Weite Welt-Extra: Wer war der echte Pooh-Bär?

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Weite Welt-Extra: Wer war der echte Pooh-Bär?
Arthur A. Milne
mit seinem Sohn
Christopher und
Plüsch-Winnie.
Postkarte mit Winnie
aus dem Jahr 1916
Oben: Der „echte“ Winnie bettelt um einen Apfel.
Wer war der echte Pooh-Bär?
Vor 80 Jahren erschienen
die ersten Abenteuer von
Winnie-The-Pooh und seinen
Freunden. Als Vorlage für den
liebenswerten Bären diente
ein putziges kanadisches
Bärenbaby, das der Sohn des
Autors Arthur A. Milne besonders ins Herz geschlossen hatte.
A
chtzig Jahre hat der
liebenswürdige, etwas
umständliche Pooh-Bär
bereits auf dem Buckel. Dank
Disney Productions sind er und
seine Freunde Christopher Robin,
Rabbit, Piglet, Eeyore, Kanga und
Roo, Tigger und Owl – wie sie im
Original heißen – weltweit berühmt geworden. Man trifft sie im
Kino und auf DVDs, sie zieren
Heftumschläge, T-Shirts und
Schultaschen. Sie schlummern
als Kuscheltiere in vielen Kinderarmen. Ein kleiner Bär, der in
Kanada zur Welt kam und auf Umwegen im Zoo von London landete, hat den Anstoß zu diesen Erzählungen gegeben. Der bis dahin
mäßig erfolgreiche Autor Arthur A.
Milne hat die Geschichten vorerst
für seinen Sohn Christopher geschrieben. Seit ihrer Veröffentlichung durch einen Verlag erfreuen
sie Millionen von Kinder. Doch wie
kam dieser kleine kanadische Bär
in den Zoo von London?
Weit gereist
Im August des Jahres 1914, zu
Beginn des Ersten Weltkrieges,
reiste der Offizier Harry Colebourn
mit dem Zug quer durch Kanada –
von Winnipeg zu seinem Regiment
nach Valcartier in der Nähe von
Quebec. Es war eine endlos lange
Reise durch unberührte Wälder,
und als der Zug am zweiten Tag in
einer Station namens „White
River“ Halt machte, beschloss
Colebourn auszusteigen und sich
die Beine zu vertreten.
Als er die Bahnstation auf
und ab ging, wurde er auf eine
lärmende Kinderschar aufmerksam. Die Kinder umringten einen
bärtigen Jäger, der neben einem
Verschlag hockte, in dem ein klei-
Oben: Der kleine Winnie-Bär mit seinem Retter Harry Colebourn.
ner, halb verhungerter Bär mit verfilztem schwarzem Fell hockte.
Das kleine Geschöpf war total verängstigt, und als sich der Jäger
dem Verschlag näherte, biss er den
Mann in den Finger. Colebourn,
der Tierarzt von Beruf war, wurde
sehr zornig, als er mitansehen
musste, wie der bärtige Mann den
kleinen Bären schlug. Auf der
Stelle wollte er von dem Mann
hören, wie der Bär in Gefangenschaft geraten war. Es schien, als
wäre der Jäger unabsichtlich zwischen die Bärenmutter und ihr
Junges geraten. Das Muttertier
hatte den Jäger angegriffen, worauf
der Mann gezwungen war, sie zu
töten. Aber er hatte es geschafft,
das aufgeregte Jungtier einzufangen und mitzunehmen. Er wollte
es aufziehen, um dann mit seinem
Pelz einen guten Preis zu erzielen.
Rettung in letzter Sekunde
Harry Colebourn wusste, dass
der kleine Bär in den Händen des
Jägers keine Überlebenschance
haben würde. Also beschloss er
zu handeln. Er bot dem Jäger 20
Dollar für das Bärenbaby.
Dann blieb gerade noch
Zeit, die Bärenkiste in den Fracht-
Quiz: 1-B, 2-A, 3-B, 4-C, 5-A, 6-D
17. le, 18. Faden. Finde die Fehler: Siehe Grafik
8. SF, 9. Ritter, 10. Eisen, 11. Brett, 12. Riese, 13. Ei, 14. Petrus, 15. Teak, 16. Leo,
1. Fenster, 2. Stift, 3. Magnet/Maske, 4. Guertel, 5. Niete, 6. Tor, 7. Kiste/Kabel,
5. Amsel, 6. Esel, Spuren im Schnee: 3 – 2– 1– 4, Bilder-Kreuzwort-Rätsel:
Rätsellösungen: Schlaufuchs-Frage: 1. Tiger, 2. Zebra, 3. Dachs, 4. Elch, Reh,
WExtra
wagon des Zuges zu laden, bevor
dieser den Bahnhof verließ. Von
nun an war Harry Colebourn nicht
mehr langweilig. Er erbettelte
Wasser, Milch und Essensreste von
der Speisewagen-Mannschaft und
verbrachte die restliche Fahrt im
Frachtwagon, wo er sich mit dem
kleinen Bären anfreundete.
Man kann sich lebhaft vorstellen, welches Aufsehen die Ankunft des kleinen Bären im Camp
von Valcartier erregte. Colebourn
hatte ihn nach seiner Heimatstadt
„Winnipeg“ genannt, doch bald
wurde er von allen nur noch
„Winnie“ gerufen. Da Colebourn im
Camp für die Militärpferde zuständig war, konnte er leicht auch ein
Plätzchen für Winnnie auftreiben.
Der kleine Bär folgte seinem
„Herrchen“ auf Schritt und Tritt.
Bald wurde er zum Regimentsmaskottchen erklärt.
entschloss sich, den kleinen
Bären an den Londoner Zoo zu
übergeben. Wann immer er Zeit
fand, fuhr Colebourn nach London
und besuchte Winnie in seinem
Winnie, the
neuen Heim.
Pooh: auch nach
Winnie aber wurde zum
80 Jahren noch
Liebling aller Zoobesucher. Aus
allseits beliebt.
dem kleinen Zottelbären war durch
die liebevolle Pflege und Erziehung
ein zahmer Schatz geworden, der
den Kindern aus der Hand fraß
und sie sogar auf seinem Rücken
reiten ließ.
Unter den regelmäßigen
Besuchern waren auch Christopher
Milne und sein Vater Arthur. Der
kleine Christopher war so angetan
von Winnie, dass er seinen PlüschTeddy nach ihm benannte. Die
Freundschaft zwischen dem kanadischen Bären und seinem Sohn
regte den Schriftsteller an Geschichten zu erfinden über einen
Buben, einen liebenswürdigen
Freund der Kinder
Bären von geringem Verstand und
Als das Regiment nach England
dessen Freunden im Wald. So entübersiedelte, ging Winnie natürlich standen die Geschichten von
mit, im Frachtraum mit den Pfer„Winnie, The Pooh“, die noch
den. Als das Regiment allerdings
heute vielen Kindern Freude
zum Fronteinsatz nach Frankreich machen. Der „echte“ Winnie-Bär
musste, konnte Winnie nicht mit- starb im Alter von 20 Jahren im
kommen und Doktor Colebourn
Zoo von London.
Text: Sonja Pfeisinger, Fotos: APA, Begsteiger, Fort Garry Horse
Februar 2006 W