Erfahrungsbericht zu meiner Auslandsfamulatur in Moskau

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Erfahrungsbericht zu meiner Auslandsfamulatur in Moskau
Erfahrungsbericht zu meiner Auslandsfamulatur in Moskau
Mein Name ist Moritz W., ich studiere im 7. Semester Humanmedizin an der Medizinischen
Universität Innsbruck und habe mich dazu entschlossen diesen Sommer (2014) eine
Auslandsfamulatur in Moskau an der First Moscow Medical State Unitersity (Sechenov) zu
absolvieren.
Die Vorbereitungen seitens der Innsbrucker Universität sind sehr einfach, es reicht ein
Antragsformular mit Motivationsschreiben und Sprachzeugnis (welches ich bis dato noch
nicht hatte, was aber nicht so schlimm war) im Büro für Mobilität zu deponieren. Aufgrund
der Tatsache dass Russland nie Teil des Schengener Abkommens war gelten scharfe Ein- und
Ausreisebedingungen und ein Studentenvisum für den Zeitraum des Aufenthaltes ist
zwingend notwendig. Das russische Visum kann in jeder russischen Botschaft bzw. in jedem
russischen Visazentrum beantragt werden, das Innsbruck nächstgelegene Visazentrum
befindet sich in Salzburg. Nachdem ich die Internetseite des Salzburger Visazentrums
überflogen hatte bin ich mit den dort aufgelisteten Unterlagen mit dem Auto nach Salzburg
gefahren (immerhin 2 Stunden für einen Weg), hatte allerdings einen kleinen Fehler in einem
Dokument und musste unverrichteter Dinge wieder nach Innsbruck zurückfahren. Wenn ich
mich richtig errinnere braucht ihr für das Visum
1. Reisepass + Kopie
2. Bestätigung einer im Ausland gültigen Versicherung. Da müsst ihr bei der Versicherung
anrufen und euch ein Dokument schicken lassen das explizit bestätigt dass ihr von Einreise
bis zum Abreisetermin in der kompletten russischen Föderation einen Versicherungsschutz im
Umfang von mehr als 40 000 EUR habt.
3. Einladung - Diese Einladung schickt euch die Universität Sechenova, die Mitarbeiterin die
für deutschsprachige Austauschstudenten verantwortlich ist heisst Frau Gerasimova und ist
sehr freundlich, etwa 60 Jahre alt und lässt gut mit sich reden, ist jedoch ziemlich langsam im
E-Mail Verkehr. Deshalb solltet ihr sie immer telefonisch kontaktieren wenn ihr was
dringendes braucht. Ich habe bei meiner Famulatur Frau Gerasimova auch gebeten mein
Ausreisedatum nach hinten zu verlegen um mehr Zeit zu haben in Russland zu reisen was sie
dankenswerter Weise auch gemacht hat.
Ihr könnt diese Dokumente auch postalisch nach Salzburg schicken, dazu gibt es eine genaue
Anleitung auf der Internetseite die ich erst nach minuziösem Suchen gefunden habe. Im
Allgemeinen muss man sich bewusst sein dass alles was mit Visum und Aufenthalt in
Russland zu tun hat sehr genau kontrolliert wird und keine Ausnahmen gemacht werden.
Nachdem ich alles vorbereitet hatte fand ich einen Flug um 210 Euro hin und retour
München-Moskau und bin Mitte August nach Moskau geflogen. Dort wurde ich nachdem ich
den Transfer vom Flughafen in die Innenstadt genommen habe (Aeroflot) von einem
russischen Studenten namens Alexey abgeholt der mich sehr freundlich empfangen hat und
mir alles gezeigt hat und mir sogar 1000 RUB geliehen hat weil ich noch keine Gelegenheit
hatte Geld zu wechseln. Geld kann man übrigens in jeder Wechselstube problemlos wechseln,
wenn man am Bankomaten abhebt hat man je nach Österreichischer Bankgesellschaft
unterschiedliche Spesen zu bezahlen. In Moskau wurde mir von der Sechenova Unitersität
eine Unterkunft (Obscheschitii) zur Verfügung gestellt in der ich ein 3er Zimmer mit zwei
anderen Austauschstudenten bewohnt habe. Das Leben im Studentenheim ist extrem, man
sollte sich keinen Luxus erwarten und dankbar sein über alles was funktioniert, mir hat es
aber sehr gut gefallen, es war eine gute Erfahrung.
Bereits an meinem zweiten Tag begann meine Famulatur. Ich habe auf meinem Formular
angegeben ich möchte in absteigender Priorität entweder Traumatologie, Pädiatrie oder
Rheumatologie machen. In der Sechenova Universität haben die das irgendwie falsch
verstanden und ich wurde in eine Abteilung für Kindertraumatologie mit Rheumatologischem
Schwerpunkt geschickt, das einzige Zentrum im Umreis von vielen tausend Kilometern. Im
Krankenhaus sprechen wenige Ärzte Englisch, deshalb hat es sich sehr bewährt vor der
Famulatur nocheinmal intensiv Russisch zu lernen. Im Allgemeinen ist das Überleben ohne
Russisch sehr schwierig bis unmöglich, und auch leichte Kenntnisse erleichtern einem das
Alltags- und Klinikleben massiv. Während in der Kindertraumatologie wenig erkärt aber viel
gemacht wurde und ich alle OP's assistiert habe und auch viele interessante OP-Schritte nach
Anleitung selber machen durfte waren die Kinderrheumatologen sehr gesprächig und
erklärten mir alle ihre Patienten und zeigten mir ihre Untersuchungsmethoden. Mit
Eigeninitiative kann man auf jeden Fall viel lernen.
Das Freizeitleben in Moskau ist auf jedenfall Mega. Es kommt immer darauf an was man aus
seiner Zeit macht. Viele von den Internationalen Studenten kleben ständig zusammen, deshalb
erleben sie relativ wenig und sind schnell genervt. Mir gings zum Glück nicht so da ich gleich
nach ein paar Tagen meine ersten russischen Kontakte knüpfen konnte und dann in eine
Russisch-Band aufgenommen wurde in der ich Keyboard spielte. Wir probten immer am
anderen Ende der Stadt und haben viel gemeinsam gemacht, auch gab es in der Obscheschitii
sehr aufgeschlossene Russen die eine ganz andere Mentalität haben als die meisten Europäer
und mit denen ich viel zusammen gewesen bin.
Nach Abschluss meiner offiziellen Famulatur bin ich noch 2 Wochen mit dem Zug in
Russland gereist und habe unter anderem St. Petersburg und Nizhny Novogorod besucht, zwei
Städte die mir sehr gefallen haben. Nachtzüge der untersten Kategorie sind äußerst
komfortabel und billig. Überhaupt ist das Leben im Russland wenn man auf gewissen Luxus
verzichten kann sehr billig.
Alles in allem kann ich die Auslandsfamulatur in Moskau jedem ans Herz legen der sich für
die russische Kultur und Sprache interessiert oder der einfach einmal eine ganz andere
Erfahrung machen will, man sollte sich aber in keiner Weise Luxus erwarten. Dafür trifft man
Menschen die auch mit wenig sehr glücklich sind und lernt eine ganz andere Kultur kennen.