4. Ausgabe - Chabad Lubawitsch

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4. Ausgabe - Chabad Lubawitsch
GUT SHABbES
‫ב”ה‬
Synagogenwochenblatt
Synagoge „Bet Israel“ | Berlin | Nr. 4 | 17. Cheshvan 5773 | 2. November 2012
Ist jemand zu Hause?! von Levi Avtzon
Eigentlich war Lot ein Versager,
obgleich er von seinem Onkel
Abraham erzogen worden war.
Lot zog zur korruptesten Stadt
der Welt - Sodom - und wählte
so für seine Kinder eine G-ttlose
Hölle.
Er heiratete eine furchtbare
Frau, mit der Lot unglücklich
wurde. Sie selbst beendete ihr
bitteres Leben damit, dass sie
zur einer Salzsäule erstarrte, als
sie trotz ausdrücklichem Verbot
jener Engel, die ihre Familie aus
Sodom gerettet hatten, zurückschaute.
Später wurde Lot durch Engel
von der Apokalypse gerettet und
floh in eine Höhle. Dort trank Lot
so viel, dass er ohne es zu begreifen, Kinder mit seinen eigenen
Töchtern zeugte. Selbst die damals sehr unmoralische Gesellschaft verachtete Lot, so dass sein
Onkel Abraham umziehen musste, um nicht Opfer dieser Familienschande zu werden.
Lot war also kein Mensch, den
wir auf ein Bier einladen würden.
Aber haben wir etwas vergessen? War Lot eine totale Enttäuschung, oder ist etwas von der
Erziehung, die er in Abrahams
Haushalt miterlebt hatte, hängengeblieben?
Lasst uns zurückspulen, um
Teile von Lots Lebensgeschichte
wieder anzuschauen.
Zwei als Menschen verkleidete Engel kommen zum Planeten Erde, um Sodom und die
umliegenden Orte zu zerstören.
Sie gehen in die Stadt, weil sie
erst Abrahams Neffen und seine
Familie retten müssen. Aber in
dieser unmoralischen Gegend, in
der Gäste beleidigt und verletzt
werden, will keiner ihnen den
Weg zu Lots Haus zeigen.
Glücklicherweise ist Lot gerade an jenem Abend als Stadtmagistrat dafür verantwortlich,
dass keine Fremden unbefugt die
Stadt Sodom betreten.
Aber Lot war von Abraham
und Sara erzogen worden; er
wuchs in einem Zelt mit offenen
Eingängen nach allen Seiten auf,
- einem Zelt, in dem jeder Gast
willkommen war.
Seine Erziehung macht sich
bei Lot bemerkbar! Obwohl er
das meiste Gelernte verworfen
hatte, blieb die Gewohnheit der
Gastfreundschaft erhalten: Er
ließ die Obdachlosen nicht obdachlos!
Also nahm Lot die Fremden
mit, - ohne jedoch zu wissen, dass
er seine zukünftigen Lebensretter
in sein Haus einlud.
Als Lehrer, Eltern, Freunde,
Berater, Mentoren, und Therapeuten begegnen wir manchmal
einem «hoffnungslosen Fall». Alle
aufgewandte Mühe, all unsere
Zeit und unser Geld, mit dem wir
diesen Menschen verändern wollen, bringen keinen Effekt. «Es ist
keiner zu Hause».
Wir fragen uns manchmal,
warum wir uns um solch einem
«unmöglichen Fall» kümmern,
wenn wir stattdessen unsere
Zeit in erfolgreiche Fälle stecken
könnten?
Fragen Sie Lot.
Liebe Freunde,
diese Woche war eine
schreckliche Woche für die
Menschen an der Ostküste
der Vereinigten Staaten von
Amerika, als der Wirbelsturm
„Sandy“ das Land verwüstete. Mehrere hunderttausende
Menschen waren ohne Zuhause, Strom und
Heizung; viele Tote sind zu beklagen. Dieses
schreckliche Ereignis in den am dichtesten bewohnten Gegenden der USA hat vieles abverlangt. Von einem Tag auf den anderen ist das
normale Leben nicht mehr möglich.
Wir fühlen mit den Menschen und bedauern diese Situation sehr. In diesem schweren
Moment müssen wir zusammen stehen. Wir
hoffen, dass bald die Normalität wieder einkehrt.
Ich habe auf der Website der New York Times
gelesen, dass eine Sache zu merken war, als die
Leute auf den Straßen von Manhattan herumliefen: Sie telefonierten nicht, da Handy- und
Telefonnetze unterbrochen waren. Es war ruhiger auf den Straßen und die Menschen grüßten
einander. Natürlich war das traurige Ereignis
daran schuld, aber ich dachte mir, dass wir uns
ruhig einmal vorstellen sollten, einen Tag ohne
Handy und Telefon auszukommen. Ja, sicher,
Telefongespräche sind notwendig. Aber ein wenig mehr Ruhe hätte uns dies gebracht, weniger
Stress hätten wir gehabt. Daraus könnte man
lernen, dass wir ein wenig mehr Ruhe in unser
Leben bringen sollten, die Natur intensiver erleben sollten. Manchmal nutzen wir die Geschenke G-ttes nicht (richtig), können die frische Luft
nicht richtig einatmen und genießen, weil wir
die Zeit mit Stress verbringen. Selbstverständlich ist so eine Erfindung wie das Telefon und
das Handy wichtig und gut. Aber wir sollten
nicht die Schönheit der Natur vergessen, die uns
von G-tt gegeben wurde.
Unsere Gebete und Gedanken sind bei den
Menschen an der Ostküste der USA sowie bei
allen anderen Betroffenen. Möge G-tt den Familien, die ihre Angehörigen, ihr Zuhause und
vieles mehr verloren haben, die Kraft geben, dies
durchzustehen.
Shabbat Shalom!
Rabbiner Yehuda Teichtal
In dieser Ausgabe sind die Worte und Artikel aus der Heiligen Thora. Bitte verwenden Sie diese vorsichtig.
Paraschat Wajera Zusammenfassung
G´tt erscheint Awraham, welcher
vor seinem Zelt sitzt, in Gestalt
von drei Fremden. Awraham, der
sehr gastfreundlich ist, lädt die
fremden Besucher ein und bewirtet sie mit vielerlei Speisen. Einer
der Besucher sagt zu Awraham,
dass er im folgenden Jahr wiederkommen werde, und Sarah dann
einen Sohn haben wird. Sarah, die
das Gespräch hinter der Zeltwand
mit angehört hat, lacht darüber, da
sie und Awraham schon alt sind,
und sie sich nicht vorstellen kann,
jetzt noch Kinder zu bekommen.
Eines Tages sagte G’tt zu Awraham: „Die Menschen in Sedom
und Gemorah sind herzlos. Sie
haben kein Mitleid mit armen und
kranken Menschen. Ich werde diese Städte mit ihren Einwohnern
vernichten, aber Lot werde ich retten.“
Awraham, der Mitleid mit allen
Menschen hatte, bat um Erbarmen
und fragte G’tt: „Wenn zehn gute
Menschen sich in Sedom finden
ließen, würdest Du sie alle am Leben lassen?“
Und G’tt antwortete:
„Wenn du zehn gute Menschen
findest, werde ich die Städte nicht
verwüsten.“
Aber es gab nicht einmal zehn
gute Menschen unter ihnen. Awraham war sehr traurig.
Lot sah zwei Männer kommen,
die von G’tt gesandt waren, um
ihn und seine Familie zu retten.
Sie gingen in sein Haus. Die
bösen Menschen der Stadt umzingelten das Haus und standen vor
seiner Tür und schrien: „Du hast
fremde Männer in deinem Haus,
lass sie heraus, und wir werden dir
zeigen, wie wir zu Fremden sind.“
Aber Lot machte die Tür nicht
auf. Sie schrien und klopften wütend an die Türe und wollten sie
einschlagen. Aber sie wurden von
G’tt bestraft. Sie wurden blind,
und die ganze Nacht suchten sie
die Türe und konnten sie nicht finden. Am nächsten Tag sagten die
Männer zu Lot:
„Nimm Deine Familie und
gehe aus der Stadt. G’tt will die
Stadt zerstören, da die Menschen
schlecht und böse sind. Geht jetzt
schnell, aber dreht Euch nicht um,
denn wenn Ihr Euch umdreht,
werdet Ihr sterben.“
So liefen Lot, seine Frau und
seine zwei Töchter aus der Stadt
heraus. G’tt ließ Feuer vom Himmel regnen, um die Städte Sedom
und Gemorah mit Menschen, Häusern und mit allem, was darin war,
zu verbrennen.
Lots Frau aber war ungehor-
sam. Sie drehte sich um und dachte, vielleicht noch ihre Reichtümer
retten zu können. Sie wurde aber
von G’tt bestraft und siehe ... sie
wurde eine Säule aus Salz.
Awraham war fromm und gut,
aber G’tt wollte ihn prüfen und ihn
den Menschen als Beispiel darstellen. Eines Tages, als Jizchak schon
groß war, sagte G’tt zu Awraham:
„Awraham, Deinen einzigen,
geliebten Sohn Jizchak sollst Du
mir zum Opfer bringen! Geh mit
ihm auf den Berg Moria und töte
ihn!“
Awraham, der seinen lang erwarteten Sohn sehr liebte, tat das
Herz weh. Aber ohne zu murren,
ohne zu widersprechen, mit blutendem Herzen bereitete er alles
vor. Ohne Jizchak etwas zu sagen,
stieg er mit ihm auf den Berg und
dachte: „G’tt schenkte mir Jizchak,
und wenn er dieses Opfer verlangt,
weiß er, was er will, und ich muss
ihm meinen Sohn zurückgeben.“
Und so stiegen sie zwei Tage
den Berg hinauf. Er küsste und
streichelte seinen Sohn immer
wieder und wollte jede Minute
die Liebe seines Sohnes genießen.
Jizchak trug das Holz und wusste
nicht, dass er das Opfer sein sollte.
Und endlich, am dritten Tag, waren sie auf der Spitze des Berges
angelangt. Awraham baute einen
Altar, legte das Holz darauf, band
seinen Sohn daran fest und war
fertig, das Opfer zu bringen. Sein
Herz klopfte ihm bis an die Kehle, er konnte kein Wort sprechen.
Zitternd nahm er das Messer und
wollte das Schreckliche verrichten,
da hörte er die Stimme eines Engels G’ttes:
„Halt, Awraham! Lege das
Messer weg! Tu Deinem Knaben
nichts! Behalte Deinen Sohn! G’tt
verlangt kein Menschenopfer. Er
wollte Dich nur prüfen. Das Liebste, was ein Vater besitzt, wolltest
Du ihm opfern. Diese Tat soll immer eine Erinnerung für die Menschen bleiben!“
Awraham nahm seinen Sohn
und küsste ihn innig, mit Tränen
in den Augen vor Rührung. Da
kam gerade ein Widder vorbei.
Awraham schlachtete das Tier und
brachte es als Opfer dar.
In das Horn des Widders blies
er vor Freude, und noch heute
bläst man das Horn (Schofar) als
Erinnerung an die Prüfung Awrahams.
Der Engel aber sprach zu ihm:
„Awraham, Deine Nachkommen
werden so zahlreich sein wie die
Sterne des Himmels!“
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Leitgedanken zu Wajera
„Bei allem, was Sara dir sagt,
folge ihrer Stimme“
(Gen. 21:12).
Der Talmud erklärt: Drei Zadikim bekamen auf dieser Welt einen Vorgeschmack auf die kommende Welt: Awraham, Jizchak
und Jaakow. In der kommenden
Welt werden die Prophezeiungen der Sprüche „Das Weibliche
wird das Männliche umgeben
und einhüllen“ und „Eine tugendhafte Frau ist des Mannes
Krone“ erfüllt. Awraham erhielt
davon eine Vorstellung, als G–tt
ihm befahl, auf Saras Worte zu
hören, weil sie als Prophetin
noch größer war als Awraham.
(Likute Tora)
Neues aus der Synagoge
Makkabi Deutschland e. V. Erster Makkabi-Ball in Deutschland
Vor dem großen Gala-Abend gab es
letzten Freitag ein besonderes Schabbatessen in der Hellmann-Lounge im
Jüdischen Bildungszentrum.
Am Abend des 27.10.2012 fand nun
die Premiere der Deutschen Makkabi
Gala im Hotel Ritz Carlton statt. Bei
der Gala sprachen sowohl Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich,
der auch Schirmherr der Gala war,
als auch der Präsident von Makkabi
Deutschland, Herr Peter Guttmann.
Wir möchten Makkabi Deutschland e.
V. unseren herzlichen Glückwunsch
anlässlich der sehr gelungenen Veranstaltung aussprechen.
Besuch des Bluzhover Rebbe
In dieser Woche hat der Bluzhover
Rebbe, der Oberrabbiner von Bluzhov (Polen), Tzvi Spira, das Jüdische
Bildungszentrum besucht. Er wurde in Berlin noch vor dem Zweiten
Weltkrieg geboren und wurde als Jugendlicher in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verschleppt. Zum
ersten Mal nach Kriegsende ist Rabbiner Spira nach Berlin gekommen,
um die Grabstellen seiner Großeltern
zu besuchen. Im Rahmen seines Besuchs hat er die Synagoge Münstersche Straße besucht, nahm an dem
Abendgebet teil und hielt eine Rede
vor den Yeschiva-Studenten, die sehr
bewegt und beeindruckt von seiner
Rede waren. Rabbiner Spira sprach
unter anderem über die Besonderheit
des Thora-Lernens an so einem bedeutenden Ort wie Berlin. Er hat erzählt, dass er vor 24 Jahren den Lubawitscher Rebbe in New York besucht
hat und wie dieser ihn gesegnet hat.
Chumasch-Feier der Jüdischen
Traditionsschule
Am Montag, 29.10.2012, fand die
Chumasch-Feier der Jüdischen Traditionsschule im Festsaal des Jüdischen
Bildungszentrums statt. Die Kinder
der 2. Klasse haben ein Theaterstück
aufgeführt, es wurde gesungen und
gefeiert. David Gorelik war der Moderator des Theaterstücks. Die Kinder haben die erste eigene Chumasch
von ihren Eltern bekommen und
nicht von ihren Lehrern, damit die
Tradition seit Mosche fortgeführt
wird, dass jeder dies an seine Kinder
weitergibt.
Innenausbau des neuen
Kindergartens
Der Innenausbau des neuen Kindergartens in der Münsterschen Straße
hat begonnen. Nachdem vor zwei
Wochen die Container geliefert und
aufgebaut wurden, ist nunmehr der
Innenausbau in vollem Gange: Die
Sanitär- und Heizungsanlage wurde installiert sowie die Wasser- und
Elektroanschlüsse. Nächste Woche
soll mit der Möblierung begonnen
werden. Mit G-ttes Hilfe wird ab 15.
November wird der Kindergartenbetrieb beginnen.
Bar Mitzvah von Tamir Saban
Letzten Schabbat hat die Familie Saban die Bar Mitzvah von Tamir gefeiert. Unter den Gästen waren unter
anderem der Botschafter des Staates
Israel Yacov Hadas-Handelsman,
der Konsul Meir Cohen sowie viele
Repräsentanten der israelischen Botschaft. Vor seiner Bar Mitzvah hat
Tamir am Donnerstag in der Synagoge Münstersche Straße Tefillin gelegt.
Seine gesamte Familie war anwesend.
Mazal Tov an seine Eltern Irit und
Awner sowie seine Schwester Ravid
und seine Brüder Amit und Roi.
Bat Mitzvah von Rachel Schmargon
Letzte Woche fand ein außerordentlich interessanter Schabbatabend
statt. An diesem Abend hat die Familie Schmargon die Bat Mitzvah ihrer
Tochter Rachel gefeiert. Zirka 100
Teilnehmer haben die sehr interessante Bat Mitzvah-Rede von Rachel
verfolgen können. In dieser Rede ging
es um Rachel Imenu, unserer StammMutter, die an diesem Tag auch ihre
Jahrzeit begangen hat. Ihre Rede hat
Rachel gehalten ohne Aufzeichnungen – ein großes Kompliment! Mazal Tov an ihre Eltern Marjama und
Dmitri, ihren Bruder Simon und die
gesamte Familie.
Besuch im Jüdischen
Bildungszentrum
Einige Mitglieder der Synagogengemeinde Halberstadt unter der Leitung
von Uri Faber haben das Jüdischen
Bildungszentrum besucht. Rabbiner
Shmuel Segal führte sie durch das
Haus und lud zu einem Gespräch in
die Synagoge ein.
Möchten Sie unserer Synagoge
ein Buch spenden?
Jetzt haben Sie die Gelegenheit dazu!
Jedes gespendete Buch erhält eine Widmung in Ihrem Namen oder im Namen
Ihrer Angehörigen.
Deutsche Bibel................................................50 EUR
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Schulchan Aruch (Hebräisch)
Jüdisches Gesetzbuch (7 Bände)...............105 EUR
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Tora Kommentar (Hebräisch)
vom Lubawitscher Rebbe (18 Bände)..........270 EUR
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Buch Tanya (Deutsch)...................................50 EUR
Maimonides mit Kommentar
(Hebräisch) (1 Satz, 19 Bände)...............285 EUR
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15 EUR
Schaarei Hamoadim (Hebräisch)
Kommentar zu den Feiertagen vom
Lubawitscher Rebbe (16 Bände).................240 EUR
1 Band
15 EUR
Philosophie des Chassidismus
(Hebräisch) (4 Bände)......................100 EUR
1 Band
25 EUR
Gebetszeiten nächste Woche:
Paraschat Wajera
Sonntag
Morgengebet Schacharit
Abendgebet Mincha
Montag bis Freitag
Morgengebet Schacharit
Abendgebet Mincha
8.30 Uhr
16.00 Uhr
7.30 Uhr
16.00 Uhr
Schabbat
Morgengebet Schacharit
10.00 Uhr
Mincha im Anschluss an den
Kiddusch
Frage der Woche:
Wer war der
erste Prophet
in der Thora?
Frage der Woche in der letzten
Ausgabe: Wie hieß die Mutter von
Avraham Avinu?
Antwort: Amatlai Bat Karnavo.
Die Sieger, die letzte Woche die
Frage zuerst beantwortet haben,
sind: Josef Zizov und Devorah
Teichtal
„Bin ich froh, dass das Judentum keine Religion ist!“
Religion bietet Erlösung, Erleuchtung, einen Platz im Himmel. Religion lehrt die Besserung des eigenen Ich: Demut, Hingabe, Glaube.
Religion fordert ein Verhaltensniveau das unseren Seelen, unseren
Körpern, und unserer Gesellschaft
gut tut. Ich bin froh, dass Judentum keine Religion ist. Denn all das
Genannte kann selbstzentriert und
narzistisch sein. Religion kann ihr
eigener schlimmster Feind sein.
Religion betont die Bedeutung
von Gutem und Gerechtem. Sie
verurteilt all die Schlechten und
die, die sich irren. Diejenigen,
welche eine Religion praktizieren
streben danach perfekt zu sein.
Versagen sie, mögen sie verurteilt
werden, aber wenn sie Erfolg haben, dann können sie intolerant
gegenüber anderen sein. Ich bin
froh, dass Judentum keine Religion ist.
Religion kann nicht anders als
ein Kastensystem kreieren – je religiöser desto besser, höher, heiliger. Weniger religiös ist niedriger,
geringer, profaner. Die Frommen
kann man in Prozenten messen.
100%, 50%, 2%.
Religion besteht darauf, dass unsere Natur schlecht sei. Um gut zu
sein – so wird uns erklärt – müssen
wir unseren natürlichen Impulsen
widerstehen, und sie durch andere
weltliche Tugenden ersetzen. Du
kannst nicht „Du“ und gut gleichzeitig sein. Also musst du dein
„Du“ opfern und stattdessen das
„Gute“ wählen. Ich bin froh, dass
Judentum keine Religion ist.
Freud, der Vater der Psychoanalyse, hatte etwas erkannt, als
er sich verwirrt zeigte über seine
eigene betäubte und doch tiefe Jüdischkeit. Was ist Judentum? G-tt
gab uns Gebote, die Ihm lieb sind
und die essentiell sind für Seinen
ewigen Weltenplan. Wenn wir
eine Mizwa (ein Gebot) ausüben,
tun wir etwas für Ihn. Etwas das
Er unendlich wünscht, das Ihn in
Ewigkeit berührt.
Wir dienen Ihm, anstatt anzustreben, dass wir von Ihm bedient
werden. Die Gelegenheit zu dienen bietet einen Ausweg aus dem
Narzismus indem sie uns über
uns selbst hinausträgt. Das Wesentliche ist nun die Tat, nicht die
Person. Ist die Tat gut? Das ist die
Frage. Ist sie richtig? Auch wenn
ich nicht zur Gänze gut bin, kann
ich das wahrhaft Gute tun. Wenn
du eine Mizwa machst, ist das gut,
unabhängig davon, wer oder was
du sonst bist. Diese garantierte Gelegenheit bringt wirkliche Freude
ins Leben. Daher heisst es „Diene
G-tt mit Freude“, denn Dienen ist
hier das einzige Mittel zur Freude.
Wenn du dich dem Dienst an
G-tt hingibst, ist es ganz natürlich,
dass du andere willst, die das Gleiche tun, denn nur gemeinsam können wir Seinen Plan wirklich erfüllen. Es geht um Kooperation, nicht
um religiösen Wettbewerb.
Nicht weniger signifikant ist die
Tatsache, dass wir geboren sind für
diese Mizwot. G-tt hat uns für dieses Projekt geschaffen. Es ist daher
gerade unser wahrstes „Selbst“,
das die Mizwot ausübt, und nicht
etwa Selbstverleugnung.
Die 613 Mizwot machen dich
nicht religiös oder fromm. Sie verbinden einfach das jüdischste im
Juden mit dem G-ttlichsten in G-tt.
Eins zu eins.
Die Mizwot sind die vielen Intimitäten, die wir mit G-tt teilen
können. Sie drücken das Jüdische
in dir aus. Jede Mizwa zählt – jeder
Jude / jede Jüdin ist wertvoll. Ja,
das ist Judentum.
von Manis Friedman