Germany`s next Top-Model

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Germany`s next Top-Model
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Technik
Premiere
S e t r a To p C l a s s 5 0 0
Germany’s next Top-Model
Noch vor der offiziellen Publikumspremiere auf der Busworld in Kortrijk hatte BUSMAGAZIN
Gelegenheit, die Setra TopClass 500 zu fahren. Dabei überzeugte das neue Reiseflaggschiff aus
Neu-Ulm nicht nur optisch, sondern vor allem mit viel Komfort für Fahrer und Passagiere.
A
ls 2001 der Vorgänger
aus der Baureihe 400
auf den Markt kam, war dies
eine echte Busrevolution in
Sachen Design und Ausstattung. Vor allem die
„La Linea“ als stilbildendes
Element über die gesamte
Fahrzeugseite setzte ein prägendes Ausrufezeichen für
künftige Gestaltungen auch
anderer Hersteller, die fleißig
bei der TopClass abkupferten.
Das Team um DaimlerBuses-Chefdesigner Mathias
Lenz hatte daher bei der
500er-Baureihe keine einfache Aufgabe, Kontinuität
zu wahren und gleichzeitig
neue Akzente zu setzen.
Evolution statt Revolution
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BUSMAGAZIN 11/2013
lautete das Motto. Herausgekommen ist dabei eine
Variation der La Linea als
kalligrafisches Element –
hübsch, smart und verspielt,
aber sicher nicht der große
Wurf wie beim Vorgänger,
der aber auch nicht zu
erwarten war.
Denn es geht Setra nicht
nur um die TopClass alleine,
sondern um ihren Platz
innerhalb einer gemeinsamen
Formensprache der verschiedenen Baureihen, allen
voran der neuen hübschen
ComfortClass. Das betonte
Projektleiter Thomas Fricke,
der das Spitzenprodukt zwar
in Linienführung und Design
absetzen will, aber gleichzei-
tig auch den Familiencharakter der Marke unterstreichen
möchte. „Es war das erklärte
Ziel, die bisherigen Merkmale der TopClass fortzuführen und auszubauen“, so
Fricke. Markanter als zuvor
ist der deutlich in der Größe
gewachsene Setra-Schriftzug
auf der Front mit einer inversen Logoblende ausgefallen –
ein Rückgriff übrigens auf die
legendäre 200er-Baureihe. Er
drückt das Selbstbewusstsein
einer erfolgreichen Edelmarke
aus, ein „Mia san mia“-Gestus,
den der Schwabe so explizit
natürlich nicht formulieren
würde. Die Kehrseite von
so viel Markensprache ist
natürlich der fehlende
Raum für einen Schriftzug
des Busunternehmens auf
der Front, was manchem
nicht eben gefallen dürfte.
Doch man sollte bei der
neuen TopClass nicht nur
auf die offensichtlichen
Merkmale schauen, sondern
auf die Details achten.
Und siehe da: Hier hat sich
wirklich Evolutionäres
getan mit einer guten Portion
Revolutionärem. Neue Lösungen für unterschiedliche
Felder vom Komfort für
Fahrgäste und Fahrer über
Sicherheit bis hin zur Kostenersparnis sind die wahren
aufregenden Ingredienzien
des aktuellen Modells, das
übrigens eine komplette
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Premiere
Technik
t Schaulaufen der neuen Setra-TopClass-Modelle
vor der malerischen Kulisse des Weinguts Château
Saint Julien d’Aille bei Vidauban in Frankreich
überhaupt seine eigentliche
Tätigkeit beginnt. Denn die
gesetzlich vorgeschriebene,
eigentlich obligatorische
Abfahrtskontrolle, die von
nicht wenigen Bus-Chauffeuren auf Kosten der Sicherheit
geflissentlich ignoriert wird,
kann jetzt bequem per Multifunktionsschlüssel erledigt
werden. Mehr Smartphone
im Taschenformat als klassischer Zündschlüssel, lassen
sich in seinem Display bequem nicht nur Kraftstoffund AdBlue-Füllstände
anzeigen, sondern auch Reifendruck, Scheinwerfer- und
Lampenfunktion. Eventuelle
Störungen werden automatisch eingeblendet.
Augenfälligste Änderung am
Fahrerarbeitsplatz selbst ist
das Fehlen des Joysticks in
den Armaturen. Denn die
TopClass 500 wird nur noch
mit automatisiertem Getriebe
angeboten. Das dürfte nicht
jedem Busunternehmen
gefallen, schließlich heben
die Mehrkosten im Vergleich
zur manuellen Schaltung den
Grundpreis an. „So konnten
Neuentwicklung und kein
wir das Cockpit auf den
Facelift ist.
Fahrer zu entwickeln und
Die vielleicht größten Verän- die Greifräume verbessern“,
derungen gibt es im vorderen begründet Projektleiter
Einstieg und im Cockpit:
Fricke die Maßnahme.
Nicht eckig
Weitere
Runde Formen
und kantig
Neuerung ist
wie im Vordie
Integradominieren im Cockpit
gänger, sontion
eines
und im Einstieg
dern rund
Laptopund geschwungen wirkt der
arbeitsplatzes für den
komplette Frontbereich wie
Reisebegleiter mit Handyaus einem Guss. Darin fügt
ladebereich – Ausstattungssich auch der Reisebegleiter- merkmale, die in der
sitz funktional ein mit
Entwicklungszeit der 400erintegrierten Handläufen bis
Baureihe Ende der 1990erhinauf zur Unterseite der
Jahre so noch nicht abzuhochgeklappten Sitzfläche.
sehen waren.
Gleichzeitig hat sich die
Die Instrumententafel ist in
Funktionsbreite im gesamten ihren Grundzügen aus der
ComfortClass 500 bekannt, in
Einstieg erhöht, was den
der TopClass aber noch mehr
Komfort für die Fahrgäste
auf den Fahrer ausgerichtet
beim Betreten des Busses
und verfeinert. Die Tastenweiter erhöht.
Gestiegener Komfort ist auch gruppen im Armaturenbrett
das Stichwort für den Fahrer. lassen sich mit wenigen
Das beginnt schon, bevor er
Handgriffen herauslösen und
und Talfahrt ein. So öffnet
bei Bedarf umgruppieren,
das integrierte EcoRollnachdem die Stecker gelöst
System beispielsweise bei
und abschließend wieder
angebracht sind. Das ermög- einem leichten Gefälle im
PowerShift-Automatikmodus
licht dem Busunternehmer
individuelle Veränderungen, die Kupplung, schaltet das
aber auch den Fahrern EinGetriebe in die Neutralgriffsmöglichkeiten nach
stellung und lässt so das
eigenem Gusto – was Ersteren Fahrzeug ohne Motornicht in allen Fällen erfreuen schleppverlust länger rollen.
dürfte.
Der Zusatzeffekt ist spürbar:
Mehr Anklang sollte da das
Der vorausschauende Modus
mit GPS ausgerüstete Schalt- reduziert die Schaltvorgänge.
programm Predictive Power- Wie das im Einzelnen funktrain Control (PPC) bei ihnen tioniert, haben wir auf dem
Autobahnfinden, das
PPC schaut voraus und
abschnitt
auf digitale
zwischen
Höhenprofilhilft beim Spritsparen
Nizza und
daten zugreift
Cannes ausprobiert: Tempound durch Eingriffe in den
mat auf 98 km/h setzen, per
Triebstrang vorausschauenTipptaste eine Hysterese, d. h.
den Tempomatbetrieb und
eine flexible Regelung, nach
damit eine Kraftstoffersparnis möglich macht. PPC greift oben auf 100 km/h zulassen,
in erster Linie bei der Bergnach unten auf 95 km/h.
p Ein Highlight der neuen TopClass ist das riesige Panoramadach
p Das Cockpit in Setras neuem Flaggschiff präsentiert sich runder,
geschwungener, ergonomischer und ohne Joystickhebel
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Probefahrten mit leeren Fahr- Küste: Gerade in den unzähzeugen einen Wert von 18,3 l ligen Kreisverkehren in und
um die Stadt Fréjus kommt
auf der flachen Autobahn
es auf satte Beschleunigung
erreicht. In Anbetracht der
Tatsache, dass hier selbstver- an, um sich in den fließenden
ständlich alle spritsparenden Verkehr einordnen zu könKniffs und Tricks zum Tragen nen.
kamen, ist das dennoch ein
Da der Südfranzose beim
bemerkenswertes Ergebnis.
Gebrauch des Blinkers eher
Wir waren daher eher an den sparsam ist und so für den
Fahrleistungen der neuen
Busfahrer nicht immer direkt
Dreiachser interessiert. Hinersichtlich ist, ob er nun den
Kreisel verlassen will oder
ter der Heckklappe arbeitet
noch eine Runde dreht,
der
Euro-6-Sechszylinder
p Der neue Multifunktionsschlüssel soll dank zahlreicher Features
kommt es darauf an, einfach
reihenmotor
OM
471
LA
mit
eine Abfahrtskontrolle ohne Gang um den Bus ermöglichen
den Leistungsstufen 350 kW/ schneller in selbigen einzulich soll das System je nach
fahren, ohne das Risiko eines
An der ersten steilen Stei476 PS und 2300 Nm maxiEinsatz bis zu 2 % Kraftstoff
unschönen Seiteneinschlags
gung schaltet das System
malem Drehmoment in der
vorausschauend zurück. Auf sparen.
Serie und 375 kW/510 PS mit eingehen zu müssen. Ist man
zuvor bereits an der Einfahrt
der Kuppe wird frühzeitig
maximalem Drehmoment
Der Fahrer kann solche
zum Stehen gekommen,
Gas weggenommen, der
von 2 500 Nm als SonderEffekte übrigens selber über
Setra verlangsamt leicht. Im
ausstattung. Für die Kraftdas System EcoDriver-Feeddann dauert es einen quälend
folgenden Gefälle beschleuübertragung langen Augenblick, bis nach
back kontrolnigt der Setra durch seine
sorgt das
lieren. Hier
Betätigen des Gaspedals die
Die Spritzigkeit
Masse, nutzt die erlaubten
bekannte
erhält er konRückmeldung vom Motor
im Antritt fehlt
100 km/h aus.
GO 250-8
tinuierliche
kommt. Bis dahin schießen
PPC ist die erste automatische Rückmeldungen aktueller
PowerShift-Getriebe,
die Renaults, Peugeots und
Geschwindigkeitsregelung
gekoppelt mit einem Voith
Fahrzeugdaten und kann
Citroëns nur so heran, und
in Daimler-Bussen mit inteSekundärwasserretarder.
Verschleiß und Kraftstoffman hofft nun auf das im
griertem Getriebeeingriff. So verbrauch kontrollieren.
Sowohl bei der Fahrt mit der Gegensatz zum deutschen
können Doppelschaltungen
Letzteren konnten wir bei der 13,2-m-Variante 516 HDH als Ottonormalfahrer verständanstelle mehrerer EinzelFahrvorstellung noch nicht
nisvolle und souveräne
auch mit dem kürzeren und
schaltungen ausgeführt wer- messen. Das bleibt einer spä- somit im Leergewicht leichHandling des Südfranzosen.
teren ausgiebigen Ermittlung teren 515 HDH (12,5 m) ist
den. Vom Reisebus bekannt
Eine direktere Kraftübertraauf unserer gewohnten
sind die aktuellen Werte vor
gung wäre hier bei der Topuns aufgefallen, dass der
allem für die Fahrzeugmasse, Testrunde durch die Eifel
Class 500 wünschenswert.
OM 471 nicht unbedingt der
vorbehalten. Laut Setra-Verdie Geschwindigkeit, das
Viele aufregende Neuheiten
Spritzigste im Antritt ist.
Motordrehmoment und die
Negativ bemerkbar machte
triebsleiter für Deutschland
bietet der Innenraum mit seiLeistung sowie die Ganglage Heinz Friedrich haben die
sich das vor allem auf der
nen mindestens 46 schicken
im PowerShift-Getriebe.
Fahrt von Vidauban hin zur
Ingenieure bei internen
Ledersesseln. Am augenHinzu kommt als alles entscheidende Sollgröße der
jeweilige Wunschwert für
die Marschgeschwindigkeit,
vom Fahrer über die Bedienknöpfe am Lenkrad eingegeben. Der auf dieser Datenbasis gerüstete, vorausschauende Tempomat übernimmt
im Einsatzfall also die Regie
über Gas, Dauerbremse und
Getriebe. Die Oberaufsicht
liegt natürlich beim Fahrer.
Lkw-Fachjournalisten konnten durch den Einsatz von
PPC mit einem auf 40 t ausgeladenen Sattelzug auf einer
Vergleichsstrecke eine Verbrauchsreduktion von bis zu
8 % erreichen. Durchschnittp Busmagazin-Autor Claus Bünnagel am Steuer eines S 515 HDH bei der Testrunde durch die Provence
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stuhlheizung nennt sich das
dann. Zusätzlich sorgt eine
elektrische Heizfolie unter
den Brüstungsprofilen dafür,
dass die Armauflagen wohlig
temperiert sind.
Die gehobene technische und
komfortspezifische Ausstattung der TopClass hat ihrem
Namen entsprechend natürlich ihren Preis. Der beginnt
für einen durchschnittlich
ausstaffierten S 515 HDH bei
rund 385 000 bis 390 000 €.
Wer die Palette möglicher
Extras auskosten will, der
muss noch einige zehntausend Euro drauflegen.
Preislich ist das Flaggschiff
damit deutlich oberhalb der
ComfortClass 500 angesiedelt, wo der Sockelbetrag für
den S 515 HD bei 295 000 €
liegt, während der S 517 HD
bei 330 000 € startet.
Den Kalkulationen von Setra
entsprechend lässt sich der
Anschaffungspreis für einen
TopClass-Bus nach drei bis
p LED-Lampen und -Lichtvier Jahren amortisieren, wie
bänder prägen Servicesets
Daimler-Vertriebschef Till
und Innenraumgestaltung
Oberwörder in Südfrankreich
berichtete. Bei einer durchaus Sicherheitsglas und ist
schnittlichen Verweildauer
bei der Berechnung der aussolcher Fahrzeuge von sechs
reichenden Steifigkeit des
Fahrzeugs berücksichtigt.
bis sieben Jahren im UnterWährend der provenzanehmensfuhrpark könne
lischen Testrunde im Oktober eine gute Marge pro Einheit
lachte durch
eingefahren
das Glasdach Der Preis für den 515 HDH werden.
die wärmende
Der Serienbeginnt bei 385 000 €
Sonne Südstart für
frankreichs mit Außentempe- die neue TopClass ist im
raturen von rund 23°C. Ange- November, ab April dürften
sichts der angenehmen Tem- die ersten Busse ausgeliefert
peraturen verzichteten wir
werden. Bereits im Vorfeld
auf den Nachweis des neuen der Busworld in Kortrijk
Heizungskonzepts in der
seien zehn Einheiten bestellt
TopClass und vertrauten auf worden, ohne dass die Käuseine Funktion. Weltpremiere fer das Fahrzeug bislang in
Augenschein nehmen konnfeiert nämlich die Weiterentwicklung der Axiallüfterhei- ten, berichtete der deutsche
zung, die den Fußraum aktiv Setra-Vertriebsleiter Heinz
belüftet – damit bekommt
Friedrich.
wohl kein Fahrgast mehr
Das ist auch ein Indiz für den
kalte Füße. Über Luftkanäle
großen Vertrauensvorschuss,
wird die Warmluft aus den
den die Baureihe nach dem
Wärmetauschern an den
spektakulären Vorgänger
Seitenwänden unter jeden
genießt. Mit dem Nachfolger
Doppelsitz geblasen – Unter- will Setra seinen Marktanteil
fälligsten ist das optionale
Panoramadach über die
gesamte Fahrzeuglänge.
Es schlägt zwar mit einem
Zusatzgewicht von rund
150 kg und einem Kostenplus
von rund 10 000 € zu Buche,
vermittelt jedoch ein einzigartiges Raumgefühl – eine
Zusatzinvestition, die sich
lohnt, wie wir finden.
Gegenüber der Baureihe 400
ist das Glasdach verlängert
und – mit einem Zuwachs
von 56 cm – fast doppelt so
breit. Es besteht übrigens
Technik
Fotos: Bünnagel, Daimler AG
Premiere
p Wenn’s eng wird, muss man sich auf die Spiegel und den
bekannt guten Wendekreis der TopClass-Dreiachser verlassen
von fast 50 % im High-endBereich halten oder sogar
ausbauen. Bei einem Absatz
von 300 bis 350 Fahrzeugen
in Europa sollen darunter
künftig bis zu 150 TopClassEinheiten im Jahr sein, hofft
Vertriebschef Oberwörder.
Nach dem „schwierigen Jahr
2012“ habe 2013 bislang
„einen guten Verlauf genommen“, ein Verdienst der
„positiv aufgenommenen
ComfortClass 500“. Mit der
neuen TopClass soll dieser
Aufwärtstrend nun ausgebaut werden.
Claus Bünnagel
BUSMAGAZIN 11/2013
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