Was essen, wenn andere schlafen? Gesundheits

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Was essen, wenn andere schlafen? Gesundheits
Leitthema: Ernährung und zirkadianer Rhythmus
Ernährung 2007 · 1:454–461
DOI 10.1007/s12082-007-0104-5
© Springer Gesundheits- und Pharmazieverlag 2007
J. Petschelt1 · C. Behr-Völtzer1 · C. Rademacher2
1 Department Ökotrophologie, Fachbereich Life Sciences, Hochschule
für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg
2 Königswinter
Was essen, wenn
andere schlafen?
Gesundheits- und Ernährungssituation
bei Schichtarbeit
Die Tageszeitung zum Frühstück, eine
Bahnfahrt mit dem Nachtzug oder die
Wettbewerbsfähigkeit von Industriebetrieben – ohne Schichtarbeit ist das
gesellschaftliche und wirtschaftliche
Leben heute nicht mehr denkbar. Dabei nehmen die 2,7 Mio. Menschen,
die in Deutschland dauernd oder in
Wechselschicht nachts arbeiten, eine Reihe von Unannehmlichkeiten in
Kauf. Wie sich das veränderte Zeitregime auf die Ernährung der Betroffenen auswirkt und ob sich typische
Beschwerden mit Hilfe diätetischer
Maßnahmen lindern lassen, soll im
Folgenden aufgezeigt werden.
Hintergrund
Im Jahr 2004 arbeitete mit 49% knapp
die Hälfte der 35,7 Mio. Erwerbstätigen in
Deutschland ständig, regelmäßig oder gelegentlich am Wochenende, nachts und/
oder im Wechselschichtdienst. Von ständiger oder häufiger Nachtarbeit waren
7,7% der Beschäftigten betroffen. Besonders weit verbreitet ist Schichtarbeit in der
chemischen und metallverarbeitenden Industrie, in der Energiewirtschaft, im Gesundheits-, Verkehrs- und Nachrichtenwesen sowie zur Aufrechterhaltung von
Sicherheit und Ordnung. Im 21. Jahrhundert werden zudem immer mehr Dienstleistungen rund um die Uhr nachgefragt
und angeboten [1, 6].
454 | Ernährung 10 · 2007
In Abgrenzung zur üblichen Tagarbeit,
die zwischen 6 und 17 Uhr ausgeübt wird,
zeichnet sich Schichtarbeit durch wechselnde oder konstant ungewöhnliche Arbeitszeiten aus. Nachtarbeit ist laut § 2 Arbeitszeitgesetz jede Arbeit, die mehr als
zwei Stunden der Nachtzeit, also der Zeit
von 23 bis 6 Uhr, umfasst. Grundsätzlich
unterschieden werden folgende Schichtsysteme [6]:
Dauerschichtsysteme
FDauerfrühschicht
FDauerspätschicht
FDauernachtschicht
Wechselschichtsysteme
FSysteme ohne Nachtarbeit und ohne
Wochenendarbeit
FSysteme mit Nachtarbeit und ohne
Wochenendarbeit
FSysteme ohne Nachtarbeit und mit
Wochenendarbeit
FSysteme mit Nacht- und mit Wochenendarbeit (Konti-Arbeit)
Aus Sicht der Arbeitsmedizin sind vor allem
Systeme mit Nachtarbeit kritisch zu bewerten, da sie dem Lebensrhythmus des Menschen am stärksten widersprechen. Problematisch sind aber auch sehr früh beginnende Frühschichten und überlange Schichten von mehr als acht Stunden Dauer.
Denn die meisten physiologischen
und psychologischen Körperfunktionen
des Menschen folgen einem angeborenen
Tag-Nacht-Rhythmus, dem Zirkadianrhythmus (lat. „circa“ = ungefähr, „dies“
= Tag) mit Minima und Maxima zu bestimmten Zeiten des Tages. Die einzelnen
Variablen sind zeitlich derart aufeinander abgestimmt, dass sie den Körper tags­
über auf Leistung, nachts dagegen auf Ruhe und Regeneration schalten (. Tab. 1).
Der Tag-Nacht-Rhythmus wird durch den
suprachiasmatischen Nukleus (SCN) autonom generiert und durch exogene Zeitgeber wie Hell-Dunkel-Wechsel, Schlaf
und Aktivität, soziale Kontakte, Kenntnis
der Uhrzeit und Mahlzeitenrhythmus auf
den geophysikalischen Tag abgestimmt.
Tab. 1 Beispiele für zirkadiane Rhythmen. (Nach [2, 7])
Maximum am Tag, Minimum in der Nacht
- Körperkerntemperatur
- Blutdruck, Puls
- Motilität und Enzymsekretion aller Verdauungsorgane, Leberaktivität
- Katecholamine (z. T. abhängig vom Schlafverhalten)
- Insulinsensitivität
Maximum in der Nacht, Minimum am Tag
- TSH
- Kortisol (Anstieg in der zweiten Nachthälfte, Maximum gegen 8 h)
Tab. 2 Verträglichkeit von Schichtarbeit. (Nach [11, 12, 16])
Einflussfaktoren
Person
Alter
Einstellung zur Schichtarbeit
Chronobiologie
Lebensstil (Rauchen, Ernährung, körperliche
Bewegung)
Schichtsystem
Schichtwechselzeiten Reihenfolge der Schichtarten
Schichtdauer
Anzahl gleicher Schichten am Stück
Rotation der Schichtarten
Arbeitsbedingungen
Physikalische und chemische Belastung
Psychosozialer Rückhalt
Monotonie
Handlungsspielraum
Umwelt
Arbeitsweg
Schlafzimmer
Zahl und Alter der Kinder
Einstellung der Familie zur Schichtarbeit
Schichtarbeit führt zu einer willkürlichen Verschiebung von Schlafen, Arbeiten und Essen gegen die endogenen
Rhythmen und zur Störung der zeitlichen
Abstimmung der Körperfunktionen untereinander (biologische Desynchronisation), da die einzelnen Variablen dem
veränderten Schlaf-Wach-Verhalten mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit folgen [2].
Eine Anpassung an das veränderte Zeitregime ist selbst bei vielen Nachtschichten
hintereinander nicht möglich, da die
meisten exogenen Zeitgeber in ihrer natürlichen Lage verbleiben und die betroffenen Menschen an freien Tagen zum gewohnten Rhythmus zurückkehren.
Zu den häufig mit Schichtarbeit assoziierten Gesundheitsproblemen zählen zunächst – auch als Jetlag bekannte – Befindlichkeitsstörungen wie Schlafstörungen, chronische Müdigkeit und funktionelle Magen-Darm-Beschwerden. Unstrittig ist, dass die Desynchronisation das
Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit
schon nach der ersten bis dritten Nachtschicht einschränkt.
Schichtarbeit wird besser vertragen
Eher jung
Positiv
Abendtyp („Eule“)
Gesundheitsbewusst
Schichtarbeit wird schlechter vertragen
Eher älter
Negativ
Morgentyp („Lerche“)
Riskant
Nachtschicht endet früh
Frühschicht beginnt spät
Vorwärts (Früh-Spät-Nacht)
Max. 8 h
Max. 2–3
Schnell und vorwärts, regelmäßig
Nachtschicht endet spät
Frühschicht beginnt sehr früh
Rückwärts (z. B. Nacht-Spät-Früh)
Mehr als 8 h
Mehr als 3
Langsam und rückwärts, unregelmäßig oder
Dauernachtschicht
Hoch
Gering
Hoch
Gering
Lang
Hohe Lärmbelastung, starke Lichteinstrahlung,
Wärme
Hohe Zahl, geringes Alter
Negativ
Gering
Hoch
Gering
Groß
Kurz
Geringe Lärmbelastung, Lichtschutz, gut temperiert
Geringere Zahl, höheres Alter
Positiv
Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass
sich bei langdauernder Schichtarbeit das
Risiko erhöht, gastrointestinale und kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln
[11]. In welchem Ausmaß Schicht- und vor
allem Nachtarbeit die Gesundheit gefährdet, wird angesichts der zahlreichen intervenierenden Faktoren kontrovers diskutiert (. Abb. 1, . Tab. 2). Zu einem gewissen Teil ist die höhere Erkrankungsprävalenz bei Schichtarbeitern auf einen
niedrigeren Sozialstatus zurückzuführen,
der mit einer höheren Rate an Übergewicht, Nikotinabusus und Helicobacterpylori-Infektionen korreliert [3, 6].
Als eindeutige oder gar alleinige
Krankheitsursache wird Schichtarbeit daher nicht anerkannt. Vielmehr wirken
mindestens drei Mechanismen parallel
[8]:
FDesynchronisation physiologischer
Rhythmen sowie Schlafmangel,
FVerhaltensänderungen (Rauchen, Ernährung, Freizeitaktivitäten) und
Fsoziale Desynchronisation (zeitliches
„Ghetto“, Stressor).
Andererseits gilt die pathogene Wirkung
eines Schlafdefizits, vor allem hinsichtlich
kardiovaskulärer Risikofaktoren, als gesichert. Schlafmangel bewirkt hormonelle und metabolische Veränderungen, die
einer Stressreaktion ähneln und auch die
Sättigungsregulation beeinflussen [13, 15].
Schichtarbeit wiederum ist ein starker Risikofaktor für Schlafstörungen [16]. Eine angepasste Ernährung kann einerseits
Qualität und Quantität des Schlafes positiv beeinflussen, andererseits kardiovaskulären Risiken, insbesondere Übergewicht und Dyslipoproteinämie, entgegenwirken.
Der veränderte Tagesablauf, vor allem
bei der Nachtschicht, hat aber nicht nur
Auswirkungen auf die Schlafgewohnheiten, sondern auch auf das Ernährungsverhalten. Empfehlungen zur Zusammensetzung und zeitlichen Verteilung der Mahlzeiten sollten daher physiologische und psychologische Aspekte berücksichtigen:
FIst die Ernährung der Betroffenen an
den individuellen Energie- und NährErnährung 10 · 2007 | 455
Leitthema: Ernährung und zirkadianer Rhythmus
Merkmale des Schichtsystems
Individuelle und situative Unterschiede
Arbeit und Biorhythmus
zeitlich im Widerspruch
Soziale Beziehungen
zeitlich eingeschränkt
Schlafprobleme, Müdigkeit
Sozialer Rückhalt geschwächt
Akute Wirkung auf Befinden und Leistung
Stress
Bewältigungsstrategien, verändertes Verhalten
(z. B. Ernährung, Rauchen)
Desynchronisation der
physiologischen Funktionen
Chronische Beeinflussung der Gesundheit
Abb. 1 8 Einfluss von Schichtarbeit auf die Gesundheit – Modellvorstellung. (Mod. nach [6])
stoffbedarf angepasst, gemessen an
den Empfehlungen der DGE?
FNach welchem Mahlzeitenmuster
(Frequenz, Verteilung) erfolgt die
Nahrungsaufnahme?
FWas wissen die Betroffenen über eine
vollwertige Ernährung und wie aufgeschlossen sind sie dafür?
FWie reagieren Verdauung und Stoffwechsel auf nächtliche Nahrungsaufnahme?
Die Realisierung einer optimierten Ernährung ist letztlich auch von den Rahmenbedingungen – Verfügbarkeit von Essen und Trinken, Pausenräumen, Pausenzeiten – abhängig.
Gesundheitsprobleme
bei Schichtarbeit
Viele der mit Schichtarbeit assoziierten
Symptome haben, auch wenn sie multifaktoriell bedingt sind, einen Bezug zum
Ernährungsverhalten und können diätetisch positiv beeinflusst werden.
Schlafstörungen und Müdigkeit
An Nachtschichttagen besteht die Kunst
darin, nachts leistungsfähig zu sein und
tagsüber tief und fest zu schlafen. Laut einer Metaanalyse von Knauth [11] klagen
456 | Ernährung 10 · 2007
10–95% der Schichtarbeiter mit Nachtschicht und 35–55% der Dauernachtschichtarbeiter, aber nur 4–10% der Tagarbeiter über Probleme mit dem Schlaf.
Der Tagschlaf ist nicht nur kürzer als der
Nachtschlaf, sondern erreicht auch nicht
dessen Tiefe. Zudem sind viele Schichtarbeiter am ersten Tag der Nachtschichtperiode 24 Stunden wach. Auch vor Frühschichten kann es zu einer erheblichen
Reduktion der Schlafdauer kommen.
Chronische Müdigkeit und Erschöpfung
sind die Folge.
Folgende Ernährungsfehler, die häufig beobachtet werden, mindern die Leistungsfähigkeit während der Nachtschicht
[12, 17, 18]:
FDie Nahrungsaufnahme erfolgt nicht
rechtzeitig, also nicht ein bis zwei
Stunden vor dem absoluten Leistungstief.
FFettreiche Speisen, die eine längere
Verdauungsphase beanspruchen, werden bevorzugt. 65% der Nachtschichtarbeiter lehnen die Empfehlung ab,
solche Speisen vor allem während der
Nachtschicht zu meiden.
FKalte Mahlzeiten vermögen das Absinken der Körperkerntemperatur – das wichtigste Einschlafsi­gnal
– schlechter zu kompensieren als
warme.
Der Erholungswert des Tagschlafs wird
durch den Konsum koffeinhaltiger Getränke zur Bewältigung des nächtlichen
Leistungstiefs beeinträchtigt. Wird der
letzte Kaffee zu spät konsumiert, kann
dies bei koffeinsensitiven Personen das
Einschlafen am Morgen stören. Außerdem verzichten viele Betroffene nach der
Schicht auf das Frühstück. Hungergefühle begünstigen dann das vorzeitige Erwachen aus dem Tagschlaf und damit die
chronische Erschöpfung.
Gastrointestinale Beschwerden
Da die Aktivität der Verdauungsorgane
einen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus aufweist (. Tab. 1), fördern Unregelmäßigkeiten in der Nahrungsaufnahme das Auftreten von funktionellen Magen-Darm-Beschwerden. Einer Untersuchung von Rutenfranz et al. [16] zufolge
leiden 20–75% der Dreischichtarbeiter unter Appetitlosigkeit, Sodbrennen, Bauchschmerzen und anomalem Stuhlgang mit
Obstipation, im Vergleich zu 10–25% der
Tagarbeiter.
Appetitlosigkeit und dyspeptische
Beschwerden werden durch die besonders an Nachtschichttagen unregelmäßige Nahrungsaufnahme sowie schwer
verdauliche, insbesondere fettreiche Kost
verstärkt, da die Ausschüttung von Cholezystokinin die Magenentleerung verlangsamt, zusätzlich zur nachts ohnehin eingeschränkten Verdauungsaktivität.
Verhaltensweisen, die einer Obstipation Vorschub leisten, sind:
Feine ungenügende Zufuhr von Ballaststoffen,
Feine zu geringe Trinkmenge,
Funregelmäßige Nahrungsaufnahme,
die zu Motilitätstörungen vor allem
des Kolons beiträgt.
Kardiovaskuläre Risikofaktoren
Bei Schichtarbeit mit Nachtschichten
ist das Risiko, Übergewicht, Hypertonie, Fett- und/oder Kohlenhydratstoffwechselstörungen zu entwickeln, im Vergleich zur Tagarbeit tendenziell bis signifikant erhöht. So weisen Nachtschichtarbeiter signifikant häufiger mehrere Risikofaktoren gleichzeitig und früher auf als
Tagarbeiter gleicher Berufsgruppen. Er-
Zusammenfassung · Abstract
schwerend kommt hinzu, dass Schichtarbeiter signifikant häufiger rauchen und
ihre Freizeitaktivitäten stärker einschränken als Tagarbeiter [8, 12, 17, 18].
Die Entstehung von Übergewicht
und Hypertonie wird begünstigt, wenn
Schichtarbeiter Speisen mit hoher Energie- und geringer Nährstoffdichte bevorzugen – zum Einen aufgrund der nachts
schlechteren Verfügbarkeit un- bzw. gering verarbeiteter Lebensmittel [12, 14],
zum Anderen aufgrund der bei Schlafmangel veränderten endokrinen Sättigungsregulation [15]. Außerdem nehmen
sie zu wenige und dann größere Mahlzeiten zu sich [12]. Der große Appetit/
Hunger zu Beginn der Mahlzeit sowie die
verzögert einsetzende Sättigung verleiten
dazu, mehr Energie als erforderlich aufzunehmen.
Aufgrund der nachts verminderten Insulinsensitivität und der postprandial länger erhöhten Lipoproteinwerte [7] sind
Schichtarbeiter wahrscheinlich anfälliger
für Fett- und Kohlenhydratstoffwechselstörungen als Nichtschichtarbeiter. Dazu
können auch folgende Ernährungsfehler
beitragen:
Fzu geringe Aufnahme von Ballaststoffen,
Fein zu hoher Anteil gesättigter Fettsäuren,
Fein zu hoher Anteil einfacher/isolierter Kohlenhydrate.
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Was essen, wenn andere schlafen? Gesundheits- und
Ernährungssituation bei Schichtarbeit
Zusammenfassung
Mit der Entwicklung zu einer 24-Stunden-Gesellschaft ist Schicht- und Nachtarbeit nach
wie vor ein zentrales Thema der Arbeitswissenschaft. Die Problematik der Nachtarbeit besteht darin, dass zeitversetzt zum endogenen Rhythmus, aber auch zum Verhalten der Umwelt, gearbeitet, geschlafen und
gegessen werden muss. Eine Möglichkeit,
Schlafstörungen, Müdigkeit und funktionellen Magen-Darm-Beschwerden sowie kardiovaskulären Risikofaktoren vorzubeugen,
ist eine im Hinblick auf Nährstoffzufuhr und
Mahlzeitenverteilung angepasste Ernährung.
Da Energie- und Nährstoffbedarf unverändert
sind, gilt auch für Schichtarbeiter die Empfehlung einer kohlenhydratbetonten, fettmoderaten, ballaststoffreichen Ernährung. Vor allem
in der Nacht sollte auf fettreiche Speisen verzichtet werden. Zur Stabilisierung endogener
Rhythmen ist der unregelmäßigen Arbeitszeit
eine größtmögliche Regelmäßigkeit bei der
Nahrungsaufnahme entgegenzustellen.
Schlüsselwörter
Schlafstörungen · Insulinsensitivität · Dys­
lipoproteinämie · Mahlzeitenmuster · Ballaststoffe
What to eat while others are sleeping?
Health and nutrition of shift workers
Abstract
As the 24-h society becomes more and more
reality, shift work and night work are still
main subjects of occupational science. Especially night work implies working, sleeping,
and eating schedules that interfere with endogenous rhythms as well as with the natural and social environment. With regard to
nutrients and mealtimes, an adjusted nutrition can help to prevent sleep disturban­
ces, fatigue, gastrointestinal disorders, and
cardiovascular risk factors. As the requirement of energy and nutrients is the same for
shift workers and day workers, a nutrition
with an emphasis on carbohydrates, a moderate amount of fat, and rich in fiber, is re­
commended. On night shifts, foods rich in fat
should be avoided. The meal patterns should
be as regular as possible to strengthen the
gastrointestinal and endocrine rhythms.
Keywords
Sleep disturbances · Insulin sensitivity · Dys­
lipoproteinemia · Meal patterns · Dietary fiber
Ernährung von
Schichtarbeitnehmern
Nährstoffzufuhr und
Ernährungsverhalten
Über die Ernährungsweise bei Schichtarbeit liegen nur sehr wenige Untersuchungen vor. Im Folgenden werden die
Ergebnisse einer Querschnittstudie an
368 Nachtschichtarbeitern und 50 Nichtschichtarbeitern aus fünf Industriebetrieben sowie 137 Feuerwehrmännern einer
Berufsfeuerwehr zusammenfassend dargestellt [12]. Aufgrund der physischen
und psychischen Mehrfachbelastungen
der Feuerwehrleute bildeten sie ein von
den Dreischichtarbeitern und der Kontrollgruppe getrenntes Teilkollektiv. Die
Erhebung erfolgte mit einem achttägigen,
prospektiv geführten ErnährungsprotoErnährung 10 · 2007 | 457
Leitthema: Ernährung und zirkadianer Rhythmus
100%
Schichtarbeiter
1,2%
Feuerwehr
2,5%
4,4%
7,0%
Kontrollgruppe
3,2%
6,8%
0,0%
6,3%
90%
80%
40,2%
43,2%
39,0%
41,6%
40,7%
41,9%
38,8%
55,0%
37,1%
37,3%
36,9%
38,7%
37,0%
38,3%
38,1%
30,0%
18,3%
18,2%
17,0%
17,2%
15,5%
16,5%
16,7%
12,5%
Tagschicht
Nachtschicht
Freischicht
24-hWachdienst
Freischicht
Werktage
Wochenende
DGEEmpfehlung
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Protein
koll, das auf Basis des Bundeslebensmittelschlüssels in der Version II.2 ausgewertet wurde.
Die Energiezufuhr der Schichtarbeiter entsprach etwa derjenigen der Tagarbeiter und den Richtwerten für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit. Schichtarbeiter verzehrten signifikant mehr Fett
und Protein sowie deutlich weniger Kohlenhydrate als von der DGE empfohlen, unterschieden sich darin aber kaum
von Tagarbeitern (. Abb. 2). An Nachtschichttagen nahmen alle Dreischichtarbeiter tendenziell mehr Disaccharide
und ältere Dreischichtarbeiter tendenziell
mehr Fett auf als an Tagschichttagen. Feuerwehrleute aßen an 24-Stunden-Wachtagen signifikant mehr Fett als an freien Tagen. Trotz ausreichender absoluter Zufuhr
essenzieller Fettsäuren war der Anteil gesättigter Fettsäuren in allen Gruppen zu
hoch. Im Vergleich zu Tagarbeitern verzehrten Dreischichtarbeiter an Arbeitstagen überdies deutlich mehr Proteine.
In allen Gruppen unterschritt die Ballaststoffzufuhr den Richtwert von 30 g/Tag
mehr oder weniger stark. An Nachtschichttagen nahm fast jeder Zweite weniger als
20 g/Tag auf, an freien Tagen waren es sogar 73% der Dreischichtarbeiter. Als kritisch ist auch die Versorgung aller Gruppen mit Folsäure und Jod anzusehen.
458 | Ernährung 10 · 2007
Fett
Kohlenhydrate
Alkohol
Die Befragten verzehrten überwiegend drei bis vier Mahlzeiten am Tag. Das
klassische Ernährungsmuster Frühstück
– Mittagessen – Abendbrot war an Nachtschichttagen am wenigsten ausgeprägt.
Während der Nachtschicht verteilte sich
die Nahrungsaufnahme über einen langen
Zeitraum. Vor der Frühschicht aßen 60%
und nach der Nachtschicht 75% der Dreischichtarbeiter kein Frühstück.
Es wird auch berichtet, dass sich Dreischichtarbeiter ihr Essen häufiger außerhalb des Betriebs kaufen als Tagarbeiter
[14] – eine Verhaltensweise, die während
der Nachtschicht mangels Nachtkantine
oft notwendig ist und an Tagschichttagen
möglicherweise aus Gewohnheit beibehalten wird.
Zur Bewältigung des nächtlichen Leistungstiefs, das im Mittel gegen 2.30 Uhr
eintrat, nahmen mehr als 30% der Befragten üblicherweise koffeinhaltige Getränke auf.
Eine Umstellung auf eine vollwertige
Ernährung, die viel frisches Obst und
Gemüse, überwiegend Vollkornprodukte und wenig Fleisch/Wurst enthält,
konnten sich 90% der Befragten vorstellen. Mehr als die Hälfte der Schichtarbeiter und Feuerwehrleute gaben an, eine solche Ernährung zumindest teilweise
bereits zu praktizieren. Aus den Ernäh-
Abb. 2 9 Verteilung der
Energiezufuhr auf die Makronährstoffe. Aus methodischen Gründen summiert
sich die Energiezufuhr nicht
exakt zu 100%. (Aus [12])
rungsprotokollen ging dies allerdings
nicht hervor!
Beeinflussung des Stoffwechsels
durch die Tageszeit
In einer experimentellen Querschnittstudie wurde der Einfluss der Tageszeit auf
den postprandialen Verlauf endokriner
und metabolischer Variablen untersucht
[7]. Im Laufe einer 24-Stunden-Wachperiode erhielten sieben gesunde Probanden
sechs isokalorische Mahlzeiten im Abstand von jeweils vier Stunden. Zur Bestimmung von Blutglukose, Triglyzeriden,
Insulin, Kortisol und TSH wurden 0,5, 1,
2, 3 und 4 Stunden nach jeder Mahlzeit
Blutproben genommen.
Auffällig war erstens, dass der Anstieg
der 4-Stunden-Mittelwerte der Blutglukose zwischen 0 und 4 Uhr nicht zu einem
entsprechenden Anstieg der Insulinkonzentration führte. Diese nächtliche Dissoziation deutet auf eine nachts verminderte Insulinsensitivität hin. Hierfür könnte
derAnstieg der Kortisolkonzentration in
der zweiten Nachthälfte mitverantwortlich sein, da Kortisol die Glukoneogenese stimuliert.
Zweitens blieben die Triglyzeride nach
20 Uhr postprandial länger erhöht als zwischen 12 und 16 Uhr und erreichten gegen
5 Uhr morgens die höchste Konzentration. Hiermit korrespondierten die geringere Insulinsensitivität sowie der signifikante Anstieg der TSH-Konzentration
zwischen 20 und 8 Uhr. Insulin steigert,
TSH senkt die Aktivität der Lipoproteinlipase.
Ernährungsempfehlungen
für Schichtarbeiter
Bei Schichtarbeit sind weder der Energienoch der Nährstoffbedarf verändert. Eine
bedarfsgerechte Ernährung kann daher
durch eine angepasste Ernährungsweise
sichergestellt werden. Die folgenden Aspekte sind dabei besonders zu beachten.
Nährstoffe und Lebensmittel
Der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiezufuhr sollte mindestens 50% betragen. Stärkereiche Lebensmittel, die gleichzeitig Ballaststoffe enthalten, sind gegenüber isolierten Kohlenhydraten zu bevorzugen, da sie eine höhere Nährstoffdichte sowie eine geringere blutglukosesteigernde Wirkung aufweisen.
Eine Erhöhung der täglichen Ballaststoffaufnahme auf 30 g ist sehr empfehlenswert. Gute Quellen für lösliche Ballaststoffe, die eine Absenkung des LDL-Cho-
Tab. 3 Wünschenswertes Mahlzeitenmuster bei Nachtschicht. (Mod. nach [12])
Mahlzeit
Ort des Verzehrs
Uhrzeit
Frühstück
Mittag
Zwischenmahlzeit
Abendbrot
1. Nachtmahlzeit
2. Nachtmahlzeit
Meist zu Hause
Zu Hause
Zu Hause
Zu Hause
Bei der Arbeit
Bei der Arbeit
Ca. 7.00
12.00–13.00
16.00–17.00
19.00–20.00
0.00–1.00
4.00–5.00
lesterols bewirken können, sind Obst, Gemüse, Bohnen und Hafer. Unlösliche Ballaststoffe sind bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr eine wirksame Verdauungshilfe und kommen überwiegend in Vollkorngetreideprodukten vor [9].
Bei einer Begrenzung der Gesamtfettmenge auf 30 Energieprozent stellt die Bevorzugung pflanzlicher Fette, wobei Kokos-, Palm- und gehärtetes Fett gemieden werden sollten, eine ausreichende Zufuhr essenzieller Fettsäuren sicher und reduziert die eher unerwünschte Aufnahme
gesättigter Fettsäuren und Cholesterol mit
fettreichen tierischen Lebensmitteln. Neben Lein- und Walnussöl sind fettreiche
Seefische wie Makrele, Lachs und Hering
reich an Omega-3-Fettsäuren, die via Eikosanoide selektiv das LDL-Cholesterol sowie die Triglyzeride senken können [9].
Unabdingbar für Wohlbefinden und
Leistungsfähigkeit ist eine ausreichende
% der Tages­
energie
12
25
10
20
25
8
Flüssigkeitszufuhr von täglich mindestens 1,5 l zusätzlich zu den Speisen. Energiefreie bzw. -arme Getränke sind zu bevorzugen. Zu Beginn der Nachtschicht
aufgenommen, können koffeinhaltige Getränke einem Leistungsabfall entgegenwirken, nach Mitternacht sollte jedoch
auf sie verzichtet werden, um Einschlafstörungen am Morgen zu vermeiden.
Eine gute Orientierungshilfe zur Realisierung dieser Empfehlungen stellt
der DGE-Ernährungskreis dar [5]. Den
größten Stellenwert haben, nach den Getränken, fettarme pflanzliche Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte.
Nachtschicht
An Nachtschichttagen erhöht sich die
Anzahl der Mahlzeiten auf sechs, da zwei
Nachtmahlzeiten eingeführt werden, das
zweite Frühstück am Vormittag dage-
Tab. 4 Tagesplan für die Nachtschicht, Beispiel 1: Frau, 25 bis <51 J., Energiebedarf ca. 2400 kcal/d. (Mod. nach [5])
Mahlzeit/Speisen
Gesamtmenge
Frühstück:
Frucht-Nuss-Müsli,
Wasser
Mittagessen:
Kürbiscremesuppe, Lachshappen,
Saftschorle
Vesper:
Fruchtquark, Tee
Abendbrot:
Käsesandwich,
Tee, Kaffee
Nachtmahlzeit:
Pastasalat, Brühe
Imbiss:
Fruchtschnitte, Tee
Lebensmittelgruppea
1
2
250 g Brot, 400 g Gemüse,
50 g Flocken,
teils als Rohkost/
250 g Teigwaren
Salat
50 g Haferflocken 3
250 g Obst
1 Birne (90 g)
4
250 g Milch/ Joghurt, 60 g Käse
150 g Joghurt
fettarm
5
80 g Fleisch,
60 g fettreicher
Seefisch
6
15 g Butter, 15 g Rapsöl, 15 g Nüsse
1 EL Walnüsse
(15 g)
2 Scheiben Vollkornbrot à 50 g
250 g Hokkaidokürbis, 1 Zwiebel
(30 g), Senf
1 EL Zitronensaft
60 g Räucherlachs
1 TL Rapsöl (8 g)
1 EL Ketchup
(15 g), 1 Handvoll
Feldsalat (50 g)
100 g Dosentomaten, 1 kleine
Zwiebel
100 g Hüttenkäse
2 Scheiben
Hartkäse 40%
Fett i. Tr. (60 g)
1 EL Saure Sahne (15 g)
2 Scheiben Vollkornbrot à 50 g
4 Pflaumen
(80 g)
1 TL Kokosraspel
(5 g)
1 EL Butter (15 g)
80 g Putenbrust
1 TL Rapsöl (8 g)
1 EL Quark 20%
Fett i. Tr. (15 g)
250 g Pasta (Farfalle) gegart
1 Scheibe Vollkornbrot (50 g)
1/2 Banane
(80 g)
7
1,5 l Getränke,
energiearm bzw.
-frei
250 ml Wasser
ohne Kohlensäure
250 ml Wasser,
250 ml verdünnter Apfelsaft
250 ml Tee, z. B.
Pfefferminz
200 ml Tee, z. B.
Roiboos und ggf.
150 ml Kaffee
250 ml heiße
klare Brühe
250 ml Tee
a1 Getreide, Getreideerzeugnisse, Kartoffeln; 2 Gemüse, Salat; 3 Obst, 4 Milch, Milchprodukte; 5 Fleisch, Wurst, Fisch, Eier; 6 Fette, Öle; 7 Getränke.
Ernährung 10 · 2007 | 459
Leitthema: Ernährung und zirkadianer Rhythmus
Tab. 5 Tagesplan für die Nachtschicht, Beispiel 2: Mann, 25 bis <51 J., Energiebedarf ca. 2800 kcal/d. (Mod. nach [5])
Mahlzeit/Speisen
Gesamtmenge
Frühstück:
Käsebrötchen, Apfelmus, Tee
Mittagessen:
Hähnchenpfanne,
Wasser
Vesper:
Fruchtjoghurt, Vollkornkeks, Tee
Abendbrot:
Käse-Birnen-Sandwich, Gemüsesaft,
Kaffee
Nachtmahlzeit:
Tomatensuppe,
Rühreischnitten, Tee
Imbiss:
Banane, Saftschorle
Lebensmittelgruppea
1
2
300 g Brot,
400 g Gemüse, 250 g Kartofteils als Rohkost/
feln
Salat
1,5 Vollkorn1 Gewürzgurke
brötchen
(30 g)
3
250 g Obst
4
250 g Milch/Joghurt,
60 g Käse
5
100 g Fleisch,
1 Ei
6
30 g Butter, 15 g Rapsöl
7
1,5 l Getränke,
energiearm
bzw. -frei
250 ml Früchte­
tee
100 g Apfelmus
15 g Frischkäse mit
Kräutern 20% Fett i. Tr.,
30 g Hartkäse 40% Fett
i. Tr., 1 EL Sahne
1 EL Saure Sahne (15 g)
100 g Hähnchenfilet
1 TL Rapsöl
(8 g)
250 ml Wasser
250 g Kartoffeln (mit Schale
gekocht)
1 Vollkornkeks
(20 g)
100 g Erbsen aus
der Dose
150 g Fruchtjoghurt,
fettarm
200 ml Tee, z. B.
schwarzer Tee
2 Scheiben
Vollkornbrot
à 50 g
150 ml Gemüsesaft
1/2 Birne
(60 g)
30 g Camembert 45% Fett i. Tr.
1 EL Butter
(15 g)
100 ml Wasser,
150 ml Kaffee
2 Scheiben
Vollkornbrot à
50 g, 1 EL Mehl
(20 g)
150 g Tomaten
aus der Dose,
Schnittlauch
1 EL Milch (15 ml)
1 Ei
1 EL Butter
(15 g), 1 TL
Rapsöl (8 g)
250 ml Wasser,
200 ml Früchte­
tee
1 Banane
(100 g)
200 ml Apfelsaftschorle
a1 Getreide, Getreideerzeugnisse, Kartoffeln; 2 Gemüse, Salat; 3 Obst; 4 Milch, Milchprodukte; 5 Fleisch, Wurst, Fisch, Eier; 6 Fette, Öle; 7 Getränke.
gen entfällt. Im Vergleich zu Tagen ohne
Nachtschicht sinkt der Energiegehalt der
einzelnen Mahlzeiten (. Tab. 3).
Unabhängig von der Schichtart sollten
vor allem Mittag- und Abendessen stets zur
gleichen Zeit eingenommen werden, um
die Verdauungstätigkeit (Magensaft, Galle,
Bauchspeichel) nicht abzu­schwächen. Zur
Reduktion des nächtlichen Leistungstiefs
haben sich zwei Nachtmahlzeiten bewährt
– eine warme Hauptmahlzeit gegen Mitternacht und eine Zwischenmahlzeit gegen 4 Uhr morgens.
Für die warme Nachtmahlzeit eignen
sich fettarmes Fleisch, Fisch oder Eier mit
Kartoffeln, Reis, Gemüse und Salat als Beilage, jeweils in fettarmer Zubereitung. Als
Zwischenmahlzeit sind vor allem Obst und
fettarme Milchprodukte geeignet. Ausschließliche Kaltverpflegung ist aufgrund
der nachts absinkenden Körperkerntemperatur nicht empfehlenswert. Mit einer leichten Vollkost kann funktionellen MagenDarm-Beschwerden vorgebeugt werden.
Speisenplan für die Nachtschicht
Die Mahlzeiten der beispielhaften Tagespläne (. Tab. 4 und 5) sind leicht selbst
zuzubereiten, zumal sich die Mehrheit der
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Nachtschichtarbeiter die Verpflegung von
zu Hause mitbringt [12]. Doch auch Arbeitnehmer, die auf Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung angewiesen sind,
können dort in aller Regel entsprechende
Speisen auswählen. Beide Tagespläne sind
an den D-A-CH-Referenzwerten für die
Nährstoffzufuhr und den entsprechenden
Lebensmittelmengen ausgerichtet [4, 5].
Am Beispiel 1 (. Tab. 4) können sich
Frauen im Alter von 25 bis unter 51 Jahren
orientieren, die eine mittelschwere Tätigkeit, zum Beispiel als Altenpflegerin, ausüben („physical activity level“, PAL = 1,8)
und einen täglichen Energiebedarf von
durchschnittlich 2400 kcal haben.
Der zweite Tagesplan (. Tab. 5) ist für
25- bis unter 51-jährige Männer mit leichter Tätigkeit, z. B. als Kraftfahrer, und
einem mittleren Energiebedarf von 2800
kcal/Tag (PAL = 1,6) gedacht. Sie decken
mit diesem Speisenplan ihren Bedarf an
Energie und Nährstoffen.
Fazit
Eine Verbesserung der Gesundheit von
Schichtarbeitern ist nur realistisch, wenn
sich parallel zum Verhalten des Individu-
ums auch die Verhältnisse ändern. Das
wichtigste Instrument zur Prävention
chronobiologischer Störungen ist die Gestaltung des Schichtplans. Dies ist Aufgabe der Arbeitgeber.Eine Verkürzung der
Nachtschichtdauer hat nachweislich positive Effekte auf Fettstoffwechselprofil
und funktionelle Verdauungsbeschwerden [10].
Um den Beschäftigten die Realisierung
einer vollwertigen Ernährung zu erleichtern, sollte möglichst auch der Nachtschichtbelegschaft eine Kantine zur Verfügung stehen. Gute Alternativen sind
mit warmen Speisen, Obst und fettarmen
Milchprodukten bestückte Automaten
oder gekühlte Menüs, die dezen­tral regeneriert werden können. Wenn die Mitarbeiter über das Angebot informiert
und über den Fett- und Ballaststoffgehalt von Lebensmitteln aufgeklärt werden, sind positive Verhaltensänderungen
wahrscheinlich.Eine sinnvolle Ergänzung
stellen Antistress-, Rauchfrei- und Bewegungsprogramme dar.
Korrespondenzadresse
Dipl. oec. troph. Judith Petschelt
c/o Prof. Dr. C. Behr-Völtzer
HAW Hamburg, Fakultät Life Sciences, Lohbrügger Kirchstraße 65, 21033 Hamburg
[email protected]
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