Moderationsbericht Café Philosophique am 26.06.16 Thema„Was
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Moderationsbericht Café Philosophique am 26.06.16 Thema„Was
Moderationsbericht Café Philosophique am 26.06.16 Thema„Was hat uns die Philosophie heute noch gesellschaftlich zu sagen?“ Moderation Isabell Donner In einer Zeit, in welcher sich Meldungen und Berichte über brisante politische und wirtschaftliche Ereignisse und Neuentwicklungen förmlich überschlagen und man das Phänomen Gesellschaft zwar als eine dem Individuum mit Distanz gegenüberstehende Entität wahrnimmt, selbiges aber durch die ständige Präsenz insbesondere digitaler Informationsmediatoren im lebensweltlichen Fokus steht, brannte den Freunden des philosophischen Denkens im Café Philosophique heute die Frage nach der gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedeutung der Philosophie unter den Nägeln. Generelle Denkrichtungen, an denen sich die heutige Diskussion orientierte, bezogen sich zum einen auf die Grundfrage, was man unter Philosophie vor dem Hintergrund der obigen praktisch-gesellschaftlichen Fragestellung zu verstehen hat und zum anderen, welche Rolle darin unser persönliches Denken spielt, wodurch es eingeschränkt wird und wie es sich weiterzuentwickeln vermag. Eine erste Gedankenstrukturierung gab die Orientierung an der klassischen Einteilung in theoretische und praktische Philosophie: In der Vorüberlegung lässt sich fixieren, dass Philosophie erstens der Tätigkeit der Erkenntnisgewinnung nachgeht, indem sie beispielsweise das Verhältnis von Individuum und Sozialem reflektiert; ein Themenfeld, das direkt den Blick für zahlreiche weitere theoretische Disziplinen eröffnet, etwa die erkenntnistheoretisch untersuchte Entwicklung unserer sozialhistorischen Wahrnehmungsmuster oder auch die wissenschaftstheoretische Abwägung der Zusammenhänge politischer und wirtschaftlicher Themenfelder sowie deren Prämissen. Weiterhin gilt es die praktische Seite der Philosophie hervorzuheben, welche beispielsweise mittels politischer Philosophie, Existenzästhetik oder ethischer Betrachtung den Menschen als sozial Lebenden auf die Metaebene zu bringen weiß und damit gar Lebensorientierung, zumindest ein Abstecken eines Wertehorizonts leisten kann. Richtet man den Blick nun konkreter auf die daraus resultierenden sozial-kulturellen Konsequenzen, so erscheint die Philosophie als Quelle einer Vielzahl lebenspraktischer Fertigkeiten wie sprachlicher Sensibilisierung, Intensivierung der Kommunikation oder der Fähigkeit, ein allgemeines Verständnis von Gerechtigkeit zu erlangen. Insgesamt wurde damit beim ersten Blick auf obige Fragestellung konstatiert, dass ein gesellschaftlicher Zugewinn von Philosophie darin besteht, die Lebensprobleme des Menschen konkret zu machen und somit strukturbildend zu wirken. Die Diskutanten setzten jedoch zunächst kritisch an, indem sie fragten, worin ein wesentliches Hemmnis unserer selbst liegt, erscheinen die obigen Leistungen der Philosophie zwar fortschrittlich, aber noch nicht zu ihrer vollen gesellschaftlichen Entfaltung gekommen zu sein – wohl auch eines der Kernmotive für das Stellen der heutigen Frage. Ein generelles Grundproblem scheint darin zu liegen, so eine zentrale These, dass der Mensch nicht stringent nach dem Kantischen „Sapere aude!“ lebt, sondern Obrigkeiten sowie auch unausgesprochenen Normen gehorcht. Das Plädoyer, die Rolle der Philosophie noch stärker in den gesellschaftlichen Fokus zu rücken und zugleich die Feststellung, dass es bereits viele Ankerpunkte dafür gibt – die Philosophie an Universitäten und in der Literatur, die öffentliche Debatte im gesellschaftlichen Interesse ebenso wie die Präsenz der Philosophie als Schulfach – ließ die Diskussion zur noch prinzipielleren Frage führen, warum sich Menschen eigentlich mit Philosophie befassen. Ausgehend von der Klärung dieses Motivs, so der Hintergrund, sollten Möglichkeiten erkenntlich werden, die Philosophie in ihrer gesellschaftlichen Rolle weiter zu stärken. Umfassend betrachtet geht es beim Philosophieren nicht allein darum, eine Diskussionskultur zu etablieren und sich der Welt gegenüber denkend zu verhalten, rein um der Sache selbst willen. Ein tieferes dahintersteckendes Bedürfnis des Menschen stellt sein „metaphysischer Hunger“ da, der Wille, sich der Bedeutung des Seienden zu nähern und mitunter die Lücke zu schließen, welche etwa die Distanznahme vom Religiösen hinterlassen hat. Hinsichtlich dieser philosophischen Disposition im Menschen lässt sich die gesellschaftliche Bedeutung der Philosophie in einer Art Gegengift gegen Verblendung, Manipulation und Bequemlichkeit im Denken sehen und weiter als eine Stimme der ästhetischen Erziehung, des Wunsches nach Wahrhaftigkeit und der Humanität, welche ausdrücklich und grundlegend fragt, was wir als Menschen wirklich möchten und wie wir leben wollen. Als sozial relevante Erscheinung entpuppt sich Philosophie somit als Geburtshelferin für die Bewusstwerdung und Bewusstseinsveränderung des Menschen, durch welche er sich denkend in ein dynamisch-gestalterisches Verhältnis zur Gesellschaft setzt und zum aktiven und tiefgehenden Gestalter wird. Anknüpfend an die daraus abgeleitete Forderung der Diskutanten, eine Art philosophisches Studium Generale zu etablieren, sahen sie das letztliche gesellschaftliche Ideal der Philosophie darin, den philosophischen Erkenntnisgewinn zu kanalisieren und als Fundament aufrichtiger Demokratie für eine soziale Willensbildung zu manifestieren. 26.06.2016 Isabell Donner