Einsatzbericht Brand Plattling.indd - Brandwacht
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Einsatzbericht und Tiefbrunnen. Nach dem Rückzug der Bahn aus Plattling wurden alle betriebseigenen Wasserleitungen stillgelegt und die Tiefbrunnen verfüllt. Der Brandschutz für die nun leer stehenden Gebäude ging auf die Stadt Plattling über. Die Stadt Plattling verfügt über eine eigenständige Wasserversorgung. Das Trinkwasser wird in den Stadtwerken aufbereitet und zur Druckerhöhung in einen 45 Meter hohen Wasserturm gepumpt. Zwei Kammern mit je 400 Kubikmetern Fassungsvermögen auf dem Wasserturm halten den Wasserdruck im Rohrleitungssystem konstant auf 4,5 Bar. Alarmierung Bestes Brennmaterial Papier und Holzbriketts entwickelten beim Brand des früheren Lokschuppens in Plattling enorme Hitze – Wasservorhang als Schutz gegen benachbarte Häuser – Der Zugverkehr Passau-Nürnberg musste komplett gesperrt werden – Glutnester beschäftigten die Feuerwehr noch mehrere Tage / Von Günter Fuchs* Allgemeine Lage Am Montag, den 2. Juni 2008, kam es gegen 20.10 Uhr zu einem Großbrand, der in der Stadt Plattling (Landkreis Deggendorf) in die Geschichte eingehen wird. Der unter Denkmalschutz stehende Lokschuppen an der Werkstraße in Plattling auf dem Gelände der Deutschen Bahn AG stand lichterloh in Flammen. Nur durch massive Abschirmung konnten die angrenzenden Gebäude gerettet werden. Bei einer schwülwarmen Witterung hatte es 28 Grad Celsius, und es wehte ein leichter Südwind. Der Anfahrtsweg kann mit fünf Minuten als gesichert angegeben werden. * Der Autor ist Zugführer und Pressesprecher der FF Plattling. 222 Besondere Lage Beim Brandobjekt handelte es sich um einen ehemaligen Lokschuppen. Die Außenmauern des halb- kreisförmigen Gebäudes waren aus Vollziegelmauern. Die Bedachung bildete eine Holzkonstruktion mit Bitumenabdichtung. Der Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Schuppen bot Platz für 25 Lokomotiven und wurde in den Folgejahren immer wieder erweitert. Der Gebäudekomplex war nur durch drei Wände abgeteilt und bildete somit nur einen Brandabschnitt mit einer Größe von ca. 4 300 qm. Die Örtlichkeiten waren der Freiwilligen Feuerwehr Plattling bekannt. Nicht bekannt war allerdings, dass in dem Gebäude ca. 1 000 Tonnen Rollenpapier und ca. 6 000 Paletten Holzbriketts gelagert waren. Bis etwa 1985 war das Gelände „Hoheitsgebiet“ der Deutschen Bundesbahn mit eigener Bahnfeuerwehr und leistungsfähiger eigener Wasserversorgung über Hydrantenleitungen Am Brandtag wurde die Freiwillige Feuerwehr Plattling um 20.10 Uhr über Meldeempfänger zu einer Rauchentwicklung in die Werkstraße gerufen. Bereits bei der Anfahrt konnte die sehr starke Rauchentwicklung über dem Brandobjekt festgestellt werden. Daraufhin wurden nach Alarmstufe 3 (BASIS) die Feuerwehren aus Pankofen, Pielweichs und Otzing nachalarmiert. Die Werkstraße konnte wegen starker Rauchentwicklung nicht mehr passiert werden. Beim Eintreffen an der Einsatzstelle schlugen bereits Flammen durch das Dach. Zusätzlich wurden zur Löschwasserversorgung die Feuerwehren aus Osterhofen, Moos, Stephansposching, Wallersdorf, Rottersdorf, Loh-Wischlburg, Thundorf und Lailling alarmiert. Drehleitern forderte man aus Osterhofen und Hengersberg an. Um 20.25 Uhr wurde die FF Deggendorf zur Schadstoffmessung angefordert. Sie rückte zusätzlich mit der Drehleiter DLK 23-12 und dem TLF 24/50 zur Schadenstelle aus. Einsatzablauf Beim Eintreffen der Feuerwehren war die Hitzestrahlung auf der Nordseite des Brandobjektes so hoch, dass die Fenster der in etwa 50 Metern Abstand angrenzenden Wohnhäuser splitterten und Außenrollos schmolzen. Sofort wurde hier eine Feuerwiderstandslinie aufgebaut, brandwacht 6/2008 die mit einem Wasservorhang die angrenzenden Gebäude abschirmte und abkühlte. Neben der enormen Hitzeentwicklung bildete sich eine riesige Rauchwolke, die über das Wohngebiet in nördliche Richtung abzog. Laufende Messungen des GW-Mess aus Deggendorf ergaben keine umweltgefährdenden Schadstoff-Messergebnisse. Kurzzeitig angedachte Evakuierungsmaßnahmen mussten nicht eingeleitet werden. Um auch von der Südseite aus Löscharbeiten einleiten zu können, wurde durch die Einsatzleitung beschlossen, drei B-Leitungen zum Während der Löscharbeiten stieg die Wasserförderleistung der Stadtwerke auf 11 000 l/min. 7 700 l/ min wurden durch Druckpumpen gefördert, der Rest dem Wasserturm entnommen. Nach Rücksprache mit den Stadtwerken entschloss man sich, die Tanklöschfahrzeuge über das Fernwassernetz in einem Nachbarort aufzutanken. Nach Auskunft der Stadtwerke lieferte das Hydrantennetz während der Löscharbeiten ca. 6 000 Kubikmeter Löschwasser. Das Klärwerk Plattling verzeichnete in diesem Zeitraum lediglich eine Erhöhung des Abwassers um ca. 300 Kubikmeter. stand wurden Tanklöschfahrzeuge TLF 24/50 aus Landau/Isar, Straubing, Regen und Zwiesel angefordert. Durch gezielten Einsatz der Wasserwerfer konnte der Brand dann bis 1.00 Uhr unter Kontrolle gebracht werden. Weitere Maßnahmen Bereits während des Brandes wurden Vorbereitungen für die Nachlöscharbeiten getroffen. Wegen der Totalzerstörung des Gebäudes gaben die Brandermittler die Einsatzstelle frühzeitig für notwendige Abrissarbeiten frei. Somit konnten zwei große 30-Tonnen-Kettenbagger be- Drei Stunden lang musste die komplette ICEBahnstrecke NürnbergPassau gesperrt werden. Hydrantennetz und zu einer Löschwasserzysterne südlich der Bahnanlage aufzubauen. Hierzu musste der komplette Zugverkehr auf der ICEBahnlinie Passau – Nürnberg für ca. drei Stunden gesperrt werden. Im unmittelbaren Umfeld um das Brandobjekt befanden sich vier Unterflurhydranten. Die nächste Wasserversorgungsschiene bildete die Straubinger Straße. Somit standen innerhalb kurzer Zeit 6 400 Liter Löschwasser pro Minute (rechnerisch) zur Verfügung. Von der Südseite des Brandobjekts aus wurden ca. 3 000 Liter pro Minute zur Brandstelle gefördert. brandwacht 6/2008 Einen wesentlichen Anteil zur Löschwasser-Stabilisierung hatte der Einsatz von drei Milchtank-zügen mit einem Volumen von 1 x 28 000 Litern und 2 x 12 000 Litern. Diese wurden im Pendelverkehr eingesetzt und lieferten das Wasser für zwei B-Leitungen (insgesamt ca. 400 000 Liter). Geeignete Übergangstücke waren bei der FF Plattling vorhanden. Zusätzlich transportierten drei Traktoren mit Güllefässern Löschwasser zur Einsatzstelle. Nachdem die Löscharbeiten bis 21.30 Uhr nicht den gewünschten Erfolg zeigten und kein zusätzliches Löschwasser mehr zur Verfügung reits um ca. 1.00 Uhr die Giebelwände und vordere Hallenseite abreißen. Dies erleichterte die Löscharbeiten erheblich. Zugleich konnten große Gefahrenstellen für die Einsatzkräfte beseitigt werden. Um ca. 3.00 Uhr zog eine große Gewitterfront über Plattling hinweg. Aufgrund der großen Blitzschlaggefahr durch die Bahnanlage wurden die Löscharbeiten für ca. 30 Minuten eingestellt. Der kurze Starkregen zeigte keinen Löscherfolg. Glücklicherweise blieben die vorhergesagten starken Windböen aus. Die Nachlöscharbeiten dauerten bis Dienstagnachmittag. Dabei 223 Gespenstisch wirkte das Feuer in unmittelbarer Nähe der Oberleitungen der Bahntrasse. wurden auflodernde Glutnester mit den Kettenbaggern frei gelegt und abgelöscht. Um ca. 17.00 Uhr konnten alle Feuerwehren die feuer- und rauchfreie Einsatzstelle verlassen. In den darauffolgenden Tagen musste die FF Plattling regelmäßig zur Ablöschung versteckter Glutnester gerufen werden. Nach einer Woche Nachlöscharbeiten ging der Brandschutz auf den Brandleider über. Die FF Plattling stellte das nötige Löschmaterial zur Verfügung. Der Abtransport des Brandgutes zog sich bis Oktober hin. Dabei entdeckte man bis Ende September immer wieder Glutnester, die beim Freilegen sofort in Brand gerieten und durch die Entsorgungsfirma abgelöscht wurden. und nach Aufnahme von Flüssigkeiten konnten alle die Löscharbeiten weiter fortsetzen. Zur Versorgung der Einsatzkräfte mit Getränken und Essen baute der Betreuungszug des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in einem nahe gelegenen Vereinsheim eine Küchenstation auf. Darin wurden die ca. 400 Einsatzkräfte bis Dienstagmittag verpflegt. Die Brandursache ist ungeklärt; als Schadenssumme müssen mehrere Millionen Euro angesetzt werden. Weitere Infos zum Großbrand gibt es auch im Internet unter www.ffwplattling.de Die enormen Mengen der gelagerten Papierrollen und Holzbriketts stellten die Einsatzkräfte vor große Probleme. Aufnahmen: Polizeihubschrauberstaffel Bayern (1), FF Deggendorf (1), Franz Holmer (2). 224 Schlussbemerkung Frühzeitig forderte die Feuerwehreinsatzleitung die Führungskräfte des THW zur Lagefeststellung an. Somit stand der technische Hilfsdienst mit der kompletten Ausrüstung zum Einsatz bereit. Ein Stromerzeuger-Anhänger versorgte die Einsatzstelle mit elektrischer Energie, zwei Lichtmast-Anhänger leuchteten die Einsatzstelle aus. Bedingt durch die hohen Temperaturen und die Schwüle am Brandtag erlitten acht Feuerwehrmänner Schwächeanfälle. Nach kurzer Untersuchung durch den Rettungsdienst Eingesetzte Kräfte und Fahrzeuge 31 Feuerwehren aus vier Landkreisen mit 14 LF8/TSF, 7 LF 16, 7 TLF 16, 9 TLF 24/50, 4 DLK 23-12, 4 ELW/MZF, 1 GWAtemschutz, 1 GW-Mess und 1 SW 2000 (insgesamt 400 Einsatzkräfte). THW mit Lichtmast und Stromerzeuger; BRK-Bereitschaft für Verpflegung; Rettungsdienst mit 2 RTW und 1 Notarztwagen; UG-ÖEL mit 1 ELW; Notfallmanager der Deutschen Bahn AG sowie Polizei- und Bundespolizeikräfte (insgesamt 150 Personen). brandwacht 6/2008