GRAFIK 33 Thema: Schnaps

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GRAFIK 33 Thema: Schnaps
9 . J A N U A R 20 1 4
Thema: Schnaps GRAFIK 33
D I E Z E I T No 3
Geist in Flaschen
Schnäpse sind das Produkt einer uralten Kulturtechnik. Seit mehr als 7000 Jahren gelingt es den Menschen, alkoholhaltige
Substanzen zu hochprozentigen Destillaten zu verdichten. Wir zeigen, wie und woraus Spirituosen hergestellt werden
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No
Die Vergärung
Aus Frucht wird Brand
Hefen (das sind einzellige Pilze) setzen als
Erreger in einer Frucht- oder Getreidemaische die Gärung in Gang. Der spätere
Alkoholgehalt hängt von der Zuckermenge
in den Rohstoffen ab. In Wein aus Trauben
erreicht er beispielsweise allgemein
9 bis 12 Volumenprozent.
Der Zucker in den Zutaten wird in zwei
bis sechs Wochen zu Alkohol umgewandelt.
Weizen
Mango
Vogelbeere
Gerste
Quitte
Maulbeere
Elsbeere
Roggen
Zuckerrohr
Halmrübe
Aus Würze wird Geist
Aus landwirtschaftlichen Grundstoffen
– etwa aus Getreide – lässt sich industriell
hochprozentiger Neutralalkohol gewinnen.
Über Eigengeschmack verfügt er nicht. Damit
daraus ein Geist wird, werden ihm Gewürze
zugesetzt oder Früchte, die selber kaum
Zucker bilden.
Kornellkirsche
Palme
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Kümmel
Asyl
Johannisbeere
Zibarte
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Kartoffeln
Erdbeere
Hafer
Wacholder
Heidelbeere
Topinambur
Schlehe
Zuckerrübe
Mais
Holz
Hirse
Sternanis
Mirabelle
Enzian
Agave
Buchweizen
Industriealkohol
Pfirsich
Holunder
Weintrauben
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Ingwer
Pilz
Wein
Getreide/Kartoffeln
Wurzeln und Co.
Obst
Cognac und Brandy und andere
Weinbrände stammen aus
vergorenen Trauben. Auch aus
den Pressrückständen der
Wein­kelterei, dem Trester,
lässt sich Schnaps herstellen,
etwa die italienische Grappa.
Stärkehaltige Rohstoffe müssen
erst Zucker bilden, der danach
vergärt. Sogar aus Bäumen lässt
sich alkoholhaltige Maische
gewinnen. Solchen Holzschnaps
als Getränk herzustellen
verbietet aber das Gesetz.
Die Wurzeln einiger Pflanzen
enthalten ausreichend Zucker
zum Vergären. Ebenso geeignet
ist Palmsaft (Arrak in Indonesien),
Agave (Mezcal/Tequila in Mexiko)
oder Zuckerrohr (Rum).
Brände stammen entweder aus
Obstmaische (bei Apfelbrand
und Kirschwasser) oder aus
vergorenem Saft (zum Beispiel
Calvados aus Cidre). Wichtig ist,
dass die Früchte reif, aber noch
nicht faul sind.
Nuss
Hagebutte
Die Destillation
Das Brenngerät
Aus der gleichmäßig erhitzten
Maische steigt ein Gemisch
aus Wasserdampf und
verschiedenen Alkoholen auf
und gelangt ins Geistrohr.
»Brennen« bedeutet tatsächlich Erhitzen,
trinkbarer Alkohol verdampft bei etwa 78 Grad.
Dephlegmator
Geistrohr
Die Geistgewinnung
Der Neutralalkohol hat die Aromen aus
den würzigen Stoffen oder den zerkleinerten
unvergorenen Früchten gelöst.
Durch erneutes Abdestillieren wird der
Alkohol aromatisiert. Für solche Geiste
nimmt man oft Früchte, von denen nur kleine
Mengen vorhanden sind (etwa Himbeeren).
Der Kühler
verflüssigt den Alkohol wieder. Wichtig ist die
Reihenfolge der Arten: Der Vorlauf enthält
viel Methanol (Methylalkohol), das bereits ab
65 Grad Celsius siedet – und giftig ist.
Der trinkbare Alkohol (Ethanol) kommt mit
dem Hauptlauf. Im Nachlauf folgt Fuselöl, eine
Mischung aus Begleitalkoholen mit höheren
Siede­p unkten (90–95 Grad), die schlimme
Kater verursacht.
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Vo
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Brennblase
f
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Glocke
Destillat
Maische
Die Verstärkeranlage
Wasserbad
Alkoholgehalt reichert sich an. Auf Glockenböden
wird verdampft und kondensiert. Wasserreiches
Destillat fließt zurück in die Maische. Der
Dephlegmator ist ein Vorkühler. Bei einer ­
Temperatur von rund 80 Grad Celsius kann leicht
siedender Alkohol ihn als Dampf passieren, ­
während das schwerer siedende Wasser kondensiert und zurücktropft. So wird der Alkohol höher
konzentriert, was später die Trennung nach
Alkoholarten erleichtert.
Brand
Geist
Die Spirituosen
Zuckerrübenschnaps
Cognac
Whisky
(aus Gerste)
Topinamburschnaps
Rohstoffe sorgen für grenzenlose Vielfalt:
Jede Region hat ihre eigenen Spezialitäten.
Tequila/Mezcal
(Mexiko, aus Agaven)
Tsikoudia
(Kreta)
Enzian
Gin
(mit Wacholder)
Korn
(aus Weizen)
Calvados
(Frankreich,
aus Apfelwein/Cidre)
Eau de vie
(Frankreich,
aus Obst)
Ouzo
(Griechenland,
mit Anis)
Kome-Shōchū
(Japan, aus Reis)
Bärwurz
Raki
(Türkei, mit Anis)
Kümmel
Canadian Rye Whiskey
(Roggen)
Arrak
(Indien,
aus Palmenmelasse)
Himbeergeist
Bourbon
(USA,
v. a. aus Mais)
Haferbrand
Grappa
(Italien,
aus Traubentrester)
Blutwurz
Himbeerschnaps
Rum
(aus Zuckerrohr)
Marc
(Frankreich,
aus Traubentrester)
Cachaça
(Brasilien, aus
Zuckerrohrmelasse)
Palinka
(Ungarn, aus Obst)
Obstler
Steinpilzgeist
Der Konsum
Kirschwasser
Armagnac
Roggenbrand
Sliwowitz
(Balkanländer,
aus Zwetschen)
Aquavit
(Skandinavien,
mit Kümmel)
Weinbrand
Wodka
Brandy
So viele Liter Ethanol trinken die Menschen
jährlich – und diese Schnäpse mögen sie.
Afghanistan
0,3
Aprikosenschnaps
Japan
7,8
Kome-Shōchū
(Reisschnaps)
Mexiko
8,6
Tequila
USA
9,7
Bourbon
Italien
Deutschland
Grappa
Korn
(Getreide)
9,7
12,1
Serbien
12,2
Sliwowitz
(Zwetschenwasser)
Frankreich
Großbritannien
Pastis
Whisky
12,5
13,2
Moldawien
23,0
Obstler
Illustration:
Frauke Lehn
Recherche:
Urs Willmann
Quellen:
Lister Destille
Hannover, Roland
Schulze; Josef
Pischl: »Schnapsbrennen«; WHO;
Wikipedia

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