HafenCity und IBA: Hamburgs urbane Zukunft

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HafenCity und IBA: Hamburgs urbane Zukunft
Die HafenCity und die IBA Hamburg in Wilhelmsburg
schaffen neue Stadträume und stoßen ökonomische,
soziale und nachhaltige Entwicklungen an
HAFENCIT Y HAMBURG
NEWS
MÄRZ 2013
HafenCity und IBA: Hamburgs urbane Zukunft
Die beiden großen Stadtentwicklungsprojekte Hamburgs entwerfen ein Bild der Metropole von morgen und suchen nach Lösungen für nachhaltige
Urbanität. Die gemeinsame Ausstellung „Stadt neu bauen“ sucht den internationalen Dialog über Zukunftsstrategien der Städte
Fotos: Christian Breitler (1), Thomas Hampel / ELBE & FLUT (1), IBA Hamburg GmbH / bloomimages (1)
Die Wanderausstellung „Stadt neu bauen“ der HafenCity und der IBA Hamburg in der ETH Zürich
HAMBURG Wer sich für Stadtentwicklung interessiert, kommt an Hamburg inzwischen nicht mehr vorbei: Mit der HafenCity
auf dem citynahen ehemaligen Hafengelände
und der Internationalen Bauausstellung (IBA)
im südlich gelegenen Wilhelmsburg sind hier
gleich zwei der ­bedeutendsten Projekte Europas beheimatet. 2013 ist für beide ein besonderes Jahr. Die IBA erlebt mit der Präsentation
ihrer Projekte und Modellhäuser, mit ihren
großen und kleinen „Injektionen“ in einem
Gebiet mit 55.000 Einwohnern und mit zahlreichen Veranstaltungen ihr großes Finale. Die
HafenCity als flächenhafte Neuentwicklung
mit am Ende 6.000 Wohnungen und 45.000
Arbeits­plätzen setzt zum Sprung in den letzten ­großen Entwicklungsabschnitt im Osten
an. Neue Brücken und Straßen werden gebaut. Sie bilden die Voraussetzung für weitere
2.800 Wohnungen und 18.000 Arbeitsplätze
in der östlichen HafenCity – aber auch für eine
wachsende Verbindung zu Hamburgs Süden.
Hamburg verändert sich im lokalen wie im
globalen Licht, weil sich die Stadtteile nördlich
und südlich der Elbe neu erfinden und mit ihren vielschichtigen innovativen Elementen
international Anerkennung erfahren. Der Beginn dieser Entwicklung lässt sich bis zu dem
großen Aufbruch 1989 zurückverfolgen. Das
WWW.HAFENCITY.COM
Ende der deutschen Teilung erneuerte die traditionell bedeutende Stellung der Freien und
Hansestadt als zentraler europäischer Handels- und Ha­fenort.
Hamburg definierte sich in den folgenden
Jahrzehnten als stärker wachsende Metropole und ergriff mit der HafenCity die seltene
Möglichkeit, mitten in der Stadt zu wachsen.
Das 157 Hektar große Gebiet, direkt an der Elbe und nur wenige Gehminuten vom Rathaus
gelegen, war trotz seiner zentralen und konzentrierten Lage über Jahrzehnte praktisch
eine Terra incognita: unbewohnt, nur von Arbeitnehmern aus der Hafenindustrie geprägt.
Heute entstehen insgesamt 45.000 Arbeitsplätze, Wohnraum für 12.000 Menschen, vielfältige Freizeit- und Kulturangebote (darunter
die Elbphilharmonie) sowie hochwertige Freiräume am Wasser.
Unterschiedliche Bedingungen,
verwandte Ziele
Die IBA ihrerseits ist der Motor für die
Stadtentwicklung südlich der Elbe. Durch gezielte Sanierungsmaßnahmen, Neubauten
und kulturelle Aktivitäten wertet sie ein Gebiet an der sogenannten „inneren Peripherie“ der Stadt auf. Das Projektgebiet erstreckt
sich über insgesamt 35 Quadratkilometer
bestehender Stadträume auf den Hamburger Elbinseln Veddel und Wilhelmsburg sowie im Harburger Binnenhafen. Die IBA verbindet diese zuvor vernachlässigten, aber
zentralen Nachbarschaften und sucht ein
Gleichgewicht zwischen unterschiedlichen
Nutzungen und Interessen herzustellen.
Den äußeren Umständen nach haben das
IBA-Gebiet in Wilhelmsburg und die Hafen­
City nicht viel gemeinsam. Doch Herausforderungen wie Ressourcen- und Klimaschutz,
gute Governance-Strukturen, Nachbarschaft,
soziale Durchmischung und die Bildung sozialen Kapitals in der Stadt stehen im Zentrum
vieler Projekte auf beiden Seiten. Durch die
Konversion und Aufwertung von großen Innenstadtarealen verkörpern sie die gegenwärtig wichtigsten Wachstumsstrategien europäischer Metropolen. Es sind daher weniger
die Ziele als die unterschiedlichen Rahmen­
bedingungen und Herangehensweisen, die
HafenCity und IBA unterscheiden. Denn beide
Projekte zeigen einen Weg, wie Städte verantwortungsbewusst wachsen können, ohne auf
der „grünen Wiese“ zu bauen. Auch die Förderung eines facettenreichen Stadtraums mit
Platz für viele verschiedene Ideen und Lebenskonzepte steht hüben wie drüben im Fokus.
Die Bürgerbeteiligung über Diskussionsveranstaltungen, Workshops und Wettbewerbe ist
jeweils ein wichtiger Teil des Entwicklungsprozesses.
In der HafenCity entstehen großzügige öffentliche Räume direkt am Wasser, insgesamt
28 Hektar Plätze, Promenaden und Parks. Man
findet schon jetzt eine Vielzahl von Kulturund Freizeitangeboten. Das Wohnspektrum
umfasst öffentlich geförderte und preisgedämpfte Wohnungen, Vorhaben von Baugenossenschaften und Baugemeinschaften sowie das Luxussegment. „All das sorgt dafür,
dass sich die verschiedensten Gruppen in der
HafenCity begegnen und ein urbanes Lebensgefühl entsteht. Hier ist es die Aufgabe, strategische Diversität zu erzeugen“, erläutert
Jürgen Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Ge-
Erkundungstouren
Erkunden Sie die innovativen Projekte
von IBA Hamburg und HafenCity zu
Fuß und per Barkasse. Von April bis
Oktober findet jeden Samstag und
Sonntag von 14.00 – 17.00 Uhr die geführte Tour „Elbsprung“ statt. 8 €
pro Person, Anmeldung erbeten unter
www.iba-hamburg.de/touren
schäftsführung der HafenCity Hamburg
GmbH. Im Gebiet der IBA unterdessen treffen
über 100 Nationalitäten aufeinander. Was
fraglos zu Konflikten führen kann, macht Wilhelmsburg und Veddel gleichzeitig zu Orten
der Vielfalt und Internationalität. Die IBA
sucht diese Potenziale durch gezielte Förderung von Kreativität, Bildung und Kommunikation zu steigern. Urbanen Zusammenhalt
und ökonomische Entwicklung zu stärken sind hier die zentralen Themen.
Städte spielen generell eine herausragende
Rolle beim Thema Klima- und Ressourcenschutz, denn Fortsetzung auf Seite 2 3
IN DIESER AUSGABE:
Versmannstraße:
Eine Straße entsteht neu Seite 3
Baakenhafen: Wohntürme im Wasser Seite 4 – 5
Grasbrookpark:
Neue Kindertagesstätte Seite 6
Geschäftsideen:
HafenCity setzt Trends Seite 7
Evangelischer Kirchentag:
Auftakt auf dem Strandkai Seite 8
1
3 Fortsetzung von Seite 1 sie bilden den
Lebensraum für immer mehr Menschen. Insbesondere die ökologische Nachhaltigkeit
spielt vor diesem Hintergrund bei beiden
­Projekten eine Hauptrolle. HafenCity und IBA
Hamburg setzen auf Gebäude, die energetisch
vorbildlich und besonders langlebig sind. Die
HafenCity ist mit ihrer feinkörnigen Nutzungsmischung eine „Stadt der kurzen Wege“, die
gut zu Fuß, mit dem Rad oder dem öffentlichen Nahverkehr genutzt werden kann. Die
IBA zeigt, wie die Stadt als Kraftwerk funktionieren und sich schrittweise komplett selbst
mit erneuerbaren Energien versorgen kann.
„Die HafenCity und die Internationale Bauausstellung sind von zentraler Bedeutung: Im
Spannungsfeld zwischen den lokalen Be­
dingungen und Erwartungen einerseits und
den Herausforderungen einer Metropole im 21. Jahrhundert leisten sie einen ganz wichtigen Beitrag für die Stadtentwicklung in Hamburg“, sagt Hamburgs Erster Bürgermeister
Olaf Scholz. Als fünftgrößte Handelsstadt der
Welt hat Hamburg gegenwärtig 1,8 Millionen
Einwohner, in einem guten Jahrzehnt werden
es voraussichtlich 1,9 Millionen oder mehr
sein. „HafenCity und IBA zeigen, wie das
Blick auf das zentrale IBA-Gelände in Hamburg-Wilhelmsburg
Wachstum innerhalb der Stadt nachhaltig gestaltet werden kann. Davon profitieren auch
benachbarte Quartiere. Dieser Prozess findet
national und international viel Beachtung
und Anerkennung“, so Scholz.
Besucher Hamburgs können die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von HafenCity
und IBA mühelos selbst entdecken – auf eigene Faust oder auf geführten Touren, beson-
E D ITO R IAL
ders auf der gemeinsamen Tour „Elbsprung“.
Aber auch in verschiedenen Städten Europas
kann man sich 2013 ein Bild von den Projekten machen – mithilfe der von HafenCity und
IBA gemeinsam initiierten Ausstellung
„Stadt neu bauen“, in der ein überdimensionaler Kompass den Weg in die verschiedenen
Themen und Herausforderungen der Stadt
von morgen weist.
Die zentralen Fragen, die sich nicht nur in
Hamburg stellen, sind zum Beispiel: Wo und
wie können unsere Städte zukünftig verantwortungsvoll wachsen? Welche klugen und
nachhaltigen Ideen gibt es für die zukunftsfähige Stadt? Wie können Städte wachsen
und dabei offen sein für verschiedene Kulturen? Wem gehört die Stadt? Wie können Öffentlichkeit und Partizipation gefördert und
organisiert werden?
Im März 2012 war die Ausstellung „Stadt neu
bauen“ erstmals im Europäischen Parlament
in Brüssel zu sehen. Vom 24. 1. bis 14. 2. 2013
präsentierte sie sich an der renommierten
Eidgenössischen Technischen Hochschule
(ETH) in Zürich, danach im Architekturzentrum Wien (4. – 10. 3.), in den Docks de la
­Joliette in Marseille (15. – 29. 3.), in Hannover
(8. – 14. 4.) und schließlich in Hamburg selbst,
voraussichtlich in der HafenCity (20. / 21. 6.).
Der internationale Dialog der Städte findet im
Rahmen einer großen städtebaulichen Konferenz unter dem Titel „Building the City Anew“
am 20. / 21. Juni seinen vorläufigen Abschluss.
www.hafencity.com
www.iba-hamburg.de
I NTE RVI EW
„HafenCity und die Elbinseln
werden sich annähern“
Viel Vergnügen bei der Lektüre,
Ihr Jürgen Bruns-Berentelg,
Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH
2
HafenCity News: Die IBA Hamburg verleiht den Elbinseln zwischen HafenCity und
Harburg mehr und mehr neue Struktur – durch Neubauten und Sanierungsmaßnahmen ebenso wie durch kulturelle Aktivitäten. Was empfinden Sie als die größte He­
rausforderung?
Uli Hellweg: Ich denke, die größte Aufgabe ist es, den Prozess nachhaltig fortzusetzen,
wenn unsere Tätigkeit beendet ist – alle Internationalen Bauausstellungen sind ja
zeitlich begrenzt, die IBA Hamburg bis 2013. Dazu braucht es sicherlich eines Kümmerers, einer Organisation, die sich auch in Zukunft ganzheitlich um den Stadtteil kümmert und die Projekte voranbringt. Dies gilt nicht nur für das Weiterbauen in den neu
erschlossenen Baugebieten, sondern vor allem auch für die sozialen und energetischen
Konzepte wie die Bildungsoffensive oder das Klimaschutzkonzept „Erneuerbares Wilhelmsburg“. 2013 / 14 ist Wilhelmsburg einer der klimafreundlichsten Stadtteile Hamburgs. Mehr als 50 Prozent des Stroms für die Haushalte, Dienstleistungen und Handel
werden auf den Elbinseln selbst aus regenerativen Quellen erzeugt.
HafenCity News: Was bedeutet die Entwicklung für das bisher als benachteiligt geltende Wilhelmsburg?
Uli Hellweg: In Wilhelmsburg hat sich in nur sechs Jahren viel verändert. Das hat auch
Ängste geweckt, z. B. vor unbezahlbaren Mieten oder Verdrängung. Es geht jetzt darum, den Menschen zu zeigen, dass Wilhelmsburg auch in Zukunft ein Stadtteil für
alle bleiben wird und dass der von der IBA angestoßene Prozess nur mit der Bevölkerung zusammen fortgesetzt wird. Wilhelmsburg wird so sein Stigma verlieren und zu
einem bunten und dynamischen Stadtteil werden, in dem Menschen jeder Herkunft
und jeden Alters gerne leben.
HafenCity News: Wie werden Wilhelmsburg und die HafenCity in 30 Jahren sein?
Uli Hellweg: Ich glaube, sie werden sich ein wenig angenähert haben. Die HafenCity
wird nicht mehr nur als glitzerndes Arbeits- und Wohnquartier wahrgenommen werden, sondern als ein Stück gewachsene Innenstadt, in der man gut leben kann. Und
Wilhelmsburg wird ein attraktives innenstadtnahes Wohnquartier sein, in dem sich
viele zentrale Dienstleistungen – nicht nur die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt – angesiedelt haben. In jedem Fall hoffe ich, dass beide Gebiete energetisch zu den
innovativsten Stadtteilen weltweit gehören.
MÄRZ 2013 Fotos: Bina Engel (1), IBA Hamburg GmbH / Johannes Arlt (1), IBA Hamburg GmbH / Schenk + Waiblinger Architekten (1), Infografik: Christian Eisenberg
2013 werden die Qualitäten der HafenCity mit ebenso dynamischen wie umsichtigen Entwicklungsschritten noch deutlicher. Die neue U-Bahnlinie U4 ist eröffnet,
zunächst als Verbindung zwischen Hamburgs City und der westlichen und zentralen HafenCity. Noch in diesem Jahr beginnen die Bauarbeiten für ihre Verlängerung
in die östlichen Quartiere. Für Unternehmen, Arbeitnehmer, Bewohner und Besucher stellt die U4 eine unverzichtbare Infrastruktur dar. In der HafenCity gibt es
­inzwischen mehr als 450 lokale, nationale und große internationale Unternehmen
mit rund 9.000 Mitarbeitern. Die Zahl der Bewohner liegt bei nahezu 2.000, Tendenz ebenfalls steigend.
Im Osten wird die kraftvolle Entwicklung der HafenCity weitergeführt. Im Quartier Baakenhafen sind bereits die ersten Grundstücke für eine Nutzung mit Hotel und Wohnen anhand gegeben worden. Die Kühne Logistics University nimmt ab Herbst ihren
Betrieb am neuen Standort auf, später auch die HafenCity Universität – zusammen
haben sie über 2000 Studierende. Das grüne Zentrum der HafenCity, der vier Hektar
große Lohsepark, erhält 2013 / 14 im Süden und Norden seine sichtbare Gestalt.
In der westlichen HafenCity geht die qualitätsvolle und weitsichtige Weiterentwicklung des Überseequartiers voran. Auf dem letzten bebaubaren Grundstück des
bereits 2010 eingeweihten Nordteils entsteht eine hoch spannende Mischnutzung
mit Hotel, Kultur, Einkaufen und Wohnen. Die Konzeption für den Südteil wird
­überarbeitet, ohne dass das Überseequartier seinen offenen Charakter und seine
viel­fältigen Bezüge zum Wasser verliert. Im Sommer wird mit dem Grasbrookpark
der zweite Park der westlichen HafenCity fertiggestellt, zudem wird die Bebauung des Strandkais für Wohnen und öffentliche Nutzungen vorbereitet. Darüber hinaus
gehen in diesem Jahr neue Bürogebäude sowie 450 weitere Wohnungen in Bau.
Die neuen Projekte stärken das inspirierende Klima in der HafenCity ebenso wie die
hohen Nachhaltigkeitsstandards. An diese Qualitätsentwicklung knüpfen die
­Grundstücksausschreibungen 2013 an. Wir freuen uns über die intensive Beteiligung
vieler Akteure.
Der Architekt und Stadtplaner
Uli Hellweg hat als Geschäftsführer
der landeseigenen Wasserstadt
GmbH in Berlin die städtebauliche
Umnutzung von 253 Hektar
ehemaliger Industrie- und
Hafenflächen an Spree und Havel
verantwortet. In Berlin machte er
auch seine ersten Erfahrungen mit
dem Traditionsformat der
Internationalen Bauausstellung.
Seit 2006 leitet er die IBA
Hamburg in Wilhelmsburg
HINTERGRUND
Eine neue Hauptstraße für Hamburg und die HafenCity
Für die östlichen Quartiere der HafenCity, den Anschluss an die City und den Hamburger Süden ist die Versmannstraße unverzichtbar.
Nun wird sie neu gebaut – zeitgleich zum Bau der neuen U-Bahntrasse zu den Elbbrücken
Geländeaufhöhung
um ca. 3 Meter
Geotextil
Leitungen und Kanäle für
Strom, Gas, Telekommunikation,
Wasser u. a.
Ober
Baake
h a fe
U-Bahnlinie U4
n
nhafe
Erschütterungsschutz
n
Sandauffüllung
200 m
Schlitzwand
Elbe
Ab Sommer 2013 wird eine zweispurige
Umleitung eingerichtet, während die neue
Versmannstraße und die Verlängerung der U4
hergestellt werden. Die temporäre Verkehrsführung verläuft über die neue Brücke über den
Baakenhafen direkt an der Elbe entlang bis zu
den Elbbrücken. Nach Abschluss der Bauarbeiten
wird der Verkehr zurückgelegt und das Elbufer
als breite grüne Promenade gestaltet.
Kleischicht
Betonsäulen
Schlitzwand
Mikropfähle
tragende
Sande
Der Neubau der Versmannstraße ist eine besondere Ingenieurleistung: Unter der Straße entsteht ein U-Bahntunnel, direkt nebenan verlaufen Bahngleise. In dem schwierigen Baugrund sind aufwendige
Maßnahmen zur Gründung und zur Abschirmung erforderlich
HAFENCITY Das größte Infrastrukturprojekt der HafenCity kündigt sich hinter dem Rohbau für die HafenCity Universität und ihrer künftigen U-Bahnhaltestelle an. Die Fahrbahn
senkt sich mit einer jähen S-Kurve nach Osten, ab hier beginnt
die Versmannstraße. Genauer gesagt: Die alte Versmannstraße, auf der bisher vor allem Lastwagen, aber auch sonstiger
Durchgangsverkehr auf dem Weg Richtung Elbbrücken fuhr.
Nach der Aufhebung des Freihafens Anfang 2013 und durch die
Entwicklung der östlichen HafenCity wird sich dies grund­
legend ändern. Die Versmannstraße wird von einem Hafen­
verkehrsweg zur Hauptverkehrsachse, zu einer Eingangsstraße zur Stadt von Süden. Dazu wird sie auf einer Länge von ca.
1,3 Kilometern völlig neu gebaut. In verschiedenen Abschnitten erfolgen bis 2016 die Erhöhung auf ein hochwassergeschütztes Niveau von mindestens 8,30 Meter über Normalnull,
der Ausbau mit vier Fahrspuren, Radstreifen und Gehwegen
und schließlich die Begrünung zu einer großzügigen Allee mit
drei Baumreihen – rund 230 Bäume werden die Versmannstraße nach der Fertigstellung säumen.
Wer an der S-Kurve zu der alten Versmannstraße steht, erblickt nach Süden den Baakenhafen mit seinen lang gestreckten Kaizungen und im Osten die Spitze der HafenCity vor den
Elbbrücken. Hier entstehen 2.800 Wohnungen, 18.000 Arbeitsplätze und großzügige Freiräume – undenkbar ohne eine neue Straße, die den Anforderungen an eine Hauptstraße
im Hamburger Straßennetz entspricht. Wenn die HafenCity
und die Umgebung fertiggestellt sind, ist an den Abschnitten
mit der höchsten Verkehrsdichte im Osten (deshalb fehlt
dort der Wohnungsbau) mit einem Aufkommen von gut
50.000 Fahrzeugen täglich zu rechnen.
Verkehrsumleitung ab Sommer
Ende April beginnen die ersten Bauphasen, nachdem zunächst in Vorbereitung rund 170 Bäume entlang der Versmannstraße gefällt wurden. (Die Bäume werden nachge-
MÄRZ 2013 pflanzt und durch hochwertige, rund 25 Jahre alte Exemplare
ersetzt.) Richtig losgehen wird es aber erst ab Sommer 2013:
Dann sorgt die neue Brücke über den Baakenhafen dafür,
dass der Verkehr nicht weiter über die alte Versmannstraße
fließen muss. Für die nächsten drei Jahre wird eine zweispurige Umleitung direkt an der Elbe bis zu den Elbbrücken eingerichtet.
Dabei spielt in die ohnehin anspruchsvolle Arbeit ein
zweites großes Infrastrukturprojekt hinein: Die Verlängerung der U4 von der Haltestelle Hafencity Universität bis an
die Elbbrücken. Auf rund 800 Meter Länge wird die neue
Versmannstraße die U-Bahntrasse direkt unter sich haben.
Erst weit im Osten trennen sich die Bauvorhaben, weil die
U-Bahn etwas südlich des Straßenverlaufs aus dem Tunnel
herausfährt und zu der oberirdischen Haltestelle Elbbrücken auf über 11 Meter aufsteigt. „Die HafenCity Hamburg
GmbH und die Hamburger Hochbahn AG arbeiten hier für
die optimale Erschließung Hand in Hand“, sagt der verantwortliche Projektmanager bei der HafenCity Hamburg
GmbH, Henning Liebig.
Die bauphysikalischen und -technischen Herausforderungen für das Projekt sind riesig. Tragfähigen Boden findet
man erst ab 12 bis 14 Meter Tiefe, darüber liegen die weichen
Sedimentschichten aus Klei und Torf des Elbe-Urstromtals.
Für den Straßenbau wird zunächst tonnenweise Sand auf die
künftige Fahrbahn aufgebracht, damit sich der Boden setzt
und stabilisiert. „Das ist so, als drücke man die Straße in den
Schlick, wie bei einem nassen Schwamm, aus dem man das
Wasser herausdrückt“, so Liebig. Dies ist deshalb besonders
heikel, weil die neue Versmannstraße und die U-Bahntrasse
30 bis 50 Meter nach Norden verlegt werden. Dort verlaufen
sie künftig direkt neben den Pfeilerbahngleisen der Deutschen Bahn AG, der Einfahrtsschneise für Hamburgs gesamten Zugverkehr von und nach Süden. Die weichen Bodenschichten, die durch die Setzung der Straße verdrängt
werden, dürfen die Pfeilerbahn keinesfalls beschädigen.
Gemeinsame Planung
Das ist nur mit einer mächtigen Abschirmkonstruktion möglich: Zur Bahnseite wird eine insgesamt 1.400 Meter lange und
bis zu 25 Meter tiefe Wand in den Boden gestellt, eine aus
einzelnen Lamellen aufgebaute Schlitzwand, die mit Beton
verfüllt wird. Dank der gemeinsamen Planung von Hamburger
Hochbahn AG und HafenCity Hamburg GmbH kann diese Abschirmkonstruktion weniger aufwendig und teuer ausfallen,
als wenn jede Seite allein gebaut hätte. Henning Liebig schätzt
das Einsparpotenzial auf rund 12 Millionen Euro. Die gesamten
Kosten für den hochwassergeschützten Neubau der Versmannstraße werden auf rund 50 Millionen Euro veranschlagt,
die Hamburger Hochbahn AG rechnet für die Verlängerung der
U4 bis zu den Elbbrücken mit 178 Millionen Euro.
Indem die Planungsingenieure die Trassen für Autos, U-Bahn
und Fernbahn im Nordosten der HafenCity bündeln, gewinnen sie nach Süden wertvollen Platz für die Grundstücke und
Freiräume in den östlichen Quartieren Elbbrücken und Baakenhafen. Moderne Konzepte für Lärm- und Vibrationsschutz halten die Beeinträchtigungen so gering wie möglich.
Bis Mitte 2016 soll zumindest der südliche Fahrstreifen der
neuen Versmannstraße einsatzbereit sein. Dann kann der Verkehr zurückverlegt und die Entwicklung des Quartiers Baakenhafen zum großen Wohn- und Freizeitquartier in die Schlussrunde gehen. „Die Entwicklung der Infrastruktur muss zeitlich
zuerst kommen, aber man muss sie immer in der Gesamtentwicklung denken“, betont Henning Liebig. Für den Neubau der
Versmannstraße wurden nicht nur viele technische Aspekte,
sondern auch Stadtentwicklungsthemen wie Lebens- und
Aufenthaltsqualität berücksichtigt. Dazu leistet auch die geplante Eröffnung der dritten Station der U4 an den Elbbrücken
2017 / 2018 wiederum einen wichtigen Beitrag.
3
Serie zum Baakenhafen
Teil 4: Wasserhäuser
HafenCity
Die Entwicklung des Baakenhafens ist das
zentrale Projekt für die östliche HafenCity in
den nächsten Jahren. HafenCity News stellt
die wichtigsten Schritte vor.
Filigran, expressiv, poetisch:
Entwürfe für die Wasserhäuser HafenCity
Sechs nachhaltige Wohntürme im Baakenhafen werden die Identität des großen Freizeit- und Wohnquartiers im Osten der HafenCity prägen. Dank eines
Architekturwettbewerbs kann man sich bereits ein Bild von ihnen machen: Ende 2012 wurden drei internationale Büros mit Preisen ausgezeichnet
1. Preis
Der Siegerentwurf von Shigeru
Ban Architects Paris sieht
filigrane Wohntürme mit
vielfältigen Wohnungsgrund-
BAAKENHAFEN Hamburg hat seit
den 1980er Jahren das nördliche Elbufer als
urbanen Raum wiederentdeckt: Wohnen,
Arbeiten und Freizeitmöglichkeiten entstanden direkt am Wasser, während sich die
Hafen- und Industrienutzungen verlagerten. Der Höhepunkt dieses Prozesses, die
HafenCity Hamburg, treibt diesen Grundgedanken nun auf die Spitze: Erstmals wird es
in dem Quartier Baakenhafen Wohnen und
öffentliche Nutzungen AUF und ÜBER dem
Wasser geben. Nicht in kleineren vereinzelten Hausbooten, sondern in sechs großen
Gebäuden direkt im Hafenbecken.
Dank eines internationalen Architekturwettbewerbs, der Ende 2012 entschieden
wurde, kann man sich bereits annähernd
ein Bild machen, wie die nachhaltigen
Wohntürme einmal aussehen sollen. Überhaupt wird der Charakter des Quartiers
Baakenhafen, des großen Wohn- und Freizeitquartiers im Osten, immer konkreter:
Eine große neue Brücke über den Baakenhafen wurde unter funktionalen, ästhetischen und nachhaltigen Aspekten geplant
und befindet sich derzeit im Bau. Die stadträumliche Struktur wurde sorgfältig im
städtebaulichen Wettbewerb durchdacht
– dank der doppelten Wasserlage Baakenhafen und an der Elbe ist sie besonders
spektakulär, mit Blick auf die Integration
der beiden lang gestreckten Kaizungen zu
einem Quartier ist das Gelände aber auch
besonders anspruchsvoll. So wurden große
und kleine Plätze konzipiert, Verbindungen
entlang des Hafenbeckens und quer dazu
festgelegt, besondere öffentliche Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke am
Wasser ins Auge gefasst. Da gab es schließlich die einprägsamen Entwürfe für eine
grüne Spiel- und Freizeitinsel und für eine
großzügige Uferpromenade im Rahmen der
Freiraumplanung. Der Wettbewerb zu den
Wasserhäusern HafenCity bildet einen
letzten vorläufigen Höhepunkt in der Vorbereitung des Quartiers Baakenhafen für
seine Entwicklung.
Sechs Türme mit acht bis zwölf Geschossen,
die über 20.000 Quadratmeter Bruttoge4
schossfläche (BGF) für Wohnen bieten, dazu
Raum für gemeinschaftliche und öffentliche
Nutzungen in den Warftgeschossen. Diese
heißen hier aber übrigens Wassergeschosse,
denn von hier aus kann es auf das Hafenbecken hinausgehen. Zugangsbrücken auf zwei
Niveaus führen zu der mindestens zehn Meter entfernten Promenade und dem hochwassergeschützten Niveau. Gegründet werden die Wasserhäuser bis zu zwölf Meter tief
in der Sohle des Hafenbeckens. Unter Nachhaltigkeitsaspekten sollen sie den Standard
des HafenCity Umweltzeichens in Gold wie
auch den Passivhausstandard erfüllen. Dabei
sind die Gebäude anderen Umwelteinflüssen
als am Ufer ausgesetzt, hohen Windgeschwindigkeiten und der Reflexion der Sonneneinstrahlung durch das Wasser beispielsweise. Als Standort wurde der Südwesten des
Hafenbeckens, nicht weit von der neuen Brücke, ausgewählt. Dort sollen die Wasserhäuser paarweise, jeweils leicht versetzt, vor der
Kaimauer angeordnet werden.
Ein ungewöhnliches Verfahren
Mit dem Ziel, nochmals einen städtebaulichen und architektonischen Innovationsschub zu gewinnen, lobte die HafenCity
Hamburg GmbH im Einvernehmen mit der
Freien und Hansestadt Hamburg den Architekturwettbewerb aus – obwohl sie nicht
Bauherrin sein wird. Sechs renommierte Büros wurden eingeladen: Hadi Teherani Architects (Hamburg), Szyszkowitz-Kowalski +
Partner ZT GmbH (Graz), Studio Gang Architects (Chicago), Graft Gesellschaft von Architekten mbH (Berlin), Delugan Meissl Associated Architects (Wien) und Shigeru Ban
Architects Europe (Paris). Ein für die Hafen­
City ungewöhnliches Verfahren: In der Regel
startet der Bauherr den Wettbewerb, wenn
ein detailliertes Nutzungskonzept für das
Grundstück vorliegt. Doch in diesem Fall
sollte der Architekturwettbewerb als Ideengeber für das gesamte Verfahren dienen.
„Für den besonderen Ort und für das beson-
dere Thema wurde eine besondere Architektur gesucht“, so Hamburgs Oberbaudirektor
Jörn Walter. Bauherren, die sich später für die
Wasserhäuser HafenCity bei der HafenCity
Hamburg bewerben (vermutlich können
zwei der jurierten Entwürfe hier gebaut werden), müssen die Entwürfe in der Anhandgabephase verfeinern und sie ihrem Bauantrag
zugrunde legen.
Der Siegerentwurf von Shigeru Ban schlägt
ein Ensemble vor, bei dem sich die jeweiligen
Turmpaare durch das Material unterscheiden:
Beton, Holz und Stahl sind die Baustoffe der
Wahl, sowohl für die Konstruktion als auch für
die Fassade. Ob Holz an dieser Stelle zum Einsatz kommen kann, ist allerdings noch nicht
sicher. Die Jury zeigte sich überzeugt von der
„eigenständigen und sehr filigranen Konstruktion“, die eine ebenso urbane wie maritime Interpretation des Bauens auf dem Wasser zum Ausdruck bringe. Sehr gut bewertet
wurde auch die Vielzahl von Wohnungsgrundrissen bei einem Schwerpunkt auf Mai-
2. Preis
Die organischen Formen des zweiten
Preisträgers Studio Gang aus Chicago
sind expressiv und einprägsam
MÄRZ 2013 Fotos: Bina Engel (2), Christa Lachenmaier / ASTOC, Köln (1), Shigeru Ban Architects Europe (1), Studio Gang Architects (1), Szyszkowitz-Kowalski + Partner ZT GmbH (1)
rissen vor
IM FOKUS
sonette-Typen, die teilweise zweigeschossige
Balkone, Terrassen und Loggien bilden. Oben
auf den Türmen sind Dachterrassen, an den
Verbindungsstegen zur Uferpromenade Anleger für kleinere Schiffe vorgesehen.
„Ein sehr einprägsames und ungewöhnliches Bild“ schaffen nach Ansicht der Jury die
mit dem zweiten Preis ausgezeichneten Pläne
von Studio Gang. Die organisch wirkenden
Türme falten sich mit ihren Fassaden unterschiedlich aus, mal eher gerundet wie ein Blütenblatt, mal eher sternförmig wie bei einer
Sprosse. Auch die Wohnqualität wird hier als
herausragend angesehen, da der kreisförmige
Grundriss der Türme durchweg gute Blickbeziehungen ermögliche. Am Fuß des Gebäudes
sind poetische „floating gardens“ mit einem
umlaufenden Steg und einigen Bootsanlegern vorgesehen – sofern ein solcher schwimmender Garten in einem tideabhängigen Gewässer, das auch Eis führen kann, möglich ist.
Kritisch bewertete die Jury, dass die Grundrisse die vorgesehenen Baufelder überschreiten und relativ massig wirken. Manchen Mitgliedern schienen die expressiven Entwürfe
vielleicht von zu kurzer Halbwertszeit.
Der dritte Preis ging an die Entwürfe von
Szyszkowitz-Kowalski, die ein besonderes
Augenmerk auf die Ausprägung der Gebäude
als „Wasserhäuser“ legen: „eine poetische
Gebäudestruktur, die erst weit oberhalb der
Wasserlinie zu einer kompakten Kubatur
wird“, so die Jury. Durch die Tragstruktur hindurch erhalte man einen einzigartigen Blickbezug zum Wasser. Auch hier sind Bootsanleger vorgesehen. Allerdings könnte es nach
Meinung der Experten sein, dass die schlanken Gebäudestützen überarbeitet werden
müssen. Die Wasserhäuser im Baakenhafen
müssen auch für den möglichen Aufprall
eines Schiffes ausgelegt werden.
Ein internationales Zeichen
Aus Sicht des Vorsitzenden der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH, Jürgen Bruns-Berentelg, leisten alle drei Preisträger einen ausgezeichneten Beitrag zur
Umsetzung der Idee, die hinter dem Wettbewerb stand: „Es geht darum, die Wohntürme
im Wasser des größten Hafenbeckens der
HafenCity so zu gestalten, dass sie dem
Quartier Baakenhafen eine dauerhafte architektonische Identität geben. Ihre Präsenz
muss sich innerhalb der HafenCity und der
Hamburger Waterfront einfügen, zugleich
aber auch über die Stadt hinaus und inter­
national ein Zeichen für den Anspruch der
­HafenCity setzen.“ Auch der Jury schienen
ausdrücklich alle drei Preisträger realisierungswürdig. Es wird daher geprüft, ob die
Entwürfe in Kombination oder verteilt auf
verschiedene Standorte umsetzbar sind.
Das Büro von Shigeru Ban Architects hat
seinen Hauptsitz in Tokio, dazu kommen Büros in New York und Paris. Insgesamt wurden
über 100 Bauvorhaben in zehn Ländern rea­
lisiert. Als sein größtes Talent beschreibt
Shigeru Ban die Fähigkeit, „visionäre Architektur mit klaren Konzepten und rationalen
Ideen für bauliche Lösungen und Konstruktionsmethoden zu realisieren“. In Europa wurde das Büro durch ein neues Ausstellungshaus des Pariser Centre Pompidou in Metz
bekannt; auf der Weltausstellung 2000 in
Hannover realisierte es den japanischen Pavillon. Zu den zahlreichen Auszeichnungen
gehört die Goldmedaille beim „International
Price for Sustainable Architecture“ 2010.
Studio Gang aus Chicago versteht sich als
Kollektiv von Architekten, Designern und
Denkern. Provokante und verführerische Architektur ist sein Markenzeichen. Die Gründerin Jeanne Gang erhielt von der MacArthur
Foundation, einer der größten und einflussreichsten Stiftungen für Kultur und Geistesleben in den USA, die Auszeichnung eines
„MacArthur Genius Fellow“. Zu den Projekten von Studio Gang zählen der Aqua Tower in Chicago, die Doppeltürme Vancouver
Pair in der kanadischen Hafenstadt sowie
Projekte im südindischen Hyderabad. Die Internationale Architekturbiennale in Venedig,
das Museum of Modern Art in New York und
andere Institutionen haben die Arbeiten von
Studio Gang ausgestellt.
Das Büro von Prof. Michael Szyszkowitz und
Prof. Karla Kowalski entstand 1973 nach der
Zusammenarbeit beider Partner an dem
Münchner Olympiagelände für Behnisch &
Partner. Neben zahlreichen Bauvorhaben für
Kultur und Bildung in Österreich war das Büro auch bei Stadtentwicklungsprojekten wie
„Wien 21“ sowie Einzelbauvorhaben für Büro
und Wohnen erfolgreich. Michael Szyszkowitz lehrte bis 2012 als Vorstand des Instituts
für Gebäudelehre und Entwerfen an der
Technischen Universität Braunschweig, Karla Kowalski war Direktorin des Instituts für
Öffentliche Bauten und Entwerfen an der TU
Stuttgart. Sie ist seit 1993 Mitglied der Berliner Akademie der Künste.
Die Entwürfe der drei Preisträger bilden eine
spannende, vielfältige Vorlage für die Realisierung der Wasserhäuser im Baakenhafen. Die
Umsetzung wird die HafenCity in den nächs­
ten Jahren begleiten. Vielleicht können sie
2015 oder aber 2016 in Bau gehen.
U M F RAG E
„Ein amphibischer Charakter“
Welchen Beitrag leisten der Wettbewerb und seine Ergebnisse für die
Entwicklung des Quartiers Baakenhafen in der östlichen HafenCity, nicht
nur mit Blick auf Architektur und Städtebau, sondern mit Blick auf die
Identität des Quartiers?
Prof. Markus Neppl, Masterplaner
der HafenCity zusammen mit
Kees Christiaanse und Juror der
Wasserhäuser, Professor für Stadt­
quartiersplanung und Entwerfen an
der TH Karlsruhe
Dörte Massow, Laurentiuskonvent,
Ökumenisches Forum HafenCity
3. Preis
Der dritte Preis ging an Szyszkowitz-Kowalski aus
Graz. Wie geblähte Segel an einem Mast entwickeln
die Gebäude ihre Form
Konstantin Kleffel, Präsident der
Hamburgischen Architektenkammer
MÄRZ 2013 „Das Wettbewerbsverfahren hat mal richtig Spaß
gemacht!“ Diesen, für eine Jurysitzung sehr seltenen Satz, flüsterte mir einer meiner Jurykollegen
zu. Es geht dabei in solchen Verfahren sicher nicht
um den Spaßfaktor der Jury. Doch es kommt selten vor, dass sich sechs international agierende
Architekten ein derart intensives Ringen um die
beste Lösung liefern.
Warum muss denn ein Haus im Wasser stehen?
Bei der Weiterentwicklung des Masterplans für
die östliche HafenCity ist diese Idee beinahe beiläufig entstanden. Der Wechsel von alltäglichen
und besonderen Gebäuden bestimmt jede Stadt.
Im Masterplan wurde immer versucht, diese Mischung fein zu dosieren und räumlich spannungsvoll zu inszenieren.
Die Teilnehmer interpretierten diese Vorgaben
höchst unterschiedlich. Die Begriffe nüchtern, abstrakt und fantasievoll blumig und poetisch können die Entwürfe nicht beschreiben, charakterisieren aber die Bandbreite der Lösungen.
Ich hoffe, dass bei der weiteren Arbeit dieser Esprit nicht verloren geht und ein wirklich einmaliger
Ort als Auftakt des Baakenhafens entsteht.
Mit Thomas Magold und Herbert Jochens nahm ich
– als eine von jeweils zwei Bürgervertreter/innen –
an den Architekturwettbewerben zum Baakenhafen als Gast mit beratender Stimme teil. Wir haben
im Netzwerk HafenCity e. V. soziale, ökologische
und ökonomische Kriterien aus Bewohner-Perspektive entwickelt. Unsere Fragen bleiben: Sind die
Häuser im Wasser für Menschen aller Generationen
zugänglich? Sind die Stege und Flächen am Wasserhaus für Fahrrad, Kinderwagen, Rollstuhl geeignet
und sicher für Kinder und beeinträchtigte Menschen? Enthält das Wassergeschoss genügend ­­­ Stau- und Funktionsflächen für die Bewohner, wenn
gleichzeitig Café und attraktive Bootszugänge gebaut werden? Sind die Wohnungsgrundrisse flexibel
für sich biografisch wandelnde Lebensformen als
Familie oder Gruppe, als Paar oder Single? Funktionieren Licht- und Windschutz an den geplanten
Fenstern? Gibt es Gemeinschaftsflächen wie Dachterrassen? Ist die Haustechnik für ein Wasserhaus
einfach genug und über die Mieten hinaus bezahlbar? Ist die Technik für die Gründung der hohen
­Häuser im Tidengewässer überzeugend sicher?
Die Entwicklung der östlichen Gebiete rund um
den Baakenhafen wird für die HafenCity ein echter Gewinn sein. Nach der Überarbeitung des
Masterplans sollen dort innerstädtische Quartiere mit hoher Dichte und zugleich großem Aufenthalts- und Freizeitwert entstehen. Die Wasserflächen an der Elbe sollen noch stärker einbezogen
werden.
Durch die Wasserhäuser könnte das Quartier
­Baakenhafen einen ganz eigenen, amphibischen
Charakter erhalten, der es in Hamburg unverwechselbar macht. Der hochbauliche Wettbewerb hat
zu interessanten, ungewöhnlichen Ergebnissen geführt und mit dem Entwurf des renommierten japanischen Architekten Shigeru Ban einen würdigen
Sieger gefunden. Die geplanten MaisonettenWohnungen mit zweigeschossigen Lufträumen
passen sehr gut zum außergewöhnlichen Standort.
Die differenzierten Fassaden in Beton, Holz oder
Metall verzichten auf Effekthascherei und transportieren die Vielfalt des Inneren nach außen. Ich
bin sehr gespannt auf die Realisierung.
5
P O RTRÄT
„Jeder ist willkommen“
Am Grasbrookpark in der westlichen HafenCity entsteht eine neue Kindertagesstätte. Mit einem anspruchsvollen Konzept
und vielfältigen Angeboten will Kinderwelt Hamburg e. V. die Nachbarschaft bereichern
Jochen Blauel und Ursula Smischliaew wollen eine neue Kita in die HafenCity bringen
beiterviertel auf. Aus der soziokulturellen Arbeit entstand
1992 die Kinderwelt. Zusammen mit ihrem Partner Jörg
Brettschneider führt die zweifache Mutter das gemeinnützige Unternehmen heute mit 20 überwiegend bilingualen
Kitas, Horten sowie einem Bildungshaus für Kita- und
Schulkinder. Auch in der neuen Kita in der HafenCity wird
Deutsch und Englisch gesprochen werden, das Betreuungsangebot richtet sich an Familien, Beschäftigte und
Studenten aus der Nachbarschaft. Erfahrungsräume bilden einen wichtigen Bestandteil des Angebots für die Kinder, zum Beispiel ein Werkraum, ein Atelier, ein Bauraum
und eine Bibliothek mit Schreibwerkstatt. Die Eröffnung
ist für Ende 2014 vorgesehen.
Das pädagogische Konzept von Kinderwelt heißt ­„Bildung
von Anfang an“. Aber Smischliaew betont: „Die Kinder sollen nicht einfach Wissen anhäufen und bei Bedarf ausschütten. Wir ermutigen sie, in geborgener Atmosphäre zu
forschen und mit Begeisterung die Welt zu entdecken.“ Am
Ende geht es für sie um nichts Geringeres, als eine soziale,
zukunftsfähige Gesellschaft an der Wurzel mitzugestalten. Man denke, so Smischliaew, „von der Zukunft her“.
Spannender Mix
Letztes Grundstück für Wohnen, Einzelhandel, Entertainment und Hotel vergeben
ÜBERSEEQUARTIER Das nördliche Überseequartier wird um 125 Wohnungen, ein Hotel und Entertainment­
angebote reicher. Möglich macht dies ein
Gemeinschaftsprojekt, das hier auf dem
letzten freien Grundstück entsteht und von
dem Projektentwickler DC Commercial, dem
Hotelier Kai Hollmann, den Betreibern des
Miniatur Wunderlands und dem Kinounternehmer Hans-Joachim Flebbe getragen wird.
Ende 2012 erfolgte die Anhandgabe des Baufelds an DC Commercial mit diesem Konzept,
sodass nun ein exklusives Planungsrecht besteht. Bereits im Jahr 2014 soll das Projekt in
die Realisierung gehen. 2013 wird der Architekturwettbewerb durchgeführt.
Auf einer Fläche von ca. 6.400 Ouadratmetern bietet das Grundstück eine Geschossflä­
che von ca. 31.000 Quadratmetern. Neben
Hotel, Kino / Entertainment und 3.000 Quadratmeter Einzelhandel sollen ca. 125 Wohneinheiten entstehen – davon mehr als die Hälfte
gefördert. 70 Wohnungen können mit einem
Wohnberechtigungsschein bezogen werden,
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ca. 40 sind als frei finanzierte Mietwohnungen
und ca. 15 als Eigentumswohnungen geplant.
Die Investitionssumme beläuft sich für das
Wohnensemble auf ca. 60 Millionen Euro,
für das Hotel- und Entertainmentprojekt auf
rund 40 Millionen Euro. Das Grundstück liegt
verkehrsgünstig an der Straße Am Sandtorkai
und ist mit der Metrobuslinie 6 sowie mit der
neuen U-Bahnlinie U4 zu erreichen.
Hauptverantwortlicher Partner ist das Unternehmen DC Commercial, das in der HafenCity bereits das Geschäftsgebäude Centurion
Commercial Center am Sandtorpark entwickelt hat. Geschäftsführer Lothar Schubert
erklärt zu dem neuen Projekt: „Wir sind auf
Mixed-used-Konzepte spezialisiert und überzeugt, dass sich die Kombination aus gewerblicher Nutzung und Wohnen wachsender Beliebtheit erfreuen wird.“ Der Standort in der
HafenCity sei für die Realisierung von bezahlbarem und auch gefördertem Wohnraum gut
geeignet. Zudem werden das kulturelle Angebot und die Übernachtungsmöglichkeiten in
der HafenCity erweitert.
www.kinderwelt-hamburg.de
Gold für Behaglichkeit
Erstes Wohngebäude erhält HafenCity Umweltzeichen
Der Vorsitzende der HafenCity Hamburg GmbH, Jürgen
Bruns-Berentelg, mit Sandra Munzinger von NIDUS
ELBTORQUARTIER Das NIDUSLoft an der Shanghaiallee hat als erstes
Wohnhaus das HafenCity Umweltzeichen
in Gold erhalten. In den Kategorien „Nachhaltiger Umgang mit energetischen Ressourcen“, „Nachhaltiger Gebäudebetrieb“
sowie „Besondere Berücksichtigung von
Gesundheit und Behaglichkeit“ erzielt das
Gebäude außergewöhnliche Leistungen.
Das NIDUS-Loft wurde von der gleichnamigen Baugemeinschaft realisiert. Neben
28 Wohneinheiten befinden sich in den Erdgeschossen des Klinkerbaus eine Galerie,
eine Praxis, Geschäfte und Büros. Die Bewohner profitieren von den hohen Aufenthaltsqualitäten im wirtschaftlichen und
auch im sozialen Sinn. Viele vereinen Wohnen und Arbeiten unter einem Dach.
Durch die konsequente Umsetzung der
hohen Nachhaltigkeitsstandards des Hafen­
City Umweltzeichens darf das Gebäude in
vielerlei Hinsicht als Prototyp gelten. Dennoch lagen die Baukosten mit 3,5 Prozent
nur geringfügig über den üblichen.
„Das Projekt dieser Baugemeinschaft zeigt,
wie stark das Engagement für Nachhaltigkeit
von den einzelnen Nutzern und Bewohnern
der HafenCity geworden ist“, so der Vorsitzende der Geschäftsführung der HafenCity
Hamburg GmbH, Jürgen Bruns-Berentelg.
Zuvor haben vier Geschäftsgebäude und die
Katharinenschule das HafenCity Umweltzeichen in Gold erhalten.
MÄRZ 2013 Fotos: Bina Engel (4), Thomas Hampel / ELBE & FLUT (1)
Skeptisch war Ursula Smischliaew anfangs schon. Andere
Stadtgebiete in Hamburg brauchen Betreuungsangebote
für Kinder womöglich dringender als die HafenCity – wa­
rum sollte man Kraft in den neu wachsenden Stadtteil stecken? „Das aber war genau die Antwort“, sagt die 51-jährige
Geschäftsführerin von Kinderwelt Hamburg e. V. „Wir wollen Neues mitgestalten, einen klaren Akzent setzen.“
Smischliaew entschied sich, eine neue Kita mit 80 Plätzen
für Kinder ab einem Jahr in der westlichen HafenCity aufzubauen. Auch ein von Kinderwelt geführtes Bio-Restaurant
wird die Erdgeschosse des Bauprojekts am Grasbrookpark
beleben. Seitdem spaziert Schmischliaew viel durch die
neuen Quartiere an der Elbe. Lässt den bunten Alltag auf
sich wirken, spricht mit den Bewohnern und Geschäftsleuten. „Je mehr Menschen ich treffe, ihren Pioniergeist erlebe,
desto wärmer werde ich mit der HafenCity. Desto überzeugter bin ich, dass wir kein Feigenblatt werden“, sagt sie.
Ursula Smischliaew will etwas anbieten, aber auch bewegen. Als 23-Jährige gründete sie 1984 die Zinnschmelze in
Barmbek mit. Mit dem Stadtteilzentrum griff die DiplomSozialpädagogin den Kindergarten-Notstand in dem Ar-
Zum Beispiel achtet sie auf den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und auf gesunde Ernährung. Fünf
­eigene Küchen bereiten rund 1.200 Mahlzeiten täglich zu:
Gemüse, Fisch, Fleisch – alles Bio. „Aber immer nur mit
eingeklapptem Zeigefinger!“, lacht Smischliaew. „Nudeln
mit Tomatensoße sind bei allen Kindern der Hit, die kommen häufiger auf dem Tisch.“
Die Mischung macht's also. Nicht nur beim Speiseplan.
Den Begriff „Inklusion“ hat die Pädagogin bei Kinderwelt
fest verankert. Er geht über „Integration“, wie sie in aller
Munde ist, weit hinaus: „Inklusion setzt voraus: Jeder ist
willkommen, jeder ist gewollt. Kinder mit Behinderung gehören ganz selbstverständlich dazu. Umgekehrt haben wir
z. B. zwei hörgeschädigte Kollegen. Die Kinder sollen erleben: Unterschiedlich sein ist normal.“
Weil Ursula Smischliaew die Vielfalt schätzt, kann sie
heute auch voll hinter dem Bauprojekt in der HafenCity
stehen: In dem großen Gebäudekomplex auf dem Baufeld
33 entstehen 150 Wohnungen für Familien, Singles, Studenten und Senioren. „Das ist eine wunderbare Chance,
Menschen zusammenzubringen“, sagt die Frau mit der verwuschelten Kurzhaarfrisur.“
Dass sich diese Gemeinschaft über das eigene Gebäude
hinaus in die übrige HafenCity erstreckt, ist ihr ebenso wichtig. Zum Beispiel mithilfe des angrenzenden Grasbrookparks, der im Sommer 2013 eröffnet wird. Synergien ergeben
sich sicher auch mit anderen Akteuren wie der Katharinenschule, den Senioren der Martha-Stiftung am Kaiserkai oder
mit den Studenten der HafenCity Universität und der Kühne
Logistics University nebenan.
Am liebsten wäre es Smischliaew, wenn sich ihre HafenCity-Kita zu einem sozialen Treffpunkt im Quartier entwickelt. Weil Kommunikation vor Ort dafür sehr wichtig ist,
hat sie Jochen Blauel ins Team geholt: Der Familienvater
war 15 Jahre an Theatern und Kultureinrichtungen Hamburgs, wechselte aber vor zwei Jahren in die Projektberatung, Schwerpunkt Beteiligung und Stadtentwicklung.
Nun soll er das Potenzial des zukünftigen Kita-Standorts
ausschöpfen: „Nur gemeinsam können wir den Horizont
der HafenCity erweitern. Dafür nutzen wir – wie bei den
Kindern – die Chance der frühen Jahre.“
REPORTAGE
Klassische Geschäfte bilden die Ausnahme
Als junger Standort zieht die HafenCity innovative Geschäftsideen an. Ob Existenzgründer oder etablierte Unternehmen:
Die meisten lassen sich besondere Konzepte einfallen. Auf Besucher und Kunden warten viele Entdeckungen
Frisch und gastfreundlich: die Gründerin und Geschäftsführerin von Samova, Esin Rager, in ihrer Tee-Lounge
Fern von Mainstream: Philipp Kaczmarek und Alessandro De Pasquale setzen auf ausgesuchte Designer
HAFENCIT Y Hongkongstraße 1 – ein
Hafenspeicher aus den 1960er Jahren. Dezent weisen Schilder den Weg in die dritte
Etage zu Samova. Doch trotz der fast versteckten Lage herrscht in den offenen, hell
erleuchteten Lagerräumen reges Treiben:
Besucher streifen an Regalen mit Teedosen
in fröhlich-elegantem Design vorbei und
schnuppern an offenen Proben. In der Lounge haben es sich mehrere Grüppchen gemütlich gemacht. Vor einem bunten Graffiti mit
Unterwassermotiven nippen sie an ihren
Gläsern und fachsimplen über den Geschmack der Sorten namens Orange Safari,
Team Spirit oder Maybe Baby.
Die lockere Atmosphäre ist ganz im Sinne
von Esin Rager, der Gründerin von Samova. Ihr
kleines Teereich soll durch seine außergewöhnlichen Geschmackserlebnisse und den
frischen Look, vor allem aber durch Gastfreundlichkeit bestechen. „An sieben Tagen in
der Woche kann man zu uns kommen und den
Tee kostenlos probieren“, sagt sie. „Wir beraten jederzeit gern – auch wenn jemand nicht
gleich kauft.“ Das macht Samova zur beliebten Anlaufstelle für HafenCity-Bewohner,
-Kenner und Firmenmitarbeiter. Rager: „Wir
haben auch Besucher, die sich bei uns zum Tee
verabreden oder Meetings abhalten.“
Vor zehn Jahren ist Esin Rager mit ihren ausgefallenen Teemischungen gegen das „wollsockige“ Image des Heißgetränks angetreten. Dazu hat die ehemalige Journalistin, die
mit ihren Eltern – einem türkischen Diplomaten und einer deutschen Erzieherin – in
den USA, in Moskau und in Österreich gelebt
und später in Paris und Hamburg studiert
hat, nicht nur viele neue Sorten mit multikulturellem Flair kreiert. Vielmehr hat sie eine
ganz neue Teekultur geschaffen – jung und
mit vielen Inspirationen aus der Musikszene.
„Wir verstehen uns als Innovationsmarke
und wollen immer einen Schritt voraus sein“,
erklärt die 44-Jährige. Die HafenCity sei dafür der ideale Standort – Tor zur Welt, zentral
gelegen und Schmelztiegel vieler interessanter Menschen.
nen“, so Kaczmarek. Inzwischen ist Stoffsüchtig fest am Überseeboulevard verwurzelt.
„Wir haben gemerkt, dass der Standort Perspektive hat und die Hamburger seinen
Charme mehr und mehr entdecken“, berichten die Gründer. Mit Events wie Kollektionspräsentationen locken sie immer wieder neue
Interessenten an, Aber auch mit Veranstaltungen im Hamburger Schanzenviertel werben sie für den neuen Standort.
Etwas Neues ausprobieren
Mit dieser Einschätzung steht Esin Rager
nicht allein. Als junger Standort wird die
Hafen­City regelmäßig mit Begriffen wie Mo-
MÄRZ 2013 dernität und Innovation verbunden. Einzelhändler, Gastronomen, Galeristen und Dienst­
leister ziehen mit der Absicht her, etwas
Neues auszuprobieren – sei es im Bereich der
Produkte und Serviceangebote, in der Art der
Präsentation oder in den Be- und Vertriebsformen (weitreichende Online-Angebote inklusive). Dies gilt nicht nur für die kleineren
Unternehmen und Existenzgründer, welche
die Mehrheit der über 450 Unternehmen ausmachen, sondern ebenso für die großen Häuser und Institutionen, vornehmlich aus dem
Bereich Medien, Bildung und Energie. Klassische Konzepte bilden bisher eher die Ausnahme in der HafenCity – und selbst sie werden weiterentwickelt: Der Edeka-Supermarkt
auf dem Überseeboulevard bietet einen Mittagstisch in einer maritim angehauchten
„Kombüse“, der Optiker SehKunst am Großen
Grasbrook zeigt regelmäßig Ausstellungen
und Vernissagen, der Unilever-Konzern öffnet
sein Erdgeschoss samstags für den Markt
„Der.Die.Sein“. So reicht die Spannbreite der
neuen Geschäftsideen und -formen in der
­HafenCity vom Lebensmittel- und Andenkenhändler bis zu Uhrenmanufakturen oder
einem Showroom für Elektromobiltät. Mit
ihren individuellen Angeboten ergänzt die
HafenCity die sehr viel stärker am Mainstream
orientierte Hamburger City und schafft zusätzliche Attraktionen für neue Zielgruppen.
Philipp Kaczmarek und Alessandro De Pasquale betreiben den Modeladen Stoffsüchtig
auf dem Überseeboulevard. Statt gewohnter
Marken präsentieren sie einen spannenden
Mix aus etablierten und jungen Designern aus
Deutschland, Skandinavien, Frankreich und
den USA. „Viele davon haben wir in Hamburg
exklusiv, andere sind hier nur sehr schwer zu
bekommen“, berichten sie. Kaczmarek und De
Pasquale, 28 und 29 Jahre alt, sind seit Schulzeiten beste Freunde. Kaczmarek hat Modedesignmanagement studiert, seinen Abschluss mit dem Konzept von Stoffsüchtig
gemacht und anschließend den ersten Laden
in Hamburg Harvestehude eröffnet. De Pasquale hat in den USA und Holland Retail Management studiert. 2011 eröffneten sie ihren
Laden zunächst temporär am Überseeboulevard. „Wir waren sofort begeistert von der
Raumwirkung: 300 Quadratmeter mit hohen
Decken und unverputzten Betonwänden, die
wir immer wieder neu in Szene setzen kön-
Maritime Inspirationen
Aber nicht nur das moderne Image der HafenCity, auch ihr maritimes Flair wirkt inspirierend auf viele Konzepte. Das vielleicht
anschaulichste Beispiel dafür ist das Stickschiff „Anna Johanna“. Der 107 Jahre alte
Lastensegler mit hohen Masten liegt fest im
Traditionsschiffhafen in der westlichen
Hafen­City. Auf ihm lassen Thomas Wiesenthal und seine Frau Manuela Weiss die
Nadeln dreier digitaler Stickmaschinen über
die verschiedensten Textilien flitzen. Gerade ist eine schwarze Kappe dran, die in weniger als zwei Minuten mit einem Firmen­
logo bestickt ist. Die Maschinen auf dem
Stickschiff können 16 Farben gleichzeitig
verarbeiten, in einem zweiten Durchgang
sogar 32. Auf diese Weise entstehen nicht
nur klassische Firmenlogos und Schriftzüge,
sondern auch kunstvolle „Stoff-Tattoos“,
die aussehen wie Gemälde.
Thomas Wiesenthal vertreibt die Stickmaschinen und führt Präsentationen, Schulungen und Reparaturen durch. Zudem hat
er Aufträge von großen Unternehmen und
Privatpersonen. Von mehreren Tausend Exemplaren bis zu Einzelstücken wird alles gefertigt. Die Familie lebt sogar seit Frühjahr
2012 auf dem Schiff. „Meine Frau hat sich
bei einem Besuch in Hamburg einfach in die
‚Anna Johanna‘ verliebt“, berichtet Wiesenthal. „So sind wir samt unserer Firma aus
Hessen hierhergezogen.“ Das neue Zuhause
auf dem 25 Meter langen Schiff bietet rund
100 Quadratmeter Raum und das behagliche Geräusch knarzender Planken – das
einmalige Flair, direkt auf dem Wasser, mitten im historischen Sandtorhafen zu Hause
zu sein.
Enger als auf der „Anna Johanna“ könnte
die Verbindung zwischen Leben und Arbeiten in der HafenCity nicht sein. Aber auch für
die meisten anderen Geschäftsleute gibt es
eine enge, oft persönliche Bindung an die
neuen Quartiere an der Elbe. Es geht ihnen
nicht nur um das moderne maritime Image,
sondern darum, ihre Ideen zu leben.
Einmaliges Flair: Thomas Wiesenthal lebt und arbeitet auf dem Stickschiff im Traditionsschiffhafen
7
KULTUR
Das größte Fest des Jahres
TE R M I N E
Riesenrad an der Elbe
Vom 27. 4. bis 7. 7. lässt sich die Hafen­
City erneut vom größten mobilen Riesenrad der Welt aus erleben. In einer
Höhe von bis zu 60 Metern eröffnet sich
den Besuchern eine neue Perspektive
auf das bunte Treiben im Hafen. Die Gondeln drehen täglich von 11 bis 21 Uhr ihre Runden an der San-FranciscoStraße gegenüber dem Ausgang Überseequartier der U4. Tickets 5 €, eine rollstuhlgerechte Gondel ist vorhanden.
Kritik im Wandeln
Zum achten Mal in Folge tauschen sich
auf den abendlichen Touren quer durch
die HafenCity zwei Gastkritiker über Städtebau, Architektur und Freiräume aus. Die
Teilnehmer verfolgen die Diskussion per
Kopfhörer und können am Ende selbst dazu beitragen. Die neuen Termine:
5. 6. / 19. 6. / 3. 7. / 7. 8. (ggf. abweichend am 26. 6. / 14. 8.) jeweils um
18.30 Uhr ab dem HafenCity Informationszentrum im Kesselhaus. Tickets: 8 €,
Anmeldung unter:
[email protected]
Mehr Infos: www.hafencity.com
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Verlag: HafenCity Hamburg GmbH, Osakaallee 11, 20457 Hamburg, www.hafencity.com
V. i. S. d. P.: Susanne Bühler
Redaktion: Henrike Thomsen Texte und Mitarbeit: Andrea Bittelmeyer,
Thomas Götemann, Janina Jeske, Nicolas Körting,
Eileen Stiller, Henrike Thomsen
Design: lab3 mediendesign, Hamburg
Korrektorat: Gustav Mechlenburg Druckerei: Langebartels & Jürgens, Hamburg
Fotos: Bina Engel (1), Thomas Hampel / ELBE & FLUT (2)
Die Veröffentlichung von Texten oder Textauszügen
darf nur nach Genehmigung der HafenCity Hamburg GmbH erfolgen. Die in dieser Publikation enthaltenen Informationen sind für die Allgemeinheit
bestimmt; sie erheben weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit.
31. Ausgabe, Hamburg, März 2013 © 2013 All rights reserved
Diese Publikation wurde auf
umweltfreundlichem FSCzertifiziertem Papier
gedruckt.
8
Der Evangelische Kirchentag kommt zum vierten Mal nach Hamburg – erstmals auch in die HafenCity
Constantin Knall vom Evangelischen Kirchentag will engagierte Menschen
in die HafenCity bringen
HAFENCITY In diesem Jahr wird der 1. Mai in Hamburg ein
doppelter Feiertag: Der 34. Deutsche Evangelische Kirchentag eröffnet mit gleich vier Gottesdiensten, einer davon auf der noch
unbebauten Spitze des Strandkais in der westlichen HafenCity.
Während im Hintergrund Schiffe und Boote die Elbe entlangfahren,
wird die Bischöfin der evangelischen Nordkirche, Kirsten Fehrs, auf
der großen Bühne am Strandkai predigen. Chöre werden singen,
Posaunenensembles spielen. Bundespräsident Joachim Gauck,
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und der katholische
Erzbischof Dr. Werner Thissen werden ihre Grußworte an die 25.000
bis 30.000 Menschen richten, die auf den Freiflächen zwischen dem
Grasbrookhafen und der Elbe erwartet werden (1. 5., 17 – 18.30 Uhr).
Bereits zum vierten Mal seit 1953 ist der Kirchentag in Hamburg zu
Gast, doch in diesem Jahr kommt das geistliche Leben in dieser geballten Form erstmals auch in die HafenCity. Deren Freiflächen haben
sich bisher für Kulturveranstaltungen – Kunst- und Musikfestivals,
Theateraufführungen und vieles mehr – ebenso bewährt wie für
Großevents wie den Hafengeburtstag. Aber mit dem Kirchentag
dürfte wiederum eine ganz besondere Atmosphäre einziehen. Über
100.000 Dauerteilnehmer werden zu der Veranstaltung erwartet,
die alle zwei Jahre in einer anderen Stadt gastiert. Die Besucher werden beten, feiern, diskutieren und jenes intensive spirituelle Gefühl
erzeugen, das zum Kirchtag unverwechselbar dazugehört – bis alles
am 5. Mai mit einem Gottesdienst im Stadtpark endet.
Nach dem Eröffnungsgottesdienst lädt der Kirchentag zum großen
öffentlichen Straßenfest, dem „Abend der Begegnung“ (1. 5., ab
18 Uhr). Rund 350 bis 400 Stände kirchlicher Gruppen mit Informationen, Kultur und Gastronomie werden zwischen der HafenCity und
Binnenalster aufgebaut. Auf elf Bühnen wird Musik, Tanz und Kleinkunst zu sehen und zu hören sein, unter anderem vor der Elbphilharmonie, auf den Magellan-Terrassen und im Cruise Center HafenCity.
Erwartet werden 350.000 Besucher, mit dem Abendsegen auf der
Binnenalster sowie rund um den Grasbrookhafen klingt der Eröffnungstag aus. „Mit der Veranstaltung wollen wir die gefühlte Dis­
tanz zwischen HafenCity und Innenstadt verkürzen“, sagt Constatin
Knall. Der 32-Jährige, einer von drei Geschäftsführern des Evangelischen Kirchentags, ist überzeugt: „Der Kirchentag wird sehr viel
Lebendigkeit und engagierte Menschen in die HafenCity bringen.“
Auch an den späteren Tagen werden viele der rund 2.500 Veranstaltungen in den neuen Quartieren an der Elbe stattfinden. Damit
wird der Kirchentag in diesem Jahr das größte Fest hier – sogar noch
vor dem Publikumsmagneten Hafengeburtstag. Zwei der Bühnen
in der HafenCity werden bis zum 4. Mai bespielt: auf dem Strandkai
mit abendlichen Konzerten, auf den Magellan-Terrassen tagsüber
mit Andachten und Diskussionsveranstaltungen, zum Beispiel zur
„Zukunft der Stadt“ (2. 5., 11 – 13 Uhr, Magellan-Terrassen). Kirchenund Traditionsschiffe werden im Sandtorhafen ihre Arbeit zeigen.
Einen eigenen Beitrag zum Kirchentag stellen die Hamburger Kulturbehörde und die HafenCity Hamburg GmbH in Form einer Ausstellung, die an das Schicksal von Deportierten im Nationalsozialismus erinnert. Die Ausstellung „In den Tod geschickt“ widmet sich
den Hamburger Juden, Sinti und Roma, die zwischen 1940 und 1945
vom Hannoverschen Bahnhof (einst am Lohseplatz gelegen) deportiert wurden. Die Ausstellung war bereits im Kunsthaus Hamburg
zu sehen und wird in einem Dokumentationszentrum am Lohsepark ihren festen Platz finden. (Vernissage 29. 4., 15 Uhr, 30. 4. bis
16. 5., 10 – 20 Uhr auf dem Lohseplatz).
Die Losung des 34. Kirchtags lautet: „Soviel du brauchst“. Was ist
das richtige Maß? Wie funktioniert nachhaltiges Wirtschaften?
Was kann man dazu beitragen? Um diese und ähnliche Fragen zu
diskutieren, ist die HafenCity sicherlich ein guter Ort: Auf der einen
Seite setzt man hier mit vielen Nachhaltigkeitsstrategien auf eine
ressourcenschonende, zukunftsfähige Stadt; auf der anderen Seite
gilt die HafenCity vielen als Ort der Wohlhabenden und sogar des
Luxus. In diesem Spannungsfeld sieht Constantin Knall die Losung
genau richtig: „Ich finde es richtig und wichtig, dass wir in die
Hafen­City gehen, aber nicht mit erhobenen Zeigefinger – wir wollen zum Nachdenken anregen.“
„Das Motto erinnert daran, dass genug für alle da ist, wenn wir gerecht teilen“, sagt Antje Heider-Rottwilm. Die 63-Jährige ist die Leiterin des Ökumenischen Forums HafenCity, das zusammen mit der
Hauptkirche St. Katharinen den Anker für das spirituelle Leben in der
HafenCity bildet. Heider-Rottwilm erwartet vom Kirchentag auch
selbstkritische Impulse: „Jeder von uns muss klären, wo Veränderungen im eigenen Verhalten nötig sind“, betont sie. Vom 1. bis 5. Mai
plant das Ökumenische Forum ein Programm mit Veranstaltungen,
Gesprächen und einer Ausstellung. „Wir werden gastfreundlich sein
und das anbieten, was dieses Haus ausmacht: Stille und Gebet und
Glauben teilen und sich für einen schöpfungsverträglichen Lebensstil
engagieren“, sagt Heider-Rottwilm. „Ich freue mich sehr darauf, dass
der Kirchentag in die HafenCity kommt.“
www.kirchentag.de
Neue Führungen durch die HafenCity
Der Fortschritt in den zentralen und
östlichen Quartieren der HafenCity wird
immer sichtbarer. Infrastruktur und Stadträume entstehen, Parks nehmen ihre grüne Gestalt an. Die beiden Infocenter der
HafenCity, das Kesselhaus und der NachhaltigkeitsPavillon OSAKA9, erweitern
entsprechend das Angebot an Führungen.
Neben den beliebten Landgängen durch
die zentralen und westlichen Gebiete geht
es ab April verstärkt in Richtung Osten: In
dem dynamisch wachsenden Bereich rund
um den Magdeburger Hafen und den weiter östlichen Quartieren werden die jüngsten Projekte erlebbar. Für Verliebte, Schlaflose, Fotografie-Begeisterte oder einfach
Neugierige gibt es die romantische Hafen­
City bei Nacht zu entdecken. Wie grün die
HafenCity wird, lässt sich anhand einer
Tour durch die bereits fertiggestellten und
gerade entstehenden Parks erfahren. Alle
Führungen sind kostenfrei und auch als
individuelle Gruppenführung (ab 10 Personen) buchbar.
Touren in die östliche HafenCity: Sonntags
15:00 Uhr, Treffpunkt: NachhaltigkeitsPavillon OSAKA9, Osakaaallee 9 / Promenade
Magdeburger Hafen
Nachttouren: Von Mai bis September jeden
2. Freitag im Monat, jeweils eine Stunde vor
Sonnenuntergang. Treffpunkt: U4-Haltestelle Überseequartier / Ausgang Grasbrookpark
Parktouren: Termine werden ab Juni bekannt gegeben.
Änderungen vorbehalten!
Mehr Information unter
www.hafencity.com
Demnächst gibt es nächtliche Führungen durch die HafenCity
WWW.HAFENCITY.COM