Jason und PhoenixBird. Alles andere als typisch Buchanan, Kathy

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Jason und PhoenixBird. Alles andere als typisch Buchanan, Kathy
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Kinderbuch
Jugendbuch
Baskin, Nora Raleigh: Jason und
PhoenixBird: alles andere als typisch.
A. d. Amerikan. v. Uwe-Michael Gutzsch­
hahn. Hildesheim : Gerstenberg, 2010.
188 Seiten. € 13.90 [ab 12]
Jason, dreizehn Jahre alt, ist der Außenseiter
der Klasse. Er reagiert nicht wie die anderen
und er sieht auch nicht so aus wie die anderen. Er kann seinem Gegenüber beim Sprechen nicht in die Augen sehen, seine Hände
und Arme flattern mitunter unkontrollierbar
und der Gürtel seiner Hose ist immer fest­
gezurrt. Das alles hat eine Ursache: Jason
ist Autist. Durch Hollywood wissen wir, was
für Autisten typisch ist: sie sind ein wenig
seltsam, mögen keine Veränderungen, aber
verfügen über besondere Fähigkeiten.
Norah Raleigh Baskin geht in ihrem ersten Buch, das in deutscher Übersetzung
erschienen ist, jedoch mehrere Schritte
weiter. Sie hat sich eingehend mit dem Phänomen Autismus auseinandergesetzt und
so ein in sich geschlossenes stimmiges Bild
eines jugendlichen Außenseiters gezeichnet, konsequent aus dessen Sicht erzählt.
Was Jason nicht gut kann, ist sich mit
unvorherseh­
baren Situationen abfinden.
Seine damit zusammenhängenden Wutausbrüche zu kontrollieren hat er einigermaßen
gelernt, aber es funktioniert deshalb noch
lange nicht.
Jason ist intelligent, reflektiert über sich
und es gibt auch etwas, das er so richtig gut
kann: Schreiben. So hat er über eine Storyboard-Website ein Mädchen kennengelernt,
die seine Geschichten interessant findet
und ihm das auch mitteilt. Ihr Nickname ist
PhoenixBird. Ein reger Email-Verkehr nimmt
seinen Lauf und alles wäre unspektakulär
geblieben, wären Jansons wohlmeinende
Eltern nicht der Idee verfallen, ihm eine
Reise nach Dallas zum Treffen der Story-
board-Schreiber zu spendieren. PhoenixBird
wird auch dort sein. So gerät er in einen
schweren Konflikt, denn er kann sich vorstellen wie PhoenixBird reagiert, wenn sie
ihn persönlich kennenlernt. Jason wächst
über sich selbst hinaus, fährt trotzdem hin,
besucht die Workshops, lernt einiges über
den Prozess des Schreibens und schließlich
trifft er Rebecca, das Mädchen PhoenixBird,
wirklich. Es gibt kein Happy-End, aber die
Autorin gibt den LeserInnen die Gewissheit
mit, dass Jason auf einem guten, wenn auch
nicht leichten Weg in die Zukunft unterwegs ist.
Nora Raleigh Baskins Buch ist anspruchsvoll konstruiert. Verschiedene verschränkte
Erzählebenen in denen eine Geschichte in
der Geschichte erzählt wird, verlangen aufmerksame und geübte LeserInnen. Die werden durch die eindrucksvolle Darstellung
der Innensicht eines Menschen belohnt, der
die Dinge immer mehr oder weniger anders
sieht, als man es gewohnt ist.
Viktoria Zwicker
Daneshvari, Gitti: Das Geheimnis
von Summerstone (Die furchtlosen Vier).
A. d. Amerikan. v. Christa Broermann.
München: cbj-Verlag, 2010. 301 Seiten.
€ 14,95 [ab 12]
Seltsame Internate, die aus der Welt gefallen
scheinen und nur für Eingeweihte zugänglich sind, kennt man aus der Kinderliteratur
nicht erst seit Hogwarts. Gitty Daneshvari
hat sich dazu hier auch etwas Besonderes
einfallen lassen.
Nahe dem Städtchen Farmington/Massachusets, verborgen in einem Wald in
dem (menschen)fleischfressende Pflanzen gedeihen, befindet sich auf einem 70
Meter hohen Felsplateau das Phobinasium.
Dort sollen Maddie aus London, die nur
mit Imker­montur bekleidet und Insektenspray in der Hand das Haus verlassen kann,
Lulu aus Rhode Island, der es unmöglich ist
mit dem Lift zu fahren oder andere abgeschlossene Räume zu betreten, Theo aus
New York, der ständig von Ängsten um sich
selbst und seine Familie geplagt wird und
Garrisson aus Florida, der Panik vor Wasser
hat, von ihren Ängsten geheilt werden.
Als sie dort eintreffen stellt sich heraus,
dass sie die einzigen Zöglinge dieses merkwürdigen Internats sind. Noch merkwürdiger ist die Leiterin des Institutes, samt
ihrem Hausdiener Schmidty, der Essen mit
schrecklichem Käsearoma zubereitet. Es
wundert nicht, dass die Kinder schon bald
nur mehr Fluchtgedanken haben. Ehe sie
sich versehen, werden sie in eine turbulente
Handlung hineingezogen. Am Ende haben
sie ihre Ängste mehr oder minder besiegt.
Das Geheimnis von Summerstone
beginnt fulminant. Detailreich und ausgesprochen witzig werden die vier Charaktere
entwickelt, denen man gern folgt. Danach
wirkt die Handlung ein wenig überladen,
zu viele skurrile Details, Neben­handlungen
und Bilder folgen aufeinander. Das über­
raschende Ende macht dieses Manko
jedoch wieder wett. Zusammenhalt, ein
gemeinsames Ziel und auch Verständnis
für die Schwächen der anderen helfen die
eigenen Ängste zu kontrollieren – so lautet die Botschaft des Buches. Dieses ist in
28 Kapitel unterteilt, wobei ein jedes nach
einer anderen Angst benannt ist, von der
Plasmo­phobie, der Angst vor Gespenstern,
bis schlussendlich zur Phobophobie, der
Angst vor der Angst.
Viktoria Zwicker
Buchanan, Kathy: Verflixt und ausgetauscht! - Im Leben meiner besten Feindin.
A. d. Engl. v. Cornelia Stoll. Münster: Coppenrath, 2010. 240 Seiten. € 13,40 [ab 12]
Annie und Charlie waren die besten Freundinnen, doch es hat sich vieles verändert. Annie legt sehr viel
Wert auf ihr Äußeres und bezirzt gerne Jungs, während Charlie lieber auf „Öko“ macht, in Schlabber­
klamotten herumläuft und Greenpeace beitreten will. In der Sandy-Bay-Highschool im sonnigen Australien verhalten sich die Schülerinnen und Schüler zwar grundsätzlich tolerant, aber „Glamourgirl“ und
„Umweltaktivistin“, das ist schwer zu vereinen. Die beiden 14-jährigen Teenager sind aus diesem Grund
eher „beste Feindinnen“ als „beste Freundinnen“. Ein Schüleraustauschprojekt bringt alles ge­hörig durcheinander. Annie meldet sich sofort an, als sie von einer Gastfamilie in New York liest. Drei ganze Monate
Dauershoppen in der angesagtesten Metropole der Welt! Charlie hat ebenfalls Glück und wird ausgewählt,
auf einer Farm in Ohio zu wohnen. Viele Tiere, Landluft, Gemüse aus dem eigenen Anbau. Am Abreisetag
erleben Annie und Charlie auf dem Flughafen jedoch eine Überraschung. Die Eltern der beiden Mädchen
haben beschlossen, dass Charlie und Annie ihre Rollen tauschen sollten und die Gastfamilien um Mithilfe
gebeten. Was für ein Schock! Die beiden „Feindinnen“ müssen eine lange Strecke des Weges im selben
Flugzeug sitzen und sind gezwungen, ihre Träume und Pläne für die folgenden drei Monate aufzugeben. Wie konnten ihre Eltern
sich nur so gegen sie verschwören!? Zum Glück ist noch ein Funken ihrer ursprünglichen Freundschaft da und Annie und Charlie
schließen im Flugzeug einen Pakt.
Die Geschichte von Annie und Charlie ist sehr amüsant, kurzweilig und filmverdächtig! In kurzen Kapiteln lässt die Autorin ab­
wechselnd eines der beiden Mädchen erzählen. Besonders zu erwähnen ist auch der E-Mailverkehr, den die beiden Teenager an
ih­ren Schüleraustauschorten miteinander aufrecht erhalten. Die Mails sind tatsächlich in Form von E-Mails abgedruckt, wodurch
der an sich schon angenehm zu lesende Text zusätzlich aufgelockert wird. Das Buch ist auch für „Lesemuffel“ geeignet und für
Mädchen ab zwölf Jahren sehr zu empfehlen.
Sonja Lötsch

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