Dachverband gegründet Fans verbrennen eigenen Spieler

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Dachverband gegründet Fans verbrennen eigenen Spieler
Fan-News
Basel
Fans verbrennen eigenen Spieler
Beim FC Basel wurde der SchweizKroate Mladen Petric als einer der
viel versprechenden Neuzugänge
der laufenden Saison gehandelt.
Für geschätzte 2,8 Millionen Franken wechselte er von den Grashoppers Zürich zum FC Basel. Doch es
sind nicht die bisher null Tore in
seinen ersten sieben Pflichtspielen, die für Negativ-Schlagzeilen
sorgen. Tobias Mühlemann von
der „Szene Basel“ erklärt die Hintergründe.
Stadionwelt: Warum erhitzt Mladen Petric die Gemüter der FCBFans?
Mühlemann: Mladen Petric brachte das Fass zum Überlaufen. Er
reiht sich ein in eine leidige Serie
von Transfers von Spielern des
Grasshopper Clubs Zürich – dem
Erzfeind – zum FC Basel. Diese
Einkaufspolitik des Vereines stößt
bei den Fans schon seit geraumer
Zeit auf Ablehnung. Im Fall Petric
ist die Sachlage aber noch delikater. Bei der Meisterfeier 2003 von
den Grasshoppers verbrannte Petric einen Basel-Schal. Der ohne-
hin schon unbeliebte Spieler wurde dadurch zum Hassobjekt der
Basler Fans. Ein Jahr später wird
er zum FCB transferiert. Eine unhaltbare Angelegenheit! Oder?
Stadionwelt: Wie waren die Reaktionen?
Mühlemann: Es sind nicht nur
die Aktiven, die sich dagegen
gewehrt haben, sondern auch
Fans aus allen Sektoren des Stadions, die diesen Transfer nicht
tolerieren wollen. Die ersten „Petric-raus“-Plakate gab es schon
auf unserer Meisterfeier zum Abschluss der letzten Saison. Der
Höhepunkt des Protestes wurde
bei einem Spiel gegen Kaiserslautern in Grenchen während der
Saisonvorbereitung erreicht.
Stadionwelt: Was ist da passiert?
Mühlemann: Beim Einlauf der
Mannschaften zum Beginn der
zweiten Halbzeit wurde eine Petric-Puppe verbrannt.
Stadionwelt: Es ist anzunehmen,
dass die Reaktionen darauf alles
andere als gut waren…
Mühlemann: Absolut! Die Aktion
drückte zwar unmissverständlich
St. Gallen
Dachverband gegründet
In der Fanszene des FC St. Gallen
macht ein neuer Begriff die Runde: „DV 1879“. Dahinter steckt
ein vor rund zwei Monaten ins
Leben gerufener Dachverband,
der die ohnehin recht aktiven
St. Galler Fans – allein in der
letzten Saison gab es vom
Spruchband bis zur aufwändigen
Choreografie 20 Aktionen – weiter beleben soll. Nicht zuletzt, da
die bisherige Faninitiative eingeschlafen scheint und einige Fanclubs in dieser ohnehin nicht ver-
treten waren, setzte man es sich
zum Ziel, durch das gemeinsame
Auftreten einer großen Zahl von
Fans ein größeres Gewicht beim
FCSG zu bekommen.
Zumindest ist es gelungen,
die bestehenden Gruppen einzubinden. „DV 1879“-Sprecher
Ruben Schönenberger (18):
„Der Vorstand besteht aus acht
Einzelpersonen, bei deren Auswahl explizit nicht auf Fanclubzugehörigkeit oder ähnliches
geachtet wurde. Der Dachver-
Choreo der Fans des FC St. Gallen im Stadion Espenmoos
Stadionwelt 09/2004
Foto: stgallen.ch
den Unmut der Fans aus, fügte
der ganzen Bewegung aber auch
gehörigen Schaden zu. Die ohnehin fankritische Basler Presse
stürzte sich auf dieses Ereignis
und verurteilte es aufs Schärfste.
Ebenso nutzte der Verein diesen
Wirbel aus und machte Stimmung
für seine Neuerwerbung und gegen die lästigen Anhänger.
Stadionwelt: Und die Fans?
Mühlemann: Viele konsumorientiertere Fans liessen sich von
der Polemik umstimmen und
unterstützten den umstrittenen
Spieler aus Trotz und um ihre
Abneigung gegen solch militante Vorgehensweisen zu zeigen.
Mittlerweile hat der Trend aber
wieder etwas gekehrt, nicht zuletzt weil Petric in sieben Spielen
noch nie getroffen hat. Wir aktive
Fans haben uns entschlossen,
unserer Nr. 7 keine Beachtung
mehr zu schenken und ihn zu
ignorieren. Die Kluft zwischen
den Fans soll durch einen Zürcher nicht unnötig vergrössert
werden. Für uns ist aber klar: So
ein Transfer darf es in Basel nicht
mehr geben und wir sind ziemlich
sicher, dass auch die erhabenen
Vereinsbosse aus den Fanreaktionen gelernt haben.
band versteht sich nicht als
Zusammenschluss verschiedener Fanclubs, sondern als Zusammenschluss von einzelnen
FCSG-Fans.“
Derer sind es inzwischen über
200, eine enorme Zahl, bedenkt
man, dass die Organisation
noch in den Startlöchern steckt.
Auch mit dem Verein haben die
Fans schon gesprochen. Der hat
den DV 1879 darauf hin in seiner Stadionzeitung vorgestellt,
schickt Spieler zu den monatlichen Treffen und hat einen Stand
im Espenmoos genehmigt. „Das
allerdings unter der Auflage,
dass wir nicht mehr als vier Ar-
St. Gallen-Fans beim Spiel in Wil
Drastische Unmutbekundung: Eine
Strohpuppe, die Neuzugang Petric
darstellen soll, wird gehängt
Fotos: dai-basilea.ch
tikel verkaufen“, erklärt Schönenberger. „Darauf haben wir
uns für zunächst ein halbes Jahr
eingelassen. Bis dahin sollte der
Verein gemerkt haben, dass wir
keine Konkurrenz sind und ihm
keine Kohle wegnehmen wollen.“ Mit den Einnahmen sollen
Choreos finanziert werden.
Die erste Einmischung in die
Vereinspolitik gab es allerdings.
Gegen die neuen blau-weißen
Auswärtstrikots demonstrierte
DV 1879 per Spruchband. Schöneberger: „Blau-Weiß sind die
Farben der Grasshoppers und
die sind in der Ostschweiz nicht
wirklich beliebt.“
Foto: stgallen.ch
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