Typische Tendenzen in der Romantik Datei

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Typische Tendenzen der Romantik
Datum: ___.___. 2013
keit, Naivität stehen daher in der Romantik oft unmittelbar
neben übertriebener Ichbezogenheit und Intellektualität.
Romantisierung des Lebens
Schon August Wilhelm Schlegel betonte, dass an die Stelle
der Nachahmung fremder oder heimischer Muster und
Gesetzmäßigkeiten die „natürliche Magie der Einbil5 dungskraft" treten müsse.
Nach Friedrich Schlegel ist es die neue Aufgabe des Dichters, DIE IN ALLEN DINGEN SCHLUMMERNDE MELODIE zu
erwecken und in Worte zu fassen. Die romantische Poesie
muss eine PROGRESSIVE UNIVERSALPOESIE sein, die das
10 ganze Leben des Menschen durchdringt und es poetisiert.
Da sie alles umfasst, was poetisch ist, kann sie ein Bild des
Zeitalters geben. Sie ist noch im Werden begriffen, ist so
unendlich, wie sie frei ist. Sie ist an keine poetologischen
Gesetze gebunden, sondern wird allein vom Willen des
15 Dichters bestimmt.
Ganz ähnlich forderte Novalis, dass die Welt romantisiert
werden müsse, wenn man ihren ursprünglichen Sinn wiederfinden wolle. „INDEM ICH DEM GEMEINEN EINEN HOHEN
SINN, DEM GEWÖHNLICHEN EIN GEHEIMNISVOLLES ANSE20 HEN, DEM BEKANNTEN DIE WÜRDE DES UNBEKANNTEN,
DEM ENDLICHEN EINEN UNENDLICHEN SCHEIN GEBE, ROMANTISIERE ICH ES." Die elementare Kraft dieser neuen
Poesie ist nach Novalis die Phantasie, die die Welt mit
einem Zauber umgibt. Alles, was bisher reine Wirklichkeit
25 war, wird nun zu Träumen und geheimnisvollen Ahnungen. „Seele nur ist dieses Weltall."
Die Romantiker wenden sich so gegen den Rationalismus
der Aufklärung und die Gesetzmäßigkeit der Klassik.
30
Sehnsucht nach der räumlichen und zeitlichen
Ferne
Die Romantik fügte der Wirklichkeit neue, unbekannte
Bereiche des Seelischen hinzu und erhob das Gefühl des
Dichters zur absoluten Wahrheit. Hier entstand auch die
romantische Grundstimmung der Sehnsucht, wie sie vor
35 allem auch in dem sich ständig wiederholenden MOTIV
DES WANDERNS zum Ausdruck kam.
So wurde der Wanderer, der frei von allen bürgerlichen
Bindungen und von einer unbestimmten Sehnsucht getrieben in die Ferne schweift, und doch immer nur die Heimat
40 sucht, zum Symbol der romantischen Bewegung. Die
Sehnsucht des Romantikers nach der räumlichen Ferne
machte vor allem Italien und den Orient zum Ziel romantischer Träume (vgl.  Eichendorff: „Aus dem Leben eines
Taugenichts", 1826).
45 Ebenso ausgeprägt war die Sehnsucht nach der zeitlichen
Ferne, die auch die VERKLÄRUNG DES MITTELALTERS
bewirkte (vgl.  Novalis: „Heinrich von Ofterdingen",
1802). Außerdem wurde die BLAUE BLUME des Novalis
zum Symbol jener Sehnsucht, die in der Endlichkeit keine
50 Erfüllung findet.
Bewusstsein der spielerischen Freiheit des Dichters
(romantische Ironie)
Im Roman (vgl. E. T. A. Hoffmann: „Lebensansichten des
Katers Murr", 1820), insbesondere aber im Theater kam
55 die romantische Ironie zum Ausdruck, durch die oftmals
die Illusion zerstört und die Realität zum Spiel wurde (vgl.
Tieck: „Der gestiefelte Kater", 1797).
Die romantische Ironie besteht in der willkürlichen Mischung der Kunstformen, im Schabernack mit dem Publi60 kum, in der Vorliebe für das Fragment u. a. Gefühlsinnig-
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Einfühlung in fremde Kulturen
In dem Bemühen, die Eigenindividualität zu erweitern, alle
Grenzen aufzuheben und tief in alle Dinge einzudringen,
gelang es der Romantik auch, nicht nur die poetischen
Schöpfungen der eigenen Vergangenheit wiederzuentdecken ( Brüder Grimm;  Görres;  Tieck;  Brentano), sondern auch Werke aus fremden Sprachen (z. B. von
70 Shakespeare, Cervantes, Calderon, Dante) und selbst
Weisheiten aus dem Fernen Osten mit unübertroffener
Meisterschaft in die deutsche Literatur zu integrieren (←
August Wilhelm Schlegel, S. 65).
65
Erwachen des Nationalgefühls
Ausgelöst durch die Begeisterung Wackenroders, Tiecks
und Hardenbergs für das Mittelalter, aber auch durch die
napoleonische Okkupation, begann in der Ära der Romantik das deutsche Nationalgefühl zu erwachen (vgl. Achim
von Arnim: „Die Kronenwächter", 1817). Das Geschichts80 bewusstsein der Romantiker war jedoch nicht von der
Logik, sondern von der Einfühlung in das Wirken der
Menschen bestimmt. Ihrer Auffassung nach ist die Geschichte das Werk anonymer Mächte.
75
Flucht in die freie Natur
Das Naturempfinden der Romantik war von Schellings
Philosophie beeinflusst, nach der Natur und Geist eins
sind. Daher suchte der Romantiker gesellschaftlichen
Zwängen und der Enge der Stadt zu entkommen, indem er
in die freie Natur entfloh (vgl. Wackenroder und Tieck),
90 die für ihn zu einem Seelenzustand wurde, und deren geheimnisvolle Kräfte er entdecken wollte. Hieraus entstand
auch die Neigung zu geologischen und chemischen Studien
ebenso wie die Erforschung solcher Phänomene wie Wünschelrute, Galvanismus, Somnambulismus u. a. Die Natur
95 sollte den Menschen helfen, sich selbst zu begreifen.
85
Neigung zum Katholizismus
Unter dem Eindruck des für die Epoche zentralen Todeserlebnisses wandten sich viele Romantiker der katholischen
Kirche zu, von der sie sich die Rettung versprachen. Dies
100 erklärt auch die große Zahl von Konversionen.
So traten u. a. Friedrich und Dorothea Schlegel sowie
Zacharias Werner, der 1811 sogar zum Priester geweiht
wurde, zum katholischen Glauben über. Brentano fand
nach langen Jahren der Skepsis und Ruhelosigkeit 1817
105 wieder zur Kirchentreue zurück.
Abwertung bürgerlicher Arbeit
Die Geringschätzung bürgerlicher Arbeit ließ in der romantischen Dichtung den Typ des Träumers und Taugenichts entstehen, dem der Herr es im Schlaf gibt (vgl. Ei110 chendorff; „Aus dem Leben eines Taugenichts", 1826).
Die Eingliederung in die Gesellschaft und die Bewertung
eines Menschen durch seine Verdienste für die Gesellschaft und die Anpassung an die Gesellschaft, wie sie in
der Klassik vorherrschte, wurde abgelehnt. DIE ROMANTI115 KER VERWIRKLICHTEN SICH IMMER AUCH GEGEN DIE GESELLSCHAFT.
Darstellungsmittel/Sprache
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Typische Tendenzen der Romantik
Die epische Dichtung der Romantik versuchte auf verschiedene Weise, z. B. durch die bewusste Verwendung
120 eines altertümlichen, chronikartigen Stils, die Illusion
einer vergangenen Zeit oder eines entfernten Landes herzustellen (vgl. Brentano: „Aus der Chronika eines fahrenden Schülers", 1818). Um den Eindruck des Phantastischen zu erwecken, wurde oft auch der logische Zusam125 menhang gesprengt (vgl. Arnim: „Isabella von Ägypten",
1812).
Anders als in der Klassik, in der das Substantiv dominiert,
bevorzugte die Lyrik der Romantik Verben und Adjektive.
AUFFÄLLIG DABEI IST DIE SEHR HÄUFIGE VERWENDUNG
130 DER PARTIZIPIEN. Darüber hinaus schuf sie neue Rhythmen
Datum: ___.___. 2013
und verwendete mit Vorliebe Leitmotive und den Refrain.
Der Reim als Träger der Wortmusik wurde oft zur Assonanz weiterentwickelt. Wie die romantische Poesie alle
geistigen Bereiche miteinander verschmolz, so wurden
135 auch in der Sprache, vor allem in der Lyrik, verschiedene
Sinneseindrücke, Töne und Farben miteinander vermischt.
Dieses Stilmittel wird in der Poetik Synästhesie ( „Die
Sprachbilder", S. 384) genannt ( z. B. Brentano:
„Abendständchen": „Golden wehn die Töne nieder", S.
140 384).
Aus: Natursehnsucht und Liebesleid. 99 romantische Gedichte. Ausgewählt und vorgestellt von Lienhard Wawrzyn. Überarbeitete Neuausgabe
© 1978, 2002 Verlag Klaus Wagenbach, Berlin
Erarbeiten Sie sich den oben abgedruckten Text, indem
- Sie den Inhalt wiedergeben.
- Sie die in Kapitälchen gedruckten Begriffe mit eigenen Beispielen erläutern.
- Sie die Auswirkungen der Romantik auf das heutige Verhalten von Künstlern beziehen, wenn Sie den Satz DIE ROMANTIKER
VERWIRKLICHTEN SICH IMMER AUCH GEGEN DIE GESELLSCHAFT DEUTEN.
Erarbeiten Sie einen Vortrag zu den typischen Tendenzen der Romantik mit einer Einleitung, in der Sie das Ziel Ihres Vortrages
bekanntgeben, einen Hauptteil, in dem Sie das Thema darstellen und einen Schluss, in dem Sie die Epoche bewerten.
Deuten Sie mit Ihrem jetzigen Wissen die folgenden beiden Gedic hte!
NOVALIS Geheimnis (Spruchdichtung)
JOSEPH VON EICHENDORFF:
Wünschelrute (e.1835)
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.
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Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben,
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ew'gen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen sofort.
(1800)
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