Bearbeitungstiefe Name Pfau Namensvariante/n Pfauw
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Bearbeitungstiefe Name Pfau Namensvariante/n Pfauw Lebensdaten [Mitte 16.-Mitte 19. Jahrhundert] Bürgerort Winterthur Staatszugehörigkeit CH Vitazeile Hafner- und Ofenmalerfamilie in Winterthur, Mitte 16. bis Mitte 19. Jahrhundert. Keramiköfen mit grünglasierten Relief- und Fayencekacheln, Fayenceteller und weitere Geschirrteile Tätigkeitsbereiche Keramik, Fayence, Malerei Lexikonartikel Jos Pfau (1526 in Winterthur nachgewiesen, † 1562 Winterthur) ist der erste in Winterthur archivalisch belegte Vertreter dieser berühmten Hafnerfamilie, auch wenn er nicht als ausübender Hafner nachgewiesen werden kann. Er war wohl kurz nach 1500 vermutlich aus Öhningen am Untersee (D) zugezogen und erscheint in den Winterthurer Steuerbüchern zwischen 1526 und 1531 sowie 1540–41. Der erste in Winterthur nachweislich als Hafner und Maler tätige Pfau war Ludwig I. Als Hafner wird er in den Steuerbüchern von Winterthur erstmals 1568 erwähnt, und zwar für das «bestrichen» (Ausstreichen) der drei Öfen im Rathaus. Er kommt denn auch als Hafner des frühest erhaltenen Winterthurer Ofens, datiert auf das Jahr 1574, in Frage, der für Schloss Mörsburg (ZH) hergestellt wurde und sich heute wieder dort befindet. Dabei handelt es sich um einen Ofen mit grünglasierten Rapportkacheln in Flachrelief und ebensolchen reliefierten Fries- und Kranzkacheln, wobei die Rundleisten aus Fayence und blau bebändert sind. Ludwig I. war 1567 Grossrat, 1569 Feuerschauer und 1596 Spendmeister. Anlässlich seines Todes wurde im Kirchenbuch vermerkt: «ein vast künstlicher Meister vff sinem Haffnergwerk». Ein weiterer Ofen mit bemalten Fayencekacheln von Ludwig I. stand auf der Burg Breitenlandenberg in Turbenthal (ZH). Einzelne noch erhaltene Kacheln befinden sich im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich und im Gewerbemuseum Winterthur. Ebenfalls von Ludwig I. stammt ein Seite 1/6, http://www.sikart.ch Scherztrinkgefäss in Form eines Buches, datiert 1584, das auf der Vorderseite beschriftet ist: «getruckt zu Winterthur bim Ludwig Pfauen am marckt zum krug [...].» Im Juni 1996 kam bei archäologischen Grabungen an der Marktgasse 60 (Haus Zum Kreuzbrunnen, früher Haus Zum goldenen Krug) die Werkstätte der Familie Pfau mit Überresten von Brennöfen zum Vorschein, womit zum ersten Mal die Produktionsstätte der berühmtesten der Winterthurer Hafnerfamilien lokalisiert werden konnte, an der von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 1719 ununterbrochen Öfen und Geschirr aus grünglasierter Keramik und Fayence hergestellt wurden. Als Besitzer der Liegenschaft können anhand des historischen Grundbuches der Stadt Winterthur Jos, Ludwig I., Johann Jodokus, David I. und David II. nachgewiesen werden. Zwischen dem Vorderhaus, das gegen die Marktgasse hin gelegen war, und dem an die Stadtmauer angelehnten Hinterhaus befand sich ein Innenhof mit dem Brennofen. Ein erster Ofen, mit einer Brennfläche von mindestens zwei Quadratmetern Grundfläche, muss 1652 beträchtlich erweitert worden sein, wie eine unglasierte Kachel mit flüchtiger Inschrift, die an dieser Stelle gefunden wurde, belegt: «der Offen war gemacht vürwar alls man zehlt 1652 jahr.» Ausserdem findet sich auf der Kachel das Monogramm MDP (für Meister David I. Pfau) sowie der Name von dessen Sohn Abraham. Zwei weitere Mitglieder der Familie Pfau der zweiten Generation betrieben ebenfalls das Hafnerhandwerk: Jakob I., der wohl 1538 von Winterthur nach Brugg kam, und sein Bruder Ludwig I. Obwohl Jakob I. archivalisch als Hafner in Brugg nachgewiesen ist, können ihm bis heute weder Öfen noch einzelne Ofenkacheln zugewiesen werden. Von seinem Sohn Jakob II. sind aus den Archivalien zahlreiche Öfen nachgewiesen, die er für den Hofmeister zu Königsfelden oder aber den Landvogt von Schenkenberg herstellte und aufsetzte. Der älteste Sohn von Ludwig I., Hans Heinrich I. wird im Totenregister «Schärer» genannt, während die weiteren Söhne Anton, Onophrion, der bereits erwähnte Johann Jodokus, Ludwig II. und Hans Jakob als Hafner tätig waren. Sie trugen dazu bei, dass Winterthur im 17. Jahrhundert neben Nürnberg zum wichtigsten Zentrum der Ofenhafnerei in Europa wurde. Von Onophrion, Johann Jodokus und Hans Jakob sind keine Werke überliefert, während von Anton, der 1613 Mitglied des grossen Rates war, eine signierte, datierte und mit seiner Ganzfigur bemalte Seite 2/6, http://www.sikart.ch Kranzkachel aus dem Jahr 1595 erhalten geblieben ist (Zürich, Schweizerisches Landesmuseum). Ludwig II., der als Kachelmaler zeitweise Hans Jegli II. beschäftigte, ist denn auch Hafner und Maler des wohl prächtigsten Winterthurer Fayence-Ofens, des sogenannten Seidenhof-Ofens von 1620, welcher sich heute im Seidenhofzimmer des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich befindet. 1614 war er Mitglied des Grossen Rates, 1626 Rechenherr und Mitglied des Kleinen Rates. In der vierten Generation war Hans Heinrich II., Sohn von Ludwig II., ab 1647 wohnhaft im Haus Zur weissen Tanne, wohl vor allem als Hafner tätig. Von ihm sind grünglasierte Relieföfen erhalten geblieben, aber auch der prächtige Fayenceofen im Rathaus von Chur, 1632 datiert und eigenhändig signiert. Der Maler des Churer Ofens war David I. Pfau. Hans Heinrich II. bekleidete zahlreiche Ämter, war 1635 Mitglied des Grossen Rates, 1643 Gantmeister, 1654 Rechenherr, 1656 Mitglied des Kleinen Rats und Obmann des Handwerks, 1668 Seckelmeister sowie Statthalter und Pfleger des St. Georgenspitals, 1671 Gerichtsherr zu Mörsburg und 1672 Schultheiss, während sein Bruder David I. ab 1659 als Mitglied des grossen Rates und 1669 als Spendmeister wirkte. In der fünften Generation waren Ludwig III. und Hans Heinrich III., beides Söhne von Hans Heinrich II., sowie Abraham und der oben genannte David II., beides Söhne von David I. Pfau, als Ofenhafner und Ofenmaler tätig. Zwei Öfen von Ludwig III., der vor allem als Hafner arbeitete, stehen im Marschallhaus in Maienfeld. Sie bestehen aus reliefierten, grünglasierten Füllkacheln sowie Lisenen und Gesimsen aus Fayence, die von seinem Bruder Hans Heinrich III. bemalt sind. Ludwig III. wurde 1656 Meister und 1670 Obmann des Handwerks. Ab 1665 war er Mitglied des Grossen Rates, 1670 Spendmeister, 1677 Strassenschauer, 1678 Eherichter und Hausmeister. Hans Heinrich III. war wohl der geschickteste Maler der Hafnerfamilie Pfau, wobei dieses Können anhand zahlreicher Öfen belegt ist, insbesondere auch durch die drei vom Winterthurer Rat im Jahr 1698 der Stadt Zürich geschenkten Öfen für das neue Rathaus, als deren Hafner David II. genannt wird. Hans Heinrich III. wurde 1666 Meister, trat aber 1684 in die Gesellschaft der Maler über und war auch Lehrmeister von David Sulzer I., mit dessen Malerei die Winterthurer Ofenhafnerei einen letzten Höhepunkt erreichte. Hans Heinrich III. bekleidete zahlreiche politische Ämter und war in den Jahren 1681 und 1701 Stadtrichter, 1696 Gantmeister, 1700 Schirmvogt, 1701 Kirchenpfleger und ab 1702 Mitglied des Kleinen Rates. Von Seite 3/6, http://www.sikart.ch Abraham, dem Sohn Davids I., befinden sich mehrere signierte Kacheln im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich, aber auch ganze von ihm gefertigte Öfen sind erhalten geblieben, so ein Ofen auf Schloss Altenklingen (TG) mit grünglasierten, reliefierten Füllkacheln und Füssen, Gesimsen, Lisenen und Kranzkacheln in Fayence, wobei auf den Lisenen des Feuerkastens die Allegorien der Sinne zur Darstellung kommen. Ein weiterer von ihm 1681 hergestellter und von Hans Heinrich III. bemalter Ofen steht im Rathaus von Unterstammheim. Die Hafner der sechsten Generation der Familie Pfau sind David III. und Hans Heinrich IV., Sohn des Kürschners Hans Rudolf, ist vor allem als Hafner bekannt. 1688 begann er seine Lehre bei Abraham, 1691 wurde er Geselle, 1702 zum Meister ernannt, 1713 Seckelmeister und 1722 Obmann des Handwerks. David III., Sohn von David II., war ebenso als Maler wie als Hafner tätig. Er begann seine Lehre 1719, wurde 1722 Geselle und 1730 Meister. 1755 war er Schreiber, 1759 Seckelmeister und 1760 Obmann des Handwerks. Kein Ofen kann ihm mit Sicherheit zugeschrieben werden. Auch David IV. und Jakob, beides Söhne von David III., werden als Hafner bezeichnet, ohne dass von ihnen Werke bekannt sind. Die zwei letzten als Hafner in Winterthur tätigen Pfau waren Daniel, Sohn von David IV., sowie David V., Sohn von Daniel. Werke: Chur, Rathaus; Mörsburg, Schloss; Unterstammheim, Rathaus; Gewerbemuseum Winterthur; Winterthur, Museum Lindengut; Wülflingen, Schloss; Zürich, Schweizerisches Landesmuseum. Barbara E. Messerli, 1998, aktualisiert 2016 Literaturauswahl Seite 4/6, http://www.sikart.ch - «Prachtvolle Kachelöfen aus der Winterthurer Werkstatt Pfau». In: Einst und Jetzt, 1, 2009 (Zeitschrift für Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Zürich), S. 30-33 - Margrit Früh: «Der Winterthurer Ofen von 1697 im Rathaus Zürich, Teil einer Ofentrilogie von David und Hans Heinrich Pfau». In: Kunst + Architektur in der Schweiz, 46, 1995, S. 310-313 - Barbara E. Messerli Bolliger: Keramik in der Schweiz: Von den Anfängen bis heute. Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung, 1993 - Rudolf Schnyder: Winterthurer Keramik. Zürich, 1990 - Margrith Früh: «Winterthurer Kachelöfen für Rathäuser». In: KeramikFreunde der Schweiz. Mitteilungsblatt, 1981, 95. Dissertation Universität Zürich, 1977 - Magrit Früh: «Material und Farbe. Eine Wappenmalerei von Hans Heinrich Pfau in Öl auf Holz und ihre Wiederholung in Fayence». In: Von Farbe und Farben, 4.1980 (Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich), S. 61-64 - Ueli Bellwald: Winterthurer Kachelöfen. Bern: Stämpfli, 1980 - Robert L. Wyss: «Der Winterthurer Hafner Ludwig Pfau II. (1573-1630). Sein Leben und seine Werke». In: Keramos, 10. [Köln]: [Schweiz. Landesmuseum], 1960, S. 183-192 - Karl Frei: «Ein Scherztrinkgefäss des Winterthurer Hafners Ludwig I. Pfau und andere Arbeiten seiner Werkstatt». In: Jahresbericht Schweizerisches Landesmuseum, 60.1951. Zürich, 1951, S. 65-73 Nachschlagewerke - Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Hrsg.: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne; Leitung: Karl Jost. Zürich: Neue Zürcher Zeitung, 1998, 2 Bde. - Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker, 37 Bde., Leipzig: E. A. Seemann, 1907-1950. Verweise Pfau, Jakob (I.) ([um 1538 Winterthur], † 1580 Brugg) Pfau, Hans Heinrich (I.) (* 28.12.1559 Winterthur, † 3.1.1636 Winterthur) Pfau, Anton (* 17.1.1563 Winterthur, † 13.2.1613 Winterthur) Pfau, Onophrion (* 20.10.1564 Winterthur, † 21.1.1588 Winterthur) Pfau, Ludwig (I.) ([1568 Winterthur], 7.8.1597 Winterthur) Pfau, Johann Jodokus (* 27.11.1570 Winterthur, † um 1599 Winterthur) Pfau, Ludwig (II.) (* 4.2.1573 Winterthur, † 2.5.1630 Winterthur) Pfau, Hans Jakob (* 4.9.1579 Winterthur, † 26.9.1611 Winterthur) Pfau, Hans Heinrich (II.) (* 29.4.1598 Winterthur, † 4.11.1673 Winterthur) Pfau, David (I.) (* 21.3.1607 Winterthur, † 23.1.1670 Winterthur) Pfau, Ludwig (III.) (* 29.4.1628 Winterthur, † 13.9.1683 Winterthur) Pfau, Abraham (* 10.3.1637 Winterthur, † 2.10.1691 Winterthur) Pfau, Hans Heinrich (III.) (* 27.3.1642 Winterthur, † 1.5.1719 Winterthur) Seite 5/6, http://www.sikart.ch Pfau, David (II.) (* 1.9.1644 Winterthur, † 18.8.1702 Winterthur) Pfau, Hans Heinrich (IV.) (* 22.4.1672 Winterthur, † 15.9.1714 Winterthur) Pfau, David (III.) (* 1.7.1681 Winterthur, † 26.8.1764 Winterthur) Pfau, David (IV.) (* 4.7.1703 Winterthur, † 20.12.1767 Winterthur) Pfau, Jakob (III.) (* 22.8.1723 Winterthur, † 6.1.1781 Winterthur) Pfau, Daniel (* 25.1.1742 Winterthur, † 23.6.1808 Winterthur) Pfau, David (V.) (* 5.10.1775 Winterthur, † 17.5.1849 Winterthur) Pfau, Jakob (II.) († nach 1613 Brugg) Direktlink http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4023172&lng=de Letzte Änderung 02.05.2016 Disclaimer Alle von SIKART angebotenen Inhalte stehen für den persönlichen Eigengebrauch und die wissenschaftliche Verwendung zur Verfügung. Copyright Das Copyright für den redaktionellen Teil, die Daten und die Datenbank von SIKART liegt allein beim Herausgeber (SIK-ISEA). Eine Vervielfältigung oder Verwendung von Dateien oder deren Bestandteilen in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen ist ohne ausdrückliche Zustimmung von SIK-ISEA nicht gestattet. Empfohlene Zitierweise AutorIn: Titel [Datum der Publikation], Quellenangabe, <URL>, Datum des Zugriffs. Beispiel: Oskar Bätschmann: Hodler, Ferdinand [2008, 2011], in: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4000055, Zugriff vom 13.9.2012. Seite 6/6, http://www.sikart.ch