Christi Himmelfahrt-2014
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Christi Himmelfahrt-2014
Christi Himmelfahrt (A) – Donnerstag, 29. Mai 2014 St. Gertrud / St. Josef Ansprache Liebe Schwestern, liebe Brüder, Aufgefahren in den Himmel – das feiert die Kirche heute. Und damit setzt sie etwas voraus, nämlich, dass er vorher vom Himmel herabgekommen ist. Paulus drückt das im Philipperhymnus aus: Er war wie Gott, hielt aber nicht daran fest Gott gleich zu sein……, sondern entäußerte sich, wurde wie ein Sklave und den Mensch gleich. Das kann man gar nicht klar genug sagen: Gott geht aus sich raus……, nicht wie die alten Griechen sich das vorstellten: Dass die Götter sich verkleideten und sich mal kurz bei den Menschen einschlichen, um dann wieder triumphierend auf dem Olymp zu sitzen. Paulus sieht das ganz anders: Er entäußerte sich. Die Menschwerdung Gottes war kein Verkleidungsspiel? Der Karfreitag kein Spiel wie in Oberammergau, eine harmlose Komödie, die niemandem weh tut? Die Menschwerdung Gottes ist keine belanglose Episode, die auch hätte nicht sein können. Dadurch hat sich doch nicht nur bei uns, sondern doch auch in Gott etwas verändert. In der Himmelfahrt Christi ist Christus doch nicht einfach so zurückgekehrt wie er gekommen ist, sondern als der Gekreuzigte. Er hat doch nicht Mensch gespielt, sondern war Mensch, ist ganz eingestiegen ins Elend des Menschen und er stirbt, nicht pro forma, sondern wirklich, sonst wäre Ostern doch ein fauler Zauber. Ein Gott also, der um unseretwillen von sich absieht und sein Innerstes nicht schont, seinen „Sohn". Gott geht weit weg von sich, aus sich raus, um uns ganz nah zu sein. Darüber können Theologen abgründig spekulieren. Dafür können vielleicht sogar Philosophen noch eine Gedankenkonstruktion finden. Für uns ist es wichtig, dass Gott so ist und so handelt. Gott ist so groß, dass er es vermag, nicht bei sich zu bleiben, sondern „außer" sich zu sein, herauszutreten aus seinem göttlichen Glanz, das Antlitz des Menschen und das Gewand der Erde 1 anzunehmen, so dass es schon sehr viel Wachheit und Scharfblick braucht, um ihn so als den Messias, den Gesandten, Christus, zu erkennen. Und wir lesen doch in der Schrift und bis heute, dass Viele ihn nicht erkannt haben. Und weil das so ist, vollzieht sich das, was wir „Himmelfahrt" nennen, auf eine ganz andere Weise als das Wort vermuten lässt. Mit der Himmelfahrt verbinden wir in der Regel das, was uns die großen Maler darüber ins Bild gesetzt haben, was wir in der Apostelgeschichte so konkret lesen mit dem Blick der Junger dem entschwindenden Jesus nach. Aber die Himmelfahrt Christi ist in kein Gemälde zu bringen und kein großes Spektakel mit einem Trompetenstoß: Gott fährt auf im Schall der Posaune. In Wirklichkeit ist es ein Ereignis, das im Glauben geschieht, in einem langsamen, immer tieferen Begreifen. Das Kirchenjahr gibt uns 40 Tage von Ostern bis Himmelfahrt, um zu begreifen, wohin Christus uns führen will, aber die Spanne der vierzig Tage - wie lang ist sie wohl wirklich? Vielleicht geht sie immer noch weiter für den, der es noch nicht begriffen hat oder nicht glauben kann. Und wer kann von sich sagen, er hätte es ganz begriffen! Können wir das überhaupt ganz begreifen? Können wir die Himmelfahrt Christi überhaupt in eine Vorstellung bringen? Wer unvermittelt in die Sonne hineinschauen will, wird feststellen, dass wir das nicht können, ohne blind zu werden. So stehen wir vor dem Geheimnis der Erhöhung Christi bei Gott und müssen die Augen schließen, obwohl wir eigentlich mehr sehen möchten. Es kann sein, dass es ein Leben lang dauert, bis wir fähig geworden sind für dieses Licht, bis es unsere Augen vertragen können. Früher wurde nach dem Evangelium am Himmelfahrtstag in einer schlichten, aber für mich immer sehr eindrucksvollen Geste die Osterkerze gelöscht. Nicht sehen und doch glauben, das ist das letzte Wort dieses Tages. Und es gibt ein ungeheuer wichtiges Wort Jesu, das im Matthäusevangelium heute zu hören war: Seid gewiss, ich bin bei euch bis an das Ende der Welt. 2 In der Himmelfahrt Christi ist der Himmel neu geworden. Er ist nicht der lokale Gegensatz zur Erde, sondern ihre Mitte. Sein Aufstieg, seine Erhöhung zum Vater hält ihn ja nun nicht in der Ewigkeit verschlossen, sondern sein Geist durchweht die Welt. Ostern – Himmelfahrt – Pfingsten: Das, was wir im Kirchenjahr getrennt feiern, ist eins. Himmel und Erde sind nicht mehr säuberlich zu trennen, auch wenn sie nicht identisch sind. Das Kreuz Christi bindet sie zusammen. Im Tagesgebet zu Christi Himmelfahrt heißt es: Allmächtiger, ewiger Gott, erfülle uns mit Freude und Dankbarkeit, denn in der Himmelfahrt deines Sohnes hast du den Menschen erhöht. Das überliest man schnell. Denn darin drückt sich aus, dass der Himmel nicht einfach ein von dieser Welt getrennter Ort ist. In seinem Sohn ist Gott herabgestiegen, hat Fleisch angenommen, ist Mensch geworden und als dieser ist er erhöht worden. Seitdem ist der Mensch in Gott verankert und erhöht. Der Mensch ist aus der Dimension Gottes nicht mehr herauszubringen. Dafür steht Christus. Die Himmelfahrt Christi weist auf den einen Himmel hin, der nicht einfach jenseitig abstrakt ist, sondern der in der Himmelfahrt Christi entsteht. Christus selbst ist der neue Himmel, wie immer auch die Himmel vorher gedacht waren. Er ist der neue Himmel, denn Himmel meint doch das Hineingehen des Menschen in Gott; das sich berühren des Menschen mit Gott, und das gab’s vor Christus nicht. In Christus hat Gott in einzigartiger Weise unser Menschsein berührt. Das ist das Geheimnis unserer Erlösung, das hat Christus für uns und zu unserem Heil gewirkt. Darum ist er herabgestiegen und er ist anders zurückgekehrt als er gekommen ist: als wahrer Gott und nun auch als wahrer Mensch. Der Himmel ist Christus und darum trifft der Mensch in Christus Gott. Er ist herabgestiegen, um uns Menschen mitzunehmen in den Himmel. Im Brot der Eucharistie verkosten wir den Himmel, Christus. Amen. 3