Ascendis Pharma: Reversible Konjugate von Therapeutika

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Ascendis Pharma: Reversible Konjugate von Therapeutika
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Ascendis Pharma: Reversible Konjugate von
Therapeutika
Mit seiner in Heidelberg entwickelten Prodrug-Technologie TransCon stellt Ascendis Pharma
neue patentfähige Versionen therapeutisch erprobter Medikamente her, um ihre
Darreichungsform und Wirkung im Patienten zu verbessern. Für das am weitesten
fortgeschrittene Produkt in Ascendis‘ Pipeline, ein reversibel pegyliertes Wachstumshormon,
das nur einmal wöchentlich verabreicht werden muss, wurde jetzt bereits eine klinische
Phase-II-Studie in erwachsenen Wachstumshormon-defizienten Patienten erfolgreich
abgeschlossen.
Dr. Dirk Vetter © privat
Ascendis Pharma A/S ist ein junges, auf neue Drug-Delivery-Versionen bereits erprobter
Arzneimittel in den Bereichen der Endokrinologie, ZNS-Erkrankungen und
Infektionskrankheiten spezialisiertes Pharmaunternehmen. Das Mutterhaus liegt in
Kopenhagen, Dänemark. Die Wirkstoffforschung erfolgt im Technologiepark Heidelberg bei der
Ascendis Pharma GmbH; hier arbeiten gemeinsam mit Dr. Dirk Vetter als Geschäftsführer 25
Mitarbeiter. Als drittes Standbein der Firma wurde 2010 ein Büro in Palo Alto, Kalifornien (USA)
eröffnet, von dem aus Jan Møller Mikkelsen, Präsident und CEO des Unternehmens, die
geschäftliche und strategische Entwicklung leitet. „Die Wahl des Standorts im Silicon Valley
erfolgte, damit Ascendis direkter auf die US-amerikanischen Wagniskapitalgeber zugreifen
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kann", erklärte Vetter im Interview mit BioRN in Heidelberg.
Ascendis entstand im Dezember 2007 mit der Übernahme des Heidelberger BiotechnologieUnternehmens Complex BioSystems GmbH, das 2002 von Dirk Vetter und Harald Rau
gegründet worden war. Hier wurde die Technologieplattform TransCon entwickelt, die eine
reversible Konjugation von Medikamenten mit verschiedenen Trägern für eine verbesserte
Darreichungsform und Wirkung ermöglicht. Rau ist heute als Chief Scientific Officer ebenso wie
Vetter Mitglied des Management-Teams der Muttergesellschaft.
Die „TransCon Linker Technology“
Bei Ascendis‘ proprietärer TransCon-Technologie handelt es sich um eine ProdrugTechnologieplattform, bei der die Substanzen über bestimmte Linker-Strukturen reversibel an
verschiedene Trägermoleküle gekoppelt werden. Prodrugs sind Medikamente, die in einer
inaktiven Form verabreicht und erst im Körper des Patienten in die therapeutisch aktive Form
umgewandelt werden. Im Unterschied zu anderen Verfahren, bei denen das Prodrug im Körper
enzymatisch in die aktive Wirksubstanz gespalten werden muss, sind die chemischen
Eigenschaften der von Ascendis entwickelten Linker so gewählt, dass sie sich selbst in einer
nicht-enzymatischen Reaktion abspalten und dadurch die Arzneimittelkomponente aus dem
TransCon-Konjugat unabhängig von der Enzymaktivität und den jeweiligen
Gewebebedingungen freigesetzt wird. Die Autohydrolyse (Selbstspaltung) der Linker ist nur von
den im Körper konstant gehaltenen Parametern pH und Temperatur abhängig; ihre
Spaltungsrate kann so konstruiert werden, dass sie für das betreffende Medikament ein
optimales pharmakokinetisches Profil ergibt: Es wird auf präzise, zeitlich kontrollierte Weise im
Körper freigesetzt und eine definierte Langzeitwirkung des nicht modifizierten - mit der
Originalsubstanz identischen - Medikaments erzielt.
Schema eines konventionell PEGylierten Wirkstoffs. Der Faden, der sich um das zentrale Molekül wickelt, besteht aus
Polyethylenglykol. © Pharmakologie, Universität Heidelberg
Die TransCon-Technologie kann auf unterschiedliche Medikamente - Peptide, Proteine oder
niedermolekulare Substanzen - angewendet werden. Als Trägermoleküle verwendet Ascendis
Polyethylenglykol (PEG) in Form eines linearen, verzweigten oder mehrarmigen Polymers
(TransCon PEG) oder ein von dem Unternehmen selbst entwickeltes, sich selbst auflösendes
Hydrogel (TransCon Hydrogel). Ausgewählte Medikamente können mit der TransConTechnologie auch an Albumin als Carrier gekoppelt werden.
Andere Konjugierungstechnologien wie die bereits verschiedentlich eingesetzte konventionelle
PEGylierung können eine verlangsamte Wirkstoffabgabe wie bei der TransCon-Technologie
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nicht erreichen, da der Wirkstoff von dem Polymer, das ihn wie ein Käfig umschließt, nicht
freigesetzt werden kann und in seiner Aktivität reduziert ist. Das hochmolekulare PEGylierte
Arzneimittel kann aus dem Blutstrom, in den es injiziert wird, nicht in das umgebende Gewebe
eindringen. Es sind daher hohe Konzentrationen im Blutplasma notwendig, um die Wirkung
sicherzustellen; das wiederum erhöht die unerwünschten oder gefährlichen Nebenwirkungen.
Diese Nachteile werden bei der Konjugierung von Wirkstoffen mit der TransCon-Technologie
vermieden.
Die eigene Pipeline und Auslizenzierungen
Strukturformel der Neuroleptika Risperidon und seines Hauptmetaboliten Paliperidon. © Pharmakologie, Universität
Heidelberg
Ascendis Pharma zielt mit seiner Technologie auf die Herstellung patentierbarer, transient
konjugierter Prodrugs von hochwertigen bereits erprobten Medikamenten, die mit einem
vergleichsweise geringen klinischen Risiko und in kurzer Zeit zur kommerziellen Reife gebracht
werden können. Mit seinen in Entwicklung befindlichen Produkten wird ein Markt mit einem
jährlichen Volumen von mehr als 13 Milliarden US-Dollar adressiert. Die firmeneigene Pipeline
besteht gegenwärtig unter anderem aus konjugierten Versionen von Wachstumshormon, dem
Neuroleptikum Paliperidon zur Behandlung von Schizophrenie und bipolaren Störungen, dem
Dopamin-Antagonisten Pramipexol zur Therapie von Frühstadien der Parkinson -Krankheit und
dem Restless-Legs-Syndrom, sowie Interferon alpha zur Behandlung von Hepatitis C und
Faktor IX zur Behandlung von Hämophilie.
Dreidimensionales Modell des menschlichen Wachstumshormons. © Endokrinologie, Universitätsklinikum
Heidelberg
Die Produktentwicklungen im Therapiebereich Diabetes - TransCon Hydrogel Insulin, TransCon
Hydrogel GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) sowie eine Kombination aus beiden - wurden im
Dezember 2010 an Sanofi-Aventis übertragen. Pierre Chancel, Senior VP und Leiter der Global
Diabetes Division des Pharmakonzerns kommentierte das Partnerschaftsabkommen mit
Ascendis: „Mit dieser innovativen TransCon-Linker-Technologie, die bereits vielversprechende
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Ergebnisse in vorklinischen Studien zur Insulinfreisetzung gezeigt hat, beabsichtigen wir
Biologika anzubieten, die eine verfeinerte, kontrollierte Freigabe von unmodifizierten
Stammwirkstoffen, zum Beispiel Insulin, ermöglichen." Im Rahmen der Vereinbarung erhielt
Sanofi-Aventis eine weltweite Lizenz für die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von
Produkten, die die Technologie mit aktiven Molekülen bei Diabetes und damit verbundenen
Erkrankungen kombinieren. Ascendis erhielt eine Vorabzahlung und das Recht auf weitere
Zahlungen bei Erreichen von Entwicklungs-, Zulassungs- und Vermarktungsmeilensteinen.
TransCon PEG Growth Hormone (ACP-001)
Das am weitesten entwickelte Produkt von Ascendis Pharma ist ACP-001, ein durch TransConTechnology PEGyliertes Langzeitpräparat des humanen Wachstumshormons (hGH). Im
September 2011 gab das Unternehmen bekannt, dass mit ACP-001 eine klinische Phase-IIStudie bei erwachsenen Patienten, die eine Wachstumshormon-Defizienz aufwiesen, erfolgreich
abgeschlossen worden ist. Im Gegensatz zu einem zugelassenen Wachstumshormon-Präparat,
das täglich injiziert werden müsste, wurde das TransCon PEG Growth Hormone von Ascendis
über den Testzeitraum von vier Wochen nur einmal subkutan mit einer sehr feinen Nadel
verabreicht, erzielte aber die gleiche Wirkung wie die äquivalente Dosis des konventionellen
Hormonpräparats. Als primärer Endpunkt der Studie galt dabei der durch hGH induzierte
Anstieg an IGF-1 (Insulin-like growth factor 1, ein von der Leber nach Stimulation durch
Wachstumshormon in die Blutbahn sezernierter Wachstumsfaktor). Der Anstieg an IGF-1 war
proportional der Dosis, und der Spiegel an IGF-1 wurde über die ganze Woche hinweg im
physiologischen Bereich aufrechterhalten. Über den ganzen Studienverlauf hinweg wurde keine
durch die Behandlung bedingte Bildung von anti-hGH Antikörpern beobachtet.
Das einmal wöchentlich verabreichte Wachstumshormon verteilt sich im Körper auf die gleiche
Weise und hat die gleiche Wirksamkeit wie das natürliche, von der Hypophyse sezernierte hGH.
Es Bei erwachsenen Patienten hat es seine Sicherheit erwiesen und entspricht, wie Mikkelsen
erklärte, den Zielen, die von Patienten und Endokrinologen weltweit an ein solches Präparat
gestellt werden. Jetzt sollen klinische Studien an Erwachsenen und Kindern mit
Wachstumsstörungen durchgeführt werden; für 2015 ist geplant, die Zulassung in Europa und
den USA zu beantragen.
Der Markt für menschliches Wachstumshormon hat gegenwärtig weltweit ein Volumen von drei
Milliarden US-Dollar und wächst stetig; daran haben Biosimilars einen Anteil von nur etwa drei
Prozent, obwohl der Patentschutz für biopharmazeutisch hergestelltes hGH der ersten
Generation schon vor Jahren gefallen ist. Die Behandlungskosten pro Patient belaufen sich
jährlich im Durchschnitt auf 20-25.000 US-Dollar. Der Konkurrenz durch andere in der
klinischen Entwicklung befindliche hGH-Medikamente der zweiten Generation sieht Ascendis
gelassen entgegen, da die TransCon-Linker-Technologie den von anderen Wettbewerbern
verfolgten Strategien zur Erzielung einer Langzeitwirkung - zum Beispiel die Verkapselung des
Hormons oder die Vergrößerung der hGH-Moleküle durch Proteinfusion - klar überlegen ist.
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Fachbeitrag
24.10.2011
EJ (14.10.11)
BioRN
© BIOPRO Baden-Württemberg GmbH
Weitere Informationen
Ascendis Pharma GmbH
Im Neuenheimer Feld 584
69120 Heidelberg
Tel.: 06221-43853 0
Fax: 06221-43853 11
E-Mail: germanoffice(at)ascendispharma.com
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