Ein Gigant geht auf Reisen

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Ein Gigant geht auf Reisen
COBURG
Dienstag, 9. Juli 2013
COS1-1
Gerüchteküche
brodelt auf
dem Campus
Guten Morgen
Coburg
Die Hütte ist reserviert und die
Sachen sind gepackt: Alles ist bereit für eine herrliche ZweitagesRadtour in den Lichtenfelser
Landkreis. Zumindest fast. Wie
Im Prozess gegen einen
früheren Professor werden
Zeugen aus dem Umfeld
der Hochschule befragt.
Das Verhältnis zwischen
der Lehrkraft und einer
Studentin macht damals
schnell die Runde.
Sven Lindner
so oft in diesem Sommer regnet
es Bindfäden. Den Himmel bedecken dunkelgraue Wolken, ein
Ende des Sauwetters ist nicht abzusehen. Dennoch treffen sich
fünf tapfere Biker, um sich von
Lautertal zum Obermain durchzuschlagen. Sonnenklar, dass gerade bei dieser Witterung die
Ausrüstung stimmen muss. Der
letzte Rucksack-Check bringt
Klarheit: Handtuch – dabei.
Wechselklamotten – dabei. ErsteHilfe-Set: dabei. Als eigentlich
alle abfahrbereit sind, durchwühlt ein Kollege noch immer
sein Gepäck, bevor er entnervt
durchschnauft. Dabei hat er
doch den Rucksack ausgeräumt
und alles, was man braucht, dabei. Die Nachfrage bringt Klarheit: „Ich habe meine Sonnenbrille vergessen.“ Stimmt. Wie
konnten wir da nicht draufkommen? Zum Glück stand seine
Tochter Gewehr bei Fuß,
schwang sich ins Auto und
brachte gleich zwei paar Augengläser. Dann endlich konnte die
Fahrt losgehen: Es waren 50 Kilometer nach Lichtenfels, wir hatten Sonnenbrillen und es war
dunkel. Die Blues Brothers wären
stolz auf uns.
Witz des Tages
Ein Rettungsschwimmer versucht
am Strandbad einen Ertrunkenen
mit Herzdruckmassage und Mundzu-Mund-Beatmung zu reanimieren. Kommt ein Wanderer dazu
und sagt: „Lass‘ sein, der ist tot.“
Empört fragt der Retter, woher er
die Weisheit nehme. Oder sei er
Arzt? „Nö, das nicht, aber dein ertrunkener Badegast hat Schlittschuhe an.“
Tipp der Redaktion
VHS-Film „Lincoln“
Das Utopolis zeigt im Rahmen der
VHS-Reihe heute, Dienstag, und
morgen, Mittwoch, jeweils um
20.15 Uhr den Film „Lincoln“. Vor
Ende des amerikanischen Bürgerkrieges: An Abraham Lincoln liegt
es nicht nur, die Kampfhandlungen zu beenden. Es muss ihm auch
gelingen, den 13. Verfassungszusatz durchzusetzen, der eine endgültige Abschaffung der Sklaverei
gesetzmäßig verankern wird. Diese
Tat setzt wahrhaften Mut voraus.
Lincoln muss sich all seines Verhandlungsgeschicks und seiner
moralischen Stärke besinnen –
und wird dafür zur Legende werden. Die Auswirkungen seiner Taten setzen ihn einer starken Belastungsprobe aus, gleichermaßen
auf persönlicher wie nationaler
Ebene. Aber genau das ist Lincoln
immer zuvorderst am Herzen gelegen: Gerechtigkeit für alle – für
sein Land und die, die er liebt.
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40 Meter breit, 13 Meter hoch, 1000 Tonnen schwer: Die PowerTec 13000 AG-S2 ist die bisher größte Fräsmaschine, die bei Waldrich entwickelt, konstruiert
und gebaut wurde. Künftig steht das Bearbeitungszentrum im XXL-Format im niederländischen Tilburg.
Fotos: Waldrich Coburg
Ein Gigant geht auf Reisen
Die PowerTec 13 000 AG-S2
ist mit 40 Metern die
breiteste Fräsmaschine, die
Waldrich bisher gebaut hat.
Heute Abend verfrachtet
ein Schwertransporter den
rund 120 Tonnen schweren
Querbalken ins
niederländische Tilburg.
Von Christoph Scheppe
Coburg – Groß-Bearbeitungszentren
mit höchster Präzision: Das ist das
Markenzeichen des Coburger Werkzeugmaschinenbauers
Waldrich.
Viele Fräs-Giganten sind schon am
Firmensitz im Hahnweg entwickelt,
konstruiert und gefertigt worden.
Doch was am heutigen Abend gegen
22 Uhr als Schwertransport auf die
Reise nach Tilburg geht, ist auch für
Waldrich etwas Besonderes. Verladen wird ein rund 120 Tonnen
schwerer und 21 Meter langer Querbalken. Er ist Teil der PowerTec
13 000 AG-S2, die mit einer Breite
von 40 Metern das bisher größte Portalbearbeitungszentrum ist, das
Waldrich je gebaut hat.
„Gewicht und Dimensionen sind
nicht ganz ohne“, spielen Werner
Friedrich und Sven Grosch von der
Marketing-Abteilung auf das XXLFormat der Fräsmaschine an. Zwar
baue Waldrich schon immer große
Anlagen, doch sei eine Breite von 40
Metern „auch für uns eine Herausforderung“.
Auftraggeber ist die „P. von der Wegen Gears BV“ im niederländischen
Tilburg. Hier wird die Fräsmaschine
aus Coburg nach der Montage künftig Zahnkränze mit einem Durch-
Kein UFO, sondern ein riesiger Drehteller: Auf ihm können Zahnkränze mit einem
Durchmesser von bis zu 17,5 Metern bearbeitet werden.
Die Route durch Coburg
800 Mitarbeiter
Der 38 Meter lange und 210
Tonnen schwere Tieflader startet
heute Abend gegen 22 Uhr auf
dem Waldrich-Firmengelände.
Für die 800 Kilometer zum Bestimmungsort Tilburg sind vier
Tage veranschlagt.
Die Route durch Coburg führt
über Hahnweg, Badweg, Rosenauer Straße, Allee, Hindenburgstraße, Löwenstraße sowie Goetheund Bamberger Straße bis zum
Brose-Kreisel. Da das Gesamtgewicht die maximale Traglast der
Südzufahrt-Brücke überschreitet,
muss der Transport über Postweg,
Ketschendorfer- und Creidlitzer
Straße bis zur B 4-Anschlussstelle
Niederfüllbach geleitet werden.
Schwerpunkte der 1920 von
Adolf Waldrich gegründeten Werkzeugmaschinenfabrik sind Bau
und Service von hochgenauen und
großen Portalfräsmaschinen.
1986 verkaufte Otto Waldrich
das Unternehmen an die amerikanische Ingersoll International.
Nach deren Insolvenz erwarb
die Maschinenfabrik Herkules Siegen 2003 die Firmen Waldrich
Siegen und Waldrich Coburg.
2005 wurde die Werkzeugmaschinenfabrik Adolf Waldrich Coburg an Beijing No. 1 Machine
Tool verkauft. Seither sind über
40 Millionen Euro in Coburg investiert worden. Aktuell beschäftigt Waldrich 800 Mitarbeiter.
messer von bis zu 17,5 Metern in
höchster Präzision bearbeiten. Solche Giganten kommen beispielsweise in Erzmühlen, beim Tunnelbau
oder im Braunkohle-Tagebau zum
Einsatz.
„Von der Vergabe bis zur Fertigstellung sind gut 26 Monate vergangen“,
erläutert Friedrich die Komplexität
des millionenschweren Auftrags.
„Alles aus einer Hand“, ergänzt
Grosch. Soll heißen: Entwicklung,
Planung, Konstruktion und Montage
erfolgten ausschließlich durch Waldrich-Mitarbeiter.
Insgesamt bringt die PowerTec
1000 Tonnen auf die Waage. Damit
sowie wegen ihrer Maße und Technologie ist sie eine der größten und
modernsten
Werkzeugmaschinen
Europas. Darauf ist man bei Waldrich
besonders stolz. „Das ist wieder ein
wichtiges Referenzobjekt für uns“,
sagt Werner Friedrich. Schließlich
zähle die „P. von der Wegen Gears
BV“ zu den weltweit führenden Herstellern von offenen Antrieben,
Zahnkränzen, Zahnrädern, Ritzeln
und Schneckengetrieben.
Mit dem 21 Meter langen Querbalken geht heute Abend eines der größten Einzelbauteile auf die Reise nach
Tilburg. Verladen wird er auf einen
fast 40 Meter langen Spezialtransporter, der sich gegen 22 Uhr in Bewegung setzen soll. Vier Tage sind für
die rund 800 Kilometer lange Strecke
eingeplant. Begleitet wird die Kolonne dabei von einem niederländischen Fernsehteam. „Die Maschine
hat schon im Vorfeld in den Niederlanden für großes Aufsehen gesorgt“,
erklären Friedrich und Grosch.
Kleinere Baugruppen sind bereits
am Bestimmungsort eingetroffen,
sodass die Waldrich-Monteure demnächst mit dem Aufbau des FräsGiganten beginnen können.
Zwei Euro mehr für weniger Samba
Mehr zahlen, weniger
bekommen: Im Vorfeld
des 22. Samba-Festivals
wird Kritik laut, dass trotz
steigender Ticketpreise
weniger Stargäste anreisen.
Auch das Abschlussevent
auf dem Coburger Markt
wird vermisst.
Von Steffi Wolf
Coburg – Wenn an diesem Freitag
das 22. Internationale Samba-Festival eröffnet wird, ist der Veranstaltungsplan wieder prall gefüllt. Die
Besucher erwarten Bühnenshows,
Samba-Gruppen, Workshops, Promis
und am Sonntag der Höhepunkt, der
Umzug durch die Stadt. Doch gerade
der letzte Veranstaltungstag stößt auf
Kritik. Denn obwohl das Tages-Ticket
für den Sonntag um zwei Euro erhöht wurde, fehlt einigen Besuchern
der angekündigte prominente Gast,
der den Sonntag auf dem Markt beenden soll.
2011 war Roberto Blanco hier auf
der Bühne am Markt aufgetreten. Im
vergangenen Jahr hatte der Künstler
Percival, bekannt aus der TV-Show
„The Voice of Germany“, das Festival
in der Innenstadt ausklingen lassen.
Die Preiserhöhung der Sonntags-Tickets um zwei Euro war von den Veranstaltern im Vorfeld mit einem großen Programm am Abschlusstag begründet worden (NP vom 31. Januar
2013) . Damals hieß es, es gebe „einen großen Event auf dem Markt mit
einem prominenten Gast“.
Die Veranstaltungsagentur Sambaco sieht sich in dieser Hinsicht falsch
verstanden. „Wir haben das so nicht
kommuniziert“, so Pressesprecher
Andi Ebert auf NP -Nachfrage. Vielmehr sei der Auftritt der Gruppe Olodum – das diesjährige Highlight des
Festivals – aus zeitlichen Gründen
auf den Samstag vorverlegt worden.
„Wir haben
das so
nicht kommuniziert.
“
Andi Ebert, Pressesprecher Sambaco
Auch der mehrfach angedeutete
Überraschungsgast konnte am Ende
nicht für einen Auftritt verpflichtet
werden. „Angesichts der angespannten Lage in Brasilien, haben unsere
angefragten Künstler keine Genehmigung bekommen, das Land zu ver-
lassen“, erklärt Ebert, warum die monatelange Verhandlungen nicht zum
Erfolg führten. Um welchen Künstler
oder welche Gruppe es sich handelt,
wollte der Pressesprecher nicht verraten. „Wir bleiben dran und versuchen im nächsten Jahr noch mal unser Glück.“
Die Kritik an den Eintrittspreisen
und dem Angebot kann er nicht
nachvollziehen. „Unser Programm
kann sich sehen lassen. Es fehlt an
nichts“, meint Ebert.
Gleichzeitig verweist er auf die
Preissenkung bei den Einzel-Tickets
für Freitag und Samstag. „Wer sich
spontan entschließt, zum SambaFestival zu gehen, der zahlt am Freitag 17 Euro und am Samstag 20 Euro.
Früher waren es 18 und sogar 25
Euro.“ Und auch die Drei-Tages-Tickets an der Abendkasse seien mit 25
Euro fünf Euro günstiger geworden
als zuvor.
Coburg – Im Revisionsverfahren gegen einen früheren Professor der
Hochschule Coburg, dem vorgeworfen wird, eine ehemalige Studentin
sexuell missbraucht zu haben (Neue
Presse vom 27. Juni ), sind am gestrigen Montag mehrere Zeugen aus
dem Hochschule-Umfeld befragt
worden. Unter anderem kam der damalige Hochschulpräsident zu Wort,
der im Oktober 2007 bei einem Gespräch mit der Studentin anwesend
war. Es sei sehr schwer gewesen, so
der Zeuge, deren Aussagen abschließend zu bewerten. „Ich hatte an der
Glaubwürdigkeit der jungen Frau
keinen Zweifel, eine vollständige Sicherheit gab es aber nicht.“ Zumal
ihm der beschuldigte Kollege in einem Vier-Augen-Gespräch versichert
hatte, dass an den Gerüchten hinsichtlich eines sexuellen Verhältnisses „nichts dran gewesen“ sei. Auch
deshalb habe man den Fall an die
Landesanwaltschaft weitergeleitet.
Eine weibliche Lehrkraft erinnerte
sich an ein Gespräch unter vier
Augen, infolge dessen es aus der jungen Frau „herausgebrochen“ sei. Völlig aufgelöst habe sie über die Beziehung zu dem Professor berichtet und
erzählt, dass sie sehr unter der Trennung leide. „Sie wollte ihn unbedingt zurückhaben“, so die Zeugin.
Daraufhin habe sie der Studentin aus
dem Fachbereich Soziale Arbeit, die
einen „desolaten Eindruck“ machte,
eine Beratungsstelle empfohlen und
ihr ans Herz gelegt, sich der Hochschulleitung anzuvertrauen. Damals
habe auf dem Campus wegen der Gerüchte ohnehin eine „angespannte
Stimmung“ geherrscht.
„ Sie sagte zu mir, dass sie
sehr böse werden kann. Das hat
mir schon Angst gemacht.
Eine ehemalige Studentin
“
Zudem wurden bei der Sitzung am
Coburger Landgericht einige ehemalige Kommilitoninnen befragt. Eine
35-jährige Sozialpädagogin sagte
aus, dass der damalige Professor insgesamt „recht locker“ gewirkt habe.
Als es ihr einmal schlecht ging, habe
er ihr auf dem Gang tröstend die
Hand auf die Schulter gelegt. „Das
empfand ich damals als okay. Irgendwann wurde es aber unangenehm.“
Der 51-Jährige habe zwar nie eindeutige Anspielungen gemacht oder sie
unsittlich berührt. „Das waren mehr
subtile Bemerkungen. Ich war froh,
wenn wir nichts zu besprechen hatten.“ Sie habe sich in den Vorlesungen nach hinten gesetzt, weil ihr die
Blicke des Professors unangenehm
wurden. Irgendwann hätten Kommilitonen sie auch gefragt, ob etwas
zwischen ihr und dem Professor laufe. Aus zwei E-Mails an die Zeugin
geht hervor, dass der Angeklagte die
Frau aufforderte, die Verbreitung der
„unsäglichen Gerüchte“ zu unterlassen. Ansonsten würde er strafrechtliche Schritte einleiten.
Weitere Zeuginnen schilderten vor
Gericht, dass ihre Kommilitonin im
Hinblick auf die Beziehung zu dem
Professor glücklich gewirkt habe.
Eine ehemalige Studentin berichtete
aber auch, dass die Frau gesprungen
sei, sobald sich der Professor gemeldet habe. „Wir saßen einmal in einer
Kneipe, da hat er angerufen. Da ist
sie direkt los zu ihm.“
Eine andere Frau sagte aus, dass sie
sich wegen einer Stelle in der Praxis
des Professors mit einer anderen
Kommilitonin beworben hatte. Als
die Studentin davon erfuhr, habe sie
ihnen klar und deutlich zu verstehen
gegeben, dass sie nicht wolle, dass
sich jemand dort bewirbt. „Sie sagte
mir am Telefon, dass sie sehr böse
werden kann. Das hat mir schon
chp
Angst gemacht.“
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Der Prozess wird am Freitag, 12. Juli, 9
Uhr, fortgesetzt. Dann sind die Berichte
der drei Gutachter eingeplant.

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