Forschung - Deutsche Gehörlosen

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Forschung - Deutsche Gehörlosen
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20. März 2015
| 143. Jahrgang | ISSN 0471-187X | 5,50 €
DEUTSCHE
GEHÖRLOSEN-ZEITUNG
Zeitschrift für die Gebärdensprachgemeinschaft www.gehoerlosenzeitung.de
Thema des Monats
Telesign, VerbaVoice & Co.
Die Dolmetscher aus der Ferne
Politik
Ist der DGB wieder in der
Normalität angekommen?
Forschung
Die Indianer, unsere Verwandten:
Im Gespräch mit Paddy Ladd
Reise
Wo taube Guides in DGS
durch die Stadt führen
Sport
Fünf deutsche Skifahrer am
Start bei den Winter-Deaflympics
Pendler zwischen
London und Berlin
Im Gespräch mit dem tauben Künstler Ace Mahbaz
D E S
M O N A T S
Der abwesende Dolmetscher
Welches Angebot an Fern- und Relaisdolmetschern es bei uns gibt,
wie sie finanziert werden und warum die USA uns voraus sind
Von Wille F. Zante
I
m letzten Heft berichteten wir von
Avataren. In der Zukunft, so die Vision, soll damit möglich sein, wovon
man heutzutage nur träumen kann: Jeder Gehörlose könnte einen Dolmetscher in der Hosentasche dabei haben
oder nach Bedarf auf dem Handy einen
Übersetzer ins Telefongespräch schalten. Zuerst müssen aber noch viele
technische Hürden überwunden werden. Avatare sind also noch Zukunftsmusik. Bis dahin gibt es bereits heute
eine Lösung: Videodolmetschen.
In diesem Artikel leuchten wir die Situation in den USA aus: Wie wird das
Video-Relais-Dolmetschen dort gehandhabt, woher kommen die Gelder, warum ist es für Gehörlose dort
kostenlos? Anschließend beschäftigen
wir uns mit der Situation in Deutschland: Worin unterscheiden sich die
zwei Hauptanbieter, was ist der Kostenpunkt und wer ist der Kostenträger? Zusätzlich berichten wir von den
persönlichen Geschichten zweier gehörloser Menschen. Oliver Markwirth
hatte versucht, mit dem Aufbau einer deutschen Zweigstelle von Viable einen Dienst zu etablieren, der als
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Marktlücke das für den Endnutzer kostenlose verdolmetschte Telefonieren
beinhaltete. Tanja Bierschneider erlebte in den USA grenzenlose Kommunikationsfreiheit am Telefon und hat in
Deutschland mit der VRS-Versorgung
am Arbeitsplatz zu kämpfen.
Welche Dienste gibt es überhaupt?
Erstens gibt es den klassischen Service,
der uns ermöglicht, spontan ein Telefonat zu führen. Daneben einen Dienst,
bei dem man einen Tablet-Computer
mit Webcam zum Beispiel zum Arzttermin mitbringt. Auf diesem wird ein
Dolmetscher hinzugeschaltet, der das
Gespräch übersetzt. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen: Sind beide
Gesprächspartner, Hörender und Gehörloser, in einem Raum anwesend,
dann spricht man vom Video-Ferndolmetschen (VRI, siehe Schaubild auf
Seite 5). Sind die beiden Gesprächspartner aber an unterschiedlichen
Orten, so handelt es sich um einen
Video-Relaisdienst (VRS).
VRS und VRI –
was ist der Unterschied?
Die Unterscheidung ist wichtig: Ein
Video-Relaisdienst ist dafür gedacht,
Gehörlosen das Telefonieren zu er-
möglichen. Oder umgekehrt: Hörenden das Telefonieren mit Gehörlosen.
Auf der anderen Seite sind VideoFerndolmetscher einfach eine Alternative für Präsenzdolmetscher, also in
Fleisch, Blut und Fahrtzeit anwesende
Dolmetscher. Beide Arten des Dolmetschens sind vor allem in den USA
verbreitet, aber in Deutschland nicht
vielen Menschen bekannt. Der Grund
ist einfach. In den USA muss für das Video-Relaisdolmetschen nichts bezahlt
werden, oder besser ausgedrückt: Alle
müssen etwas dafür bezahlen. Dieser
Beitrag ist aber lächerlich gering: 11
US-Cent pro monatliche Telefonrechnung, zumindest in Chicago. Der Beitrag variiert, übersteigt aber laut Tanja
Bierschneider nie die Dollargrenze.
Und er reicht, um VRS für alle kostenlos zu machen.
In den USA: VRS kostenlos
Interessant ist dabei, dass es in den
USA keine Trennung nach beruflicher
und privater Nutzung gibt, wie man
sie in Deutschland kennt. Wer verdolmetscht telefonieren will, kann dies
tun, ohne Nachfrage zum Inhalt des
Telefonats. Es gibt auch keine zusätzlichen Kosten, wenn man den Dienst
nutzen will.
Foto: Tess Relay-Dienste
T H E M A
F O R S C H U N G
„Die Gebärdensprachlinguistik ist der neue Kolonialist“
Ein Gespräch mit dem Deafhood-Autor Paddy Ladd über die Verantwortung
der tauben Akademiker, die Notwendigkeit der Gehörlosenschule und
unsere Ähnlichkeit mit Indianern
Von Benjamin Busch
P
addy Ladd ist einer dieser Menschen, die man bei der Internationalen Konferenz für gehörlose
Akademiker und Wissenschaftler eigentlich nicht erwartet, oder doch: 63
Jahre alt, lässig, graues langes Haar und
Zottelbart, er trägt ein T-Shirt mit einer
Erde aus bunten Händen als Aufdruck
und viele Armbänder. Er ist nicht der
Anzug-Typ wie zum Beispiel Christian
Rathmann oder Joseph Murray. Der
Gehörlosenkultur-Aktivist war in der
Universität Bristol tätig, bis das Centre
for Deaf Studies im Juli 2013 geschlossen wurde. Es war nicht leicht, Dr. Paddy Ladd für ein Interview zu gewinnen.
Er wird umschwärmt, jeder will seine
Meinung zu irgendetwas erfahren, mit
ihm fotografiert werden. Momentan
konzentriert er sich auf sein zweites
großes Buch „Deafhood Pedagogies“
(engl.: Taubseins-Pädagogik). Seit 2005
arbeitet er daran und hofft, dass er in
diesem Jahr endlich damit fertig wird.
DGZ: Wie fandest du die Konferenz?
Dr. Paddy Ladd (PL): Schon gleich am
ersten Tag, als ich zugeschaut habe,
fühlte ich mich richtig gut. Die vielen Jugendlichen – man sieht, sie spüren die
Verantwortung. Sie fühlen sich in diesem Raum wohl. Ihre Gesichter zeigen,
dass sie sich mit dieser Veranstaltung
identifizieren. Ihr Ausdruck ist anders,
als wenn sie in „hörenden“ Fachveranstaltungen sind. Dort stehen sie steif
herum. Hier fragen und diskutieren sie
lebhaft. Ich bin froh. Endlich. Mir fällt
ein Stein vom Herzen. Ich kann nun bald
von der Bühne des Lebens abtreten,
weil ich weiß, dass diese Entwicklung
definitiv weitergehen wird.
DGZ: Du bist also schon ein alter
Hase?
PL: Vermutlich, mag sein. Vor 30 Jahren waren nur wenige taube Akademiker in Universitäten involviert. Kaum
Forschungen. Es waren nur Hörende,
die sich mit der Linguistik der Gebärdensprache beschäftigten. Sie haben
auf uns herabgeschaut. Heute respektieren sie uns, akzeptieren die Linguistik
der Gebärdensprache. Nun sind wir auf
Augenhöhe. Allerdings sind die hörenden Akademiker in den letzten Jahren
immer schneller gewesen. Und fast nur
Linguisten. Eine große Gruppe. Die Linguistik kontrolliert die Deaf Studies. Sie
ist der neue Kolonialist. Viele Tauben
möchten auch „nur“ die Linguistik machen, das ist in Ordnung. Was ist aber
mit Pädagogik, Gehörlosengeschichte,
Anthropologie oder Soziologie? Da gibt
es bisher nicht viel. Mich persönlich interessiert die Kultur am meisten.
DGZ: Warum wäre das wichtig?
PL: Die Linguistik wird heute von der
Kultur getrennt betrachtet. Warum?
Wir sind aber eine Kulturgruppe. Die
Gehörlosen haben ihre eigenen Vorstellungen, ihre eigene Philosophie.
Die Mediziner haben nur das Äußere
betrachtet und waren auf die Hörschädigung fixiert. Und nicht auf unser Inneres. Früher hat man auch die
Gehörlosenkultur erforscht, bis Deafhood Mode wurde. Jetzt forscht man
zwar über Deafhood, vergisst aber die
Kultur schnell.
DGZ: Mit deinem ersten Buch „Understanding Deaf Culture: In Search
of Deafhood“ hattest du auch den
Anstoß dazu gegeben.
PL: Mein Buch konzentriert sich eigentlich auf die Gehörlosenkultur. Viele Leute greifen aber nur die Idee von
Deafhood auf und verbreiten diese
überall auf der Welt. Nur wenige Menschen haben sich auf den Teil über die
Gehörlosenkultur konzentriert und so
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„Dieser Applaus wäre gefährlich“
Ein Gespräch mit dem Gebärdensprachkünstler
Seyed-Ali „Ace“ Mahbaz über seine erste Filmproduktion
als Autor, seine Heimat und London als Karrieresprungbrett
Von Thomas Mitterhuber
S
mall World ist die weltweit erste
Sitcom (vergleichbar mit Friends
oder Eine schrecklich nette Familie)
von und mit Tauben. Ende 2014 wurde eine Episode produziert, im Februar
konnte dieser Pilot (Testfilm) im Internet
fünf Tage lang angeschaut werden.
DGZ: Ace, in Small World bist du als
Schauspieler und Autor beteiligt.
Ace Mahbaz (AM): Genau, ich habe
das Drehbuch zusammen mit dem tauben Schotten Brian Duffy geschrieben.
Es sieht zehn Folgen vor. Den tauben
Filmproduzenten Louis Neethling konnten wir als Regisseur gewinnen, er hat
selbst bereits zwei Serien produziert.
Wir wandten uns an den British Sign
Language Broadcasting Trust (BSLBT;
eine Institution, die Filme in britischer
Gebärdensprache fördert und in Auftrag gibt). Sie waren interessiert, aber
vorsichtig und ließen uns erstmal nur
eine Episode von Small World drehen,
um zu sehen, wie sie ankommt.
DGZ: Und wie geht es nun weiter?
AM: In Kürze soll es beim BSLBT eine
Entscheidung geben, ob und wie viele
Episoden sie finanzieren. Womöglich
nur fünf oder sechs, dann müssten wir
unser Drehbuch daran anpassen. Im April könnten dann die Drehs beginnen.
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DGZ: In Small World spielst du einen mittelmäßig erfolgreichen
Schauspieler. Spielst du dich
selbst?
AM: Ja, das ist Absicht. Brian und ich
wollten etwas von uns mit einfließen
lassen – und viele lustige Geschichten,
die taube Freunde erlebt haben. Außerdem ist Improvisation wichtig bei
Small World, die Schauspieler hatten
viel Freiraum. Wenn einer einen passenden Witz oder eine schlagfertige
Antwort einbaute, wurde dies sogleich
ins Drehbuch aufgenommen.
DGZ: 2014 hast du in London in
einer vielbeachteten Aufführung
mitgespielt: Shakespeares Sommernachtstraum.
AM: Das war eine einmalige Erfahrung. Der Globe, in dem wir auftraten,
ist ein kreisförmiges Freilufttheater
mit drei Etagen, von der aus früher
die Reichen den Theaterstücken zuschauten. Unten gab es für die armen
Gäste nur Stehplätze. Der Globe ist
ein Nachbau des zerstörten Originals,
in dem Shakespeare einst auftrat.
Und wir durften darin eines seiner
Stücke spielen! Shakespeare-Texte
sind in altem Englisch verfasst und
voller Metapher. Die Übersetzung in
BSL war eine Herausforderung. Manches mussten wir frei interpretieren,
anders hätte es nicht funktioniert.
Foto: Steve Stymest Photography
LE UTE
DGZ: Was ist dein jüngstes Projekt?
AM: Mit Brian Duffy habe ich an einem Auftritt in Visual Vernacular (VV),
unserer Spezialität, gearbeitet. Anlass
war ein sogenannter Showcase in London, organisiert von Deafinitely Theatre. Dort saßen Künstler, Regisseure
und Förderer im Publikum, denen hörbehinderte Schauspieler ihr Können
präsentierten – und auf Aufträge oder
Gelder hoffen. Weil das Publikum
überwiegend hörend war, war es knifflig, VV so reduziert rüberzubringen,
dass sie es verstehen und trotzdem die
Einzigartigkeit dieser Darstellungsform
begreifen konnten. Wir haben viel mit
Pantomime gearbeitet.
DGZ: Bietet London mehr Möglichkeiten für taube Künstler?
AM: Ja, auf jeden Fall. In London bin
ich hauptsächlich wegen meiner Karriere, hier habe ich mehr Chancen. Gebärdensprachliche Kunst wird besser
gefördert, es reiht sich Produktion an
Produktion.
DGZ: Du bist im Iran geboren, zogst
mit zehn Jahren nach Köln, lebtest
zeitweile in Italien und Frankreich
und pendelst heute zwischen Berlin und London. Wo ist deine Heimat?
AM: Eine gute Frage! Hmm… also
wenn ich in Teheran bin, sehen mich die
Iraner nicht als einen von ihnen an, weil
ich lange in Deutschland gelebt habe.
Und bei den Deutschen ist das genauso, ich bin ihnen nicht deutsch genug.
Aber hier in Berlin fühle ich mich wie
zu Hause. Eines kann ich auf jeden Fall
sagen: Meine Heimat ist die Gehörlosenwelt, dort ist mein Platz. Zum Glück
gibt es die überall auf der Erde.
DGZ: London also für die Arbeit,
Berlin für die Freizeit?
AM: Genau! *lacht*
DGZ: Was schätzt du an Deutschland?
AM: Diesem Land habe ich viel zu
verdanken. Hier bin ich groß geworden, hier hat meine Karriere begonnen. Und bei den Deutschen habe
ich gelernt, direkt und ehrlich zu sein.
Die Engländer sind da schon anders.
Und meine Überpünktlichkeit habe ich
wohl auch von hier.
R E I S E
Stadt, Hand, Kuss
Eine Stadt in Gebärdensprache kennenlernen: Taube und ausgebildete Stadtführer
laden zu spannenden Erkundungstouren in mittlerweile rund 20 deutschen Städten ein
Von Thomas Mitterhuber
D
er Erfurter Dom, die berühmte
Krämerbrücke, der mittelalterliche Stadtkern: Bastian Uhlich
kennt sie alle. Seit drei Jahren zeigt
der 31-Jährige tauben Touristengruppen die Stadt, in der Martin Luther
einst lebte und die wegen ihrer zahlreichen Brücken und Wasserläufe auch
„Kleinvenedig“ genannt wird. Jahreszahlen, Gebäudenamen, geschichtliche Zusammenhänge – er erklärt alles
in Gebärdensprache. Anstoß waren
die Kulturtage der Gehörlosen
2012 in Erfurt, im Vorfeld hatten sich neben Uhlich sechs weitere Gehörlose zu Stadtführern
ausbilden lassen.
Überhaupt sorgten die Kulturtage oft für einen deutlichen Zuwachs an tauben Stadtführern:
Im Jahr 2000, ein Jahr vor den
Kulturtagen in München, schlossen zehn gehörlose Münchner
die Ausbildung ab, in Köln waren
es 2008 sogar zwölf Personen.
Aber nicht nur in den Kulturtage-Städten. In den letzten Jahren sind gleich mehrere Städte
hinzugekommen, die gehörlose,
ausgebildete Stadtführer haben
– unter anderem Regensburg,
Schwäbisch-Gmünd und demnächst Bingen.
Beim Bundesverband der Gästeführer
in Deutschland e. V. sind über 6.000
Mitglieder registriert, aber die tatsächliche Zahl an aktiven Stadtführern ist
viel höher. Denn der Beruf ist hierzulande nicht geschützt. Das heißt, jeder
kann ohne Ausbildung eine Gruppe
von Reisenden durch die Stadt führen. In einer Ausbildung, die meistens
von den städtischen Touristikbüros
angeboten wird, lernt man aber mehr
über die Stadt, ihre Gebäude und ihre
Geschichte – und wie eine sinnvolle
Route aussehen kann. Alle gehörlosen
Petra Kreinz zeigt Rothenburg ob der Tauber in DGS
Der Düsseldorfer Thomas Smeets wurde selbst ein tauber Guide
Auffällig ist dabei das Nord-SüdGefälle: Während viele Städte im Süden
Deutschlands taube Stadtführer vorweisen können, sieht es im Norden eher
dürftig aus. In Hamburg gibt es zwei
ausgebildete Guides (engl.: Führer), die
Hauptstadt Berlin hat sogar nur einen.
Bremen? Kiel? Hannover? Fehlanzeige.
„Dabei kann man in Deutschland prima und abwechslungsreich urlauben“,
sagt der Düsseldorfer Thomas Smeets
über die deutschen Städte. Wer sie
trotzdem in DGS kennenlernen möchte, kann einen hörenden Stadtführer
in Kombination mit einem Gebärdensprachdolmetscher buchen.
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DGZ 3 / 2015
Stadtführer in unserer Tabelle rechts
sind ausgebildet, bis auf einige Ausnahmen. Zum Beispiel Roland Bühringer oder Katja Krüger.
Bühringer interessiert sich für Geschichte, Kultur und Architektur. Seine Stadt
Würzburg kennt er deshalb wie seine
Westentasche, vor etwa 15 Jahren bewarb er sich als Gästeführer. „Ich wurde
aber wegen meines Alters abgelehnt,
bei der Aufnahme darf man höchstens
45 Jahre alt sein“, seitdem bietet der
Unterfranke Stadtführungen auf eigene Faust an. Seine ehemalige Stadtge-
nossin Katja Krüger wuchs in Würzburg
auf, lebt heute aber in Bingen.
Die Gebärdensprachdozentin begeistert sich seit ihrer Kindheit für das
Mittelalter und hat sich ein enormes
Wissen angeeignet, auch über die historische Stadt Bingen am Rhein. Wegen
regelmäßiger Anfragen von Gehörlosen suchte die Stadt nach einem tauben
Stadtführer. Krüger hatte vorher schon
häufig private Führungen gemacht und
konnte mit ihrem Wissen überzeugen.
Im kommenden Frühjahr wird sie ihre
erste offizielle Reisegruppe durch
die historische Stadt mit dem denkmalgeschützten Mäuseturm führen. „Die Gehörlosen bevorzugen
einen gehörlosen Führer statt eines hörenden Guides plus Dolmetscher“, meint die 40-Jährige.
Der vielgereiste Thomas Smeets rät
ebenfalls zu gehörlosen Guides. Der
55-Jährige urlaubt für sein Leben
gern und hat bereits unzählige Stadtführungen mitgemacht – sowohl
mit tauben als auch mit hörenden
Guides plus Dolmetschern. „Hörende haben meist ein strammes Zeitbudget, es wird mit Sicherheit nicht
alles gezeigt“, sagt Smeets. Deshalb
entschied sich der Düsseldorfer auch
zu einer Ausbildung zum Stadtführer und hat im letzten Jahr bereits
mehrere Führungen gemacht.
Die meist berufsbegleitende Ausbildung dauert zwischen einigen Monaten
und einem Jahr. Bei Angela Benschuh
waren es zwei Jahre. Die „waschechte Nürnbergerin“ schloss die Prüfung
2006 erfolgreich ab und bietet seitdem
verschiedene Führungen durch ihre
Stadt an, je nach Interesse. Für Benschuh ist es eine Verbindung von Leidenschaft und Nebentätigkeit.
Während es viele hörende Guides gibt,
die ihr Hobby zum Hauptberuf machten
und davon leben können, sieht es bei
den tauben Kollegen anders aus. Die
meisten von ihnen haben im Schnitt