«Viele schrecken vor Veränderungen zurück und es fehlt ihnen an
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«Viele schrecken vor Veränderungen zurück und es fehlt ihnen an
4 · MAI 2012 EINE THEMENZEITUNG VON MEDIAPLANET TIPP 1 INSPIRATION Joana Zimmer ist seit der Geburt blind. Das hat die erfolgreiche Sängerin aber nie davon abgehalten, ihre Träume und Wünsche erfüllen zu wollen. MIT SEHHILFSMITTELN DEN ALLTAG ERLEICHTERN «Viele schrecken vor Veränderungen zurück und es fehlt ihnen an Mut und Flexibilität.» BLINDHEIT DEUTSCHLAND Joana Zimmer ist seit ihrer Geburt blind.Auch wenn ihr deshalb nicht alle denkbaren Türen offen standen: Ihre Sehbehinderung hat sie nie aufgehalten, ihre Träume und Wünsche erfüllen zu wollen. Im Jahr 2005 schaffte Joana Zimmer den Durchbruch als Sängerin. Seither hat sie sich auch als Schauspielerin engagiert und tanzt derzeit in einer FernsehShow. ■ Wollten Sie schon immer Sängerin werden? Als ich acht Jahre alt war, wollte ich Rennfahrerin werden. Irgendwann merkte ich, dass dies ein bisschen schwierig werden könnte. Ich war aber immer sehr aktiv, machte viel Sport und sang in einem Chor. Das Singen schob sich dann in den Vordergrund.Als Teenager sprach ich aber nie darüber, eine berühmte Sängerin werden zu wollen. Ich wollte es zuerst machen und danach darüber reden. ■ Sie sind durch Ihren Beruf viel unterwegs und bewegen sich in immer neuen Umgebungen. Braucht es dafür besonders viel Organisation? Natürlich braucht alles mehr Zeit und Aufwand, um die gewünschte Leistung erbringen zu können. Früher im Chor musste ich beispielsweise alle Texte erst von den Notenblättern abschreiben, bevor ich sie überhaupt lernen konnte. Wenn ich heute auf Tour gehe, bin ich gut vorbereitet und habe immer alles dabei, was ich brauche. Mein Umfeld organisiert das ganze Drumherum. Aber sobald ich einmal im Hotel bin,brauche ich niemanden mehr. Das ist für mich sehr wichtig. ■ Haben Sie ein absolutes Gehör? Nein,das habe ich nicht und das ist vielleicht sogar ein Segen. Viele Menschen mit absolutem Gehör werden schlussendlich nicht Musiker. Es kann für sie unerträglich sein, nicht perfekt getroffene oder gestimmte Töne zu hören. Ich stelle mir das furchtbar vor.Trotzdem muss ich mich natürlich mehr auf mein Gehör konzentrieren,weil mir ein nicht ganz unwesentlicher Sinn fehlt. ■ Neben dem Singen interessieren Sie sich auch für Tanz und Schauspiel. Was reizt Sie daran? Ich habe immer Bilder in meinem Kopf, die ich umsetzen möchte. Der Tanz eignet sich dafür ideal. Aus der Art, wie sich eine Bewegung anfühlt entsteht, ein Bild. Und je mehr zusammenhängende Bewegungen ich mache, desto faszinierender werden die Bilder und ergeben laufend mehr Sinn. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit der Schauspielerei. Diese beiden Welten möchte ich gerne weiter erforschen. ■ Wie nehmen Sie andere sehbehinderte Menschen in der Gesellschaft wahr? Es gibt viele Menschen,die sich auf irgendeine PROFIL Joana Zimmer ■ Die Sängerin wurde am 27. Oktober 1982 in Deutschland geboren. Die sehr aktive Künstlerin ist unter anderem Schirmherrin der musischen Festtage des CJD und tritt derzeit in der RTL-Sendung Let’s Dance auf. Ihr aktuelles Album heisst «Not Looking Back». Weise in der Gesellschaft von heute nicht mehr zurecht finden. Viele schrecken vor Veränderungen zurück und es fehlt ihnen an Mut und Flexibiliät. Für alle ist es wichtig, jene Dinge erreichen zu können, die sie glücklich machen. Das trifft auf Menschen mit Sehbehinderungen oder anderen Handicaps genauso zu wie auf alle anderen. Natürlich bieten die Rahmenbedingungen für Sehbehinderte gewisse Einschränkungen: Ich werde nicht Rennfahrerin oder auch nicht Kellnerin werden können. Man muss sich also organisieren, diszipliniert und taff sein und sich den Herausforderungen stellen. Ich glaube auch, dass Menschen mit einem Handicap diejenigen sind, welche offen sein und auf andere zugehen müssen.Wir sollten entspannter sein und uns die Welt der nicht Handicapierten erschliessen. ■ Was möchten Sie anderen Sehbehinderten auf den Weg mitgeben? Zur Zeit trete ich im Fernsehen in einer Tanzshow auf. Ich kann kaum glauben, wie müde ich abends bin. Während des Tanzens laufen rund 70 Prozent der Orientierung über den Sehsinn. Das zu kompensieren ist unheimlich anstrengend. Jemand mit einem Handicap muss wissen, dass er mehr Energie braucht, um eine gewisse Leistung zu erbringen. Wer das weiss, geduldig und in Balance bleibt und den Aufwand nicht scheut, kann seine Ziele erreichen. STEFAN KÜHNIS EIN LEBEN IN DER DUNKELHEIT Mit Mut und Vertrauen erreicht Joana Zimmer hohe Ziele. FOTO: CHRISTIAN LIETZMANN [email protected] ANZEIGE Beratung und Rehabilitation für Sehbehinderte Ihre Augen im Fokus Wir beraten, begleiten und unterstützen sehbehinderte Menschen im Kanton Zürich Gemeinsam suchen wir nach individuellen Lösungen: wir evaluieren das visuelle Potential und trainieren den Gebrauch optischer Hilfsmittel vermitteln gezielte Rehabilitationstechniken, die dem Erhalt der Selbstständigkeit dienen wir leisten eine umfassende Sozialberatung bieten eine grosse Hilfsmittelausstellung und VFKXOHQVHKEHKLQGHUWHQVSH]L¿VFKH('9+LOIVPLWWHO unterhalten ein lebhaftes Begegnungszentrum und IKUHQHLQH9LHO]DKOLQWHUHVVDQWHU.XUVHGXUFK Nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir stehen Ihnen und Ihren Angehörigen gerne unterstützend zur Seite. Zürcher Sehhilfe Lutherstrasse 14, 8004 Zürich Tel. 043 322 11 70 ZZZ]XHUFKHUVHKKLOIHFK [email protected] Spendenkonto Sehen ohne Brille oder Kontaktlinsen – ein neues Lebensgefühl Nie mehr eine rutschende oder beschädigte Brille. 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Aber so einfach ist das nicht. Dazwischen existieren viele verschiedene Arten und Intensitäten von Sehbehinderungen. Makuladegeneration: Die meisten Patienten sind ältere Menschen. Zudem können die verschiedensten Netzhauterkrankungen und -veränderungen, Sehnervenschwund, Trübungen von Linsen, Glaskörper oder Hornhaut, Pigmentstörungen, Augenzittern oder andere ernsthafte Erkrankungen zu einer Low Vision führen. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO ist ein Mensch blind, wenn er weniger als fünf Prozent des vollen Sehvermögens besitzt. Eine Sehbehinderung besteht aber bereits deutlich früher. Nämlich genau dann, wenn eine Sehschwäche im Alltag eines Menschen zur Behinderung wird und herkömmliche Sehhilfen keine Lösung mehr bieten. Ursachen für Sehbehinderungen Am häufigsten führt der natürliche Alterungsprozess zu einer Sehbehinderung.Man spricht hier von einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD). Die Sehkraft nimmt im Zentrum des Blickfeldes ab, wodurch das Lesen schwierig oder unmöglich wird. Im Falle einer AMD droht aber keine vollständige Erblindung.Andere Ursachen für Sehbehinderungen können Krankheiten oder Unfälle sein: Der graue und grüne Star,Netzhauterkrankungen,Diabetes oder auch vorgeburtliche Schädigungen kommen regelmässig vor. Breites Spektrum Sehbehinderte Menschen können sich in ihrem Alltag nicht mehr einwandfrei bewegen,ohne Hilfsmittel dafür zu beanspruchen. Das liegt grundsätzlich an einer sehr ausgeprägten Sehschwäche, an undeutlichem Kontrastsehen und an einer hohen Empfindlichkeit betreffend Beleuchtung und Blendung. Die Schwere und Intensität dieser drei Punkte sind im einzelnen Fall äusserst unterschiedlich. Zudem kommt die Tagesform als variabler Faktor dazu. Deshalb gibt es durchaus Menschen, die sich draussen ohne Langstock nicht bewegen können, drinnen aber problemlos eine Zeitung lesen. Diese unterschiedlichen Variationen von Sehbehinderungen sind für Aussenstehende nicht leicht zu erkennen, weshalb sie diesen Menschen immer wieder mit Unverständnis begegnen. Sie sind aber keineswegs Simulanten oder Betrüger, sondern leiden an einem bestimmten Grad einer Sehbehinderung, ohne vollständig blind zu sein. In der Schweiz gibt es keine detaillierte Statistik über die Häufigkeiten bestimmter Behinderungen. Gemäss Schätzungen sind rund 80 000 bis 100 000 Menschen von einer Sehbehinderung betroffen, 10 000 bis 20 000 Patienten werden von einer der vielen Sehbehinderten-Organisationen betreut. Davon sind nur rund zehn Prozent vollständig blind. Zehntausende Menschen leben also irgendwo zwischen Sehen und Nicht-Sehen. Unterschiedliche Hilfsmittel nötig Den Grad einer Sehbehinderung definieren Arztzeugnisse und Berichte von Low-Vision-Spezialisten, welche über verschiedene zentrale Fragen der Diagnose, der Sehschwäche, der Gesichtsfeldeinschränkungen, des Kontrastsehens, der Lichtempfindlichkeit und viele weitere Details Auskunft geben. Diese Abklärungen machen auch eine Auswahl von individuell passenden und geeigneten Hilfsmitteln möglich.Einige Patienten brauchen beispielsweise spezielle Seh- und Vergrösserungshilfen, andere eine Sonnenbrille bei Regen oder Schnee, einen Blindenführhund, digitale Hilfsmittel oder eben auch einen Langstock. 1 2 Analyse der individuellen Situation: Hilfsmittel werden bestimmt und getestet. Es gibt allerlei Sehhilfen wie Lupen, Lupenbrillen, Fernrohr-Lupensysteme, Filterbrillen, aber auch Langstöcke oder digitale Hilfsmittel für unterwegs und daheim. 3 Mobilität im Alltag: Durch geeignete Sehhilfen wird etwa das einwandfreie Erkennen von Anzeigetafeln am Bahnhof möglich. 4 Digitale Hilfsmittel: Sprechende Uhren oder elektronische Lesehilfen sind genauso erhältlich wie grosse Schriftarten und optimierte Lichteinstellungen für Bildschirme. 5 Hilfen bei Sehbehinderung: Neben den exakt bemessenen Sehhilfen gibt es auch Bücher in Brailleschrift oder als Hörbuch- Version. 6 Auskünfte und Unterstützung: Verschiedene Blindenorganisationen und Beratungsstellen,Werkstätten und Ateliers, Freizeit- und Sportgruppen, Bibliotheken oder auch Führhundeschulen. 7 STEFAN KÜHNIS [email protected] F4==B84B827 :A05C;>B5t7;4= hilft Bachs Italienisches Konzert F-Dur. Ein Tipp von Gerd B., blind Wir Blinden helfen gerne, wenn wir können. Bitte helfen Sie uns auch. www.szb.ch, Spenden: PC-90-1170-7 spinas | gemperle ANZEIGE