Gesamtartikel - Treuhänder
Transcription
Gesamtartikel - Treuhänder
MWST MWST SCHWEIZER BETRIEBSSTÄTTEN VON AUSLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN Zu beachtende Regelungen und Besonderheiten DIETER WIEDERKEHR THOMAS ARNET Die Mehrwertsteuerfragen [1] und die zu beachtenden Konsequenzen, wenn ein in der Schweiz nicht mit Hauptsitz domiziliertes Unternehmen Geschäftstransaktionen in der Schweiz vornimmt, sind Gegenstand der Ausführungen. Unsere Erfahrung zeigt, dass aufgrund der geografischen Lage der Schweiz, mitten in Europa, oft zu spät oder zu wenig beachtet wird, dass die Schweiz nicht Mitglied der EU ist. Die Umsatzsteuerrichtlinie der EU war bei den Arbeiten zu den gültigen Mehrwertsteuerregelungen der Schweiz eine der Quellen. Das Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) ist jedoch eine selbständige Kodifikation mit verschiedenen schweizerischen Eigenheiten. Entsprechend fatal kann eine Interpretation der Regelungen aus dem Blickwinkel des EU-Rechts sein. Der Beitrag zeigt die schweizerischen Besonderheiten auf, die es bei geplanten Geschäftstransaktionen zu beachten gilt. 1. DEFINITION DER MEHRWERTSTEUERLICHEN BETRIEBSSTÄTTE Seit der Einführung des neuen MWSTG [2] per 1. Januar 2010 entspricht die Definition der Betriebsstätte bei der Mehrwertsteuer (MWST) derjenigen der direkten Steuern in der Schweiz und orientiert sich am OECD-Musterabkommen. Betriebsstätten sind demnach feste Geschäftseinrichtungen, in denen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Art. 5 der Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) [3] zählt nicht abschliessend auf, was als Betriebsstätte gilt. Beispielsweise gelten eine Zweigniederlassung oder eine ständige Vertretung als Betriebsstätte, ein reines Auslieferungslager oder ein Informations-, Repräsentationsoder Werbebüro hingegen nicht. Die Begründung einer Steuerpflicht bei den direkten Steuern hängt in der Schweiz davon ab, ob aufgrund der Aktivitäten und Aufgaben in der Schweiz eine Betriebsstätte vorliegt. Für die MWST hat das Vorliegen oder das Fehlen einer Betriebsstätte in den meisten Fällen keinen Einfluss auf die Qualifikation, ob eine Mehrwertsteuerpflicht [4] besteht. Auch beim Fehlen einer Betriebsstätte in der Schweiz kann für ein ausländisches Unternehmen eine obligatorische Mehrwertsteuerpflicht vorliegen, beispielsweise aufgrund eines Auslieferungslagers in der Schweiz. Andererseits liegt nicht zwingend auch eine obligatorische Mehrwertsteuerpflicht vor, wenn nach direkt- bzw. mehrwertsteuerlichen Kriterien eine Betriebsstätte begründet wird. Die Frage, ob eine Betriebsstätte vorliegt, ist jedoch zentral bei der Rechnungsstellung von Dienstleistungen eines schweizerischen Leistungserbringers an ausländische Unternehmen [5], die in der Schweiz unternehmerische Tätigkeiten ausüben. Unterhält beispielsweise ein ausländisches Unternehmen ein Auslieferungslager in der Schweiz, liegt keine Betriebsstätte vor. Gleiches gilt, wenn ein ausländisches Unternehmen in der Schweiz über ein Informations-, Repräsentations- oder Werbebüro verfügt, das lediglich Hilfstätigkeiten ausübt. Schweizerische Leistungserbringer können somit ihre Dienstleistungen wie Werbeleistungen, Bewirtschaftung/Führen des Auslieferungslagers, Buchführungsleistungen oder Mehrwertsteuerstellvertretung, die gemäss Art. 8 Abs. 1 MWSTG dem Empfängerortsprinzip unterliegen, dem ausländischen Unternehmen ohne MWST in Rechnung stellen. Die Rechnungsstellung hat an die Adresse des Sitzes im Ausland zu erfolgen. Liegt jedoch eine Betriebsstätte in der Schweiz vor, ist die Situation auf den ersten Blick nicht eindeutig. Bei der Frage, ob der Dienstleistungserbringer mit oder ohne MWST zu fakturieren hat, wird auf den Vertragspartner abgestellt. Dieser ist nicht zwingend die Betriebsstätte. Bei der Rechnungsstellung an den Hauptsitz kann die Steuerbefreiung mit dem eindeutig auf den Hauptsitz lautenden Vertragsdokument begründet werden. Ist dies nicht möglich bzw. wurde der Vertrag mit der Betriebsstätte geschlossen, so ist eine steuerbefreite Fakturierung nicht möglich. Bei reinen Lieferungen ist die Behandlung bei der MWST nicht davon abhängig, wer der Leistungsempfänger bzw. Vertragspartner ist. Massgebend ist, wo sich der Ort der Liefe- DIETER WIEDERKEHR, THOMAS ARNET, LIC. IUR., TREUHÄNDER MIT MWST-EXPERTE FH, EIDG. FACHAUSWEIS, MANAGER, PWC, DIREKTOR, BASEL UND PWC, BASEL UND ZÜRICH, BIRMINGHAM/UK, THOMAS.ARNET@ DIETER.X.WIEDERKEHR@ CH.PWC.COM UK.PWC.COM 9 | 2011 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 763 MWST rung befindet. Dieser ist abhängig davon, wo der Beginn der Beförderung zu sehen ist, und ob die Ware aus der Schweiz ausgeführt bzw. in die Schweiz eingeführt wird oder im Ausland bzw. Inland verbleibt. Bei Werklieferungen ist relevant, wo die Arbeiten ausgeführt werden oder das Werk abgeliefert wird. 2. SINGLE-ENTITY- ODER DUAL-ENTITY-KONZEPT Im Verhältnis zwischen einem Unternehmen und dessen Betriebsstätte gilt der Grundsatz des Single-Entity-Konzepts (Einheit des Unternehmens). Somit ergeben sich aus Leistungen zwischen dem Unternehmen und dessen Betriebsstätte keine Umsatzsteuerfolgen. Dieser allgemeine Grundsatz gilt im schweizerischen Recht nur innerhalb der Schweiz, d. h. im Verhältnis des Hauptsitzes in der Schweiz zu seinen Betriebsstätten. Bei grenzüberschreitenden Situationen, beispielsweise ausländisches Unternehmen mit Betriebsstätte in der Schweiz, gilt hingegen das Dual-Entity-Konzept. Danach gilt aus Sicht der MWST die Betriebsstätte als eigenes Steuersubjekt und der Hauptsitz im Ausland als nahestehende Person. Transaktionen zwischen diesen Einheiten sind aus Sicht des schweizerischen Rechts mehrwertsteuerrelevant und wie Leistungen zwischen unabhängigen Dritten zu behandeln (vgl. Art. 24 Abs. 2 MWSTG). Im Gegensatz zur Schweiz wenden die EU-Mitgliedstaaten in der Regel, auch bei grenzüberschreitenden Transaktionen, das Single-EntityKonzept an. Dies kann im Verhältnis EU–Schweiz zu Nichtoder Doppelbesteuerungen führen. Laut Art. 5 MWSTV qualifiziert eine Bau- und Montagestelle von mindestens zwölf Monaten Dauer als Betriebsstätte. In diesen Fällen ist der ausländische Hauptsitz im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in der Schweiz aktiv, weshalb kein Leistungsaustausch zwischen der Bau- und Montagestelle und dem Hauptsitz stattfindet. Somit gilt für diese Situationen das Single-Entity-Konzept. 764 S C H W E I Z E R B E T R I E B S S TÄT T E N V O N A U S L Ä N D I S C H E N U N T E R N E H M E N 3. BEGRÜNDUNG EINER MEHRWERTSTEUERPFLICHT IN DER SCHWEIZ Ein ausländisches Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten in der Schweiz hat zu klären, ob in der Schweiz die Mehrwertsteuerpflicht begründet wird (vgl. Art. 10 MWSTG) [6]. Wird in der Schweiz zusätzlich eine Betriebsstätte begründet, gilt es zu klären, ob der Hauptsitz und/oder die Betriebsstätte steuerpflichtig wird. Stark vereinfacht sind die folgenden Situationen möglich, wobei sich unterschiedliche Mehrwertsteuerfolgen ergeben: p Hauptsitz im Ausland, keine Steuerpflicht für direkte Steuern und MWST in der Schweiz; p Hauptsitz im Ausland, Mehrwertsteuerpflicht in der Schweiz (z. B. Auslieferungslager in der Schweiz); p Hauptsitz im Ausland, Steuerpflicht für direkte Steuern und allfällige Mehrwertsteuerpflicht in der Schweiz (Betriebsstätte); p Spezialfall: Hauptsitz im Ausland, Steuerpflicht für direkte Steuern und MWST in der Schweiz aufgrund Bau- und Montagestelle von mindestens zwölf Monaten Dauer (Betriebsstätte). In den dargestellten Situationen können Vorsteuern in der Schweiz anfallen, die über unterschiedliche Wege zurückgefordert werden können. 3.1 Hauptsitz im Ausland. Häufig beliefert ein ausländischer Konzern die Kunden in der Schweiz direkt. Die Gründung einer Betriebsstätte in der Schweiz drängt sich nicht auf, da beispielsweise der Schweizer Markt als zu klein bewertet wird. Die Kunden in der Schweiz importieren die Waren im eigenen Namen und bezahlen die Einfuhrsteuern. Das ausländische Unternehmen begründet keine obligatorische Mehrwertsteuerpflicht in der Schweiz (vgl. Art. 7 MWSTG). Damit können auch dem Empfängerortsprinzip unterliegende Dienstleistungen dem schweizerischen Leistungsempfänger steuerfrei in Rechnung gestellt werden D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2011 | 9 S C H W E I Z E R B E T R I E B S S TÄT T E N V O N A U S L Ä N D I S C H E N U N T E R N E H M E N (vgl. Art. 8 Abs. 1 MWSTG). Beim ausländischen Unternehmen angefallene Schweizer Vorsteuern, beispielsweise aufgrund von Kundenbesuchen in der Schweiz, verrechneten Garantiearbeiten von Schweizer Leistungserbringern usw., werden unter gewissen Bedingungen im Rückerstattungsverfahren (VAT Refund) von der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) [7] vergütet (vgl. Art. 151 ff. MWSTV). 3.2 Hauptsitz Ausland mit Auslieferungslager in der Schweiz. Führt das ausländische Unternehmen in der Schweiz ein Auslieferungslager für ausschliesslich einen Kunden (sog. Call-off Stock bzw. Konsignationslager) so besteht keine Mehrwertsteuerpflicht. Ein Auslieferungslager aus dem mehr als ein Kunde beliefert wird unterliegt hingegen der Mehrwertsteuerpflicht. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen sämtliche Leistungen (Lieferungen und Dienstleistungen) des ausländischen Unternehmens an Kunden in der Schweiz der MWST. Bei grösseren Unternehmen ist es oft eine Herausforderung, sich diese MWST-Konsequenzen bewusst zu machen und sicherzustellen, dass auch bisher ohne MWST fakturierte Dienstleistungen (z. B. für Softwarewartungen) nun ausnahmslos an alle schweizerischen Empfänger über die Registrierung in der Schweiz mit MWST fakturiert werden. Eine abweichende Qualifikation erfahren Leistungen an ausländische Unternehmen, da das Auslieferungslager, wie oben beschrieben, keine Betriebsstätte im Sinne der MWST darstellt. Aufgrund dessen gilt für Leistungen von schweizerischen Leistungserbringern als Ort der Leistung nicht der Standort des Auslieferungslagers, sondern der Hauptsitz im Ausland. Dienstleistungen, die dem Empfängerortsprinzip unterliegen (Führung des Lagers, Transport-, Beratungs- und Werbeleistungen, vgl. Art. 8 Abs. 1 MWSTG) können folglich dem ausländischen Unternehmen ohne MWST in Rechnung gestellt werden. Leistungsbezüge mit Ort der Leistung in der Schweiz unterliegen der MWST. Die dabei anfallenden Vorsteuern (Einfuhrsteuer auf eingeführten Waren, Garantieleistungen, Spesen von Vertretern) können in der Mehrwertsteuerabrechnung des Hauptsitzes bei der ESTV zurückgefordert werden. MWST merisch tätig und ist berechtigt, auf die Steuerbefreiung bei Umsätzen unter CHF 100 000 zu verzichten und sich als Steuersubjekt registrieren zu lassen (Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWSTG). Die Rückforderung der Vorsteuern der Betriebsstätte erfolgt dann in der regulären Mehrwertsteuerabrechnung. Hinsichtlich der direkten Steuern wird in der Regel eine Vereinbarung mit den Steuerbehörden geschlossen. Je nach Art der Aktivitäten wird oftmals (wegen fehlender Betriebsstättenbuchhaltung) die Besteuerungsgrundlage nach der Cost-Plus- oder der Re-Sale-Minus-Methode ermittelt. Beispielsweise dem Cost-Plus-Prinzip folgend, gelten die angefallenen Kosten in der Schweiz zuzüglich eines Zuschlags von 5% für die direkten Steuern als Bruttoeinnahmen. Im Zusammenhang mit den schweizerischen Geschäftsaktivitäten des Hauptsitzes fallen in der Schweiz allenfalls Vorsteuern an (Garantieleistungen, Spesen von Vertretern). Diese Vorsteuern werden unter gewissen Bedingungen im Rückerstattungsverfahren (VAT Refund) von der ESTV vergütet (vgl. Art. 151 ff. MWSTV). 3.4 Hauptsitz im Ausland mit Betriebsstätte in der Schweiz: Spezialfall bei Bau- und Montagestelle von mindestens zwölf Monaten Dauer. Der ausländische Hauptsitz begründet aufgrund der mindestens zwölf Monate dauernden Bau- und Montagestelle in der Schweiz eine Betriebsstätte sowohl für die direkten Steuern als auch für die MWST. Im Mehrwertsteuerregister wird einzig der ausländische Hauptsitz per Adresse des Mehrwertsteuerstellvertreters eingetragen und nicht die Betriebsstätte. Die Betriebsstätte hat mehrwertsteuerlich keine Bedeutung. Sie hat keine eigenen Angestellten. Sie schliesst weder eigene Verträge, noch tritt sie in eigenem Namen auf. Sämtliche Leistungserbringer stellen ihre Leistungen direkt dem ausländischen Hauptsitz in Rechnung, weshalb bei der Betriebsstätte auch keine Vorsteuern anfallen. Der grosse Unterschied zur Betriebsstätte aufgrund einer ständigen Vertretung ist, dass die Betriebsstätte Bau- und Montagestelle nicht nach aussen auftritt. Sie erbringt auch keine Leistungen an ihren Hauptsitz. Die Betriebsstätte Bau- und Montagestelle begründet eine obligatorische Steuerpflicht 3.3 Hauptsitz im Ausland mit Betriebsstätte in der Schweiz. Fabrikationsstätten, Bau- und Montagestellen usw. begründen eine Betriebsstätte in der Schweiz. Ein häufig anzutreffender Fall ist, dass die Betriebsstätte den Hauptsitz im Ausland in seinen Geschäftsaktivitäten unterstützt. Meist ist der ausländische Hauptsitz Vertragspartner für die schweizerischen Kunden und nicht die Betriebsstätte in der Schweiz. Daher erfolgt die Rechnungsstellung für Leistungen an Empfänger in der Schweiz direkt durch den Hauptsitz im Ausland und nicht durch die Betriebsstätte in der Schweiz. Unter Umständen ist der Hauptsitz im Ausland für seine Leistungen (Lieferungen und Dienstleistungen) gegenüber den schweizerischen Kunden in der Schweiz nicht mehrwertsteuerpflichtig. Bei der Betriebsstätte stellt sich zudem aufgrund der fehlenden Umsätze die Frage, ob sie überhaupt mehrwertsteuerpflichtig ist. Die Betriebsstätte ist unterneh- 9 | 2011 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 765 MWST für die direkten Steuern, was aber wie oben dargestellt nicht zwingend mit einer obligatorischen Mehrwertsteuerpflicht einhergeht. 4. LEISTUNGSAUSTAUSCH ZWISCHEN DEM MEHRWERTSTEUERLICH NICHT REGISTRIERTEN HAUPTSITZ UND DER REGISTRIERTEN BETRIEBSSTÄTTE Vorbemerkung: Wie vorstehend dargestellt qualifiziert eine Bau- und Montagestelle von mindestens zwölf Monaten Dauer als Betriebsstätte. Ist der ausländische Hauptsitz im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in der Schweiz aktiv, wird im Mehrwertsteuerregister der ausländische Hauptsitz und nicht die Betriebsstätte in der Schweiz eingetragen. Zwischen der Bau- und Montagestelle und dem Hauptsitz erfolgt daher kein Leistungsaustausch. 4.1 Leistungen aus der Schweiz. Vielfach hat die Betriebsstätte in der Schweiz einzig den Zweck, Kontakt zu potentiellen und bestehenden Kunden aufzubauen und zu pflegen. Die Kosten der Betriebsstätte in der Schweiz werden vom Hauptsitz getragen. Bei den direkten Steuern werden die in der Schweiz angefallenen Kosten zuzüglich eines Zuschlags je nach Umfang der Aktivitäten in der Regel zwischen 5% und 10% als Umsatz in der Schweiz veranschlagt. Da die Schweiz grenzüberschreitend nicht dem Single-Entity-Konzept folgt, qualifizieren die Betriebsstätte in der Schweiz und der ausländische Hauptsitz mehrwertsteuerlich nicht als ein Steuersubjekt, weshalb die gegenseitig erbrachten Dienstleistungen brutto abzurechnen sind. Da es sich um eng verbundene Personen handelt, sind die Leistungen zu Drittpreisen abzurechnen (vgl. Art. 24 Abs. 2 MWSTG). Die Bezahlung der Kosten stellt bei der MWST nicht eine Weiterverrechnung von Kosten, sondern die Entschädigung des Hauptsitzes an die Betriebsstätte in der Schweiz für das Erbringen von spezifischen Dienstleistungen dar. Die erbrachten Dienstleistungen sind, dem Empfängerortsprinzip folgend, ohne MWST in Rechnung zu stellen und in der Mehrwertsteuerabrechnung entsprechend als Leistungen im Ausland zu deklarieren. 4.2 Leistungen in die Schweiz. Sofern der Hauptsitz Dienstleistungen an die Betriebsstätte in der Schweiz erbringt, beispielsweise Buchführungsleistungen, so ist diese Leistung auch in Rechnung zu stellen, da es sich aus Sicht der MWST beim Hauptsitz und der Betriebsstätte in der Schweiz nicht um das identische Steuersubjekt handelt. Der betragsmässige Umfang dieser Leistungen ist in der Praxis oft schwierig zu bestimmen. Die Leistungen umfassen die Weitergabe von Informationen, das Führen der Betriebsstätte, verschiedene Datenverarbeitungsleistungen, Zurverfügungstellung von Werbematerialien usw. Die Betriebsstätte in der Schweiz hat die bezogenen Leistungen als Bezugssteuer (Reverse Charge, vgl. Art. 45 MWSTG) zu deklarieren. Der Vorsteuerabzug ist im Rahmen der Zuweisung zur steuerbaren/befreiten, unternehmerischen Tätigkeit möglich. Diese Leistungen sind bei der Bemessung der direkten Steuern zu berücksichtigen, d. h. sie sind für die Cost-Plus-Berechnung relevant. 766 S C H W E I Z E R B E T R I E B S S TÄT T E N V O N A U S L Ä N D I S C H E N U N T E R N E H M E N 5. MEHRWERTSTEUERPFLICHT DES AUSLÄNDISCHEN HAUPTSITZES Beliefert ein ausländischer Hauptsitz direkt Kunden in der Schweiz, so liegt in der Regel ein Vertragsverhältnis zwischen dem Hauptsitz und dem Leistungsempfänger in der Schweiz vor. Die Betriebsstätte in der Schweiz ist vertraglich nicht eingebunden. Der Hauptsitz begründet eine obligatorische Steuerpflicht, sobald die gesetzliche jährliche Umsatzgrenze von CHF 100 000 überschritten wird. Die Steuerpflicht kann sich aufgrund von Verkäufen aus dem Auslieferungslager oder aufgrund von Kaufs- und Verkaufstransaktionen innerhalb der Schweiz ergeben (z. B. bei Lieferungen von Maschinenteilen aus dem Ausland mit anschliessender Installationsleistung vor Ort beim Kunden in der Schweiz). Solange der ausländische Hauptsitz die Umsatzgrenze nicht überschreitet und somit nicht steuerpflichtig wird, müssen die Leistungen des Hauptsitzes nicht über die Mehrwertsteuernummer der Betriebsstätte in der Schweiz abgerechnet werden. Falls sowohl der ausländische Hauptsitz als auch die schweizerische Betriebsstätte in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig sind, gilt weiterhin das Dual-Entity-Konzept (vgl. Art. 7 MWSTV). Grundsätzlich bilden alle inländischen Betriebsstätten ein gemeinsames Steuersubjekt. Der Hauptsitz und die Betriebsstätte in der Schweiz rechnen daher ihre steuerbaren Umsätze in der Regel unter eigenen Mehrwertsteuernummern ab. Die gegenseitige Leistungserbringung unterliegt der MWST. In der Praxis besteht die Möglichkeit, dass aus Gründen einer pragmatischen Vorgehensweise die ESTV in Einzelfällen eine Eintragung als ein Steuersubjekt bewilligt. Dies erfolgt unter der Bedingung, dass der ESTV keine Steuerausfälle entstehen. 6. BUCHFÜHRUNG SCHWEIZ In der Regel wird für die Betriebsstätte in der Schweiz keine eigene Buchhaltung geführt. Trotzdem sind für Zwecke der MWST Bilanzkonti am Hauptsitz für die MWST einzurichten. Zudem sind die Umsätze der Betriebsstätte in der Schweiz und die Vorsteuer belasteten Aufwendungen über eigens eingerichtete Erfolgsrechnungskonti und/oder mit entsprechenden Mehrwertsteuercodes Schweiz zu erfassen, damit sowohl die Mehrwertsteuerabrechnung als auch die gesetzlich verlangte jährliche Umsatz- und Vorsteuerabstimmung (vgl. Art. 72 MWSTG, Art. 126 MWSTV) effizient und vollständig erstellt werden können. 7. FISK ALVERTRETER/GARANTIE FÜR STEUERSCHULDEN Ein ausländisches Unternehmen ohne Domizil in der Schweiz bzw. ohne eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung hat einen Fiskalvertreter zu bestimmen (vgl. Art. 61 Abs. 1 MWSTG). Zudem ist anlässlich der Registrierung bei der ESTV die voraussichtliche Steuerschuld eines Jahres, mindestens aber CHF 5000, sicherzustellen. Das kann entweder mit einer Barhinterlage oder einer Bankgarantie erfolgen. Eine im Schweizer Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung benötigt keinen Mehrwertsteuerstellvertreter. Ebenso verzichtet die ESTV auf eine Sicherstellung. D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2011 | 9 MWST S C H W E I Z E R B E T R I E B S S TÄT T E N V O N A U S L Ä N D I S C H E N U N T E R N E H M E N 8. FAZIT Die Definition der Betriebsstätte aus Sicht der MWST entspricht derjenigen der direkten Steuern. Das Vorliegen einer Betriebsstätte begründet nicht zwingend eine Mehrwertsteuerpflicht. Die Leistungsbeziehungen zwischen dem ausländischen Hauptsitz und der Schweizer Betriebsstätte und umgekehrt sind hinsichtlich ihrer Mehrwertsteuerfolgen zu untersuchen. Das Single-Entity-Konzept gilt für Leistungen zwischen Einheiten der gleichen Unternehmung nur inner- Anmerkungen: 1) Mehrwertsteuer: MWST, Schweizer Umsatzsteuer. 2) Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009, in Kraft seit 1. Januar 2010. 3) Mehrwertsteuerverordnung, MWSTV, Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009; Vollzugsvorschriften, welche die Schweizer Exekutive gestützt auf das MWSTG erlassen hat. 4) Mehrwertsteuerpflicht: Steuerpflichtig ist, wer halb der Schweiz. Im Verhältnis zwischen dem ausländischen Hauptsitz und der Schweizer Betriebsstätte gilt das Dual-Entity-Konzept. Auf Gesuch hin gewährt die ESTV allenfalls eine Registrierung unter einer Mehrwertsteuernummer. Die Anwendung des Dual-Entity-Konzepts kommt nicht in Frage bei Betriebsstätten aufgrund von Bau- und Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer, weil da der ausländische Hauptsitz im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in der Schweiz aktiv ist. ein Unternehmen betreibt, d. h. wer in eigenem Namen nach aussen auftritt und aufgrund einer selbständig ausgeübten, beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit nachhaltig Einnahmen aus Leistungen erzielt. 5) Ausländisches Unternehmen: Unternehmen, dessen Hauptsitz nicht in der Schweiz liegt. 6) Umsatzgrenze: Wer innerhalb eines Jahres weniger als CHF 100 000 Umsatz aus steuerbaren Leistungen in der Schweiz erzielt, ist von der MWST befreit. Ein Verzicht auf die Befreiung und somit eine freiwillige Eintragung im Mehrwertsteuerregister ist möglich. 7) Eidg. Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, ESTV, die für Mehrwertsteuerbelange zuständige Bundesbehörde in Bern, Zustelladresse für Registrierungsanträge, Mehrwertsteuerabrechnungen und Rückerstattungsanträge usw. R É SU M É Etablissements stables d’entreprises étrangères en Suisse Les auteurs examinent ici les conséquences fiscales, au regard de la taxe sur la valeur ajoutée (TVA), des transactions commerciales opérées en Suisse par une entreprise sans siège principal en Suisse. Le droit suisse régissant la TVA n’est pas équivalent à la sixième directive de l’Union européenne en matière de TVA. C’est pourquoi la prudence est de mise dans l’interprétation de la législation helvétique. La définition d’un établissement stable au sens de la loi sur la TVA (LTVA, en force depuis le 1er janvier 2010) correspond à celle valable pour les impôts directs en Suisse, qui est ellemême alignée sur celle du modèle de convention fiscale de l’OCDE, à savoir: «une installation fixe d’affaires par l’intermédiaire de laquelle une entreprise exerce tout ou partie de son activité» (p. ex. une succursale ou une représentation permanente). Une entreprise étrangère peut être assujettie à la TVA même si elle n’a pas d’établissement stable en Suisse, ce qui n’est pas possible pour les impôts directs. A contrario, l’existence d’un établissement stable au regard de la fiscalité directe et de la TVA ne conduit pas obligatoirement à un assujettissement à la TVA. L’existence d’un établissement stable en Suisse est importante pour les entreprises suisses qui doivent facturer des prestations fournies à des entreprises étrangères 1 qui exercent une activité entrepreneuriale en Suisse. Si l’entreprise étrangère n’a pas d’établissement stable en Suisse (p. ex. seulement un dépôt de livraison), le fournisseur suisse facture ses prestations selon le principe du lieu du destinataire, sans TVA (art. 8 al. 1 LTVA) et directement à l’adresse du siège de l’entreprise à l’étranger. Si l’entreprise étrangère a un établissement stable en Suisse, le fournisseur 9 | 2011 D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R helvétique doit savoir qui est sont partenaire contractuel aux fins de la facturation. Si la facture est adressée au siège principal, l’exonération fiscale se justifie sans ambiguïté. En cas contraire, ou si le contrat a été conclu avec l’établissement stable, une facturation exonérée d’impôt n’est pas possible. Le droit suisse de la TVA repose sur le principe de l’unité fiscale de l’entreprise (single entity concept). Ce principe ne s’applique toutefois que dans les relations entre le siège principal en Suisse avec ses établissements stables en Suisse. Les prestations réciproques fournies dans ce cadre n’engendrent aucune obligation fiscale au regard de la TVA. En revanche, les transactions transfrontalières entre le siège étranger et ses établissements stables en Suisse sont soumises au principe du dualisme fiscal (dual entity concept) selon lequel l’établissement stable en Suisse est un sujet fiscal à part entière et le siège étranger une personne proche. Dans l’optique du droit suisse, les transactions entre ces deux entités sont soumises à la TVA. Elles doivent être traitées comme des prestations entre des tiers indépendants (art. 24 al. 2 LTVA). Naissance de l’assujettissement à la TVA en Suisse Lorsqu’une entreprise étrangère effectue des transactions commerciales en Suisse, il faut vérifier si elle est de ce fait assujettie à l’impôt en Suisse (art. 10 LTVA). Si celle-ci fonde un établissement stable en Suisse, il faut ensuite examiner qui, du siège principal et/ou de l’établissement stable, est assujetti. L’assujettissement à la TVA naît dès lors que le chiffre d’affaires provenant de prestations imposables dépasse le seuil de CHF 100 000 fixé dans la loi (art. 10 LTVA). Si une entre- 767 MWST S C H W E I Z E R B E T R I E B S S TÄT T E N V O N A U S L Ä N D I S C H E N U N T E R N E H M E N R É SU M É prise n’atteint pas ce seuil, elle est libérée de la TVA. Elle peut renoncer à cette libération de l’assujettissement et requérir son inscription dans le registre de la TVA (art. 11 LTVA). Les entreprises assujetties en Suisse peuvent demander le remboursement de l’impôt préalable payé dans le cadre de leur activité entrepreneuriale à l’Administration fédérale des contributions (AFC) au moyen du décompte TVA. L’entreprise étrangère qui n’est pas assujettie à la TVA en Suisse peut, sous certaines conditions, bénéficier de la procédure de remboursement (VAT refund). Echange de prestations entre le siège non assujetti et l’établissement stable assujetti à la TVA Prenons l’exemple d’une unité de construction et de montage qui constitue un établissement stable pendant une durée d’au moins douze mois, mais dont le siège principal à l’étranger est aussi actif en Suisse en son propre nom et pour son propre compte. Dans ce cas c’est le siège étranger et non l’établissement stable qui doit être inscrit dans le registre de la TVA en Suisse. Par conséquent, il n’y a pas échange de prestations entre l’unité de construction et de montage et son siège principal. Prestations à destination de l’étranger L’établissement stable en Suisse a souvent comme unique fonction d’établir et de maintenir le contact avec les prospects et les clients de l’entreprise. Les coûts qu’il génère sont assumés par le siège. Pour les impôts directs, les coûts générés en Suisse sont généralement taxés comme chiffre d’affaires réalisé en Suisse, non sans avoir été généralement majorés de 5 à 10%, suivant l’ampleur des activités déployées. Etant donné que la Suisse n’applique pas le principe de l’unité fiscale dans les relations transfrontalières, l’établissement stable en Suisse et le siège principal à l’étranger ne constituent pas un sujet fiscal unique, et par conséquent leurs prestations de services réciproques doivent être comptabilisées en valeur brute. Comme il s’agit de personnes proches, les prestations doivent être déclarées à la valeur qui aurait été convenue entre des tiers indépendants (art. 24 al. 2 LTVA). Dans l’optique de la TVA, le paiement des coûts ne représente pas une imputation de coûts, mais la contre-prestation que le siège principal verse à son établissement stable en Suisse pour la fourniture de prestations de services spécifiques. Conformément au principe du lieu du destinataire, les prestations fournies doivent être facturées sans la TVA et être déclarées en tant que prestations fournies à l’étranger, dans le décompte TVA. Prestations fournies en Suisse Si le siège fournit des prestations à l’établissement stable en Suisse, par exemple dans le domaine de la comptabilité, celles-ci doivent aussi être facturées puisque, dans l’optique de la TVA, le siège et l’établissement stable en Suisse ne constituent pas un sujet fiscal unique. Il est souvent difficile de 768 déterminer le montant précis de ce type de prestations qui couvrent un vaste spectre: remise d’informations, gestion de l’établissement stable, traitement de données diverses, mise à disposition de matériel publicitaire, etc. L’établissement stable en Suisse doit déclarer ces prestations au titre de l’impôt sur les acquisitions (reverse charge, art. 45 LTVA). La déduction de l’impôt préalable est alors possible dans le cadre de l’affectation à l’activité entrepreneuriale imposable. Les prestations visées doivent être prises en considération dans le calcul des impôts directs, autrement dit, elles sont aussi pertinentes pour le calcul du prix de revient majoré (cost plus method). L’établissement stable en Suisse et le siège étranger n’ont pas qualité de sujet fiscal unique (principe du dualisme fiscal) et par conséquent, les prestations fournies par l’établissement stable à son siège doivent être déclarées en valeur brute au prix applicable entre tiers indépendants (puisqu’il s’agit d’une personne proche). Comptabilité En principe, l’établissement stable en Suisse ne tient pas de comptabilité propre. Dans ce cas, l’assiette fiscale des impôts directs se calcule, suivant le type d’activité, selon la méthode du prix de revient majoré (cost plus method) ou du prix de revente (resale minus method). Avec la méthode du prix de revient majoré, les coûts générés en Suisse, majorés de 5%, sont assimilés à des recettes brutes aux fins des impôts directs. Cette majoration représente un revenu ou un bénéfice imposable en Suisse. Le siège doit cependant tenir des comptes de bilan aux seules fins du décompte de la TVA suisse. Les chiffres d’affaires réalisés en Suisse et les charges grevées d’impôts préalables en Suisse doivent en outre être comptabilisés dans des postes du compte de résultat ad hoc et/ou être enregistrés avec un code TVA Suisse. Cela permet d’établir les décomptes TVA ainsi que les concordances annuelles des chiffres d’affaires et de l’impôt préalable exigés par la loi (art. 72 LTVA, art. 136 OTVA) de manière efficace et exhaustive. Représentant fiscal/Garantie de la dette fiscale Les entreprises étrangères qui n’ont pas de domicile en Suisse, donc aucune succursale inscrite dans le registre du commerce, sont tenues de désigner une représentant fiscal (art. 67 al. 1 LTVA). Par ailleurs, l’AFC exige, lors de l’enregistrement de l’assujetti, le dépôt de sûretés (sous forme d’espèces ou de garantie bancaire) à hauteur de la dette fiscale nette estimée pour une période fiscale, mais au minimum CHF 5000. Si l’entreprise a une succursale inscrite au registre du commerce, elle n’a pas besoin de représentant fiscal. DW/TA/PB 1) Entreprise étrangère: entreprise dont le siège principal n’est pas situé en Suisse. D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2011 | 9