Männerwelt als potentiellen Straftäter klassifiziere, aber nachweisbar ist der Anteil männlicher Straffälliger höher als der weiblicher. Allerdings ist auf die wissenschaftlich erwiesene Regel allein eben doch kein Verlass. Auf einer Fortbildungsveranstaltung referierte ein bekannter Detektiv, und der machte aus seiner Meinung keinen Hehl, dass es ein Widerspruch in sich sei, Juristen in Strafsachen verhandeln zu lassen. Die seien nämlich weiter weg von Kriminologie oder gar Kriminalistik als der Mars von der Erde. Was sollte das bedeuten? Hatte diese Ikone der Kriminalistik völlig verkannt, dass Juristen sehr wohl im Stande waren, einen Sachverhalt nicht nur zu lesen, sondern auch tatsächlich zu durchdringen? An dem Lesen hatte er keinen Zweifel. Große Bedenken hatte er hingegen bei dem buchstäblichen Durchdringen des Sachverhaltes. Seiner Meinung nach ist der Jurist dazu befähigt, den Fall juristisch zu kategorisieren und das Kind beim Namen zu nennen, nicht jedoch, den Tathergang zu rekonstruieren. Hierbei helfe vielmehr die 26 ADVOICE 02/10 Kriminologie als die Lehre vom Verbrechen sowie die Kriminalistik weiter. Für all jene, die Kriminologie und Kriminalistik bisher für ein und dasselbe hielten, noch einmal kurz zur Erläuterung: Die Kriminologie im klassischen Sinne dient der von einem konkreten Fall losgelösten Erkenntnisgewinnung über die Ursachen und Erscheinungsformen von Kriminalität. Die Kriminalistik hingegen befasst sich mit konkreten Fragestellungen der Verbrechensprävention sowie der Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten. Verbrechervisagen Ins Leben gerufen wurde der Begriff der Kriminologie erstmals im Jahre 1876 von dem Mediziner Cesare Lombroso. Zu jener Zeit veröffentlichte er sein Werk „L‘ uomo delinquente“, zu deutsch „Der Verbrecher“, in welchem er die These aufstellte, Straffällige seien anhand physiologischer Merkmale erkennbar. Doch diese Sichtweise ist glücklicherweise überholt. Man stelle sich vor, nur Dunkelhaarige mit buschigen Augenbrauen und eng zusammenstehenden Augen kämen als Täter in Betracht. Was für eine Farce! Das Leben ist nicht in der Form erfassbar, dass man sich den „0815-Fahrplan“ zum Aufspüren von Tätern zugrunde legen kann. Die verübte Tat ist vielmehr als ganz eigene, individuelle Tat zu bewerten, wobei wir sogleich bei dem eingangs angesprochenen Bauchgefühl wären. Hilfreich ist zunächst sicher, ein gewisses Grundraster abzuspulen, wenn man Strafsachen bearbeitet. Dazu gehören die folgenden Fragestellungen: Wer ist das Opfer, wer der vermeintliche Täter, was ist passiert und welches ist das Motiv? Bei dem Motiv liegt das Einfallstor für jenes Gefühl, das sich im Bauch breit macht, wenn ich einen Fall studiere bzw. meinen „ach so unschuldigen“ Mandanten vor mir sitzen sehe. Wäre ich Kriminologin, so würde ich rein wissenschaftlich vorgehen: Man kreise den Täter ein, indem man täter- und gesellschaftsorientiert vorgehe und zudem sogenannte multifaktorielle Ansätze berücksichtige. Der Kriminalist hingegen zieht eine fertige Verbrechensmuster-Analyse aus dem Hut. Hinsichtlich des dazugehörigen Täters bezieht er die allgemeine Profilanalyse mit ein und unterzieht das Zwischenergebnis sodann der aus der Verbrechensbekämpfung stammenden Kontrollmethoden-Analyse. Das alles ist wissenschaftlich fundiert, im Ergebnis sehr erfolgreich, allerdings auch recht zeitaufwendig. Kurz gefasst ist die Beantwortung der folgenden Fragen Gegenstand der Tätigkeit der Kriminalisten: Wer? Wo? Wann? Wen? Was? Wie? Womit? Warum? Thema Intuition für das „WARUM?“ Gerade das „Warum?“ kann oftmals helfen, kriminalistische Arbeit zu erleichtern bzw. abzukürzen. Die Frage nach dem Motiv kann tiefe Einblicke in die vorliegende Tat gewähren. Dazu benötigt die Anwältin, deren Aufgabe es ist, den Mandanten so effektiv wie möglich zu verteidigen bzw. dem Opfer so gut es geht zu seinem Recht zu verhelfen, eine große Portion an Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl. Diese Kompetenzen sind mindestens bei zwei Gelegenheiten gefragt: beim Erstgespräch, das meist kurz nach der dem Mandanten zur Last gelegten Tat stattfindet. Und dann erneut in der Hauptverhandlung vor Gericht. Spätestens jetzt muss der Verteidiger zeigen, ob er mehr kann als nur auf der juristischen Klaviatur zu spielen. Wie glaubwürdig tritt mein Mandant als Angeklagter auf? Welchen Eindruck machen die Zeugen und wie oft wird der gleiche Inhalt ausgesagt? Treten Widersprüche oder sonstige Ungereimtheiten auf? Welche Beweismittel gibt es noch? Passen diese zum Tatvorwurf? Erscheinen diese plausibel? Sicherlich wird es gerade in Fällen mit mehreren in Betracht kommenden potentiellen Straftätern unter Schusswaffengebrauch in erster Linie auf Ballistiker ankommen, die rekonstruieren können, aus welcher Waffe die tödliche Kugel stammte. Aber in dem Gros der Fälle ist eine erste Intuition des Strafverteidigers, die ihm sein Bauchgefühl suggeriert und sein Erfahrungsfundus im Laufe der Tätigkeit am Fall oftmals bestätigt, völlig zutreffend. Die weiteren noch zu klärenden Umstände eines Falles kann man über gezielte Fragetechniken ermitteln unter Einbeziehung der Körpersprache der befragten Personen. 2 Methoden, 1 Ergebnis Der eingangs erwähnte Detektiv meinte, Juristen ohne kriminalistische Vorbildung seien in der Hauptverhandlung in Strafsachen allenfalls Statisten. Seine Arbeit schilderte er uns mit einem Fall, in dem das vermeintliche Opfer mit beiden Armen an das Bett gefesselt mit dem Fuß die Feuerwehr angerufen hatte. Mein erster spontaner Gedanke, ohne weiteres über den Fall gehört zu haben, war: „Die Frau muss Akrobatin gewesen sein, wenn sie ohne weiteres mit dem Fuß die Feuerwehr hat rufen können, und dann noch in einem Zustand nach Vergewaltigung.“ Nach dem Erleben einer Straftat hat man schon ungefesselt unter Umständen große Probleme, überhaupt jemanden zu alarmieren. Und dann sogleich mit dem Fuß zu wählen, klingt zumindest sehr bemerkenswert. Und genau das war die Schwachstelle des Falles, für deren Ermittlung die Kriminalisten – in jenem Fall der Detektiv – mehrere Wochen benötigt hatte, um den Fall komplett zu rekonstruieren und die Unschuld des Angeklagten nachzuweisen. ... aber ohne Intutition angewendet, bleiben diese Werkzeuge im Unterbauch stumpf. Man kann Straftaten wissenschaftlich auf den Grund gehen und versuchen, jedes Detail zu rekonstruieren. Doch ein Großteil dessen kann man bereits erahnen, wenn man gewisse Fakten des Falles kennt und dazu den Angeklagten bzw. die erschienenen Zeugen buchstäblich unter die Lupe nimmt. Durch geschicktes Befragen der Betroffenen kann man dann dem Gericht verdeutlichen, dass eine Aussage wenig glaubhaft ist und der behauptete Sachverhalt Widersprüche und Sprünge aufweist. Gewusst wo’s steht! Daher werde ich auch in Zukunft Strafsachen vor Gericht verhandeln und halte an der Überzeugung fest, dass wir Juristen zur gerechten Urteilsfindung beitragen können. Schließlich sind wir durchaus imstande, bei Bedarf auch kriminologische und kriminalistische Fachliteratur zu bemühen. Da halte ich es mit meinem früheren Klassenlehrer: „Man muss nicht alles wissen. Man sollte allerdings wissen, wo es steht.“ Das Wälzen dicker Bücher ist uns Juristen ja durchaus vertraut. Aber mit gutem „Bauchgefühl“ können wir häufig darauf verzichten. Kriminalistik und Kriminologie bieten feine wissenschaftliche Werkzeuge für die Aufklärung von Straftaten – aber ohne Intuition und Bauchgefühl angewendet, bleiben diese Werkzeuge stumpf. RAin Elke Drouven, Berlin Fotos: Andrea Vollmer ADVOICE 02/10 27 Magazin Zwischen Dojo und Gerichtssaal Von den Lehren der fernöstlichen Kampfkünste zur anwaltlichen Verhandlung Alles begann im Unisport 1996: Ohne an mein Jurastudium zu denken, wollte ich eine Art der Selbstverteidigung erlernen und geriet in den Karate-Kurs für Anfänger. Das traditionelle Dojo war die Sporthalle, der Sensei ein Mitstudent mit Dan-Graduierung. Dort ging es gleich sehr ambitioniert zur Sache. Vom Sensei wurde uns die japanische Etikette vermittelt, also die Verbeugung an der Eingangstür als Zeichen des Respekts vor den Trainingspartnern, das traditionelle Niederknien zu Beginn und Ende des Trainings, die kurze Meditation sowie die Verbeugung vor den verstorbenen Meistern und vor dem Sensei. Das Techniktraining, das meist an den Anfang des Trainings gestellt wird, beinhaltete damals wie heute genau festgelegte Fußstellungen, Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen, eine exakt vorgeschriebene Drehbewegung und verschiedene Arm- und Beintechniken. Auch das Atmen ist genau zu timen, was alles zusammen unheimlich viel Konzentration verlangt, den meisten aber wegen der ästhetischen Bewegungen sehr viel Spaß macht. Flug der Schwalbe Die Bewegungen des Karate wurden lange Zeit nicht aufgeschrieben und deshalb in festgelegten Kata-Formen eingeübt, die nach didaktischen Prinzipien aufeinander aufbauen und nur an ausgewählte Schüler weitergegeben wurden. Sie tragen Namen wie Halbmond (Hangetsu), Liebe und Güte (Jion) oder Flug der Schwalbe (Empi). Die 24 KataFormen der Stilrichtung Shotokan-Karate sind auch heute noch prinzipieller Bestandteil des KarateTrainings und Wettkampfbestandteil. Wie auch im juristischen Studium oder in der Anwaltstätigkeit wird dort die Perfektionierung jeder einzelnen Technik hin zu einem stimmigen Gesamtablauf angestrebt. Wenn die Einzeltechniken von den Karatekas schon einigermaßen beherrscht werden, beginnen die Unterweisungen in den freien Kampf (Kumite), ein bis heute trotz Schutzausrüstungen verletzungsanfälliger Bestandteil des Karate. Was man aber darin über Finten, Ausweichbewegungen, überraschenden Gegenangriffen und Kampftaktik lernt, ist beste Schulung in Verteidigung auch für den Anwalt. Für jeden Kampf gilt – wie vor Gericht – „Denke nicht ans Gewinnen, sondern ans NichtVerlieren“, weil Unbedachtheit und Nachlässigkeit sofort vom Gegner ausgenützt werden könnten. 28 ADVOICE 02/10 Nach einem kleinen Ausflug in den Judo-Sport kehrte ich wieder zum Karate als dynamischen und effektiven Kampfsport zurück. Dieser Sport wurde in der Zeit der Examensvorbereitung auch immer mehr zum Ausgleichssport für lange Stunden des Selbststudiums und der Klausuren. Und auch das Prinzip, sich über Gürtelprüfungen zu motivieren, hatte bei mir gegriffen. Ein Wochenendlehrgang in einem anderen Dojo, das Vollkontaktkarate praktizierte, brachte mir als Grüngurt neben unzähligen blauen Flecken jedoch die Erkenntnis, dass Halbkontakt im Training auf die Dauer gesünder ist. Nichtsdestotrotz war die Mehrzahl der Trainierenden in jenem Dojo weiblich, die mit unglaublicher Durchsetzungskraft, Ausdauer und Kondition kämpften und sportlich sehr erfolgreich waren. Beginn & Ende ist Respekt Der spirituelle Hintergrund des Karates wurde von besonders neugierigen Mitstreitern hinterbreitet: Etwas ominös hieß es da, der verstorbene Meister würde durch die noch lebenden Meistern zu uns Schülern sprechen. Das klang jedenfalls exotisch, umriss aber nur sehr verkürzt das Prinzip der Weitergabe des Karate an ausgewählte Schüler. Tatsächlich hat Meister Gichin Funakoshi, Wegbereiter des modernen Karates, seine Prinzipien in 20 Regeln nachvollziehbar aufgeschrieben, wovon die ersten drei Regeln lauten: „Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“, „Im Karate gibt es keinen ersten Angriff“ und „Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit“. Gerade diese Prinzipien decken sich mit der idealisierten Berufsauffassung eines Rechtsanwaltes. Wenn es keinen Angriff wie im Karate gibt, muss die Verteidigung dafür umso konsequenter sein, gerade in der Justiz sollte die Gerechtigkeit letztlich im Rechtsstreit obsiegen und die Grenze der Persönlichkeitssphäre sollte nie überschritten werden. Nur bedingt kann aber das Zen, als weitere philo sophische Grundlage des Karate auf die moderne Anwaltstätigkeit übertragen werden. Als Gegenpol zu unserer europäischen Auffassung will es zur grundsätzlichen Trennung von Körper und Geist anleiten, was etwa durch lange Jahre der Meditation erreicht wird. Genauso wird das Prinzip der Gemeinschaft, das dem der Ichbezogenheit vorgezogen wird und der Grund ist, weshalb sich Samu - rais für ihren Daimon aufopferten und heutige Vereinsleiter viel Zeit und Mühe in die Nachwuchsarbeit investieren, allenfalls bei Vergleichsverhandlungen des Anwalts zum Tragen kommen. Während der Zeit der Promotion trainierte ich in einem Dojo, das in gleichem Maße Wettkampfund Breitensport betrieb, und Leuten aus verschiedenen Kulturen offen stand. Vom gutgelaun- „Karate ist der Helfer der Gerechtigkeit“ lautet eine Regel. Magazin ten Berufskraftfahrer bis hin zur Professorin war im Dojo alles vertreten. Gemeinsam trainierten wir, gemeinsam ließen wir unsere strapazierten Knochen nach einem harten Training in der Sauna aushängen. Bis zum 1. Kyu (Braungurt) und dem Abschluss der Promotion habe ich dort sehr sym pathische Lehrmeister gefunden, die meinen Hang, alles zu hinterfragen, geduldig ertrugen. Selbstbewusste Kämpferinnen Die erste Stelle als Rechtsanwältin habe ich dann in einer auf frauenspezifische Probleme ausgerichtete Anwaltskanzlei begonnen. Die Frauenkanzlei in Bamberg mit vier Berufsträgerinnen arbeitet zu den Schwerpunkten Familienrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht und Strafrecht. Die entsprechenden Erfahrungen aus der eigenen Entwicklung hinsichtlich Selbstbehauptung gegenüber der Umwelt fließen in unsere Arbeit sicher unbewusst immer mit ein. Eine frühere Kollegin trainierte und unter richtete nicht ohne Grund in der Freizeit ebenfalls eine Kampfkunst – WingTsun. Die Mandantinnen kommen zu uns, weil sie sich in den verschiedensten Bereichen ihres Daseins Männern unterlegen fühlen. Sie werden durch eine Trennung von ihrem Partner meist härter getroffen, sollen Arbeit und Kinder vereinbaren, sich mit Ämtern auseinandersetzen und finanziell klar kommen. Oder sie sind Opfer von Missbrauch, Mobbing oder Stalking geworden und müssen wieder Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen und vielleicht sogar den Glauben an den Rechtsstaat wiederfinden. Der Respekt vor dem Gegner gilt für Anwältin und Karatekämpferin Judith Freund vor Gericht und im Dojo. Wie auch in meinem neuen Dojo, wo das Zahlenverhältnis der Geschlechter mit 10:1 regelmäßig eindeutig zugunsten der Männer ausgeht, arbeiten in unserem OLG-Bezirk immer noch mehrheitlich männliche Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte. Gegen die gilt es sich auch persönlich in der vorbereitenden Prozessführung und den Gerichtsverhandlungen tagtäglich zu behaupten. Immer wieder hilfreich sind dabei ein mindestens ebenbürtiger Einsatz und bisweilen eine gute Portion Humor. RAin Dr. Judith Freund, Bamberg Fotos: Nicole Otto Liebe AdVoice-Leserinnen und -leser, die Kollegin Dr. Judith Freund hatte den Mut, sich auf unseren Aufruf im letzten Heft zu melden und berichtet an dieser Stelle von ihren Er fahrungen zwischen Dojo und Kanzlei. Danke! Das nächste Heft wird als Schwerpunkt das Thema „Alter“ haben. Beiträge von Euch sind in jeder Form willkommen. Es braucht kein zweiseitiger Artikel sein. Auch zehn Zeilen, in denen Ihr prägnant eine Beobachtung oder Einsicht formuliert, sind willkommen. Bitte nicht lange zweifeln, ob irgendwer das lesen will. Wir wollen das lesen! Wir wollen Eure Texte und wir wollen Eure Bilder! Denn ein schönes Magazin lebt von spannenden Bildern zu guten Texten. Unter Euch etwa 10.000 FORUMs-Mitgliedern gibt es sicherlich viele Hundert, die gute Fotos machen, zeichnen oder malen. Wir bitten Euch: Zeigt uns Eure Werke! Ihr seid das FORUM – Ihr seid die AdVoice! > [email protected] ADVOICE 02/10 29 Magazin Rotationsguillotinen Aktuelle Fälle und deren Beurteilung durch und in den Medien Der Boulevard hat gesprochen: Wetterfrosch Jörg Kachelmann war von Hyde zu Dr. Jekyll geworden. Meine Güte, was ließe sich da ein Geld einsparen! Schafft doch die Justiz mit allem, was daran hängt, ab und überlasst die Justiz den Boulevardblättern. Rechtspflege per Abstimmung am Kiosk je nach Kauf der täglichen Schlagzeilen: Wäre das nicht viel volksnäher als das bestehende Ritual in Talaren – und zudem noch erheblich schneller? Rechtsstreitigkeiten, die sich zäh wie Schusterleim über Wochen, ja Monate, hinzögen, gehörten dann wohl definitiv der Vergangenheit an: Ein Blatt wie die „Bild“-Zeitung braucht vom Redaktionsschluss über Andruck, Auslieferung, Distribution, Kauf am Kiosk und Platzierung neben der Kaffeetasse auf dem Frühstückstisch im In- und sogar europäischen Ausland eben nicht einmal so lang wie ein Staatsanwalt benötigt, um sich in die Aktenlage eines mittelschweren Delikts einzulesen. Deutsche Himmelsbefindlichkeiten mit Hochs, Tiefs, Sonnenschein und Regen, Sturm, Blitz und Donner sind das Revier des Kachelmann-Jörgeli, im deutschen Televischen gastarbeitende Wetter-Kassandra uus der Schwyz. Den Himmel des Engels Aloysius mit Manna, Ambrosia, Harfenklängen und Halleluja-Psalmodieren beanspruchte als Gärtner im Paradiesgärtlein der andere, der Mixa-Walter, bis dato Seine bischöfliche Gnaden auf dem Thron des Oberhirten von Augsburg. Beide seien anderen Mitmenschen gegen deren Willen an die Wäsche gegangen, behauptete unisono Deutschlands für jeden Skandal dankbare Asphaltpresse – besonders, wenn es um pikante Geschichten vom „Südpol“ und aus und über die Kirche, die katholische zumal, geht. »Dass beide mit dem Himmel zu tun haben, ist dabei reiner Zufall ...« »Das Urteil war gesprochen. Revision nicht zugelassen.« Nehmen wir doch der Einfachheit halber zwei Fälle aus der allerjüngsten Vergangenheit. Dass beide mit dem Himmel zu tun haben, ist dabei reiner Zufall, denn im Gegensatz zum Englischen, wo unterschieden wird zwischen dem „Sky“ (als Biotop der Astronauten und Ausbreitungsareal für isländische Vulkanasche) und dem „Heaven“ (als dem paradiesischen Schlaraffenland für solche Gläubigen, die sich dazu ein Entréebillet durch eifrige Beobachtung aller Gesetze in Thora und Talmud, Koran und Bibel „verdienen“ zu können glauben) ist im Deutschen beides „Himmel“, der Sky wie der Heaven. Aus der vorsichtigen Möglichkeitsform, die die deutsche Sprache für ungeklärte Zweifelsfälle bereithält, muss man dann nur noch einen Indikativ machen und schon ist ein bildschönes Urteil gefällt, so, wie es auch ein höchster Kassationsgerichtshof in letzter Instanz nicht besser fällen könnte. Dass der zu Frömmigkeit und vorbildlichem Lebenswandel angehaltene geistliche Herr nach den akribischen Ermittlungen eines unabhängigen Juristen von dem für einen Seelen hirten besonders peinlichen Vorwurf des Messdiener-Missbrauchs entlastet wurde, war den an 30 ADVOICE 02/10 Foto: Nils-Bentlage_pixelio.de der Treibjagd beteiligten Blättern dann kaum noch Druckerschwärze wert: Das Urteil war gesprochen. Revision nicht zugelassen. Ebenfalls in der Causa Kachelmann war eine gewisse Journaille quick bei der Hand, wenn es darum ging, auch solche Eigenheiten aus dem Intimleben des Wetterfroschs auszumalen, die gar nicht zur Verhandlung anstehen sollten. Waren sie doch außerordentlich geeignet, das Bild des netten Jörgeli zum Wüstling mutieren zu lassen: Aus Hyde war Dr. Jekyll geworden, der Boulevard hatte gesprochen, die Rotationsguillotine war gefallen. Wieder mal war es bei Hubertus ein herrlicher Blattschuss! Heißt das nun, dass die beiden am Pranger stehenden Figuren des öffentlichen Lebens keine schlimmen Finger, sondern allzeit makellose Lichtgestalten waren? »... über„guilty“ oder „not guilty“ kann außer dem lieben Gott nur einer befinden, und das ist der Richter.« Mitnichten! Aber über „guilty“ oder „not guilty“ kann außer dem lieben Gott nur einer befinden, und das ist der Richter. Und bis dahin hat in unserer demokratischen Grundordnung nun einmal die Unschuldsvermutung zu gelten. Sollte das bei einer gewissen Presse in Vergessenheit geraten sein? Es ist nicht zuletzt die Sache von Anwälten, dies wieder deutlich in Erinnerung zu rufen. Helmut S. Ruppert Magazin Allein auf weiter Flur Der „Feld-, Wald- und Wiesenanwalt“ Mal Hand aufs Herz, wer verbindet mit dem Attribut, ein „Feld-, Wald- und Wiesenanwalt“ (FFW-Anwalt) zu sein, etwas Positives? Genau, vermutlich nur wenige. Und was wird ihm nicht alles angedichtet. Er bzw. sie sei Hans Dampf in allen Gassen, also Mädchen für alles, irgendwie schrullig, tendenziell provinziell, eher zugeknöpft, Dünnbrettbohrer, rechthaberisch und obendrein schlecht gekleidet. Das ist wahrlich wenig schmeichelhaft. Doch woher kommt dieses oftmals despektierlich gemeinte Zusatzprädikat mit all seinen Vorurteilen? Und, mal abgesehen von der spöttischen Konnotation, gibt es noch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die sich als FWW-Anwälte im positiven Sinne verstehen? Geht man dem Begriff des FFW-Anwalts auf den Grund, stößt man zunächst auf die „Halbgötter in Weiß“, die Ärzteschaft. Der gemeine Landarzt, eine aussterbende Spezies, glaubt man dem Bundesgesundheitsministerium, bewegt sich in entlegenen Regionen der Republik kurativ von Gehöft zu Gehöft. Er ist im beinah bildlichen Sinne der Hüter über Feld, Wald und Wiese. Er muss sehr verantwortungsbewusst erkennen, ob sein Patient eine Sprunggelenkverletzung, eine Blinddarmreizung oder einfach nur Redebedarf hat. Daran anlehnend, hat sich der allgemein tätige Rechtsanwalt in der ländlichen Region entwickelt. Er ist das Bindeglied zwischen Bürgerinteressen und Justizia, ist da, wo der Nachbarschaftsstreit beginnt, das Scheidungsverfahren in eine weitere Runde geht und die öffentliche Abgabenlast für den Hofbetrieb drückt. Max Weismann ist Rechtsanwalt in Bretten, einer Kleinstadt unweit von Karlsruhe. Um die 25 zugelassenen Rechtsanwälte, sagt Weismann, seien in seiner Umgebung tätig. Der zweifache Familienvater hat in Bielefeld und Heidelberg studiert und ist der Prototyp des FWW-Anwalts im positiven Verständnis. Seine Entscheidung, beinah jedes Rechtsgebiet unvoreingenommen zu vertreten, traf er ganz bewusst. Im Interview mit AdVoice erklärt Weismann, wie er FWW-Anwalt wurde. A: Kam der Entschluss zum Ende des Referendariats? Weismann: Nein, ich habe zunächst als angestellter Rechtsanwalt in einer mittelgroßen Wirtschafts- und Steuerkanzlei gearbeitet. Nach eineinhalb Jahren Tätigkeit stand die Entscheidung für mich fest, ganz auf mich gestellt zu arbeiten. A: Gründe? Weismann: Ich habe mich nach dem zweiten Examen von den vollmundigen Versprechungen mei nes alten Arbeitgebers verlocken lassen. Außerdem dachte ich an Sicherheit. Das war, wie sich herausstellte, ein Fehler. Ich bin sehr enttäuscht worden. Als Berufsanfänger sprang ich ins kalte Wasser und musste gleich Sanierungen von mittelständischen Unternehmen betreuen. Der Druck war enorm. Als dann kurz vor meinem Abschied die Bezahlung schleppend kam, wollte ich nur noch raus. Max Weismann ist ein echter Feld-Wald- und Wiesen-Anwalt und fühlt sich wohl dabei. A: FFW bedeutet tatsächlich auch alles? Weismann: Strafrecht lehne ich ab. Aber ansonsten bin ich wirklich offen. Die Mandanten testen einen, kommen erst mit einem kleinen Telekomfall oder ähnlichem. Wenn du das dann gut machst, warten größere Aufgaben auf dich. A: Wie klappt es mit der wirtschaftlichen Seite? Weismann: Ich habe Glück, da ich eine Ehepartnerin habe, die in Lohn und Brot steht. Anders wäre das sicher auch nicht so leicht zu machen. Wir teilen uns die Erziehung unserer Kinder und arbeiten ungefähr jeder zur Hälfte. A: Worauf muss ein frischer FFW-Anwalt achten? Weismann: Beziehungen sind alles. Du musst in die Vereine eintreten, dich im Ort zeigen. Auch hilft der Eintritt in eine Partei. Denn dort lernst du deutlich die Seilschaften kennen, die im Alltag eine Rolle spielen. Allerdings – Vorsicht Fettnäpfchen! In jedem Fall muss man gradlinig und sauber bleiben. A: Vor- und Nachteile des FFW-Anwalts? Weismann: Besonders vorteilhaft ist, dass ich absolut flexibel sein kann. Das ist ideal für meine Familie. Außerdem ist es wahnsinnig interessant, sich in neue Rechtsgebiete einzuarbeiten. Alles zu ma chen, bedeutet für mich große Abwechselung. Als nachteilig bewerte ich den Umstand, dass dir zu nächst niemand sagt, wie Sekretariatsarbeit geht. Da muss man sich selbst tief hinein knien. Natürlich sind es auch die schwankenden Einnahmen, die es in der Anfangsphase schwerer gestalten. Alles in allem war es aber der richtige Schritt. > Foto: Rosel Eckstein_pixelio.de ADVOICE 02/10 31 Magazin Abmahnkanzlei = Abmahnkanzlei > Fortsetzung von Seite 31 Andere Stimmen Ingo Ziskoven (Rechtsanwalt in Bergisch Gladbach): „Für mich war klar, dass ich alles nehme, was kommt. Ein befreundeter Anwalt sah das gänzlich anders und schwor auf unbedingte Spezialisierung. Ich habe nichts davon gehalten und immer gesagt, ich möchte erst einmal mein Geschäft aufbauen, bevor ich mich überhaupt spezialisieren kann.“ Jörg-Peter Horlitz (Rechtsanwalt in Joachimsthal): „Ich lebe in einem Umfeld, in denen die Versorgungsmentalität vorherrscht. Hartz IV gehört hier leider zum Alltag. Ich bin froh, nach zehn Jahren nicht mehr der Anwalt für alles zu sein, denn glücklicherweise betreue ich jetzt im Schwerpunkt Nachlasspflegschaften, was eine gewisse Verdienstsicherheit für mich bedeutet.“ Über die Unterschiede in der Abmahnpraxis Der Beitrag „Abmahnanwälte in der Klemme“ (AdVoice 01/2010) hat gezeigt, dass die Abmahnung Einzug in die privaten Wohnzimmer gefunden hat. Im Zeitalter des Internet ist längst jeder Internet-User vom „Damokles-Schwert“ Abmahnung betroffen. Feststellbar ist: Der Download-Vorgang zu privaten Zwecken ist erlaubt, lediglich den Upload-Vorgang untersagt das UrhG. Wenig erfahrenen Internet-Usern mag man glauben, dass sie das TauschbörsenPrinzip nicht und daher das Risiko der Urheberrechtsverletzung nicht kennen. Es gibt deutliche Unterschiede bei der Gestaltung von Abmahnungen. Darüber hinaus sind auch unterschiedliche „Linien“ bei der Führung der nachfolgenden Korrespondenz und deren Inhalt zu erkennen. Fazit Extrem kurze Fristen RA Patrick Ruppert, Köln Vorteile • • • • zeitlich und örtlich flexibel, familientauglich inhaltlich abwechslungsreich eigenverantwortlich, keine Sozien-Mithaftung überschaubare regelmäßige Ausgaben Nachteile • • • • unregelmäßige Einkünfte bei konstanten Kosten Zeitverlust bei der Einarbeitung vertiefte Kenntnis in Sekretariatsarbeit und Buchhaltung zwingend erforderlich ggf. Wochenendarbeit 32 ADVOICE 02/10 In den meisten Abmahnungen wird dem Abgemahnten nur eine sehr kurze Frist zur Reaktion gesetzt. Vielfach fallen der Tag der „Unterzeichnung“ der Abmahnung und der Tag des Fristablaufs zur Abgabe der Unterlassungserklärung auf denselben Wochentag, nur eine Woche versetzt. Der Zweck ist klar: der Abgemahnte (i. d. R. Privatperson) soll kaum Zeit für eine anwaltliche Beratung haben. Wenn er daher in der Kürze der Zeit keinen im Urheberrecht erfahrenen Anwalt findet (im Regelfall), wird der die geforderte Erklärung unterschreiben und den verlangten Geldbetrag zahlen. Viele erhalten binnen weniger Tage mehrere Abmahnungen. Foto: Cornerstone_pixelio.de Es gibt ihn, es gibt sie, die als FFW-Anwälte meist in kleinen Einheiten oder ganz allein arbeiten. Sie sind durch und durch Generalisten, können sich rasch in neue Sachverhalte einlesen und nutzen den besonderen persönlichen Kontakt zu Mandanten. Das Gros der befragten FFW-Anwälte ist mit der Entscheidung, so zu arbeiten, sehr zufrieden. In Zeiten nicht enden wollender Differenzierung der Juristerei, Stichwort Fachanwaltschaften, ist das ein echter Kontrapunkt, über den es nachzudenken lohnt. Einige Kanzleien erhöhen diesen zeitlichen Druck durch den Inhalt ihres Schreibens: Dem Abgemahn ten wird auf bis zu zwölf Seiten die abstrakte Rechtslage mit Zitierung zahlreicher Urteile – ohne Bezug zu dem konkreten Fall – dargestellt. Teilweise gibt sogar mittels „Links“ zu weiteren Informationen auf der Website der Kanzlei. Man mag in diesen Fällen von „Abmahn-AGB“ sprechen. Auch dessen Zweck ist klar: Der Abgemahnte soll den Eindruck bekommen, keine rechtliche Chance zu haben. Andere Kanzleien gehen so vor: die Abmahnung ist sechs Seiten stark, auf denen kurz gefasst die wichtigsten rechtlichen Aspekte mitgeteilt werden. Der Abgemahnte fühlt sich dann betroffen, aber „weniger hilflos“. Man mag die erstbeschriebene Abmahnung „hart“ und die zuletzt beschriebene Abmahnung „soft“ nennen. „Harte“ Abmahnungen sind oftmals an einem „aggressiven“ Tonfall erkennbar. Auffällig ist, dass in „harten“ Abmahnungen deutlich höhere Beträge gefordert werden: Forderungen von bis zu 1.200,00 Euro pro Verstoß sind keine Seltenheit. In „soften“ Abmahnungen liegen hingegen Beträge bis zu 450,00 Euro je Vorgang niedriger. Eine objektive Erklärung für diese Unterschiede gibt es nicht. Die meisten Kanzleien fügen der Abmahnung eine Kopie des landgerichtlichen Beschlusses im Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG bei. Die die betroffene IP-Adresse enthaltene Anlage fehlt aber. Nur sehr wenige Kanzleien reichen diese auf Aufforderung nach. Einige Kanzleien fügen noch eine Vollmacht bei, andere reichen sie auf Nachfrage nach, wiederum andere verweisen nur darauf, dass § 174 BGB nicht (analog) anwendbar sei. Zum Nachweis der Rechtsverletzung werden immer nur folgende Parameter genannt: Betroffenes (Musik-/Film-)Werk, Zeitraum des Verstoßes (Datum/Uhrzeit), IP-Adresse, ggf. Hash-Wert. Im Hinblick auf weitere Nachweise wird zumeist „nebulös“ auf gerichtssichere Dokumentationen verwiesen. Der Abgemahnte kann also nicht erkennen, ob er einen Rechtsverstoß begangen hat. Gleich, um welche Art der Abmahnung es sich handelt, ein in Urheberrecht erfahrener Rechtsanwalt hilft weiter. Magazin FORUMs-Mailingliste Mandanten wollen schnelle Lösungen Nachfragen unerwünscht Die Abmahnkanzleien reagieren häufig auf die Nachfrage nach Beweisen mit folgenden Varianten: (1) gar keine Reaktion über mehrere Monate; (2) Reaktion nach ein bis zwei Monaten; (3) Reaktion nach ein bis zwei Wochen; (4) Reaktion binnen weniger Tage oder sogar Stunden. Wer denkt, dass eine Kanzlei immer denselben Weg wählt, liegt falsch. Büros, die in dem einen Fall sehr schnell antworten, reagieren in einem anderen überhaupt nicht. Auch inhaltlich gibt es Unterschiede: Wenige Kanzleien legen nach der ersten Nachfrage Dokumente zu Nachweiszwecken vor. Bei „harten“ Abmahnungen wird sich aber darauf beschränkt, weitere Rechtsprechung zur „Druckerhöhung“ zu zitieren. Bemerkenswert ist, dass zumeist auf rechtliche Argumente des Abgemahnten nicht eingegangen wird. Es erfolgen teilweise seitenweise Ausführungen zur Unanwendbarkeit von Normen, deren Anwendbarkeit der Abgemahnte gar nicht behauptet hat! Drastische Erhöhung Was passiert mit der Forderungshöhe nach der Beweisnachfrage? Einige Kanzleien lassen die Forderung unangetastet, andere erhöhen sie drastisch, z. B. von 1.200,00 Euro auf 1.800,00 Euro – die Erhöhung als „Straffunktion“ und weitere „Druckerhöhung“. Letzteres passiert i. d. R. bei „harten“ Abmahnungen. Inzwischen versenden unterschiedlichste Kanzleien Abmahnungen: Sowohl kleine, bislang eher unbe kannte Einheiten als auch die großen, renommierten Büros haben die Abmahnung in ihrem Portfolio. Die großen renommierten scheinen hierbei den „weicheren“ Abmahnweg zu bevorzugen. Die mittelgroßen Einheiten sind erheblich „härter“ im Umgang, während die kleineren hingegen gern „weicher“ operieren. Unterschiedliche abmahnende Kanzleien gehen unterschiedlich vor. Diese Erfahrung machen auch die Junganwältinnen und Junganwälte des FORUM Junge Anwaltschaft immer wieder. Auszüge einer Diskussion auf der Liste Mailingliste: Die Fragen: Liebe Filesharing Experten, während der LiLi-Diskussionen über die geeignete Reaktion auf Filesharing-Abmahnungen lese ich sehr häufig, dass auf eine modifizierte U-Erklärung und einen Gegenvorschlag zur Zahlung (z. B. 100 € wegen § 97 a Abs. 2 UrhG) keine Reaktion der Gegenseite erfolgt bzw. die U-Erklärung „unwidersprochen“ bleibt. Wie verhaltet Ihr Euch, wenn monatelang keine Reaktion erfolgt? Kollege Solmecke stellt auf seiner Homepage den angeblich typischen Fall dar, dass nach 2 Jahren (ohne weiteren Schriftverkehr?) eine Zahlungsklage eingehen kann. Welche Erfahrungen habt Ihr? Geht Ihr aktiv auf die Abmahnkanzleien zu, wenn nichts mehr kommt? /// Florian Meine Erfahrung ist, dass teilweise der Zugang der Unterlassungserklärung und die Annahme des neuen Angebots bestätigt wird von den Abmahnern, in anderen Fällen aber gar keine Reaktion mehr erfolgt ... /// Adrian Die Antworten: Bei mir ist es so, dass die Mandanten meist die Sicherheitsvariante fahren oder nicht wegen den Schmuddelfilmchen ins Gerede kommen wollen. Oder ich hab ... und der klagt gern. Da zucken auch die meisten. /// Anke Bei Abmahnungen setzen Kanzleien oft kurze Fristen. Für die Mandanten, die weniger risikofreudig sind und die Sache ganz weg haben wollen, versuche ich auch immer wieder einen Vergleich auszuhandeln. Aber scheinbar gelingt mir das nicht so häufig wie Dir. Es gibt Kanzleien, die lehnen einfach jeglichen Vorschlag ab. Oder aber sie reagieren überhaupt nicht darauf, sondern senden einfach ein formuliertes Schreiben zurück, das gar nicht auf meinen Vergleichsvorschlag passt und wiederholen die Zahlungsaufforderung. Welche Vergleichsbeträge schlägst Du denn immer so vor? Noch vor ein paar Wochen habe ich auch immer an die § 97a Abs. 2 UrhG gedacht und die Zahlung von 100,- € angeraten oder aber einen Vergleichbetrag in Höhe von 150,- € der Gegenseite vorgeschlagen. Nachdem aber nun die Rechtsanwälte zwei Urteile vor dem (nur) AG München erstritten haben, in dem die Anwendbarkeit des § 97a Abs. 2 UrhR verneint und der Beklagte zur Zahlung der 856,- € zzgl. Zinsen verur- teilt wurde – also genau das, was in den Abmahnschreiben gefordert wird – bin ich mit meinen Vergleichsangeboten etwas nach oben gegangen. Viele Grüße! /// René Die beiden wichtigsten Eckpunkte sind: 1. / Was will der Mandant? Eine schnelle Lösung, aus Prinzip nichts zahlen, oder irgendetwas dazwischen? Soll nicht (gerichts-)bekannt werden, dass er gerne Schmuddelfilmchen guckt? 2. / Wer mahnt mit welchen (angeblichen) Kosten ab? Bei D. ist die Berechtigung zweifelhaft, bei N. habe ich mal spaßenshalber nachgerechnet. Nähme jeder Abgemahnte den Vergleich an, würde – so die Gebühren tatsächlich entstanden wären – der Auftraggeber 913.050,00 EUR Verlust machen, bei W. ist bekannt, dass sie in München erfolgreich klagen und § 97a II UrhG nicht durchgeht. /// Malte Foto: Sascha Mönch Fazit: Abmahnung ist nicht gleich Abmahnung und Abmahnkanzlei ist nicht gleich Abmahnkanzlei. Wer die Unterschiede kennt, hat es bei der Beratung des Mandanten meistens leichter. RA Guido Vierkötter, LL.M., Neunkirchen-Seelscheid ADVOICE 02/10 33 Magazin „Neukölln Unlimited“ Ein Film über die Geschichte einer 16 Jahre währenden Abschiebung T-Shirts mit der Aufschrift „Rütli“ sind Kult in Neukölln. Sie sind Ausdruck einer ganz eigenen Realität, einer Parallelwelt zum gutbürgerlichdeutschen Alltag. Bereits seit dem 8. April 2010 gestattet der Dokumentarfilm „Neukölln Unlimited“ einen spannenden Einblick in diese Welt. Einen seltenen Einblick. Ehrlich wirkt das und real. Und sehenswert ist es. Juristen sollten ein Gefängnis auch mal von innen gesehen haben. Das hat seinen Grund. Es sind eben nicht nur Akten, die auf unseren Tischen liegen, es ist oft das ganz normale Leben und manche unserer Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen. Wer sich mit Ausländerrecht beschäftigt, mit Diskriminierung oder mit Sozialrecht, der kann in „Neukölln Unlimited“ so realitätsnah wie nur möglich, eine Abschiebung miterleben und die Traumata, die das auslösen kann. Der Film von Agostino Imondi und Dietmar Ratsch dokumentiert die Abschiebung einer Migrationsfamilie, die sich inzwischen seit 16 Jahren hinzieht. Irgendwann in der Mitte des Films werden sechs Leute in aller Herrgottsfrühe von der Polizei geweckt und in ein Flugzeug gesetzt. »Ein Leben mit der Unsicherheit, was übermorgen passiert. Behördenentscheidungen, die – wie es aussieht - formal korrekt sind, wo der unbefangene Blick jedoch nur ein Kopfschütteln auslösen kann.« Doch der Film setzt erst danach an. Er erzählt am Alltag der Familie entlang, die inzwischen wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist, die Geschichte eines Kampfes gegen diese Situation und gegen den deutschen Staat. Die Familie hat es gelernt, mit der dauerhaften Verunsicherung einer drohenden Abschiebung zu leben. Eine Situation, die es in der Medienwirklichkeit nach meiner Wahrnehmung nur im Fernsehen aus Flüchtlingslagern in Afrika gibt. In Deutschland und vor unseren Augen findet das statt, ohne dass wir es wahrnehmen. Ein Leben mit der Unsicherheit, was übermorgen passiert. Behördenentscheidungen, die – wie es aussieht - formal korrekt sind, wo der unbefangene Blick jedoch nur ein Kopfschütteln auslösen kann. Die beiden jugendlichen Protagonisten Hassan und Lial werden durch diese Behördenentscheidungen vor Fragen gestellt, die eigentlich zu groß sind für sie und ihr Alter. Sollen sie allein in Deutschland bleiben, während ihre Familie zurück muss in ein Land, dass sie nicht einmal kennen? Berlins Innensenator Körting blieb im Fall der libanesischen Familie hart. Doch trotz ständig drohender Abschiebung in eine Heimat, mit der sie nichts verbindet, leben Hassan und Lial ihr Leben. 34 ADVOICE 02/10 Magazin Was soll geschehen mit Migrantenkindern, die hier aufgewachsen sind und die hier verwurzelt sind, die deutsch sprechen wie du und ich? Die aktuelle rechtliche Praxis aus Duldung und befristetem Aufenthalt scheint jedenfalls keine gute Lösung zu sein. Hassan und Lial können vorübergehend bleiben, bis ihre Ausbildung beendet ist. Maradona wiederum setzt die Hoffnung auf Preisgelder aus einer Fernsehshow. Das ist herrlich absurd, und das ist auch der Klassiker des Amtsschimmels, mit dem der Medienkonsument leicht polarisiert werden kann. Denn die Behörde als Gegner, die es einem nicht leicht macht, Bürokratie usw. – das kennt jeder aus eigener Erfahrung. Alltag im Verwaltungs-, Ausländer- und Sozialrecht? Hassan und Lial haben einen Termin bei der Behörde. Die Uhr tickt. Doch das Zimmer ist nicht zu finden. guter Amtskenntnis die Arbeit von »Die aktuelle rechtliche Praxis aus Duldung und befristetem Aufenthalt scheint jedenfalls keine gute Lösung zu sein.« Der Film ist aber nicht nur ein Lehrstück über die praktischen Erfahrungen, die Menschen mit der deutschen Justiz und Verwaltung machen können. Er ist ein wichtiger Beitrag zum Thema Menschenrechte im Film. Zwei Schilder werden eingeblendet. Der vermeintliche Wegweiser entpuppt sich als unlesbar, jedenfalls bei kurzer Betrachtung erschließt sich nicht, wer hier wo zu finden ist. Mit dem anderen Schild wird sinngemäß die Hilfe bei der Reise in die Heimat angeboten. Der Kampf gegen Ämter, bei dem Rechtsdienstleister mit guter Amtskenntnis die Arbeit von Anwälten übernehmen und Lösungen am Sachverhalt suchen. Ist die Familie finanziell unabhängig, könnte durch die Eigenfinanzierung ein Bleiberecht für alle erreicht werden. »Der Kampf gegen Ämter, bei dem Rechtsdienstleister mit Anwälten übernehmen und Lösungen am Sachverhalt suchen.« Sehenswert ist auch, wie die Familie versucht, unsere Amts- und Rechtssprache zu verstehen. Verträge und Amtsbriefe werden in das reale Leben übersetzt und kommentiert. Der Film bezieht eine klare Position zugunsten der betroffenen Familie. Ganz im Sinne einer journalistisch ausgewogenen Berichterstattung kommt aber auch der Berliner Innensenator zu Wort, der entgegen dem Votum der Behörde eine Ausnahme für die Familie nicht genehmigt hatte. Eine gute Figur gibt er bei der Diskussion am Brennpunkt Neukölln nicht ab. Er argumentiert juristisch, wo es um Emotionen geht. Auch das führt der Film damit ganz nebenbei vor Augen: Juristische und sachliche Argumente taugen eher für den Gerichtssaal. Wer in der realen oder in der Medienwelt etwas erreichen will, muss den Umgang mit Emotionen und mit Geschichten lernen. RA Tobias Sommer, Berlin Hassan ist einer von drei Geschwistern und als HipHop-Performer erfolgreich. Noch mehr Informationen zum Film unter: > www.neukoelln-unlimited.de Fotos: INDI Film ADVOICE 02/10 35 Magazin Haftungsbeschränkung Haftung des eintretenden Partners der Haftung also nicht ankommen. Maßgeblich sei allein, ob der in Anspruch genommene Partner nach seinem Eintritt in die Partnerschaftsgesellschaft mit dem Mandat „inhaltlich befasst“ und sein Arbeitsbeitrag von nicht „nur untergeordneter Bedeutung“ war. Der Anwalt muss das Mandat also selbst bearbeitet oder es überwacht haben bzw. eine Pflicht zur Überwachung haben. Mit dem Anknüpfen an das Kriterium des „Befasstseins“ sei auch dem Umstand Rechnung getragen worden, dass es schon für die Anwälte oftmals schwierig ist, herauszufinden, wer von ihnen die Fehlerursache gesetzt hat. Erst recht sei es dann für die Mandanten problematisch festzustellen, wem der Berufsverstoß unterlaufen ist. Herauszufinden, wer mit dem Mandat „befasst“ war, sei dagegen einfacher. Im Übrigen gebe der Wortlaut des § 8 II PartGG auch nichts dafür her, dass nur derjenige haftet, der für die Fehlerursache verantwortlich ist. Bevor ein neuer Partner in eine Kanzlei eintritt, müssen alle Seiten eventuelle Risiken prüfen. Bei einer Aufnahme als Sozius in eine Kanzlei sollte sich ein Anwalt im Klaren darüber sein, welche Haftungsrisiken ihn mit Eintritt in eine Gesellschaft erwarten können. Zu einer entsprechenden Risikoeinschätzung und - überprüfung zählt dabei auch die Klärung der Frage, wann ein Sozius für vor seinem Eintritt verursachte Beratungsfehler seiner Kollegen haften muss. Im Hinblick auf die Gefahr, auch für vor der Aufnahme in eine Kanzlei begangene Anwaltsverstöße herangezogen werden zu können, galt lange Zeit die Partnerschaftsgesellschaft gegenüber der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als vorteilhaftere Organisationsform. Seit 1995 können sich Freiberufler und damit auch Rechtsanwälte zur gemeinsamen Berufsausübung in dieser Rechtsform zusammenschließen. Die Vorschrift des § 8 II PartGG sieht für eine solche gemeinsame Berufsausübung vor, dass sich die Haftung für Anwaltsfehler nur auf diejenigen Partner beziehen soll, die mit der Bear beitung des jeweiligen Mandats befasst waren. 36 ADVOICE 02/10 CFalk_pixelio.de Wer nun aber als eintretender Sozius aus der Regelung des § 8 II PartGG ableitet, dass er für die von seinen Kollegen vor seiner Aufnahme in die Gesellschaft verursachten Beratungsfehler auf keinen Fall haften muss, schätzt die Rechtslage falsch ein. Die jüngste Rechtsprechung zur Partnerschaftsgesellschaft zeigt vielmehr, dass die Vorschrift des § 8 II PartGG keinesfalls dahingehend verstanden werden darf, dass ein neuer Sozius für vor seinem Eintritt in die Gesellschaft begangene Berufsverstöße in jedem Fall von der Haftung ausgeschlossen ist. Vielmehr hat der BGH entschieden, dass im Falle der Haftung für Berufsfehler § 8 I S. 2 PartGG i. V. m. § 130 HGB Geltung hat. Danach haftet der eintretende Gesellschafter ver schuldensunabhängig auch für vor seinem Eintritt begründete Altverbindlichkeiten der Gesellschaft mit seinem Privatvermögen. Auf einen Verursachungsbeitrag des neuen Partners oder darauf, ob der Fehler zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in die Kanzlei noch korrigierbar war, soll es für die Frage Eine teleologische Reduktion des § 8 II PartGG auf Berufsfehler, die sich zugetragen haben, während der in Anspruch genommene Partner der Gesellschaft angehört, lässt sich nach Meinung des BGH ebenfalls weder dem Wortlaut der Norm noch aus der Gesetzessystematik entnehmen. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die in § 8 I S. 2 PartGG genannte Bezugsnorm des § 130 HGB für den Haftungsbereich des § 8 II PartGG ausdrücklich ausgeschlossen. Dieses ist aber gerade nicht geschehen. Lesenswert hierzu BGH. Urt. v. 19.11.2009 – IX ZR 12/09, WM 2010,139. Die Übernahme laufender Mandate wird sich für einen Rechtsanwalt, der sich dazu entschieden hat, als Sozius in eine Partnerschaftsgesellschaft einzutreten, nicht vermeiden lassen. Vielmehr handelt es sich dabei um ein mit der Aufnahme in eine Kanzlei verbundenes typisches Procedere, für das sich jetzt aufgrund der aktuellen Rechtsprechung das Haftungsrisiko für den neu eintretenden Gesellschaf ter deutlich erhöht hat. Ob zukünftig nun auch bei Berufsfehlern, die sich in Gesellschaften des bürgerlichen Rechts ereignen, der § 130 BGB Anwendung findet, bleibt abzuwarten. Die neueste Rechtsprechung zur Partnerschaftsgesellschaft lässt sich zumindest nicht ohne weiteres auf die BGB-Gesellschaft übertragen. RAin Katrin Spelmeyer, HDI-Gerling Magazin Auf der internationalen Schiene zum Erfolg Von Wuppertal in die weite Welt - ein Gründerbericht Mein Name ist Urs Breitsprecher, ich bin Rechtsanwalt, englischer Solicitor, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, nachdem ich neben meinem deutschen Jurastudium auch erfolgreich das kom plette englische Studium mit dem Bachelor of Law absolviert habe. Dem FORUM bin ich kurz nach meiner Zulassung Anfang 2004 beigetreten. Seinerzeit hatte ich mich in einer Hinterhauswohnung in einer Bürogemeinschaft mit einem älteren Kollegen in Wuppertal selbstständig gemacht. Von ihm habe ich viele Dinge lernen können, vor allem solche, die in keinem Buch stehen. Am Anfang habe ich, wie es wahrscheinlich jeder Neuselbstständige tut, jegliche Mandate vom Strafrecht über Ordnungswidrigkeiten und Zivilrecht angenommen. Hierbei hatte ich jedoch immer fest im Blick, dass ich unbedingt internationales Wirt schafts- und Steuerrecht bearbeiteten möchte. Im selben Jahr habe ich noch meine Zulassung als englischer Rechtsanwalt erlangt. Anfänglich zeichnete sich ab, dass es zu einer Spezialisierung auf das Immobilienrecht kommen würde, weil sich dort die meisten Mandate ergeben hatten. Ich habe jedoch nie aus den Augen verloren, dass ich eigentlich Wirtschaftsrecht anbieten möchte. Trotzdem habe ich es geschafft, gerade über die internationale Schiene und aktive Akquise im Ausland auch entsprechende Fälle zu bekommen. Im FORUM habe ich von Anfang versucht, mich für das Internationale stark zu machen. Konkreter wurde es, als mich der damalige Vorsitzende Martin Lang fragte, ob ich für das FORUM auf eine europäische Junganwaltskonferenz nach Belfast reisen möchte. Seitdem kümmere ich mich für das FORUM um Internationales. Wir haben sowohl Länderbeauftragte als auch Kontakte zu Junganwaltsorganisationen weltweit etablieren können. Durch den Besuch mehrerer internationaler Konferenzen konnte ich im Ausland gute Kontakte knüpfen, woraus sich nicht nur Wissen, sondern auch entsprechende Netzwerke ergaben. Vieles lag aber auch daran, dass ich meinen Traum von Wirtschaftsanwalt niemals aufgegeben hatte und mich in dieser Richtung ständig fortbildete und versuchte, Mandate zu akquirieren. Selbstverständlich gehörte auch viel Glück dazu. Während der ersten Zeit in meinem Büro in Düsseldorf belegte ich zusätzlich noch den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. Der Titel wurde mir Anfang 2009 verliehen. Mitte 2009 ergab sich die Möglichkeit einer Partnerschaft in meiner heutigen Kanzlei Busekist, Winter & Partner, einer ehemaligen OLG-Kanzlei an einer renommierten Adresse. Diese Kanzlei ist auf Wirtschaftsrecht spezialisiert. Dort bin ich verantwortlich für Gesellschafts- und Steuerrecht, aber auch internationales Vertragsrecht und englisches Recht. Hinzu kommt das Wirtschaftstrafrecht und Compliance. Wenn ich heute Bilanz ziehe, kann ich sagen, dass es seit meinem Berufsstart vor fünf Jahren eine beträchtliche Entwicklung gegeben hat. Dabei hat neben einer gehörigen Portion Glück auch der Wunsch nach einer internationalen Spezialisierung sowie das Festhalten an meiner Ausrichtung sehr geholfen. Gerade über die internationale Schiene, welche nach meiner Auffassung Urs Breitsprecher in Rom. in Deutschland noch immer von zu wenigen Anwälten bedient wird, konnte ich in kurzer Zeit Erfolge erzielen. Die Frage, welche Tipps ich jungen Anwälten geben kann, ist eigentlich einfach zu klären. Man darf niemals den Traum aufgeben, den man hat (vergleiche die Bücher „Die Möwe Jonathan“ und „Der träumende Delphin“). Man sollte jedoch nicht einfach nur darauf los, sondern sich einen Plan machen und daran festhalten. Man kann nicht erwarten, dass man gleich am Anfang als Denny Crane anfängt, sondern muss wissen, dass es erst einmal schwierig ist. Meine größte Herausforderung meiner Anwaltskarriere war, mich gegenüber Dritten, sei es Mandanten, Kollegen oder Gerichten, aber auch in meinem Fachanwaltskurs Handels- und Gesellschaftsrecht zu behaupten Vor allem wegen meines Alters, aber auch meiner Größe (klein) gab es immer wieder Zweifel an meiner Kompetenz. Meine beste Entscheidung in meiner bisherigen beruflichen Laufbahn war, immer an meinen Träumen festzuhalten sowie meine Zulassung in Eng land und meine beiden Fachanwälte zu machen. Auch wenn viele gesagt haben, dass es sich als Einzelanwalt nicht lohnt, kann ich nunmehr das Gegenteil behaupten. RA Urs Breitsprecher, Düsseldorf Foto: Tobias Sommer Nach einigen Jahren als mehr oder weniger erfolgreicher Einzelanwalt entschied ich mich 2007, nach Düsseldorf zu ziehen. Gleichzeitig hatte ich den Fachanwaltskurs für Handels- und Gesellschaftsrecht belegt. Ich wechselte die Kanzlei und schloss mich der Rechtsanwaltskooperation Kleinekorte & Kollegen in Düsseldorf an. Kurze Zeit später bekam ich den Fachanwaltstitel für Handels- und Gesell schaftsrecht. Meine Spezialisierung nahm seit dem mehr und mehr Gestalt an. Hierfür muss ich mich zum Teil auch bei dem FORUM bedanken. ADVOICE 02/10 37 DAT 2010 „DAT war juut!“ Vom Gebrauch der Schlummertaste, Falschparken und lautlosen Handys Auf geht’s! Morgens 6.30 Uhr, Bayern. Der Wecker klingelt. Keine nennenswerte Reaktion meinerseits. Schlummerfunktion tut es ja auch. Immer noch morgens 9 Uhr, immer noch Bayern. Schei ... Es ist 9 Uhr, der Anwaltstag hat bereits begonnen und ich hänge immer noch zu Hause rum. Jetzt aber Dalli. Koffer ist bereits im Auto (das ist eine andere Geschichte). Also auf geht’s. 11.00 Uhr, immer noch Bayern. Stelle fest, dass sämtliche Papiere in Augsburg geblieben sind. Naja, kann man nix machen, jetzt ist es auch zu spät. 14.00 Uhr, Aachen, Eurogress. Na endlich, bin in der Tiefgarage des Eurogresses angekommen. Auto ordnungsgemäß geparkt (Gott sei Dank war vorne rechts was frei), und auf geht’s. 14.05 Uhr, Aachen Eingangshalle. Stehe am Schalter des DAV und erkläre der netten jungen Dame die Situation. Keine Papiere dabei, aber eine Visitenkarte, die doch auch gehen müsste. Auf grund der Flexibilität der jungen Dame bekam ich dann glücklicherweise ohne weitere Komplikatio nen das Namensschild überreicht. 14.10 Uhr, Aachen, immer noch Eingangshalle. Der Kollege, mit dem ich mich treffen wollte hatte, mir per sms mitgeteilt, dass er in Saal 1 zu finden ist und wir uns doch dort treffen sollten. Alles klar, denk ich mir, Saal 1 ist kein Problem. Wo ist der Plan? Toll, Saal 1 gibt es gleich drei. Na Klasse, Herr Kollege, sehr präzise. Wenn Sie so Ihre Schriftsätze erstellen, brauchen Sie ne gute Rechtsschutzversicherung, denke ich mir und ziehe weiter. 14.20 Uhr, Aachen. Anwalt Christian Röhl aus Augsburg auf dem DAT. 38 ADVOICE 02/10 Foto: Tobias Sommer Immer noch kein Treffer. Naja, dann halt nicht. Der Kollege wird sich schon melden. Werde mich jetzt zum Saal der ARGE Informationstechnologie begeben und mal gucken, was dort los ist. DAT 2010 14.23 Uhr, Aachen, Saal Berlin 3. 7.30 Uhr, Aachen, Hotel. Die Preisverleihung. Interessant, so ‘n Typ von einer Großklanzlei mit nem Puma auf dem Briefkopf will uns was über Twitter erzählen. Na dann schaun wir mal, ob der was kann. Der Wecker klingelt. Schlummerfunktion, aber das kennen Sie ja bereits. 14.50 Uhr, Aachen, Saal Berlin 3. Schei ... Schon wieder zu spät. Jetzt ab zack. Duschen, Klamotten an und ab geht’s. Man stellt immer wieder fest, dass es Typen gibt, die so viel geschafft haben und so eine überragende Lebensleistung erbracht haben, dass man von sich selbst denkt, man sei eigentlich nur ein ganz kleines Licht. Zwei solche Typen wurden heute zurecht geehrt. Es war schön festzustellen, dass beide sich selber auch eher als kleines Licht sehen und nicht als die überragenden Persönlichkeiten, die sie tatsächlich sind. Bescheidenheit ist wahre Größe. Ok. Der Typ kann was. Aber das Wappen ist trotzdem nix. 15.30 Uhr, Aachen, Saal Berlin 3. Sehr interessant. Müntefering ist zurückgetreten und ein gefälschter Twitter Account mit seinem Namen spielte in diesem Zusammenhang eine nicht unerhebliche Rolle. Auch weitere Promis wurden schon Opfer von gefälschten Twittermeldungen. Das eröffnet völlig neue Probleme in der Markenverteidigung, denke ich mir, um den Gedanken schnellstmöglich wieder zu verwerfen. Oh Gott, müssen wir jetzt alle Marken bei Twitter registrieren lassen oder zumindest kontrollieren, ob diese bereits registriert sind? Und was dann? Lieber nicht weiter drüber nachdenken. 16.30 Uhr, Aachen, Eingangshalle. So das war s erstmal. Jetzt ‘n Bier und weiter versuchen, den Kollegen zu erreichen. Treffe zwar nicht den Kollegen, aber den Rechtsanwalt Sommer von der jungen Anwaltschaft. Quatsche ein wenig mit ihm und – uups! Habe soeben zugesagt, einen Artikel über den Anwaltstag zu schreiben. So war das nicht geplant. Naja pacta sunt servanda. 18.00 Uhr, Aachen, Eingangshalle. Der Kollege hat sich endlich gemeldet. Hatte sein Telefon ausgeschaltet, weil er niemanden stören wollte. Schon mal was von lautlos gehört, denke ich mir. 8.30 Uhr, Aachen, immer noch Hotel. 9.00 Uhr, Aachen, Eurogress. Ah, gerade noch pünktlich. Stelle fest, dass ich ‘ne halbe Stunde zu früh da bin. Na super. 9.30 Uhr, Aachen, Saal Europa. Die Hauptveranstaltung beginnt. Erstmal der Chef. Naja, wir wollen nicht allzu kritisch sein, aber das mit der Gebührenerhöhung hätte er ruhig noch eindringlicher behandeln können. Frau Bundesjustizministerin. Wie Sie richtigerweise betonten, sind Sie eine ExKollegin. Und als Ex-Kollege sage ich Ihnen, bitte quatschen Sie nicht nur, sondern ändern Sie endlich diese haarsträubenden Regelungen Ihrer Vorgängerin. Frau Ministerin. Das darf doch wohl nicht wahr sein. Was ist das denn für eine Schnarchnase! Das gibt es doch gar nicht. Wie ist es möglich, ohne die kleinste Tonhöhenveränderung in monotonster Art und Weise eine Rede aufzusagen, deren Inhalt mit nonsens noch positiv beschrieben ist? Oder anders gefragt: Ist es möglich, das Desinteresse an einer Veranstaltung besser auszudrücken, als durch eine solch unmotivierte Vorstellung? Die Leute klatschen trotzdem. Höflichkeit oder Mitleid? Herr Oberbürgermeister. Aber gut, kann ja nicht jeder in der ARGE Informationstechnologie sein (der Kollege ist bei der ARGE Verkehrsrecht). Wir verabreden uns für den nächsten Tag zu Hauptveranstaltung. 18.22 Uhr, Aachen, Tiefgarage. Stelle in der Tiefgarage fest, dass der Parkplatz vorne rechts doch keine so glückliche Wahl war. 50 Euro wegen Parken auf einem Behindertenparklatz ohne Sonderausweis. Werden mal morgen den Kollegen fragen, was man da machen kann. Und bei der ARGE Steuerrecht werde ich mich auch mal erkundigen, ob man das irgendwie steuerlich geltend machen kann als Sonderausgabe oder so? Glaube aber irgendwie nicht wirklich dran. Danke. Sie sind eine coole Sau. Die Rede war kurz aber gnadenlos gut. Und auch noch mal Danke für das gelungene Rahmenprogramm mit Länderspiel und Karlspreisverleihung, welches die Stadt Aachen für den DAT zu Verfügung gestellt hat. Die Rede muss ich unbedingt dem Bürgermeister von Straßburg zukommen lassen. Rednerwettstreit. Eine Rede mit Bezug zur Kirche und das in dieser Zeit. Mutig, aber hervorragend umgesetzt. Respekt und Glückwunsch. 13.30 Uhr, Aachen, Eingangshalle. Hunger. Stehe am Buffet an. Wie immer ganz hinten. Das hat man davon, wenn man sich taktisch an der Eisbar anstellt, bevor man merkt, dass es die falsche Schlange ist. 14.00 Uhr, Aachen, Konferenzraum 2. ARGE Geistiges Eigentum & Medien. Der Vorsitzende der Wettbewerbskammer beim LG Köln spricht. Hatte vorher gehört, er hätte einen glasklaren Stil. Gibt es was Klareres als Glas, frage ich mich nach seinem Vortrag. Dann spricht die Kollegin von der Bundesnetzagentur. Ein Tipp aus Ihrem Vortrag: Falls Sie mal wieder 150 mal in zwei Stunden von einer Anrufmaschine eines Callcenters angerufen werden und das mit angezeigter Nummer, dann melden Sie es doch bitte der Bundesnetzagentur. Falls die Nummer nicht angezeigt wird, können die leider auch nichts machen. Gut das man jetzt per Gesetz die Nummer anzeigen muss. Falls man sie nicht anzeigt, gibt es nämlich Bußgeld. Vorausgesetzt, man findet endlich heraus, wie man die Typen ohne Nummer überhaupt findet! 18.00 Uhr, Aachen Tiefgarage. Ende des Anwaltstages. Mein Auto war richtig geparkt, aber der Parkzettel war irgendwie weg. 19.00 Uhr, Aachen. Frau Kommissarin. Hochachtung. Eine sehr interessante und spannend vorgetragene Ausführung zu Ihren Vorstellungen. Wir können uns glücklich schätzen, dass Sie diesen Posten innehaben, zumindest dann, wenn Sie das umsetzen, was Sie angekündigt haben. Habe endlich jemanden gefunden, der mir helfen kann. Muss nur 30 Euro Strafe zahlen. Werde den Kollegen von der ARGE Verkehrsrecht fragen, ob er auch ‘ne Flatrate Beratung anbietet. RA Christian M. Röhl, Augsburg ADVOICE 02/10 39 DAT 2010 Impressionen Fotos: Andrea Vollmer, Andreas Burkhardt, Tobias Sommer, Patrick Ruppert Zwischen dem Veranstaltungsmarathon – Abspannen in der Lobby. Wer zeigt hier wem die gelbe Karte? Niemand, das ist die Mitgliederversammlung des FORUMs. Hier wird ordentlich abgestimmt über Haushalt, Rechnungsprüfung, Ehrenmitgliedschaften und vieles andere. Christel Hahne wurde auf der Mitgliederversammlung die Ehrenmitgliedschaft im FORUM verliehen. Eintracht am Eis: GfA-Mitglied Wolfram Schlosser sowie AdVoice-Redakteure Percy Ehlert und Stefanie Salzmann. Stimmung bei der Stimme Junger Anwälte: Frank Röthemeyer und Ilka Spriestersbach am Stand des FORUMs. Blick ins Präsidium. Helge Heiner bei der Lösung technischer Probleme. Der große Saal im Aachner Eurogress war während zahlreicher Veranstaltungen gut gefüllt. Die Stimme junger Anwälte in Papierform. Die AdVoice ging gut über den Ladentisch. Hauptsache, er glaubt nicht alles, was auf der Tüte steht. Kinderfreundlich: Familie Holtkamp aus Münster mit Sohn Roman. Gute Laune am Stand des FORUMs Junge Anwaltschaft. 40 ADVOICE 02/10 Impressionen DAT 2010 Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger während ihrer Rede in der Hauptveranstaltung des DATs. Überraschungsgast bei der Mitgliederversammlung des FORUMs: DAV-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer. Vereinte FORUMs-Aktivisten: Oliver Allesch, Ilka Spriestersbach und Wolfram Schlosser. Siegerin des Rednerwettstreites: RAin Simone Hiesgen aus Hattingen durfte ihre Rede noch einmal vor großem Publikum halten. FORUMs-Mitglied Dominikus Zohner bei seinem Seminar „Rhetorik für junge Rechtsanwälte.“ Carolin Ott, im GfA zuständig für Fortbildung, hat die FORUMs-Fortbildungen beim DAT organisiert. Bei der Kinderbetreung: Denkt hier auch einer an die Grundrechte des Schmetterlings und seiner Artgenossen? Ein bisschen uniform - die Bein-Styles. Aber wenigsten waren die Schuhe alle auf Hochglanz poliert. Wenn andere sich schon am Rande des Nervenzusammenbruchs bewegen, behält Linda Schwarzer ihre gute Laune. Anwältinnen lassen sich nicht eintüten. Erleuchtung im großen Saal bei vielen guten Vorträgen. Kurze AdVoice-Redaktionskonferenz im Pressebereich. ADVOICE 02/10 41 DAT 2010 Gut, dass wir drüber geredet haben Ein betont subjektiver Streifzug über den DAT in Aachen Sehen und gesehen werden, auch das ist Kommunikation. Uwe Scherf berichtet von seiner Arbeit mit Gehörlosen. Bei seinem ersten Vortrag vor einem solchen Publikum hatte es ihn noch irritiert, dass die Leute permanent an ihm vorbei guckten. Neben ihm stand der Gebärdendolmetscher. den Richter. Der Konflikt wird durch Entscheidung beendet. Ist diese unbefriedigend, sind die anderen schuld. Ein anderes Modell ist die interessenorientierte Klärung. Gelingt das, wird der Konflikt gelöst und nicht entschieden. Die Gefahr dabei ist, dass man selber Verantwortung für das Ergebnis trägt. Was alles schief gehen kann beim Sprechen und Hören, dass zeichnet Ina Pick auf. Sie schneidet Gespräche zwischen Anwalt und Mandant mit und wertet aus, welche sprachlichen Muster kennzeichnend sind. Anwalt und Mandant können hartnäckig aneinander vorbei reden, z. B. wenn der Mandant nicht so genau weiß, was er möchte und der Anwalt nicht weiß, dass seine Aufgabe auch ist, dem Mandanten dabei zu helfen, es herauszufinden. Auf der Bühne der Kongresshalle steht ein einsames Männeken. Das ist Herr Kessen. Er erklärt, was es auf sich hat mit Empathie und wie man Verständnisräume schafft und da auch rein kommt. Man muss eine gemeinsame Wahrheit definieren, das hat ein Herr Habermas rausgefunden. Und sollte dem anderen Argumente bieten, die valide und neu sind. Dann kann's was werden mit der Verständigung. Wenn der Kuchen beim besten Willen nicht mehr größer zu machen ist, muss er verteilt werden. Das ist eine distributive Situation und darüber spricht Christian Duve. Er empfiehlt kompetitives Verhandeln und die Entschlossenheit, ein möglichst großes Stück abzubekommen. Gut vorbereitet sollte man sein und dem anderen objektive Gründe nennen können, warum der eigene Anteil so groß zu sein hat. Die Drohung, den Kuchen im Zweifel ganz alleine aufzuessen, sollte man nur vorbringen, wenn man wirklich dazu bereit und in der Lage ist. Andere Leute gehen in den Zirkus, Anwälte gehen zu Kleine-Cosack. Ein zorniger Clown, sein Anliegen verschwindet in einem Feuerwerk garstiger Pointen. Die Deutschen Anwälte verstecken sich in ihrer Fachsprache, sind empathie- und humorunfähig. Aus Sprachunfähigkeit folgt Geistlosigkeit. Ganz arg wird es werden mit der bloggenden und facebookenden Computergeneration. Also Leute, wir sind der endgültige Untergang der Deutschen Anwaltschaft. Man kann nicht … Von der Verhüllung des ICH spricht Reiner Ponschab. Sprachliches Mittel der Entpersönlichung ist der Fachjargon, optisches Mittel die Robe. Wer die juristische Bearbeitung eines Konflikts wählt, wählt Delegation: an die Rechtsabteilung, die Anwälte, … nicht kommunizieren! Über den Lieblings-Kuchen der Anwälte, nämlich das Honorar, sprechen die Kollegen Kindermann und Schwackenberg. Transparenz sei das zentrale Stichwort. Der Anwalt solle dem Mandanten die eigene Leistung nachvollziehbar darstellen. Die Kommunikation im Kampf ums Recht - so der Titel des diesjährigen Anwaltstages. 42 ADVOICE 02/10 Höhe des Stundensatzes allerdings, die hat der Anwalt festzusetzen. Er teilt dem Mandanten – frühzeitig! – den Stundensatz mit, aber er rechtfertigt ihn nicht! Zwischendurch AdVoice-Redaktionssitzung. Immer reden zwei Mitglieder der Redaktion gleichzeitig. Ob jemand zuhört, ist nicht wichtig. Ebenfalls zwei sind auf irgendeinen Bildschirm fixiert. Jemand ist auf dem Klo oder holt sich einen Tee. Mit aktivem Zuhören und Empathie hat das wenig zu tun. Trotzdem gibt es am Ende ein gemeinsames Konzept – ein parapsychologisches Phänomen? Beherrschen Computer das aktive Zuhören? Am Stand eines Anbieters von Diktiersoftware suche ich das klärende Gespräch und stelle fest: Einige Äußerungen interpretiert der Rechner zwar eigenwillig, aber ich sehe mich doch weitgehend verstanden. Würde ich noch ein wenig Zeit in die Verständnissicherung investieren, ließe sich das Ergebnis angeblich noch deutlich verbessern. Zur Mitgliederversammlung des FORUM beehrt der DAV-Präsident die Runde. Lebhaft wird anschließend über seine Motive spekuliert. Das Gespräch entwickelt sich zu einer angeregten Diskussion, wie die Interessen der FORUM-Anwälte in der Gremienarbeit noch wirksamer geltend gemacht wer den könnten. Eher unscharf bleibt, was diese Interessen wohl sein könnten. RA Percy Ehlert, Berlin Fotos: Andrea Vollmer DAT 2010 Netzwerk, Netzwerk, Netzwerk ... Regionalbeauftragte und ihr DAT Für mich war der 61. DAT in Aachen ein fachlich konstruktiver Gedankenaustausch und zugleich die Möglichkeit, nette Kolleginnen und Kollegen in einem gut organisierten Umfeld zu treffen und somit Kontakte und Netzwerke auszubauen. RA Christian Semmler, Würzburg Der Anwaltstag war für mich eine schöne Gelegenheit, Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet zu treffen und gemeinsam zu überlegen, wie wir auch in Zukunft den Standard einer unabhängigen Anwaltwaltschaft halten können und die vielfältigen Fähigkeiten kommunizieren. RAin Juliane Hilbricht, Solingen auf sehr angenehme Weise seine Netzwerke ausbauen und Kontakte knüpfen. Außerdem hat mir der Aachener Dom sehr gut gefallen, den ich bei dieser Gelegenheit besuchen konnte … Ergo: Der Weg zum DAT lohnt sich immer! Für alle neuen RB´s oder die, die noch nicht da waren: Wir sehen uns hoffentlich beim nächsten DAT!!! RAin Elena Jeuschede, Soest Das Abhalten eines Körpersprache-Workshops mit aktiven Teilnehmern, das Arbeiten für die zwei besten Arbeitsgemeinschaften des DAV, das Treffen mit drei lieben Verwandten, das volle Programm an vier Tagen – und zahllose gute Gespräche! RA Karsten U. Bartels LL.M. Der DAT war auch dieses Jahr wieder eine hervorragende Gelegenheit, sich mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Das Motto „Kommunikation“ war also sehr passend und gut gewählt ... RAin Silke Waterschek, Heilbronn Wie jedes Jahr bin ich mit Vorfreude auf das Wiedersehen mit netten Kollegen hingefahren und wie jedes Jahr kamen neue Kontakte hinzu. Ein angenehmer Rahmen für Fortbildung und Austausch. RAin Theresa Nentwig, Arnstadt Der Anwaltstag, aber auch die Stadt Aachen mit ihrer Geschichte, war auf jeden Fall eine Reise wert. Auch nächstes Jahr bin ich dabei. In vielen Einzelgesprächen mit Kollegen wurde mir deutlich, dass offensichtlich jeder Anwalt mit bestimmten Problemen zu kämpfen hat. Das ist für mich, eine Berufsanfängerin, ein beruhigender Gedanke. Im normalen Anwaltsalltag ist kaum ein Kollege bereit, über seine Schwächen zu sprechen. Beim Anwaltstag kommt man sich – spätestens am zweiten Abend – deutlich näher. Am eindrucksvollsten in diesem Zusammenhang ist der Kommentar eines 70-jährigen Kollegen, der lapidar meinte: „Ich habe noch heute Angst, wenn ich vor dem OLG auftrete.“ RAin Angela Hubert, Schwäbisch Gmünd Der Anwaltstag gibt mir Motivation, mich weiter als Regionalbeauftragter und Vorstandsmitglied des örtlichen Anwaltsvereins für die Belange der Kollegen und den Berufsstand einzusetzen. Es wäre prima, wenn beim nächsten Anwaltstag noch mehr junge Kollegen teilnehmen. Anwaltstag bedeutet für mich immer die Gelegen heit, mit Kollegen außerhalb des regionalen Bereiches interessante Gespräche zu führen und diverse Kontakte zu knüpfen. Die jeweils mit pro minenter Besetzung versehenen Zentralveranstaltungen geben einen Einblick in die Arbeit der Gremien und deren Wirkung auf die Politik. Auch die Möglichkeit der Fortbildung nutze ich gerne. Leider waren Karten für den Begrüßungsabend nicht mehr erhältlich, da dieser wegen einer viel zu gering veranschlagten Teilnehmerzahl schnell ausverkauft war. RA Frank Röthemeyer, Balingen Der DAT in Aachen bot mir mal wieder die beste Möglichkeit, Netzwerke zu bilden, auszubauen und zu pflegen. Man traf Kollegen aus nah und fern, führte gute Gesprächen und erhielt neuen Input für die anstehende Alltagstätigkeit. Lediglich das Fortbildungsprogramm riss mich nicht vom Hocker, aber dafür gibt es ja wieder andere Angebote. Gerade in unserem Beruf sind der Austausch mit anderen und der Aufbau eines Netzwerkes sehr wichtig. Beides gab es beim DAT reichlich. RAin Astrid Ackermann, Frankfurt/M. Für mich hatte der 61. DAT zwei Highlights und einen Stromausfall. Highlights waren zum einen die wirklich guten und zum Thema passenden Schwerpunktveranstaltungen, zum anderen aber auch die Möglichkeit, auf der Advotec iPads auszuprobieren und die Zukunft live zu erleben. Stromausfall waren aber die Rahmenveranstaltungen. Warum man z. B. die Advo-Disco in einer muffigen Kellerdisco abhalten muss, erschließt sich mir bei den vielen Locations in Aachen nicht wirklich. Bin in Straßburg wieder dabei. RA Oliver Allesch, Essen Für mich war es als RB aus Hagen das erste Mal, beim DAT dabei zu sein. Mir persönlich ist die wirklich schlechte Organisation des Events und insbesondere die des Rahmenprogramms aufgefallen. Wie bei einer Veranstaltung, zu der rund 1.500 Gäste erwartet werden, nur so wenige Karten für die Abend- und Rahmenveranstaltungen vor handen sein können, die allesamt längst vergriffen waren, ist mir ein Rätsel. Viele andere RBs haben mir bestätigt, dass die Organisation im Vergleich zu anderen Anwaltstagen zu wünschen übrig ließ. Die Leute vom Forum kennenzulernen und das RBEssen am Freitag waren demgegenüber wirklich nett. Ich werde sicher wiederkommen, in der Hoffnung, dass beim nächsten DAT manches besser läuft. Insgesamt war es ein rundes Wochenende. RAin Sonka Mehner-Heurs, Essen Für mich mit Abstand das Beste am DAT sind der Kontakt und gedankliche (Erfahrungs-)Austausch mit jungen Kolleginnen und Kollegen, sei es am Forums-Stand oder beim Frühstück im Hotel. Außerdem hat mich diesmal beim 61. DAT total gefreut, dass ich zwei (!) Minuten vorher durch reinen Zufall bemerkte, dass ein sehr guter alter Freund von mir aus Ungarn, den ich wirklich sehr selten sehe, gleich einen Vortrag einen Raum weiter halten wird. Anwaltstag, das bedeutet für mich: viele Leute, viele Veranstaltungen, Anregungen und Ideen. Man trifft alte Bekannte, E-Mails bekommen ein Gesicht, man unterhält sich mit den verschiedensten Kollegen; zwischen Fortbildungen, Standdienst und RB-Treff erzählen die einen von den neuesten AdvoTecWerbeartikeln und die anderen davon, wie ihnen der Begrüßungsabend gefallen hat. Anschließend geht es mit RB-Treffen, -Abendessen und AdvoDisco weiter, bevor der DAT am Samstag mit einem Gang durch die Stadt und der einen oder anderen Besichtigung ausklingt. RA Gerrit Binz, Trier RA Malte Dedden, Kehl RAin Carolin Ott, Landshut RA Marc Y. Wandersleben, Hannover Der DAT in Aachen hat mir aus zwei Gründen be sonders gut gefallen: Es war wie immer schön, die „RB’s aus allen Ecken“ wiederzusehen. So kann man Als neue Regionalbeauftragte habe ich mich sehr gefreut, auf dem DAT so viele und so nette Kolle ginnen und Kollegen aus dem FORUM kennenzulernen. Aus Platzgründen konnten wir leider nicht alle Beiträge von Euch veröffentlichen. Danke für Euer Verständnis. ADVOICE 02/10 43 DAT 2010 Sind vor Gericht alle gleich? Großes Interesse Rolle und Aufgabe der Medien im Recht Junge Insolvenzrechtler Man konnte sie spüren, die Spannung, die in der Luft lag. Kein Wunder, saßen auf dem Podium doch zwei Parteien, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Juristen versus Presse. Da sage noch mal einer, Recht sei öde, trocken und langweilig. Auf dem diesjährigen Anwaltstag hatten die Jungen Insolvenzrechtler erstmals Gelegenheit, sich einem größeren Publikum vorzustellen. Die neunzigminütige Veranstaltung begann mit einer Einführung, in der Rechtsanwältin Ilka Spriestersbach über die Gründung der Gruppe und die Motive dafür berichtete. Anschließend erläuterte Rechtsanwältin Gabriele Janlewing die Chancen junger Anwälte im Bereich der außergerichtlichen Beratung und das Thema Verbraucherinsolvenz anhand von aktuellen Statistiken, bevor Rechtsanwalt Marco Martin den Bereich Insolvenzverwaltung darstellte und die fachlichen wie organisatorischen Voraussetzungen für die Verwaltertätigkeit erläuterte. Anschließend konnten die Zuhörer die Themen in der von Rechtsanwalt Johannes Frenzel moderierten Fragerunde vertiefen, wobei die rege Teilnahme ein großes Interesse an der insolvenzrechtlichen Tätigkeit und der Arbeitsgruppe Junge Insolvenzrechtler widerspiegelte. Auf dem Podium haben Axel Spilcker (FOCUS), Dr. Nicolaus Fest (Mitglied der Chefredaktion BILD), Rechtsanwalt Johann Schwenn (Hamburg), Rechts anwalt Dr. Ferdinand Gillmeister (Freiburg – Moderator), Giesela Friedrichsen (DER SPIEGEL) und Richter am OLG Ottmar Breidling (Düsseldorf) Platz genommen und diskutieren zum Thema „Kontrolle der Justiz durch die Presse“. Wann darf in welcher Form über Ermittlungsverfahren berichtet werden? Darf Presse eigenständig ermitteln, Zeugen befragen oder gar Täter überführen, wie in dem so genannten Holzklotzfall? Da hatte eine Journalistin den Hauptzeugen und tat sächlichen Täter überführt, in dem sie ihn bat, mit ihr zum Tatort zu gehen. Dort hatte sie ihn dann gebeten, ihr doch zu zeigen, wie der Täter den Holzklotz auf die Autobahn geworfen hatte. Das tat der dann und zwar so echt, dass die Journalistin fragte, ob er es nicht selber gewesen sei. Schließlich wurde der Zeuge als Täter überführt. Die Journalistin wurde in Ihrer Redaktion gefeiert – sie hatte die Sensation geliefert. Nur, welchen Einfluss haben solche „Geständnisse“ auf den Prozess? Immerhin haben Bilder, die den Täter zeigen, wie er den Holzklotz auf die Autobahn wirft eine viel gewichtigere Wirkung, als die bloße Aussage im Gerichtssaal „Ja, ich war’s.“ Die, die später urteilen sollen, bekommen die ganze Schrecklichkeit der Tat direkt via Fernsehbild präsentiert. Und – hätte der Täter unter anwaltlicher Beratung ein Geständnis mit dieser Wirkung abgegeben? Keine Frage – dem Gerechtigkeitsempfinden der Öffentlichkeit ist Genüge getan. Sie verurteilt den Täter für seine schreckliche Tat – die sie ohne Zweifel war. „Es ist nicht unsere Aufgabe, Gehilfen der Staatsanwaltschaft und der Polizei zu sein“, distanziert sich Gisela Friedrichsen vom SPIEGEL von der Art der Berichterstattung bzw. dem Ergebnis. Schließlich war der Film wichtiger Grund für das spätere Urteil. Doch sollen vor Gericht nicht alle gleich behandelt werden? Verdient nicht auch der Täter einen unabhängigen fairen Prozess? Oder darf es etwa bei der Strafzumessung eine Rolle spielen, ob die Presse einprägsame Bilder geliefert hat oder nicht? 44 ADVOICE 02/10 Der Vertreter der Richterschaft auf dem Podium, Richter am OLG, Ottmar Breitling, berichtet, dass er sich nicht von der Berichterstattung beeinflussen lässt. Er mache sich sein Bild in der Verhandlung. Ich glaube ihm das. Nur, welches Bild bekommt er geliefert in der Verhandlung? Wie frisch und unvoreingenommen ist zum Beispiel ein Zeuge, der vorher in zig Interviews den Fall geschildert hat, auf Nachfragen alles immer blumiger schilderte? Was von dem, was er dann in der mündlichen Verhandlung schildert, ist noch objektive Wahrnehmung und was kam später hinzu. Schließlich erhalten auch Zeugen durch Medienberichterstattung Informationen. Mit Hilfe derer machen sie sich ein Bild. Dem gegenüber besteht das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit, informiert zu werden. Diesem Auftrag folgt die Presse. Und wenn die z.B. keine brauchbaren Informationen von Pressesprechern der Polizei oder Justiz bekommt, müsse sie auf eigene Quellen zurückgreifen. Der Leser wolle Hintergründe. Die bekomme man eben nicht vom Pressesprecher der Polizei, so Axel Spilcker vom FOCUS. Und noch etwas wird deutlich – Es gibt gute und weniger gute, sowohl Juristen als Journalisten. An der Stelle spürt man sie wieder die Spannung im Saal. Denn RA Johann Schwenn macht keinen Hehl daraus, was er von der Art der Berichterstattung des Blattes des Journalisten zu seiner Rechten, Herrn Dr. Nicolaus Fest hält: „Bei BILD wird das Schlechte zum Prinzip.“ Er erntet Beifall. Der Angegriffene nimmt es gelassen – noch. Einige deutliche Worte später reicht es ihm: „Ich habe heute ziemlich viel Kreide gefressen – aber jetzt reicht es mir langsam.“ Der Anwalt hatte die These aufgestellt, dass nicht in der gebührenden Form über das spätere Ergeb nis berichtet werden würde, besonders, wenn es nicht mit der vorherigen Berichterstattung konform geht. Das widerlegte der Journalist mit Fakten und Beispielen – nur so richtig durchgedrungen ist er damit nicht. Warum eigentlich? Ein Erklärungsversuch: Die im Saal hatten ihr vorgefertigtes Bild, sahen den reißerischen BILDArtikel über den Mordprozess vor sich, bei dem eine Verurteilung des vermeintlichen Täters an erster Stelle steht. Dass auch hinter diesem Artikel sau bere Recherche stehen soll, passt da nicht ins Bild – so wie der Teilfreispruch des Mörders. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar RA Malte Dedden, Kehl Horst Piepenburg, Vors. der ARGE Insolvenzrecht und Silke Waterschek. Foto: A. Schiller-Mönch Mitglied für 10 Euro Für Mitglieder des FORUM Junge Anwaltschaft bietet die ARGE Insolvenzrecht eine „Juniormitgliedschaft“ zu einem Jahresbeitrag von 10 Euro an. Weitere Voraussetzungen sind die Mitgliedschaft in einem örtlichen Anwaltsverein, die Zulassung als Rechtsanwalt sowie das Unterschreiten der Altersgrenze von 40 Jahren. Die Juniormitgliedschaft ist auf fünf Jahre befristet. FORUM Junge Anwaltschaft im DAV Das FORUM ist: Die Stimme der jungen Anwälte. Eine der größten Arbeitsgemeinschaften innerhalb des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das Forum bietet: Fortbildungen. Netzwerke. Lobby. Starthilfe. Antworten und Hilfe für den Berufsstart und die ersten Berufsjahre. Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus: Vorteile für alle Anwälte, Assessoren und Referendare bis 40 Jahre (Diese Vorteile bietet nur das FORUM Junge Anwaltschaft.) Kostenlos: Anwaltsmagazin AdVoice Mit Schwerpunktthemen, Erfahrungsberichten Unterhaltsames und Wissenswertes aus der Anwaltschaft, Mitgliederinformationen und natürlich viel Service: Checklisten, Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps zur Haftungsvermeidung u. v. m. Vertretung der Interessen der jungen Anwaltschaft in der Berufspolitik und der anwaltlichen Selbstverwaltung Teilnahme an der Mailingliste, fachliche Unterstützung durch Kollegen, Antworten auf fast jede Frage des Anwaltsalltags, Terminvertretungen, Fällen von Kollegen VORTEILE für alle, die (noch) nicht im DAV sind günstige Konditionen für die Berufshaftpflichtversicherung Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen mit hohem Sparpotenzial exklusiv für FORUMsmitglieder Fortbildung: eigene Seminare und günstigere Konditionen bei anderen Anbietern z. B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50 % bei der Deutschen AnwaltsAkademie Netzwerk und Erfahrungsaustausch national Regelmäßige Stammtische in den allen LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und überörtlichen jungen Kolleginnen und Kollegen. Regionalbeauftragte als Ansprechpartner, die Euch gern vor Ort weiter helfen. Netzwerk international Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei grenzüberschreitenden Rechtsproblemen. Kontakte zu internationalen Organisationen junger Anwälte und Mitgliedschaft in der European Young Lawyers Bar Association. Vergünstigte Teilnahme bei Veranstaltungen, z. B. beim Deutschen Anwaltstag und Anwaltstagen der Länder Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt günstige Konditionen des DAV (http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte) · Auto & Verkehr: z.B. Sonderboni beim Autokauf, vergünstigte Mietewagen · Hotels: Mitgliederrabatte des DAV in vielen Hotels · Fortbildung/Webdienste: z.B. juris DAV · Kommunikation: Rahmenabkommen für Mobilfunk-Rabatte · Versicherungen: z. B. bei der Krankenversicherung und Altersversorgung Rahmenabkommen für kostenlose Kreditkarten NJW-Abo-Ermäßigung um 22 € jährlich (Referendare erhalten vom Verlag weitere Ermäßigungen) VORAUSSETZUNGEN für eine Mitgliedschaft: Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren, Referendare und Assessoren Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50,00 € Ermäßigungen auf 25,00 €: 1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres 2. für Mitglieder eines dem DAV angeschlossenen Anwaltvereins Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung ✓ Euer FORUM NEWS Traineelohn, Depressionen und Frauenquote Neue Informationspflicht Seit dem 17.05.2010 müssen auch Rechtsanwaltskanzleien bei ihrem Internetauftritt die neuen Kennzeichnungsregeln der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) beachten. Neu ist mit der Gesetzeseinführung, dass nunmehr zwingend unter Namensnennung auf die bestehende Berufshaftpflichtversicherung hingewiesen werden muss. Bindend ist insbesondere auch, dass vor der Mandatsübernahme klar verständliche Angaben zum Preis der Dienstleistung dem Kunden zugehen müssen. Es steht schon jetzt zu befürchten, dass innerhalb der Anwaltschaft die Gefahr wächst, von Mitbewerbern bereits wegen geringfügiger Verstöße gegen die DL-InfoV abgemahnt zu werden. BGH: Kein Renolohn für Anwälte Die Bedingungen für die Beschäftigung eines angestellten Anwalts sind jedenfalls dann unangemessen, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, welches einen objektien Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB begründet. Bei einem Berufsanfänger ohne besondere Spezialisierung, ohne besondere Zusatzqualifikationen und ohne Prädikatsexamen ist das der Fall, wenn statt eines im Jahr 2006 üblichen durschnittlichen Einstiegsgehalts von 2.300 Euro allenfalls 1.250 Euro gezahlt werden. Bei einem geringer qualifizierten Bewerber ist das der Fall, wenn die Vergütung sogar das durchschnittliche Anfangsgehalt eines Rechtsanwaltsund RENO-Fachangestellten unterschreitet. BGH, Beschl. v. 30. 11.2009 – AnwZ (B) 11/ 08 zu BRAO § 43 Satz 2; BORA § 26 (Leitsatz der Redaktion Anwaltsblatt) * Traineelohn sittenwidrig: Rechtsanwaltskanzleien müssen Berufseinsteiger vernünftig entlohnen. Der BGH erteilte somit den Bestrebungen einer Kanzlei aus Hamm eine klare Absage, junge Rechtsanwälte als Trainees einzustellen und sie kaum über Referendarsniveau zu bezahlen. Ein angemessenes Salär, das entschied im Vorfeld die Anwaltskammer Hamm, liege nicht bei 1.000 € monatlich, sondern bei rund 2.300 € (brutto). Der Kammerhinweis orientierte sich hierbei an dem Lohn, den ausgebildete Kanzleifachkräfte im Durchschnitt erhalten. Die übliche monatliche Vergütung für solche Fachkräfte in Deutschland liegt nämlich zwischen 1.200 € und 1.500 €. * Im Volltext abgedruckt im Anwaltsblatt 6 / 2010, Seite 440 Depression, aber richtig Beruft sich ein Rechtsanwalt im Wiedereinsetzungsverfahren bezüglich Entzugs der Anwaltszulassung darauf, dass er die ihm von der Anwaltskammer gesetzte Frist aufgrund depressiver Erkrankung verpasst hat, so muss er diese glaubhaft nachweisen. Vor dem Senat für Anwaltssachen des BGH gelang dem Antragsteller nicht, dies plausibel zu machen. Die Richter hielten seinen Vortrag für widersprüchlich, weil der Rechtsanwalt vortrug, einerseits ohne Beeinträchtigung anwaltlich habe arbeiten, andererseits aber nicht die Schreiben der Anwaltskammer krankheitsbedingt habe öffnen können. Auch hätte er sich wegen vorgeblicher Depression in speziell fachärztliche Obhut und nicht zum Hausarzt, der Allgemeinmediziner war, begeben müssen. (BGH-Beschluss vom 31.03.2010, Az. AnwZ (B) 107/09) Fachanwälte erfolgreich am Markt Die Zahl der Fachanwälte in Deutschland steigt weiterhin stark – seit 2003 hat sich die Zahl der von den RAKs verliehenen Fachanwaltstitel auf fast 36.000 mehr als verdoppelt. Sie agieren besonders erfolgreich im Rechtsdienstleistungsmarkt. Dies ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die das Soldan Institut für Anwaltmanagement auf dem diesjährigen Anwaltstag vorstellt. Mit dem Erwerb eines Fachanwaltstitels verbinden Rechtsanwälte vor allem die Ziele einer weiteren fachlichen Qualifizierung und der Durchsetzung oder Vertiefung einer bereits vorhandenen Spezialisierung am Rechtsdienstleistungsmarkt. Darüber hinaus versprechen sie sich auch wirtschaftlichen Erfolg in Form der Steigerung ihrer persönlichen Honorarumsätze. Die Untersuchung zeigt, dass diese Ziele weit gehend er- reicht werden. Rundfunkfreiheit gilt für Newsletter Netz Ein Newsletter, der das Ergebnis einer redaktionellen Tätigkeit ist, genießt den Schutz der Rundfunkund Meinungsfreiheit. Das hat das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Aktenzeichen: 6 U 48/09) entschieden. Das gilt auch in Fällen, in denen der Newsletter zugleich Werbung enthält. Werbung sei sowohl im Rundfunk als auch in der Presse üblich, so die Richter. Dennoch besteht der Schutz nicht schrankenlos. Äußerungen über einen Mitbewerber, die außerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses erlaubt wären, können beispielsweise trotzdem un zulässig sein. Denn neben der Rundfunkfreiheit gilt auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Und das verbietet herabsetzende oder verunglimpfende Äußerungen über Mitbewerber. Schreibt uns! Über welche Entscheidungen, die für Anwälte interessant sind, seid Ihr gestolpert? > [email protected] Termine 11. September 2010 Frankfurt/Main „Bürger und Unternehmer fragen Anwälte“ Deutsche Anwaltsmesse 17. /18. September 2010 Göttingen 11. Deutscher Medizinrechtstag 8. September 2010 Ulm 14. Dezember 2010 Hannover FORUM + 3 Anmeldung über: Deutsche Anwaltsakademie Tel.: 030 / 726153-181 [email protected] www.anwaltakademie.de 5./6. November 2010 Düsseldorf Berufseinsteigerforum „Start in den Anwaltsberuf“ Anmeldung über: DeutscheAnwaltAkademie Tel.: 030 / 726153-181 [email protected] www.anwaltakademie.de 2.- 4. Juni 2011 Straßbourg/Elsaß 62. Deutscher Anwaltstag ADVOICE 02/10 47 15 Jahre FORUM Das Netz trägt Nach 15 Jahren kann das FORUM auf tragfähige Strukturen bauen Nach vorne blicken oder doch zurück – stolz auf in 15 Jahren Erreichtes? Sowohl als auch, da waren sich die Laudatoren des „Geburtstagskindes“ FORUM Junge Anwaltschaft und die Teilnehmer am Festakt der 15-Jahr-Feier in Berlin einig. Ist das FORUM Junge Anwaltschaft noch pubertär oder doch schon erwachsen? Letzteres ist richtig, und zwar seit Jahren schon. Unter dem Dach des DAV hat es nach der Gründung seinen festen Platz schnell gefunden. Die Strukturen sind tragfähig und effizient. War es abzusehen, dass das Forum Junge Anwaltschaft als ARGE des DAV so erfolgreich werden würde? Nicht zwingend. Es gab durchaus Skeptiker, was der ehemalige Präsident des DAV, Rechtsanwalt Hartmut Kilger, in seiner Rückblende freimütig einräumte. Schnell wurde er allerdings ein echter Fan und erkannte den Wert eines fachgebietsübergreifenden deutschlandwei ten Netzwerkes junger Kollegen. Das FORUM Junge Anwaltschaft war dank des Engagements insbesondere der Gründungsmitglieder von Anfang an gut aufgestellt und kann, so der Präsident des DAV Prof. Dr. Wolfgang Ewer in seinem Grußwort, auf eine sehr erfolgreiche Bilanz in den 15 Jahren seines Bestehens zurückblicken. Hilfreich von Anfang an war die konsequente Nutzung der damals noch „neuen Medien“, welche direkte Kommunikationswege eröffneten. Konstruktiv konnte und kann zu vielen rechtspolitischen Themen und mit starken inhaltlichen Impulsen in der anwaltlichen Interessenvertretung unter dem Focus auf die junge Anwaltschaft beigetragen werden. Von seinem Benennungsrecht und der sonstigen Mitwirkung in den Gremien der anwaltlichen Interessenvertretung macht es intensiv Gebrauch. Die professionelle Arbeit wird, so Ewer, wahrgenommen und sehr geschätzt. In der aktuell angestrebten Reform der Fachanwaltsordnung konnte sich das FORUM mit seiner seit Jahren erhobenen Forderung auf eine Reduzierung der Anforderungen an die nachzuweisenden praktischen Kenntnisse beim Erwerb eines Fachanwaltstitels Gehör verschaffen. Bereits 2006 hatte nach einer Umfrage unter den Mitgliedern das FORUM Junge Anwaltschaft zu den drängenden Problemen der Fachanwaltschaften Stellung bezogen. Die derzeit faktisch bestehende „Closed-jobSituation“ wegen der in Teilbereichen kaum zu erreichende Fallzahlen wird durch eine Reduzierung der z. T. zu differenzierten Anforderungen nun überwunden. Zumal, hierauf wies Ewer ausdrücklich hin, die derzeitigen Anforderungen in vielen Rechtsbereichen die Lebenswirklichkeit nicht widerspiegeln. Durch eine Erweiterung der jährlichen Fortbildungsverpflichtung wird die Qualität der vertieften (fach-)anwaltlichen Tätigkeit dauerhaft gewährleistet, ja sogar weiter verbessert. Beim Festakt: Die Vorsitzende des FORUMs Junge Anwaltschaft, Silke Waterschek. Foto: Andreas Burkhardt Anwälte aus Leidenschaft und Überzeugung. Das sind die jungen im FORUM Junge Anwaltschaft organisierten Kollegen, stellte Dr. Thomas Troidl, ehemaliger Regionalbeauftragter des FORUMs, fest. In den rund 60 Jahren des Bestehens des DAV und den 15 Jahren seit der Gründung des FORUMs Junge Anwaltschaft wurde es zur drittgrößten ARGE. Die Anwaltsgeneration „U-40“ ist die Anwaltschaft der Zukunft. Zahlenmäßig stellt sie die größte Gruppe unter den derzeit tätigen Kollegen. Ständige Erneuerung, nicht zuletzt wegen der festgelegten Altersgrenze der Mitglieder, gibt Kraft für die weitere Arbeit und ist ein Garant für die Zukunftsfähigkeit. Dass das Netzwerk individuelle Hilfe für Berufseinsteiger bietet, ist abzulesen am engen und direkten Kontakt der Mitglieder untereinander. Rechtsanwalt Frank Gladisch, ehemaliger Regionalbeauftragter des FORUMs und Mitglied der Satzungsversammlung, konnte in seiner Rückschau nicht nur über das Finden seines privaten familiären Glücks beim örtlichen Stammtisch des FORUMs Junge Anwaltschaft berichten, sondern auch über substanziellen beruflichen Rückhalt. Ob durch örtliche Stammtische, Mailinglisten oder Fortbildungsveranstaltungen – man kennt sich untereinander und wir kennen unsere Mitglieder. Netzwerk – Recht persönlich! Das FORUM wird gehört; es ist seit langem vollwertiges Mitglied der Gesellschaft des DAV. Erwachsen und doch in stetigem Wandel. Zu Recht verwiesen die Redner auf die zunehmende Belastung der Anwaltschaft in einer immer schneller werdenden Zeit. Nicht nur die Mandanten der Mitglieder, auch die Gremien verlangen im Idealfall promptes Tätigwerden und Antworten. Die Zukunft der Anwaltschaft hat andererseits einen so hohen Stellenwert, dass die inhaltliche Diskussion sorgfältig geführt, stetig vertieft und deren Vermittlung ausgebaut werden muss. Neue Kommunikationswege eröffnen hier vielfältige Möglichkeiten. Wie schon in der Vergangenheit, wird das FORUM sich diese zunutze machen können und seinen Ruf als größtes nichtkommerzielles deutschlandweites Netzwerk der (jungen) Anwaltschaft verteidigen. Wer erfolgreich ist, hat guten Grund zu feiern. Das taten die Mitglieder und Gäste im Anschluss an den Festakt sowie abends bei der Geburtstagsparty im Palais der Kulturbrauerei ausgiebig. Das Netz trägt. RA Frank Röthemeyer, Geislingen 48 ADVOICE 02/10 15 Jahre FORUM Aktuelles Gebührenrecht und Zugang zu Medien Referenten Kindermann und Wolff überzeugen durch hohe Kompetenz Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann. Uwe Wolff bei seinem Workshop zu Grundzügen der Arbeit mit Medien. Nach dem kurzweiligen Festakt, der einer 15Jahr-Feier in jeder Hinsicht würdig war, konnten sich die Besucher bei einem kleinen Mittagsempfang mit Fingerfood austauschen, bestehen de Kontakte pflegen und neue knüpfen. Derart gestärkt, bestand dann die Möglichkeit, an zwei Workshops mit unterschiedlichen Schwerpunkten teilzunehmen. Die verschiedensten Neuerungen und Entwicklungen wurden ausgehend von einer Zusammenstellung der aus ihrer Sicht relevanten Leitsatzentscheidungen der letzten gut zwölf Monate erläutert, welche im weiteren Verlauf auch im internen Bereich der Homepage www.davforum.de abzurufen sein wird. Während Frau Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann die Seminarteilnehmer in die neuesten Entwicklungen im Gebührenrecht einführte, versuchte der Journalist Uwe Wolff, seinen Zuhörer die Medienarbeit für Rechtsanwälte näher zu bringen. Mit Edith Kindermann konnte eine engagierte, dem FORUM stets wohlgesonnene und in fachlicher Hin sicht überragende Referentin gewonnen werden, die es verstand, die Teilnehmer von der ersten bis zur letzten Minute in ihren Bann zu ziehen. Als Vorsitzende des Gesetzgebungsausschusses des DAV zum Gebührenrecht konnte sie auf ein fundiertes Wissen zurückgreifen und dabei den Seminarbesuchern die wichtigsten Entscheidungen sowohl des BGH als auch der nachgeordneten Gerichte aus den vergangenen Jahres in anschaulicher und kurzweiliger Weise näher bringen. Dabei war ihre Darstellung unterhaltsam und überraschte immer wieder auch durch Detailwissen bezüglich der örtlichen Praxis einzelner Amtsgerichte. Wer schon mal selbst die Gelegenheit hatte, Edith Kindermann zu erleben, weiß, dass ihre Zuhörer sowohl von ihrem Vortrag als auch von den vermit telten Inhalten nachhaltig beeindruckt waren und ihr wegen ihrer unnachahmliche Art, ihrer unglaubliche Energie und ihres überzeugendes Fachwissen problemlos auch noch weitere zwei Stunden gelauscht hätten. Nachdem Edith Kindermann ihren Workshop gleichwohl ohne Wenn und Aber nach zwei Stunden beendete, konnte der anschließende Workshop mit Herrn Wolff pünktlich beginnen, wobei – wegen des unglaublich schönen Wetters durchaus verständlich – einige der angemeldeten Workshopteilnehmer lieber die Gelegenheit für einen kurzen Abstecher auf den nahegelegen Ku'damm nutzten. Fotos: Andreas Burkhardt Den Anwesenden erklärte Uwe Wolff die Grundzüge der Medienarbeit. Dabei galt es für den Journalisten, den zuweilen skeptischen Junganwälten und –anwältinnen die für sie fremde Welt der Presse näher zu bringen. Zu diesem Zwecke erklärte er anhand einiger anschaulicher Beispiele seiner eigenen Praxis und der aktuellen Presse, anhand welcher Kriterien beurteilt werden kann, ob ein konkreter Fall für eine Darstellung in einem lokalen oder auch einem deutschlandweiten Printmedium geeignet ist. Ausgehend von seinem kürzlich erschienen Buch, welches auch jüngst in der AdVoice rezensiert wurde, fasste er anhand einer Checkliste von insgesamt zwölf Punkten die wichtigsten Kriterien und die probate Vorgehensweise für eine Kontaktaufnahme zur Presse zusammen. Es bestand im Anschluss an den knapp einstündigen Vortrag für die Anwesenden die ausführliche Gelegenheit, ihre Fragen und Gedanken zu äußern. Alles in allem konnte die 15-Jahr-Feier durch die Workshops bereichert werden, wie auch das Feedback der Teilnehmer zeigte. Es bleibt zu hoffen, dass es dem FORUM auch in Zukunft gelingt, für seine Mitglieder zu derart günstigen Preisen vergleichbar hochwertige Veranstaltungen anzubieten. RAin Carolin Ott, Landshut ADVOICE 02/10 49 15 Jahre FORUM Fotos: Andrea Vollmer, Andreas Burkhardt DAV-Präsident Wolfgang Ewer an der Seite von Silke Waterschek, Linda Schwarzer, Hartmut Kilger und Thomas Troidl beim Geburtstags-Festakt. Feiern mit dem FORUM wie im Urlaub: Mit einem Drink im Liegestuhl. Tanzen, tanzen, tanzen - bis der Anwalt kommt! Sebastian Trabhardt (RB Hamburg) und Matthew Casilla. Kurze Tanzpause: Linda Schwarzer, Frank Gladisch, Ilka Spriestersbach und Marc Wandersleben. Laue Berliner Sommernacht und das Palais der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg. Noch ein letztes Glas im Stehen: Alexander Birmili (r.) aus Tübingen und Oliver Allesch, der lieber sitzen blieb. Ein Familienunternehmen: Angela Huber (l.) aus Ellwangen mit Schwester Maria und Mutter Daniela, die bei ihrer Ältesten das Sekretariat führt. Die energische Damenriege: Silke Waterschek, Ilka Spriestersbach und Linda Schwarzer. Zwischendurch war Zeit für Schattenspiele. Manfred Aranowski und Tobias Sommer mit dem Ehepaar Ewer. Jan-Boris Plantiko (l.) aus Hamburg und Referendar Martin Michaelis. 50 ADVOICE 02/10 15 Jahre FORUM Noch vor Einbruch der Dunkelheit: Anstoßen auf das Geburtstagskind und ein Lied singen. Giorgio Forliano aus Berlin kam mit seiner Freundin Mirigam Sokenou auf die Party. FORUMs-Ehrenmitglied Axel Thönneßen und Edith Kindermann hatten sich den ganzen Abend viel zu erzählen. Auf ein Gläschen: Silke Waterschek und AdVoice-Redakteur Percy Ehlert. GfA-Mitglieder Silke Waterschek, Helge Heiner, Linda Schwarzer, Carolin Ott danken den Helfern Ulrike Brünner, Anja Hoffmann und Mareen Uhl. Gala-Atmosphäre bei Kerzenschein im Palais. Rita Schulz-Hillenbrand und ihr Mann waren aus Würzburg angereist. Der Berliner RB Karsten U. Barthels mit Freundin Melanie Eulenstein. Tatjana Chapovalova begleitete Konstantin Matzner (RB in Mannheim) aufs Fest. Martin Lang und Elke Hartmann-Wolff. Manousos Zoulakis und Christiane Sommer. Juliane Hilbricht und Tochter Lara. ADVOICE 02/10 51 Euer FORUM Gleich noch mal! Tipps und Tricks für Gründer Bericht über das Existenzgründerforum „Start in den Anwaltsberuf“ in Berlin Marketing und Strategien Weiter ging es mit den Themen „Marketing“ und „Gründungsstrategien“. So bekamen die Teilnehmer den Tipp, Orte aufzusuchen, an denen sich ihre Zielmandantschaft aufhält, um dort Vorträge zu halten. Dann gelte man dort als Experte und die Mandate kommen von fast von allein. Ein anderer Rat war, lieber im Internet als in Medien wie beispielsweise den gelben Seiten zu werben. Es sei denn, man möchte eine Zielgruppe ansprechen, die das Internet nicht nutzt. Berufsrecht Am nächsten Morgen folgte bei leider nur noch einem gut zu zwei Dritteln gefüllten Auditorium ein Bericht über das anwaltliche Berufsrecht. Mit viel Witz, erheiternden Geschichten aus dem Berufsalltag, aber auch mit dem nötigen Ernst dieses Themas berichtete RA Dr. Michael KleineCosack über seinen Kampf gegen die anwaltliche Berufsordnung der Kammern und seine Erfolge. Medien und Honorar Anwaltshaftung Anwalt und Medien. Foto: Christian Ewertsbusch_pixelio.de Am 9. April 2010 trafen sich im Maritim Hotel Berlin Rund 180 Teilnehmer zum 32. Forum „Start in den Anwaltsberuf“. Nach einer netten Begrüßung durch RA Jürgen Widder (Vorsitzender des Vereins Deutsche Anwaltsakademie), RA Prof. Dr. Wolfgang Ewer (Präsident des Deutschen Anwaltsvereins) und RA Helge Heiner (Mitglied des GFA) startete diese Tagung mit zwei Berichten von Existenzgründern, deren Erfahrungen am Markt und deren kurze Berichte über Ihre Art der Akquise. Danach folgte ein kurzweiliger Vortrag von RAin Bettina Schmidt zum Thema „Arbeitsvertrag, Versorgungswerk, Scheinselbständigkeit“. Die Zuhörer lernten dabei, wie sie für sich vorzusorgen hätten, damit sie auch im Alter gut leben könnten und bekamen Tipps und Tricks, worauf sie bei einem Anstellungsvertrag achten sollten. Auch die Gefahren der Scheinselbständigkeit und ihrer Folgen wurden erläutert und offengelegt. Nach diesem ersten Block folgte die Mittagspause mit dem wichtigsten Tagungspunkt: Nette Kollegen kennen lernen! Beim Essen gesellten sich die Teilnehmer unerschrocken um die Tische und tausch ten Erfahrungen aus. So berichteten einige junge Anwälte über ihre ersten Monate und gaben Tipps an gerade oder demnächst startende Kollegen. 52 ADVOICE 02/10 Der nächste Block war mit einer der wichtigsten, da es um die Frage der Anwaltshaftung ging. Zu der Frage, ab wann ein Anwalt in einer Sozietät haftet, gab es schöne Praxisfälle. Dringend solle man auf die Höhe seiner Berufshaftpflichtdeckungssumme achten, damit man nicht mit seinem viel zu kleinen Satz die Deckungssumme der Kanzlei runterzieht. Zudem wurde darauf hingewiesen, in welcher „Kanzleiform“ der einsteigende Anwalt lieber nicht gleich auf dem Briefkopf erscheinen sollte, damit er nicht für die Altbestände der Kanzlei haftet. Nach einer kurzen Kaffeepause folgte das Thema „Kanzleiorganisation 2.0“. Erläutert wurden OnlineHilfsmittel wie Juris und Beck-Online. Für Zuhörer mit bereits leichten Kenntnissen und Praxiserfahrungen aber dann doch eher der langweiligste Block der beiden Tage. Workshops Anschließend folgten Workshops zu folgenden Themen: „Der Umgang mit schwierigen Mandanten – vom gesetzlich Betreuten bis zum Lehrer“, „Praxis der Strafverteidigung“, „Basic-Movements – Kör pereinsatz für Rechtsanwälte“. Dozent Karsten U. Bartels, Rechtsanwalt und Tanz lehrer, brachte den Teilnehmern mit viel Geschick bei, wie sich der eigene Körper beim Treffen auf Mandanten und Kollegen bewegen sollte. Der Rei he nach wurden Beine, Hüfte, Oberkörper und Kopf ausgerichtet und dann der Körpermittelpunkt ge sucht, um ausbalanciert stehen zu können. Und wer ehrlich mit sich war, war erschrocken, wie viel man an sich korrigieren konnte, bevor man nicht nur gefühlt grade stand. Das Journalistenteam RA Micha Guttmann und RA Sven Walentowski führten durch das Thema „Der Anwalt und die Medien – Neue Mandate durch gute Öffentlichkeitsarbeit“. Erklärt wurden hierbei in welcher Form die Presse angesprochen, in welchen Zeitungen welche Berichte untergebracht werden sollten und wie man den Arbeitsaufwand in seine Arbeit integrieren kann. Der letzte Block dieser Tagung mit RAin Katja Schwackenberg bearbeitete das Thema „Methodik/Strategie der Gründungsplanung“. Besprochen wurden Fragen wie „Wie hoch darf mein Honorar sein oder besser: sollte es sein?“, „Wie reagiert der Mandant auf einen Stundensatz von 350 €?“. Fazit Die Tagung war dermaßen kurzweilig, dass die eineinhalb Tage viel zu schnell vorbei waren. Dennoch konnte man sehr viel mitnehmen. Ich kann allen Einsteigern dieses Forum nur empfehlen. Man bekommt viele Tipps und Tricks und lernt viele nette Kollegen kennen. Die Dozenten stehen in den Pausen für Fragen zur Verfügung. Und da die Themen sich von Forum zu Forum immer leicht ändern, kann und sollte man vielleicht auch das nächste Forum noch mal mitmachen. Nette Kollegen lernt man bestimmt auch dort wieder kennen. Danke an das FORUM und die Sponsoren für die Ausrichtung dieser Veranstaltung. Nächstes FORUM „Start in den Anwaltsberuf“ am 5. und 6.11.2010 in Düsseldorf. RA Alexander Winkel, Berlin FORUM vor Ort Von wegen hohes Ross Auf dem Pferderechtstag in München traf Theorie auf Praxis Pferderecht – wenn das meine Mandanten ohne Pferd auf meiner Visitenkarte oder Internetseite lesen fragen sie prompt: „Haben Pferde auch Rechte?“ Meine Antwort ist dann: „Ja, aber das ist mit Pferderecht nicht ganz gemeint. Vielmehr ist Pferderecht eine Spezialisierung auf Rechtsprobleme rund um Pferde: vom Pferdekauf, über die Haftung des Reitlehrers bis hin zum Einstellvertrag.“ Weil es für Fälle dieser Art einer ganz besonderen Qualifizierung bedarf, organisiert der Deutsche Pferderechtstag seit nunmehr sechs Jahren jährliche Fortbildungsveranstaltungen mit Praxisbezug. Für mich war es im März Premiere. Ich fuhr nach München, um mir Wissenswertes zum Thema „Forensische Pferdemedizin" – heißt übersetzt: „Pferdemedizin für Pferdejuristen“ anzuhören. Ich freute mich auf Pferderecht pur, Gespräche mit Pferdejuristen und Pferdefreunden. Obwohl, so ein wenig beschlich mich wieder dieses mulmige Ge fühl. Ich als Anfänger unter all den Experten? Nicht, dass ich nicht schon Pferderechtspraxis gesammelt hätte – aber die ganz großen Namen haben bei mir noch nicht angeklopft. Die erste Überraschung erlebte ich beim Pferderechtsabend. Ich betrat den noch recht leeren Veranstaltungsraum und peilte zielstrebig einen Kurz vorm Sprung aufs hohe Ross. RAin Anke Schiller Mönch. Tisch mit jungen Frauen an und setzte mich neben eine Kollegin mit streng nach hinten zu einem Zopf gebundenen blonden Haaren. Irgendwie erinnerte sie mich an jemanden. Nur an wen? Auch sie schaute mich fragend von der Seite an und meinte schließlich: „Also irgendwie kommen Sie mir bekannt vor.“ „Ja Sie mir auch – wie heißen Sie denn?“ antwortete ich. „Ilka Spriestersbach vom FORUM Junge Anwaltschaft und daher kenn ich dich auch – beim FORUM darf ich ja du sagen.“ Ilka grinst. Erst vor Kurzem hatten wir telefoniert. Ilka hatte ein Pferderechtliches Problem auf die Mailingliste gestellt. Ich wusste dazu was zu sagen. Mein Abend jedenfalls war gerettet, zumal Ilka ebenso wie ich „Reitanfängerin“ war und auch nicht seit klein auf im Sattel saß. Die anderen Damen am Tisch waren übrigens auch sehr angenehme Gesprächspartnerinnen. Wir redeten den ganzen Abend, wie sollte es auch anders sein, über Pferde. Und welch ein Wunder: Niemand am Tisch runzelt die Stirn oder rollte die Augen ob dieses Themas – herrlich. Am nächsten Morgen wurde es ernst. Ich begab mich an die Ludwig-Maximilian-Universität München in den Hörsaal der Klinik für Pferde. Es roch nach Formalin und Tier und der Hörsaal war klassisch, so wie man sich einen medizinischen Hörsaal eben vorstellt, steile Reihen von Holzklappstühlen, halbrund angeordnet, mit Klapptischen und ziem - lich eng. Das Ganze hatte Charme. Charmant war auch, dass die Veranstalter Mitleid mit all den einen bequemen Bürostuhl gewohnten Kolleginnen und Kollegen hatten und am Einlass Kissen austeilten – danke! Die veterinärmedizinischen Standards brachten uns ausgewiesene Experten wie Prof. Dr. Heidrun Hehlen, PD Dr. Bettina Wollanke und Dr. Stefan Gesell in anschaulicher und vor allem für Juristen verständlicher Weise nahe, sowohl am lebenden Objekt als auch mittels eindrücklichem Bildmaterial. Mit staubtrockenem Seminarstoff hatte das jedenfalls nichts zu tun. „Wenn du ein Pferd kaufst, schließe die Augen und bete.“ Mit diesem toskanischen Sprichwort begann Prof. Dr. Stephan Lorenz den einzigen rein rechtlichen Teil des Seminars zu den allgemeinen und besonderen Vertragsbedingungen des tierärztlichen Kaufuntersuchungsvertrages. Ilka und ich lauschten gespannt, saugten jedes noch so kleine Mü an Wissen auf und wurden mal wieder darin bestätigt – ein wenig Praxis schadet uns Juristen nicht – im Gegenteil. Deshalb sind wir auch im kommenden Jahr wieder dabei wenn Fachtierärzte und Rechtsanwälte in einen konstruktiven Dialog treten. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Foto: Sascha Mönch ADVOICE 02/10 53 FORUM vor Ort Übersicht aller Regionalbeauftragten unter: > www.davforum.de/469/ Regionalbeauftragte stellen sich vor Regionalbeauftragte RAin Gabriele Knöpfle für den LG Stuttgart „Dr hoim ischs halt am schönschtn`!“, sagt der Schwabe. Dem kann ich, Gabriele Knöpfle, mich seit August 2009 wieder anschließen, denn ich bin nach sechseinhalb Jahren in Coburg wieder in meine Geburtsstadt Stuttgart gezogen. In Augsburg und Schweden habe ich studiert und in Coburg Referendariat, Auslandspraktikum in London und Anwaltstätigkeit in Coburg für viereinhalb Jahre abgeleistet. Da ich sehr gerne Leute kennen lerne und Kontakte pflege, bot es sich an, die Aufgabe als Regionalbeauftragte für Stuttgart zu übernehmen. Wir haben einmal im Monat (jeden ersten Montag des Monats) Stammtisch um 19:30 Uhr im Grand Café Planie am Charlottenplatz. In Planung ist ein gemeinsames wöchentliches Mittagessen im Zen trum Stuttgarts für alle, die es einrichten können. Wochentag, Ort und Zeit können noch beeinflusst werden. Meldet Euch einfach bei mir per E-Mail. Ich würde mich auch sehr über einen kurzen Willkommensgruß von einzelnen Mitgliedern freuen. [email protected] Länderbeauftragte stellen sich vor v Länderbeauftragter Rechtsanwalt Thomas Jurisch für Italien Was verbindet dich mit Italien? Ich habe an der Universität Passau die fachspezifische Fremdsprachenausbildung Italienisch absolviert und mich dann dazu entschieden, ein Erasmus-Jahr in Italien zu verbringen, um Land und Leute kennenzulernen und meine Sprachkenntnisse auszubauen. Übersicht aller Länderbeauftragten unter: > www.davforum.de/laenderbeauftragte Wie kannst du bei Rechtsproblemen helfen? Ich arbeite in einer deutsch-italienischen Kanzlei mit Büros in München und Rom. Viele meine Mandanten sind Italiener. Daher kenne ich die typischen Missverständnisse und falschen Vorstellungen über den jeweils anderen Rechts- und Kulturkreis. Im Rahmen der tagtäglichen Zusammenarbeit kann ich aus einem Netzwerk deutschsprachiger „avvocati“ zurückgreifen. [email protected] Was sollte ein Anwalt über Italien wissen? Foto: Rainer Sturm_pixelio.de 54 ADVOICE 02/10 Im Bereich des materiellen Rechts weichen die deutsche und die italienische Rechtsordnung von den Grundzügen her selten stark von einander ab. Oft liegt der Teufel im Detail. Sonderregelungen wie die „separazione“ im Familienrecht, unterschiedliche An forderungen an die Schadensminderungspflicht im Verkehrsrecht oder die gänzlich abweichend geregelte Bemessung von Schmerzensgeldern können dem unbedarften deutschen Rechtsanwalt zur Falle werden. Etwas für Fortgeschrittene ist das italienische Verfahrensrecht. Denn es sind viel mehr Formalitäten zu beachten. Abgesehen davon, ist die italienische Justiz für ihre sehr lange Verfahrensdauer berüchtigt. FORUM vor Ort Ich bin nicht allein Ein Stammtisch-Tipp machte Manuela Lück zur Familienrechtlerin In ihrem alten Abibuch steht als Berufswunsch „Scheidungsanwältin“. Warum ausgerechnet Scheidungsanwältin, daran kann Manuela Lück sich heute nicht mehr erinnern. Denn weder war ihr Elternhaus zerrüttet, noch erlebte sie seinerzeit in ihrem Umfeld dergleichen Dramatisches. Nur eines stand für sie schon als Abiturientin fest: „Ich fand Jura immer schon spannend und war wild entschlossen, Anwältin zu werden.“ Heute ist Manuela Lück 38 Jahre alt, erfolgreiche Anwältin in Bochum und seit wenigen Monaten die dortige Regionalbeauftrage des FORUMs für den Landgerichtsbezirk Bochum. Ihre Kanzlei, in der sie mittlerweile zusammen mit einer von ihr angestellten Anwältin arbeitet, befindet sich in bester Lage in der Bochumer Fußgängerzone und ist spezialisiert auf Trennung und Scheidung, Kinderschutz und Opferschutz. Dass die engagierte Juristin da angekommen ist, wo sie hinwollte, war nicht nur das Ergebnis eines zielstrebig verfolgten Weges, sondern auch die Fügung einer Reihe glücklicher Zufälle. Nach ihrem Examen jobbte sie als freie Mitarbeiterin bei einem Anwalt, während parallel ihr Entschluss reifte, sich selbstständig zu machen. In der Bochumer Gerichtskantine traf sie regelmäßig junge Kollegen, mit denen sie in der Mittagspause plauderte und sich austauschte. Und eben diese Kollegen erzählten ihr vom Stammtisch des FORUMs. Sie ging hin und der damalige RB erzählte ihr von einer Familienrechtlerin, die gerade Unterstützung suchte. „Ich bin dann tatsächlich zu dieser Anwältin gegangen. Sie hatte dieses Büro in der Innenstadt und dann arbeiteten wir zusammen“, erzählt sie. Die Zusammenarbeit währte jedoch nur kurze Zeit, denn die Kollegin wollte eigentlich etwas anderes machen und verließ die gemeinsame Kanzlei relativ schnell. „Da saß ich plötzlich allein in einer Kanzlei in der Bochumer Fußgängerzone.“ Den Sprung ins kalte Wasser hat sie gut überstan den. „Der FORUMs-Stammtisch war damals schon sehr rege und ich habe schnell gemerkt, dass alle ähnliche Probleme haben“, erinnert sie sich. Dabei ging es nicht selten auch um Kleinigkeiten wie die Frage: „Wie viele Stempel kommen eigentlich auf die Gerichtspost?“ Wichtig war für die „Anfängerin“ damals die Tatsache: „Ich bin nicht allein.“ Inzwischen ist Manuela Lück in Bochum als Familienrechtlerin fest etabliert. 2002 trat das neue Gewaltschutzgesetz in Kraft und mit ihm das Programm „Wer schlägt, fliegt raus“. Kommunen und Polizei waren via Gesetz beauf tragt, Frauen besser zu schützen. In vielen Städten entstanden Netzwerke gegen häusliche Gewalt. „Es war eine gute Zeit, um reinzukommen“, so Lück. Heute gehört die 38-jährige zu den etablierten Kolleginnen in Bochum. Sie und ihre Kollegin ma chen fast ausschließlich Familienrecht und gehen immer tiefer in ihre Spezialisierung Trennung/Scheidung, Kinderschutz und Opferschutz. Manuela Lück nimmt heute neben ihrer rein anwaltlichen Arbeit an Gesprächsrunden in Erziehungsberatungsstellen teil und versteht sich als Dolmetscher zwischen Beratungsstellen und Gericht. Foto: privat Nach zwei Jahren am FORUMs-Stammtisch begann es, ihr dort langweilig zu werden. „Ich war inzwischen erfahrener und kam gut zurecht. Es kamen immer wieder jüngere Kollegen nach, die ähnliche Fragen und Probleme hatten wie ich seinerzeit.“ Als vor einem halben Jahr die Anfrage kam, in Bochum den Posten der Regionalbeauftragten zu übernehmen, musst die engagierte Anwältin nicht lange überlegen: „Jetzt kann ich wieder etwas zurückgeben.“ Journalistin Stefanie Salzmann, Eschwege > www.ra-lueck.de ADVOICE 02/10 55 FORUM vor Ort Bits und Bytes 2 x Hamburg FORUM und CeBIT 69 Anwälte + 1 Richter Welche Chancen und Risiken bringen das WEB 2.0 mit sich? Was ist Litigation-PR und was hat ein Anwalt damit zu tun? Wie funktioniert die Prozessfinanzierung? Auf diese und viele andere Fragen erhielten die Teilnehmer der Sonderveranstaltung der Regionalgruppe im LG-Bezirk Hannover auf der CeBIT Antworten. Mit den beiden Referenten, RAin Birte Meyer aus München von der Allianz (Themen: „Prozessfinanzierung“ und „Litigation-PR“) und RA Michael Friedmann aus Hannover von der Firma 123recht.net (Thema: „Social Media Marketing für Rechtsanwälte“), konnten mit Unterstützung der Firma AnNoText wieder Persönlichkeiten gewonnen werden, die zu den erfahrenen und engagierten Rechtsanwälten im Web 2.0 und in der Prozessfinanzierung gehören. Auch wenn die Veranstaltung recht kurzfristig organisiert wurde, erhielt diese guten Zuspruch. Ob es an den kostenlosen Tageskarten zur CeBIT lag? Wie dem auch sei. Einmal mehr konnte die Erfahrung gemacht werden, dass Vorträge im und für das FORUM auch an anderen Orten als in der Stammkneipe oder dem immergleichen Veranstaltungsraum erfolgreich durchgeführt werden können. RA Marc Y. Wandersleben, Hannover Referent RA Michael Friedmann. 1 Regionalbeauftragte gesucht! 69 Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, da von viele aus der Altersgruppe U40 und damit zumindest potentielle Mitglieder des FORUMs Junge Anwaltschaft, und ein Richter des Bun desgerichtshofes haben am 14. und 15. April anderthalb interessante Tage in Hamburg bei der Fachtagung 2010 der Arbeitsgemeinschaft Transport- und Speditionsrecht im Deutschen Anwaltsverein verbracht. Los ging es am Mittwochabend mit einem Empfang auf dem historischen Windjammer Rickmer Rickmers, auf dem bis zur Polizeistunde und anschließend in kleinen Gruppen in den Hotels kräftig gefachsimpelt und genetzwerkelt wurde. Am Folgetag stellte der Richter am BGH, Pokrant, welcher sich bereits am Vorabend unter die Anwaltschaft begeben hatte, die neuere Rechtsprechung seines Senates dar. Es folgten drei weitere Vorträge von Kollegen aus der Praxis, welche sich teilweise kritisch und mitunter auch provokativ mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auseinandersetzten. Dementsprechend wurde auch in den Pausen kräftig weiter diskutiert. Die Tagung endete mit dem Hinweis, dass es auch 2011 wieder solch eine Zwei-Tages-Veranstaltung geben soll. Die Kosten für anderthalb Tage Fortbildung und Networking beliefen sich auf 195 € für Mitglieder der ARGE Transportrecht und 250 €für Nichtmitglieder. Kleiner Wermutstropfen: Einen Rabatt für Mitglieder des Forums Junge Anwaltschaft gab es (noch) nicht. Dies sollte Interessierte jedoch nicht davon abhalten, sich in der ARGE Transportrecht zu engagieren oder im nächsten Jahr an der Veranstaltung teilzunehmen. RA Carsten Vyvers, Frankfurt/Main Nah am Kahn - die ARGE Transportrecht. 2 Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen und -kollegen in den LG-Bezirken Amberg, Bad Kreuznach, Bückenburg, Coburg, Cottbus, Kleve, Memmingen, Ravensburg, Stendal, Weiden, Zwickau! In diesen Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten nicht oder nur kommissarisch besetzt. Welche engagierten FORUMs-Mitglieder möchten diese Lücken schließen? Der Regionalbeauftragte ist der Ansprechpartner des FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort und organisiert in erster Linie den monatlichen Stammtisch zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen Landgerichtsbezirk. Als RB bist Du auch die Schnittstelle zwischen dem geschäftsführenden Ausschuss und den Mitgliedern vor Ort und stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich. Regionalstammtische Alle Termine und Orte für die regionalen Stammtische in den LG-Bezirken findet Ihr unter www.davforum.de/vorort Berlin: an jedem 3. Montag des Monats um 19.30 Uhr in der Gaststätte „Cum Laude“ (im Salon) in der Universitätsstraße Hamburg: an jedem 1. Montag eines Monats um 19.30 Uhr im Parlament (www.parlamenthamburg.de) Rathausmarkt 1 Frankfurt am Main: an jedem 1. Mittwoch des Monats um 20.00 Uhr in wechselnden Lokalen. mail an [email protected] Dortmund: an jedem 1. Donnerstag im Monat ab 19.30 Uhr im Café Endlos in der Kaiserstraße/Ecke Goebenstraße Düsseldorf: an jedem 2. Mittwoch des Monats um 20.00 Uhr in der Gaststätte Schwan am Burgplatz in der Mühlenstraße 2 Köln: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in Hellers Brauhaus, Roonstraße 33 München: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in der Gaststätte „Marktwirt“ in der Heiliggeiststraße 2 in München (Viktualienmarkt) Schreibt uns ... … Euer Lob, Eure Kritik und Eure Anregungen. Die AdVoice lebt von Euch! Infos und Themen, die Euch wichtig sind und natürlich Eure Beiträge schickt Ihr an: > [email protected] 56 ADVOICE 02/10 Fotos: 1) Marc Y. Wanderleben 2) Karl-Friedrich-Beck_pixelio.de Anwalt der Anwälte Als junges Magazin und Mitgliederzeitschrift des FORUM Junge Anwaltschaft greift die „AdVoice“ in Aufsätzen, Erfahrungsberichten und Interviews alle Fragen rund um das Anwaltsleben auf. Vor allem junge Anwälte, an die sich die Advoice speziell richtet, finden hier viele nützliche Tipps für ihren Start ins Berufsleben und den Anwaltsalltag. Als Magazin, das sich als Stimme eines starken und aktiven Netzwerkes versteht, bedarf es des Dialoges und Austausches mit der Leserschaft. Der ständige Dialog mit der Zielgruppe macht die Zeitschrift zu einer lebhaften, aktuellen und kompetenten Informationsquelle für all diejenigen, die beim Einstieg in den Anwaltsberuf auf dem Laufenden sein wollen und Wert auf ehrliche Informationen aus erster Hand legen. AdVoice die Stimme junger Anwälte Das Magazin zum Mitmachen und selber schreiben DARUM: Macht mit und gestaltet aktiv an der AdVoice mit! Schreibt an die Redaktion, welche Themen euch unter den Nägeln brennen, was für Erfahrungen im eignen Berufsalltag ihr gemacht habt oder erzählt eure Gründergeschichte! Die AdVoice-Redaktion könnt ihr unter folgenden E-Mail-Adresse erreichen: [email protected] AdVoice-Struktur Schwerpunkt: Die AdVoice erscheint vierteljährlich. Pro Heft fokussiert die Redaktion mit zirka 20-seitigen Schwerpunkten wie Internet, Marketing, Versicherungen, Mobilität, Fachanwälte, Büro, Finanzen wichtige Themen aus dem Anwaltsalltag. Magazin: Im Magazinteil sind bunte und span nende Reportagen zu allen Themen rund um die Juristerei zu finden sowie nützliche Rubriken wie die Haftungsbeschränkung, Gründerberichte jung er Kollegen, Steuertipps und vieles mehr. Euer FORUM: Unter der Rubrik Euer FORUM findet ihr alle aktuellen Informationen und Termine aus dem Verband sowie Berichte wie das FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort aktiv ist. FORUM Junge Anwaltschaft w w w. d a v f o r u m . d e Bücher-FORUM Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess ZPO Zivilprozessordnung Internationales Zivilprozessrecht Prechtel/Oberheim 4. Aufl. 2009, 922 S., 72,00 EUR, Luchterhand Verlag Hans-Joachim Musielak (Hrsg.), 7. Aufl. 2009, 2.851 S., 159,00 EUR, Verlag Vahlen Reinhold Geimer, 6. Aufl. 2009, 1.679 S., 179,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt Erstmalig steht das Handbuch „Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess“ unter der Leitung von Rainer Oberheim, VRiOLG. Mit einer grundsätzlich neuen Gliederung umfasst es alle Teilbereiche des anwaltlichen Handelns, um privatrechtliche Ansprüche des Mandanten durchzusetzen. Dabei orientiert es sich an der anwaltlichen Praxis. Vor zehn Jahren erschien das erste Mal der ZPO-Kommentar von Musielak und erfreut sich seitdem einer wachsenden Beliebtheit auf dem hart umkämpften Markt juristischer Kommentierungen. Dies mag seiner besonderen Praxisbezogenheit geschuldet sein, die einen schnellen und effektiven Zugriff auf wichtige Rechtsfragen erlaubt. Erfreulicherweise geschieht dies jedoch, ohne die wissenschaftliche Grundlage, die diesem Werk zugrunde liegt, zu verleugnen. Dies lässt sowohl die Handschrift des bekannten Herausgebers als auch die sorgfältige Arbeit des namhaften Autorenstamms der einzelnen Kommentierungen erkennen. Globale Verflechtungen konfrontieren zunehmend die an sich nicht auf internationale Sachverhalte ausgerichteten Anwälte. Schon eine Prise „Internationalität“ in einem Fall kann genügen, vertraute Konstellationen in juristische Abenteuer zu verwandeln. Es gilt, sich hier mit guter Literatur zu rüsten. Ziel ist es, die Anwendung des Prozessrechts in der konkreten Situation darzustellen. Es soll die Fähigkeit vermitteln, Handlungsoptionen zu erkennen, deren Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen zu können, um die optimale Alternative im Sinne des eigenen Prozessziels einzusetzen. Die Aufmachung ist mit klarem Druckbild, optisch hervorgehobenen Hinweisen und Beispielen, Tabellen und Grafiken gelungen. In neun Teile gegliedert, folgt nach der Einführung der 2. Teil zu den prozessvorbereitenden Maßnahmen, insbesondere zu außergerichtlichen Maßnahmen. Prägnant erklärt Teil 3 den einstweiligen Rechtsschutz. Die Teile 4 (Rechtstitulierung im allgemeinen Klageverfahren) und 5 (Beweisaufnahme) sind die Kernpunkte. Zunächst sind die Ausführungen zu den inhaltlichen Anforderungen der Klageschrift lehrreich, in denen sich der Autor intensiv mit der Beibringung, Schlüssigkeit und Substantiierung beschäftigt. Bei der Klagerwiderung liegt ein Schwerpunkt auf den Bestreitensformen. Bei der Bearbeitung der mündlichen Verhandlung setzt sich der Autor akribisch mit deren Vorbereitung, der Güteverhandlung und der Prozessleitungspflicht des Gerichts auseinander. In Teil 5 stellt er die Beweismittel dar, bevor sich der Autor besonderen Zugangsproblemen zuwendet. Auch Folgen beweisrechtlicher Verfahrensfehler auf eine mögliche Berufung sind nicht ausgespart. Teil 6 widmet sich den besonderen Verfahren. Die lesenswerten Ausführungen zum Adhäsionsverfahren zeigen, wie mittels eines treffenden Adhäsionsantrags im Strafverfahren ein Zivilverfahren zu vermeiden ist. Der kompakte Teil 7 zeigt das Zwangsvollstreckungsrecht, bevor Ausführungen zu den nachträglichen prozessualen Änderungen folgen. Der abschließende 9. Teil zu den Rechtsbehelfen bereitet die Berufung -mit dem ausführlichen Abschnitt zur Berufungsbegründung-, Beschwerde, Wiedereinsetzung und Gehörsrüge auf. Fazit: Inhaltlich überzeugt das Werk „Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess“ und ist zu empfehlen. Wünschenswert wären aber mehr konkrete Antragsvorschläge. Anzumerken ist auch, dass der praktische Nutzen des Buchs unter dem zum Teil fehlerhaften Stichwortverzeichnis leidet. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Die Kommentierungen befinden sich auf dem Stand Juli 2009, berücksichtigen an den entsprechenden Stellen aber bereits die bevorstehenden gesetzlichen Änderungen wie etwa das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes, dessen Neuregelungen erst Mitte 2010 in Kraft treten. Ein erster Blick in den Geimer mag den Praktiker schockieren, da das Werk im ersten Teil auf 164 Seiten mit einer einführenden „Grundlegung“ beginnt. Dies zeigt die Eigenart der Materie, die sich ohne Kenntnis und Verständnis des Wechselspiels der grundlegenden teils geschriebenen teils ungeschriebenen Rechtsprinzipien nicht befriedigend erschließen lässt. Die Leistung des Werkes besteht schon darin, dass es die Themenfelder nicht nur aufarbeitet, sondern auch verknüpft und in den notwendigen logischen Kontext setzt. Das ist umso wertvoller, als kein abschließendes kodifiziertes Recht existiert. Die wohl tiefgreifendste Neuerung dieser Ausgabe beruht auf dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dieses Gesetz führte zur Aufhebung des 6. und 9. Buches der ZPO sowie zur Änderung zahlreicher Vorschriften. Regelungen, die früher in der ZPO enthalten waren, befinden sich nun samt den übrigen Neuerungen im FamFG. Dieser Umstand und nicht zuletzt auch das Ausmaß der Neuregelungen veranlassten die Autoren, der entsprechenden Kommentierung einen eigenen Band zu widmen. Dieser Entschluss mag dazu geführt haben, die gute Übersichtlichkeit beibehalten zu können bzw. ihren Eindruck noch zu verstärken. Der entsprechende Band – Musielak/Borth, Fami liengerichtliches Verfahren - 1. und 2. Buch FamFG – ist seit Dezember 2009 erhältlich und sollte nicht nur der Vollständigkeit wegen seinen Platz neben der vorliegenden ZPO-Kommentierung finden. Breiten Raum nimmt das Kapitel der internationalen Zuständigkeit ein. Daneben werden u. a. dargestellt: das internationale Zustellungsrecht, das internationale Beweisverfahrensrecht, die Anwendung ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte, worauf zu achten ist, wenn deutsche Urteile später im Ausland vollstreckt werden sollen und welche Erwägungen etwa anzustellen sind, wenn derselbe Streitgegenstand im In- und Ausland gleichzeitig rechtshängig werden sollte. Grundsätzlich gilt hier, dass das ausländische Verfahren Vorrang hat, wenn es zuerst begonnen hat und dessen Urteil anzuerkennen wäre. Das inländische Verfahren ist dann auszusetzen und der Beginn des ausländischen Prozesses ist dabei nach dessen lex fori zu bestimmen. Weiter behandelt das Werk die Kapitel Zwangsvollstreckung, Insolvenz und die Schiedsgerichtsbarkeit. Im Anhang werden die wichtigsten Europäischen Verordnungen und internationalen Übereinkommen erläutert. Fazit: Abschließend lässt sich festhalten: Dieses Werk zeigt sich informativ, sachlich und dabei immer gut lesbar. Es stellt damit nicht nur einen weiteren Kommentar innerhalb der ZPO-Kommentierungen dar, sondern eine echte Bereicherung, deren Lesefreundlichkeit einen gerne zugreifen lässt. Und was lässt sich Besseres über ein Buch sagen, denn um ein solches handelt es sich letztlich auch immer bei einem juristischen Kommentar. Das Werk arbeitet die Materie umfassend auf. Die Darstellung des Europäischen Zivilverfahrensrechts, das sich aufgrund seiner zunehmenden Kodifizierung und der einheitlichen Rechtsprechung des EuGH inzwischen deutlich abzusetzen begonnen hat, leidet allerdings unter dem thematischen Buchkonzept. Es versteht sich, dass die selbst gesetzte Aufgabe des Buches nicht in ein allzu leicht verständliches Werk münden kann. Angesichts der Abstraktheit der Materie ist es allerdings durchaus als nützliches Praxisbuch anzusehen. RA Sascha Brandt, Duisburg Fazit: Das Buch ist eines der wenigen Nachschlagewerke und der Kompass schlechthin zum Internationalen Zivilprozessrecht. RA und FA Steuerrecht Manousos Zoulakis, Mannheim 58 ADVOICE 02/10 Bücher-FORUM Das arbeitsrechtliche Mandat Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht Hümmerich/Spirolke (Hrsg.), 5. Aufl. 2009, 2.304 S., 144,00 EUR, Deutscher AnwaltVerlag Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.), 10. Aufl. 2009, 2.856 S., 166,00 EUR, Verlag C.H. Beck Das von Hümmerich/Spirolke herausgegebene, von einem 27köpfigen Autorenteam aus Anwaltschaft, Justiz und Lehre auf aktuellen Stand gebrachte Werk „Das arbeitsrechtliche Mandat“ verspricht dem Nutzer, eine auf die Mandatsbearbeitung zugeschnittene Arbeitsvorlage zu sein. Der „Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht“ liegt in der 10. Auflage vor. Nach wie vor soll er dem Praktiker im facettenreichen Arbeitsrecht mit seinen Spezialgesetzen neben dem allgemeinen Zivilrecht helfen, sich zurecht zu finden. Anspruch ist es, dem Nutzer einen strukturierten Überblick über das Arbeitsrecht, orientiert an der höchstrichterlichen Rechtsprechung, unter Beachtung der Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten zu bieten. In 21 Kapiteln werden nicht nur die arbeitsrechtlichen Grundlagen und Nebengesetze dargestellt sowie alle Facetten des Individualund Kollektivarbeitsrechts beleuchtet, sondern einbezogen werden auch das Prozessrecht und insbesondere die an das Arbeitsrecht angrenzenden und mit ihm verwobenen Bereiche des Steuer-, Gesellschafts- und Insolvenzrechts sowie die Besonderheiten von Sozial- und Rentenversicherung. Die im Text ausgewertete, in Fußnoten eingepflegte Rechtsprechung und Literatur ist Beleg für das konsequente Bemühen des Autorenteams um Aktualität des Werks. Die einzelnen Kapitel sind durchgehend gut lesbar und durch selektiven Fettdruck von Kernaussagen und -stichwörtern aufbereitet. Ihnen stehen detaillierte Inhaltsübersichten voran und die Texte sind in einem klar strukturierten Stichwortverzeichnis verschlagwortet, welches jedoch nicht den Nutzwert von VolltextCDs bietet, die einigen Arbeitsrechts-Handbüchern als Mehrwert beiliegen. Hilfreich sind wiederum die verschiedentlich in den Text aufgenommenen Fallbeispiele. Und auch an zahlreichen Muster formulierungen zur unmittelbaren Verwendung fehlt es nicht, wobei diese allerdings in erster Linie Standardkonstellationen abdecken. Als Alleinstellungsmerkmal des Werks geeignet wären bei konsequenter Aufnahme als eigenständige Kapitelabschnitte die Praktikerhinweise. Der besondere Wert dieses an den Nutzer weitergegebenen Erfahrungsschatzes erschließt sich zum Beispiel in Hilfsmitteln wie der mustergültigen Streitwertsynopse oder der instruktiven Auseinandersetzung und Widerlegung von typisier ten Einwänden von Rechtsschutzversicherern zu Anspruchsgrund und -höhe. Fazit: Der Verlag verspricht, das Werk mache den Nutzer fit für die vielseitigen Anforderungen des Arbeitsrechts – und hält Wort. Ob Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervertreter, ob im Stadium der Mandantenberatung, Parteiverhandlung oder Prozessvertretung – das Werk bietet eine umfassende Problemorientierung, die Fehler vermeiden hilft, und weiß auch durch eine praxistaugliche Hilfestellung zur Lösungsfindung bei der Bearbeitung arbeitsrechtlicher Mandate zu gefallen. RA Jens David Runge-Yu, Freiburg im Breisgau Das Autorenteam, bestehend aus Richtern, Anwälten und Wissenschaftlern, kommentiert nahezu alle arbeitsrechtlichen Gesetze in einem Band. Beginnend mit den entscheidenden Normen des Grundgesetzes folgen alphabetisch z. B. die Erläuterungen des ÄArbVtrG, über das AGG, das BetrVG, das KSchG, die relevanten Normen der Sozialgesetzbücher bis zum WZVG. Bei dem Rechtsstand vom 1. September 2009 sind die wichtigen Entscheidenden zu den Problemkreisen des Diskriminierungs- und Kündigungsrechts sowie zur Inhaltskontrolle von Arbeitsverträ gen integriert und bewertet. Eingängig werden die Auswirkungen des EuGH-Urteils zur Abgeltung für bei Vertragsende wegen Krankheit nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs in der „Schulze-Hoff-Entscheidung“ aufgearbeitet. Auch die ins BEEG aufgenommene „Großelternzeit“ und das Pflegezeitgesetz sind erläutert. Ebenfalls sind die Folgen der Rente mit 67 aufgezeigt. Inhaltlicher Kernpunkt ist die Neukommentierung zum Arbeitnehmer-Entsendegesetz sowie zum Gesetz über Mindestarbeitsbedingungen. Selbst die Änderungen im neuen Gendiagnostikgesetz und dem BDSG – insbesondere § 32 BDSG – zum Arbeitnehmerdatenschutz konnten noch rechtzeitig kommentiert werden. Schließlich werden sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte berücksichtigt. Obwohl der Kommentar in der Reihe Beck’sche Kurzkommentare erscheint, überzeugt er durch Vollständigkeit und mit einer gelungenen wissenschaftlichen Aufbereitung, ohne die Darstellung und Aufbereitung für den Praktiker aus den Augen zu verlieren. Die Verwendung von Abkürzungen ist auf ein Minimum begrenzt. Rechtsprechungs- und Literaturhinweise sind im Text eingearbeitet. Neben dem 74-seitigen Sachverzeichnis erleichtern die fett gedruckten Begriffe in den Texten eine gezielte Suche. Fazit: Dem Autorenteam gelingt wiederum ein unverzichtbarer Kommentar. Ein ernsthaft im Arbeitsrecht beratender Anwalt oder Jurist kommt am „Erfurter“ nicht vorbei. Dem anwaltlichen Neuling ist er zu empfehlen, da sich mit dem Werk alle Fragen der täglichen Beratung lösen lassen. Cyber-Mobbing – Ursachen und Auswirkungen von Mobbing im Internet Nayla Fawzi, 1. Aufl. 2009, 140 S., 22,00 EUR, Nomos Verlag Keine Frage, das Internet bietet heute eine Reihe interessanter neuer Möglichkeiten der Kommunikation. Der Nutzer 2.0 tauscht sich in Blogs und Chatrooms mit anderen aus, archiviert seine Urlaubsfotos bei Online-Bilderdiensten und pflegt sein Adressbuch bei Facebook und XING. Selbst die Suche nach Job und Lebenspartner verlagert sich mehr und mehr ins Internet. Vorteil dieser Art der Kommunikation: Alles geht einfacher und schneller. Doch letztlich ist es in der digitalen Welt wie im richtigen Leben: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Immer mehr Verbraucherschützer warnen vor dem allzu leichtfertigen Umgang mit persönlichen Daten im Internet. Auch das Phänomen Mobbing hat den Weg ins Internet gefunden. So werden Social Communities, Weblogs und Video-Plattformen zunehmend dafür genutzt, andere zu schikanieren, bloßzustellen oder zu bedrohen. Mit den Ursachen, Hintergründen und Auswirkungen dieser als „Cyber-Mobbing“ bezeichneten neuen Spielart des bereits seit längerer Zeit anerkannten Phänomens Mobbing beschäftigt sich Nayla Fawzi in dem vorliegenden, Ende 2009 im Nomos Verlag erschienenen Werk. Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Universität München, das Buch „CyberMobbing“ ist auf Grundlage ihrer Magister-Arbeit entstanden. Um es vorweg zu nehmen: Bei „Cyber-Mobbing“ handelt es sich nicht um ein juristisches Fachbuch. Vielmehr werden die Ursachen, Erscheinungsformen und Auswirkungen des Mobbings via Internet aus sozialwissenschaftlicher Sicht auf der Basis von 16 Experteninterviews und vier Gesprächen mit Betroffenen beleuchtet. Sind die ersten Kapitel zunächst einer kurzen Einführung in die Begriffe „Mobbing“, „Cyberspace“ und „Cyber-Mobbing“ gewidmet, stellt die Autorin anschließend sehr ausführlich die Ergebnisse der von ihr durchgeführten Studie zum Thema „Mobbing via Internet“ vor. Interessant sind diese vor allem für die auf dem Gebiet des Internetrechts tätigen Anwälte, die sich einen Überblick über diese neue Form des Mobbings verschaffen wollen. Das abschließend dargestellte Ergebnis der Autorin verschafft dem interessierten Anwalt einen Einblick in potentielle Spannungsfelder bei der Beratung der Betroffenen und zeigt überblicksartig Möglichkeiten der rechtlichen Behandlung des Cyber-Mobbings auf. Fazit: Ein Buch für alle, die sich eingehender mit den Schattenseiten des Internet und dem Themenkomplex Mobbing beschäftigen wollen. RAin Astrid Ackermann, LL.M, Frankfurt am Main RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock ADVOICE 02/10 59 Bücher-FORUM Bundesrechtsanwaltsordnung Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung Michael Kleine-Cosack, 6. Aufl. 2009, 776 S., 72,00 EUR, Verlag C.H. Beck 2. Aufl. 2008, rund 6.500 S., 585,00 EUR, Verlag C.H. Beck Die aktualisierte Auflage des Kommentars zur BRAO war geboten, da das Verfahrensrecht der BRAO in Verwaltungssachen entscheidend reformiert wurde. Die Änderung sieht vor, dass für die gerichtlichen Verfahren in Verwaltungssachen nach der BRAO nicht mehr das Verfahrensrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern die Verwaltungsgerichtsordnung gilt. Ebenfalls wurde das Verfahren, in dem die Rechtsanwaltskammern oder Justizverwaltungen Entscheidungen in anwaltlichen Verwaltungsangelegenheiten treffen, erneuert und dem VwVfG untergeordnet. Der „Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung“ ist die Refe renz! Weitere Großkommentare zur Insolvenzordnung sind bisher entweder nicht vollständig erhältlich oder qualitativ nicht vergleichbar. Die Bearbeiter sind sprichwörtlich das „Who’s who“ der deutschen Insolvenzrechtsszene. Alleine die Zahl aktueller oder ehemaliger Mitglieder des Bundesgerichtshofs ist beeindruckend. So kommentiert etwa der aktuelle Vorsitzende des für Insolvenzrecht zuständigen 9. Zivilsenats, Ganter, im ersten Band. Das dürfte die ausgeprägte Beliebtheit des Kommentars in der Justiz erklären. Folglich kommt auch der im Insolvenzrecht forensisch tätige Anwalt an diesem Werk nicht vorbei. Denn man kann sich sicher sein: Im Zweifelsfall wird der Berichterstatter des erkennenden Senats den Münchener Kommentar zu Rate ziehen. Selbst bei einer Spezialisierung im IP-Bereich erweist sich dieses Tätigkeitsfeld als sehr umfangreich. Insofern liegt es nahe, auch in diesem Rechtsgebiet einen Blick auf die bewährten Formularsammlungen des Beck-Verlages zu werfen. Es macht aber auch Spaß, in diesem Werk zu lesen! Das gilt sicherlich nicht für alle Bereiche der Kommentierung, die einen durch ihre Informationsfülle gelegentlich auch einmal zu erschlagen droht. So etwa bei der Bearbeitung des Eigentumsvorbehalts in § 47 Insolvenzordnung mit jedenfalls für den Rezensenten „gefühlten“ 100 Varianten. Das ist der Preis einer auf Vollständigkeit bedachten hoch anspruchsvollen Kommentierung. Lesespaß kommt aber schon bei der Einleitung durch Stürner auf, die eigentlich eine Pflichtlektüre für jeden Zivilrechtler – erst recht für jeden Insolvenzrechtler – darstellt. Stürner weist dort zu Recht darauf hin, dass das aktuelle Insolvenzrecht „nur aus seinen historischen Grundlagen heraus verständlich“ ist. Eine Erkenntnis, die wohl aber auch für viele andere Rechtsgebiete Geltung beanspruchen dürfte. Das Buch umfasst rund 200 kommentierte Formulare aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nebst Urheberrecht. Die einzelnen Kapitel sind aufgeteilt in die Untergebiete Patentrecht, Arbeitnehmererfindungsrecht, Patentlizenz- und Know-how-Vertragsrecht, Geschmacksmusterrecht, Markenrecht, Produktpiraterie, Wettbewerbsrecht, Kartellrecht und Urheberrecht. Jedem Kapitel geht eine Einführung mit einleitenden Hinweisen voraus, die einen Überblick über die einschlägigen Gesetze und das Rechtsgebiet liefern und damit einen hilfreichen Einstieg zur Verfügung stellen. Die Formulare selber umfassen Vertragsgestaltungen, Anmeldeformulare sowie die gerichtliche als auch außergerichtliche Verfolgung von Rechtsverletzungen. Der Autor, ein absoluter Fachmann des Berufsrechts, äußert sich oft kritisch zu anwaltsrechtlichen Fragen, u. a. im Anwaltsblatt. Daneben gehen viele Grundsatzentscheidungen auf seine Initiative zurück. Im Fokus seiner Kommentierung hat er die Interessen seines Berufsstandes, insbesondere gegen die von den Kammern geprägte Rechtsansicht. Er scheut sich nicht, Tacheles zu reden und auf reformbedürftige Bereiche hinzuweisen. In Zeiten steigender Zulassungszahlen sind Grundkenntnisse der BRAO für jeden Anwalt unerlässlich. Streng ist daher der Kommentar den Bedürfnissen der Praxis angepasst. Kleine-Cosack stellt einen Überblick über das geltende Berufsrecht und die Rechtsprechung zur Verfügung. Neben der ausführlichen Kommentierung der BRAO bietet das Werk kurze Kommentierungen der BORA und der FAO (Anhang I). Im Anhang II befindet sich der Abdruck des PartGG, der GO – Satzungsversammlung BRAK, der Organisationssatzung BRAK und der Geschäftsordnung BRAK, bevor im Anhang III weitere europarechtliche Vorschriften das Werk abrunden. Einen Schwerpunkt bilden die Ausführungen der §§ 43 ff. BRAO über die anwaltlichen Rechte und Pflichten und die berufliche Zusammenarbeit. Ausführlich sind die Grundpflichten des § 43a BRAO – aus Sicht des Autors ein „Pathoskatalog“ – mit den Fragen der Verschwiegenheit, Sachlichkeit oder widerstreitenden Interessen bearbeitet. Kritisch sieht der Autor die Einführung einer Schlichtungsstelle bei der BRAK (§ 191 f) für Streitigkeiten zwischen Rechtsanwälten und ihren Auftraggebern. Aus Sicht des Autors ist BRAK nur für die Selbstverwaltung zuständig und der Staat drücke sich mittels der Ausgliederung dieser Staatsfunktion im Rahmen der funktionalen Selbstverwaltung vor der Verantwortung und den Kosten der Gesetzesumsetzung. Fazit: Der Standardkommentar erklärt praxisnah, eingängig aber auch kritisch das anwaltliche Berufsrecht. Ein Werk mit dem es sich lohnt – auch als Berufsanfänger – zu arbeiten. Was also sind die Nachteile? Flüchtig besehen ist es sicherlich der Preis von 195,00 EUR pro Band. Da Gesamtabnahmeverpflichtung besteht, folgen daraus Kosten für das Gesamtwerk von immerhin 585,00 EUR. Andererseits ist dies ein Seitenpreis von rund 9 Cent und damit angesichts der hochkarätigen Autoren ein echtes Schnäppchen. Bis zur Komplettierung des Gesamtwerkes vergeht allerdings nicht selten einige Zeit. Band 1 befindet sich daher auf dem Stand vom 01.07.2007. Wer es aktueller möchte, muss zum neuen Uhlenbruck greifen, neu erschienen 2010. Für alle anderen gilt: Platz schaffen im Regal und kaufen! Wer keinen Platz hat, dem kann zum „Beck-Online Fachmodul Insolvenzrecht Plus“ geraten werden, welches auch diesen Kommentar als OnlineVersion enthält. Aber irgendwie ist das nicht dasselbe. RA und FA Insolventrecht Matthias Hahn, Freiburg im Breisgau Beck’sche Formularsammlung zum gewerblichen Rechtsschutz mit Urheberrecht 4. Aufl. 2009, 736 S. mit CD-ROM, 134,00 EUR, Verlag C.H. Beck Es stellt sich schnell heraus, dass diese Formularsammlung eine große Hilfe ist. Denn insbesondere die teilweise über mehrere Seiten führenden Anmerkungen zu dem jeweiligen Formular sind eine große Bereicherung. Hier werden Risiken aufgezeigt und Vorgehensweisen empfohlen sowie weiterführende Fundstellen aufgeführt. Mit diesen Anmerkungen wird das Buch mehr als eine reine Formularsammlung: Hier entfaltet das Werk seine volle Praxistauglichkeit. Die beigefügte CD-ROM ist bei der Arbeit mit dem Buch hilfreich, da z. B. auch die Volltextsuche unterstützt wird. Auf dem Datenträger befinden sich allerdings nur die reinen Formulierungshilfen ohne die entsprechenden Anmerkungen. Es handelt sich also nicht um eine digitale Version des Buches. Positiv fällt hier neben der Suchfunktion auch die Exportierfunktion der Vorlagen in ein Word-Dokument auf. Fazit: Dieser Band der Formularsammlungen richtet sich an Rechtsanwälte, Notare und Rechtsabteilungen und ist damit hochgradig an die Bedürfnisse der praktischen Arbeit ausgerichtet. Abgedeckt werden sowohl die typischen außergerichtlichen als auch gerichtlichen Tätigkeiten in den jeweiligen Rechtsgebieten. Die Aufnahme des Urheberrechts zusammen mit dem gewerblichen Rechtsschutz ist eine dankbare Maßnahme des Verlages und verdeutlicht auch hier die hohe Relevanz des Werkes für den Anwalt, der in diesem Bereich tätig ist. RA Sebastian Dramburg, LL. M, Berlin RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock 60 ADVOICE 02/10 Bücher-FORUM Familiengerichtskostengesetz Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht Praxiskommentar zum Straßenverkehrsrecht Schneider/Wolf/Volpert, 1. Aufl. 2009, 959 S., 68,00 EUR, Nomos Verlag Hannemann/Wiegner (Hrsg.), 3. Aufl. 2010, 1.873 S., 138,00 EUR Verlag C.H.Beck Peter Xanke (Hrsg.), 1. Aufl. 2009, 2.741 S. mit CD-ROM, 88,00 EUR, ZAP Verlag Mit Einführung des FamFG sind ebenfalls zum 1.9.2009 die Gerichtskosten im Familienrecht umstrukturiert worden. Das FamGKG ist ein eigenständiges abgeschlossenes Gesetz, das ausschließlich die Kosten in Familiensachen regelt. Für die Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt das FGG, samt Verweisen auf die KostO, weiter. Das „Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht“ ist eines von inzwischen 17 Werken in der Reihe des Beck-Verlages. Das Vorwort der ersten Auflage beschreibt das Ziel, „im Alltag des Mietrechtsanwalts das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag günstiger zu gestalten“. Ihren Anspruch weiten die Herausgeber in der inzwischen dritten Auflage auch auf das Gewerberaummietrecht aus. Das Werk bietet über 2.700 Seiten Kommentierungen, Gesetzestexte und eine CD-ROM. Abgehandelt werden die klassischen verkehrsrechtlichen Normenkomplexe StVG, StVO, StVZO, FZV und FeV. Daneben sind schadensbezogene Normen des BGB, einschlägige Normen des StGB und des OWiG sowie versicherungsrechtliche Aspekte kommentiert. Der umfangreichen Rechtsprechung werden die Autoren auf geschickte und übersichtliche Weise Herr: Die Urteile sind als geschlossene Beispielsblöcke unter Voranstellung der rechtsprechungsrelevanten Kriterien abgehandelt. Der neue Handkommentar aus der Reihe NomosKommentar wird von den bekannten Gebührenrechtlern Schneider, Wolf und Volpert herausgegeben. Bearbeiter sind neben den namhaften Herausgebern seit vielen Jahren in der gebührenrechtlichen Theorie und Praxis bewanderte Rechtsanwälte, Rechtspfleger sowie Richter. Durch die Nähe der Autoren zur täglich angewandten gebührenrechtlichen Praxis ist der Kommentar beson ders wertvoll für die praktische Anwendung in der Anwaltskanzlei. Stand des Kommentars ist der 1.9.2009. Sämtliche Gesetzesänderungen bis zu diesem Datum sind eingearbeitet, auch der neue § 15a RVG zur Gebührenanrechnung. In Familiensachen, insbesondere bei Scheidungen, geht es außerhalb der PKH regelmäßig um hohe Streitwerte. Daher ist ein zuverlässiger und praxisorientierter Leitfaden für Gebührenfragen unverzichtbar. Gut gelungen ist der Verweis auf die bisherigen Vorschriften des GKG und der KostO. Ebenfalls hervorragend ist das im Anhang I aufgeführte Verfahrenswert-ABC: Mit einem Blick findet man schnell die entsprechenden Normen des FamGKG. So findet man allein unter dem Begriff Versorgungsausgleich sechs verschiedene Stichworte mit Angabe der Höhe des Streitwerts sowie den Verweisen auf die entsprechenden Paragraphen. Der Mindestwert des Versorgungsausgleichs beträgt 1.000,00 EUR nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG. In der Kommentierung wird anhand eines Beispiels übersichtlich die Berechnung des Verfahrenswertes er klärt: Zunächst wird das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Parteien errechnet. Zwei Anrechte zu jeweils 10 % des errechneten Betrags ergeben den rechnerischen Verfahrenswert. Liegt der Verfahrenswert rechnerisch unter 1.000,00 EUR, wird der Mindestwert als Verfahrenswert angesetzt. Das Werk bietet viele Vorteile: Die Autoren haben neben dem neuen FamFG und FamGKG mit den Änderungen bei der PKH, die jetzt Verfahrenskostenhilfe heißt, viele Berechnungs- und Praxisbeispiele in die Kommentierung eingearbeitet. Davon profitieren vor allem die oft im Familienrecht tätigen An wälte, aber auch Richter und Kostenbeamte. Auch als nicht regelmäßig im Familienrecht tätiger Anwalt findet man sich schnell und sehr gut zurecht. Für den praxistauglichen Umgang haben die Herausgeber einen Aufbau in Anlehnung an eine Chronologie des Mietverhältnisses gewählt. Praktische Hilfestellung für die Mandatsannahme erfolgt über Formulierungsbeispiele und Checklisten, die Darstellung von Haftungsrisiken und Hinweisen zu Kosten und Gebühren. Die Aufzählung der mietrechtlichen Rechtsgrundlagen und ein Schrifttumsverzeichnis zu Beginn eines jeden Paragraphen sichern die Möglichkeit zur gezielten Vertiefung. Für besondere Mietobjekte enthalten sowohl der erste als auch der zweite Teil jeweils einen Abschnitt „Sonderprobleme“. Der Leser findet zum Rechtsstand Juni 2009 Gesetzgebung und Rechtsprechung übersichtlich und gleichzeitig kompakt aufbereitet. Die Autoren, überwiegend Kollegen aus der Anwaltschaft, erreichen das Ziel, die grundlegenden Zusammenhänge verständlich darzustellen, ohne Einzelfragen zu vernachlässigen. Die Rechtsprechungsdichte des für Wohnraummietrecht zuständigen VIII. als auch des sich mit Fragen des Gewerberaummietrechts beschäftigenden XII. Senats des Bundesgerichtshofes erfordert vielfach eine Ausführlichkeit, der das Werk entspricht, ohne weitschweifig zu werden. Das in der Beratung kleinteilige Betriebskostenrecht ist ebenso wie die existenziellen Fragen zum Schriftformgebot des § 550 BGB suffizient abgebildet. Dem erfahrenen Mietrechtler längst bekannt, kennt nach der Lektüre auch der Einsteiger die Tücken des Schriftformgebots im Gewerberaummietrecht – im wirtschaftlichen Interesse des Mandanten und zur eigenen haftungsvermeidenden Sicherheit. Fazit: Die dritte Auflage enthält die überfällige Darstellung des Gewerberaummietrechts. Praxistauglichkeit für einen schnellen und sicheren Einstieg ins Mandat ist wie von den Herausgebern angestrebt gegeben: Einsteiger verstehen, Fortgeschrittene finden, Profis haben verlässliches Handwerkszeug. Die Vereinigung von Praxisnähe und vertiefter Problemorientierung rechtfertigt den Preis. RA Peter Heink, Stuttgart Das Autorenteam des Kommentars besteht ausschließlich aus Rechtsanwälten, die als erfahrene Praktiker im Bereich des Verkehrsrechts das Gesamtspektrum aus anwaltlicher Sicht kommentieren und somit die Praxistauglichkeit des Kommentars gewährleisten. So sind zum Beispiel geeignete Mustertexte und gebührenrechtliche Hinweise eingefügt, ohne das Werk hiermit zu überfrachten. Für die einfache und zeitsparende Bearbeitung können die Mustertexte aus dem 4. Teil auf der CD-ROM direkt aufgerufen und weiterbearbeitet werden. Besonders gelungen ist aus meiner Sicht die Gestaltung und Gliederung des Werkes. Die einzelnen Abschnitte sind gut hervorgehoben. Gut abgesetzt finden sich zahlreiche Kästen mit praktischen Hinweisen und grau unterlegte Praxistipps. Auch die Prüfungsschemata ermöglichen einen schnellen Einstieg und Überblick in die jeweilige Materie. Ein eigener Teil ist den verkehrsrechtlichen Mandaten mit Auslandsbezug gewidmet. Der Leser erhält in diesem Teil einen guten Überblick über die Bearbeitung von Unfällen mit EU-/EWR-Bürgern und die hiermit zusammenhängenden materiell-rechtlichen und prozessualen Besonderheiten. Die Themen Deckung für Auslandsunfälle, internationale Vollstreckung und die Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen werden umfassend erläutert. Fazit: Praxistest bestanden. Ein Kommentar von Anwälten für Anwälte. Ausbaufähig sind aus meiner Sicht jedoch die Kommentierungen zu § 7 und § 17 StVG. Gerade die Bereiche Unabwendbarkeit und Betriebsgefahr bereiten in der Praxis immer wieder Probleme und kommen aus meiner Sicht zu kurz. Auch die Bereiche Schmerzensgeld und Mitverschulden sind sicherlich erweiterbar. Der ZAP Verlag hat sich der anwaltlichen Praxis verschrieben. Auch dieses Werk wird diesem Anspruch gerecht und reiht sich in die Reihe der zahlreichen unverzichtbaren Praxiswerke aus diesem Haus ein. Ich kann den Kommentar auf jeden Fall empfehlen. RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld RAin Christina Münder, Northeim ADVOICE 02/10 61 Autorenverzeichnis Frank Röthemeyer ist seit 2004 Anwalt in Balingen in einer allgemein ausgerichteten Kanzlei mit einem Kollegen. Er ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und RB für den LG-Bezirk Hechingen. [email protected] Marc Y. Wandersleben ist Wirtschaftsjurist, Rechtsanwalt und Mediator. Er ist Partner der Kanzlei Brennecke & Partner und Geschäftsführer am Standort Hannover. Zudem ist er Regionalbeauftragter des FORUMs für den LG-Bezirk Hannover und seit April 2009 im Vorstand des Rechtsanwalts- und Notarverein Hannover e. V. [email protected] Sascha Mönch ist freier Journalist in Weimar. Er arbeitet unter anderem Carolin Ott ist selbstständige Rechtsanwältin in Landshut und führt die Fachanwaltsbezeichnung für Familienrecht und für Sozialrecht. Sie ist RB für den Landgerichtsbezirk Landshut und seit Mai 2009 Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss des FORUMs. Dabei betreut sie das Ressort „Seminare und Fortbildung“. [email protected] für den MDR im Bereich Sport und liebt vor allem Sprache. [email protected] Martin Lang ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht in München. Er ist Mitglied der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer. Von 1999 bis 2007 war er im Forum Junge Anwaltschaft zunächst Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses und dann dessen Vorsitzender. [email protected] Alexander Winkel ist seit 2009 selbständiger Rechtsanwalt in Berlin und in Bürogemeinschaft mit Steuerberater Lothar Winkel. Seine Schwerpunkte liegen unter anderem im Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie in der Steuergestaltung und im Steuerstrafrecht. www.ra-winkel.de Helmut S. Ruppert war vielfältig als Nachrichten- und Rundfunkjournalist sowie Sachbuchautor tätig. Zuletzt war er Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (kna). [email protected] Dr. jur. Judith Freund ist als selbständige Rechtsanwältin in Bamberg in der Frauenkanzlei tätig. Sie ist überwiegend im Arbeitsrecht, Mietrecht und Strafrecht tätig. [email protected] Guido Vierkötter, LL.M., ist selbständiger Rechtsanwalt in NeunkirchenSeelscheid. Er berät Unternehmen, Kanzleien und Privatpersonen schwerpunktmäßig im Gewerblichen Rechtsschutz. Zuvor war Guido Vierkötter für eine internationale Wirtschaftskanzlei und eine Patentanwaltskanzlei tätig. [email protected] Elke Drouven ist Mitglied einer dreiköpfigen Frauenkanzlei in Berlin „Im Straf- und Betreuungsrecht sind wir in den verschiedensten Gesellschaftsschichten tätig. Niemand wird in eine ,Schublade' gesteckt. Wir behandeln jeden gleich. Im Vordergrund steht der Mensch. Entschlossenes Handeln und das Hören auf das so berühmte ,Bauchgefühl' führen Sie zum Erfolg.“ www.kanzlei-drouven.com Katrin Spelmeyer ist seit 1999 angestellte Rechtsanwältin bei HDI Gerling und dort im Bereich Vermögensschadenshaftpflicht und Heilwesen tätig. [email protected] Lena Rath ist Partnerin der Kanzlei Rath Rechtsanwältinnen in Frankfurt am Main. Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit ist das private Baurecht. www.rath-recht.de Carsten Vyvers, Rechtsanwalt und Speditionskaufmann, Rechtsanwälte ARNECKE SIEBOLD, Frankfurt am Main. [email protected] Christian M. Röhl ist vornehmlich als Rechtsanwalt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Medienrechts tätig. Er ist Partner der Kanzlei Röhl · Dehm & Partner und seit 2006 Rechtsanwalt. [email protected] Urs Breitsprecher ist Anwalt in Düsseldorf, aber auch als englischer Anwalt (Solicitor) bei der Law Society of England and Wales zugelassen und Partner in einer Kanzlei. Er ist Fachanwalt für Handels- und Gesell schaftsrecht mit Spezialisierung für Wirtschafts- und Steuerrecht. Im FORUM ist er für internationale Fragen zuständig. [email protected] Söhret Gök ist seit sieben Jahren als Rechtsanwältin in Köln niedergelassen und spezialisiert auf Gewerblicher Rechtsschutz und Medienrecht. Die deutsch-türkische Juristin ist zudem ausgebildete Mediatorin. Kleine bis mittelgroße Unternehmen profitieren bereits auf dem Gebiet der alternativen Konfliktlösung von ihrer Expertise. [email protected] Malte Dedden ist Rechtsanwalt in Kehl am Rhein, zivilrechtlich orientiert, oft in Gebieten wie Internetrecht und (Verbraucher-)Insolvenzrecht unterwegs sowie Mitglied der Jungen Insolvenzrechtler. [email protected] 62 ADVOICE 02/10 ! Schreibt für AdVoice! Themen, Infos und Eure Beiträge schickt bitte an: > [email protected] Service / Das letzte Wort Das letzte Wort Zwei Akten einer Sache An einem normalen Dienstagmorgen hatte ich richtig gute Laune. Endlich schien die Sonne. Die Temperaturen stimmten mit der Jahreszeit überein. Ausnahmsweise drückten keine Fristen. Also machte ich mich an meinem Stapel Post, der vom Vortag, an dem ich auswärts war, auf meinem Schreibtisch lag. Meine Laune sollt sich schlagartig ändern. Ich hatte zwei Briefe von der Rechtspflegerin. Ich ahnte es – Beratungshilfe-Altlasten. Als ich noch beratungshilfeunerfahren war hatte ich mir doch erlaubt, einfach mal anzufangen. Der Mandantin musste doch geholfen werden. Also stellte ich den Antrag auf Beratungshilfe im Nachgang. Das macht der Anwalt nicht zweimal. Schrieb mir doch die nette Rechtspflegerin, es sei ein Verfahren anhängig und im Übrigen sei ich außergerichtlich nicht tätig geworden. Das möge ich doch mal bitte belegen. Ein Blick in die Akte hätte meinen schriftsätzlichen Vortrag belegt, dass ich den unterhaltssäumigen Beklagten mit Wohnsitz im europäischen Ausland aufgefordert hatte, seine Einkommensverhältnisse offen zu legen und doch bitte Unterhalt für seine beiden minderjährigen Kinder zu zahlen. Der Brief war in Englisch verfasst. Die Rechtspflegerin bekam ich an dem Tag nicht an die Strippe, also diktierte ich einen zweiseitigen Brief, in dem ich mich rechtfertigte, weil ich gern die 90 € Beratungshilfegebühr noch hätte und hängte brav die Anlagen an. Die Rechtspflegerin zieht sich nun wieder die Akte, prüft alles neu und veranlasst die Auszahlung des Geldes oder fordert weitere Nachweise. In Brief Nummer Zwei werde ich aufgefordert, doch bitte einen entsprechenden Antrag zustellen. Hä, hab ich was verpasst? Auch hier – ein Blick in die Akte hätte einen Antrag offenbart. Diesmal bekam Für Besucher, für Insassen, für Bewohner nebenan, für Parkende, deren Autos fehlen? Nirgends kann man so sicher wohnen wie neben einer JVA! ich die Rechtspflegerin an die Strippe. Ja, das käme manchmal vor, dass man zwei Akten anlege in einer Sache und dann die Anträge nicht mehr finde – so in etwa war die Antwort. Mein Antrag tauchte dann auf – ohne neuen Schriftsatz von mir. Mittlerweile war es Mittag und ich fuhr zum Termin. Im Radio verkündeten sie die Sparpläne von Frau Merkel – Ich hätte an dem Tag auch gern gespart – mindestens zwei Anwaltsstunden. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Der Schwerpunkt der September-Ausgabe der AdVoice beschäftigt sich mit dem Thema: ALTER. Ihr dürft also wieder auf neuste „Entwicklungen“ gespannt sein. Lasst Euch überraschen! Foto: Tobias Sommer Redaktionsschluss: Heft 3/2010 (September-Ausgabe), 15.7.10 Impressum: Redaktion: Stefanie Salzmann, RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Percy Ehlert / Bildredaktion: Andrea Vollmer / Bücherforum: RA Jens Jenau / V.i.S.d.P.: RA Tobias Sommer (Chefredakteur) Anschrift wie Herausgeber Herausgeber: Geschäftsführender Ausschuss des FORUMs Junge Anwaltschaft im DAV, Berlin Littenstraße 11, 10179 Berlin, Tel. 030 / 7261520 Erscheinungsweise: vierteljährlich (März / Juni / September / Dezember) Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2010 Anzeigen: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228 / 97898-10, Fax: 0228 / 97898-20 E-Mail: [email protected] Bezugspreis: 48,00 Euro (inkl. 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