Steelcrete®
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Steelcrete® Der Stahlfaserbeton aus dem Heidelberger Beton Verbund Informationen für den Architekten, Planer und Bauunternehmer 2 Verfasser Dipl.-Ing. Raymund Böing studierte an der Universität Essen GH Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt konstruktiver Ingenieurbau und ist Ressortleiter Betontechnologie Transportbeton in der Abteilung Entwicklung und Anwendung Deutschland der HeidelbergCement AG mit Sitz in Leimen Dipl.-Betriebswirt Martin Dieter studierte an der Berufsakademie Stuttgart Betriebswirtschaftslehre und ist derzeit innerhalb des Heidelberger Beton Produktmanagements u.a. für Steelcrete verantwortlich Dr. rer. nat. Uwe Gerhard studierte und promovierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn und ist bei KANN Beton GmbH & Co. KG für den Bereich Spezialbaustoffe zuständig Dipl.-Ing. Thorsten Lotz studierte Maschinenbau an der FH in Schmalkalden und ist Vertriebsleiter bei der Fa. Baumbach Metall GmbH Dipl.-Ing. Markus Schulz studierte Bauingenieurwesen an der Universität Dortmund und ist technischer Leiter bei der Fa. KrampeHarex GmbH & Co. KG in Hamm Dipl.-Ing. Martin Spindler studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU in Dresden und ist Vertriebsleiter bei Arcelor Commercial Wire Drawing Deutschland GmbH in Köln Dipl.-Ing. Gerhard Vitt studierte Bauingenieurwesen an der TU Darmstadt und der KTH Stockholm. Seit 2001 ist er bei der Bekaert GmbH als Technischer Leiter Bauprodukte für Osteuropa zuständig 3 Vorwort Die Idee, Baustoffe, die hohe Druckspannungen, aber lediglich geringe Zugspannungen aufnehmen können, mit Faserzusätzen zu verstärken, ist bereits sehr alt. Schon die Römer gaben ihrem betonähnlichen Baustoff „Opus Caementicium“ Fasern in Form von Stroh und Haaren zu, um Risse zu vermeiden. Das erste Patent zu faserverstärktem Beton lag im Jahr 1874 in den USA vor. Durch die Zugabe unregelmäßiger Stahlabfälle wurde versucht den Beton zu verstärken. Obwohl in den folgenden Jahrzehnten in den USA, in Frankreich und Deutschland weitere Patente erschienen, gab es bedingt durch hohe Materialkosten, schlechte Prüfbedingungen und die zur gleichen Zeit einsetzende stürmische Entwicklung des Stahlbetons keine breite technische Anwendung des Verbundwerkstoffes Stahlfaserbeton. Erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat infolge der fortschreitenden Formulierung theoretischer Grundsätze der Faserbeton als Baustoff an Bedeutung gewonnen. In den darauf folgenden ca. 20 Jahren hat er sich auch in Deutschland durchgesetzt. Erste Merkblätter des Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) zu diesem Thema erschienen 1991 [1] und 1992 [2]. Die ersten bauaufsichtlichen Zulassungen für Stahlfasern erteilte das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT) 1997. Hiernach haben die Stahlfasern den Status eines Betonzusatzstoffes und dürfen einem Beton nach DIN 1045 zugegeben werden, wobei die Tragwirkung in der Bemessung nicht berücksichtigt werden darf. Hierfür ist eine sogenannte Bauteilzulassung oder eine Zustimmung im Einzelfall notwendig. Erste bauaufsichtliche Zulassungen für tragende Bauteile aus Stahlfaserbeton erschienen 1998. Im Oktober 2001 erschien das neue DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3]. Es beschreibt den Stand der Technik in der Bemessung, Herstellung und Verarbeitung von Stahlfaserbeton. Auf Grundlage dieses Merkblattes erarbeitet eine Arbeitsgruppe des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton die Richtlinie Stahlfaserbeton [4]. 2007 wird mit dem Erscheinen des „Gelbdrucks“ der Richtlinie „Stahlfaserbeton“ gerechnet und damit eine zweimonatige Einspruchszeit eingeleitet. Nach der Veröffentlichung der fertiggestellten Richtlinie und deren bauaufsichtlicher Einführung verlieren Bauteilzulassungen für die in der Richtlinie beschriebenen Anwendungsbereiche ihre Notwendigkeit. Ziel der folgenden Ausführungen ist, Mitarbeitern von Architektur- bzw. Ingenieurbüros und Bauunternehmungen Stahlfaserbeton näher zu bringen. Die Leistungsfähigkeit und die Einsatzbereiche dieses modernen Baustoffes werden aufgezeigt, Hinweise zur Bemessung, Herstellung und Verarbeitung des Stahlfaserbetons gegeben. Diese Broschüre gibt nur Hilfestellung und kann nicht als Ersatz für geltende Vorschriften wie z.B. Normen und Richtlinien dienen. Wir wünschen viel Erfolg bei der Arbeit mit Stahlfaserbeton. 4 Inhaltsverzeichnis 1. Stahlfaserbeton – Definitionen und Wirkungsweise 1.1 Definitionen ............................................................................................................................................................................................................................6 1.2 Wirkungsweise ......................................................................................................................................................................................................................6 1.3 Vorteile .......................................................................................................................................................................................................................................7 2. Stahlfasertypen 2.1 Allgemeines .............................................................................................................................................................................................................................8 2.2 Drahtfasern..............................................................................................................................................................................................................................8 2.3 Blechfasern ..............................................................................................................................................................................................................................9 2.4 Gefräste Stahlfasern ...........................................................................................................................................................................................................9 2.5 Segmentdrahtfasern...........................................................................................................................................................................................................9 3. Materialeigenschaften 3.1 Faserbetonklassen ............................................................................................................................................................................................................10 3.2 Leistungsklassen ................................................................................................................................................................................................................12 4. Einsatzbereiche 4.1 Allgemeines ..........................................................................................................................................................................................................................13 4.2 Industrieböden ..................................................................................................................................................................................................................14 4.2.1 Industrieböden mit Scheinfugen .......................................................................................................................................................14 4.2.2 Fugenlose Industrieböden (ohne Scheinfugen) ......................................................................................................................15 4.2.3 Industrieböden im Außenbereich und andere Freiflächen..............................................................................................15 4.2.4 Pfahlgestützte Industrieböden ............................................................................................................................................................15 4.3 Wohnungsbau ....................................................................................................................................................................................................................16 4.3.1 Bodenplatten ..................................................................................................................................................................................................16 4.3.2 Streifenfundamente ...................................................................................................................................................................................16 4.3.3 Kellerwände ....................................................................................................................................................................................................16 4.3.4 Weiße Wanne/Dichtes Bauwerk .......................................................................................................................................................17 4.4 Tunnelbau .............................................................................................................................................................................................................................18 4.4.1 Spritzbeton ......................................................................................................................................................................................................18 4.4.2 Stahlfaserpumpbeton ................................................................................................................................................................................19 4.5 Flächen nach WHG § 19 .............................................................................................................................................................................................19 4.6 Sonderanwendungen ....................................................................................................................................................................................................20 5. Hinweise zur Bemessung 5.1. Bemessung von Industriefußböden nach Bemessungsmodell ..........................................................................................................21 5.1.1 Betongüte ..........................................................................................................................................................................................................21 5.1.2 Einwirkungen auf Industrieböden ....................................................................................................................................................21 5.2 Bemessung von Bauteilen im Wohnungsbau ................................................................................................................................................22 5.2.1 Bodenplatte/Fundamentplatte ............................................................................................................................................................23 5.2.2 Wände ................................................................................................................................................................................................................23 5.2.3 Dichte Bauwerke .........................................................................................................................................................................................23 5.3 Konstruktive Schwindbewehrung .........................................................................................................................................................................26 5 6. Betontechnologie, -anforderungen, -herstellung und -bestellung 6.1 Hinweise zur Erstellung der Rezeptur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27 6.1.1 Zement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27 6.1.2 Gesteinskörnungen (Zuschläge) 6.1.3 Zugabewasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27 6.1.4 Zusatzstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 6.1.5 Zusatzmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 6.1.6 Stahlfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 6.2 Anforderungen aus DIN EN 206-1/DIN 1045-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28 6.3 Anforderungen aus Merkblatt/Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 6.3.1 DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 6.3.2 DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 6.4 Stahlfaserbeton vom Transportbetonhersteller 6.4.1 Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30 6.4.2 Zugabe der Stahlfasern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31 6.5 Stahlfaserbeton nach Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 6.6 Betonverzeichnis/Betonbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 7. Hinweise zur Bauausführung 7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 7.2 Anforderungen an den Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 7.3 Aufbau (Industrieböden/Gewerbeböden) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 7.4 Schalung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34 7.5 Boden- und Wandschutzfolien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 7.6 Randdämmstreifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 7.7 Einbau von Stahlfaserbeton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35 7.8 Oberflächenbearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36 7.9 Nachbehandlung 7.10 Fugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 7.10.1 Fugenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38 7.10.2 Fugenprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39 7.10.3 Fugenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39 8. Schadensvermeidung 8.1 Risse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40 8.2 Oberflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41 9. Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42 10. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46 11. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48 6 1. Stahlfaserbeton – Definitionen und Wirkungsweise 1.1 Definitionen 1.2 Wirkungsweise Stahlfaserbeton ist ein Normalbeton nach DIN EN 206-1:2001-07 [5] in Verbindung mit DIN 1045-2:200107 [6], dem zum Erreichen einer äquivalenten Zugfestigkeit Stahlfasern beigemischt werden. Er ist ein Verbundwerkstoff mit in allen Richtungen gleichen Eigenschaften, ein sogenannter isotroper Werkstoff. Durch die Austrocknung des Betons schwindet dieser und es kommt zu ersten Mikrorissen, die auf die Dauerhaftigkeit in der Regel keinen Einfluss haben. Beim Anwachsen der Risse stoßen diese bereits nach kurzer Zeit auf eine Stahlfaser, die das Risswachstum stoppt bzw. hemmt. So entstehen anstatt weniger „größerer“ Risse zahlreiche kleine fein verteilte Risse. Kraft [kN] Beton hat trotz hoher Druckfestigkeit eine niedrige Zugfestigkeit. Deshalb müssen Zugspannungen durch eine Betonstahlbewehrung aufgenommen werden. Der spröde Beton wird durch die Zugabe von Fasern zu einem zähen (duktilen) Verbundbaustoff verbessert (s. Bild 1). Die Fasern sind im Zementstein eingebettet und verbessern vor allem das Riss- und Bruchverhalten des Betons. Die Stahlfasern übernehmen je nach Belastung des Betons teilweise oder ganz die Funktion einer Bewehrung. 30 25 20 15 10 5 0 1 2 3 4 Durchbiegung in Balkenmitte [mm] Bild 1: Lastverformungslinien (Arbeitslinien) geprüfter Stahlfaserbetonbalken Im gerissenen Zustand werden die Rissufer miteinander „vernäht“ und somit wird die Kraftübertragung an diesen Stellen gewährleistet. Der mögliche Umfang der einzuleitenden Kräfte nimmt in der Regel mit größer werdender Verformung ab. Der Stahlfaserbeton weist somit eine entsprechende Nachrissfestigkeit (äquivalente Zugfestigkeit) auf. Die Höhe der äquivalenten Zugfestigkeit ist abhängig von der Leistungsfähigkeit der Stahlfaser (Arbeitsvermögen), deren Dosierung und Verteilung sowie der Güte und Zusammensetzung des Betons. Sie wird durch eine Faserbetonklasse im Verformungsbereich Ι (Gebrauchstauglichkeit) oder im Verformungsbereich ΙΙ (Tragfähigkeit) [3] bzw. durch eine Leistungsklasse [4] beschrieben (s. auch Kapitel 3.1 bzw. 3.2). 7 Bild 2: Aufgebrochener Stahlfaserbeton Anerkannte Faserhersteller besitzen eine Zulassung für Stahlfasern als Betonzusatzstoff (s. Anlage 1 Übersicht Faserzulassungen). Zur Erlangung dieser Zulassung muss der Faserhersteller unter anderem zu folgenden Punkten eine Aussage treffen: 1.3 Vorteile von Stahlfaserbeton Im Vergleich zu konventionellem Stahlbeton ergeben sich durch Stahlfaserbeton folgende Vorteile: n Wirksamkeitsnachweis am Referenzbeton n Organisatorischer Mehraufwand für das Einbringen und die Kontrolle der Bewehrung entfällt n Nachweis, dass Festigkeit und Beständigkeit des Betons durch die Faserzugabe nicht negativ beeinflusst werden n Deutliche Vereinfachung des Bauablaufes n Empfehlung einer minimalen (Wirksamkeit) und maximalen Dosierung (Verarbeitbarkeit) n Angaben über die Verarbeitung n Untersuchung des Langzeitverhaltens der Faser n Bewehrungsfehler können weitestgehend ausgeschlossen werden n Keine Behinderung bei der Verdichtung durch Stabstahl- und Mattenbewehrung n In der Regel kostengünstiger – im Industriebau sind Einsparungen bis zu 15 % erreichbar n Verbessertes Rissverhalten und höhere Schlagfestigkeit n Deutlich weniger Abplatzungen an Ecken und Kanten des Bauteils, da Stahlfasern bis in die Randzonen des Bauteils wirken n Die nach der Karbonatisierung auftretende Korrosion an den Stahlfasern erzeugt im Gegensatz zur herkömmlichen Bewehrung nur geringe Expansionskräfte, daher ergeben sich hierdurch in der Regel keine Abplatzungen. 8 2. Stahlfasertypen Bild 3: Stahldrahtfasertypen 2.1 Allgemeines 2.2 Drahtfasern Stahlfasertypen werden unterschieden nach der Herstellungsart, dem verwendeten Material, der Fasergeometrie und der Zugfestigkeit des verwendeten Materials. Stahldrahtfasern werden aus kaltgezogenen Drähten verschiedener Werkstoffgüten hergestellt. Neben blanken Stahldrähten werden verzinkte oder auch Edelstahldrähte verwendet. Für verzinkte Stahlfasern ist bei Verwendung von chromatarmen bzw. chromatreduzierten Zementen die Eignung nachzuweisen. Aufgrund ihrer wegen des Nachrissverhaltens guten technischen Eigenschaften haben sich Stahldrahtfasern als überwiegend genutzter Stahlfasertyp durchgesetzt. Daneben gibt es Stahlfasern aus Blech, gefräste Stahlfasern und Segmentdrahtfasern. Die Auswahl der Stahlfaser richtet sich nach dem Anwendungsgebiet sowie der erforderlichen Betonqualität. Die Zugfestigkeit liegt in der Regel zwischen 1.000 N/mm2 und 2.400 N/mm2. Die Faserlängen variieren je nach Anwendungsfall zwischen 30 mm und 60 mm, die Durchmesser betragen 0,50 bis 1,30 mm. 9 Bei Bauteilen aus Stahlfaserbeton oder stahlfaserverstärktem Stahlbeton mit baurechtlichen Anforderungen, bei denen die Nachrisszugfestigkeit in Ansatz gebracht wird, werden ausschließlich Stahldrahtfasern eingesetzt. Die Leistungsfähigkeit der Stahldrahtfasern ist im Wesentlichen abhängig von Faserdurchmesser, -länge, -verankerungsart und von der Drahtzugfestigkeit. Der gebräuchlichste Stahldrahtfasertyp ist eine gerade Stahldrahtfaser mit abgekröpften Enden (s. Bild 3). Daneben werden gewellte, gerade und an den Enden gestauchte Stahldrahtfasern in der Baupraxis eingesetzt (s. Bild 3). Je nach Faserform haben diese Fasern unterschiedliche Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit der Rissbreite. Bei Stahldrahtfasern mit gleicher Form steigt mit zunehmender Länge und abnehmendem Durchmesser deren Leistungsfähigkeit, die Verarbeitbarkeit hingegen wird anspruchsvoller (s. hierzu auch Kapitel 6.4.2). Die Leistungsfähigkeit der Fasern steht im Zusammenhang mit der Betonqualität. Dabei hat sich in der Praxis herausgestellt, dass für Betondruckfestigkeitsklassen bis ca. C 30/37 Drahtzugfestigkeiten von 1.000 bis 1.200 N/mm2 ausreichend sind, da sich die Fasern aus dem Beton herausziehen und in der Regel nicht reißen. Mit steigender Betondruckfestigkeit gewinnt die Drahtzugfestigkeit der Stahldrahtfaser immer mehr an Bedeutung, da die Rückverankerung der Faser im Beton immer stabiler wird. 2.3 Blechfasern Blechfasern werden in unterschiedlichen Geometrien aus kalt gewalztem Stahlblech hergestellt. Beton mit Blechfasern hat gegenüber dem mit Stahldrahtfasern eine deutlich geringere Nachrissfestigkeit. 2.4 Gefräste Stahlfasern Bei der Herstellung von gefrästen Stahlfasern werden die Fasern durch rotierende Fräser aus den Stahlbrammen herausgearbeitet. Beton mit gefrästen Stahlfasern hat gegenüber dem mit Stahldrahtfasern eine deutlich geringere Nachrissfestigkeit. 2.5 Segmentdrahtfasern Für untergeordnete Anwendungen können auch Segmentdrahtfasern eingesetzt werden. Diese werden aus Reststoffen der Stahlwolleproduktion (blanker Draht) hergestellt. Beton mit Segmentdrahtfasern hat gegenüber dem mit Stahldrahtfasern eine deutlich geringere Nachrissfestigkeit. 10 3. Materialeigenschaften D Zf Zs Ff Fs Bild 4: Traganteil Stahlfaserbeton Bild 5: Stahlfaserbeton Balkenprüfung Bei den in der Praxis üblichen Stahlfasergehalten werden in erster Linie die äquivalente Biegezugfestigkeit, die Schlagfestigkeit und das Verhalten bei dynamischen Belastungen positiv beeinflusst. Die bis zu 20-mal höhere Schlagfestigkeit und das verbesserte Verhalten bei dynamischen Belastungen kann die Lebensdauer bei stark beanspruchten Bauteilen wie z.B. Müllbunkern wesentlich verlängern. Die aus der äquivalenten Biegezugfestigkeit abgeleitete äquivalente Zugfestigkeit im gerissenen Betonquerschnitt ist für die Bemessung, sowohl im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit als auch im Grenzzustand der Tragfähigkeit, ansetzbar. Stahlfasern sind dabei in der Lage, Zugkräfte im gerissenen Beton von Rissufer zu Rissufer zu übertragen, sodass ein sprödes Versagen des Bauteils vermieden werden kann. Das veränderte Tragverhalten von Stahlfaserbetonen wird bei verformungsgesteuerten Versuchen an Biegebalken deutlich. Während ein Beton ohne Stahlfasern nach dem Erstriss spröde versagt, zeichnet sich der Stahlfaserbeton je nach Faserart und Dosierung durch ein ausgeprägtes Tragverhalten nach der Rissbildung aus. Die aus den Biegebalkenversuchen abgeleitete äquivalente Zugfestigkeit stellt die wesentliche zusätzliche Eigenschaft des Stahlfaserbetons dar. Um diese Eigenschaft für den Bemessenden nutzbar zu machen, ist eine Einteilung des Stahlfaserbetons in Faserbetonklassen, die die Nachrisszugfestigkeit angeben, sinnvoll. 3.1 Faserbetonklassen Daher kann das Duktilitätskriterium in DIN 1045-1 [7] auch mit reinem Stahlfaserbeton erfüllt werden. Wurde der spröde Baustoff Beton bisher im Wesentlichen durch seine Druckfestigkeit charakterisiert, wird nun das bekannte Parabel-Rechteckdiagramm für die Verteilung von Druckspannungen im Beton um einen Zugkraftanteil ergänzt (s. Bild 4). Ansicht Querschnitt 200 200 F/2 200 2 x F/2 mittels Kleber an Probe befestigt F/2 75 150 75 50 600 700 50 beidseitig Wegaufnehmer 150 Bild 6: Messvorrichtung zur Ermittlung der Nachrissbiegezugfestigkeit Im DBV-Merkblatt „Stahlfaserbeton“ [3] wurde das veränderte Tragverhalten von Stahlfaserbeton berücksichtigt. Das Merkblatt beschreibt Versuche an Biegebalken (s. Bilder 5 und 6). Aus deren Lastverformungskurve werden zwei Festigkeitswerte bestimmt, die die äquivalente Zugfestigkeit im gerissenen Zustand in zwei verschiedenen Verformungsbereichen beschreiben. Der Verformungsbereich Ι stellt den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit dar, also das Verhalten bei kleinen Rissbreiten (s. Bild 7 links). Der Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit stellt den Zustand des Gebrauchs und der Nutzung dar. Um die Gebrauchstauglichkeit sicher zu stellen, dürfen Bauteile zum Beispiel nur begrenzte Rissbreiten oder Durchbiegungen aufweisen. Bauteile die im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit versagen, sind zwar noch tragfähig und bedeuten somit keine Gefahr für 11 Leib und Leben, allerdings sind sie nicht mehr zu nutzen, da sie zum Beispiel große Risse aufweisen und damit nicht mehr dicht sind. Der Verformungsbereich ΙΙ beschreibt das Verhalten im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei großen Rissbreiten (s. Bild 7 rechts). Der Grenzzustand der Tragfähigkeit ist ein fiktiver Bemessungszustand mit großen Verformungen und stellt das Bauteil unmittelbar vor dem Versagen dar. Wird der Grenzzustand des Bauteils überschritten, stellt dies eine Gefahr für Leib und Leben dar. Als Probekörper werden nach [3] Balken der Abmessungen 150 x 150 x 700 mm verwendet. Bei der Herstellung der Probekörper ist auf eine gleichmäßige Verteilung der Fasern zu achten. Die Prüfung muss auf einer weggeregelten Prüfmaschine mindestens der Güteklasse 2 nach DIN 51220 [8] durchgeführt werden. Der Auflagerabstand beträgt 600 mm. Es ist für eine zwängungsfreie Auflagerung zu sorgen. Aus dem Belastungs-Durchbiegungs-Diagramm ist das maßgebende Arbeitsvermögen DfBZ,i in Nmm zu ermitteln. Es ergibt sich als Fläche unter der Last-DurchbiegungsKurve bis zum maßgebenden Durchbiegungswert δi und setzt sich zusammen aus den Flächenanteilen des unverstärkten Betons und dem des Fasereinflusses (s. Bild 7). Die durch die Fasern im Riss aufnehmbare Beanspruchung ermittelt sich aus dem maßgebenden Arbeitsvermögen nach den folgenden Gleichungen für den einzelnen Probekörper. feq,Ι = 1200 · feq,ΙΙ = 1200 · feq,i Dƒƒl,i Fläche D ffl,Ι b · d2 feq,ctm,Ι = 0,45 · feqm,Ι feq,ctm,ΙΙ = 0,37 · feqm,ΙΙ feqm,i mittlere äquivalente Biegezugfestigkeit der Grundgesamtheit für den Verformungsbereich Ι bzw. ΙΙ (i = Ι oder ΙΙ) äquivalente Zugfestigkeit zur Einordnung in die Faserklassen für den Verformungsbereich Ι bzw. ΙΙ (i = Ι oder ΙΙ) Fu in Nmm Beton ohne Fasern Dƒƒl,ΙΙ Aus den Einzelwerten der Serie ist der statistisch abgesicherte Mittelwert feqm,Ι zu bestimmen. Aus der so ermittelten äquivalenten Biegezugfestigkeit für den Verformungsbereich Ι und ΙΙ kann die äquivalente Zugfestigkeit mittels konstanter Faktoren ermittelt werden. Vereinfachung Last F in N Last F in N Vereinfachung b · d2 Einzelwert der äquivalenten Biegezugfestigkeit der Prüfkörper der Serie für den Verformungsbereich Ι bzw. ΙΙ (i = Ι oder ΙΙ) Arbeitsvermögen des Stahlfaserbetons für den Verformungsbereich Ι bzw. ΙΙ (Fläche unter der Last-Verformungskurve gemäß Bild 7 i = Ι oder ΙΙ) feq,ctm,i Fu Dƒƒl,Ι D cfl Fläche D ffl,ΙΙ in Nmm F > Fu / 3 Beton ohne Fasern D cfl 0 0 δ0 δΙ 0,3 Durchbiegung δ in mm δΙΙ 0,35 0,65 feq,Ι (Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit) Bild 7: Ermittlung der äquivalenten Biegezugfestigkeiten [3] δ0 0,3 Durchbiegung δ in mm 2,85 3,15 feq,ΙΙ (Grenzzustand der Tragfähigkeit) δΙΙ 12 Faserbetonklasse Ergebnisse der Versuchsauswertung in [N/mm2] für die Verformungsbereiche I oder II 0a) 0,4 b) charakteristischer Wert der äquivalenten Zugfestigkeit Verformungsbereiche I : feq,ctk,I [N/mm2] Verformungsbereiche II: feq,ctk,II [N/mm2] < 0,4 0 0,4 ≤ feq,ctm,i < 0,6 0,4 KV Beiwert zur Berücksichtigung des Variationskoeffizienten Für flächenhafte Bauteile mit b > 5 h gilt KV = 1,0 Für stabförmige Bauteile mit b ≤ 5 h gilt KV = 1 -1,645 x sm,i /feqm,i 0,6 0,6 ≤ feq,ctm,i < 0,8 Kv · 0,6 0,8 0,8 ≤ feq,ctm,i < 1,0 Kv · 0,8 1,0 1,0 ≤ feq,ctm,i < 1,2 Kv · 1,0 1,2 1,2 ≤ feq,ctm,i < 1,4 Kv · 1,2 1,4 1,4 ≤ feq,ctm,i < 1,6 Kv · 1,4 1,6 1,6 ≤ feq,ctm,i < 1,8 Kv · 1,3 1,8 1,8 ≤ feq,ctm,i < 2,0 Kv · 1,8 2,0 2,0 ≤ feq,ctm,i Kv · 2,0 sm,i Standardabweichung der Grundgesamtheit der Serie feq,ctk,i charakteristischer Wert der äquivalenten Zugfestigkeit im Grenzzustand der Tragfähigkeit nur zulässig für Bauteile mit niedrigem Gefährdungspotenzial b) nur für flächenhafte Bauteile a) Tabelle 1: Faserbetonklassen für Stahlfaserbeton mit zugehörigen Festigkeitskennwerten [3] 3.2 Leistungsklassen Im Entwurf der DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton [4] wird ebenfalls eine Einteilung in Klassen, hier allerdings unter der Bezeichnung Leistungsklassen, vorgenommen. Im Entwurf der Richtlinie wird der gleiche Probekörper und die gleiche Versuchsanordnung wie im DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] angegeben. Die Auswertung erfolgt jedoch nicht über eine Integralbetrachtung unter der Kurve, sondern es werden zur Bestimmung der Leistungsklassen Lasten an festgelegten Durchbiegungen aus der Lastverformungskurve entnommen. Für die Gebrauchstauglichkeit erfolgt dies bei einer Durchbiegung von 0,5 mm und für die Tragfähigkeit bei 3,5 mm (s. auch Bild 8). Weiter wird im Gegensatz zum DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] die Klasseneinteilung anhand der Nachrissbiegezugfestigkeiten vorgenommen, sodass die Umrechnung in Zugfestigkeiten erst später im Rahmen der Bemessung vorgenommen wird. Die mittlere Nachrissbiegezugfestigkeit einer Versuchsserie von mindestens 6 Balken wird wie folgt ermittelt: L1 für Nachweise der Gebrauchstauglichkeit: f f cflm,L1 = 1 n n ∑ i=l F0,5,i · l bi · hi2 L2 für Nachweise der Tragfähigkeit: Belastung F in N F 0,5 f F 0,5 f cflm,L2 = 1 n n ∑ i=l F3,5,i · l bi · hi2 Der charakteristische Wert der Nachrissbiegezugfestigkeit wird dann mithilfe des konstanten Umrechnungsfaktors 0,7 bestimmt: 3,5 3,5 Durchbiegung δ in mm Bild 8: Auswertung einer Lastverformungslinie gemäß [4] f f f cflk,Li = 0,7 · f cflm,Li 13 4. Einsatzbereiche 4.1 Allgemeines Stahlfaserbeton hat sich in der Praxis für viele Anwendungen durchgesetzt. Als Basis hierfür dient das DBVMerkblatt [3] (s. Bild 9). Nur für bauaufsichtlich relevante Bauteile ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung bzw. Zustimmung im Einzelfall erforderlich. Niedriges Gefährdungspotenzial (ohne baurechtliche Anforderungen an die Fasern und ohne wasserrechtliche Anforderungen) Nach der bauaufsichtlichen Einführung der Richtlinie Stahlfaserbeton des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton als Ergänzung zur DIN 1045 wird Stahlfaserbeton als Bauprodukt geregelt sein. Nur mit wasserrechtlichen Anforderungen Nur mit baurechtlichen Anforderungen 1) Mit wasserrechtlichen und baurechtlichen Anforderungen 1) Bewehrte Bauteile nach DIN 1045 DAfStb-Richtlinie für Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Keine tragenden Bauteile nach DIN 1045 Unbewehrte Bauteile nach DIN 1045 (nur konstruktive Bewehrung) Bewehrte Bauteile nach DIN 1045 DAfStb-Richtlinie für Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Nutzung der Biegezugfestigkeit (ungerissen) oder der äquivalenten Biegezugfestigkeit (gerissen) (Gebrauchstauglichkeit) Stahlfasern angesetzt für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit Nachweis der Grenzzustände der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit Mindestbewehrung oder Dichtschicht mit Beschränkung der Rissbreiten Nachweis im Grenzzustand von Trag-/ Gebrauchstauglichkeit sowie der Dichtheit und Mindestbewehrung Industriefußböden Verkehrsflächen Kellerfußböden Stützmauern bis 1 m Geländesprung Schächte bis 0,9 m Tiefe Tresorbeton Fundamente Wände Spritzbeton Dünnwandige Fertigteile Sohlplatten (Fundamentfunktion) Deckenplatten Tragende Wände Tunnelschalen Baugruben- und Hangsicherungen Röhren Ableitflächen Auffangwannen Ableitkanäle Tankstellenflächen z.B. aus FDE-Beton, SIFCon, SIMCon Tragende Elemente in Bauwerken mit Dichtfunktion (z.B. Sohlplatten, Wände) 1) Über Zustimmung im Einzelfall und bauaufsichtlicher Zulassung auch möglich Bild 9: Anwendungsmöglichkeiten von Stahlfaserbeton nach DBV-Merkblatt [3] 14 Bild 10: Herstellung Industrieboden Bild 11: Industrieboden 4.2 Industrieböden Eine wesentliche Voraussetzung für die Funktion der Industriefußböden ist eine ausreichende Tragfähigkeit des Untergrundes. Mögliche Setzungsunterschiede sind in diesem auszuschließen. Die notwendigen Informationen hierfür liefert ein Bodengutachten. In Abhängigkeit von den einwirkenden Lasten sichert ein ausreichender Bettungsmodul die Funktionsfähigkeit der elastisch gebetteten Bodenplatte. Grundsätzlich sind die Werte durch einen Lastplattendruckversuch nach DIN 18134 [9] zu überprüfen. Können die geforderten Werte für den Untergrund nicht erreicht werden, ist ein Austausch des entsprechenden Bodenmaterials vorzunehmen oder das System zu verändern (z.B. pfahlgestützte Bodenplatte). Maximale Einzellast [kN] ≤ 32,5 ≤ 60,0 ≤ 100,0 ≤ 150,0 Untergrund EV2 [MN/m2] ≥ 30,0 ≥ 45,0 ≥ 60,0 ≥ 80,0 Tabelle 2: Richtwerte für den Untergrund bei elastisch gebetteten Bodenplatten [10] Maximale Einzellast [kN] ≤ 32,5 ≤ 60,0 ≤ 100,0 ≤ 150,0 Tragschicht EV2 [MN/m2] ≥ 80,0 ≥ 100,0 ≥ 120,0 ≥ 150,0 Tabelle 3: Richtwerte für die Tragschicht bei elastisch gebetteten Bodenplatten [10] Bild 12 und Bild 14: Fugenloser Industrieboden Die Tragschichten unter der Bodenplatte dienen der Lastverteilung. Die Ausführung und die Festigkeiten werden durch die Belastung der Bodenplatte bestimmt. Entspricht der vorbereitete Untergrund den Anforderungen an die Tragschicht (s. Tabelle 2), kann auf diese verzichtet werden. Richtwerte für eine Tragschicht werden in Tabelle 3 genannt. Dämmungen aus extrudiertem Hartschaum oder Schaumglas sind als Tragschicht möglich. Die notwendigen Informationen sind den Unterlagen der Hersteller zu entnehmen. 4.2.1 Industrieböden mit Scheinfugen In der Regel werden Betonböden im Industriebau als entkoppelte, im bauaufsichtlichen Sinne nicht tragende bzw. nicht aussteifende Bodenplatten hergestellt. Solche elastisch gebetteten Industriefußböden gelten als bauaufsichtlich nicht relevante Bauteile. Die Belastungen aus Block-, Verkehrs-, Punkt- und Linienlasten werden mit nur geringen Verformungen in den Untergrund abgeleitet. Zum Abbau der Zwangsspannungen wird die Bodenplatte durch Scheinfugen (Sollbruchstellen) unterteilt. Die Ausführung in Stahlfaserbeton gilt als Stand der Technik. Die Umweltbeanspruchungen des Bauteils können durch die Nennung der notwendigen Expositionsklassen nach DIN 1045-2 [6] beschrieben werden. Bei bauaufsichtlich nicht relevanten Bauteilen kann auf Anforderungen aus der Expositionsklasse XM verzichtet werden. Aus der entsprechenden Landesbauordnung ergeben sich die möglichen Maximalhöhen für Regale, ohne dass eine bauaufsichtliche Prüfung notwendig ist. Gerade bei Bauteilen in Schrottumladeplätzen und Müllbunkern (s. auch 15 Bild 14: Freifläche aus Stahlfaserbeton Kapitel 4.7) kann das zähe Materialverhalten des Stahlfaserbetons für eine Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit genutzt werden. Ebenso bezieht die Richtlinie für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen [12] den Einsatz von Stahlfaserbeton mit ein. 4.2.2 Fugenlose Industrieböden (ohne Scheinfugen) Scheinfugen in einer Bodenplatte sind Schwachstellen. Kantenausbrüche sind in der Regel nicht zu vermeiden. Daher stellen Scheinfugen in den meisten Fällen Wartungsfugen dar. Zur Verbesserung der Gebrauchseigenschaften des Industriebodens, vor allem bei hohen Verkehrs- und Punktlasten sowie erhöhten Anforderungen an die Ebenheit, kann dieser fugenlos (ohne Scheinfugen) ausgeführt werden. Entweder wird er direkt auf die Tragschicht („Verkrallung“) oder auf einer entsprechend wirksamen Gleitschicht (z.B. 2 Lagen PE-Folie zu je 0,2 mm) verlegt. Bei fugenlosen Industrieböden, die in erster Linie auf der Wirkungsweise des Stahlfaserbetons basieren, sind in der Regel höhere Stahlfasergehalte notwendig. Zur Beeinflussung des Frühschwindens ist die Zugabe von Glas- oder Kunststofffasern möglich. Die Tagesfelder mit einem Länge-Breiteverhältnis von 1 bis 1,3 werden durch Fugenprofile miteinander verbunden (Querkraftübertragung) (s. auch Kapitel 7.10.2). So ist es möglich kritische Scheinfugen zu vermeiden und das Bauteil bei gleicher oder verbesserter Gebrauchseigenschaft mit reduzierter Bauteildicke auszubilden. Industrieböden ohne Scheinfugen dürfen nur im Innenbereich, wo der Boden keinen extremen Witterungsbedingungen unterliegt, eingesetzt werden. Bild 15: Pfahlgestützter Industrieboden 4.2.3 Industrieböden im Außenbereich und andere Freiflächen Grundsätzlich gelten hier die gleichen Grundlagen wie für Industrieböden in anderen Einsatzbereichen. Freiflächen und Fahrbahnen unterliegen direkt den täglichen und jahreszeitlich bedingten Temperatur- und Wetterschwankungen (Wölbspannungen aus Wechsel Tag/Nacht, Hitze/ Frost). Auch wenn hier die Stahlfasern günstig wirken, sind Fugenfelder möglichst nicht größer als 6 m x 6 m zu wählen. Durch die dreidimensionale Wirkung der Stahlfaserbewehrung kann bei gleicher Anzahl von Frost-/Tauwechseln mit Tausalzbeaufschlagung eine signifikant höhere Stabilität der Oberfläche beobachtet werden. 4.2.4 Pfahlgestützte Industrieböden Bei schlechten Untergrundverhältnissen ist es häufig wirtschaftlich sinnvoller, den Industrieboden pfahlgestützt herzustellen, als teuere Sanierungs- und Verbesserungsmaßnahmen am Untergrund vorzunehmen. Zur Ausführung kommen Systeme mit reiner Stahlfaserbewehrung und Kombinationen mit herkömmlicher Stabstahl- und Mattenbewehrung. Sowohl bei Rüttelstopf- als auch bei Betonpfählen ist eine Anwendung möglich. Von einem maximalen Pfahlraster von 4,5 m x 4,5 m ist auszugehen. Dabei wird die Bodenplatte als von Pfahl zu Pfahl freispannend bemessen, sodass auch bei späteren Setzungen des Untergrundes die Tragfähigkeit gewährleistet ist. Dabei muss geprüft werden, ob eine Zustimmung im Einzelfall notwendig wird. Das System kann für alle Lastfälle, also auch bei Hochregallagern eingesetzt werden. In weiten Teilen Europas gehören pfahlgestützte Industrieböden zur allgemeinen Baupraxis. 16 Bild 16: Stahlfaserbetonbodenplatte im Wohnungsbau 4.3 Wohnungsbau 4.3.1 Bodenplatten Bei einer Ausführung von Sohlplatten mit gesonderten Streifen- und Einzelfundamenten ist ein Einsatz von Stahlfaserbeton in der Regel ohne besondere Anforderungen möglich. Werden Lasten aus dem Gebäude über die Bodenplatte abgetragen, handelt es sich also um eine tragende Fundamentbodenplatte, ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich. In den bestehenden Zulassungen (s. Tabelle 5) wird der Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit mithilfe der Faserklassen gemäß DBV-Merkblatt „Stahlfaserbeton“ [3] geführt. In der Regel sind, um die Gebrauchstauglichkeit und Tragfähigkeit sicherzustellen, Einschränkungen für die Plattendicke, die Plattenabmessungen und die zulässige Bodenpressung in den Zulassungen enthalten. Bei gleichmäßig tragfähigem Untergrund und einer zulässigen Bodenpressung von mehr als 150 kN/m2 ist unter Einhaltung der jeweiligen Randbedingungen die Ausführung von Fundamentbodenplatten für Einfamilienhäuser in Stahlfaserbeton im Regelfall möglich. Bei Bodenplatten mit Anforderungen gemäß der Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ [13] ist eine Kombibewehrung sinnvoll (s. auch Abschnitt 4.3.4). Reine Faserbetonlösungen sind als „Weiße Wanne“ nicht zulässig. 4.3.2 Streifenfundamente In der Regel sind Streifenfundamente unbewehrt bemessen und werden lediglich konstruktiv bewehrt. Diese konstruktive Bewehrung kann durch Stahlfasern ersetzt werden. Voraussetzung ist eine ausreichende und gleichmäßige Tragfähigkeit des Baugrundes. 4.3.3 Kellerwände Die Aufgabe des stahlfaserbewehrten Bauteiles liegt vor allem in der Aufnahme des Erddrucks und von aufliegenden Lasten. Die Verbesserung des Rissverhaltens wirkt sich günstig auf die Wasserundurchlässigkeit des Betons aus. Rostpunkte sind bei Verwendung eines Betons mit ausreichendem Mörtel- und Mehlkorngehalt an den geschalten Oberflächen meist nicht zu erwarten. Diese können gegebenenfalls durch den Einsatz verzinkter Fasern vermieden werden (Hinweis: Kap. 2.2, 1. Absatz beachten). 17 Bild 17: Einbau des Stahlfaserbetons in eine Kellerwandschalung Bild 18: Geschalte Kellerwand für Stahlfaserbeton Für die Ausführung von Betonwänden in Stahlfaserbeton liegen Zulassungen verschiedener Hersteller vor (s. Tabelle 5). In der Regel wird bei Wänden mit Erddruck eine ausreichende Auflast benötigt. Hier können die herkömmlichen Bewehrungsgehalte, selbst beim ungünstigen Fall des zentrischen Zwangs, wesentlich reduziert werden (s. Bild 19). Kann bei Bauteilen auf eine aufwendige Stabstahlbewehrung verzichtet werden und stattdessen eine Lagermatte verwendet werden, ist dies in der Regel eine wirtschaftlichere Variante. Bei Kellerwänden mit Anforderungen gemäß der WURichtlinie [13] ist eine Kombibewehrung sinnvoll (s. auch nachfolgendes Kapitel). 4.3.4 Weiße Wanne/Dichtes Bauwerk Bei Betonbauteilen kommt es in der Regel aufgrund von Zwangsbeanspruchungen, wie dem Abfließen der Hydratationswärme und dem Schwindprozess, bereits im frühen Stadium zur Rissbildung. Um für die Konstruktion schädliche Rissbreiten zu verhindern, wird entweder versucht durch konstruktive Maßnahmen, wie zum Beispiel die Anordnung von Fugen, die Rissbildung zu verhindern oder eine zur Rissbreitenbegrenzung bemessene Bewehrung wird eingebaut. Die hierbei notwendigen sehr hohen Bewehrungsquerschnitte können durch den Einsatz von Stahlfaserbeton erheblich reduziert werden (s. auch Kapitel 5.2.3). Reduzierung der Mindestbewehrung durch den Einsatz von Stahlfaserbeton in % (zentrischer Zwang, Betongüte C 30/37, d ≤ 300 mm) 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 äquivalente Zugfestigkeit [N/mm ] 2 Bild 19: Reduzierung der Mindestbewehrung durch den Einsatz von Stahlfaserbeton (Gilt nur für den Verformungsbereich Ι) 18 Bild 20: Stahlfaserspritzbetonauftrag im Tunnel 4.4 Tunnelbau 4.4.1 Spritzbeton Seit vielen Jahren wird Stahlfaserbeton erfolgreich und in großen Volumina im Tunnelbau eingesetzt. In zahlreichen Ländern gilt dieser Werkstoff als erste Wahl im Tunnelbau. Aufgrund vielfältiger Ursachen ist die Entwicklung in Deutschland leider noch weit von der Situation in Ländern wie z.B. der Schweiz, Spanien und Norwegen entfernt. Nichtsdestotrotz wurden auch in Deutschland eine Reihe von Tunnelbauwerken mit Stahlfaserbeton ausgeführt. Stellvertretend dafür seien der Tunnel Berg Bock in Thüringen und der Tunnel Königshainer Berge in Sachsen (Spritzbeton), die U-Bahn in Essen oder der Hofoldinger Stollen bei München (Tübbinge) genannt. Bei der Spritzbetonbauweise kommt es darauf an, die Verformungen des Gebirges zum richtigen Zeitpunkt zu stabilisieren sowie Luftzutritt und Änderungen im Wasserfluss frühestmöglich zu unterbinden. Die Sicherheit der im ungesicherten Tunnelbereich arbeitenden Mannschaften hat höchste Priorität. Der grundlegende Unterschied beim Tunnelbau im Vergleich zum üblichen Hochbau liegt in der Art der Beanspruchung. Während beim Hochbau vorwiegend relativ genau bestimmbare Belastungen dominieren, ist dies beim Tunnelbau nicht ganz so einfach. Hier überwiegen Beanspruchungen aus Deformationen (Spritzbetonbauweise) und den Einbauzuständen (Tübbinge). Sicherheit, Geschwindigkeit und Dauerhaftigkeit sind mit die wichtigsten Kriterien, die ein Baustoff erfüllen muss. Stahlfaserbeton hat sich dabei sehr erfolgreich bewährt – allein oder in Kombination mit einer Bewehrung. Daher muss das verwendete Material möglichst verformungsfähig („duktil“) und schnell einzubauen sein. Die Kombination aus Stahlfaserbeton und Felsankern hat sich dabei bewährt. Der Einbau der Anker und auch des Spritzbetons kann vom gesicherten Bereich aus mit Robotern bzw. speziellen Maschinen erfolgen, ohne dass sich ein Arbeiter in der unmittelbaren Gefahrenzone aufhalten muss. Das gefährliche, zeitaufwendige und daher auch kostspielige Anbringen von Baustahlmatten entfällt. Bauzeitverkürzungen von 30 % sind gegenüber der mattenbewehrten Bauweise durchaus üblich. Zudem sind deutliche Einsparungen in der Betonmenge möglich, da der Stahlfaserspritzbeton, anders als die Matte, der Kontur des Querschnittes folgen kann. Hohlräume hinter den Matten müssen naturgemäß nicht aufgefüllt werden. Auch der sogenannte „Spritzschatten“ hinter der Bewehrung, der den Verbund reduziert, ist nicht vorhanden. Gleichzeitig wird der Rückprall durch den Wegfall der beim Spritzen störenden Bewehrungsstäbe reduziert. Die Bemessung erfolgt, anders als im Hochbau, nicht über Lasten und daraus ermittelte Schnittgrößen. Vielmehr hilft die Spritzbetonschicht dem Gebirge, sich selbst zu tragen. 19 International bewährt hat sich das Kriterium der Energieaufnahmefähigkeit in Joule. Abhängig vom anstehenden Gebirge und der Tunnelgeometrie lassen sich erforderliche Werte für den zu verwendenden Stahlfaserspritzbeton ermitteln. Diese sind hauptsächlich aus der Erfahrung abgeleitet und haben sich über Jahre hinweg bewährt [14]. Die international etablierten Plattenprüfungen, die zur Ermittlung des Energieaufnahmevermögens notwendig sind, wurden von EFNARC in einer Richtlinie [15] veröffentlicht. Die Versuchsergebnisse können nicht für eine Querschnittsbemessung herangezogen werden, da über das Testverfahren eine Systemeigenschaft ermittelt wird. Allerdings entspricht das Prüfverfahren dem statischen System einer rückverankerten Spritzbetonschale, sodass die Verhältnisse im Tunnel dadurch sehr gut abgebildet werden. 4.5 Flächen nach WHG § 19 Bauteile wie Auffangwannen, Dichtflächen von Tankstellen, Ab- und Umfüllstationen oder Gefahrgutlager unterliegen den Anforderungen des § 19 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Einer solchen Betonfläche kommt eine Barrierefunktion zu, die das Grundwasser und die Umwelt vor Verunreinigungen durch austretende Lager- oder Umschlaggüter schützen soll. Die Bemessung dieser Bauteile wird in der DAfStb-Richtlinie „Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ geregelt [12]. Die Verwendung von Stahlfaserbeton wurde schon in der vorhergehenden Fassung der DAfStb-Richtlinie [12] geregelt. Der positive Effekt von Stahlfasern hinsichtlich Rissbildung, Erhöhung des Eindringwiderstandes und der Dichtigkeit im gerissenen und ungerissenen Beton wird daher schon seit längerer Zeit auch praktisch genutzt [16]. 4.4.2 Stahlfaserpumpbeton Stahlfaserpumpbeton wird im Tunnelbau beispielsweise für die Betonage der Innenschale verwendet. Der Bauablauf wird durch den Entfall der Bewehrungsarbeiten wesentlich beschleunigt und vereinfacht. Insbesondere in der Kalotte ist es dann einfacher, ein homogenes und vor allem dichtes Betongefüge herzustellen. In Österreich nimmt die Richtlinie „Tunnelinnenschalen“ [14] explizit Bezug auf die Verwendung von Stahlfaserbeton. Die Bemessung ist, anders als beim Spritzbeton, querschnittsbasiert und kann beispielsweise unter Zuhilfenahme des DBV-Merkblatts „Stahlfaserbeton“ [3] geführt werden. Ziel ist es, je nach Anforderung ein rissfreies Bauteil, ein trennrissfreies Bauteil oder ein Bauteil mit Trennrissen mit sehr kleinen Rissbreiten zu erhalten. Verschiedene Regelbauweisen stehen zur Verfügung, die unterschiedliche Abdichtungsmaßnahmen verwenden. Der Betonfläche kann dabei eine ausschließlich tragende oder auch eine tragende und abdichtende Funktion zukommen. Beim letzteren Fall gilt das Prinzip „so viele Fugen wie nötig, jedoch so wenige Fugen wie möglich“. Jede Fuge stellt eine prinzipielle Schwachstelle mit Wartungsaufwand dar. Andererseits lassen sich damit Zwangskräfte im Beton, die zur Rissbildung führen können, wirkungsvoll reduzieren. 20 Bild 21: Fahrzeugwaschplätze ausgeführt in Steelcrete Bild 22: Biodieselanlage – Auffangwanne mit Fundamenten für ein Tanklager ausgeführt in Steelcrete Häufig werden entsprechend [12] Fugenabstände von 4 m ausgeführt, was jedoch eine erhebliche Zahl an Fugen zur Folge hat. Eine Reihe von Tankstellen wurde beispielsweise nach diesem Prinzip mit Stahlfaserbeton ausgeführt. Die Fasermenge bzw. die Leistungsfähigkeit des Faserbetons wurde dabei anhand der Regelungen in [12] ermittelt. Abhängig von der Art der auf die Dichtfläche einwirkenden Stoffe kann auch eine rissbreitenbegrenzende Bewehrung bei entsprechend größerem Fugenabstand nachgewiesen werden. In den meisten Fällen ist der Nachweis für einen Trennriss mit wk = 0,1 mm notwendig und/oder eine zusätzliche Beschichtung. Bewährt hat sich dabei eine Kombination aus Stahlfasern und herkömmlicher Bewehrung (s. Kapitel 5.2.3). Ein rechnerischer Nachweis der Rissbreite mit Stahlfaserbeton allein ist nur in Ausnahmefällen möglich (permanente Druckzone in jedem Querschnitt, z.B. infolge Vorspannung oder Auflast). Für die hier betrachteten Anwendungen mit großen Fugenabständen wird daher immer eine Kombinationsbewehrung erforderlich sein. Einsparungen von bis zu 50 % der herkömmlichen Bewehrung sind dabei möglich mit entsprechend positiven Effekten hinsichtlich Einbaubarkeit von Bewehrung und Beton sowie Verdichtung und damit insgesamt der Bauteildichtigkeit. Bild 23: Biomüllkompostanlage Bodenplatte und Wände ausgeführt in Steelcrete 4.6 Sonderanwendungen Aufgrund der duktilen Eigenschaften des Stahlfaserbetons eignet er sich besonders zur Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit bei Bauteilen mit schlagender und schleifender Belastung, wie zum Beispiel bei Schrottumladeplätzen, Müllbunkern und Biokompostanlagen. Die Gesetzeslage sieht vor, dass unbehandelte Abfälle nicht deponiert werden dürfen. Die Vorbehandlung dieser Stoffe geschieht auf Dichtflächen im Bereich von Müllaufbereitungsanlagen. Auch hier ist Stahlfaserbeton als Baustoff prädestiniert. Die Standsicherheit wird durch herkömmliche Bewehrung nachgewiesen oder eine Zustimmung im Einzelfall wird notwendig. Durch die dreidimensionale Bewehrungsführung kann den unbestimmten Lastverläufen besser entsprochen werden. Die Bewehrungssicherheit ist bis unmittelbar an die Bauteiloberfläche gewährleistet. Die Oberflächenstabilität ist damit verbessert. In der Regel bestehen bei den genannten Bauteilen Anforderungen aus dem Wasserhaushaltsgesetz. Durch die bessere Risskontrolle des stahlfaserbewehrten Betons (Kombibewehrung) wird die Dauerhaftigkeit verbessert. Die DAfStbRichtlinie für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen [12] verweist ausdrücklich auf die empfehlenswerte Verwendung von Stahlfasern. 21 5. Hinweise zur Bemessung 5.1 Bemessung von Industriefußböden nach Bemessungsmodell Wie bereits in Kapitel 4.2 beschrieben, sind Industrieböden ohne tragende bzw. aussteifende Funktion zu den Bauteilen mit niedrigem Gefährdungspotenzial zu zählen und damit ohne bauaufsichtliche Relevanz. Übernehmen Industrieböden tragende bzw. aussteifende Funktion, so ist eine Ausführung mit Stahlfaserbeton oder stahlfaserverstärktem Stahlbeton nur auf Basis einer Zustimmung im Einzelfall oder einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung des Bauteils möglich. Tabelle 4 zeigt mögliche Bemessungsansätze für Industrieböden. 5.1.1 Betongüte Je höher die Betondruckfestigkeit, umso größer ist der Widerstand gegen das Ausziehen der Fasern. Die Betondruckfestigkeitsklasse sollte daher nicht höher als C30/37 gewählt werden (Schwindverhalten, Eigenspannungen, Hydratation). In der Regel kommt ein C20/25, C25/30 oder C30/37 zum Einsatz. Bei Betonen dieser Betondruckfestigkeitsklassen sollte die Zugfestigkeit der Stahldrahtfaser zwischen 1.000 und 1.200 N/mm2 liegen. Bei höheren Betonfestigkeiten sollte die Zugfestigkeit der Stahlfasern kongruent zur Betonfestigkeit sein. 5.1.2 Einwirkungen auf Industrieböden Ansatz 1 2 3 Einwirkende Größen elastisch elastisch plastisch Aufnehmbare Größen elastisch plastisch plastisch Tabelle 4 : Bemessungsansätze für Industrieböden Ausgehend vom festgelegten Berechnungsmodell wird mit den Lastfällen Flächenlast, Punktlast, LKW- und/oder Staplerlast sowie Schwinden und Temperatur die Bemessung durchgeführt. Zur Bemessung eines Industriebodens, sind nachfolgende Eingangsgrößen u.a. wichtig: n Anforderungen nach DIN 1045-1, falls erforderlich Bei größeren Platten (fugenarme Platten) ist in der Regel der Zustand der Gebrauchstauglichkeit das maßgebende Bemessungskriterium. Neben den maximal auftretenden Biegezugspannungen aus Vertikalbelastungen sind in die Bemessung die Spannungen aus der Schwind- und Temperaturbeanspruchung zu berücksichtigen. Der für die Bemessung erforderliche Bettungsmodul wird aus Lastplattendruckversuchen über die Bodenkennwerte EV1 und EV2 ermittelt (s. auch Kapitel 4.2). Ist eine Dämmung unter der Bodenplatte vorgesehen, so muss diese ebenfalls bei der Ermittlung des Bettungsmoduls beachtet werden. Um eine optimale Tragfähigkeit des Untergrundes zu gewährleisten, ist es notwendig, ein Bodengutachten vor der Planung des Industriebodens erstellen zu lassen. n Zulässige Bodenpressung oder vorhandener Bettungsmodul n Plattenabmessung (Dicke, Länge, Breite) n Rechnerisch nachzuweisende Rissbreite, falls erforderlich n Angaben zur Belastung Anhand eines Formulars (s. Anlage 2 „Zur Bemessung von Industriefußböden“) wird unser Kundenbetreuer Ihre Anfrage aufnehmen und zielgerichtet bearbeiten. Rufen Sie uns an. Die passenden Kontaktdaten für Ihre Region finden Sie unter www.heidelberger-beton.de/ Kontakt&Verkauf 22 AWand IWand AWand Stahlfaserbeton-Bodenplatte Tragschicht Streifenfundament Untergrund Stahlfaserbeton-Decke Kellerwand Kellerwand Stahlfaserbeton-Fundamentplatte Tragschicht konstruktive Bewehrung Bemessung Grundlage DBV-Merkblatt und Zulassung Bild 24: Prinzipdarstellung von Konstruktionsmöglichkeiten im Wohnungsbau 5.2 Bemessung von Bauteilen im Wohnungsbau Um tragende Fundamentplatten zu bemessen, sind nachfolgende Eingangsgrößen u.a. wichtig: Die Bemessung von Streifenfundamenten mit mittiger Lasteinleitung ist in der DIN EN 1992-1-1 [17] geregelt. Streifenfundamente im Wohnungsbau sind in der Regel Bauteile mit konstruktiver Bewehrung. Bei der Bemessung von Fundamentplatten können variable Plattendicken (Vouten) und auch kombinationsbewehrte Lösungen vorgesehen werden. n Anforderungen nach DIN 1045-1 Bei einer frostfreien Gründung empfiehlt sich besonders eine Ausführung als tragende Fundamentplatte aus Stahlfaserbeton oder stahlfaserverstärktem Stahlbeton. Bei nicht frostfreier Gründung ist es notwendig, eine tragende Fundamentplatte mit Frostschürzen auszuführen. n Evtl. Höhe des Bemessungswasserstandes Auch Wände können in Stahlfaserbeton oder stahlfaserverstärktem Stahlbeton ausgeführt werden. Bei einer Wand, die durch den Lastfall Erddruck und/oder drückendes Wasser beaufschlagt ist, handelt es sich wie bei einer tragenden Fundamentplatte um ein Bauteil mit baurechtlichen Anforderungen. Für die Ausführung dieses Bauteils in Stahlfaserbeton oder stahlfaserverstärktem Stahlbeton ist eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Zustimmung im Einzelfall notwendig. Auch bei Forderungen nach Rissbreitenbegrenzungen in den genannten Bauteilen haben kombinationsbewehrte Bauteile Sinn, da im Zusammenhang mit Stahlfaserbeton eine Reduzierung der Bewehrung vorgenommen werden kann. n Maximale Belastung aus Außen- und Innenwand inklusive der Wandstärken n Zulässige Bodenpressung oder vorhandener Bettungsmodul n Plattenabmessung (Dicke, Länge, Breite) n Plattenüberstand an den Außenwänden n Evtl. rechnerisch nachzuweisende Rissbreite Für die Bemessung von Wänden sind nachfolgende Eingangsgrößen u.a. erforderlich: n Anforderungen nach DIN 1045-1 n Auflast auf Wand n Dicke der Bodenplatte und der Geschossdecke n Wandhöhe n Evtl. Höhe der Erdanschüttung n Evtl. Höhe des Bemessungswasserstandes n Evtl. rechnerisch nachzuweisende Rissbreite Anhand eines Formulars (s. Anlage 3 „Zur Bemessung von Fundamentplatten“ bzw. Anlage 4 „Zur Bemessung von Kellerwänden“) wird unser Kundenbetreuer Ihre Anfrage aufnehmen und zielgerichtet bearbeiten. Rufen Sie uns an. Die passenden Kontaktdaten für Ihre Region finden Sie unter www.heidelberger-beton.de/ Kontakt&Verkauf 23 dA dM Wandüberstand a NM NA dPlatte dPlatte x x x Bodenpressung δBd Bodenpressung MRd2 M‘ δBd MRd2 Momente MRd1 M1 Bild 25: Darstellung Bemessungsansatz Außenwand auf einer Fundamentplatte Momente Bild 26: Darstellung Bemessungsansatz Innenwand auf einer Fundamentplatte 5.2.1 Bodenplatte/Fundamentplatte Wie bereits im Abschnitt 5.2 beschrieben, gibt es verschiedene Ausführungsvarianten von Gründungen im Wohnungsbau. Erfolgt die Gründung auf Streifenfundamenten, so hat die Bodenplatte keine tragende Funktion im Bauwerk (s. Bild 24). Es ist nur eine konstruktive Bewehrung erforderlich. Eine Umbemessung kann durch den Faserhersteller erfolgen. Hierbei ist die in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung der Faserhersteller geregelte Mindestdosierung für den jeweiligen Stahlfasertyp zu berücksichtigen. Bei einer Gründung durch eine tragende Fundamentplatte sind Nachweise entsprechend den Zulassungen der jeweiligen Faserhersteller zu führen (s. Bild 24). Die Grundlage zur Bestimmung der Schnittgrößen bildet die Plastizitätstheorie. Die Schnittgrößen werden bestimmt aus den ständigen und veränderlichen lotrechten Einwirkungen auf die Bodenplatte. Es wird davon ausgegangen, dass sich im Abstand x von der Außenwand (AW) bzw. Innenwand (IW) plastische Gelenke bilden. Der Anteil der Platte zwischen den plastischen Gelenken (AW–IW, IW–IW oder AW–AW) bleibt ohne Berücksichtigung. Der Nachweis auf Biegung erfolgt unter Ermittlung des aufnehmbaren Momentes MRd und des Abstandes x des plastischen Gelenkes in der Zugzone, jeweils für Außen- und Innenwand getrennt. Auf der Bauteilseite ist nun der Nachweis zu erbringen, dass die Bodenplatte in der Lage ist das ermittelte Moment MRd aufzunehmen (s. auch Bilder 25 und 26). Die Bemessung erfolgt nach den jeweiligen Zulassungen. Mittels der dort zur Verfügung gestellten Nomogramme ist eine schnelle und einfache Bemessung möglich. An einspringenden Ecken oder Aussparungen ist eine zusätzliche konstruktive Bewehrung erforderlich (s. hierzu Bilder 30 und 31). 5.2.2 Wände Auch bei der Bemessung von Wänden mit dem Lastfall Erddruck ist ein Standsicherheitsnachweis erforderlich. Die Nachweise erfolgen auch hier anhand der in den jeweiligen Zulassungen zur Verfügung gestellten Nomogramme. 5.2.3 Dichte Bauwerke Dichte Bauwerke sind in der DAfStb-Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ [12] (hier z.B. die sogenannte „Weiße Wanne“) und in der DAfStb-Richtlinie „Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ [10] geregelt. Diese können ohne gesonderte konstruktive Maßnahmen bei einer rechnerisch nachzuweisenden Rissbreite nicht allein aus reinem Stahlfaserbeton hergestellt werden. Dazu ist in jedem Fall eine Kombinationsbewehrung (Stahlfasern und Bewehrungsstahl) erforderlich. Stabstahlbzw. Mattenstahlbewehrung kann bei dieser Bauweise reduziert werden, was zu einer wirtschaftlicheren Lösung führt. Auch die Dauerhaftigkeit des Bauwerkes wird durch den Stahlfaserbeton positiv beeinflusst. 24 Bild 27: Einbau des Fugenbandes Gemäß dem DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] sowie dem Entwurf der künftigen DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton [4] ist ein rechnerischer Rissbreitennachweis nach folgenden Bemessungsansätzen möglich. Hierbei sind auch die Angaben in den Bauteilzulassungen der Faserlieferanten zu beachten. I. Biegung: ε fc,max h–x h–x x h h–x w ε fct II. Zentrischer Zwang: Die für die Rissbreitenbegrenzung notwendige Bewehrung ist wesentlich von der Zugfestigkeit des Betons abhängig. Die bei Rissbildung im wirksamen Betonquerschnitt frei werdende Zugkraft muss von der Bewehrung aufgenommen werden. Um die Rissbreiten klein zu halten, ist die Bewehrung zusätzlich möglichst fein zu verteilen und die zulässigen Dehnungen im Stahl dürfen nur zu einem Teil ausgenutzt werden. Im DBV-Merkblatt „Stahlfaserbeton“ [3] wird dem Einfluss der Fasern durch eine Abminderung der wirksamen Zugfestigkeit des Betons zum betrachteten Zeitpunkt Rechnung getragen. Von der effektiven Betonzugfestigkeit wird die äquivalente Zugfestigkeit des Stahlfaserbetons abgezogen. Dieser Anteil entspricht der äquivalenten Zugfestigkeit im Verformungsbereich Ι (s. Bild 29). w = εfct · ( h - x ) Kraft [kN] Bild 28: Darstellung Biegeriss im Bauteilquerschnitt 40 35 30 25 20 w εfct h x Rissbreite des Stahlfaserbetons oder des stahlfaserverstärkten Stahlbetons Dehnung des Stahlfaserbetons oder des stahlfaserverstärkten Stahlbetons statische Nutzhöhe des Bauteils Druckzonenhöhe aus der Biegebemessung 15 äquivalente Kraft Feq,i = 26,28 kN äquivalente Biegezugfestigeit feq,i = 4,5 N/mm2 10 5 0 1 2 3 4 Durchbiegung in Balkenmitte [mm] Bild 29: Lastverformungskurve Stahlfaserbeton (Fasergehalt 35 kg/m3) 25 Deutlich wird der Einfluss der Stahlfasern bereits bei der Ermittlung der Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rissbreite gemäß [3]. AS = Für die Grenzdurchmesser d*s· nach DIN 1045-1 Tabelle 20 [7] und die Höchstwerte der Stababstände smax nach DIN 1045-1 Tabelle 21 [7] dürfen nach folgenden zwei Gleichungen ([3], Abschnitt 8.3.2) modifizierte Werte angesetzt werden. (kc · k · fct,eff - feq,ctk, ) Act Ι σS dfs = d*s · 1 + AS kc k fct,eff feq,ctk,Ι Act σS Querschnittsfläche der Betonstahlbewehrung Beiwert zur Berücksichtigung der Spannungsverteilung innerhalb der Zugzone (zwischen 0,4 und 1,0 bei zentrischem Zug) [7] Beiwert zur Berücksichtigung von nichtlinear verteilten Betonzugspannungen k = 0,8 für h ≤ 300 mm k = 0,5 für h ≥ 800 mm Zwischenwerte dürfen interpoliert werden [7] wirksame Zugfestigkeit des Betons zum betrachteten Zeitpunkt äquivalente Zugfestigkeit des Stahlfaserbetons Betonzugzone im Querschnitt zulässige Spannung in der Betonstahlbewehrung Grundlage für die Bemessung der Rissbreite im Lastfall zentrischer Zwang ist die DIN 1045-1 Abschn. 11.2.3 [7]. Für die Betonfestigkeit und die Faserwirkung ist jeweils das gleiche Alter anzusetzen. Nach dem DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] erfolgt der rechnerische Rissbreitennachweis in Anlehnung an die DIN 1045-1 [7] Abschn. 11.2.2 und 11.2.4. Es darf die zum betrachteten Zeitpunkt angesetzte Zugfestigkeit des Betons um die charakteristische äquivalente Zugfestigkeit im Verformungsbereich Ι (s. Kapitel 3.1) zum betrachteten Zeitpunkt reduziert werden. sfmax = smax · feq,ctk,Ι fctk fctk fctk - feq,ctk, Ι smax d*s dfs sfmax feq,ctk,Ι fctk Höchstwerte der Stababstände nach DIN 1045-1 Grenzdurchmesser nach DIN 1045-1 [7] zu berücksichtigender Grenzdurchmesser zu berücksichtigender Höchstwert der Stababstände die äquivalente Zugfestigkeit des Stahlfaserbetons im Verformungsbereich Ι Fraktilwert der Betonzugfestigkeit 26 5.3 Konstruktive Schwindbewehrung Grundsätzlich sollten alle hinsichtlich der Eigenspannungen kritischen Punkte durch konstruktive Zulagebewehrung aufgenommen werden. Dies betrifft insbesondere einspringende Ecken, Stützen oder eckige Plattenaussparungen; dort sind Parallel- oder Schrägzulagen gegen die dort auftretenden Kerbspannungen einzulegen. Konstruktive Schwindbewehrungen verhindern keine Risse, sie reduzieren die Rissbreiten auf ein baupraktisch unbedenkliches Maß. Nachfolgend werden einige Ausführungsvorschläge für die Anordnung von Bewehrung zur Aufnahme der Kerbspannung aufgezeigt: 3 x d = 10 mm (o+u) BSt 500/550S l = 1200 mm Bild 30 a: Detailvorschlag zur Anordnung konstruktiver Schwindbewehrung an einspringenden Ecken in Bodenplatten. 4 x d = 10 mm (o+u) BSt 500/550S l = 1200 mm Bild 30 b: Detailvorschlag zur Anordnung konstruktiver Schwindbewehrung an einspringenden Ecken in Bodenplatten. 8 x d = 10 mm (o+u) BSt 500/550S Bild 30 c: Detailvorschlag zur Anordnung konstruktiver Schwindbewehrung an Pfeilern und Stützen in Bodenplatten. A Schnitt A – A 4 x d = 10 mm, als U gebogen 4 x d = 10 mm, l = B + 1,50 m, als Verbindung U-Stab BSt 500/550S Bild 31: Konstruktives Detail einer Bewehrung zur Aufnahme von Kerbspannungen an einem Wanddurchbruch (z.B. Kellerfenster) B A Achtung: Schwindbewehrung ersetzt nicht die statisch erforderliche Bewehrung für den Nachweis der Tragfähigkeit! 27 6. Betontechnologie, -anforderungen, -herstellung und -bestellung 6.1 Hinweise zur Erstellung der Rezeptur 6.1.2 Gesteinskörnungen (Zuschläge) Stahlfaserbeton ist ein Normalbeton nach DIN EN 206-1:2001-07 [5] in Verbindung mit DIN 1045-2:2001-07 [6], dem zum Erreichen einer äquivalenten Zugfestigkeit Stahlfasern beigemischt werden. Der Beton muss u.a. im Mörtelgehalt, dem Größtkorn der Gesteinskörnung und der Konsistenz auf diesen Einsatzfall angepasst werden. Als geeignet gelten Gesteinskörnungen und rezyklierte Gesteinskörnungen gemäß DIN EN 206-1/DIN 1045-2 Abschnitte 5.1.3 und 5.2.3 [5], [6]. In der Regel kommen Stahlfaserbetone in den Druckfestigkeitsklassen C25/30 bis C30/37 zum Einsatz. Sind höhere Druckfestigkeitsklassen gefordert, dann ist besonderes Augenmerk der Stahlfaserauswahl und -menge zu schenken. Stahlfasern sind in der Stoffraumrechnung als Zusatzstoff anzusetzen. Dabei kann von einer Dichte von 7,85 kg/dm3 ausgegangen werden. An die Ausgangsstoffe für den Stahlfaserbeton werden nach [5] und [6] nachfolgende Forderungen gestellt. Bei Stahlfaserbeton führen alle Gesteinskörner, die größer als der mittlere Faserabstand sind, zu Faserkonzentrationen. Hierdurch ergibt sich eine ungleichmäßige Faserverteilung, eine sogenannte Igelbildung ist möglich. Dies verschlechtert die Frisch- und Festbetoneigenschaften und die Wirksamkeit der Stahlfasern wird reduziert. Der (theoretische) mittlere Faserabstand lässt sich nach Romualdi und Mendel [18] nach folgender Formel ermitteln: dm = ≥ Dmax Vf dm d Vf Dmax Bild 32: Zusammenhang zwischen Größtkorn und Faserverteilung [18] 122 · d mittlerer Faserabstand in mm mittlerer Faserdurchmesser in mm (z.B. 1 mm) Nominalwert des Fasergehaltes (kg/m3) (z.B. 26 kg/m3) Größtkorn der Gesteinskörnung in mm Generell ist darauf zu achten, dass ausreichende Mengen an Feinstsand und Mehlkorn vorhanden sind, damit die Fasern ausreichend in der Betonmatrix eingebunden werden können und beim Abziehen der Fläche bzw. Verdichten des Bauteils ausreichend Mörtel insbesondere an der Oberfläche vorhanden ist, um einen Oberflächenschluss zu ermöglichen. 6.1.1 Zement Ausfallkörnungen sind grundsätzlich zu vermeiden. Als geeignet gilt Zement laut DIN EN 206-1/DIN 1045-2 Abschnitte 5.1.2 und 5.2.2 [5], [6]. Ein entscheidendes Kriterium für die Auswahl des Größtkorns ist die Art des Einbringens des Betons, die gewählte Faserart und -dosierung. Um eine wirksame Ummantelung der Stahlfasern und damit einen ausreichenden Verbund zwischen Betonmatrix und Stahlfaser zu erreichen, benötigt ein Stahlfaserbeton einen ausreichend hohen Mörtelgehalt. Aus diesem Grund weisen Stahlfaserbetone gegenüber den sonst eingesetzten Betonen einen höheren Mörtelgehalt auf, woraus auch höhere Zementgehalte resultieren können. 6.1.3 Zugabewasser Als geeignet gilt Zugabewasser nach DIN EN 1008. Hierbei sind die Abschnitte 5.1.4 und 5.2.4 der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 zu beachten [5], [6]. 28 6.1.4 Zusatzstoffe Als geeignet gelten Zusatzstoffe nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 Abschnitt 5.1.6 [5], [6] und solche mit bauaufsichtlicher Zulassung. Für die Verwendung ist Abschnitt 5.2.5 der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 [5], [6] bzw. die bauaufsichtliche Zulassung zu beachten. werden. Bei statisch wirksamen Fasern bei Bauteilen aus Stahlfaserbeton ist der in der Faserzulassung des DIBT empfohlene Mindest- und Maximalfasergehalt bei der Projektierung des Stahlfaserbetons zu berücksichtigen. Andernfalls sind gemäß Faserzulassung ergänzende Erstprüfungen am Beton notwendig (s. hierzu Anlage 1 in Kapitel 10). 6.2 Anforderungen aus DIN EN 206-1/DIN 1045-2 6.1.5 Zusatzmittel Als geeignet gelten gemäß DIN EN 206-1/DIN 1045-2 [5], [6] Zusatzmittel nach DIN EN 934-2 und solche mit bauaufsichtlicher Zulassung. Bei der Anwendung ist Abschnitt 5.2.6 der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 [5], [6] bzw. die bauaufsichtliche Zulassung zu beachten. Stahlfaserbeton ist auch als Luftporenbeton möglich. Ein Stahlfaserbeton muss den Anforderungen der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 [5], [6] genügen. Über die Expositionsklassen werden auch hier die Anforderungen an die Zusammensetzung und eventuell die Wahl der Ausgangsstoffe gestellt. Regelungen z.B. bezüglich Erstprüfung, werkseigener Produktionskontrolle, Lieferschein etc. gelten hier in gleicher Weise. 6.1.6 Stahlfasern Es sind ausschließlich Stahlfasern zu verwenden, die durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT) zugelassen sind und für die Übereinstimmungsnachweise geführt Firma Für den Stahlfaserbeton ergänzende Anforderungen sind in der Richtlinie [4] getroffen (s. hierzu auch Abschnitt 6.3.2). Wand Fundamentplatte Zulassungsnr. Zulassungsgegenstand Zulassungsnr. Zulassungsgegenstand Bekaert Z-71.2-9 Kellerwände aus Stahlfaserbeton Z-71.3-18 Fundamentplatten aus Stahlfaserbeton für den Wohnungsbau KrampeHarex Z-71.2-21 Innen- und Außenwände aus Stahlfaserbeton Z-71.3-28 KrampeHarex Fundamentplatte aus Stahlfaserbeton Arcelor Z-71.2-30 Trefilarbed Kellerwände aus Stahlfaserbeton Z-71.3-25 Trefilarbed Fundamentplatte Z-71.3-26 Schwenck-Baumbach Fundamentplatte aus Stahlfaserbeton Baumbach in Vorbereitung Tabelle 5: Übersicht über Stahlfaserbeton-Bauteilzulassungen (Stand 27.07.2006) 29 6.3 Anforderungen aus Merkblatt/ Richtlinie n Stahlfaserbeton n Stahlfaserbeton mit Betonstahlbewehrung n vorgespanntem Stahlfaserbeton 6.3.1 DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] Anforderungen zur Betontechnologie, wie Anwendungsbereiche, zu verwendende Stahlfasern, Mindest- und Maximaldosierung, Mindestbetondruckfestigkeitsklasse, Dosierung, Herstellung, Erstprüfung, werkseigene Produktionskontrolle, Transport usw., werden in der Bauteilzulassung definiert. Bei Stahlfaserbetonen nach bauaufsichtlicher Zulassung ist im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle die Faserbetonklasse des Stahlfaserbetons an Betonbalken zu ermitteln. Die Zulassung bezieht sich hier auf die Ausführungen des DBV-Merkblattes [3]. Bei der Herstellung und Prüfung der Balken ist es sinnvoll, sich an die zukünftigen Regelungen der Richtlinie zu halten. Die Steuerung der Prüfmaschine sollte nach der Verformung des Balkens erfolgen (s. auch Bild 6 Prüfanordnung). Eine Steuerung nach Kolbenweg, wie im DBV-Merkblatt bzw. Zulassung angegeben, ist nach Richtlinie nicht zulässig, weil dies in sehr vielen Fällen zu ungeeigneten, nicht auswertbaren Kraftverformungslinien (Arbeitslinien) führt (s. auch Bild 33). Nach zukünftiger Richtlinie darf Stahlfaserbeton in folgenden Bereichen nicht eingesetzt werden: n gefügedichter und haufwerksporiger Leichtbeton n hochfester Beton der Druckfestigkeitsklassen ab C55/67 n Stahlfaserbeton ohne Betonstahlbewehrung in den Expositionsklassen XS2, XD2, XS3 und XD3, bei denen die Stahlfasern rechnerisch in Ansatz gebracht werden Nach bauaufsichtlicher Einführung der Richtlinie [4] durch das Institut für Bautechnik sind für die hierin geregelten Bauteile keine bauaufsichtlichen Zulassungen mehr notwendig. Hierzu muss die Richtlinie [4] in die Liste der technischen Baubestimmungen aufgenommen werden. Die zulässigen Betondruckfestigkeitsklassen sind C20/25 bis C50/60. Im Rahmen von Erstprüfungen wird an Betonbalken die Leistungsklasse des Stahlfaserbetons nachgewiesen. Die Richtlinie ermöglicht, anhand von Ergebnissen durchgeführter Erstprüfungen auch ohne Balkenprüfung über den Weg der Interpolation die Leistungsklassen weiterer Stahlfaserbetone festzulegen (s. [4] Teil 2 Anlage N). Prüfung Stahlfaserbetonbalken geeignete und ungeeignete Kraftverformungslinien Kraft [kN] Das DBV-Merkblatt Stahlfaserbeton [3] ist eine Empfehlung der Bauindustrie und hat bauaufsichtlich keine Relevanz. Bauaufsichtlich relevante Bauteile (z.B. tragende und/oder aussteifende Bauteile) dürfen nicht allein unter Nutzung des Merkblattes ausgeführt werden. Hierfür ist eine „Bauteilzulassung“ des Deutschen Institut für Bautechnik Berlin notwendig, die sich unter anderem an [3] orientiert. Eine Übersicht verschiedener Zulassungen im Bereich Fundament-/Bodenplatte und Wand gibt Tabelle 5 (s. Seite 28). 40 35 Kraftverformungslinie mit Durchläufer und Rückfedern des Balkens nach dem Erstriss 30 25 Kraftverformungslinie mit Durchläufer 20 6.3.2 DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton [4] Die Richtlinie wird als Ergänzung zur DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 (s. auch DIN Fachbericht 100 [19]) gelten für die Bemessung und Konstruktion von Tragwerken des Hoch- und Ingenieurbaus aus 15 10 5 0 1 geeignet 2 3 4 Durchbiegung in Balkenmitte [mm] geeignet ungeeignet ungeeignet Bild 33: Lastverformungslinien geprüfter Stahlfaserbetonbalken 30 Bild 34: Transportbetonwerk 6.4 Stahlfaserbeton vom Transportbetonhersteller Bei der Bemessung eines Bauteils legt der Planer die Betondruckfestigkeitsklasse und die Faserbetonklasse (nach Richtlinie die Leistungsklasse) fest. Die Faserbetonklassen werden im Rahmen von sogenannten Erstprüfungen im hierfür zuständigen Labor des Transportbetonlieferanten ermittelt. Hierbei wird die für die Faserbetonklasse oder Leistungsklasse notwendige Menge an Stahlfasern festgelegt. Der heute geforderte hohe technische Stand der Betonprodukte bzw. des Transportbetons ist zielsicher nur unter Verwendung von werksgemischtem Stahlfaserbeton realisierbar. Eine Dosierung der Fasern im Transportbetonwerk gewährleistet sowohl die gleichbleibende Einhaltung der geforderten Faserbetonklasse (auf dem Lieferschein dokumentiert) als auch eine durchgängige gleichbleibende Betonqualität durch speziell auf den Stahlfaserbeton abgestimmte Rezepturen (s. weiter Kapitel 6.4.2). Stahlfaserbeton darf nur als Beton nach Eigenschaften hergestellt werden. Beton nach Zusammensetzung oder Standardbeton sind nach Richtlinie [4] nicht zulässig. Die Mischanweisung muss neben der Zusammensetzung des Betons Angaben über die Art und Menge der Stahlfasern sowie über die Mischzeit und den Zeitpunkt der Faserzugabe enthalten. Der Stahlfaserbeton wird als Verbundbaustoff durch den Transportbetonhersteller nach aktuell geltenden Normen hergestellt, laufend überwacht, geprüft und ausgeliefert. 6.4.1 Herstellung Nach Richtlinie sind die zulässigen Betondruckfestigkeitsklassen C20/25 bis C50/60. Bestimmend für die Güte des Betons sind die Beanspruchungen des Bauteils, die über die Expositionsklassen der Betonnorm [19] beschrieben werden. Hiermit wird die Dauerhaftigkeit des Stahlfaserbetons sichergestellt. Über die Expositionsklassen ergeben sich die Anforderungen an den Beton u.a. bezüglich des Mindestzementgehaltes, des maximal zulässigen Wasserzementwertes und der Mindestbetondruckfestigkeitsklasse. Aus statischen Erfordernissen heraus können höhere Betondruckfestigkeitsklassen als für die Dauerhaftigkeit des Betons gefordert notwendig werden. In der Regel werden Stahlfaserbetone in den Konsistenzklassen F3 bis F5 (Ausbreitmaß 420 bis 620 mm) eingebaut. Noch weichere Konsistenzen sind auch möglich. Hierbei kommen Fließmittel zum Einsatz. Fließmittel der neuesten Generation lassen es zu, den Stahlfaserbeton schon im Transportbetonwerk auf die gewünschte Einbaukonsistenz einzustellen. Stahlfaserbeton bedarf im Vergleich zu einem Beton ohne Stahlfasern zum Erreichen eines guten Verbundes eines höheren Mörtelanteils. Ein nicht ausreichender Feinstkornanteil der Gesteinskörnung kann über die Zugabe von z.B. Steinkohlenflugasche oder Kalksteinmehl ausgeglichen werden. 31 Bild 35 a: Aufzug zur Zugabe von Stahlfasern in den Mischer Bild 35 b: Rütteltrichter zur Aufgabe von Stahlfasern 6.4.2 Zugabe der Stahlfasern Die Stahlfasern müssen bei bauaufsichtlich relevanten Bauteilen im Transportbetonwerk zugegeben werden (s. [3] und [4]). Hiermit ist die optimale Integration der Stahlfasern in den Beton gewährleistet. Eine Zugabe auf der Baustelle ist nur bei nicht bauaufsichtlich relevanten Bauteilen zulässig, aber wegen des sehr großen Aufwandes nicht zu empfehlen und geschieht in der Regel nicht auf Verantwortung des Betonlieferanten. Aus diesem Grund bleiben hierbei unter Umständen folgende Fragen offen: Bild 35 c: Gerät zum Einblasen von Stahlfasern in den Mischer Nachfolgend sind weitere Möglichkeiten für eine Stahlfaserzugabe angegeben: n per Hand durch Einschütten der Fasern aus der Verpackung in den Mischer (sehr aufwendig) n per Aufzug (s. Bild 35 a) n per Förderband mit Rütteltrichter (s. Bild 35 b) n per Einblasgerät (s. Bild 35 c) Die Zugabe der Stahlfasern in den Mischer im Transportbetonwerk bedingt keine Verlängerung der üblichen Mischzeiten. n Stimmt die Fasermenge je m3? n Wurde ausreichend lange gemischt? n Ist die Rezeptur auf das jeweilige Anwendungsgebiet abgestimmt? n Ist die Verträglichkeit mit den Zusatzmitteln gewährleistet? n Ist die Gewährleistung gesichert? Der Transportbetonhersteller übernimmt für die Eigenschaften des nachträglich veränderten Betons in der Regel keine Gewährleistung. Bei einem Verhältnis von Länge/Durchmesser (L/D) von mehr als 60 bzw. bei komplizierten Verankerungsformen (Wellenform etc.) müssen spezielle Maßnahmen getroffen werden, um die Fasern gleichmäßig untermischen zu können. Möglichkeiten sind das Verkleben der Einzelfasern zu Plättchen, das Ausrichten in der Verpackung oder die Verwendung spezieller Dosiertechnik. Eventuell sind spezielle Integrationstechniken (Vereinzelung, längere Mischzeit etc.) zu berücksichtigen. Angaben in den technischen Merkblättern des Herstellers sind hierbei zu beachten. Sollte bei bauaufsichtlich nicht relevanten Bauteilen eine Zugabe der Stahlfasern auf der Baustelle erfolgen, ist zum Erreichen einer gleichmäßigen Verteilung und einer ausreichenden Integration der Stahlfasern in den Beton eine Mindestmischzeit zu beachten. Nach Zugabe der Stahlfasern und des Fließmittels in den Fahrmischer ist bei maximaler Drehzahl (12 Umdrehungen pro Minute) der Fahrzeugtrommel mindestens eine Minute pro Kubikmeter, aber nicht weniger als 5 Minuten zu mischen. 32 6.5 Stahlfaserbeton nach Eigenschaften Stahlfaserbeton ist zum jetzigen Zeitpunkt ein über bauaufsichtliche Bauteilzulassungen geregelter Baustoff. Als Basis hierfür dient das DBV-Merkblatt [3]. Zukünftig wird Stahlfaserbeton über die Richtlinie Stahlfaserbeton des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton geregelt. Mit Stahlfasern können zielsicher die Eigenschaften, insbesondere die Nachrissfestigkeit, von Bauteilen beeinflusst werden. Die angestrebten Eigenschaften werden dabei u.a. von der Stahlqualität, der Stahlfaserart, deren Geometrie (Verankerung), der Menge und der Betongüte bestimmt. Die Leistungsfähigkeit von Stahlfaserbeton kommt durch die Faserbetonklasse nach [3] bzw. durch die Leistungsklasse nach [4] zum Ausdruck (s. auch Abschnitte 3.1 und 3.2). Der Stahlfaserbeton ist hiermit ein Beton nach Eigenschaften. Die bisherige Form von Ausschreibungen mit einem Fasergehalt in kg/m2 ohne Bezug auf die Wirkungsform der Faserart entspricht einem Beton nach Zusammensetzung. Der Betonhersteller übernimmt in diesem Fall auch nur die Gewährleistung für die korrekte Stahlfaserdosierung. Zukünftig soll die Faserbeton- bzw. Leistungsklasse vom Bemesser des Bauteils gewählt werden. Hiermit bemisst er das Bauteil. Beim Transportbetonwerk wird dann der Stahlfaserbeton entsprechend gewünschter Klasse bestellt. In der Verantwortung des Betonherstellers steht es, den Beton in der gewünschten Eigenschaft zielsicher herzustellen. Mit seiner werkseigenen Produktionskontrolle stellt er dies sicher. Der Auftraggeber bekommt das Produkt in der gewünschten Qualität. 6.6 Betonverzeichnis/Betonbestellung Wird ein Stahlfaserbeton nach Zulassung oder nach Richtlinie bestellt, so müssen die Angaben zu diesem Beton um die Faserbeton- oder Leistungsklasse ergänzt werden. Um diese Information werden auch das Betonverzeichnis (s. Bild 36) und der Aufdruck auf dem Lieferschein vervollständigt. 33 Bild 36: Beispiel für Steelcrete Preisliste/Betonverzeichnis 34 7. Hinweise zur Bauausführung Bild 37: Einbau von Stahlfaserbeton: Bodenplatte eines Wohnhauses 7.1 Allgemeines Stahlfaserbeton ist im Wesentlichen wie herkömmlicher Beton einzubauen, zu verdichten und nachzubehandeln. Einige wenige Besonderheiten sowie wesentliche Konstruktionsdetails für typische Bauteile aus Stahlfaserbeton werden nachfolgend erläutert. 7.2 Anforderungen an den Untergrund Die Anforderungen, die an den Untergrund von z.B. Industriefußböden oder tragenden Bodenplatten im Wohnungsbau gestellt werden, hängen von der jeweiligen Bemessungssituation, insbesondere der vorhandenen Belastung, ab. Es wird daher auf die Abschnitte 4.2 „Industrieböden“ und 4.3.1 „Bodenplatten“, sowie die jeweiligen Bauteilzulassungen für tragende Bodenplatten (s. Tabelle 5) verwiesen. ten Lastplattendruckversuches [9]. Ist eine Trennlage vorgesehen, kommt in der Regel eine PE-Folie zum Einsatz. Auf ein straffes, faltenfreies Verlegen der Folie ist zu achten. Bei Überlappungen ist die Betonierrichtung zu berücksichtigen. Die Folienstärke sollte mindest 0,2 mm betragen. Bei fugenarmen Böden auf Gleitschicht ist eine geeignete doppellagige Folie notwendig. Bei fugenlosen Industrieböden direkt auf Tragschicht muss diese hinsichtlich Ebenheit, Verdichtung und Verzahnungsfähigkeit den Anforderungen entsprechen. Gegebenenfalls ist bei geringer Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen die Fläche vorzunässen. Der Stahlfaserbeton wird analog unbewehrtem Beton direkt aus dem Fahrzeug oder per Pumpe eingebaut, abgezogen und über die Oberfläche verdichtet und in der Regel mit einer Hartstoffeinstreuung oder einer Hartstoffschicht vergütet. 7.4 Schalung In der Regel sind keine Besonderheiten zu beachten. 7.3 Aufbau (Industrieböden/ Gewerbeböden) Industrieböden aus Stahlfaserbeton werden in der Regel in monolithischer Bauweise ausgeführt. Auf den vorbereiteten, verdichteten Untergrund wird in der Regel eine ausreichend tragfähige und ebenfalls sorgfältig verdichtete Tragschicht mit einer entsprechenden Ebenheitstoleranz aufgebracht. Maßgebend sind die Werte des durchgeführ- 35 Bild 38: Einbau von Stahlfaserbeton: Industrieboden 7.5 Boden- und Wandschutzfolien Beim Betonieren in bestehenden Gebäuden (hauptsächlich Industriefußböden) werden vorhandene Oberflächen mittels Folie abgedeckt und vor Verschmutzung geschützt. Beim nachträglichen Betonieren von Bodenplatten (Industriefußböden) sollten die Wände mindestens über einen Meter Höhe abgedeckt werden. 7.6 Randdämmstreifen Randdämmstreifen werden bei Industrieböden und Estrichen zur Ausbildung von Raumfugen verwendet (s. Abschnitt 7.10). einen sachgerechten Einbau (Einrütteln, Abziehen) und eine homogene und geeignete Betonzusammensetzung verhindert. Bei Industrieböden wird ein sehr guter Einschluss der Stahlfasern in den Beton zusätzlich durch den Einbau einer Hartstoffschicht erreicht. Geschalte, gerüttelte Bauteilen sind an der Oberfläche meist faserfrei, da sich diese durch das Rütteln etwas von der Schalung entfernen und dadurch von Zementleim vollständig umschlossen werden. Stahlfaserbeton ist selbst bei sehr hohen Faserdosierungen pumpbar. Hinweise zur Zusammensetzung von Stahlfaserbeton werden in Kapitel 6.1 gegeben. 7.7 Einbau von Stahlfaserbeton Der Schlauchdurchmesser sollte mindestens der 1,5-fachen Faserlänge entsprechen. Der Einbau erfolgt analog dem von normalem Beton. Teilweise kann auf den Einsatz einer Betonpumpe verzichtet werden, da der Fahrmischer im günstigsten Fall direkt an den Einbauort fahren kann. Das Verdichten erfolgt wie bei herkömmlichem Beton. Übermäßig langes Verdichten ist zu vermeiden, da sich ansonsten der Beton entmischen kann. An der Oberfläche befindliche Fasern (im Bauteil vollständig eingeschlossen) sind möglich, stellen aber keinen Mangel und keine Beeinträchtigung der Dauerhaftigkeit dar. Aus dem Bauteil herausstehende Fasern werden durch 36 Bild 39: Oberflächenbearbeitung einer Bodenplatte aus Stahlfaserbeton Bild 40: Betonage eines Industriebodens 7.8 Oberflächenbearbeitung Freiflächen werden meistens nicht mit einer Hartstoffeinstreuung, sondern nur mit einem Besenstrich versehen. Dabei ist der richtige Zeitpunkt und die Qualität der Ausführung von besonderer Bedeutung, um nicht nachträglich Fasern an die Oberfläche zu ziehen. Oberflächennahe Stahlfasern können z.B. bei Freiflächen oder im Bauzustand rosten und dadurch punktuelle Rostverfärbungen an der Oberfläche bilden. Dies ist jedoch hinsichtlich der Dauerhaftigkeit unbedenklich, da der Korrosionsprozess bereits nach wenigen Millimetern unterhalb der Betonoberfläche zum Erliegen kommt. Zudem führen rostende Stahlfasern, anders als die herkömmliche Baustahlbewehrung, nicht zu Abplatzungen des Betons. Bei Industrieböden wird ein sehr guter Einschluss der Stahlfasern in den Beton, zusätzlich zur geeigneten Betonzusammensetzung und zum fachgerechten Einbau, durch die Verwendung einer Hartstoffschicht erreicht. Aufgrund der Umgebungsbedingungen ist bei Innenbauteilen in der Regel nicht mit Rostbildung zu rechnen. Bild 43: Nachbehandlung im Sommer Schutz u.a. vor dem Austrocknen Geschalte, gerüttelte Bauteile sind an der Oberfläche meist faserfrei, da sich die Stahlfasern durch das Rütteln etwas von der Schalung entfernen und dadurch von Zementleim vollständig umschlossen werden. Eine zusätzliche Sicherheit bietet die Verwendung verzinkter Fasern (s. hierzu Kapitel 2.2). 37 Bild 41: Glätten eines Industriebodens Bild 42: Glätten eines Betonbodens 7.9 Nachbehandlung Im Industriebodenbau wird in vielen Fällen nach dem Verdichten ein Hartstoffestrich aufgezogen oder Hartstoffeinstreumörtel in die Oberfläche eingearbeitet und abschließend geglättet. Unmittelbar nach der Endbearbeitung sollte zur Vermeidung eines zu schnellen Austrocknens eine PE-Folie aufgelegt und/oder ein Nachbehandlungsmittel vollflächig aufgetragen werden. Auch bei Stahlfaserbeton ist auf eine gute Verdichtung und qualifizierte Nachbehandlung zu achten. Stahlfasern ersetzen die üblichen Regeln für den Betoneinbau und die Nachbehandlung nicht. Zum Erreichen der gewünschten Betoneigenschaften muss der Beton bis zur ausreichenden Erhärtung, insbesondere der oberflächennahen Schicht, gegen schädigende Einflüsse geschützt werden. Die hierfür durchzuführenden Maßnahmen bzw. Randbedingungen sind in der DIN 1045-3 [20] dargelegt. Bild 44: Nachbehandlung im Winter Schutz u.a. vor dem Auskühlen Ist eine Beschichtung des Betons vorgesehen, muss das Nachbehandlungsmittel auf die spätere Beschichtung abgestimmt werden. Andernfalls sollte z.B. das Abdecken mit PE-Folie vorgezogen werden. 38 Bild 45: Rautenschnitt 7.10 Fugen 7.10.1 Fugenarten Scheinfugen Scheinfugen werden in die Bodenplatte eingeschnitten, um einen planmäßigen Riss herbeizuführen. Sie werden auch als Schnittfugen bezeichnet und wirken als Sollbruchstelle. Mit der Rissbildung werden Zugspannungen abgebaut. Die Fuge ist ca. 3 bis 4 mm breit und wird über 1/3 der Plattendicke eingeschnitten. Stützen sind mit einem „Rautenschnitt“ von der Platte zu trennen. Alternativ kann eine um die Stütze herum verlaufende Schaumstoffeinlage in Verbindung mit Kerbrissbewehrung verwendet werden. Nachteilig an Schnittfugen kann der Unterhaltungsaufwand durch abgeplatzte Kanten infolge des Befahrens mit harter Bereifung (Stahlrollen, Polyamid, teilweise auch Vulkolan) sein. Stahlfasern verzögern hier zwar das Herausbrechen von Beton, können den Schädigungsprozess jedoch nur verzögern (aus diesem Grund werden hochbeanspruchte Böden meist als fugenarme Konstruktion unter Verwendung von Fugenprofilen ausgeführt s. Kapitel 4.2.2). Durch die Fasern wird die Rissoberfläche unregelmäßiger und rauer. Dadurch sind gegenüber unbewehrtem Beton größere Kräfte über die Rissufer hinweg übertragbar. Dies setzt jedoch keine allzu großen Fugenöffnungen voraus. Aus diesem Grund haben sich in der Praxis Fugenabstände zwischen 5 m und 8 m bewährt. Vereinzelt werden auch Schnittfugenabstände bis 12 m realisiert. In der Bemessung wird die Querkraftübertragung über die Fuge hinweg oft durch eine Spannungsabminderung berücksichtigt. Bei höheren Beanspruchungen oder größeren Fugenöffnungen können Schnittfugen auch verdübelt ausgeführt werden. Bild 46: Verdübelung an der Pressfuge Wand oder Stütze Dämmstreifen als Randabstellung Bild 47: Raumfuge Bodenplatte 39 Pressfugen 7.10.2 Fugenprofile Pressfugen durchtrennen die Bodenplatte in gesamter Dicke. Sie entstehen, wenn einzelne Bauabschnitte gegeneinander betoniert werden. Durch einen Nachschnitt erhält man eine saubere Fugenlinie. Die Querkraftübertragung ist durch eingelegte Dübel oder Profile sicherzustellen. Dübeldurchmesser und -abstand werden durch die zu erwartende Belastung bestimmt (Standard: glatte Dübel mit d = 20 mm, l = 600 mm in Abständen von 70 cm). Eine horizontale Bewegung ist zu sichern. Es sind mittlerweile auch spezielle Dübel erhältlich, die zusätzlich eine Bewegungsmöglichkeit parallel zum Plattenrand sicherstellen. Dies ist besonders wichtig bei großen Fugenlängen oder zeitlich sehr weit auseinander liegenden Betonierabschnitten. Im Industriebodenbau hat sich der Einsatz von Fugenprofilen durchgesetzt (s. Kapitel 4.2.2). Mit zunehmender Verbreitung von fugenarmen Industrieböden stehen eine Reihe verschiedener Fugenprofile zur Verfügung. Sie stellen zum einen durch integrierte Stahlprofile eine wirksame Sicherung gegen abplatzende Kanten dar. Zum anderen ermöglichen fest angeschweißte Dübel, Knaggen o.ä. die Übertragung höherer Lasten selbst bei größeren Rissöffnungen. Die horizontale Beweglichkeit ist senkrecht und parallel zur Fuge gegeben. Fugenprofile sind integraler Bestandteil fugenarmer Böden und stellen zudem für bestimmte Fälle eine sinnvolle Ergänzung herkömmlicher Böden dar. Für die Fugenanordnung sollten folgende Randbedingungen eingehalten werden: n Möglichst quadratische Feldeinteilung (l/b < 1,5) n Kein Versprung im Fugenraster („T-Fuge“) Raumfugen Raumfugen trennen einzelne verschiedene Bauteile voneinander (z.B. Bodenplatte gegen Wände). Sie bestehen aus einem komprimierbaren Schaumstoff und reichen über die gesamte Plattendicke. Die Anordnung einer Raumfuge ist insbesondere an allen Plattenrändern und um sämtliche Einbauteile herum erforderlich, die den Industrieboden durchdringen. n Keine spitzen Winkel n Keine einspringenden Ecken oder zumindest Absicherung durch Kerbrissbewehrung 7.10.3 Fugenplanung Vor Ausführungsbeginn sollte stets ein Fugenplan erstellt werden, der Lage und Art der Fugen eindeutig beschreibt und auf den Bauablauf abgestimmt ist. Eine „baubegleitende“ Fugenplanung führt oftmals nicht zum beabsichtigten Ergebnis. Meist wird das Stützenraster als Grundlage des Fugenrasters herangezogen. 40 8. Schadensvermeidung ∑A s,1 ∑ As,i = Ac,i · fct ≥ 0,005 · Ac,i δs Ac,2 ∑A Kerbarme Eckausbildung s,2 Ac,1 Stahlfaserbeton Bild 48: Kerbarme Eckausbildung 8.1 Risse Da bei herkömmlichen Fasergehalten die Zugfestigkeit (Biegezugfestigkeit) des Betons höher ist als die Nachrisszugfestigkeit (Nachrissbiegezugfestigkeit), sind Rissbreitenbegrenzungen lediglich durch den Einsatz von Stahlfasern bei zentrischem Zwang in der Regel nicht möglich. Entweder wird durch konstruktive Maßnahmen versucht, eine Rissbildung zu vermeiden, oder aber eine der folgenden Randbedingungen ist für einen Nachweis der Rissbreite vorhanden: n Es sind Normalkräfte vorhanden, wobei deren Exzentrizität unter Berücksichtigung der Momente ΙΙ. Ordnung zu so geringen Zugspannungen führt, dass die aus der Betonstauchung am gedrückten Rand ermittelte klaffende Fuge am gezogenen Rand die Begrenzung der Rissbreiten einhält. n Das System ist äußerlich statisch unbestimmt und lässt Schnittgrößenumlagerungen zu, die zu weiteren Rissbildungen führen. n Das System ist innerlich statisch unbestimmt (z.B. durch Stabstahlbewehrung) und lässt im Querschnitt Spannungsumlagerungen zu, die in benachbarten Querschnitten weitere Risse erzwingen. Konstruktive Maßnahmen zur Vermeidung von Rissen sind zum Beispiel das Einschneiden von Scheinfugen bei Industrieböden als geplante Sollbruchstellen und reibungsmindernde Maßnahmen zwischen Betonplatte und Tragschicht durch z.B.: n Viskose (bituminöse) Gleitschichten n zweilagige PE-Folien n PTFE-Folien n Sandschichten aus rolligem Material Zwangsspannungsarme Konstruktionen sind zu bevorzugen. Hierbei sollten z.B. Streifenfundamente oder Pumpensümpfe und Querschnittsänderungen, die zu Spannungskonzentrationen führen können (rechteckige Aussparungen und sprunghafte Änderungen von Querschnittsdicken), wenn möglich vermieden werden. Ausrundungen einspringender Ecken sind zu empfehlen (s. auch Bild 48). 41 Zwangsspannungen können durch Raumfugen oder durch eingeschnittene Sollbruchfugen vermindert werden. Fugenschnitte sollten mindestens 1/3 der Plattendicke erfassen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt (spätestens nach 24 h) erfolgen. Sollten sich einspringende Ecken nicht vermeiden lassen, muss in jedem Fall eine konstruktive Zusatzbewehrung angeordnet werden. Diese Bewehrung kann Risse zwar nicht verhindern, allerdings werden die Rissbreiten begrenzt. 8.2 Oberflächen Stahlfasern stellen eine dreidimensional verteilte Bewehrung im Beton dar. Daher können Fasern auch im oberflächennahen Bereich liegen. Fasern an der Oberfläche können unter ungünstigen Umgebungseinflüssen rosten. Dies stellt lediglich eine optische Beeinträchtigung dar. Aufgrund der geringen Faserquerschnitte reicht die Volumenzunahme beim Korrosionsprozess nicht aus, um Abplatzungen hervorzurufen. Sollen Rostpunkte sicher vermieden werden, sollte eine Einstreuung oder Beschichtung der Oberfläche erfolgen. 42 9. Glossar Arbeitsvermögen des Stahlfaserbetons ist das Integral der Last-Durchbiegungskurve aus dem Biegezugversuch am Stahlfaserbetonbalken. Äquivalente Biegezugfestigkeiten [3] sind Werte, die aus dem jeweiligen maßgebenden Arbeitsvermögen des Stahlfaserbetons berechnet werden. Aus ihnen wird die ideelle SpannungsDehnungsbeziehung für die Bemessung im gerissenen Zustand ermittelt. Beton nach Eigenschaften [19] Beton, für den die geforderten Eigenschaften und zusätzliche Anforderungen dem Hersteller gegenüber festgelegt sind, der für die Bereitstellung eines Betons, der den geforderten Eigenschaften und den zusätzlichen Anforderungen entspricht, verantwortlich ist Beton nach Zusammensetzung [19] Beton, für den die Zusammensetzung und die Ausgangsstoffe, die verwendet werden müssen, dem Hersteller vorgegeben werden, der für die Lieferung eines Betons mit der festgelegten Zusammensetzung verantwortlich ist. Biegezugfestigkeit [3] wird aus der Last beim Erstriss im Biegezugversuch im maßgebenden Intervall von etwa 0,1 mm Durchbiegung (an Balken 15 x 15 x 70 cm) ermittelt. Duktilität (Zähigkeit) Vermögen eines Werkstoffs, eines Bauteils oder eines Verbindungsmittels, sich unter Beanspruchung zu verformen, ohne zu versagen. Elastizitätsmodul [7] nennt man den Materialkennwert für das elastische Verformungsverhalten eines durch Druck oder Zug beanspruchten Werkstoffs. Expositionsklasse [19] Klassifizierung der chemischen und physikalischen Umgebungsbedingungen, denen der Beton ausgesetzt werden kann und die auf den Beton, die Bewehrung oder metallische Einbauteile einwirken können und die nicht als Lastannahmen in die Tragwerksplanung eingehen. 43 Fasergehalt [3] ist der Gehalt an Stahlfasern im Festbeton. Er kann in Massenanteilen mf (kg/m3) oder in Volumenteilen Vf (m3/m3) angegeben werden. Bei Stahlfaserspritzbeton ergibt sich dieser als Differenz aus Faserdosierung minus Faserverlust durch den Rückprall. Frost-Tausalz-Widerstand nennt man die Fähigkeit des erhärteten Betons im durchfeuchteten Zustand Frostund Frost-Tauwechseln einschließlich der Tausalzeinwirkungen zu widerstehen. Leistungsklassen [4] Kennzeichnung der charakteristischen Werte der Nachrissbiegezugfestigkeiten von Stahlfaserbeton für die Verformungen 1 und 2. Den Verformungen 1 und 2 sind Durchbiegungswerte im Versuch nach [4] zugeordnet. Nachrisszugfestigkeit [4] Fiktive Festigkeit des Stahlfaserbetons in der Zugzone nach Überschreiten der Zugfestigkeit des reinen Betons. Die tatsächlich in den Stahlfasern auftretenden Zugkräfte werden auf die Fläche der Betonzugzone bezogen; die resultierende Kraftrichtung ist normal zur Rissfläche orientiert. Nachrissbiegezugfestigkeit [4] Der Biegezugfestigkeit entsprechender Wert des Querschnittswiderstandes bei Biegung nach Ausbildung von Rissen Stahlfaserbeton [4] ist ein Normalbeton nach DIN EN 206-1:2001-07 [5] in Verbindung mit DIN 1045-2:2001-07 [6], dem zum Erreichen einer äquivalenten Zugfestigkeit Stahlfasern beigemischt werden. Standardbeton [19] Beton nach Zusammensetzung, dessen Zusammensetzung in einer am Ort der Verwendung des Betons gültigen Norm vorgegeben ist. 44 Scheinfugen sind Sollbruchstellen in Betonflächen, die unkontrollierte Temperatur- und Schwindrisse vermeiden. Schwinden [21] Unter Schwinden wird die Volumenverringerung des unbelasteten Betons während des allmählichen Austrocknens verstanden. Das Ausmaß des Schwindens hängt vor allem von den Austrocknungsbedingungen, den Bauteilabmessungen, dem Wasserzementwert und dem Zementsteinvolumen ab. Bei langsamer Austrocknung gelten für Normalbeton in der Regel Schwindmaße von 0,2 bis 0,5 mm/m. Schlagfestigkeit [22] Als Schlagfestigkeit wird die Beanspruchbarkeit des Betons durch eine Vielzahl gleicher Schläge mit vorgegebener Energie verstanden. Sie kann durch die bis zur vollständigen Zerstörung ertragene Schlagzahl beschrieben werden. Die Schlagfestigkeit kann durch die Betonzusammensetzung und die Erhärtungsbedingungen beeinflusst werden. Bei Beanspruchung des Betons durch Schlag oder Stoß wird eine bestimmte kinetische Energie in einer extrem kurzen Zeit übertragen. Das Verhalten unter Schlagbeanspruchung hat praktische Bedeutung vor allem für Betonrammpfähle. Stoßartige Beanspruchungen treten z.B. bei Dalben und Eisenbahnschwellen auf. Eine erhebliche Verbesserung wird durch die Zugabe von Stahlfasern erreicht. Für Beton mit hoher Schlagfestigkeit soll der Wasserzementwert möglichst bei etwa 0,40 liegen und 0,45 nicht überschreiten. Der Abfall der Schlagfestigkeit ist bei einer Erhöhung des Wasserzementwertes von 0,40 auf 0,50 besonders hoch und viel größer als der Abfall der Druckfestigkeit oder der Spaltzugfestigkeit. 45 Streckgrenze heißt diejenige Spannung, bei der Fließen von Stahl einsetzt, ohne dass die anliegende Spannung weiter erhöht wird. Kommt es bei Fließbeginn sogar zu einem Spannungsabfall, zeigt der Werkstoff eine obere und eine untere Streckgrenze. Diese werkstoffspezifische Größe wird im Zugversuch ermittelt. Zentrische Zugfestigkeit [3] kann aus der Biegezugfestigkeit abgeleitet werden. Äquivalente Zugfestigkeit [3] wird aus der äquivalenten Biegezugfestigkeit berechnet. Sie ist Grundlage für die Festlegung der Faserbetonklassen des Stahlfaserbetons. Zustand I Als Zustand I wird im Stahlbetonbau der ungerissene Zustand bezeichnet. Der Beton ist ungerissen. Es gilt die lineare Elastizitätstheorie. Zustand II Der Zustand II wird im Stahlbetonbau als der gerissene Zustand bezeichnet. Der Beton zeigt Risse. Die lineare Elastizitätstheorie hat keine Gültigkeit mehr. 46 10. Literaturverzeichnis [1] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. Merkblatt Grundlagen zur Beanspruchung von Industriefußböden aus Stahlfaserbeton Fassung 1991 [2] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. Merkblatt Bemessungsgrundlagen für Stahlfaserbeton im Tunnelbau Fassung 1992 [3] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. Merkblatt Stahlfaserbeton Fassung Oktober 2001 [4] DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton (noch nicht veröffentlicht, 23. Entwurf liegt vor) Beuth Verlag [5] DIN EN 206-1:2001-07 Beton Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität Deutsche Fassung EN 206-1:2000 [6] DIN 1045-2, 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 [7] DIN 1045-1, 2001-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 1: Bemessung und Konstruktion [8] DIN 51220, 2003-08 Werkstoffprüfmaschinen Allgemeines zu Anforderungen an Werkstoffprüfmaschinen und zu deren Prüfung und Kalibrierung [9] DIN 18134, 2001-09 Baugrund Versuche und Versuchsgeräte – Plattendruckversuch [10] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. Merkblatt Industrieböden aus Beton für Frei- und Hallenflächen November 2004 [12] DAfStb-Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen Ausgabe 2004-10 Beuth Verlag 47 [13] DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie) Ausgabe 2003-11 Beuth Verlag [14] ÖVBB: Richtlinie „Innenschalenbeton“ Österreichische Vereinigung für Beton und Bautechnik Wien, 2003 [15] Europäische Richtlinie für Spritzbeton Deutsche Übersetzung der EFNARC Richtlinie, 1997 www.efnarc.org [16] Schnütgen, B.: Stahlfaserbeton für den Umweltschutz Heft 100 des iBMB der TU Braunschweig, 1993, S. 125-140 [17] DIN EN 1992-1-1:2005-10 Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau Deutsche Fassung EN 1992-1-1:2004 [18] Bernhard Maidl: „Stahlfaserbeton“, 1991 Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften [19] DIN Fachbericht 100 Beton (DIN EN 206-1/DIN 1045-2 (2001)) Ausgabe 2005 Beuth Verlag [20] DIN 1045-3:2005-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton Teil 3: Bauausführung [21] „Guter Beton“ 19. Auflage, Beton-Verlag GmbH [22] Weigler/Karl; „Beton Arten Herstellung Eigenschaften“ Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften Wir danken den Firmen Arcelor Commercial Wire Drawing Deutschland GmbH (Bilder 11-15, 35b und 45), Baumbach Metall GmbH (Bilder 25, 26, 29, 30a-c, 31 und 39), Bekaert GmbH (Bilder 24, 37, 40-42, 46 und 47), KrampeHarex GmbH & Co. KG (Bilder 4, 10, 19, 35a und 38) und PERMATON waterproof engineering GmbH (Bilder 21-23, 27, 43 und 44) für die Bereitstellung des genannten Bildmaterials. 48 11. Anlagen Stahlfaserzulassungen (Stand 23.11.2006) Firma Zulassungen Zulassungsnr. Zulassungsgegenstand Bekaert Z-3.71-1745 DRAMIX Stahlfasern KrampeHarex Z-3.71-1805 KrampeHarex Stahlfasern Typen DE und DW Arcelor Z-3.71-1763 TrefilARBED Stahlfasern der Typen TABIX TABIX FE TWINCONE HE FE HFE Baumbach Z-3.71-1753 baumix Stahlfasern Anlage 1 Angaben zur Bemessung von Industriefußböden Firma Straße PLZ/Ort Ansprechpartner Telefon Telefax Datum Bemessung bis LKW Anz. Achsen: Gabelstapler Gewicht: Achslast: Bereifung: Bauvorhaben/Bemerkungen Flächenlasten Regale Stiellasten: Regalfuß: L x B Zwillingsreifen: Ja / Nein Fläche: m2 Dicke: mm Betonqualität: Untergrund: EV2 Fugenfelder bei Scheinfugen: m x m Anlage 2: Formblatt „Anfrage zur Bemessung eines Industriebodens“ Feldgrößen bei fugenarmem Industrieboden: m x m Angaben zur Bemessung von Fundamentplatten im Wohnungsbau Firma Straße PLZ/Ort Ansprechpartner Telefon Telefax Datum Bemessung bis Bauvorhaben/Bemerkungen Auflast [kN/m]: Auflast [kN/m]: vorgesehene Wandstärke [cm]: vorgesehene Wandstärke [cm]: Überstand [cm]: gewünschte Plattendicke [cm]: Betonqualität: Zul. Bodenpressung [kN/m2]: Vorgesehene Mattenbewehrung: Anlage 3: Formblatt „Anfrage zur Bemessung von Fundamentplatten im Wohnungsbau“ Angaben zur Bemessung von Kellerwänden Firma Straße PLZ/Ort Ansprechpartner Telefon Telefax Datum Bemessung bis Bauvorhaben/Bemerkungen Auflast [kN/m]: Gewünschte Wandstärke [cm]: Betonqualität: Wandhöhe [cm]: Verfüllhöhe** [cm]: Wasserdruck*: Ja / Nein Vorgesehene Mattenbewehrung: *gegebenfalls ist [13] zu beachten **Unbelastete Verfüllung Anlage 4: Formblatt „Anfrage zur Bemessung von Kellerwänden“ 52 Es kommt drauf an, was man draus macht. Berliner Straße 10 69120 Heidelberg Telefon 0 62 21-481-9612 Telefax 0 62 21-481-96 50 E-Mail [email protected] www.heidelberger-beton.de 0307/5T/SD/abc/Rev.0 Heidelberger Beton GmbH