wirtschaft - Mariana Mazzucato

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wirtschaft - Mariana Mazzucato
guremimrgcr SBort
Samstag und Sonntag, den 12713. März 2016
WIRTSCHAFT
Startschuss für Bau eines
vollelektrischen Satelliten
Der InstinktUnternehmer
SES unterzeichnet Verträge mit Raumfahrtunterneh­
men OHB und Weltraumagentur ESA. Seite 26
L'Etat paierait 65 millions
de dollars via la SNCI
Luxembourg. Après avoir voté
jeudi une augmentation de capital
de 3 milliards de dollars d'Arce­
lorMittal, les actionnaires du
groupe sont prioritaires pour ac­
quérir, s'ils le souhaitent, de nou­
velles actions pour 2,2 euros
l'unité, soit bien en dessous de la
valeur de marché, établie en fin
de journée à 45 euros. Porteur de
2,161% du capital du leader mon­
dial de la sidérurgie, l'Etat luxem­
bourgeois devrait ainsi payer 65
millions d'euros pour ne pas voir
sa participation dans ArcelorMit­
tal se diluer. Sous réserve d'un
accord trouvé sur une pluralité de
dossiers liés (échange de terrains
pour des logements, ticket
luxembourgeois au conseil d'ad­
ministration et siège du groupe au
Kirchberg), la SNCI (Société na­
tionale de crédit et d’investis­
sement) devrait acquérir ces ac­
tions pour le compte de l'Etat et
ainsi ne pas gréver les comptes
publics. La famille Mittal montre­
ra l'exemple en participant à
l'augmentation de capital à hau­
teur de sa participation (37,4%),
soit U milliard de dollars, (pso)
Allen & Overy: Felder
et Wagner reconduits
Luxembourg. Leurs mandats ve­
nant à leur terme en avril, Marc
Feider et Henri Wagner ont été
réélus par les associés à leurs
fonctions respectives qu’ils exer­
cent depuis 2008, Marc Feider
comme Senior Partner et Henri
Wagner comme Managing Part­
ner. Leurs mandats vont courir
pour une nouvelle période de
deux ans, à partir du 1er mai et
jusqu’à fin avril 2018. Les associés
ont également décidé que la re­
lève serait assurée à ce moment-là
par André Marc comme Seqior
Partner et Patrick Mischo/Frank
Mausen comme co-Managing
Partners. (C.)
Mit 85 fängt Rupert Murdoch an,
sein Vermächtnis zu ordnen. Seite 27
Der S ta at als U nternehm er
Nouveau prix
pour «Eis Epicerie»
Luxembourg. La Fondation de
Luxembourg a annoncé hier avoir
attribué son prix Tremplin 2016 à
Eis Epicerie, lauréat du parcours
d'entreprenariat social 1,2,3 Go il
y a trois semaines. La première
épicerie sociale, ouverte il y a im
an à Soleuvre par Myriam
Cecchett et José Piscitellii, rece­
vra un chèque de 10.000 euros
pour poursuivre le dévelop­
pement de son projet d'épicerie
responsable qui entend donner
accès à tous à une alimentation de
qualité et produite localement. Le
prix coup de coeur, doté de 2500
euros est revenu à «Suite Cou­
ture», dont l'ambition est de
donner une deuxième vie à des
vêtements en permettant la réin­
sertion de personnes en difficulté.
La Fondation a été crée par l'Etat
et l'Oeuvre nationale de secours
Grande-Duchesse Charlotte pour
favoriser la philanthropie privée.
(T.L.)
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Mythen der Innovation
„Wir w issen w enig über das, w as in Silicon Valley p a ssie rte “
VON LAURENT S C H M I T
Alle wollen Innovation, doch der
Weg dahin ist umstritten. Die Wirt­
schaftsprofessorin und Bestseller­
autorin Mariana Mazzucato sieht
den Staat als zentralen Akteur und
geniefit es, die Gewissheiten von
Wirtschaftsexperten zu erschüttern.
Das iPhone, ein staatlich finan­
ziertes Technikwunder? Mariana
Mazzucato liebt dieses Beispiel:
„Alle Technologien, die Ihr Smart­
phone smart macht, wurden staat­
lich finanziert - sei es das Inter­
net, das GPS, das Touchscreen und
selbst Siri, die virtuelle Assisten­
tin. Doch in der 700-Seiten-Biografie von Steve Jobs steht kein
einziger Satz darüber.“
Die revolutionären Genies der
Privatwirtschaft im Gegensatz zum
trägen, kafkaesken Staat: Dieses
Bild ist für die Wirtschaftsprofessorin der Universität Sussex der
zentrale Mythos der Innovation. In
ihrem Bestseller „The Entrepre­
neurial State“ erzählt sie eine an­
dere Version der Erfolgsgeschich­
ten aus dem Silicon Valley. In ih­
rer Fassung sind es die US-Behörden wie die Nasa oder die
militärische
Forschungsagentur
Darpa, die durch langfiistige In­
vestitionen Universaltechnologien
wie das Internet oder Nanotech­
nologie ermöglicht haben.
Fehlendes V erständnis
Der Staat als Held des Innova­
tionsmärchen war Balsam für die
Seelen der Beamten, die am Diens­
tag ihren Vortrag in den Räumen
der Europäischen Investirions1
bank (EIB) verfolgten. „Der Juncker-Plan hat innovationsgetrie­
benes Wachstum zum Ziel. Es ist
das Zugeständnis, dass Investitio­
nen nötig sind.“ Der Juncker-Plan
könne zum Erfolge werden, wenn
er mit der nötigen Risikoffeudigkeit umgesetzt werde, erklärt
Mazzucato.
Damit dieses Ziel eines inno­
vationsgetriebenen
Wachstums
gelingen soll, müsse die Rolle des
Staates in der Gestaltung dieses
Wachstums besser verstanden
werden. Doch dies fehle noch, be­
tont Mariana Mazzucato: „Wir
wissen wenig über das, was in Si­
licon Valley passierte.“
Die klassische Auffassung lau­
tet, dass der Staat sich darauf be­
schränken solle, faire Konkur­
renzbedingungen zu schaffen und
Marktversagen
auszugleichen.
Mazzucato sieht das anders: Mit
Bezug auf Karl Polanyi argumen­
tiert sie, dass der Staat neue Märk­
te schafft und gestaltet. Sie zitiert
John Maynard Keynes mit den
Worten, dass es wichtig für den
Staat ist, dass er „die Dinge tut, die
überhaupt nicht getan werden.“
Die Startup-Kultur sei ein falscher A nsatz, sagte die streitbare Ökonomin M ariana M azzucato bei einer Konfe­
renz der Europäischen Investitionsbank. Sie sieht den Sta a t als zentralen Akteur.
„Die Rolle des Staates ist es
nicht, kleine Marktversagen aus­
zugleichen, sondern große Träu­
me zu verfolgen“, glaubt Mazzu­
cato. Schaffen staatliche Akteure
neue Märkte, dann greifen die pri­
vaten Investoren diese Gelegen­
heit auf, sagt sie.
Risikoscheues Venture-Capital
Für technologische Durchbrüche
seien die umworbenen VentureKapitalisten jedoch nutzlos, sagt
sie: „Investoren stellen Risikoka­
pital für drei bis fünf Jahre, dann
erwarten sie einen Börsengang
oder eine Übernahme. Das ist eine
sehr kurzfristige Sicht, wenn ein­
zelne Innovationsphasen zehn bis
fünfzehn Jahre dauern.“ Beson­
ders innovative Unternehmen wie
etwa Tesla wurden ganz zu Be­
ginn staatlich unterstützt, betont
sie. In Europa übernehme die EIB
oft diese Rolle.
Als weiteres Beispiel nennt
Mazzucato das gewünschte grüne
Wachsriun. „Die Venture-Kapitalisten werden diese Welle reiten,
doch die Frage ist, wer wird sie an­
stoßen?“ Die Antwort ist nahelie­
gend: Die EIB finanziert ein Vier­
tel der weltweiten Investitionen in
grüne Technologien.
Doch es brauche den Staat nicht
nur in der Anfangsphase, betont
sie. In Ländern wie Deutschlarid,
den USA oder Finnland sei der
Staat während des gesamten In­
novationsprozesses involviert.
„Der Fokus auf Startups ist falsch“
Von der überall gehypten Start-upKultur hält Mazzucato wenig, er-
„Eine Patentbox ist sinnlos“
Luxemburg. Vom Steuervorteil für Ein­
künfte aus geistigem Eigentum hält die
Ökonomin Mariana Mazzucato wenig.
Dass Luxemburg seine Patentbox zum
Juli abschafft (m it langer Übergangs­
frist), findet sie „to ll“.
„Eine Patentbox ist sinnlos, denn de­
ren Ziel ist ausschließlich, die Gewinne
von Unternehmen zu erhöhen“, kriti­
siert Mariana Mazzucato. Der britische
Staat vertiert dadurch etwa drei bis vier
Milliarden Dollar an Steuereinnahmen
pro Jahr. In Luxemburg waren es 2011
eine Viertelmilliarde Euro. „Dieses Geld
fehlt dem Staat, um direkt in For­
schung zu investieren“, betont sie.
Will die Luxemburger Regierung In­
novation trotzdem m it Steuervorteilen
fördern, schlägt Mazzucato einen an­
deren Ansatz vor: „Luxemburg sollte
Steuervorteile auf de Arbeitskosten
konkreter Forschungsarbeit gewähren,
wie etwa die Niederlande tun. Das hilft
Forschung zu ermöglichen, die ansons­
ten nicht entstanden wäre. Patent­
boxen belohnen dagegen Forschung, die
bereits existiert.“
Die Ökonomin bleibt dennoch skep­
tisch: „Um ehrlich zu sein: Steuervor­
teile bewirken wenig. Sie bringen damit
kein Unternehmen dazu, in Forschung
zu investieren."
(las)
(rom - jo a $ u im
v a le n te )
klärt sie auf Nachfrage: „Startups
sind die Kirsche auf dem Kuchen
und nicht der Kuchen selbst.“ Laut
Mazzucato sind Startups und klei­
ne Unternehmen weder beson­
ders innovativ noch produktiv.
Wichtiger als die Förderung von
Untemehmensgründungen sei die
Schaffung eines „Ökosystems der
Innovation“, von dem Unterneh­
men jeder Größe profitieren kön­
nen. Ein solches Ökosystem be­
ruhe auf einer dynamischen In­
teraktion zwischen öffentlichen
und privaten Investments.
Ein großes Problem für Start­
ups seien auch die Beziehungen
mit großen Unternehmen, betont
Mazzucato. „Konzerne beschäfti­
gen sich heute mehr mit Finanzinstrumenten als mit dem Erfolge
von kleinen Unternehmen, die sie
übernehmen“, kritisiert sie.
„Auf die Menschen kommt es an“
Mazzucato betont, dass die staat­
lichen Investitionen in Forschung
sehr zielgerichtet sein müssen.
„Gewinner rauszusuchen“ sieht sie
als zentralen Erfolg der US-Agenturen. Außerdem müssten sich die
Institutionen konkrete aber ambi­
tiöse Ziele setzen - so wie die Na­
sa, die zum Mond flog.
Um diese Herausforderung er­
folgreich anzugehen, brauche es
sehr gute Leute, betont sie. Es sei
kein Zufall, dass mit Steven Chu
ein Nobelpreisträger das ameri­
kanische Energieministerium an
die Spitze der Forschungsförde­
rung gebracht habe.

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