Auf die Stille hören Sonntag, 28. Februar, 10.00 Uhr Im zweiten
Transcription
Auf die Stille hören Sonntag, 28. Februar, 10.00 Uhr Im zweiten
Auf die Stille hören Sonntag, 28. Februar, 10.00 Uhr Im zweiten Gottesdienst der Predigt-Reihe „Glaubens-Lieder?“ nimmt Pfarrer Hansruedi Felix das Lied „The Sound of Silence“ von Simon and Garfunkel zum Anlass einiger Gedanken und einer Verknüpfung mit Texten der Bibel und Liedern aus dem Gesangbuch. Rudolf Lutz, Orgel. Kinderhüte. LESUNG Psl Cohen (LIT) Ein Psalm des Juden Leonard Cohen: Ich durfte singen, Du hast mich erhöht, du liessest meine Seele reisen auf einem Strahl deiner Gloriole. Du hast deine Ferne zusammengefaltet wie ein seidenes Tuch in der Nussschale meines Herzens. Du brachtest die Tränen in meine Augen zurück. Du verbargst mich im Felsendom deines Wortes. Du gabst meinem Fleisch Zungen, die eigenen Wunden zu lecken. DU hast meinen Kopf der Fürsorge meines Lehrers anvertraut und meinen Arm mit der Kraft meines Grossvaters geschient. O sprechender Geliebter, o flüsternder Tröster in den Schrecknissen, im Rauch wortlos erklärter Greuel, vernichte die Selbst-Verschwörung, die mich hindert, das Wagnis der Freude herauszufordern. LESUNG Horeb: 1. Kg. 19 mit Orgel Lesung aus 1. Könige 19 LIT: Und als Elija das sah, machte er sich auf und lief um sein Leben. Und er kam nach Beer-Scheba, das zu Juda gehört, und dort liess er seinen Burschen zurück, 4 er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagesreise weit. Und als er dort war, setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod, und er sprach: Es ist genug, HERR, nimm nun mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Vorfahren. 5 Dann legte er sich hin, und unter einem Ginsterstrauch schlief er ein. Aber plötzlich berührte ihn ein Bote und sprach zu ihm: Steh auf, iss! 6 Und als er hinsah, sieh, da waren an seinem Kopfende ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und er ass und trank und legte sich wieder schlafen. 7 Der Bote des HERRN aber kam zum zweiten Mal und berührte ihn und sprach: Steh auf, iss, denn der Weg, der vor dir liegt, ist weit. 8 Da stand er auf und ass und trank, und durch diese Speise wieder zu Kräften gekommen, ging er vierzig Tage und vierzig Nächte lang bis zum Gottesberg Choreb. 9 Und dort kam er zu einer Höhle, und er übernachtete dort. Und sieh, da erging an ihn das Wort des HERRN, und er sprach zu ihm: Was tust du hier, Elija? 10 Und er sprach: Ich habe wahrlich geeifert für den HERRN, den Gott der Heerscharen! Denn die Israeliten haben deinen Bund verlassen, deine Altäre haben sie niedergerissen und deine Propheten haben sie mit dem Schwert umgebracht. Und ich allein bin übrig geblieben, sie aber haben danach getrachtet, mir das Leben zu nehmen. 11 Da sprach er: Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Und sieh - da ging der HERR vorüber. Und vor dem HERRN her kam ein grosser und gewaltiger Sturmwind, der Berge zerriss und Felsen zerbrach, in dem Sturmwind aber war der HERR nicht. Und nach dem Sturmwind kam ein Erdbeben, in dem Erdbeben aber war der HERR nicht. 12 Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer,in dem Feuer aber war der HERR nicht. Nach dem Feuer aber kam das Flüstern eines sanften Windhauchs. 13 Als Elija das hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel. Dann ging er hinaus und trat an den Eingang der Höhle. Und Gott sprach zu ihm! The Sound of Silence (Simon and Garfunkel) Hello darkness, my old friend, Ive come to talk with you again, Because a vision softly creeping, Left its seeds while I was sleeping, And the vision that was planted in my brain Still remains Within the sound of silence. In restless dreams I walked alone Narrow streets of cobblestone, neath the halo of a street lamp, I turned my collar to the cold and damp When my eyes were stabbed by the flash of A neon light That split the night And touched the sound of silence. And in the naked light I saw Ten thousand people, maybe more. People talking without speaking, People hearing without listening, People writing songs that voices never share And no one deared 2 Disturb the sound of silence. Fools said I, you do not know Silence like a cancer grows. Hear my words that I might teach you, Take my arms that I might reach you. But my words like silent raindrops fell, And echoed In the wells of silence And the people bowed and prayed To the neon God they made. And the sign flashed out its warning, In the words that it was forming. And the signs said, the words of the prophets Are written on the subway walls And tenement halls. And whisperd in the sounds of silence. Hallo Dunkelheit mein alter Freund Ich bin gekommen um wieder mit dir zu sprechen Weil eine Vision sanft schleichend ihre Saat hinterließ während ich schlief Und die Vision, die mir ins Hirn implantiert wurde Besteht fortwährend In dem Klang der Stille In ruhelosen Träumen ging ich alleine Durch Nebenstraßen aus Kopfsteinpflaster Unter dem Schein einer Straßenlaterne Ich wandte meinen Kragen gegen die Kälte und Feuchtigkeit Als meine Augen von einem Blitz eines Neonlichtes geblendet wurden Das die Nacht durchteilte Und ich den Klang der Stille berührte Und in dem bloßen Licht sah ich Zehntausend Leute, vielleicht mehr Leute die reden ohne etwas zu sagen, Leute die hören ohne zuzuhören, Leute die Lieder schreiben, die man nicht singen kann Und niemand wagt es Den Klang der Stille zu stören Narren!, sagte ich, Ihr wißt nicht, die Stille wächst wie Krebs Hört meine Worte, damit ich euch lehren kann Nehmt meine Arme, damit ich euch erreichen kann? Doch meine Worte fielen wie leise Regentropfen Und hallten wieder In dem Brunnen der Stille Und die Leute verbeugten sich und beteten Zu dem Neon Gott, den sie geschaffen haben Und das Zeichen schleuderte seine Warnung. in den Worten die es formte, und das Zeichen sprach Die Worte der Propheten stehen geschrieben an den U-Bahn Wänden und in Treppenhäusern und werden geflüstert im Lärm der Stille PREDIGT Stille kann gehört werden: Ein tropfender Wasserhahn, das Ticken einer Uhr, das Schlagen eines Gongs. Stille können wir hören. Hören Sie! STILLE Liebe Gemeinde Stille kann gut und hilfreich sein. Stille kann aber auch weh tun! Es gibt viele Angebote auf dem Markt unter dem Title „Sound of Silence“. Es sind vornehmlich Angebote aus dem Wellness und New-Age bereicht. Entspannungsmusik mit diesem Titel, ganze CD-Reihen, aber auch Wochenende in Hotels und Bädern nennen sich „Sound of Silence“. Und ausserhalb der Wellness-Hotel-Branche wird der Begriff zum Werbeträger: Ein bequemer Sessel im Möbelhaus heisst so und auch ein Spiegel für Badezimmer, der mit Ornamenten versehen ist und die Inschrift trägt: „You are so beautiful“. Und bei der Firma Sennheiser gibt es einen Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung unter dem Namen „Sound of Silence“ zu kaufen. Tönt eigentlich alles gar nicht so schlecht, oder? 3 Und nun haben sie das ursprüngliche Lied gehört und den Text lesen können! Mir tut dieser Text weh. Als erstes schon, wird die Dunkelheit willkommen geheissen. Dunkelheit und Schweigen gehen hier zusammen. Und später dann in dieser Dunkelheit der Blitz eines Neon-Lichtes, der blendet und die Nacht durchteilt und den Klang der Stille berührt: Der NeonBlitz als Produkt moderner Technik. Eine unheimliche Szene, in der zwar gefühlt und gesehen, aber nichts gehört wird. Und dann die Masse der Menschen und die Vereinzelung: Leute, die reden, ohne etwas zu sagen. Leute die hören ohne zuzuhören. Niemand wagt den Klang der Stille zu stören: Wie ein bleiernes Tuch legt sich diese Stille über alles. Gegen sie ist kein Ankommen. Man müsste ja reden können und verstanden werden, oder hören können und vernehmen. Aber diese Kommunikation gelingt nicht. Ein bleiernes Tuch deckt alles zu: Die Stille! Keine Gemeinschaft, nur Stille. Und dann wird der Song zur Prophetie. Der Sänger versucht die Menschen aufzuwecken, vor dieser Stille zu warnen: „Doch meine Worte fielen wie leise Regentropfen und hallten wieder in dem Brunnen der Stille. Kein Durchkommen. Keine Verständigung. Kein Hören. Und dann in der letzten Strophe beten die Menschen sich selber an. Die warnenden Worte der Propheten sind aus der sakralen Sphäre ausgewandert; sie sind überall, auch auf den U-Bahn Wänden. Alle könnten sie wahrnehmen. Allerdings wäre dazu ein feines Gehör nötig, um ihr „Wispern“ überhaupt zu bemerken „im Lärm der Stille“. Diese Botschaft der Propheten ist nicht brachial, kein Donner, sondern nur ein leicht überhörbares Flüstern, das am Schluss des Liedes leise verklingt. Ohne Hoffnung. Die Flüstertöne der Stille stehen im Kontrast zum lauten Leben. So bleibt das Lied in einer geheimnisvollen Schwebe. „Silence“ ist mehrdimensional. Sie ist Schweigen und Stille. Sie bedroht und sie bietet Zuflucht. Es bleibt die Vision der Dunkelheit, die Vereinsamung, der Heiligenschein der Strassenlampe, die Erschaffung eines eigenen Gottes, die Vergeblichkeit der Warnung, das bleibende Flüstern des prophetischen Wortes. Liebe Gemeinde, ich denke, die meisten von uns kennen solches Schweigen. In einer langjährigen Partnerschaft zum Beispiel, wenn man sich einfach nichts mehr zu sagen hat. Man spricht, aber der Andere hört mich nicht. Er oder Sie spricht und es kommt nicht bei mir an. Das tut weh. Oder es gibt manchmal im Leben ein Schweigen, eine Antriebslosigkeit und Stille, die sich wie ein bleiernes Tuch auf mich legen kann. Und ich kann meiner Depression nicht entkommen. Alles ist in Gefühllosigkeit und in Schweigen gehüllt. Oder wenn ich krank werde und zu Gott rufe, und ich höre keine Antwort. Nur Schweigen. Nichts. Nada. Das schmerzhafte Schweigen Gottes. Das gibt es. Darum betet der Psalmist: 13 Höre mein Gebet, HERR, und vernimm mein Schreien, schweige nicht zu meinen Tränen. Wir erinnern uns daran, dass die ganze jüdisch-christliche Tradition damit rechnet, daran glaubt und darauf hofft, dass Gott spricht, dass er oder sie keine schweigende Göttin ist. Schon ganz zu Beginn: „und Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht“. Da gelingt Kommunikation. Das Wort Gottes ist lebendig und erwirkt unsere Wirklichkeit. Im Johannesevangelium ist das dann nochmals aufgenommen und verstärkt: „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort. 3 Alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist auch nicht eines geworden, das geworden ist. 4 In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. 5 Und das Licht scheint in der Finsternis… Ganz anders tönt es hier als in unserem Lied: Gottes Wort wirkt alles was ist. Und in ihm ist Leben. Und es gibt hier nicht das grelle Neon-Licht, sondern das Licht, das Leben wirkt, so wie unsere Sonne, die alles Leben auf der Erde wirkt. Und das Licht scheint gütig und geduldig in die Finsternis, ins Dunkel, das auch hier vorkommt. Es scheint und leuchtet und wirkt! 4 Das ist unser Glaube und das ist auch immer wieder unsere Erfahrung. Unser Lied beschreibt eine Erfahrung, die Menschen machen. Es kritisiert unsere moderne Welt, beschreibt die Vereinzelung, erzählt von Kommunikation, die nicht gelingt. Wir aber glauben, dass Gott da ist, auch in der modernen Welt, dass er auch den Vereinzelten wieder zur Gemeinschaft führen kann, dass Kommunikation gelingen immer wieder gelingt und uns bereichert und erlebt. Und das säuseln Gottes, sein Wispern und Flüstern ist ein sich Zeigen und Offenbaren auf eine Art und Weise, die wir wie Elia manchmal hören und wahrnehmen können. Kein lautes Rufen und Tönen, kein Blitz und Donner, aber ein sanftes uns ansprechen, ein zu uns reden, in unserm Herzen, in unserem Geist, in unsere Mitte hinein, in unseren Kern hinein: Gott sagt mir DU – und darum bin ich ICH. Lass mich ganz verschwinden, Dich mir sehn und finden. Du durchdringest alles, Lass dein schönstes Lichte, Herr, berühren mein Gesichte. Wie die zarten Blumen Willig sich entfalten Und der Sonne stille halten, Lass mich so still und froh Deine Strahlen fassen Und dich wirken lassen. Gott ist – manchmal schweigend, manchmal sprechend. Sprechend durch meine Gedanken und Träume. Sprechend durch andere Menschen. Sprechend durch die Schönheit der Welt. Sprechend durch meine tiefe innere Erfahrung, wo ich sein leises säuseln achtsam vernehme. Das ist ein wohltuender Klang der Stille, auf die zu hören sich lohnt, die aufbaut und erneuert: Mache mich recht kindlich, Innig abgeschieden, Sanfte und voll stillen Frieden! Mach mich reines Herzens, Dass ich deine Klarheit Schauen mag in Geist und Wahrheit. Lass mein Herz himmelwärts Wie ein Adler schweben Und in dir nur leben. Gott ist gegenwärtig! Lasset uns anbeten, Und in Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte; Alles in uns schweige, Und sich innigst vor ihm beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, Schlag die Augen nieder; Kommt, ergebt euch wieder! Herr, komm in mir wohnen, Lass mein Geist auf Erden Dir ein Heiligtum noch werden! Komm, du treuer Heiland, Dich in mir verkläre, Dass ich dich stets lieb' und ehre. Wo ich geh', sitz' und steh', Lass mich dich erblicken Und vor dir mich bücken. Luft, die alles füllet, Drin wir immer schweben; Aller Dinge Grund und Leben, Meer ohn' Grund und Ende, Wunder aller Wunder, Ich senk' mich in dich hinunter; Ich in dir, du in mir,